1897 / 232 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 Oct 1897 18:00:01 GMT) scan diff

wude

ret a eri E E SRE i Tg De Et Ä Ap

ta Imp N E E E A Mi L wh: Meri LE E E rae L E P S E AR O C: jp-d U v E O E R I A!

J e S B E dl 0s

R R

Die Personal-Veränderungen in der Armee, Marine c. befinden sich in der Ersten Beilage.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2. Oktober.

Aus Anlaß der Gerichtsverhandlung über den Tod des Lehrers Grütter wird in der Tagespresse der Staats- Eisenbahnverwaltung ein Vorwurf daraus gemacht, daß die Züge auf der Strecke Terespol—Schweß nicht mit einer Zug- leine versehen seien, und daß denselben außer Lokomotiv- führer und Heizer bescnderes Begleitpersonal nicht bei- gegeben werde. Die genannte Eisenbahn ist eine Neben- bahn: auf solhen wird allgemein eine Zugleine nicht mitgeführt, weil die Bahnordnung für Nebenbahnen eine solhe niht vorschreibt. Auch die Einrichtung, daß dem Lokomotivführer zugleich der Zugführerdienst mit- übertragen is , widerspriht nicht einer Vorschrift ; diese Einrichtung besteht seit mehr als zehn Jahren auf einer Reihe von Nebenbahnen, welhe wie die Terespol- Schwetzer sehr einfache Betriebs- und Verkehrsverhältni})e auf- weisen, ohne daß sie bis jezt zu Unzuträglihkeiten für das Publikum oder für das Bahnpersonal geführt hat. Es würde nit wirthschaftlih sein und den Ausbau von Neben- bahnen und von Kleinbahnen gegen das allgemeine Jateresse des Landes bemmen, wenn für Schienenwege mit so einfachen Rerkchrsverhältnissen der gleihe Verwaltungsapparat zur An- wendung gebraht würde, wie er für Hauptbahnen rihtig und nothwendig ift.

In dem vorliegenden Falle wäre es bei der stärkeren Zug- benußung an dem Wahltage zweckmäßiger gewesen, wenn dem Lokomotivführer ein weiterer Begleitbeamter beigegeben worden wäre, wie dies der für besondere Anlässe gegebenen BRorschrift entsprochen haben würde. Ob damit das Verbrechen verhindert worden wäre, erscheint allerdings zweifelhaft.

j hiesige Königlich bayerishe Gesandte Graf von Lerchenfeld-Köfering ist vom Urlaub nah Berlin zurüd- gekehrt und k ie Geschäfte der Gesandishaft wieder über- nommen.

Der Großherzoglich hessische Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hofe von Neidhardt ist vom Urlaub nah Berlin zurüdckgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der am hiesigen Allerhöchsten Hofe beglaubigte hansea- iche Gesandte Dr. Klügmann is vom Urlaub na Berlin zurückgetehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschast wieder übernommen.

Vayern. in der Kammer der Abgeordneten eingebrachten etreffend die Einkommensteuer, die [rente er, die Gewerbesteuer und die ung der Grundentlastung, machte der Finanz- ; Freih-rr von Riedel in seinem Finanz-

o Mka n J: DET Abtbeilung S s ;

L

K 2D (Q)

