1897 / 252 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Oct 1897 18:00:01 GMT) scan diff

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Kriegs-Minifterium.

Der Premier-Lieutenant der Reserve Graf Clairon d'Haussonville is unter Ueberweisung zu „der Korps- Intendantur des IX. Armee-Korps zum etatsmäßigen Militär- Intendantur-Affessor ernannt worden.

Abgereist: Seine Excellenz der Staats-Minister und Minister der geistlihen, Ünterrihts- und Medizinal - Angelegenheiten D: Dr. Dlle

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen, Berlin, 26. Oktober. Seine Majestät der Kaiser und König empfingen

gestern Abend um 78/4 Uhr auf der Station Wildpark Seine Kaiserliche Hoheit den Großfürsten Michael von Rußland, Höchstwelcher zum Besuch bei Jhren Majestäten eingetroffen ift.

Heute Vormittag um 91/2 Uhr empingen Seine Majestät der Kaiser den Staats-Minister Freiherrn von Marshall und nahmen hierauf den Vortrag des Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke entgegen.

Am 23. Oktober starb nach längerem Leiden, 61 Jahre alt, der Geheime Ober-Regierungs-Rath und vortragende Nath im Ministerium des Jnnern Albert Höpker. l

Der nunmehr Heimgegangene begann feine Laufhahn im Jahre 1865 als Regierungs-Afsessor und wurde als solcher zu- nächst in Liegniß, dann in Bromberg verwendet. Im Jahre 1875 zum Regierungs-Rath befördert und demnächst dem Ober-Präsidium in Königsberg überwiesen, wurde er im Jahre 1886 Ober - Regierungs - Rath und Stellvertreter des Regierungs-Präfidenten in Königsberg. Jm Jahre 1888 erfolgte seire Berufung in das Ministerium des Innern als Hilfs- arbeiter, und noch in demselben Jahre wurde er zum Geheimen Regierungs-Rath und vortragenden Rath, im Jahre 1891 zum Geheimen Ober-Regierungs-Rath ernannt. Er war Mitglied der Prüfungskommisfion für höhere Verwaltungsbeamte, der Stauistischen Zentralkommission, des ? entral-Direftoriums der Vermessungen und außerordentlihes Mitglied des Gesundheits- amtes.

An Allerhöchsten Auszeihnungen besaß der Verewigte das Eiserne Kreuz zweiter Klasse, die Landwehr - Dienst- auszeichnung erster Klasse und den Rothen Adler - Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub, L

Anspruchslos und liebenswürdig 1m persönlichen Verkehr,

hat er, ausgerüstet mit einem reichen Maße gründlicher

Kenntnisse, mit scharfer Auffassung, vielseitiger Erfahrung und unermüdlicher Arbeitskraft, mit Hingebung und Erfolg jeines Amtes aewaltet. Das Ministerium des Junern bedauert jeinen Verlust auf das \hmerzlihste und wird dem Verstorbenen jtets

ein ehrendes Andenken bewahren.

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten trat gestern in die Berathung des Militär -Etats ein. Die Abgg. Dr. Schädler und Dr. Orterer brachten dabei die Frage der Mikitär- Strafprozeßordnung zur Sprache und be- haupteten, daß der Oberste Gerichtshof ein Reservatrecht Bayerns sei. Weni man aus der jüngsten Erklärung des Kriegs- Ministers im Finanzausschusse herauslesen dürfe, daz die bayerische Regierung für die volle Wahrung diejes Refervat- rechts eintrete, dann werde das ganze Volk hinter dem Minister sichen.

Hefen.

Der russische Mirister des Auswärtigen Graf Murawjew ift gestern Abend in Darmstadt eingetroffen. :

Den Ständen des Großherzogthums, zunächst der Zweiten Kammer, ift ein Geseßentwurf, betreffend die Einrichtung eines Staats\shuldbuchs, zugegangen.

Sachsen-Altenburg. Heute Abend findet, wie die „Weim. Ztg.“ meldet, im Schlosse zu Hummelshain am Sarge Jhrer Hoheit der verewigten Herzogin cine Trauerfeier statt. Die sterb- lichen Ueberreste der Hohen Verblihenen werden morgen in feierlihem Zuge nah Kahla und von dort mit der Eisenbahn nah Altenburg übergeführt werden. In Altenburg erfolgt

alsdann die feierliche Einholuna nah der Schloßkirche und die |

Aufbahrung daselbst. Am nächften Sonnabend wird die Leiche in der Familiengruft beigejeßt werden.

Deutsche Kolonien. Um fünftigen Einfällen der Wangoni (auch Magwang- wara genannt), welche in den lezten Jahren durch wiederholte Naubzüge das Hinterland von Lindi und Mikindani

und die zahlreihen, von dori stammenden Kriegésklaven der Magwangwara zu befreien, unternahm die 8. Kompagnie der Schußtruppe für Deutsch-Ostafrika unter dem Befehl des Préemier-Lieutenants Engelhardt im I D I Eine Strafexrpedition. Dem von dem Genannten erftatteten Bericht über den Verlauf der Expedition entnimmt das „Deutsche Kolonialblatt“ das Folgende: :

In dem Bestreben, über die Schädigungen, welhe die Bevölke- rang des Hinterlandes von Lindi und Mikindani und des Robvuma- Gebietes dur die Wangoni erfahren hat, umfafsende Kenntniß zu er- kalten, baite die Kompagnie voa Beginn ihres Ausmariches von LUndi an. die dortigen Häuptlinge aufgefordert, Vertreter zu ichiden, wel:

