1897 / 250 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Oct 1897 18:00:01 GMT) scan diff

T T N L T

Jm übrigen werden die Verhältnisse der Kasse durch ein nah Anhörung des Kommunal-Landtages des Rec terungsbezirks Wiesbaden von dem Minister des Jnnern zu erlassendes Regulativ geordnet. g

13.

Von der Errichtung des Kassenverbandes @ 12) fann abgesehen werden, so lange die auf Grund des Beschlusses des Kommunal-Landtages vom 18. April 1896 und der landes- herrlihen Genehmigung vom 12. Juli 1896 begründeten Nube- gehaltskasse und Wittwen- und Waisenkasse für die Kommunal- beamten des Regierungsbezirks Wiesbaden bestehen und die P nnd der nach diesem Geseg an Wi und deren

interbliebene zu gewährenden Penfionen und Wittwen- und Waisengelder übernehmen.

Denjenigen Gemeinden, welche anderweit ausreichend für die Pensionierung ihrer Forstshußbeamten und die Versorgung von deren Wittwen und Waisen gesorgt haben, kann von dem Regierungs - Präsidenten das Fernbleiben von dem Kassen- verbande oder der Wiederaustritt aus demselben gestattet werden, sofern dadurch die Jnteressen des Kassenverbandes nicht verleßt werden. S 16

D.

Die beim Jnkrafttreten dieses Geseßes bereits seit länger als Jahresfrist in derselben Stellung befindlichen Forstshuß- beamten, deren Gesammijahreseinkommen si einschließli der Nebeneinnahmen auf mindestens 400 4 beläuft, sind, falls sie niht ausdrüdlich darauf verzichten, als lebenslänglich an-

estellt anzusehen. gef i S 16;

Dieses Gese tritt mit dem 1. April 1898 in Kraft. Gleichzeitig werden die entgegenstehenden Bestimmungen auf- gehoben.

Urkundlih unter Unserer N S N Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel.

Gegeben Hubertusstock, den 12. Oktober 1897.

(S) Wilhelm.

Fürst zu Hohenlohe. von Miquel. Thielen. Bosse. Freiherr von Hammerstein. Schönstedt. Freiherr von der Recke. Brefeld. von Goßler. Graf von Posadowsky.

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Am Schullehrer - Seminar zu Mühlhausen i. Th. ist der bisherige Realgymnasial-Oberlehrer Dr. Polack zu Gera als Seminar-Oberlehrer angestellt worden.

Justiz-Ministerium.

Dem Landgerichts-Präsidenten Lutterbeck in Hirschberg, dem Amtsgerichts - Rath Dallwig in Marburg, dem Land- gerihts-Rath Freyer in Stargard i. Pomm. und dem Land- gerichts - Rath Schwarz in Hirschberg ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.

Verseßt sind: der Amtsrichter Mittweg in Montjoie und der Amtsrichter Dr. Clemens in Lindlar an das Amts- gericht in Köln und der Amtsrichter Hoß in Ottweiler an das Amtsgericht in Düsseldorf.

Dem Notar, Geheimen Justiz - Rath Ko ffka in Berlin, sowie den Notaren Sadler in Niesky und Alexander in Wongrowit is die nagesuhte Entlassung aus dem Amt ertheilt.

Jn der Liste der Rechtsanwalte sind gelöscht: der Rechts- anwait Scharnweber bei dem Landgericht in Görliß, der Rechtsanwalt Sadler bei dem Amtsgericht in Niesky, der Rechtsanwalt Weber bei dem Amtsgericht in Rosenberg O.-Schl., der Rechtsanwalt Blumenthal bei dem Amts- geriht in Tiegenhof und der Rechtsanwalt Alexander bei dem Amtsgericht in Wongrowiß.

In die Liste der Rechtsanwalte sind eingetragen : der Rechtsanwalt Wiener aus Glogau und der Gerichts-Assessor Perl bei dem Landgericht in Breslau, der Rechtsanwalt Sadler aus Niesfy bei dem Landgericht in Görliß, der Rechisanwalt Alexander aus Wongrowiß bei dem Land- geriht in Schneidemühl, der Rechtsanwalt Weber aus Rosen- berg O.-Schl. bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Beuthen O.-Schl., der Rechtsanwalt A stecker aus Insterburg bei dem Amtsgericht in Körlin, der Gerichts-Assessor Dr. Carl bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Düsseldorf, der Gerichts-A}e}sor Mebes bei dem Amtsgeriht und dem Land- gericht in Magdeburg und der Gerichts-Assessor Kul cke bei dem Amtsgericht in Sommerfeld.

Der Landagerichts-Direktor Bielefeld vom Landgericht I in Berlin, der Amtsrichter Ehmke in Bubliy und der Rechts- anwalt und Notar Stock in Kulm sind gestorben.

Ministerium des Jnnern.

_ Dem Landrath Dr. von Behr ist das Landrathsamt im Kreise Plön übertragen worden.

Die Personal-Veränderungen in der Armee befinden sich in der Ersten Beilage.

Nichtamtliches. Deutsches Reid.

Preußen. Berlin, 23. Oktober.

Seine Majestät der Kaiser und König empfingen heute Vormittag um 9 Uhr 30 Minuten im Neuen Palais den Unter-Staatésekretär im Auswärtigen Amt Freiherrn von Rotenhan zum Vortrag und hörten von 10 Uyr ab die Vorträge des Kriegs-Ministers, General-Lieutenants von Goßler und des Chefs des Militärkabinets, Generals der Jnfanterie von Hahnke.

Der Ausschuß des Bundesraths für Zoll- und Steuer- wesen, die vereinigten Ausshüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, jowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen hielten heute Sißungen.

Der Kaiserlihe Gesandte in Brüssel, Wirklihe Geheime Nath Graf von Alvensleben is von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Poften zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglih v ias Ober-Zolldirektor Kunkel is von Berlin abgereist.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Bürgermeister der freien Hansestadt Bremen Dr. Pauli ift hier angekommen.