e s c

in ?ollen, wenn eren Sesammt-

N 1 ck pie nt ck ¿Uel n Ven

elegung des unt in dem entenfeuer-

ift, wenn fie außer der Kapitalrente kein oder nur ein geringfügiges Ginkommen besißen, nur die Hälfte der Steuersäße zu entrichten haben, und endlich ist, ähnlih wie in dem Einkommensteuer-Gesezentwurf, eine Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung wegen besonderer, die Leistungs- fähigkeit des Steuerpflichtigen gefährdender Verhältnifse vorgeseben. Diese Entlastungen, welche sh auch im Hinblick auf die staatliche Zinsherabsezung empfeblen, werden vorauétfih!lih einen Steuerausfall bon ca. 300 000 M bewirken, der dur die im Entwurf vorgeshlagene Erhöhung des Steuersaßzes für Renten im Betrage von mehr als 100000 A von 34 9% auf 4 % niht ausgeglihen werden dürfte. Der Landtagsbeshluß bezüglich der Besteuerung der Ausländer, welhe in Bayern ihren Wohnsiy baben oder sich länger als ein Jahr daselbst aufhalten, ift im Entwurf berüdsichtigt. Der Entwurf des Gewerbesteuer-Gesetzes legt den Schwerpunkt auf die Gewerbesteueranlage nach tem Ertrag, wenn au daneben das bieher vorwiegend in Anwendung gebrawte System der Besteuerung nah festen Sägen (äußeren Merkmalen) beibehalten ift. Für die Berechnung der Betriebsanlage in den Fällen der Befteuerurg nah dem Ertrag ist dem Entwurf eine eigene Skala mit steigenden Klafsen- sätzen beigefügt; die Einzeltarifierung der Gewerbe in einer Tarifbeilage fowie die Normalanlage sollen auch fe:nerhin beibehalten werden. Die Einrichtung der Normalanlage if aus finanziellen und fteuer- tenischen Gründen äußerst werthvoll; fie sichert eine gewisse Stetigkeit der Gewerbesteuer und erleihtert die Schonung der kleineren Betriebe. Andererseits empfiehlt sich ihre Anwendung und zwar in verftärktem Maße namentli in jenen Fällen, in denen fapitalfräftige Unternehmer durch Ausübung einer Anzahl getrennter Betriebe oder durch das Feilbieten der vershiedenartigsten Artikel die Existenz des Kleingewerbes bedrohen. Denn wenn au die Landesgeseßgebung die freie Bewegung auf gewerblihem Gebiet durch Besteuerungsmaßregeln nicht unterbinden darf, so erscheint es doch als ein Gebot der Gerechtigkeit, für den Steuerentgarig, der sich infolge der durch rüdcksihtslose Steigerung des Erwerbs veranlaßten Auffaugung keiner Existenzen ergiebt, mittels böberer Besteuerung der Urheber entsprebend Ersay zu schafen. Der Entwurf matt daber auch von dieser Maßnahme im Hinblick auf den Gesammtbeschluß des Landtages bezüglich der Besteuerung der sogenanuten Waarenbäuser u. dgl. einen recht kräftigen Gebrauch. Die Säße der Normalanlage find bei der Mehrzabl der Ge- werbe einerseits dem bisberigen Tarife, andererseits den Klafsen- säßen für die Berechnung der Betriebsanlage angeglihen. Eine wesentliche Abweihung von der bisherigen Tarifeinri&tung befteht darin, daß überall, wo bei dem nämlichen Gewerbe eine Abstufung von Normalanlagesäßen vorgesehen ift, diese Abstufung niht mehr, wie dermalen, nah der Bevölkerungszahl des Betriebsortes, sondern nah dem größeren oder geringeren Umfange des Geschäftsbetriebs vor- genommen werden foll. Für unterzeordnete Gewerbegruppen ist völlige Steuerbefreiung in Auésiht genommen, wenn in solcen Gewerben ein Ertrag von 500 4 nicht erreiht wird, und deren In- haber ein anderweitiges Einkommen nicht oder nur in geringem Maße beziehen ; für Fälle, in denen eine Steuerüberbürdung vor- liegen sollte, is eine Hzrabsezung der Steuer zugelassen, und außerdem ist ähnliG wie in dem Einkommensteuer-Geseßz- entwurf den Verhältnissen einer durch grofe Kinterzahl u. dal. geminderten persönlihen Leistungsfähigkeit Rehnung getragen. Bei der Berechnung des \teuerpflihtigen Ertrags ift der Abzug der ge- werblihen Stuldzinsen allgemein gestattet, und endlih sucht der Ent- wurf die bei der bisherigen Gesezezanwendung nicht selten vorgekommene Häufung von Zuschlägen zur Normalanlage zu beseitigen und der- artige Zuschläge auf ein in den jeweiligen Verhältnissen begründetes Maß zurückzuführen. Es is} natürlih, daß die soeben erwähnten umfangreihen Entlastungen einen beträchtliden Steuerausfall ver- ursachen, und daß der Entwurf einen Ausgleih in der böôheren Be- steuerung der leistungsfähigeren Gewerbe suht. Das Hauptgewicht der Mehrbelastung tritt in denjeuigen Säßen zu Tage, twelbe für die Berechnung der Betriebsanlage in der dem Entwurf beigegebenen, in aufsteigender Linie sh bewegenden Skala vorgeschlagen find. Diese Sätze nähern ih in den untern Stufen den Klassensägen des Einkommensteuer-Gescßentwurfs, mußten aber allmählih eine stärkere Steigerung erfahren, da das höhere gewerblihe Einkommen fast regelmäßig wegen des mitwerbenden Betriebsfapitals au als ein fundiertes ersheint und {on das gegenwärtige Gewerbesteuergeseß einen Steuersaß von 23 9/6 des Ertrages kennt. Der Höchst'aß ist 32% und beginnt mit der Ertragéflafse von mehr als 40 000 bis 41 000 A Der Entwurf eines Gesetzes, die Fortseßung der Grundentlastung betreffend, befaßt sich in dem ersten Abschnitt mit den im Eigenthum von Privaten, Stiftungen und Gemeinten befindlichen Grundgefällen, welhe wegen Versäumung der im Grundentlastung8geseß vom 28. Avril 1872 bestimmten Fristen von der Uebernahme auf die Ablösunaskasse des Staats auëgeshlossen wurden. Diese Grund- gefälle sollen bei rechtzeitiaer Anmeldung sowobl auf Verlangen des Berechtigten als des Pflichtigen auf die Staatékasse übernommen und sodann in allen Beziehungen den bisherigen Bodenzinsen zur Staats- fasse alcibstehen. Nav dem zweiten Abschnitt, welcher von den Bodenzinsen zur Staatskasse handelt, sollen diese Bodenzinse allmählich in der Weise getilgt werden, daß den Pflichtigen der achte Theil der Fahreéleistung als Tilgungsrate des Kapitals angerehnet wird, was dem baverishen Staat bis zum Jahre 1958 ein jährlihes Opfer von §90 000 M auferlegt. An der Spitze des dritten Abschnitts, der die Bodenzinse der Grundrenten-Atlösunsskasse zum Gegenstand hat, befindet ih der Satz, daß vom 1. Januar 1898 an für den Nest der Tilgungs- pericde die gemäß Art. § des Gefeßes vom 28. April 1872 an die Ablôsurgékasse des Staats zu entrichtenden Leistungen auf den Be- trag deë urfprünglihen Bodenzinses ermäßigt und der ahte Theil ieses Betrages den Pflichtigen als Tilgungérate angerechnet werden L er nachaelassene Betrag is alljährlich von der Staatskasse an die Ablösungékasse zu vergüten und infolge dessen bis zum Jahre 1934 vom Staat alljährlih die Summe von rund 780 000 Æ für ie Pflichtigen zu leisten. Die zur Ablöfsungskasse Boden- zinépflihtigen werden daber vom 1. Januar 1898 so- den achten Theil ihrer Jahreëshuldigkeit er-

. Zur Sicherung des Verkehrs mit botenzinspflihtigen

tücken ist ferner bestimmt, daß die Rentämter verpflichtet, sind, rundbesizer auf Verlangen gebübrenfrei cin Zeugniß aus- 3 welhem die Belaftungsverhältnifse des Grundstüds,

’re die Grôße der, etwa darauf haftenden Bodenzinse und des ebenden Refikapitals, ersichtlich find. Wenn dem Staat dbtlihe Opfer für Beseitigung der Bodenzinfe angesonnen werden,

es nur natürli, daß ter Getetentwurf auch auf den bereits vor e-u 30 Iabren im Landtage autaeiprocenen, in dem Gese vom Jahre nur onvollfommen zum Ausbau gelangten Gedanken, unter Um-