: j | statthaft, die dortigen verworrenen Verhältnisse unrechtmäßig, sowie das Rovuma-Gebiet beunruhigt hatten, vorzubeugen | ;

leßten Jahren geraubien Menschen und Güter nicht zu erreihen sei, Ee a Verhaftung der Pg und ihrer bedeutendsten Afidas esritten. Bei der Ausführung dieser Maßnahmen bezablten fünf Á. : Ghiakoma, Mahengo, Mvaura, Mtinle und Chapan bie später als die s{uldbelastetften herausftellten, einen versuch aus dem Lager mit dem Leben, da die wachbabenden Askaris, der vorher ausdrücklich ergangenen Androhung gemäß, von ibren Waffen Gebrauch machten. Die energische Durchführung der Verhaftung der mächtigen und gefürhteten Sultane, welche im Schauri zuvor den die Kompagnie begleitenden Häuptling Kanyenda von Rovuma als ihren Sflaven behandelt batten, erwies fih als außer- ordentlih wirksam. Noch an demselben Tage lieferten die von mir bestimmten Vertreter der gefangenen E, nabe Verwandte der- selben oder angesehene Männer, mebrere huadert Kriegssflaven im Lager der Kompagnie ab. Am 18. Juli wurde der Sultan Mlamiro wieder aus der Haft entlassen, nahdew er die ihm auferlegte Strafe von 10 Stück Rindvieh erlegt hatte. In den der Verhaftung folgen- den Verhandlungen hatte sich seine Schuld als eine verbältnißmäßig ge- ringe herausgestellt, und es war erwieten worden, daß er i in den lezten Jahren oft bemübt batte, die Kläger, die ihre geraubten An- gebörigen zurückhaben wollten, wieder in Besitz derselben zu seßen. Am 22. wurde er feierli in der Jumbenwürde bestätigt und ibm die Flagge verliehen. Masefse, der Sohn des Häuptlings Songea, den ih zum Vertreter seines Vaters während dessen Gefangenschaft be- stimmt batte, zeigte sich am eifrigsten in der Herbeishaffung der von Songea?s Kriegern geraubten Menschen, sodaß die gegen seinen Vater vorliegenden Klagen rasch Erlediguna fanden. Nachdem Songea die ibm zugemefsene Strafe von 50 Stü Großvieh gezahlt hatte, wurde auch er am 1. August in Freiheit gefeßt. : Mlamiro und Songea sind die bedeutendften unter den Wangoni- Häuptlingen. Ersterem verleiht seine direkte Abstammung pon Makbaruli und das reine Zulublut, das in feinen Adern fließt, Lobes Ansfeben ; leßterer, der Sohn eines Sklaven, hat fich durch sein Herrschertalent, seine politishe Klugheit und Thatkraft Macht und Einfluß erworben. Auch Mlamiro if ein verständiger Kopf und uns Europäern freund- li gesinnt, aber es fehlt ibm die rüdtfichtslose Energie des Songea, deflen Anordnungen bei setnen Unterthanen un- bedingten Geborsam finden. Mlamiro’s und Songea’'s Entlafsung aus der Haft bat die durh die Festseßung der Sultane im Lande entstandene Panik wieder vollkommen beseitigt. Stehen fie fernerbin treu auf unierer Seite und ih hoffe dies zuversihtlich —, fo wird Ungoni aller Krieg erspart bleiben. Songea ift egt beauftragt worden, den Unterbäuptling Mubawi, welher den im Dezember v. S Vei Ligelonga stattgefundenen Ueberfall der Handelëkarawane des Lupinda

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geleitet bat, fangen zu lafsen und bier einzuliefern, während Mlamiro die Gefangennahme des Liguku, welcher einen in neuerer Zeit unter- nommenen Streifzug gegen Nankamma bei Uundi anführte, anbe- foblen ift. | / :

Die Häuptlinge Chikuse, Fuse und Mgendera werden in Haft ebalten, bis die gegen fie vorliegenden Klagen auf Herauëgabe von

rieas\flaven erledigt und die ibnen auferlegten Strafen gezablt find. Insbesondere wird Mgendera nit eher freigelafsen werten, bis die Erben des in dem erwähnten Ueberfall am Ligolonga ge- tödteten Lupinda aus Lindi voll entshäâdigt find, damit die Händler an der Küste keine Verluste haben und kennen lernen, daß ihre Handels- unterxebhmungen im Innern unter dem wirksamen Schutze des Gou- vernements steben. Die Zahl der eingelieferten Kriegëgefangenen bat ih seit dem Tage der Verhaftung tägli vermehrt, fie bat jest rund 650 erreicht ; weit größerer Zuwachs ift besonders dann zu erwarten, wenn es sicher ift, daß eine entfprehznde militärishe Macht bier längere Zeit ftatigniert bleibt. Biele der in Sklaverei Gerathenen laufen ihren Herren- deshalb nit weg, weil sie fürchten, daß fie nah dem Abzug der Kompagnie von den Waagont wiedergeholt werden könnten und thr Locs dann ein schlimmes sein würde.

Ueber die befreiten Sklaven verfügt die Kompagnie in der Weise, daß fie, soweit dies niht für die Leute aus dem unmittelbaren Hinter- lande von Lindi und Mikindani dur die dortigen Behörden geichiebt, Freibriefe ausftellt und die Leute nah lichkeit in ibrer Heimath wieder anzusiedeln suht. Ungoni, das Quellgebiet des Rovuma, wie das nah Often daran angrenzende Undonde, im Norden des mittleren NRovuma, ift, wie ich in der Afrika - Literatur vorhandenen Aeußerungen gegenüber hervorheben möchte, ein fruchtbares, waferreihes Land, ein nur durch Kulturland unterbroŸenes Waldgebiet. Meiner Ansicht nah übertrifft besonders Ungoni an MWasse:reihthum und Fruchtbarkeit das Wabehe-Land. Zu weitaus größtem Theile weist es Ackerboden auf, der verschwindende Meft ist immer noch als Weideland brauhbar. Ungoni und das Robvuimathal sind überdies so gut bevölkert, daß dieser biéher nur wenig befaunte Tbeil unseres Schutzgebietes wobl werth sein dürfte, der Segnungen einer geordneten Verwaltung theilbaftig und dem das Eindringen unserer Kultur und Zivilisation in erbeblihem Maße erschwerenden arabischen und i2lamitishen Einflufse entiogen zu werden.

