1897 / 219 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Sep 1897 18:00:01 GMT) scan diff

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Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 17. September.

Der Ober-Rechnungskammer-Direktor, Wirklihe Geheime Ober-Regierungs-Rath von Nostiz is von seiner Urlaubs- reise nah Potsdam zurückgekehrt.

Sachsen-Altenburg.

Seine Hoheit der Herzog hat gestern auf Schloß Hummelshain das 71. Lebensjahr vollendet. Aus diesem An- laß fanden, wie die „Geraer Ztg.“ berichtet, in der Refidenz- stadt Altenburg am Vorabend ein Fackelzug und Zapfenstreich der Militärvereine, am gestrigen Tage früh Reveille, Vor- mittags Festakte in den Schulen und Abends eine Reihe weiterer Res ceftn statt. Alle öffentlichen sowie viele Privat- gebäude hatten geflaggt.

Oesterreih-Uugarn.

Jhre Majestäten der Kaiser Wilhelm und der Kaiser Fran) Joseph verbrachten, wie dem „W. T. B.“ aus ohacs gemeldet wird, den gestrigen Vormittag auf der irshjagd und erlegten je ein prähtiges Exemplar. Nach dem S Ge, welches an Bord des Dampfers „Sophie“ eingenommen wurde, fuhr der Kaiser Franz Joseph nah Köröserdö, während der Kaiser Wilhelm in Karapancsa verblieb und, als nah dem Diner der Regen nachließ, Sih wieder auf den Anstand begab.

Der Erzherzog Ba Ferdinand verweilte in der vergangenen Woche mehrere Tage in Lolling in Steiermark, begab sich am Sonnabend nah Wien, wo Höchstderselbe einer Vorstellung im Volks-Theater beiwohnte, und reiste gestern nah Ungarn ab, um, wie verlautet, an dem Empfange Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm in Budapest theilzunehmen. Ueber die weiteren Reisedispositionen des Erzherzogs ist noch nichts bestimmt; immerhin dürfte Seine Kaiserliche Hoheit die rauhe Jahreszeit abermals im Süden verbringen.

In Wien trat gestern das Subcomité der von den Majoritätsparteien des Abgeordnetenhauses eigen parlamentarischen Kommission im Beisein des Minister- Präsidenten Grafen Badeni im Abgeordnetenhause zu einer Berathung zusammen. Ueber dieselbe is ein Communiqué veröffentliht worden, in welchem festgestellt wird, daß in'‘dreistündiger Sißung über alle wesentlihen Berathungs- gegenstände volle Uebereinstimmung erzielt worden sei. Das Subcomité wird sih am 21. d. M. Vormittags wiederum ver- sammeln, um über den Bericht Beschluß zu fassen, welher der am Abend des gleichen Tages zusammentretenden Plenarversamm- lung der parlamentarishen Kommission der Rechten erstattet werden soll.

Das „Amtsblatt“ publiziert die Wiederernennung des früheren Präsidiums des Herrenhauses, und zwar des Fürsten Alfred Windischgräß zum Präsidenten, des Fürsten Karl Auersperg und des Grafen Ernst Hoyos zu Vize-Präsidenten.

Frankreich.

Der Minister des Aeußern Hanotaux gab gestern Abend in Paris zu Ehren des Königs von Siam ein Diner, an welchem, dem „W. T. B.“ zufolge, die Minister, die Chefs der Generalstäbe des Heeres und der Marine sowie die Mitglieder des diplomatischen Korps theilnahmen.

Der „Temps“ meldet, daß der französishe Botschafter in Madrid Marquis de Reverseaux de Rouvray an Stelle Lozé’'s zum Botschafter in Wien ernannt werden -: werde. Leßterer werde den Post en des General:Gouverneurs von Algier erhalten, während der bisherige General-Gouverneur Cambon zum Gesandten in Brüssel designiert sei.

Gegenüber den in England - erhobenen Ansprüchen auf eine Verbindung der englishen Goldküste mit dem Nigergebiet erklärt der „Temps“, daß. eine der- artige Verbindung nur unter Zustimmung Frankreichs erlei fonne, welhes dann auf die vor’ Tfurzem er- reichte Verbindung. des Sudans mit Ober - Dahomey über Mossi ‘und Gurma verzichten würde. Diese zwei Gebiete seien abér zur Zeit von französishen Truppen beseßt.

Nufßland.

Die Deputation des preußishen Kürassier- Regiments Kaiser Nikolaus 1. von Rußland Brandenburgisches) Nr. 6, welche vorgestern. in St. etersburg eingetroffen is, um den Chef des Regiments, den Großfürsten Paul Alexandrowitsch, zu Höchst- dessen Bjährigem He per lber zu beglückwün schen, wurde, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, bei ihrer Ankunft von dem deutshen Militär - Attaché, Major Lauenstein auf dem Warschauer Bahnhofe begrüßt und nach der deutshen Botschaft geleitet, wo sie von dem Botschafter Fürsten von Radolin zur Frühstückstafel zugezogen wurde. Gejtern, am Jubiläumstage, wurde die Deputation Mittags von dem Großfürsten Paul Alexandrowitsh empfangen, Höchstwelchem dieselbe im Auftrage Seiner Mazestät des Deutschen Kaisers das Dienstkreuz für A Bene und Allerhöchstdessen Glückwünsche sowie auch diejenigen! des Regiments überbrachte. Der Großfürst dankte in sehr herzlichen Worten, unterhielt sih lebhaft mit jedem Mitgliede der Deputation und überreichte denselben die ihnen verliehenen russischen Ordensauszeihnungen. Sodann lud der Großfürst die Deputation und den Militär-Attahé, Major Lauenstein zuni Frühstück ein. Am Abend fand bei dem Bot- schafter Fürsten von Radolin ein Diner zu Ehren der Depu- tation statt. Der Minister des Auswärtigen Graf Murawjew be- iebt sih, der „Politishen Korrespondenz“ zufolge, in diesen Sagen von St. e N nah Spala zu dem Kaiser und begleitet gegen Ende des Monats Allerhöchstdenselben auf der Reise nach Darmstadt. Nach mehrtägigem Aufenthalt daselbst tritt Graf Murawjew einen mehrwöchigen Urlaub an, den er theilweise in Wiesbaden zu E gedenkt. Am 1. No- vember wird der Minister nah Rußland zurückehren. Während

seiner Abwesenheit wird Graf Lamsdorff die Geschäfte des Auswärtigen Amts führen.