) einen gewiffen Zwang zur Ablösung der Bodenzinse ein-

i zu lafien, zurückfommt. Im Geseßentwurf wird daher in Vers C der Bodenzinse bis zu 10 4 und bei

finden auf Grundtaushe zum Zweck der Flurbereinigung,

3 r Besigübergänge zwischen Verwandten oder Stief- eten in auf- oder absteigendec Linie, sowie zwischen Ehegatten j Nach der beftebenden Geseßg-bung war es der nahezu unmöglih, auf die wenn avch noch so

¿erbâltnifse einzelner Bodenzinépflihtiger Rücksicht zu nehmen ; es ift daber in den Entwurf eine Bestimmung aufgenommen, wona das Finanz-Ministerium ermächtigt wird, an den jährlichen Leistungen zur Staats- und zur Ablöjungskasse den Pflichtigen auf Ansucben in unverschuldeten Unglücksfällen einen angemessenen Nachlaß zu gewähren, wenn die Pflihtigen durch die Beitreibung der vollen Jadbresschuldigkeit in die Gefahr des Vermögensverfalles geratben würten. Zum Vollzug dieser Bestimmung, welche es ermöglicht, wirkli bedürftige und nothleitende Landwirthe bei bhäuélihen Ehren zu erhalten, find im Budget mehrere hunderttauserid Mark vorgefehen, jotaf sid der Gesammtaufwa: d für die Bodenzinéepflichtigen auf ungefähr zwei Millionen Mark jährlich belaufen wird, wozu noh die im Budget für die XX[1V. Finanzperiode auf 379 890 # ver- anshlagten Zushüfse für die Verzinsung und Verwaltung der Grund-

R S

Trr c

9)

2

rentenschuld treten. Weiter zu gehen, verbietet die Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des taats sowie auf die nicht im Besiß bodenzinspflibtiger Grundstücke befindlichen Staats- angehörigen, welhe die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung Bayerns bilden, und auf diejenigen Landwirthe, welhe bereits abgelöst Haben. Insbesondere ersheint eine aligemeine Herab- minderung des Bodenzinékapitals unthunlih, denn eine derartige Maßnahme würde einer großen Anzahl Bodenzinétpflihtiger zu gute kommen, die deren garniht bedürftig find, und andererseits den Grund- sätzen unserer Verfassung über die ungeschmälerte Erhaltung des Grundstockoermögens des Staats widerstreben. Nachdem dur die Gesetzgebung des Jahres 1848 ein neuer, seit fast 50 Jahren un- bestrittener, den Rükgriff auf frühere zum theil fagenbafte Verhält- nisse ausscließender Rechtsboden gelegt worden ist, und nahdem wohl die sämmtlihen dermaligen Besißer bodenzinspflihtiger Grundstücke ihren Besiß erff nach dem Jahre 1848 erworben und seitdem von keiner Seite irgend eine Gewalt erlitten baben, und da die Ansicht, als ob die Bodenzinse Steuern seien, \{hon_des- halb unrichtig ist, weil die Bodenzinse zur Ablöfungskasse dem Staat selbst ja garniht zu gute fommen und au des Bodenzinsen zur Staatskasse vielfah befondere Leistungen gegenüberstehen, fo fann von einem Rechtsanspruch auf die Gewährung von Erleichterungen über- haupt nicht die Rede sein. Wenn nun gleihwohl so namhafte Er- leichterungen vorgeshlagen werden, so rechtfertigt sh dies ledigli deshalb, weil es im Staatsinteresse gelegen ist, die Bodenzinfe allmäblich ganz aus der Welt zu schaffen und einen gesunden, tüch- tiaen Bauernstand in seiner Existenz zu befestigen. Um dies zu er- möglichen, is es aber unerläßlih, daß die Landwirthe in erster Linie selbs nach Kräften mitwirken und sih nit Heil- mittel anrathen lassen, die in Uebergriffen in die berehtigte Interessensphäre anderer Berufsklassen bestehen und unter Umständen die Fundamente der Staatsordnung gefährden. Wie sehr der Staatsregierung das Wohl der Landwirthschaft am Herzen liegt, ist auch aus der Bestimmung des Finanzgesegentwurfs, wona die Umlaufshöhe der Kulturrentensheine auf 8 Millionen Mark festgeseßt wird, sowie aus einem weiteren Geseß- entwurfe entnehmen, nah welhem zum Zweck einer gedeihlichen MWeiterentwickelung der Einrichtungen für die Befriedizung des län ds lihen Personal- und Realkredits der Bayerishen Zentral- Darlebenskasse ein unverzinéliher Betriebêvorschuß von 100 000 # und ein zu 39/6 verzioslicer, jederzeit fündbarer Betriebsvorshuß bis zum Betrage von 1 900 000 4 und der Bayerischen Landwirthschafts- bank ein gleihfalls mit 39%/ verzinsliher, jederzeit Fündbarer Betriebévorshuß bis zum Betrage von 2 Millionen, je nach Bedarf, gewährt werden foll. Hamburg.

Wie der „Hamb. Korresp.“ aus Cuxhaven meldet, wird die Leiche Seiner Hoheit des Herzogs Friedrih Wilhelm zu Mecklenburg morgen früh mit der Bahn nah Schwerin übergeführt werden, wo dieselbe Nachmittags 41/9 Uhr ein- treffen wird.

Deutsche Kolonien.