Oesterreich-Ungarn.

Das Bureau des ôstecreichishen Abgeordnetenhauses ist gestern unter dem Vorfiß des Präsidenten Dr. Kathrein zusammengetreten, um im Sinne der Geschäftsordnung eine Hausordnung festzustellen; die Berathung gelangte nicht zum Abschluß, wird aber demnächst zu Ende Yeführt werden. Das ungarische Unterhaus nahm gestern die Vorlage über das Budgetprovisorium im allgemeinen und im einzelner an. Der Minister - Präsident Baron Banffy er- klärte bei der Berathung, die Regierung könne das Budget nit einbringen, bevor die Beitragsleiftung zu den gemein- samen Angelegenheiten festgestellt sei, und äußerte fich fodann über das Verhältniß zu Oesterreich. Der Minifter-Prästdent betonte dabei, daß die Regierung es nit für statthaft erachte, jene Uneinigkeit, die sich in Oesterreich zeige, auszunüßen (Zwischenruf auf der äußersten Linken: „Verfehlt genug, denn jene nüßten alles gegen uns aus!“), fie erachte es nicht für vortheilhaft, daß jener Staat, mit welhem Ungarn in einem fstabilen Bündnisse und in engen Beziehungen stehe, schwäher werde. „Jh wiederhole“, fuhr der Minister-Präsident fort, „die Regierung erachtet es nicht für

eventuell zum eigenen Vortheile so auszunüßen, daß dadur jenes Verhältniß gestört wird, auf welchem die Grundlagen unseres staatlihen Bestandes bcruhen. Denn jenes Band, welches einerseits zwishen den Ländern der ungarischen Krone, andererseits zwishen den übrigen Königreichen und | Ländern Seiner Majestät rehtlich besteht, basiert auf der Pragmatishen Sanktion. Die aus diejem Verbande ih ergebenden und im 1867 er Ausgleich bezeichneten gemeinjamen Angelegenheiten müssen daher, was für eine Aenderung auch immer eintreten möge, unter den verfassungsmäßigen Verhältnissen der auf Grund der Pragmatischen Sanftion mit uns in einem unlöslihen Verbande stehenden Länder den Gegenstand unserer Fürsorge bilden. Und weil wir dieses Bundes-

mit der Kompagnie nah Ungoni gehen sollten; dort follien fie als Kläger auftreten und eventuell vorgefundene Angebörige agnoscieren.

Leider batte die Furcht, daß die Kon pagnie den Wangoni nicht gewachsen |

sei und entweder unverrichteter Dinge umkehren oder dur die Magwangwara vernihtet werden würde, mehrere Häuptlinge ab» gehalten, Vertreter zu senden. Am 12. und 13. Juli waren die Wangoni-Häuptlinge Mlamiro, Songea, Mgendera, Chbikuse und

Fuse mit ihren Akidas im Lager der Kompagnie bei Songea zum |

Schauri versammelt worden. Als fich im Verlauf der Verhandlung

erfennen ließ, daß auf gütlidem Wege die Herausgabe der in den

verhältniß nit tangieren wollen, erahten wir es nicht für vortheilhaft, daß sich dort die zerfahrenen_ Verhältnisse in dieser Richtung- noh weiter entwickeln. Es ift im Gegen- | theil unser Wunsch und unser Streben, daß auch in Oester-

reich das verfassungsmäßige Leben fortdauere und fich ungestört

weiter entwidckele, und daß wir mit einem unter verfasjungs- | mäßigen Verhältnissen lebenden und wirkenden Oesterrei den

stande bringen. Wir wünschen es als ausgeshlofsen zu be- trachten, daß man in Oesterreich anders als verf äßig regiéren müsse: wenn aber die Verhältnisse fih dennoch so ge- alten sollten, was Gott verhüten möge, so wird in einem lchen Fälle die S es nit verabsäumen, mit Beob- atung der in dem Artikel XTT des Gesehes von 1867 vorbe- zeichneten Grundsäße ihre Pflicht zu erfüllen, die Angelegen- heiten vorzubereiten und Ungarns ZFnteresjen zu wahren unter Berücksichtigung der in jenem Geseg übernommenen Ver- pflihtungen und gesicherien Rechte. Die Modalitäten des Vorgangs in dieser Hinsicht find shon in dem Artikel XTT des Gesezges von 1867 gegeben, welhes ausfpricht, daß in dem Falle, daß bezüglich des Zoll- und Handelsbündnisses oder der Bank bezw. der gemeinsamen Angelegenheiten feine Vereinbarungen zu stande kommen, die ungarische Geseßzgebung im Sinne des Geseßes von 1867 vorzugehen habe. Die Regierung kennt ihre Pflicht. Der Paragraph lautet: „Es versteht sich von selbst, daß, wenn in Betreff der in den obigen §S 58—67 aufgezählten An- elegenheiten ein Uebereinkommen nicht gelingt, das Land as selbständige Verfügungsrecht fi vorbehält, und daß alle seine Nehte auch in diesem Betracht unangetastet bleiben.“ Wenn sich die Verhältnisse so gestalten sollten, daß man im Sinne dieses Paragraphen vorgehen müßte, wird die Regierung es für ihre Pflicht erachten, die nothigen Vorarbeiten zu treffen und dem Hause solhe Vorlagen zu unterbreiten, welhe im Geiste der obigen Ausführungen zur Dur@- führung derselben unter den geseßzlihen Formen nöthig sein werden.“ Der Minister-Präsident [{chloß_ seine Rede mit den Worten: „Jch glaube, daß sowohl bezüglich der ungarischen Staatlichkeit als auch bezüglih der Sicherung der Jnterefjen des Landes und der Betonung der nationalen Jnterefjen gegen die Regierung mit Recht keine Beschuldigung erhoben werden fann. Jh glaube, daß die Thatsahen während der dreijährigen Amtsführung diejes Kabinets beweisen, daß die Beschuldigungen ungerehtfertigt und unbegründet hmnd. Die öffentliche Miran des Landes und die allgemeine Stimmung sind für uns. Jn diejem sicheren Bewußtsein sehen wir der Zukunft ruhig entgegen; denn wir wien, daß wir niht nur hier im Hause, sondern auch im Lande das Vertrauen der großen Mehrheit besigen; deshalb bitten wir, mit wahrer Beruhigung diesen Geseßentwurf anzunehmen.“ Frankrei,