Belgien.

In Brüssel trafen gestern von Paris mehrere Anarchisten, darunter Louise Michel, Charlotte Fauville und Broussondoux, ein, um Vorträge zu Gunsten der Verurtheilten von Monjuih zu halten. Als sie den für die Vorträge bestimmten Saal betraten, wurden sie von der Polizei aufgefordert, sich nach dem Polizeibureau zu begeben. Dort wurde ihnen der Ausweisungsbefehl zugestellt. Die Polizisten eskortierten sie mit gezogenem Säbel, da erregte Jndividuen fie zu befrcien suchten; sie werden an die Grenze gebraht werden. Nach der Festnahme der französishen Anarchisten wurden noch etwa 15 weitere Verhaftungen vorgenommen. Die Polizei zerstreute mit der blanken Waffe mehrere Banden von Manifestanten, welche Hocprufe auf die Anarchie ausbrahten und sich nach der panischen Botschaft begeben wollten.

Türkei.

Gestern Dan fand in Konstantinopel, wie dem ,W. T. B.“ von dort berichtet wird, eine Sizung der Bot- schafter statt. Zwischen diesen und der Pforte soll nun- mehr eine Einigung über die Fassung der noch rückständigen Artikel 2 und 6 des Präliminar-Friedensvertrages erzielt worden und die Unterzeihnung des Vertrages morgen zu erwarten sein.

Der Maharadsha von Kapurthala im Pandschab ist in Konstantinopel eingetroffen.

Gegen die Bildung der internationalen militä- rishen Justizkommission in Kanea hat, nah einer Meldung der „Agence Far der Gouverneur im Auftrage der Pforte Einspruch erhoben, weil dieselbe mit den Ge- seßen des Reiches wie mit dem Völkerreht im Widerspruch stehe und der von den Mächten anerkannten und gewähr- leisteten Suzeränetät des Sultans Eintrag thue. Jn Kanea landete gestern eine Kompagnie italienisher Jnfanterie, welche von Kandia eintraf.

Amerika.

Gestern ist der Kongreß der Republik Mexiko mit einer Botschaft des Präsidenten Porfirio Diaz eröffnet worden. Jn dieser wird, nah dem Bericht des „W. T. B.“, betont, daß die Beziehungen zu allen auswärtigen Regierungen die freundschaftlihsten seien, und sodann Folgendes ausgeführt:

Der Saatenstand sei bisher durhaus befriedigend, sodaß eine reihliche Ernte erhofft werden dürfe. Die Ergebnisse der Landwirth- haft würden vorausfihtlich nicht unerheblich den Durthschnitt der leßtvergangenen Jahre, welher 208 Millionen Pesos betragen habe, über- steigen. Die ordentlihen Einnahmen des Staatsshazes im Fiskal- jahre 1896/97 würden “annähernd 517 Millionen Pesos be- tragen, d. i. eine Million mehr als für das Vorjahr. Dieses günstige Resultat - sei hauptsäblih den fteigenden Ergebnissen der Stempelsteuer zu verdanken. Allerdings hätten auch die Ausgaben eine merklihe Steigerung erfahren, nichtsdestoweniger werde das Etattjahr 1896/97 wie das vorangegangene Jahr mit einem Ueberschuß abschließen. Leider beginne das Fiskaljahr 1897/98 unter weniger glücklihen Auspicien als das Vorjahr, da die heftigen Schwankungen des Silberpreises auf die wirthschaftlihe Lage des Landes * einwirkten und der Regierung die Pflicht auferlegten, diese Verhältnisse mit Aufmerksamkeit zu verfolgen und Vorsichtsmaßregeln zu treffen, indem sie die nicht dringenden Ausgaben vertage oder ein- \chränke. Der Umfang und die Plötlichkeit dieser Störung ließen sih aus den bekannten Ursachen nicht genügend erklären, weshalb zu hoffen ftehe, daß die theilweise vielleiht auch dur künstlihe Faktoren hervorgerufene Silber-Baisse niht andauern und ih A Ele schnell eine Reaktion geltend mahen werde. Unter diesen Umständen sei für den Augenblick kein ernsthafter Grund zur Beunruhigung vorhanden. Die "mexikanische Nation werde diese \chwierige Periode zu überwinden wissen und ihr mit dem nämlichen Gleichmuth begegnen, wie dies vor einigen Jahren unter ähnlihen Verhältnissen geschehen sei. Für einige Lokalbanken seien Konzessionen ertheilt worden, so in Mexiko, San Luis Potosi, Coahuila, Sinaloa, für andere Staaten seien ähnliche Konze|sionen noch Gegenstand der Prüfung. Die Botschaft schließt mit dem Hin- weise, daß aus diesem kurzen Nesumé wobl zur Genüge hervorgeben werde, daß feinerlei Grund zur Entmuthigung vorhanden sei, daß man vielmehr mit Genugthuung die Entwickelung des Landes be- grüßen dürfe, da die Einnahmen des Staatsschaßes sih mit dem wachsenden Wohlstande vermehrten. Zu bedauern bleibe nur, daß eine Urfache, die sich dem Einfluß der Regierung entziche, den aus- wärtigen Handel der Republik und die bisher durhaus behaglice finanzielle Situation der Regierung zu stören drohe. Wenn die jüngst ausgebrochene Silber-Baisse von Dauer wîre und si er- heblih vershärfen sollte, so könnten ernste Störungen daraus entstehen, da v sie dem Erxporthandel des Landes und der nationalen In- dustrie zu gute käme. Verschiedene, der Regierung zugegangene Be- rihte ließen jedoch darauf s{hließen, daß es fih dabei um eine vor- übergehende Erscheinung handle und eine baldige befriedizende Lösung erhofft werden dürfe; andererseits sei die Regierung auf alle Even- tualitäten genügend vorbereitet. Das Land wisse, day es auf die Mitwirkung der Kammer und ihren Patriotismus rechnen könne, wenn es gelte, seine Intereffen wahrzunehmen und das gute Ansehen, weles die Republik fich erworben habe, aufrecht zu erhalten.