Ueber die Utshungwe-Berge in dem deutsch-0st- afrikanishen Gebiete von Uhehe berichtet der Forst- Assessor von Bruchhausen aus Jringa unter dem 3. August d. J. nah dem „Deutschen Kolonialblatt“ Folgendes:

Das für Anjsiedelungen in Ubehe in erster Linie in Betracht kommende Gebiet liegt südlich der Station Jringa und umfaßt die sogenannten Utsbungwe- Berge mitsammt den Vorbergen und eventuell no einen großen Theil des Landes öfstlih des kleinen Ruaha bis zum Gebirgsrande. Dieser ganze Komplex, der nah Abzug der \{lechten, nicht in Frage kommenden Landstriche etwa 10 000 qkm beträgt, Läßt fi in drei Zonen zerlegen, von denen die erfte die un- endlihen Graéflächen, die zweite den Uebergang von diesen Graëflächen zum Buschwald und die dritte und Hauptzone den Buschwald felbst umfaßt. Alle drei Theile zeichnen fih ganz besonders dadur aus, daß fast nirgendwo \chrofe Felswände und steile Hänge vorhanden find, sondern die zablreih aneinander gereihten Hügel, bezw. Berge sanft ansteigen und fallen, sodaß ein Bebauen derselben au mit dem Pfluge \te!s möglich sein wird. Dieses leßtere wird noh dadurch er- leihtert, daß das durchweg aus Granit beftehende Urgestein nur selten kfompaft zu Tage tritt und kleinere Steinbrocken wenig im Boden vorhanden find. Einen besonderen Charakter erbalten die Berge, insbesondere die Vorberge, durch das Vorhandensein zablreiher fleiner Schluchten, aus denen vielfach Quellen entspringen. Ein Wasserreihthum herrsht überbaupt in dem ganzen Gebiet, wie er wobl selten wieder in einem Gebirge unserer Kolonie zu finden sein wird. In jedem Thal und jeder Senkung, an den Berghängen u. \. w. ist frishes klares Wasser vorhanden, das obne Gefahr für Erkrankungen getrunken werden kann. Die Temperatur desselben betrug durschnittlih 15 Gr. Celsius. Das Klima is bei der Höhenlage, 1500 bis 2000 m über dem Meere, ein volständig europäi!ches, er- frishendes, oft sogar empfindlich faltes. Zur Zeit unserer Anwesenheit zeigte tas Thermometer häufiz Morgens eine Temperatur von unter 10 Gr. Celsius an. Fieberanfälle dürften bei diefer Höhenlage aus- ge&lofsen sein, zumal wenn etwa bei den Niederiaffungen vort andene Sumpfbildungen entwässert werden. Die nur einmal im Jahre, von November bis Anfang Mai, eintretende Regenzeit bildet zuglei auch die warme Jahreszeit, worauf alsdann die kalte von Mai bis No- vember folgt. Es regnet jedoch, wie wir selber zu konstatieren Ge- legenheit batten, in den Bergen auch außerhalb der Reg?nzeit, nah den Ausfagen der in Ubehe leberden Guropäer das ganze Fahr über. Nebelbildungen scheinen bäufig zu sein.

Der Boden der ersten Zone besteht nun aus fehr tief- aründigem, heller und dunfler, biêweilen ziegelroth gefärbtem Laterit. In geringer Tiefe kann derselbe als frisch bezeichnet werden. Die eigentliche Humusschiht ift, wie bei fast allen hi:sigen Böden, unbedeutend. Leider ist hierselb auch die Unsitte des Abbrennens des alten Grases arg vertreten, obne daß es vorläufiz auch nur im entferntesten möglich sein wird, derselben energish ent- gegenzutreten. Der Boden wird infolge dessen eines Theiles seiner besten Kräfte beraubt und üderzieht si mit einer barten Decke. Im Gegensaß zu den auf unserer Reise fast nur beobachtiten {ilf- ähnlihen Hochgräsern findet sih hier ein kurzes, sa tiges, dicht stehendes Gras, das vom Vieh gerne gefrefsen wird. Baumarten sind fast garnicht vertreten, nur an den vor den Winden geshüyten Stellen, wie ¿. B. in den S@hludten, b-finden sih krüppelwüchüge Stämme. Diese ungeheueren Weideflähen sind wie g-schaffen zur Viebzucht im größten Maßstabe, wenngleich andererseits die be- sichtigten, nur einzeln vorkommenden, mit Mais, Uleri, Viari, Bohnen, Grksen, Kürbissen, Tomaten, Taback, Hanf u. #. w. bestandenen Schamben keinen Zweifel an einem guten Gedeihen der Feldfrüchte aller Art aufkommen lassen. Die zweite Zone zeigt, wie erwähnt, den Uebergang von den Graéflächen zum Buschland, indem einzelne Bâume, insbesondere kleine Buschrondels, si einfinden und der Adlerfarn in oft dihtem Stande ganze Berghänge bedcckt. Der ebenfalls sehr tiefgründige und frische anlchmige Boden if von dunkler Be- schaffenheit und zum theil für hiesige Verhältnisse auffallend humos. Er dürfte mit dem der dritten Zone von einer ganz hervorragend guten Beschaffenheit sein. Dec Boden dieser leyteren weist ver- schiedene Schattierungen auf, ist aber zumeist dunkel und anscheinend sehr kräftig. Von den Eingeborenen waren vor allem die Gipfel der Berge bebaut, doch if auch guter s{chwerer Shwemmboden in den Thâlern vorhanden. In dieser dritten und Hauptzone herrscht eine üppige Vegetation, Blumen und Sträucher, Farne und Bäume wett- eifern um den Play und bilden im Verein mit den dazwischen befindlichen dornigen Rankengewähsen unter denen die Brombeere an die Heimath erinnert und Lianen, eine fas undurh- dringlihe Hecke. Merkwürdig stehen bisweilen ganze Hänge mit Bambus bestanden mit ihrem matten Grün von der Umgebung ab, ein weribhvolles Material für Häuserbauten u. \. w. liefernd. Waldungen von irgend einer Bedeutung waren in diesem bereisten

Gebiet niht vorhanden. Alles zeigte mebr den Charakter des Nieder- waldes. Die vorhandenen Akazien und Baumarten, die noh an der Küste näher zu bestimmen sind, überschreiten felten die Höhe von 10m und den Durchmesser von 25 cm. Dot scheinen einzelne Arten, bei denen das Holz engringig und hart war, für Bauzwecke gut ver- wendbar zu fein. Erdproben dieser drei Zonen werden zur näheren Untersubung nah Berlin gesandt werden. ; Nach den allerdings erft kurzen Erfahrungen der Station und Mission Fringa müssen die gesammten europäiscen Getreide- und Gemüsearten derrorragend gut gedeiben und ih zwei Ernten im Jahre erzielen laffen. Das Vieh if von großem, kräftigem Schlage. Schon jeyt werden größere Viehberden von Unternehmern mit geringen Unkoften zur Küste getrieben und ein guter Ertrag erzielt, da das hierselbft etwa 59 Ruvien kostende Stück Rindvieh an der Küste zu dem doppelten Preise verkauft werden soll. Infolze der Schiffbarkeit des Rufidsci, Ülanga und des unteren Theiles des Kikami ift eine Wasserstraße vorhanden, die es gestattet, mit Ausnahme einer kurzen Strecke bis zu dem südlihsten Theile des in Frage kommenden Gebietes, nämli bis Perondo, zu Schiff zu gelangen, fobald nur ein fleiner Dampfer vor und einer hinter den Panganifällen des Rufid\chi vorhanden ist.