Nach telegraphishen Meldungen an das Ober-Kommando der Marine ist der Dampfer „Kaiser der Deutschen Ost-Afrika- Linie mit der Ablösung für S. M. S. „Habicht“, Transportführer: Korvetten- Kapitän Schwarßkopff, am 921. Oktober in Kamerun angekommen, während der Dampfer „Tinos“ der Deutschen Levante-Linie mit der abgelösten Besaßung S. M. S. „Kaiserin Augusta“, Transport- führer: Kapitän - Lieutenant Herrmann, gestern in Patras eingetroffen ist und heute die Heimreise fortgeseßt hat.

Cronberg, 23. Oktober. Jhre Majestät die Kaiserin L ist heute Vormittag von Sloß Friedrihshof nah Trient abgereist.

Bayern.

Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe hat sih heute Vormittag von Schillingsfürst nah Darmstadt begeben.

Die Kammer der Abgeordneten seßte gestern die Berathung der Anträge der Abgg. Dr. Raßzinger und Pichler, welhe von den Antragsiellern in einen gemeinsamen A hu ann engeaagen waren, fort. Nach länaerer Debatte, in welcher lediglich die vorgestrigen Gesichtspunkte wiederholt wurden, wurde die Ueberweisung des Antrags an einen Aus- chuß abgelehnt, der Antrag selbst aber angenommen.

SeFen. 1 Seine Hoheit der Fürst von Montenegro fowie Jhre Durchlauhten der Prinz und die Prinzessin Franz Joseph von Battenberg sind heute Vormittag von Baden- Baden in Darmstadt eingetroffen.

Sachsen-Altenburg.

Heute is in Hummelshain das nachstehende Bulletin aaf das Befinden Jhrer Hoheit der Herzogin ausgegeben worden :

Gestern Vormittag 10 Ubr trat plöulih ein starker Kräfteverfall (collaps) ein, nach einer Stunde allmähliwe Erholung; die Nacht verlief abermals ruhig.

Geheimer Medizinal-Rath Dr. Frommesl t. Leibarzt Dr. Trübiger.

Oesterreich-Ungarn.

Das österreichishe Abgeordnetenhaus verhandelte gestern über die gegen die Minister wegen der Vorgänge in Eger erhobenen Anklagen. Der Abg. Schücker führte aus, daß die böhmische Bevölkerung stets behaupte, die unter- drücte im Lande zu sein, während die Deutschen gerechtfertigte Ursache hätten, dies von si zu sagen. Der Redner polemisierte gegen die Rede des Abg. Herold und erklärte dessen Vorwürfe gegen die frühere deutshe Partei für unbegründet, denn man verdanke der Verfassungspartei alles Freiheitliche im Reiche, insbesondere die Schulgeseße; nur sei die Ver- fasungspartei zu doktrinär, während die Partei des Redners das Volksthum in den Vordergrund stelle. Redner besprach sodann die Geschichte des Egerer Volkstages und hob hervor, die dortige Bevölkerung sei von jeher dem Kaiser trgu und loyal ge- wesen. Er bctonte ferner die Gesezmäßigkeit der Einberufung des Egerer Volkstages und fkritisierte das behördlicherseits erlassene Verbot, welches ebenso wie das Erscheinen der fremden Polizei in Eger große Aufregung hervorgerufen habe. Jn Eger seien 50 Verleßungen vorgekommen. Redner zitierte die Kund- gebungen, welche anläßlich der Egerer Ereignisse für die deutsch - nationalen Abgeordneten veranstaltet worden seien, und {loß mit der Bitte, scinen Antrag einem Spezialaus\huß zuzuweisen. Der Minister - Präsident Graf Badeni erklärte : er beabsichtige nicht, dem Antragsteller auf das politishe Gebiet zu folgen, glauve vielmehr, seine Aufgabe sei, sih an die Thatsache zu halten und zu beweisen, daß das- jenige, was ihm Votaemotte werde, nicht geschehen sei, sondern daß die Behörden geseßlich vorgegangen seien. Er wolle si daher darauf beshränken, cine aftenmäßige Darstellung des Vorgehens der Behörden zu geben, aus welcher die Gründe zu entnehmen seien, weshalb die Behörden die Verbote erlassen hätten. Nah der Darlegung des Sadhverhaltes erklärte der Minister - Präsident, die Untersagung des Voikstages sei, im Einklang mit zahl- reichen Entscheidungen des Reichsgerichts, geseßlich vollkommen begründet. Die Vorfälle, welche sih hierauf troß dieser Unter- sagung am 13. Juni 1897 in Eger abgespielt, hätten hin-

reichend die Nothwendigkeit besonderer Sicherheitsvorkehrungen |

dargethan. Der Minister verlas darauf die Einladungen zur Verjammlung und hob die Manifestationen der Lokalpresse in Eger hervor, welche Anspielungan auf Demonstrationsabsichten ent- halten hätten, sodaß mit einem mehrtausendköpfigen Zuzug von auswärts habe gerechnet werden müssen. Solchen Massen gegenüber seien die Egerer Sicherheitsorgane unzureichend ge- wesen, weshalb die in Nordböhmen entbehrlihe Gendarmerie

nah Eger dirigiert und, weil sich die Bereithaltung berittener |

Polizei bei großen Versammlungen als unentbehrlih ergebe, : e d ; Si ; / Ì herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 22, Ofttober, hat au die rager berittene Sicherheitswahe herangezogen ; Ftdenten SFnhalt: 1) Konfulat-Wesen : Ernennungen ; Entlassung;

worden sei, damit nicht gleih Kavallerie hätte verwendet werden

müssen. Bezüglich des Jnhalts der Anträge ging der Minifter-

Präsident nicht weiter auf einzelne Vorfälle ein, sondern stellte

nur fest, daß bei den eingeleiteten umfassenden Erhebungen i

und durchgeführten amtlihen Untersuhungen von den wenigen

vorgekommenen Verleßungen nur eine nennenswerth, aber auch :