Als der Präsident Porfirio Diaz, umgeben von seinem Stabe, - sih gesiern zu Fuß nah dem maurishen Pavillon an der Alameda begab, um an der Jahresfeier der Un- abhängigkeitserklärung Mexrikos theilzunehmen, wurde eri, aie «dém T. B.“ : aus -Mexiko weiter ge- meldet wird, hinterrücks angefallen. Der Angreifer ist Mexikaner, 32 Jahre alt und heißt Joaquin Arroyo. Er durhbrach den von Soldaten und der Umgebung des Präsidenten gebildeten Kordon und versezte dem Präsidenten einen Faustshlag in den Nacken. Der Präsident wi einige Schritte zurück und blieb unverleßt, da der tief sigende Hut die Wucht des Schlages verminderte. Die Umgebung des Präsidenten warf den Angreifer nieder, welher in der Menge zu entkommen suchte. Arroyo trug keine Waffe bei sich. Man glaubt, es mit einem geisteskranken oder großsprecherischen Menschen zu thun zu haben. Die Volksmenge bercitete dem Präsidenten überall lebhafte Kundgebungen.

Aus Buenos Aires wird dem „Reuter shen Bureau“ berichtet, daß die argentinishe Regierung das Geseß, be- treffend die allgemeine Militärpfliht, bis zum Jahre 1899 zurüdckgestellt habe.

Nr. 33 des „Eisenbahn-Verordnungsblatts*, heraus- gegeben im Minifterium der öffentlihen Arbeiten, vom 14. Sep- tember, hat genten Inhalt: Allerböchfte Konzessionsurkunde, betr. den Bau und Betrieb einer vollspurigen Nebeneisenbahn von Kolberg nah Köslin dur die Altdamm-Kolberger Gisenbahngesellshaft, vom

23. August 1897. - Bekanntmachung des Reichskanzlers, Beitritt Beit zum internationalen Ueber aas Be du Eisenbahnfrachtverkehr und die Ergänzung der zugehörigen Liste, vom 20. August 1897. Erlafse des inifters der öffentlichen Arbeiten - vom 30. August 1897, betr. Bestellung des ständigen Kommissars für die Ausübung des ftaatlichen Aufsichtsrehts über die Gisenbahn von Kolberg nach Köslin; vom 4. September 1897, betr. Nachweis über die Dauer der Holzshwellen.

Arbeiterbewegung.

In Stettin brah am Mittwoh unter den dortigen See, leuten ein Ausstand aus, der, wie die „Ostsee-Ztg.“ berichtet, durch gegenseitiges Entgegenkommen der Rheder und Arbeiter gestern bereits wieder beigelegt worden ist. Den Seeleuten if u. a. eine Auf, NOER der Monatslöhnung um 5 4 vom 1. Oktober ab zugebilligt worden.

In Magdeburg is der Ausstand der Harmonikga, Arbeiter bei der Firma Traugott Schneider u. Co. für beendet erklärt worden. Die Arbeiter haben, wie der „Vorwärts“ beritet den Ausftand nah einer Dauer von fieben Wochen als aus\itslos aufge; even, weil es dem Arbeitgeber gelungen is, Ersaßleute für die Ausständigen einzustellen.

Aus Scharley in Schlesien wird der „Köln. Ztg.* telegra. phiert: Auf der Jenny-Otto-Grube wurde der Betriebsfüßre- des Dienstes enthoben. Die entlafsenen ausständigen Bergleute baten um Arbeit; die Belegschaft wurde darauf, bis auf 50 Ausftändige wieder angenommen. Der Grubenbetrieb ruht vorläufig. / __ Hier in Berlin haben gestern, wie der „Vorwärts“ mittbeilt die Former der Firma Näßemann u. Kühnemann die Arbeit ein, pelellt, weil angebli die Anfertigung von Arbeiten aus der Borsig- Gen Fabrik, deren Former vor einiger Zeit bereits in den Ausstand getreten sind, von ihnen verlangt wurde.

Aus Sosnowice wird der „Köln. Ztg.“ unter dem 14. d. M, geschrieben: Der Ausstand auf der Georggrube zu Niwka schien beendet, da die Verwaltung den Bergleuten die Zusicherung L hatte, daß eine Invaliden-, Pensions- und Wittwen-Unter- üßungsfkasse gegründet werden solle. Die Ausftändigen verlangen aber Bürgschaften für die Gewährung dieser Kassen. Es wurden Verhandlungen gepflogen, denen der Landrath zu Bendzin und ein Gouvernementsvertreter aus Petrifau beiwobntèn, und bei denen der Bevollmächtigte der Ausständigen erklärte, daß die Bérge leute keine Lohnerhöhung verlangten; sie wären auch bere, höhere Beiträge als bisher zu den gefordèrten Kassen zy zahlen, wenn die Subventionen aus jenen Kassen entspre erhöht werden. Die Forderungen der Arbeiter follen {nel geprüft und bewilligt werden. Vom 16. d. M. wird dann weita gemeldet: Auf der Georggrube verhinderte der zur Weiterführung des Ausstandes entshlofsene Theil der Belegschaft die arbeitenden Berg leute gewaltsam an der Einfahrt in die Grube. Eine Kosaken: Abtheilung verhinderte weitere Ausschreitungen.

Aus New-York meldet ,W. T. B.*: Gestern wurden 300 Grubenarbeiter bei Hazleton (Pennsylvanien) von 150 mit Knütteln und Feuerhaken bewaffneten Frauen zum Verlassen der Arbeit gezwungen. Die Arbeitseinstelung in Hazleton if nunmehr allgemein. Hingegen haben über 15 000 Koblengrubenarbeiter bei ie die Arbeit wieder aufgenommen; der Rest der Aus- tändigen wird vor Ende der Woche bei der Arbeit zurückerwartet.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Ergebnisse der Volkszählung vom 2. Dezember 18% in Bayern.