Zur Erforschung einer bösartigen Krankheit unter den Eingeborenen im Gebiet von Kisiba, nóördlih von Bukoba am Viktoria-Nyanza, wird seitens des Kaiserlichen Gouvernements eine Expedition unter Stabsarzt Dr. Zu- piga, der zwei Jahre am Viktoria-Nyanza stationiert war und während der Anwesenheit des Geheimen Medizinal-Raths, Professors Dr. Koh in Dar-es-Salâm diesem bei seinen Arbeiten behilflich gewesen ist, entsandt werden.

Der Kaiserliche Landeshauptmann von Deutsh-Süd- westafrika, Major Leutwein, hat unter dem 29. März d. J. für den Umfang di:ses Schußgebietes eine im „Deutschen Kolonialblait“ veröffentlihte, am 1. Januar 1898 in Kraft tretende Verordnung, betreffend die Einführung von Feuerwaffen und Munition, erlassen, nah welcher die Einführung von Feuerwaffen, Munition oder Pulver jeder Art, sowie der Handel damit nur der Kaiser- lihen Landeshauptmannschaft gestattet ist. Auf Grund eines schriftlichen, von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft auszustellenden Erlaubnißscheines kann -Nichteinge- borenen die Erlaubniß zur Einführung von Feuerwaffen und Munition zum eigenen Gebrauch gestattet werden, sofern fie hinreichende Sicherheit dafür gewähren, daß sie dieselben niht an Dritte vergeben oder verkaufen wollen. Die Beamten der Kaiserlihen Landeshauptmannschaft, sowie die Offiziere und europäishen Mitglieder der Schußtruppe bedürfen zur Einführung von Waffen und Munition, insoweit sie zum eigenen Gebrauch bestimmt sind oder zur dienstlihen Ausrüstung ge- hören, feines Erlaubnißscheins. Zur Weitergabe von Waffen und Munition sowohl an Nichteingeborene wie an Eingeborene durch Kauf, Tausch, Schenkung oder in sonst einer Weise bedarf es der behördlichen Genehmigung u. st. w. Zuwider- handlungen gegen diese Verordnung werden, soweit mch{cht nah den Strafgeschen eine höhere Strafe verwirft ist, mit Ge- fängniß bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 5000 M, allein oder in Verbindung miteinander, bestraft. Die Feuerwaffen, die Munition und das Pulver, welhe Gegenstand der Zuwiderhandlung sind, unterliegen der Einziehung.

Oesterreich-Ungarn.

Die Kaiserin is gestern Vormittag in Budapest ein- getroffen und am Bahnhof von dem Kaiser empfangen worden.

Jn der gestrigen Sitzung des österreichischen Abgeord- netenhauses legte der Finanz-Minister Dr. von Bilins ki in seinem Finanz-Exposé die einzelnen Posten des Staats- voranschlags eingehend dar.

Der Minister stellte zunähst mit Befriedigung fest, daß die Tilgungsrente bei ihrer Begebung einen bis dahin nie erreihten Kurs erhalten babe, wobei er großes Gewicht auf die Thatsache legte, daß, obwohl bei der ersten Begebung der Tilgungsrente nur auf den in- ländishen Markt reflektiert worden sei, dennoch Deutschland, Frank- rei und au Schweden große Posten bezogen bätten, was einen Beweis dafür liefere, wie die Kreditfäbigkeit ODesterreihs gestiegen fei; au im Inlande habe sich die Investitionsrente vollständig ein- gelebt. Der Minister führte sodann aus, daß der Ueberschuß von rund 3 900 000 Fl., mit dem der Voranschlag abschließe, durch die gemeinsamen Auslagen eine wahricheinlihe Verkürzung auf 900 000 Fl. erfahren werde. Ein großer Uebershuß im laufenden Jahre sei niht zu erwarten, da die Hochwassershäden die Steuer- eingänge ferabdrüdckten. Das Jahr 1898 dürfte ein kritisches Finanzjahr werden, weil fi&ere alte Einnahmen fortfielen und an deren Stelle ursihere neue träten. Nur mit Mühe und durch die Einstellung des Restes des Kaufschillings für die Südbahn im Betrage von 1 800 000 F[. in den Einnahme-Etat, habe er (der Finanz-Minister) eine Bedeckung für alle Ausgaben gefunden. Vollständig unmöglich sei jedo, daß die von dem Hause und von der Regierung angestrebte Regulierung der Beamtengehälter und die Unterstüßung der Landesfinanzen obne neue Einnahmequellen erreicht würden. Dies würde kein Finanz-Minister auf sein Gewissen nehmen können. Für die Vurchfübrung dieser und noch anderer Staats- zwecke, deren Gesammtbe:arf auf 40000000 Fl. berechnet werde, sei die Bedeckung durch eine im Einverständniß mit Ungarn vorzunehmende Erhöhung der Branntwein-, Bier- und Zuer- steuer geplant gewesen, was -aber leider jet nit realisierbar sei. Anderersei1s sei die Regulierung der Beamtengehälter, welche 18 500 000 FI. erfordere, dringend nothwenig. Deshalb werde die Regierung die Einführung einer Zuckervershleißsteuer mit einem Ertrage von 14 bis 15 Millionen und eine Transpcrtsteuer vor- \{hlagen. Es liege in der Hand des Hauses, ob und wann das Beamtengescß in Kraft treten solle; die Regierung wolle zur Einlösung dieser moralischen Berpflichhtung gern bebilflih sein. Was die Steuerreform betreffe, so könne er erklären, daß dieselbe in vollem Zuge sei, und es stehe zu hoffen, daß das große Werk zum Wohle Oesterreichs gelingen werde. Das Ergebniß der im November in Kraft tretenden Börsensteuer fei s{chwer vorher zu bestimmen. Die Börse fei jeßt zwar etwas günstiger gestimmt, allein die an die Steuer gekaüpften Erwartungen dürften wohl nicht eintreten. Der Mmister wies hierauf auf die außerordentlich bumane und milde Handhabung der Steuerpraxis hin. 1896 feien 94 Millionen Fl. an Steuekn abgeschrieben und gegen 2 Millionen Fl. Crekutionsgebühren nachgelassen worden. Der Minister schilderte fo- dann die Maßnahmen fozialpolitischer Natur in den dem Finanz- Ministerium unterstehenden Betrieben. Speziell für die Salinen- arbeiter in Ebensee sei die Herstellung von Arbeiterwohnungen binnen elf Jahren im Zuge. Des weiteren kündigte der Redner eine Reihe von Geseßvorlagen an, darunter ein Immobiliengeseß zur Entlastung des bâuerlihen und des fkleinen städtischen Grundbefißes, ferner ein Gefällstrafgeses und eine Zollordnung nah modernen Prinzipien; in Betreff der leßteren seien Verhandlungen mit Ungarn in der Schwebe. Der Minister {loß alédann mit den Worten: „In der Hand des Hauses wird es nun liegen, sich den Anträgen der Re- gierung anzuschließen und so dem Staat die budgetäre Elastizität wiederzugewinnen, dem Beamtenftand und der Landwirthschast ent- gegenzukommen, die Landesfinanzen zu fanieren und einige Ein- nabmequellen zu beseitigen, welhe Oesterreih nicht in die Reibe der Kulturstaaten stellen. Mit Hilfe des Hauses kann Desterreih binnen zwei Jahren auf eine neue finanzielle Grundlage gestellt werden.“