Die Deputirtenkammer verhandelte in ihrer gestrigen Sizung über einen Antrag des Deputirten Rozé, nah welchem fingierte Geschäfte in landwirthschaftlihen Produkten bestraft werden sollen, und nahm später mit 358 gegen 145 Stimmen die Vorlage, betreffend die Verlegung des Orléans- Bahnhofes in Paris nah dem Playe des alten Rehnungs- hofes am Quai d’Orsay, an. / / i

Die Budgetkommission hat im Einklange mit den Vorschlägen des Finanz - Ministers Cochery eine Hera b- sezung der im Juli d. J. bewilligten Grundfteuer be- schlossen. Zur Herstellung des Gleichgewihts im Budget soll der durch diesen Steuernahlaß entstehende Ausfall ausgeglihen werden: 1) durch Auflegung der durch Geseß von 1872 eingeführten Steuer auch auf die fremden Werthe, welche derselben bisher entzogen waren, was einen Ertrag von 10 Millionen Francs ergeben würde, und 2) durch Erhebung einer Stempelsteuer von fremden Fonds, die 16 Millionen ab- werfen würde. Die Kommission hat es indeften abaelehnt, die Abgaben von französishen Werthen zu erhöhen.

Rußland.

Die „Petersburgskija Wjedomosti“ erfahren, daß dem General-Gouverneur von Warschau Fürsten JImer etinsfky ein vom Ministerium des Jnnern ausgearbeiteter Entwurf, be- treffend die Einführung einer neuen Städteverfassung in den zehn Weichsel-Gouvernements, zur Begutachtung zu- aegangen sei.

Spanien.

Die Königin-Regentin ist, wie „W. T. B.“ meldet, von einem leihten Unwohlsein befallen worden. E

In Santander verweigerten mehrere Soldaten, die si nach Cuba einschiffen sollten, anfangs den Gehorsam, gaben aber später nah und bestiegen die Fahrzeuge.

Türkei.

Wie das Wiener „Telegr.-Corresp.-Bureau“ aus Kon- stantinopel meldet, sind alle Artikel des endgultigen Friedensvertrages angenommen worden mil Aus- nahme der Konsular-Konvention und der Be- stimmungen über die Behandlung der Prozesse zwischen türfishen und griehischen Unterthanen jeit der Krieaserflärung. Die griehishen Delegirten verlangen, vor der Annahme der redigierten Artikel 3 und 8 die Natur der Konsular-Konvention kennen zu lernen, die türkischen Delegirten lehnten diese Forderung ab. Die griehishen Delegirten be- suchten gestern die Botschafter, um mit denselben über die Differenzen zu berathen. S :

Der „Neuen Freien Presse“ zufolge lassen sich die Vor- schläge der Pforte zur Lösung der kretishen Frage in folgende Punkte zusammenfassen: vollständige Autonomie der Insel unter Souveränetät des Sultans; Ernennung des General-Gouverneurs, der türkisher Unterthan, wenn au chrisilicher Religion, jein soll, durch den Sultan ; Garantie des Lebens und Eigenthums der mohamedanischen Bewohner von Kreta: Aufrechterhaltung von türkishen Garnisonen und Be- lassung türkischer Kriegsschiffe an den Punkten der Insel, an denen dies nothwendig sei; Ausübung aller Akte der Verwaltung und Justiz im Namen des Sultans; Zahlung eines festen jähr- lichen Tribuis an die Türkei; Beibehaltung der türkischen Flagge für alle fretishen Handelsschiffe. i “Die ôösterreichisch-ungarijhen Kriegsschiffe „Franz Joseph“ und „Frundsberg“ find gestern in die Suda-Bay ein- gelaufen. Z E

Nach einer Meldung der „Agence Havas“ hat die türkische Behörde in Kanea die Admirale von dem Wunsch der Pforte in Kenntniß geseht, daß die internationale militärische Ge rihtskommission aufgelost werde und die Angeklagten von Tsikalaria vor einen Gerichtshof eines näher gelegenen Vilajets des türkischen Reichs oder vor einen gesepmäßig gebildeten zuftändigen Gerichtshof in Kanea geftellt werden möchten.

Dem Pariser Blatte „Le Journal“ zufolge sollen ziemlich ernste Verwickelungen im Nikfki- und Borgu-Gebiete be vorstehen. Der gegenwärtig am Senegal weilende Kolonial- Minister Lebon habe die schleunige Entsendung einer Kompagnie

| Ausgleich auch definitiv, jezt aber einstweilen provisorisch zu

Senegalshüßen nah Dahomey angeordnet.

Griechenland.

Der türkishe Delegirte Oberst Jsmail Bey und der britishe Delegirte Kapitän Brigham von der Kommission zur Ueberwachung der Heimkehr der flüchtigen Thefsalier find in Laurion eingetroffen, um die Einzelheiten der Rückehr zu ordnen. Der „Agence Havas“ zufolge ist diese Angelegenheit zwischen Edhem Pascha und den griehischen Delegirten dahin geregelt worden, daß zuerst die Bewohner der von den türkfishen Truppen beseßten Dörfer, darauf die flüchtigen Be- wohner der Städte zurückehren sollen.