Dem in Heft LXT der „Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern“ veröffentlichten Verzeichniß der Gemeinden Bayerns hat der Vorstand des Königlihen Statistishen Bureaus, Ober-Regierungs: Rath Dr. Proebst, einen Bericht über die Ergebnisse der Volks- zählung vom 2. Dezember 1895 vorausgeschickt, in welhem die leßteren in aht Abschnitten Volkszahl, Vertheilung und Dichtigkeit der Bevölkerung; Geschlecht; Familienstand ; Neligionsangehörigkeit ; Ge- bürtigkeit; Haushaltungen; Wohngebäude behandelt werden. Jn Nachstehendem seien die Hauptergebnisse kurz mitgetheilt :

1) Volkszahl, Vertheilung und Dihtigkeit der Be- völkerung. Die Gesammtbevyölkerung wurde am 2. Dezember 18% auf 5 818 544 festgestellt, das sind 223 562 oder 4°%/, mehr als am 1. Dezember 1890. Der dur(hshnittlihe jährlihe Zuwachs der mittleren Bevölkerung stellt {ih aufs Tausend in den vier leßten Zäblungsperioden, wie folgt:

1875/80: 10,15 9/%0, 1880/85: 5,06 9/00, 1889/90: 635 . 1890/95: 783

In den einzelnen Regierungsbezirken stellt sh der jährlihe

Zuwachs von 1890 bis 1895 folgendermaßen : Oberbayern . . . 14,6% Oberfranken .. . 4,4% Niederbayern .. 2,7, Mittelfranken . . 102 , Pfalz 101 2 Unterfranken... 4,5 , WDherbsali (i. 8,8. Schwaben ...…. 6,2,

Die Bevölkerungszunahme war dabei in den „Städten“, d. b. in den fogenannten „unmittelbaren“ Städten und in den fonstigen Ge- meinden mit mehr als 5000 Einwohnern, erheblih größer, und zwak fast neunmal so groß, -als in den Lands, d. h. allen ütrigen Gemeinden. Von 1890 bis 1895 ift die Stadtbevölkerung um 12,1 9/4, die Land- bevölferung uur um 1,4%/9 gewachsen. Erstere wuchs am meisten în Oberbayern, um 15,5%, am wenigsten in Shwaben, um 7,4 °/o, leßtere gleihfalls am meisten in Oberbayern, um 2,9 °/, am wenigften in Oberfranken, um 0,1 9/0. Theilt man die Gemeinden in drei Größenflafsen, eine mit mehr als 5000, eine mit 2000—5000 und eine mit weniger als 2000 Einwohnern, so hat sich seit 1875, also in 20 Jahren, die Bevölkerung in den Gemeinden der ersten Größenklasfse um 59,5%, in denen der zweiten um 17,4% und in denen der dritten um 5,09% vermehrt. „Noch immer wohnen“, fagt der Bericht, „nahezu zwei Drittel der bayerishen Be- völkerung in Gemeinden von nit mehr als 2000 Einwohnern, abt dieser Bruchtheil ift in stetem Sinken; er betrug 1875: 73,3 °/o, 189: 64,59. Die Verschiebung geschieht rur zu Gunsten der ersten Ortt- größenflafse; die Zahlen der mittleren Klaffe bleiben faft davon un“ berührt, da sie an die erste Klasse ebensoviel abgiebt, als sie an Zu- wachs von den kleineren Gemeinden aufnimmt.“

Die Bevölkerungsd ichtigkeit geht aus folgender Zusammen- ftellung bervor (Dichtigkeit = Einwohner auf 1 qkm): Landbevölkerung Stadtbevölkerung Zusammen Dichtig- Zunahme Dichtige Zunahme Dichtig- Zunahme keit gegen1890 feit gegen 1890 feit 18 Oberbayern . 43 29% 2340 15,5 9% T Niederbayern . 57 J 1543 63 Pfalz 516 128 Oberpfalz 746 57 Oberfranken . 68 1236 84 Mittelfranken 60 2269 97 Unterfranken . 63 1010 T5 Schwaben . . 53 1026 - 71 Königreich . . 57 á 1187 Ï T7 Demnach wohnt in der Pfalz die Landbevölkerung am die Stadtbevölkerung am wenigsten diht, während in Oberbayern umgekehrte Verhältniß besteht.

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let. Nach der Zählung von 1895 entfielen auf 100 de r: weiblihe Personen

in den in den Städten Landbezirken

Oberbayern . 102,9 103,4 102,6

derba . 105,5 100,1 106,1 Dal A e 7- OES 98,2 104,1 Oberpfalz 2 1065 100,5 107,8

in zusammen

Oberfranken . 104,6 102,8 105,1 Mittelfranken 105,0 102,0 107,0 Unterfranken . 105,5 103,1 106,1 Schwaben a ¿ 4000 101,3 105,6 Königreih . . . 104,4 101,8 105,4

3) Familienstand. Am 2. Dezember 1895 waren im König- rei ledig 3 569 641 oder 61,35 9/6 der ortêanwesenden Personen, ver- heirathet 1 907 356 oder 32,78 9/9, verwittwet 337 438 oder 5,80 9%, eschieden 4109 oder 0,07 9/9. Dabei waren von je 100 Personen in den Städten oder auf dem Lande ledig 61,65 bezw. 61,24, verheirathet 39,24 bezw. 32,97, verwittwet 5,95 bezw. 5,75, geshieden 0,16 bezw. 0,04.

4) Religionsangehörigkeit. Mehr als zwei Drittel (70,68 9/0) der Einwohner waren am 2. Dezember 1895 Katholiken, etwas über ein Viertel (28,18 9/69) Proteftanten, niht ganz ein Hundertstel (0,93 %/) Israeliten, der kleine Rest gehörte sonstigen Bekenntnifsen an, war konfessionslos, oder es fehlte eine Angabe.