Sämmtliche Nothstandsanträge wurden sodann vom Paul einstimmig als dringlich anerkannt. Der Abg. reuenfels (Zentrum) brahte darauf einen Antrag auf Einsezung eines Ausschusses zur Schaffung eines parla- mentarischen Ehrengerichts ein. Der Abg. Socol (Jungczeche) interpellierte über Vorkehrungen zum Schuß der czechischen Minoritäten in den deutshen Bezirken Böhmens. Der “Abg. Pacak (Jungczeche) überreichte einen Geseßentwurf, betreffend Abänderung des Preßgeseßes und der Strafprozeßordnung, sowie Austeding des Zeitungsstempels. Nachdem noch der Abg. Jro in mehreren Zwischenrufen den JustizMinister wegen der Verhaftung des Reichenberger Redakteurs Hofer heftig an- gegriffen hatte, wurde die Sißung unter großer Unruhe geschlossen.

Im ungarischen Unterhause brachte gestern die liberale Partei den Antrag ein, an den Kaiser Franz Joseph aus Anlaß Allerhöchstdessen Handschreibens, betreffend die Errich- tung von zehn Denkmälern in Budapest, eine Huldigungs- Adresse zu rihten. Der Antrag wurde angenommen und die Verhandlung über die Adresse auf den 4. d. M., den Namenstag des Kaisers, anberaumt.

Frankreich.

Der Präfident Faure hat den Polizei-Präfekten von Paris Lépine zum General-Gouverneur von Algerien ernannt.

Rußland.

Die Kaiserin-Wittwe Maria Feodorowna ist, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, mit dem Groß- fürsten Michael Alexandrowitsch und der Großfürstin Olga Alexandrowna gestern Nachmittag 4 Uhr in Odessa eingetroffen und alsbald an Bord des Panzerschiffs „Georgij Pobjedonoszew“ nah Batum abgereist.

Spanien.

Sagasta hat, dem „W. T. B.“ zufolge, erklärt, daß er

bereit sci, die Bildung des Kabinets zu übernehmen. Türkei.

Das Kriegs - Ministerium hat, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel meldet, bekannt gegeben, daß vor dem definitiven Friedensshlufse in der Operations -Armee keine Beurlaubungen stattfinden werden.

Griechenlaud.

Der Minister-Präsident Ralli begab sich, wie „W. T. B.“ aus Athen berichtet, im Laufe des gestrigen Tages in das Königliche Palais und bot dem König die Entlassung des Kabinets an, welche angenommen wurde. Der König berief hierauf den Präsidenten der Kammer Zaimis in das Palais, um sich über die parlamentarische Lage zu unter- richten, und ließ sodann Delyannis durch seinen Adjutanten den Wunsh ausdrücken, daß Delyannis jedes Ministerium unterstüßen möge, welches der König bilden werde. Dely- annis erwiderte: troy seines Wunsches, den König zu-

u stellen, könne er ein derartiges Versprechen niht abgeben. Hierauf ersuhte der König Zaimis, die Kabinetsbildung zu unternehmen; dieser zögerte, den Auftrag anzunehmen, unter dem Hinweis, daß Delyannis der Führer der Mehrheit sei, erklärte sich indeß auf aber- maliges dringendes Ersuchen des Königs sließlich zur Bildung des Kabinets bereit. Delyannis meldete dem König, daß seine Anhänger nur ein unter seinem Präsidium gebildetes Ministerium unterstüßen würden. Jndessen sind die Verluste seiner Partei durch eine in derselben eingetretene Spaltung so zahlrei, daß diese Drohung hinfällig werden dürfte.