diese niht gefährlich gewesen sci. Aus dieser Darstellung gehe hervor, daß die Behörde bezüglih des Volkstages in Eger stceng geseßzlich voraegangen sei, und daß eg ihre Pflicht gewesen sei, offenbarer Auflehnung gegen behördlihe Verfügungen mit entsprehendem Nachdruk ent- gegenzutreten. Der Minister-Präsident {loß: „Bei derartigen Ereignissen sind für mich zwei Hauptpunkte maßgebend: erstens daß die Regierungsorgane streng gefeßlih vorgehen, zweitens daß- sie so vorgehen, daß die öffentlichen Jnteressen, welche der Staat zu shüßen und zu wahren hat, nicht gefährdet werden. Jh bin mir meiner geseßlihen Befugnisse vollkommen bewußt und werde innerhalb der geseßlichen Schranken unentœweat daran festhalten, was ich als Pflicht meines Amtes erachte.“ Nach dem Minister-Präsidenten führte der Abg. Dr. Stransky (Czehe) aus, die Gründe für die Anklageanträge seien politisher und nicht juristisher Natur. Die Czechen wollten keine Polizeimaßregeln in QRUE O, sie vertheidigten weder die Egerer Verfügungen der Regierung noch deren Geheimerlasse, sie ständen den Anklageanträgen nur aus anderen Gründen entgegen. Er beantragte, über die beiden Ministerankfiagen zur Tagesordnung überzugchen. Der Abg. Schwarz erklärte, es handle sich nicht um den Kampf der Deutschen gegen die Böhmen, sondern um einen Kampf um das Recht, welches allen Völkern Oesterreichs ge- währt werden müsse. Das Hauptgewicht sei auf die Lösung der Minoritätenfrage zu legen. Er hoffe auf Besänftigung der Gemüther und auf einen Ausglei& in Böhmen. Die Ver- handlung wurde hierauf um 7 Uhr Abends abgebrochen und die nächste Sitzung auf Dienstag anberaumt.

Das ungarishe Unterhaus erledigte gestern in der General- und der Spezialdebatte die provisorishe Verlänge- rung des finanziellen Uebereinkommens mit Kroatien.

Der in Hermannstadt abgehaltene Kirchenkongreß der griehisch-orientalischen Numänen ist gestern ge- {lossen worden.

Frankrei,

Die Deputirtenkammer ging gestern zur Berathung des Gesehentwurfs über, nah welchem der Orleans-Bahnhof in Paris nach der Stelle verlegt werden soll, wo der frühere Rechnungshof auf dem Quai d’Orsay stand. Die Kammer sprach si für die Dringlichkeit aus.

In der Kammer gelangte gestern der Geseßentwurf, be- treffend die Bildung eines neuen Armeekforps- Bezirks, zur Vertheilung. Jn der Begründung wird ausgeführt, der Effeftivbestand der im VI. Korpsbezirke vereinigten Truppen lege dem Kommando eine schwere Aufgabe auf, die zu erleichtern von Bedeutung sei, um das Funktionieren der verschiedenen Dienstzweige unter besseren Bedingungen zu sihern. Es sei vortheilhaft, das VI. Korps sogleich in zwei Theile zu zerlegen, und die Theilung könne hon jeßt ohne nennenswerthe Kosten durchgeführt werden.

Ftalien.

Der Botschafter am Berliner Hofe Graf Lanza stattete gestern dem Minister-Präsident-n di Rudini einen Abschieds- besuch ab und wird si heute auf seinen Posten nah Bertin zurückbegeben.

Spanien.

Der Minister-Präsident Sag ast a wurde, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag von der Königin-Regentin in Audienz empfangen.

Die Antwort auf die Note des amerikanishen Ge- sandten Woodford begründet, dem „W. T. B.“ zufolge, die Ersezung des Generals Weyler durch den Marshall Blanco mit politishen Rücfsihten und legt den Beschluß dar, in Cuba eine Autonomie einzuführen, enthält zugleih aber auch eine Beschwerde gegen die Vereinigten Staaten wegen der Frei- beuter-Expeditionen. Die Antwort wurde vom Minister- rathe einstimmig gebilligt, in welhem der Minister für die Kolonien Moret auch den Entwurf einer Amnestie für die wegen politisher Vergehen Verurtheilten in Cuba und Puerto Rico verlas; leßteren genehmigte der Ministerrath gleichfalls.

Dänemark.

In der gestrigen Sißung des Folkething erklärte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister-Präsident Hörring, daß das ganze Ministerium mit der von dem Folkething in seiner lezten Session angenommenen Tagesordnung bezüglich der Aufrechterhaltung der Neutralität bei etwaigen Kon- fliften anderer Staaten einverstanden sei. Das Ministerium beabsichtige keine Aenderung in der Heeresorganisation zu beantragen, dagegen seien die Verlegung einer jütländischen Brigade nah Seeland und die Anlage vou Küstenbatterien auf Seeland im höchsten Grade wünschenswerth.

Afien.

Aus Kharrapa an der indishen Grenze berichtet das „Reuter’she Bureau“, daß die Truppenabtheilung unter General Lockhart im Khanki-Thale angekommen sei. Die Bergkämme seien vom Feinde beseßt, der bei Nacht ein vernichtendes Feuer gegen das Lager unterhalte. Die Mann- schaften des Feindes seien offenbar einecxerzierte und von alten Sepoys angeführte Leute. Sie bedienten si sogar des Sonnen- telegraphen.

Afrika.

Die Meldung des „Popolo Romano“, daß die Bedingungen der Wiederabtretung Kassalas an Egypten zwischen Jtalien und Egypten vereinbart seien, wird in einem Tele- gramm des „NReuter'shen Bureaus“ aus Kairo dahin be- richtigt, daß die Einzelheiten noch nicht festgestellt seien, auch sei niemals davon die Rede gewesen, indishe Truppen nah Kassala zu senden, welche die dortige Garnison bilden sollten.