Seit 1875 haben sich folgende Veränderungen ergeben. Es trafen auf 100 Einwohner

Katholiken Protestanten Jsraeliten Sonstige

C TUEE 27,73 1,02 0,11

O e O 27,96 1,01 0,11

R L 2 TOSE 28,06 0,99 0,11

O T0786 28,05 0,96 0,23

e O68 28,18 0,93 0,21 (Seit 1890 sind die Altkatholiken zu den „Sonstigen“ gerechnet, vorher zu den Katholiken.)

5) Staats8angehörigkeit. Es waren am 2. September 1895 ortéanwesend 5 575 032 Bayern, 163 113 Angehörige anderer deutschen Staaten, 80 399 Ausländer. Seit 1875 haben die deutschen Nicht- bayern zugenommen von 63141 auf 163113, die Ausländer von 53 190 T 80 399. Unter den deutschen Nictbayern waren 1895 u. A. Preußen: 47 873 (24,3% mehr als 1890), Sachsen 12110 (343% mehr als 1890), Württemberger 50 918 (18,5 9% mehr als 1890), Unter den Auéländern befanden fi ca. 65 629 österreichisch- ungarishe Staatsangehörige, 5350 Schweizer, 3346 Ftaliener. Uhtere haben seit 1890 am meisten, um 21,2 9/9, zugenommen. Unter den deutshen Nichtbayern kommen auf 1000 männlihe 791 weibliche Personen, unter den Ausländern 649. Von den Regierungsbezirken weist die Pfalz die meisten deutshen Nichtbayern auf, Niederbayern H piligen, die meisten Ausländer Oberbayern, die wenigsten Unter-

anken.

6) Gebürtigkeit. Von den am 2. Dezember gezählten Per- sonen waren geboren: in der Zählgemeinde 3 788 277, d. i. 58,23 9%; in einer andexen bayerishen Gemeinde 2183 836, d. i. 37,53 9/0; aufierhalb Bayerns 4,249/69. In den Städten ist der Prozentsatz der außerhalb der Zählgemeinde geborenen Einwohner bedeutend größer als in den Landgemeinden, er beträgt dort 58,12, in München sogar 63,2.

7) Haushaltungen. Am 2. Dezember 1895 wurden gezählt 1118061 oder 93,20% gewöhnlihe Haushaltungen mit 2 und mehr Personen, 75 779 oder 6,32 °/ Einzelhaushaltungen und 5736 oder 0,48 9% fogenannte Anstalten. Auf eine Haushaltung trafen Personen:

1875: 4,66 1880: 4,71 1885: 4,75 1890: 4,78 1895: 4,85.

8) Wohngebäude. Gezählt wurden Wohngebäude 1885: 829 102, 1890: 853 849, 1895: 842 832.

Auf 1 gkm kamen 1895 Wohngebäude in im Ganzen Stadt Land

Oberbayern . G 104,4 Niederbayern 110,7 Pfalz E 46,2

46,5 Oberfranken 84,8 Mittelfranken 154,0 Unterfranken L 71,0 R 81,0 Königreich 77,0

Auf 1 Wohngebäude kamen Personen

Oberbayern 8,4 22,4 Niederbayern 13,9 Pfalz 2 Oberpfalz . . 15,0 Oberfranken 14,6 Mittelfranken 15,0 Unterfranken 14,2 Schwaben 12,7 Königreich 153

Dabei kamen in den Städten die meisten Personen auf 1 Wohn- gebäude in Oberbayern, auf dem Lande in dem an Hausindustrie reihen Oberfranken. Die am dichtesten bevölkerte Pfalz hat einen solhen Reichthum an Wohngebäuden, namentli auf dem Lande, daß rige ajonenzahl für 1 Haus weit unter dem Durchschnitt des König-

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Literatur.

Als 2. Heft X. Bandes der „Forshungen zur Deutschen Landes» und Volkskunde“, welhe im Auftrage der Zentral-Kommission für wissenschaftlihe Landeskunde von Deutschland von Profefsor Dr. A. Kirchofff in Halle herausgegeben und bei J. Engelhorn in Stuttgart verlegt werden, ershien: „Der Pinzgau“, Physikalisches

d eines Alpengaues, von Dr. Wilhelm Schjerning, Ober- lehrer in Aachen (mit einer Karte, neun Tafeln und einer Abbildung im Text; Pr. 8 4 8 H). Der Verfasser kennt den Pinzgau seit feiner Jugend und hat in dem vorliegenden it mit touristisher Vertrautheit und fahmännisher Einsicht éin umfassendes physikalishes Bild dieser Gebirgsgegend entworfen. e topographishen Schilderung der verschiedenen Landschafts- g mente, Berggruppen und Thalgebiete des Gaues folgen nähere

etrahtungen über die geologishe Zusammenseßung der Erdrinde (G über ihre Bedeckung mit Wasser (Flüsse, Seen) und Eis (Setsher). Inwieweit diese Beschaffenheit des Gaues auf die Be- edelung dur den Merschen einwirkte, auf welhe Weise sich die wieeodner in Wechselwirkung mit den natürlichen Lebensbedingungen ent- i elt haben und in welchem Umfange noch heute im Pinzgau die Spuren Mer etn Entwickelung zu erkennen sind, das foll in einem On eft über „die Pinzgauer“ dargelegt werden. Das Heft ist mit gesta et refflihen Höbenschichtenkarte und vielen Abbildungen aus- ca Me die {robezieils nah eigenen photographishen Aufnahmen L erfassers hergestellt sind. Freunde der Alpen und speziell Be- ide des Pinzgaues werden, wofern sie sich niht an einem blcß ober- Gründ n Anschauen genügen lafsen wollen, diese mit wissenshaftlicher Gau s faßte Bes@reibun des an Naturschönheiten so reichen Laud it J je lesen. Die «Forshungen zur deptiRen erinnert - und Volkskunde“ sollen, woran bei dieser Gelegenheit sei, ihrem Programm gemäß dazu helfen, die heimischen