Die wichtigsten Schriftstücke, welhe das der Deputirten- fammer vorgelegte Weißbuch enthält, sind folgende: Am 1. Mai berichtete der griehische Geschäftsträger in London, die großbritannishe Regierung schlage die Einberufung eines Kongresses vor zur Berathung der Orientangelegenheiten. Der russishé Minister des Aus- wärtigen Graf Murawjew erklärte am 5. Mai dem griehishen Geschäftsträger Tombazis, er sei der An- icht, daß Griechenland, wenn es die Vermittelung annehme, seine Interessen ohne Vorbehalt den Mächten anvertraue. Am 28. Mai erklärte der italienishe Minister des Auswärtigen Visconti Venosta dem griehishen Geschäftsträger Kunduriotis, die Friedensbedingungen würden {were sein, Griechenland dürfe aber keine Neigung zeigen, sie zurückzuweisen, da in diesem Falle das europäishe Konzert bedroht sei. Hierauf ließ der griehishe Minister des Aeußern S kulud is erklären, die grichishe Regierung denke durchaus nicht daran, die Friedensbedingungen abzulehnen, sondern beabsichtige nur, den Mächten über die Mittel des Landes Auf- flärung zu geben. Am 830. Mai erkundigte sich der französishe Minister des Auswärtigen Hanotaux mit lebhaftem Interesse bei dem griechishen Ge- sandten Delyannis nach der inneren Lage Griechenlands und erklärte dabei, jeder Angriff gegen die Dynastie würde die Existenz Griechenlands bedrohen. Delyannis sowohl, wie Sfuludis stellte hierauf förmlich in Abrede, daß eine anti- dynastishe Bewegung oder Uneinigkeiten zwishen dem König und dem Kabinet beständen. Die übrigen Schriftstücke sind entweder bereits bekannt oder von geringerem Jnteresse.

Asien.

Das „Reuter’she Bureau“ meldet aus Simla vom gestrigen Tage, daß die Brigade Jeffrey's neuerdings einen Zusammenstoß mit dem Feind bei Agra und Got gehabt habe. Nach einem heißen Gefecht seien beide Ortschaften zerstört worden. Auf britisher Seite seien ein Oberst, ein Lieutenant und zehn Mann gefallen und drei Offiziere sowie 38 Mann verwundet worden. Der Emir von Afgha- nistan soll Befehl ertheilt haben, alle A des Afridi- Stammes, die in Kabul erscheinen sollten, festzunehmen.

Aus Peshawar erfährt dasselbe Bureau, daß die Afridis gestern Vormittag auf eine bengalische Kavallerie- Patrouille in der Nähe von Barra geschossen hätten. Ein Mann der Patrouille sei getödtet worden.

Arbeiterbewegung.

In Essen haben, einer Mittheilung der „Rhein.-Westf. Ztg." zufolge, einige Brauerburschen der Brauerei von Fehrenberg U. Stimmsbeck wegen Lohnstreits die Arbeit eingestellt. i

Aus Dombrowa (Russisch - Polen) meldet die „Kattowißer Ztg.*: Auf dem Hüttenwerke Huk Bankowa sind sämmtliche Arbeiter, 4500 Mann, ausständig. Der Gendarmerie - Oberst aus Warschau uad hohe Regierungsbeamte sind eingetroffen. Am Donnerstag Abend kam es zu Ausschreitungen der Menge, welche das

Militär mit Steinwürfen bombardierte, worauf der Oberst Feuer ges ließ. Dabei wurden zwei Mann getödtet und fünf shwer ver- f von denen einer inzwischen gestorben ift. Sechs Kompagnien cilitär find eingetroffen. Sämmtlihen Arbeitern wurde von der Hüttenverwaltung gekündigt. Das Hüttenwerk gehört einem Kon- sortium russischer und französisher Kapitalisten. s - E Aus London meldet „W. T. B.* zum Ausftand der Maschinenbauer: In Erwiderung auf das Ansuchen einer Londoner Arbeiter-Vereinigung schrieb Lord Salisbury : er bedauere, daß er nicht zur Herbeiführung einer Erledigung des Maschinenbauer-Ausftandes beitragen könne ; jedoch werde die Angelegenheit von der Regierung im Auge behalten werden.

Kunft und Wiffenschaft,

Hauptmann Herrmann hat dena Bukumbi-Golf am Südende des Viktoria-Nyanza und die Insel Ukerewe trianguliert. Die Aufnahmen sind in Berlin eingetroffen und werden hier bei der großen Karte von Osft-Afrika Verwendung finden.

Dem Kön iglihen Museum für Naturkunde zu Berlin ist eine von Dr. Fülleborn in Lindi (Deutsch -ODftafrika) zu- sammengebrahte Naturaliensammlung zugegangen. Die Sen- dung enthielt: 6 Säugethiere in Alkohol, 9 Bälge zum theil mit Schädeln, 7 Vogelbälge, 150 Laubfrösche, etwa 40 Cidehsen, einige Schlangen und Schildkröten, 31 Orthopteren, 41 Hemipteren, 20 Raupen und Puppen, zum theil in Spiritus, zum theil genadelt und in Düten, 30 Coleopteren und einige Larven, 9 Myriapoden in Spiritus, 2 Ameisen in Spiritus, 1 Schlupfwespe in Spiritus, Biologie einer Belonogaster, 1 Neft einer Wespe, 86 trockene Hymenopteren, 10 Land\hnecken in Spiritus, etwa 60 Spinnen, 1 Skorpion, eine Anzahl Pentastomum aus Python, 2 KRrebfe und Nematoden aus Python sp. Die Konservierung der Thiere war gut, ihr wifssen- schaftlicher Werth zum theil bedeutend; namentli in Betreff der Säugethiere is durch diese Sendung die Kenntniß der Thier- welt von Deutsh-Oftafrika wesentlich bereihert worden. Von den Vögeln waren zwei Kuckucke ihrer ungewöhnlihen Färbung wegen von Werth, während unter den Laubfröschen sih eine bisher unbekannte Rappienform befand. Unter den Coleopteren war, eine kleine Anzahl Arten, die im Museum noch nicht vorhanden und anscheinend neu find, auch unter den Hymenopteren und Myriapoden finden \ich einige \seltenere, vielleiht neue Arten. Die Spinnen enthielten außer be- fannten auch seltene Attus- und einige neue Arten. Die eingesandten Krebse waren für das Museum neu; der wissenshaftliche Werth ter Nematoden ift ein großer.