Infolge der großen, auf Kreta herrshenden Erregung hat die Regierung strenge Befehle zur Verhinderung jeglicher MWaffensendung oder Abreise von Freiwilligen erlassen.

Rumänien.

Der König Karol wohnte, wie „W. T. B.° berichtet, vorgestern in Ploesci der Enihüllung des Denkmals für das zweite Jäger-Bataillon bei, das sih bei dem erften Siege der rumänischen und der russishen Armee vor Plewna ausgezeihnet und am 11. September 1877 die Redoute von Grivißza mit Sturm genommen hatte. Der König wurde in der Stadt, die zur Feier des Tages reihen Flaggenshmuck trug, mit großer Begeisterung begrüßt. Bei der Enthüllungs- feier hielt der König folgende Rede:

„Namens der Armee danke ih der Stadt Ploesci, welche die Initiative dazu ergriffen hat, als Zeichen der Dankbarkeit für die auf vem Felde der Ehre gefallenen tapferen Söhne des Distrikts Prahova ein Denkmal zu errichten, auf das wärmste. Ih bin ftolz darauf, daß ib an der Spiye dieser Helden gestanden babe, die ihr Leben der Unabhängigkeit des Landes Rumänien geweiht haben. Der Tag des 11. September wird für immer in unsere Herzen eingeschrieben sein. An diesem denkwürdigen Tage stürzte sich das zweite Bataillon Jäger, otwobl es dur erbitterte Kämpfe geschwächt und dezimiert war, ibn ins Feuer, es erftürmte gegen Abend die Redoute von Griviya und entriß dem Feind die Fahne. Zwanzig Jahre find seitdem ver- flossen ; die Erinneruog an jere cefahrveollen, jedoch an bervorragenden, pon Erfolg gekrönten Thaten reihen Zeiten wird niemals aus unserem Gedächtniß entshwinden fönnen. Ploeëci ift die erfte Stadt, die erfannt hat, daß die glorreide Vergangenheit den mitlebenden und fommenden Geidhlehtern dur cin sihtbares Zeiten übermittelt werden muß Geleitzt von diesen edlen Gefüblen, taben Sie dieses {öne Denkmal errichtet, nit nur als Shmuck der Stadt, sondern au als Zeichen der Dankbarkeit gegen diejenig.n, die fich für das Vaterland geovfert baben.“

Nach der Denkmalsenthüllung empfing der König die Behörden und hervorragenden Persönlichkeiten von Ploesci, worauf Allerhöchstderselbe unter den lebhaften Huldigungen der Bevölkerung die Rückreise nah dem Schlosse Pelesh antrat.

Amerika.

Dem „Madrider Jmparcial“ wird aus Havanna dbe- rihtei, daß die Partei der Jntranfigenten entschlossen sei, trop der gegentheiligen Befehle zu Gunsten des Generais Weyler Kundgebungen zu veranstalten; die Gegner der Auto- nomie suchten der Thätigkeit des Marschalls Blanco Schwierig- feiten in den Weg zu legen. Die militärische Lage sei die gleiche wie seit einem halben Jahre, die Operationen stockten, 40 000 Soldaten seien erkrankt. Die Regierung habe nach- drücklihe Maßregeln getroffen, um einen etwaigen Zusammen- stoß in Havanna bei Gelegenheit der Abreise des Generals Weyler zu verhindern; leßterer habe den Befehl erhalten, die Ankunft des Marschalls Blanco abzuwarien.

Afrika.

Aus Prâätoria rird der „Agence Havas“ gemeldet, daß der Volksraad den Entwurf eines Gesezes, betreffend die neuen Einfuhrzölle, welches Nahrungsmittel beinahe voll- siändig freigebe, aber Luxusgegenstände besonderen Abgaben unterwerfe, genehmigt habe.

Arbeiterbewegung.

In Görliß baben, wie im „Vorwäris* mitgetheilt wird, die Steinseger der Firma Müller u. Wagner wegen Lobßnstreits die Arbeit eingestellt.

Aus London wird der „Vos. Ztg.* unter dem 25. Oktober zum Ausftande der englishen Maschinenbauer gemeldet: Der Maschinenbauerverband beshloß, die Einladung des Handels- amts zu einer Konferenz unter der Bedingung anzunehmen, daß gleih- zeitig mit der Zurückziehung des Verlangens nah dem Achtstundentag die von den Arbeitgebern verhängte Arbeitssperre aufhöre.

Kunft und Wiffenschaft.

_ Dem Königlihen Museum für Naturkunde hierselbft ist von dem Premier - Lieutezäant Wertber eine Sammlung z¡oologisher Objekte aus dem Massailande zugegangen. Die Sendung enthielt: 1 Säugethierbalg, 2 Säugethiershädel, 10 Vogelbälge, 9 Reptilien, 32 Shmetterlinge, 6 Käfer, 3 Orthop- teren. Die Thiere sind sämmtlich gut konserviert und bilden eine will- kommene Bereicherung der zoologishen Sammlung. Durch den Pavianbalg nebst Schädel ist festgestellt, daß der Mafsai-Pavian eine besondere Form darstellt. Der zweite Säugetbiershädel stammt von einem Stahelshwein (Hystrix galeata) und war bisber in der hiesigen Sammlung nicht vertreten. Unter den Vögeln befinden sih mehrere für das deutsch-ostafrikanishe Schußgebiet noŸ niht nachgewiesene Arten und eine neue Art von Feuerfinken, welhe Pyromelana Wertheri benanrt worden ift. Von den vier Käferarten fehlten der zoolozishen Sammlung zwei; eine Art ift für die Wissenschaft neu.