Wie die „Agence Havas“ aus Prätoria meidet, hat der Volksraad den Bericht der Jndustrie-Kommission unverändert angenommen. Die bisherigea Einfuhr-Zölle auf Lebensmittel bleiben bestehen, mit Ausnahme desjenigen auf Zuer.

Nr. 42 tes „Centralblatts für das Deutsche Rei“,

Exequatur-Ertheilung. 2) Zoll- und Steuer-Wesen: Gewährung von Branntweinsteueroergütung. 3) Polizei-Wefen: Auswetsung von Auéländern aus dem NReichsgebiete.

Arvziterbetvcgung.

Aus Karlsbad wird dem „Vorwärts“ berichtet, daß die cesammte Arbeitershaft der Porzellanfabrik in Aih bei Karlsbad die Arbeit gekündigt hat, und daß über die Fabrik die „Sperre“ ver- hängt worden it.

Aus Zürich wird der „Frkf. Ztg.“ gemeldet, der Maurer- ausftand in Luzern (vgl. Nr. 246 d. Bl.) könne als beendet gelten. Die Arbeiter haben keinen Erfolg gehabt.

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Kunft und Wissenschaft.

Von dem am 18. d. M. in Gegenwart Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin sowie der Kaiserin Friedrih in Wiesbaden enthüllten Kaiser Friedrih-Denkmal giebt das „Centralblatt der Bauverwaltung“ folgende Beschreibung : Das Erzbild steht in- mitten des Platzes, der von der Wilhelmstraße, dem _alten_ Theater, den „Vier Jahreszeiten* u. \. w. begrenzt ist. Sein Schöpfer, Bild- hau-r Uvhues, hat mit glücklihem Griffe und bedeutendem fünstlerishen Können ein edles und madchtvolles Kaiserbild ge- hafen. Die Aehnlichkeit des entb[ößten Hauptes und die Liebe, mit der das ganze Bildwerk durchgeführt ift, lassen die Hingebung er- fennen, mit welher der Künstler seine Aufgabe erfaßte und es ver- fianden bat, der Führung gerecht zu werden, die feine Hand mit feinsinnigstem Kunftverständniß leitete. In der Recten den Feld- marschallstab, die Linke auf den Pallash geftüßt, ist Kaiser Friedrich in der Uniform der Pasewalker Kürassiere in etwa doppelter Leben8aröße dargestellt. Die Beigabe des Mantels vom Schwarzen Adler-Orden ift in ihrer mehr dekorativen Wirkung glüdcklih abge- wogen zu der realistishen Wiedergabe der Uniform. Das 4 m boke Postament aus blaugrauem Gronit i in quadratisher Grundform auf Stufen aufgebaut; die Vorderseite is mit dem Bronze- \{hmuck des Reichsadlers und der Kaiserinsignien versehen, während die Widmung und die Inschriften „Wörth* und „Sedan“ Rück- und Seitenansihten einnehmen. Den Gesixsfries schmüdt Bronzezierrat. Die Farbenwirkvng des Ganzen ift eine fehr er- freulihe, Bronze und Granit steigern gegenseitig ihre Mirkung. Alles in allem cin edles Werk der Bildhauerkunst.

För die Erforshung des chilenisch- argentinischen Grenzgebiets im westlihen Patagonien fehr bedeutungsvoll ist die Aisen-Erxvedition von Dr. H. Steffen gewesen ; eine Karte. welche die Ergebnisse dieser wihtigen Exvedition enthält, liegt allerdings noch nicht vor, wohl aber ein vorläufiger Bericht, welcher bereits erfcnnen läßt, daß die bisherige Därstellung des Aifen wie auch dec benachbarten Gebiete auf den Karten durchaus verfehlt war. Theilnehmer an der Expedition waren, wie wic_,Petermann?s Mittheilungen“ (Justus Perthes, Gotha) entnebmen, O. von Fischer als Topograph und Astronom, der s{chwedische Naturforsher Dr. P. Dusén sowie die beiden deutshen Offiziere W. Bronsart von Schellendorff und R. Horn. Am 4. Januar brach die Expedition von der Mündung des Aisen auf, welcher seit der Fahrt des Komm. Simpfon 1871 nicht wieder besucht worden war. Nach einer Fahrt von ca. 30 km stromaufwärts erfolgte eine Theilung der Expedition, und zwar ließ sich Dr. Steffen mit Hauptmann Horn die Erforschung eines nördlichen Zuflusses angelegen sein, während die übrigen Theilnehmer den direkt aus O. fommenden Arm verfolgten. Unter großen Beschwerden gelang es Dr. Steffen in? einem zweimonatigen Zuge, den reißenden nördlichen Zufluß bis an seinen Ursprung, welcher in einem Gletscher westli dom Fontanasee liegt, zu erreihen; dann wurde die Masserscheide überschritten und endli der Rio Senger, der Abfluß des Fontanasees, erreiht, von wo aus mit Unterstüßung von Indianern die Route nad N. eingeshlagen wurde, wobei auch auf argentinishem Gebiet noch wichtige topographische Aufnahmen gemacht wurden. Nahuelhuapi, wo die andere Abtheilung erft am 21. April eintraf ; der Nückmarsch über die Cortilleren erfolgte auf bekanntem Wege dur den Perez Rofales-Paß. Die zweite Abtheilung unter Führung von von Fischer hatte bis zum 23. Februar den Hauptarm des Flusses verfolgt und dabei festgestellt, daß Simpson bei seiner Auf- nahe die Entfernungen ganz bedeutend übershäßt hatte, so daß der Lauf des Flusses wesentlich verkürzt werden muß. Am 5. März wurde die Wasserschcite überschritten, und jenseits derselben wurde eine argentinische: Forshungs-Expedition unter Fübrung von F. P. Wrag angetroffen, deren Entgegenkommen die ilenischen For]cer von mancherlei Entbehrungen befreite. Der Rückweg nah kem Nahbuelhuapi wurde in möglichster Nähe der Wasserscheide zurück- gelegt, bis der Eintritt shlechter Witterung zu einem s{hnelleren Vor- rücken zwang.