Tandes- und volkskundlihen Studien zu fördern, indem sie aus allen Gebieten bedeutendere und in ihrer Tragweite über ein bloß örtlihes Interesse hinausgehende Themata herausgreifen und darüber wifsen- \haftlibe Abhandlungen hervorragender Fahmänner bringen. Sie beshränfen sich dabei nicht auf das Gebiet des Deutshen Reichs, dern, so weit auf mitteleuropäischem Boden von ges{lofsenen olk8gemeinshaften die deutshe Sprache geredet wird, so weit dehnt fih au, ohne Rücksicht auf staatlihe Grenzen, der Gesichtskreis der Sammlung aus. Da aber die wifsenshaftlide Betrahtung der Landesnatur die Weglafsung einzelner Theile aus der physischen Einheit Mittel-Europas niht wobl gestatten würde, so gelangen auch die von einer nichtdeutschen Bevölkerung eingenommenen Gegenden desselben sammt ihren Bewohnern mit zur Berücksichtigung. Es sind demna außer dem Deutschen Reihe auch die Länder des cisleithanischen Oesterreichs, abgesehen von Galizien, der Bukowina und Dalmatien, ferner die ganze Schweiz, Luxemburg, die Niederlande und Belgien in den Rahmen des Unternehmens hineingezogen worden. Ferner find noch die Sachsen Siebenbürgens mit berücksihtigt und wer- den Arbeiten über die größeren deutshen Volksinseln des russischen Reihs nicht ausgeschlossen. Die Sammlung erscheint in ¿wanglosen Heften von ungefähr 2 bis 5 B-»gen; jedes Heft enthält eine vollständige Arbeit (ausnahmsweise von kürzeren auch mehrere) und ist für sich fkäuflich. Eine entsprechende Anzahl von Heften wird (in der ega jahrgang8weise) zu einem Bande vereinigt. Bis jeßt liegen 9 Bände, enthaltend je 4 bis 8 Hefte vor. Die weiteren Heste werden unter anderem folgende Arbeiten bringen: Dr. G. Berzndt (Königlicher Landes-Geologe und Froielior an der Universität Berlin), Die norddeutschen Urftrom- ysteme; Dr. Blasius (Braunschweig), Ueber Zugverbältnisse und Ver- breitung der Vögel in Deutschland; Dr. K. Ebrenburg (Privatdozent an der Universität Würzburg), Das mittlere Maingebiet; Dr. H. Haas (Professor an der Universität Kiel), Der Boden von Schleswig- Holstein; Dr. F. Höck (Luckenwalde), Norddeutshlands Kulturunkräuter als Zeugen der Kulturgeshihte des Landes; Dr. A. Jentsch (Professor an der Universität Königsberg), Der Boden Ost- und Westyreußens ; Dr. F. Kleckmann (Dozent an der Berg-Akademie zu Klausthal), Bau und Entstehung des Harzgebirges; Dr. J. Kloos (Professor an der Technishen Hohshule zu Braunschweig), Die Höhlen des Harz- gebirges; Dr. A. von Koenen (Professor an der Universität Göttingen), Ueber die Dislokationen und Störungen, welche den Bau der deutschen Mittelgebirge bedingen; Dr. A. Makowsky (Professor an der Tech- nishen Hochschule zu Brünn), Das Höhlengebiet des Devon in Mähren ; Dr. A. Sauer (Privatdozent an der Universität Heidelberg), Bau und Entstehung des Erzgebirges; Dr. W. Schjerning (Ober- lehrer in Aachen), Die Pinzgauer ; Eberhard Graf Zeppelin (Konstanz), Der Bodensee. Neu eintretende Abonnenten, die alle bisher er- schienenen Hefte nachbeziehen, erhalten Band 1—5 zum halben Preise. „Bunte Blätter“, Gedichte von Carl Graf Obern- dorff, Verlag von J. Harrwiß Nachfl. (C. Th. Kehrbach), Literarisches Bureau des Deutshen Schriftsteller - Verbandes. Zweite Auflage. Berlin 1897. In den vielen Sammlungen von Gedichten, die alljährlich erscheinen, macht sfih zumeist das Dilettantenthum breit, jene tändelnde Liebe zur Kunft, die nie auf Gegealiebe rechnen kann. Die wenigsten der in großer Zabl auftretenden neuen Lyriker und Epiker besißen die für künstlerishes Schaffen, welcher Art es auch sei, erforderlihe Selbftkritik, ohne welche auch das stärkste Talent nicht im stande ist, wirklich Ersprießliches zu leisten, und dem gewissenhaften Beurtheiler erwächst leider nur allzu häufig die Pflicht, die Unberufenen aus dem geheiligten Tempel der Kunst zu verweisen. Es ift daher als ein besonders freudiges Greigniß zu begrüßen, wenn ein der Förderung Würdiger auf dem Plane erscheint, und als folhen wird man den jungen Verfafser obengenannten Büchleins unbedingt anerkennen müssen. Seinen Gedichten merkt man es an, daß sie zu verschiedenen Zeiten entstanden find; deutlich zeigt sich bei ibnen, wie die immer an ih arbeitende Selbstkritik des Dichters das Läuterungswerk vollziebt, welches, wenn es so fortgeseßt wird, \{chließlich vollendete Kunst- \{öpfungen hervorbringen dürfte. In dem Buche findet man neben den ersten, etwas unbeholfenen Verfuhen des Anfängers die Erzeugnisse einer nach Form- und Klangschönheit und Gedankentiefe \strebenden Poetennatur, welcher auch humoristische und satirische Anwandlungen nicht fehlen. Das Bessere in dem Büchlein erweckt die Erinnerung an einen anderen, leider zu früh verstorbenen gräflihen Dichter, Moriy Grafen von Strachwiß, in dessen lyrischem Nachlaß der ihm kongeniale Verfasser der vorliegenden Dichtungen gewiß manche An- regung für sein ferneres Schaffen finden wird. : Vier soeben neu erschienene Bändchen in der bekannten prakti- schen und gefälligen Ausftattung bringen die vierte Serie der vor- trefflihen Kollektion „Unterwegs und Daheim“ (Breslau, Schlesis(e Verlagsanstalt von S. E zum Abschluß. Das erste derselben bietet zwei Arbeiten von Ida Boy-Ed, von denen