Die von der „Kaiserlih russishen geograpbishen Gesellschaft" ausgerüfteie wissenschaftlihe Expedition unter Leitung Dimitriew?s (vgl. Nr. 243 d. Bl.) ift, wie dem „W. T. B.* aus Odefsa gemeldet wird, geftern nah Abessynien aufgebrochen.

Literatur.

M Die NRechtsprehung des Königlich preußischen Ober - Verwaltungsgerihts in systematisher Dar- stellung. IL. Band, bearbeitet von B. von Kamp, Ver- waltungégerichts - Direktor, St_Genzmer, Ober - Verwaltungs- gerihts-Rath, Ph. Freytag, Ober-Verwaltungsgerihts-Rath, und M. Dirksen, Regierungs - Rath. Berlin, Verlag von Karl Heymann. Preis 16 #& Die Rechtsgrund- säße des Königlich preußishen Ober - Verwaltungs- gerihts, Begründet von . Parey. Dritte, gänzlich neu bearbeitete und bis zur Gegenwart ergänzte Auflage, heraus- gegeben von Fr. Kunze, Ober-Verwaltungégerihts-Rath, und Dr. G. Kaut, Regierungs-Rath. Lieferung 2 bis 5. Berlin, Verlag bon I. J. Heine. Behandelte der I. Band des von B. von Kamp, St. Genzmer 2c. bearbeiteten Werks, der Anordnung des Zusftändig- eitsgesezes und im einzelnen dann dem System der das materielle Recht enthaltenden Gesege folgend, die Angelegenheiten der Provinzen, der Kreise, der Amtêverbände, der Stadtgemeinden, der Landgemeinden und Gutsbezirke, so enthält der vorliegende II. Band die Ent-

Armenwesen und Zwangserziehung, kirhliße und Schul- sowie Synagogengemeinde - Angelegenbeiten. Die Mittheilung der Ent- heidungen ift in der Weise erfolgt, daß der Thatbeftand kurz in Antiguasrift angegeben und dann die Gründe ausführlih ab- aedruckt sind. Den Schluß bilden, wie in dem früber besprochenen L. Bavrde, ein alphabetishes Sachregister, cin Verzeichniß der erläuterten oder zur Anwendung gebrahten Geseze, Nerordnungen 2c. und eine nah der Zeitfolge geordnete Ueber- idt der mitgetheilten Entscheidungen, nah welcher man die Zabl der- selben auf annähernd 900 schäßgen kann. Band I[l (Wege-, Wafser-, Wald-, Fischerei- und Jagdangelegenbeiten) soll demnächst, Band IV im Frübjabr 1898 erscheinen. Die Neubearbeitung der wohlbekannten Parey’shen Sammlung der Rechtsgrundsäße des Ober-Verwaltungs- erihts, auf deren Werth und Bedeutung ebenfalls {on

iber hbingewiesen wurde, ift nabezu vollendet. Sie unter- sceidet f von dem vorerwähnten Werke dadurh, daß die Verfasser derselben mit bervorragendem Geschick den Inhalt jedes Grfenntnifses in furze, gemeinverständliche Leitsäße zusammengedrängt und diesen nur den wesentlihften Theil der Begründung beigefügt haben. Leßtere ist aber bäufig noch mit einem kurzen Kommentar versehen, der Hinweise auf die einshlägigen Gesetze, auf in- iwishen eingetretene Veränderungen der Rechtslage u. f. w. enthält. Sebr erwünscht if die den einzelnen Materien vorangestellte Literaturübersit, auch erleihtert die Angabe der Gesegzesmaterialien derjenigen die Nackhforshung, die weitere Aufklärung an der Quelle des Gesezes suhen wollen. Die bisher erschienenen fünf Lieferungen, von denen die dritte den I. Band abichließt, bebandeln zunähft die Angelegenheiten der Kommunal- verbände, die Wahlen zum Provinzial-Landtage, die Provinzialabgaben, die Aufsicht über die Provinzial-Verwaltung, die Zwangs-Etatisie- rungen, die Dotationsargelegenbeiten, fodann die Auséeinanderfegung bei Veränderung der Kreisgrenzen und Bildung neuer Kreise, die Kreitabgaben, die Wablen zum Kreistage, die Verpflichtung der Kreis- angebörigen zur Annahme von unbesoldeten Aemtern in der Kreis- verwaltung, die Beibilfe der Kreise an die Ortsarmenverbände, das Disziplinarverfabren gegen Kreisbeamte, die Oberaufficht über die Krei8- verwaltung, ferner die Angelegenheiten der Amtsverbände, der Städte, der Landgemeinden und Gutsbezirke, das Kommunalabgabenrechwt und die volizeilihen Angelegenheiten (Wafser-, Deichpolizei, Fischerei, Fagd, Schußwaldungen und Waldgaenofsenshaften, Ansiedelungen und Kolonien, Dismembrationssahen, Bau-, Wege- und Gewerbepolizei). In zwei niht zu umfangreihen Bänden wird diese Sammlung den wesentlihften Inbalt der biegher ersdienenen 33 Bände der offiziellen Auëgabe von Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts wiedergeben. j

Kommentar zum Strafgeseßbuch für das Deutsche Rei von Dr. Fustus Ols bausen, Reih83geribts-Nath. Fünfte, umgearbeitete Auflage. Verlag von Franz Vahlen, Berlin. Preis 30 «& Wie sehr dieses für die Strafrehtspflege faft unentbehrlihe Merk von allen Seiten wegen seiner wissenschaftlichen Gründlichkeit und vraktishen Brauchbarkeit geshäßgt wird, beweist der Umstand, daß nah der erst vor wenigen Jahren erschienenen vierten Auflage des Kommentars, dessen erstes Erscheinen in die Jahre 1880 bis 1883 fällt, jeßt {on eine fünfte nothwendig geworden ift. Ueber die vom Verfasser mit dem Kommentar verfolgten Zwecke und deren Durchführung ist an dieser Stelle bereits früher ausführlich berihtet worden. In der neuen Auflage haben die Literatur und die Entscheidungen des Reichsgerihts aus den leßten Jahren eine ein- gehende Berüdsichtigung und eine ershöpfende kritische Würdigung gefunden. Trotz des hbinzugetretenen gewaltigen Stoffes hat es die mustergültige Oekonomie des Verfassers ermögliht den äußeren Um- fang nur um drei Bogen vermehren zu müssen.