Die diesjährige Korallen-Expedition der R. Society in London nah den Ellice-Inselin ist, wie aus Telegrammen aus Melbourne vom 3. und 11. Oktober 1897 zu crsehen is, von voll- ständigem Erfolge begleitet gewesen. Nachdem im vorigen Jahre die Untersuchungen auf Funa futi daran gescheitert waren, daß durch die mit losem Sandgefüllten Hoblräumeder Korallen die Bohrer nicht durhdringen konnten, ist es dur Verbesserung der Bobrapparate gelungen , dieses Hinderniß zu bescitigen; Professor David telegraphiert, daß die Bohrungen bis in eine Tiefe von 643 Fuß (196 m) fortgeseßt wurden, ohne das Ende des Korallenbaues zu_ erreichen. Darwin's Theorie über die Bildung der Korallen hat Bestätigung gefunden.

Land- und Forstwirthschaft.

Saatenstand und Ernteschäßung in Preußen um die Mitte des Monats Oktober 1897.

Nach den Ermittelungen des Königlichen Statistischen Bureaus berechtigte die diesjährige Kartoffel- und Kleeernte, fowie der Stand der jungen Saatsn um die Mitte des Monats Oktober im Königreich Preußen zu folgenden Erwartungea (Note 1: sehr gut, 2: gut, 3: mittel [durchschnittlich], 4: gering, 5: fehr gering) : Kartoffeln 2,9 (im September 2,8), Klee (au Luzerne) 2,5 (wie im September), Winterweizen 2,6 (im September 2,5), Winterspelz 2,1 (wie im Sep- tember), Winterroggen 2,7 (im September 2,8), junger Klee 2,3 (wie im September).

Der Ertrag der diesjährigen Getreideernte in Preußen wird auf Grund von Probedrüscen, wie folgt, geschägt: Sommerroggen 821 kg vom Hektar (gegen 860 im Vorjahre), Winterweizen 1829 kg (gegen 1909 im Vorjahre, während eine Mittelernte zu 1589 kg anzunehmen ift), Sommerweizen 1560 kg (gegen 1613 im Vorjahre), Winterspelz 1227 kg (gegen 1278 im Vorjahre), Sommergerste 1614 kg vom Heftar (gegen 1696 im Vorjahre, während eine Mittelernte zu 1493 kg anzunehmen ist).

D Aen wird zu diesen Zahlen in der „Stat. Korr.“ Folgendes emerft:

Nah reichlichen Niedershlägen war das Wetter in der ersten älfte der verflossenen Berichtsperiode zumeist trocken; zu Anfang tober aber trat Regen ein, welcher besonders in den westlichen Pro- vinzen auf das Einbringen der Hackfrüchte und die Os der Felder fiörend einwirfte. Eine Ausnahme hiervon machten die beiden Provinzen Ost- und Westpreußen, sowie Theile der Provinz Pommern, wo die Trockenheit au in der zweiten Hälfte der Berichtéperiode an- gehalten hat. Zugleih mit Eintritt des Regenwetters sank die Tem- peratur vielerorten unter Null, in einzelnen Gegenden der Gbene vom 7. bis 9, Oktober sogar bis auf 5 Grad. Ia einer Anzaÿl {{lesis{her Berichtsbezirke hat es in den ersten Oftobertagen geshneit. Seit

itte Oktober war das Wetter wieder meist trocken und warm.

Ueber Beschädigungen durch Mäuse und Engerlinge wird nur vereinzelt geklagt, dagegen vielfach über Ackershnecken. Der voa ihnen unter den jungen Saaten an erihtete Schaten soll, besonders in den Regierungsbezirken Erfurt, Hildesheim, Minden, Arnsberg, Cassel und Trier, nicht unbedeutend sein. Nicht selten wurden die Saaten

Erst am 14. April erfolgte die Ankunft am.

derartig beschädigt, daß größere Flächen umgepflügt und von neuem eingesäect werten mußten. Hin und wieder haben jedoch die Nacht- frôfte die Schnecken vernichtet. / i:

Die Kart of felernte ist zum größten Theil beendet; nur auf den größeren Besißungen hat die Bergung derselben wegen des in vielen Gegenden fih besonders fühlbar macenten Arbeitermangels noch nit abgeshlossen werden können. Beim Ausnehmen hat h herauégestellt, daß die Kartoffeln in den öftlihen Provinzen, infolge der anhaltenden Dürre im Juni und Juli, nur wenig angeseßt baben und klein geblieben find. Zudem i} ein nicht uner- hebliher Theil von ihnen erkrankt; au der Stärkegehalt wird als ein sehr geringer bezeihnet. Günstiger lauten die Nachrichten über den Ausfall der Kartoffelernte, wie {on im Septemberbericht mite getheilt werden konnte, aus den westlih:n Provinzen. Als wenig widerflandsfähig und lohnend hat ih angeblich die „Daberfche“ Kartoffel erwiesen, während auch in diesem Jahre „Magnum bonum“ von vielea Seiten als die haltbarste und ertragreihfte Sorte hervorgehoben wird. i : |

Der vorjährige Klee hat, mit Ausnahme der Regierungs- bezirke Stettin und Stralsund, der Menge nach einen durhaus be- friedigenden zweiten Schnitt gegeben; do hat das Het, besonders in den Provinzen Pcsen und Schlesien, durch anhaltendes Regenwetter sehr gelitten. i i

Erfreulih lauten die Nachrichten über den jungen Klee, der zum theil so üppig gewachsen war, daß er gemäht und dann noch ge- weidet werden konnte. : |