die eine „Eine Kreuzträgerin“ an einem erschütternden Beispiel, wenn auch in etwas tendenziöser Weise, den mangelhaften Rechts« shuy zu beweisen sucht, den die erwerbende Frau in der Ehe ge- nießen foll, während die Verfasserin in der anderen umfangre Novelle „Ein kritisher Moment“ \sih auf dem allgemeinen Boden der FIrrungen und Wirrungen mens{chlicher Leidenschaften bewegt, in deren Darstellung sie wieder ihre bedeutende psychologishe Kunft offenbart. „Wald- oder Seeröslein“ nennt Robert Fernig frisch und [e- bendig gemaltes Idyll, das ebenso dur stimmungsvolle Schilderung der Natur, wie interessante Gestaltung der am Strande der- Ostsee sich abspielenden Vorgänge den Leser fesselt. Dagobert von Gerhardt- Amyntor behandelt in der Erzählung „Im Streite der Pflichten" in ergreifender Weise einen Konflikt, der aus dem Gegensaß zwischen den Forderungen des Gesetzes und denen der Mannesehre entspringt. In den Orient endlih verseßt den Leser Ludwig Jacoboroski mit der Er- zäblung „Der kluge Scheikh“, die durch das Sujet, das vortrefflich elungene Lokalkolorit, die zutreffende Charakterzeichnung mit der ebendigen Darstellung orientalischer Verschlagenheit und Lebens- anshauung den Eindruck einer arabishen Original-Dichtung erweckt: das glänzendste Zeugniß für die Begabung des Dichters und den Werth seines Werkes. ;

„Moselwein“. Zu Lob und Preis des Moselweines ge- schrieben von Karl Heinrich Koch, gezeichnet von Prof. A. Lewy. Mainz, Verlag von Philipp von Zabern. Die unter obigem Titek erschienene kleine Schrift giebt eine warme, manchmal bis zur Be- geisterung \sich steigernde Schilderung der Eigenschaften des Mosfel- weines und sodann eine eingehende Beschreibung des ganzen Weinbau- gebiets fowie der einzelnen Weinorte. Die leßteren sind dur eine große Zahl mit feinem fkünstlerishen Geshmack ausgeführter und ebenso sorgfältig reproduzierter Zeichnungen veranshauliht, sodaß das Ganze einen fesselnden malerishen Führer dur das Moselthal bildet, der zur nahen Zeit der Weinlese manchen ver- lockden möchte, sich persönlich von der Richtigkeit der {chwärmerishen Schilderungen des Verfassers zu überzeugen, welcher s{hreibt: „Wer des Moselweins Gefunkel mit etwas poetishen Augen anzuschauen verstebt, dem lacht aus dem lichten, grüngoldigen Naß die frische Ursprünglichkeit des Lebens an der Mosel entgra, die märchenhafte Romantik des Thals s{immert hervor und all das Sonnenfeuer, das die Traube gezeitigt, \prüht neu auf im krystallenen Glase.“ Dem fehr gefällig ausgestatteten Büchlein is auch eine ÎÜleine Karte des Mosellaufs und der unteren Saar beigegeben.

Das bei A. H. Payne in Leipzig verlegte Lieferungswerk „Panorama des Wissens und der Bildung“ ist mit dem Erscheinen der Hefte 47 bis 50 nunmehr abgeschlossen. Dasselbe bietet, wie {on mehrfach erwähnt wurde, Leitfäden zum Selbst- unterriht in nicht weniger als sechzehn Fächern, und zwar in der englischen, französischen, italienischen, spanischen und russishen Sprache, in Buchhaltung, Klavierspiel, Zeichnen, Geschichte, Erdkunde, Physik, Dichtkunst, Stenographie und Briefftil, ferner einen vollständigen Atlas und ein biographishes Lexikon. Wer fich in den Elementen dieser Fächer selbst unterrihten oder Vergessenes wieder auffrischen will, wird in dem Werk belehrende Anleitung dazu finden. Die einzelnen Hefte kosten 50 K.

Die „Illustrierte Welt“ (Stuttgart, Deutsche Verlags- Anstalt) beginnt au ihren neuen 46. Jahrgang mit einem künstleri- hen und textlihen Inhalt, der in seiner forgfältigen Auswahl den Nebentitel „Deutsches Familienbuch“ wohl berehtigt ersheinen läßt. Gleich zu Anfang des ersten Ae findet man eine ungemein an- \prehende Doppeltafel von aria Wunsch, betitelt „Kunst bringt Gunst“, in vollendeter vielfarbiger Wiedergabe. Jeder Beschauer wird seine helle Freude haben an den drei Kinderköpfchen, die ih da an- einanderschmiegen wie NRosenknösphen. Eine weitere bunte Gabe plaudert in reizenden Streubildern die Geheimnisse der Familie „Lang- ohr“ aus, während die 1eiche Folge von Ton- und Shwarzdrucken Dar- stellungen aus der deutschen Vergangenheit bis zum leßten großen Kriege aus der Familie und der engeren und weiteren Welt vorführt; au dem Humor is sein berehtigtes Pläßchen eingeräumt. Der textliche Inhalt is ebenso gut ee Die beiden großen Romane: „Der Ritt ums Glück* von Meyer-Förster und „Unter dem rothen Kardinal“ von S. I. Weyman ergänzen sih vortrefflih. Spielt der eine in- mitten der Gegenwart, die Kontraste der oberen und niederen Schichten der Gesellshaft mit f{charfem Griffel zeihnend, so führt der andere zutück in die wilde, surmbewegte Zeit, wo Richelieu's, des allmächtigen Kanzler Ludwigs XIIL. eiserne Hand über Frankreih lag. Was ih weiter daran e „Aus den Erinnerungen eines Berliner Polizei- kommissärs*, „Die Dienstbotenfrage in Amerika“ u. \. w., ist von mannigfahem Interesse, besonders auch die nüßlihen Winke für „Küche“ und „Haus und Hof“. Das erste Heft (Preis 30 4) ift U jede Sortiments- und Kolportage-Buchhandlung zur Ansicht zu erhalten,

Land- und Forstwirthschaft.