An Textausgaben von Reihs- bezw. Landesgeseßen find in jüngster Zeit folgende erschienen : das neue Handelsgeseßbuc für das Deuts%ve Reich vom 10. Mai 1897, von welchem der Abschnitt über die Handlungszebilfen und Lehrlinge {hon am 1. Januar 1898 in Kraft tritt, nebst Einführungsgeses (Verlag von I. I. Weber in Leipzig ; Originalleinenband 2 4); dasselbe in einem Bande mit dem neuen Bürgerlichen Geseßbuch für das Deutsche Reich nebst Einführungsgeseß vom 18. August 1896 vereinigt, jedes der beiden Gefeßbücher mit sehr ausführlihem Sachregister, als Theil des woblbefannten, von dem Geheimen Regierungs-Rath G. A. Grotefend berausgegebenen „Gesammten preußish-deutshen Geset- gebungs-Materials“ (Düsseldorf, Verlag von L. Shwann; Preis 3 4); das Reichsgeseß über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 24. März 1897 nebst dem Einführungs- geseß, mit einer in das Gesetz einführenden Einleitung und An- merfungen von Dr. I. Kre, Kaiserlihem Geheimen Regierungs- Rath in Berlin, und Dr. O. Fischer, o. s. Professor der Rechte in Breslau (Verlag von I. Guttentag, Berlin; Preis 1,20 A); die Grundbuch ordnung für das Deutsche Neih vom 24. März 1897, mit Einleitung und Anmerkungen von Dr. Otto Fischer, orderitlihem Professor der Rechte an der Universität Breslau (Verlag von F. Guttentag, Berlin; Preis 1 #4), und in einer anderen, gleihfalls mit Anmerkungen versehenen, außerdem die Bestimmungen des Bürgerlihen Geseßbuhs über das Liegenschaftsrecht sowie eine praktishe Anleitung zur Bearbeitung der Grundbuch - Angelegen- beiten enthaltenden Ausgabe von W. Schwarze, Amtsgerichts- Rath und seiner Zeit Mitglied der Reichstags - Kommission (Berlin, Verlag von Franz Vahlen; Preis 2,60 #4); das Reichsgeseß über das Auswanderungswesen vom 9, Juni 1897, mit erläutersden Vorbemerkungen von M. Hallbauer, Ober-Landesgerichts-Rath (Verlag von Albert Berger, Leipzig ; Preis 50 A). Ausgaben des für die Gewerbetreibenden wichtigen Fnnungs- und Handwerkergeseßes (des Reich2gesetzes, be- treffend die Abänderung der Gewerbeordnung, vom 26. Juli 1897) baben der Regierungs-Rath Kurt von Rohrscheidt (Leipzig, Verlag von C. L. Hirschfeld; Preis 1,80 4), der Negierungs-Afsefsor im Vtinistezium für Handel und Gewerbe Dr. F. Hoffmann (Berlin, Karl Heymanns Verlag; Preis 2 4) und der Königlich fachsishe Landgerichts-Direktor Dr. Paul Fahnert (Leipzig, Verlag von Albert Berger; Preis 1 A) besorgt; während die leht- genannte Ausgabe außer dem Text des Handwerkergeseßes und der in diesem angezogenen WBestimmungen anderer Ge- seße (der Gewerbeordnung, des Gewerbegeriht8geseßes, des Kranken- versicherungsgesetzes, der Zivilprozeßordnung und des Bürgerlichen Ge- segbuhes für das Deutsche Reich) nur 13 Seiten umfassende Vor- bemerkungen bietet, die allerdings die Hauptgrundsätße des Geseßzes und die Abweichungen von den auf diesem Gebiete bisher in Kraft gewesenen Bestimmungen klar zum Ausdruck bringen, bildet den Haupttheil der beiden ersten Ausgaben des Innungs- und Handwerker- gesetzes eine die vorhandenen Auslegungsmaterialien (amtlihe Be- gründung, Kommissionsberiht, Reichstagsverhandlungen und soweit verwendbar biéherige Judikatur und Verwaltungspraxis) verwerthende fommentatorishe Bearbeitung desfelben, welher von Nohrscheidt eine längere Einleitung über die Zwecke und Ziele und Hoffmann klare syste- matische Ausführungen über den Inhalt des Ge}ezes vorausgeschickt hat. pre seien angeführt: die Bestimmungen über die An- egung und den Betrieb von Dampfkesseln in Preußen (Auszug aus der Reichs-Gewerbeordnung, Bekanntmachung des Reichs- kanzlers, betreffend allgemeine polizeilihe Bestimmungen über die An- legung von Dampfkesseln, vom 5. August 1890, Bestimmungen iber die Genehmigung, Prüfung und Revision der Dampf- kessel nah einer Vereinbarung der verbündeten Regierungen in der Bundesrathssißung vom 3. Juli 1890, das preußische Geseh, den Betrieb der Dampfkessel betreffend, vom 3. Mai 1872 und die Anweisung des preußischen Ministers für Handel und Ge- werbe vom 15. März 1897, betreffend die Genehmiguyg und Unter- suchung der Dampfkessel, nebst Gebührenordnung), mit ausführlichen Anmerkungen von H. Jaeger, Königlichem Gewerbe-Inspektor und Hilféarbeiter in der Königlichen Technischen Deputation für Gewerbe (Verlag von Karl Heymann, Berlin; Preis gebunden 2 4); endli das preußishe Gesey über die Handelskammern vom 24. Februar 1870/19. August 1897 nebst Aus-

lheidungen des Ober - Verwaltungsgerihts über Gemeindelasten,

führungsanweisung vom 31. August 1897, mit eingehenden sach-

| emäßen Erläuterungen und einer die Grundlinien der neuen Recht8-

ge und namentlich ihre Abweichungen von dem bisherigen Rechte hervorbebenden Einleitung von Dr. jur. Reiß, Kaiserlihem General- Konsul a. D., Syndikus der Handelskammer zu Nordhausen (Verlag von Franz Vahlen, Berlin ; Preis 3 4).