Infolge der ungünstigen Witterung hatten sich die Erntearbeiten ungewöhnlich in die Länge gezogen. weshalb auch mit der Be ftel- lung der Wintersaaten erst so spät begonnen werden konnte, daß in vielen Berichtsbezirken die Arbeiten auch jeßt noh niht zu Ende ge- führt sind. Besonders weit zurück ist man damit inm Regierungsbezirk Liegniß, in welhem mancherorten die zur Wintersaat bestimmten Felder kaum zur Hälfte eingesäet sind. Im allaemeinen find die jungen Saaten gut aufgelaufen, durch die in den ersten Tagen des Oktober eingetretene Kälte aber im Wachsthum zurückgehalten worben. Am ungünstigsten wird über ihren Stand aus den Provinzen Dít- und Westpreußen berichtet, in denen anhaltende Trockenteit ihr Wachs- thum sehr zurüdbielt. : L

Da eine größere Anzahl von Berichterftattern nit in der Lage ift, bereits im September die Ernte des Sommerroggens annähernd zuverlässig anzugeben, fand eine Wiederholung der Swäzung für diese Fruchtart im Monat Oktober statt. Während im vorigen Monat nur 639 Berichterstatter H-ktarerträge für Sommerrozgen an- gegeben haiten , lagen für Oktober 834 Schäßungea vor, wie denn auh ein nicht unbeträchtliher Theil der Vertrauensmänner zudem an den im September gemachten Angaben Aenderungen vorgenommen hat. Nach der Okfktoberermittelung beträgt nun der Hektarertrag für Sommerroggen im Staatsdurhs{hnitt 821 kg gegen 816 kg im September d. I. Was die fonst in Betracht kommenden Halmfrüchte anbetrifft, so vermochte eine Anzahl von Berichterstattern bisber nihts Bestimmtes anzugeben, weil entweder Druschergebnisse überhaupt noch nicht vorlagen, oder die eingezogenen Erévyndigungen sh fo widersprachen, daß eine einigermaßen sichere Angabe nit möglich war. Von anderen Berichterstattern rwoteder wird die Schätzung unter dem ausdrückiihen Vorbehalt abgegeben, daß sie si nur auf einen kleinen Theil der Ernte beziehe und darum nicht zuverlässig set. : :

Der Ertrag des Winterweizens hat wie der des Winter- roggens die auf ihn geseßten Erwartungen nicht ganz erfüllt. In Gegenden mit gutem Boden hat die Körnerbildung dur vorzeitiges Lagern gelitten; anderweit, besonders in den öonlihen Provinzen, fonnte der Winterweizen zum großen Theile nur mit Auswuhs eingebracht werden. Dec für die einzelnen Re- gierungébezirke nach§ den Angaben der Vertrauens8männec be- rechnete Durhschnitizertrag desselben wac mit 2718 kg am böten im Regierungsbezirk Magdeburg, mit 1377 kg am niedrigsten im Regierungsbezirk Trier; im Staatsdurhschniit bleibt er hinter dem des Vorjahres um 4 Hunderttheile zurück, wogegen er eine Mittelernte, wie solche für den Staat nach den kreisweisen Shäßungen der landwirthschaftlihen Vereine aus dem Jahre 1892 unter Berü- sichtigung der Änbauflächen der einzelnen Regierungsbezirke nach zehn- jährigem Durchschnitt ermittelt worden ist, um 15 Hunderttheile über- steigt. Der Minderertrag des nur für die hoh; n¿cllerashen Lande ins Gewicht fallenden Winterspelzes beträgt gegen das Vorjahr 4 Hunderttheile. Die Durchschnittserträge der Sommergerste, deren Bergung bei der Ernte vielfach durch Regen erschwert wurde, \chwanken zwischen 2304 kg im Regierungtbezirk Magdeburg und 968 kg im Regierungsbezirt Köslin; im Staatsdurchschnitt bleibt der Ertrag gegen das Verjahr um 5 Hundertt1beile zurück, wogegen derselbe eine, wie vorstehend angegeben berehnete, Mittelernte um 8 Hundert» theile übersteigt.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Die vorgesirige wie die gestrige Aufführung des ersten bezw. zweiten Theils von Goethe?s „Faust“ war durch die infolge von Unpäßlichkeit des Herrn Stahl nothwendig gewordene Neubefeßung der Rolle des Mephiitepheles bemerkenêwertt. Für den erkrankten Kollegen war Herr Bassermann eiagetreten: ein Darsteller, von dessen starkem Charafterisierungëvermögen man eine interessante Gestaltung des böllishen Gesellen erwarten durfte. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt wurden, so lag dies offenbar daran, daß der junge Künstler zu plößlich vor eine Aufgabe gestellt worden war, über welche er zwar bereits reiflid nachgetaht, die er sich aber noch nicht völlig zu eigen gemaht hatte. Unwillkfürlihe Terxtfäiscungen, unwmotivterte Spielpausen und Nüancierungen wiesen deutlich darauf hin, daß man die ganze Leisturg zunächst als eine Improvisation anzusehen und zu beurtheilen habe. So betrachtet, wac das, was Herr Bassermann an beiden Abenden bot, höchst beahten2werth. Er gab sid Mühe, alles Schablonenkafte zu meiden, ohne doc in unnatürliche Tüfteleien zu ver- fallen. Sein Mephistopheles erschien der Gesammtanlage nah nicht als kühler, berehnender, sondern als temperamentvoller, hißiger und witziger Teufel als böser Geist von fast bestehendem Aeußeren und glarten Umgangéformen, eben darum aber als um so gefähr- licherer Versuher. Weniger gut gelang es dem Dar- steller, das Märchenhafte und Unheimliche der Gestalt da festzu- halten, wo Mephistopheles die menschlihe Larve fallen läßt und ih ganz als Teufel giebt; doh dürfte eine spätere, gründliche Ausarbeitung der Einzelheiten hie: gewiß Wandel schaffen. Alles in allem fann man jeßt {hon behaupten, daß er ein Mephistopheles von fesselnder Eigenart wax und den ihm reihlich gespendeten Beifall wobl verdiente. Die Beseßung der übrigen Rollen war die bekannte, ürzl id erst eingehend gewürdigte.