Getreidepreise in Nybinsk. Veber die Bewegung der Getreidepreise in Nybinsk in den leßten Wochen liegt folgende Zusammenstellung vor: NRybinsker Preisnotierungen.

2./14. Juli | 9./21. Juli | 16./28. Juli

23; Juli 30. Juli 6./18 1e 20. August 4. August | 11. August I Ug L a. Maa: 1. September

Roggen 116/118 Pfd. 9 Pud . 4,— 4,— 4,25 Wetten 124/126 10 Pud. « 6,85 8,— 8,29 Baler 6. Ph «4 4 3,— 3,10 3,16 x 8 8,10

7,50/8,— 4,20/4,50 8,—/8,25 1,60/70

uchweizengrüße 9 Pud Es A I a 7,50/8,— oggenmehl9 Pud ... .| 4,— 4,— /4,25 Wee Pud «l S 8,—/8,25 E a e 1,60/7 1,60/70

7,30/8,—

Bei vorstehenden Preisen kommen neben dem Ernteergebniß in Rußland auch die ausländischen Fat tofierungen und der Wasserstand der Wolga in Betracht, der seit Wochen die Ankunft von neuem Ge- treide in Rybinsk ganz unmöglich macht. Die kürzlich im zentralen Rußland stattgehabten heftigen Gewitter dürften den Wasser)tand in einiger geit etwas verbessern und im allgemeinen die Preise insofern beeinflussen, als dur diese Niederschläge an vielen Orten wenigstens die Möglichkeit einer Bestellung der Wintersaat und somit eine etwas bessere Ausficht für die nächstjährige Ernte geboten wird.

London, 17, September. Die „Times“ meldet aus Buenos Aires: In 30 verschiedenen Distrikten der argentinischen Pro- vinzen Rioja, Santa Fó, Cordova, Entre Rios und Corrientes sollen Pen Mee Ee eiae aufgetauht fein. An Weizen und Lein- amen sei großer Schaden angerihtet worden, besonders in dem mittleren Theile von Santa Fé.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Oesterreich-Ungarn,

Wie in Triest, so ift auch durch die Seebehörde in Fiume das gegen die Ein- und Durchfuhr von thierishen Roh- produkten und Abfällen aus den Häfen British-Indiens und den westlih gelegenen Häfen bis zum Rothen Meere erlassene Verbot auf die Ostküste des RothenMeeres bis zur Mündun des Suezkanals in den Golf von Suez ausgedehnt worden. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 260 vom 26. August d. J.)

4,50 4,90 4,90 4,50 9,25/50 8,90 8,90 8,90 9,75/10,— | 19,—/10,25 3,15 3,30 3,30 3,60 3,60 8,40 8,90 9,— 9,50/75 | 10,—/10,25 7,90/8,— | 7,75/8,— | 8,25/9,— | 8,75/9,50 | 9,50/10,— 4,20/50 4,25/60 4,90/75 D,— (9,29 9,75/6,— 8,—/8,90 8,29/75 8,79/9,29 | 9,50/10,— | 9,50/10,50 1,60/70 1,60/70 1,60/70 1,70/75 1,90/2

_ Niew-York, 16. September. (W. T. B.) Am unteren Mississippi ist das gelbe Fieber fortdauernd im Zunehmen begriffen. Es herrsht ein Zustand der Beunruhigung. In den von der Krankheit betroffenen Bezirken ist der Bäknperkebr eingestellt oder verringert. Die Stadt Jackson is infolge der durch mehrere Krankheitsfälle in der Nachbarschaft hervorgerufenen Beunruhigung thatsählich entvölkert. In New-Orleans sind bis jeßt nur 19 be- stimmt erkannte Fälle von gelbem Fieber vorgekommen. Von den noch fieberfreien Städten wird eine strenge Quarantäne durchgeführt.

Verkehrs-Anstalten.

Der Fahrplan für den Eisenbahn - Direktionsbezirk Essen vom 1. Oktober d. J. enthält folgende wesentliheren Aen d e- rungen gegen den Sommer-Fahrplan: Duisburg—Hamm. Nord- Expreßzug 11 Oftende—ESydtkuhnen (Sk Petersburg) is um 35 Mis- nuten früher gelegt. Zug 41 (Oberhausen Abf. 12,22, Wanne Ank. 12,22 V.) ist aufgehoben; dafür beginnt der Personenzug 39, jeßige Nr. 35, (Wanne Abf. 1,05, Dortmund Ank. 1,44 N.) in Oberhausen (daselbst Abf. 12,22 N.). Der Nahht-Schnellzug 91D Köln—Ham- burg— Altona is von Köln 20 Minuten früher gelegt und be- s{leunigt. Er trifft 14 Stunde früher in Hamburg ein und hat in Altenessen unmittelbaren Ans{luß von Essen H. B. erhalten. Hamm— Duisburg. T E 28 Hamm—Oberhausen ift um etwa 10 Minuten früher ges t und hat Ans{luß an Personenzug 72 nah Duisburg bezw. Schnellzug 264 nah Köln erbalten. Krefeld——

ohfeld—Duisburg—Mülheim a. d. R.—Dortmund—Holzwitede, Ruhrort—Mülheim a. d. R. und Oberhausen—Mülheim a. d. R. Neuer Zug Nr. 31 Langendreer Süd Abf. 7,02, Witten West Ank. 7,11 V. zum Anschluß an Zug 46 nah Hagen. Holzwikede—Dortmund— Mülheim a. d. R.—Duisburg—Hochfeld—Krefeld, Mülheim a. d. R.— Oberhausen und Mülheim a. d. R.—Ruhrort. Personenzug 646