Land- und Forftwirthschaft.

Ernteaussichten in Finland. Z

Nach den von den Gouverneuren von Wiborgs- Län und von Äbo- Björneborg8-Län zu Ende vorigen Monats veröffentlihten Berichten versprah der „Weizen in Wiborgs-Län nur eine mittlere oder darunter bleibende, in Abo und Björneborgs-Län dagegen eine bessere, theil- weise sogar eine gute Ernte.

Der Roggen ergiebt in beiden Gouvernements im allgemeinen einen theils mittleren, theils besseren Ertrag, und nur in einem kleinen Bezirk von Wiborgs-Län bleibt die Ernte unter Mittel, während in verschiedenen Theilen von Abo und E jörneborgs- Län fogar ein gutes Ergebniß erreiht wird. e E74

Die Gerste verspriht im ganzen Wiborgs-Län mit Aus- nahme eines kleinen Bezirks mit gutem Erträgniß eine mittlere, im bo und Bjsrneborgs-Län ebenfalls meist eine mittlere Ernte, während hier der gute Ertrag in einem kleinen Bezirk den ungenügenden Ausfall in einem anderen Theilbezirk etwa aufwiegt.

Der Hafer giebt im Wiborgs-Län meist, einen mittleren, stellen- weise cinen besseren und sogar guten, im Abo und Björneborgs-Län fast überall einen mittleren Ertrag, bleibt aber stellenweise doch darunter, und sein Ertrag wird in einzelnen Theilen sogar als \{lecht bezeichnet.

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus.

Die gestrige Aufführung von Mozart's komisher Oper „Figaro’s Hochzeit" gewann wieder durh die im vorigen Jahre eingeführte neue Rococoausstattung erhöhtes Interesse. Die Kostüme haben gegenüber den früheren \panischen wohl etwas an buntfarbiger Pracht eingebüßt, dafür heben sie sich aber von glänzenden Schloß- dekforationen mit hberrliden Ausblicken in die Landschaft und von vhantasievoll angelegten Gartenscenerien ab. Die Nollenbeseßung war mit Ausnahme des Figaro und des Cherubin gegen früher unverändert. Die Partie des Figaro sang Herr Moriy Frauscher vom Königlichen Hof-Theater in Stuttgart korrekt und sympathisch, aber fein Drgan hat eine für den Vortrag der Figaro-Melodien nit besonders gecignete, etwas dunkle Klangfarbe; es mangelt der Stimme die Gescmeidigkeit, dur welhe fie sih den verschiedenen Stimmungen charakteristisch anpassen soll; auch die Aussprache war niht immer klar genug. Das Gesammtbild des Figaro, dieser lustigsten und beweglichsten aller Gestalten der komishen Oper, wurde dadur etwas einförm1g. Der Sänger fs{eint zwar Humor zu be- sigen, aber gestern kamen die stets heitere Laune Figaro's und feine zügellose Lust am Ersinnen neuer Kniffe niht charakteristisch genug zum Ausdruck. Fräulein Deppe verabschiedete sih in der Nolle des Cherubin; fie sang mit \{chöner Stimme, deren forg- fältige Shulung Sicherheit und Sauberkeit in sich s{ließt. Die Damen Hiedler (Gräfin) und Dietrich (Susanne) führten ihre gefanglihen und darstellerishen Aufgaben mit s{hönstem Gelingen im Einzelnen und Ganzen durch. Herr Hoffmaun sang die Partie des Grafen mit belebtem Ausdruck und angenehmer Stimme. Herr Lieban (Basilio) trug seine Arie im leßten Akt wieder gewinnend und lebendig vor und erhielt hierfür besonderen, wohlverdienten Beifall ; die Stimme dieses Sängers besißt jenes feltene Anpassungsvermögen, das den wehjelnden Gedanken durch den Tonklang Ausdruck giebt, und die Klarheit seiner Sprache ermögliht es dem Hörer, niht nur seinen Tönen, sondern auch seinen Worten zu folgen. Auch die Damen Kopka (Marzelline) und Reinisch (Bärbchen) verdienen für ihre tüchtigen Leistungen Anerkennung. Herr Kapellmeister Dr. Muck leitete das Orchester und die ganze Aufführung mit gewohnter

Meisterschaft. Berliner Theater.

Die rein didaktishe Poesie hat immer etwas Trockenes und Nüchternes, felbst wenn sie nur in kürzerer, episher Form auftritt ; im Rahmen einer längeren Theatervorstelluug wirkt sie auf die Dauer aber fast immer ermüdend, mag ihr Zweck auch ein noch so guter sein. Darum haben fic die Stücke, welche die soziale Frage und ihre Lösung an einem dramatisch ausgearbeiteten Beispiel darzulegen suchten, bereits überlebt. Cin Nachzügler der vorgedahten Richtung, welhe eine Zeit lang in dex Mode war, is T. Szafranski, dessen vieraktiges Schauspiel „Das höchste Gese“ gestern zum ersten Male zur Aufführung kam; aber es gelang ihm nit einmal, feine Vorgänger auf diesem Ge- biet zu erreichen. Die sichere Zeichnung einiger Charaktere, der bisweilen bemerkbare Sinn für bühnenwirksame Situationen und etwas Humor verriethen hier und da die dihterishe Veranlagung des Verfassers. Das Werk schildert in ret stark aufgetragenen Farben die Noth, in welche eine Familie gexäth, deren Oberhaupt, ein den arbeitenden Klassen angehörender Mann, in das Getriebe der gegen die bestehende Orduung sih auflehnenden Partei gerissen wird. Sein Weib sucht in Verzweiflung den Tod, seine Tochter wirft sich der Schande in die Arme, sein Sohn, der sich als Schreiber ernährte , verliert seinen Posten, und er selbs wandert unschuldig ins Gefängniß, weil er im Verdacht stebt, ein geheimes Aktenstück aus dem Ministerium, das der Sohn zur Abschrift nach Hause gebracht