Schiller-Theater.

Ein bisher uneingelöft gebliebenes Versprechen, auch der guten und gesunden älteren Posse in seinem Repertoire Raum zu gönnen, hat das Schiller - Theater gestern erfüllt. „Kyriß-Pyritg“ von H. Wilken und Oekar Justinus gelangte dort zum ersten Male zur Aufführung und fand eine so beifällige Aufnahme, daß das humorvolle Werk längere Zeit auf dem Spielplan bleiben dürfte. Das Erfreulich: an diesem Erfolge aber ist, daß sih damit dem genannten Theater ein weiteres, reihes und dankbares Arbeits- feld ershließt ; denn die Neubelebung der alten, gediegenen Possen- literatur ist eine der BVolksbühne würdige Aufgabe. Die vor- trefflide Darstellung trug gestern auch dazu bei, dem Humor des Werkes zu seinem Rechte zu verhelfen. Das drollige Pyrcizer Trio fand in den Herren Eyben, Laurence und Wollny unübertreffliche Vertreter. Ihr fein abgestimmter Gefang erweckte shallende Heiter- keit, ihr Erscheinen wurde jedesmal mit Beifall begrüßt. Daneben find Herr Shmasow als derber Bäckermeister Nux und die in das Ensemble neueingetretene befannte Soubrette Fräulein Gallus als übermüthiger Sekfundaner Emil in erster Linie zu nennen. Aber auch

die Damen Brete Meyzr, Wismar, Lobe und Werner, die Herren Pahlau, Dablen und Josevh zeichneten fi dur flottes, keck zu- greifendes Spiel aus. Der Beifall des bis auf deu legten Play gefüllten Hauses war fo stark, als gelte er einer Novität.

Konzerte.

Zwei Künstlerinnen: Margarethe Baginsky (Violine) uad Lina Coën (Klavier) hatten sich am Dienétag im Saal der Sing-Akademie zu einem Konzert vereinigt, das sie mit Rubin- ftein's Sonate für Violine und Klavier (op. 13) erêffneten. Jede der Damen trat dann noch als Solistin hervor. Erftere brate das vielgespielte G-moll-Konzert von M. Bruch und zwei bekannte Piècen von Spohr und Hubay zum Vortrag und ließ in diefen, wie îín der Sonate erkennen, daß sie ihre Studien mit Fleiß fortgeführt hat. Technik und Auffassung waren recht erfreulih. Die Pianistin, eine junge Französia, ließ im Vertrag zweier Stücke von Chopin Manches zu wünschen, da es ihrem Spiel an Klarheit fehlte, woran wobl das Uebermaz im Pedalgebrauh \chuld war. Das zahlreih anwesende Publikum spendete beiden Künstlerinnen reibliwen Beifall. An demselben Tage fand im Saal Bechstein ein Lieder- und Balladen-Abend des vom vergangenen Jahre her befannten Opern- und Konzertsängers Ludwig Strakosch (aus Wiesbaden) statt. Sein woblfliogender und gut geshulter Bariton fam in Loewe’'s Balladen, in Schubert's „Wegweiser“, „Die Wafser- fluth“ und in dem Liede „Die blauen Frühlingsaugen“ von NRubinitein vortrefflich zur Geltung. In allen diesen Gesängen erfreute zugleich die von Verstäntniß end Empfindung zeugende Vortragsweife des Sängers, der sih na lebhaftem Beifall und Hervocruf noch zu einer Zugabe bewegen ließ.

Am Mittwoch gab der Pianist Josef Hofmann in der Sing- Akademie einen Klavierabend, dessen ungzwötnlich zahlreicher Befuch bewies, daß man es hier mit einem lebhaftes Interesse erwedckendei Künstler zu thun habe. Der vom Wiunderkinde allmählih zum Jüngling berangereifte Klaviervirtuos ist in der That eine beahtenswerrhe Erscheinung im_Konzert'aal und verdient für sein ehrlihes Streben alle Sympathien vollauf. Sein Programm war hauptsählih ernften künstlerishen Aufgaben gewidmet. Klar gegliedert und techrnisch durchaus zuverlässig brachte er die Sonate in As-dur (op. 110) von Beethoven zu Gehör, nur bier und da störten einige Aktsonderlihkeiten den Vertrag; au als Interpret Chopin's und Mendels\sohnu’s bewährte fich dec junge Künstler, welcher raushenden und woblverdienten Beifall ernt:t-, durchaus gut. Gbenfalls am Mittwoch fand im Saal Bechstein der erste dies- jährige Quartett- Abend der Herren Professor Gusiav Hollaender, Willy Nicking, Walter Rampelmann und Anton Hetkinz statt, der den Hörern, von kleinen Unebenheiten abgesehen, wie ge- wöhnlid, einen ungestörten fünstlerishen Genuß bereitete. Zur Aus- führung gelazgte Beethoven's F-dur - Streihquartett op. 99 Nr: 1, das mit all seinen Herrlichkeiten in feinster Durcharbeitung tadellos zu Gehör gebradt wurde. Lieblich, aber etwas eigenartig erflang das D-dur» Quartett für Flöôte, Violine, Bratshe und Cello, ia welchem dec Königliche Kammermusiker Emil Prill die führende Flôtenpartie vorzüglich, vielleiht aber den Streichinstrumenten gegenüber zuweilen zu fraftooll spielte. Jn dem F-moll-Klavierqua:tett von I. Brahms, welches den Schluß des Konzerts bildete, wirête Herr Albert E ibenshütz am Klavier mit Auszeihnung wit. /

Am Donnerstag trat, wie alljährlich, die Violin-Viituosin Frâus- lein Betty Schwabe mit dem Philharmonischen Orchester in der Sing-Akademie auf. Sie brachte das Violin-Konzert von Beethoven, die „Chaconne“ von Bach und einen Saß aus einem Paganini’schen Konzert zum Vortrag. Biel Neues i} über ibr Spiel nicht zu sagen; ihr Ton ift woßlgedildet, ibre Technik gut entwidckelt, wenn auch in s{wierigen Aufgaben nicht unbedingt zuverlässig, ihre Auffassung, entsprechend ihrer künstlerischen Borbildung dur Professor Joachim, eine edle. ohne besondere Eigenart zu verrathen. Auffallend bleibt es indessen, daß die Künstlerin sich immer noch nicht auf ibr Gedächtniß verlassen und von dem Notenkßefte emanzipieren zu können scheint ein Umstand, der die Freiheit und Gefälligkeit des Vortrags erheblich beeinträchtigt. Der mitwirkende Baritonist Herr Alfred Walter hat eine wohlflingende Stimme, allein sein Bortrag vermochte kein tieferes Interesse zu erweden. Das Konzert war gut besucht ; lauter und wohlverdienter Beifall wurde der jungen Künstlerin zu theil. Im Saal Bechstein gab an denselben Tage Fräulein Marie Paravicini ein Konzert, in welchem sie mit woblklingendem Mezzosopran u. a. Lieder von Schubert, Franz und Brabms gz- \{mackvoll und mit feiner Nuancierung vortrug; auch die Händel’ sche Arie „Rendi 1 sereno al ciglio* wurde recht ausdruck8- voll zu Gehör gebraht. Fräulein Else Kohlmann zeigte als Violinistin be: m Vortrag einer Romanze von Bruch und zweier Piècen von Ries verständige musikalishe Auffassung und auch Temperament, obwohl die junge Künstlerin thr Instrument tewnisch noch keineswegs völlig in der Gewalt hat.

Im Saal der Philharmonie fand gestern der erste

populäre Kammermusik - Abend der Herren Professoren Barth, Wirth und Hausmann unter Mitwirkung der Herren Kammervirtuosen Sc{ubert (Klarinette), Buntfuß (ODboe), Litt- mann (Horn) und Gütter (Fagott) statt. Es waren nur Kom- positionen von Beethoven gewählt worden, und ¿zwar das Trio für Klavier, Violine und Violoncello (op. 1) C-moll, das Quintett (op. 16) für Klavier, Oboe, Klarineite, Horn und Fagoit, und das große Trio B-dur (op. 97) für Klavier, Violine und Bioloncello. Daß diese drei Werke mit musterhzfter Präzision in der Zusammen- wirkung, mit unübertrefflichec Klarheit und mir eingehendem Ver- ständniß ausgeführt wurden, war bei so ausgezeihneten Künstlern nicht anders zu erwarten. Es darf jedo nit unerwähnt bleiben, daß der Pian: st| mitunter eine zu große Abgemessenheit und Einförmigkeit in scinem Vortrag eikennen ließ. Das zahlreich erschienene Publikum chrie die Künstler durh lebhaften Beifall und Hervorruf. In dem Saale der Sing-Akademie gab zu derselben Zeit der Klavier- Virtuose Herr Albert Friedenthal ein Konzert mit dem Phil- harmonischen Orchester unter der Leitung des Kapellmeisters Si Rebicek. Nach einer zum ersten Male ausgeführten Ouverture zu Grabbe?s „Don Juan und Faust“ von M. Moszkowski, die im einzelnen viele musikalishe Schönheiten besitzt, ohne do im Ganzen einen kraft- vollen und charaktecistiswen Eindruck zu hinterlassen. spielte dec Konzertgeber das Brahms'sche Klavierkonzert B-dur (op. 83) mit schönem Gelingen, obwohl anfangs der Vortrag unter einer gewissen Befangen- heit des Künstlers zu leiden hien; schr wirkung8veoll und exfreulich wurde besonders das mie Andante wiedergegeben. Die darauf folgenden Klavier-Soli von Chcpin, Giuck-Brahms, Bülow und Strauß- Tausig boten dem Konzertgebcr besscre Gelegenheit, feine großen technishen Fähigkeiten und seine rühmlihe Vortragskunst zu ent- falten. Die leytere bewährte er au in der ungarischen Phantasie für Klavier mit Begleitung des Orchesters von F. Liszt. Im Saal Bechstein konzertierte an demselben Abend das Terzett der Damen Stella Sauer, Elise Graziani und Käthe Freudenfeld, deren Stimmen präzis und gefällig zusammenklangen. Besonders efiel der Vortrag von Liedern von Heymann-Rheineck und W. Berger. Miiwirfend betheiligte sich an dem Konzert der Violoncellist Herr Georg Wille aus Leipzig, welcher mit s{önem Ton und geläufiger Technik eine Sonate von P. Locatelli vortrug. Das Publikum nahm sämmtlithe Darbietungen beifällig auf.

Im Königlichen Opernhause wird morgen „Margare! he“ von Gounod mit Fräulein Hiedler in der Titelrolle gegeben. Den Faust singt Hecr Grnst Kraus, den Mepbistopheles Herr Mödlinger, den Valentin Herr Hoffmanz. Kapellmeister Sucher dirigiert. Anfang 7 Uhr. Am Montag geht zum ersten Mal „A Bass0 Porto“ (Am unteren Hafen), lyris@es Drama in drei Akten von Eugen Checci, deutsch von Ludwig Hartmann, Musik von Niccola Spinelli, nach neapolitanishen Volksscenen von Goffredv Cognetti in Scene. Die Beseßung lautet: Muiter Maria : Fräulein Reinl ; Sesella : Fräulein Dietrih; Luigino: Herr Sommer; Cicillo: Herr Bulß; Pascale: Herr Krasa;