Gesundheitswesen, Thierkr ankheiten und Absperrungs- Maßregeln,

__ Nach der im Kaiserlihen Gesundheitsamt bearbeiteten Statistik üter die Verbreitung von Thbierseuhén im Deutschen Reih während des zweiten Vierteljahrs 1897 ift die Maul- und Klauenseuche in 4468 Gehöften (gegen 11 907 im ersten Vierteljahr 1897) mit einem Gesammtbestand von 53 804 Rindern, 72965 Schafen, 989 Ziegen und 15 756 Shweinen, zusammen 143 514 Thieren gegen 321 206 im ersten Vierteljahr ausgebrochen. Die Ausbrüche ver- theilen sich auf

21 Staaten i gegen 25 im ersten Vierteljahr 1897,

73 Regierungs- 2c. Bezirke , E u Ï

478 Kreise 2c. u E Ö 1 248 Gemeinden 2c. 2836, U g

Die Seuche hat mithin sowohl hinsichtlich threr räumlihen Ver- breitung als auch in der Heftigkeit gegenüber dem erften Biertel- jabre 1897 erheblich abgenommen. Vollständig feuhefrei oder doch von neuen Ausbrüchen vershont geblieben sind die Regierungsbezirke Königsberg, Gumbinnen und Aurich, ferner Mecklenburg-Strelitz, die oldenburgischen Fürstenthümer Lübeck und Birkenfeld, das Herzogthum Coburg, Schwarzburg-Rudolftadt, Reuß ä. L.,, Schaumburg-Lippe und Lübeck. Am ftärksten verseucht waren hauptsächlich wieder einzelne Gegenden in West- und Süddeutschland.

T ag Schluß des zweiten Vierteljahrs 1897 berrs{hte die Seuche noch in

21 Staaten s gegen 21 bei Beginn, 58 Regierungs- 2c. Bezirken f c E s 199 Kreisen 2c. A D E E. O 1406 Gehöften. . . . 2974 ¿ Ha am stärksten verbreitet war die Seuhe um diese Zeit in Mittelfranken, im Neckar-, Jagst- und Donaukreise und im Landeskommifsariatsbezirk Mannheim.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 25. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. PD. „Wartburg* 23. Okt. v. Pernambuco n. d. Weser abgeg. „Aachen“, v. La Plata kommend, 23. Okt. Nachts a. d. Weser e „Pfalz“, v. La Plata kommend, 25. Oft. Vmn. Vlissingen passiert. „Bayern“, n. Ost-Asien best., 25. Okt. Vorm. Suez an- gekommen.

_— 26. Oktober. (W. T. B.) PD. „A ller* 25. Okt. Mttgs. Reise v. Gibraltar n. New-York fortges. „Ems“ 25. Okt. Vm. Reise ». Gibraltar n. Neapel fortgeseßt.

London, 25. Oktober. (W. T. B.) Union-Linie. Dampfer „Gascon“ ist gestern auf der Ausreise in Kapstadt angekommen. D. „Goorkha® if am Sonnabend auf der Heimreise von Kap- stadt abgegangen. D. „Gaul“ ift heute auf der Heimreise auf den Canarischen Inseln angekommen.

Theater und Musik,

Königlihes Opernhaus.

Gestern Abend ging Niccola Spinelli’'s Oper „A Bass0 Porto“, die vor nicht langer Zeit bereits im Theater des Westens einige Aufführungen erlebte, auf der Königlichen Bühne mit {öônstem Erfolge in Scene. Das von Eugen Chehi nah den „neapolitanishen BVolkéscenen“ Goffredo Cognetti's bearbeitete Libretto bot mit seinen lebensvollen, bewegten Scenen dem Komponisten reiche Gelegenheit dar, in der Musik das südländishe Temperament, Innigkeit und höchste Leidenschaft ergreifend zum Ausdruck zu bringen. Der Inhalt des Tertbuhs, welches s{hildert, wie die Mutter Maria fih gezwungen siebt, ihren ehemaligen Geliebten Cicillo zu tödten, um ihre Kinder vor seiner Rache zu bewahren, darf als bekannt voraus- geseßt werden. Der Komponist fefselt die Hörer, indem er die mäh- tige, blinde Leidenschaft, welhe die Dichtung durchzieht, im Gesang und in der Instrumentation musikalisch carakteristish ausgestaltet. Die gestrige Aufführung, welhe unter der Leitung des Kapellmeisters Suwer stand, war im Einzelnen und Ganzen vortrefflich. Fräulein Reinl gab die Mutter Maria mit tiefer Empfindung, und ihre Stimme erklang bis zum Schluß kraftvoll. Herr Bulß brachte als Cicillo die Wildheit dieses Charakters nicht nur im Spiel, fondern auch im Gesang gut zur Geltung. Fräulein Dietrich sang die Partie ‘der Sesella durchaus beifallswürdig ; eine sehr gute Leistung, gesanglih und shauspielerisch, bot auch Herr Sommer als Luigino dar.

i Konzerte.

Das zweite, von ArthurNikish geleitete Philharmonische Konzert fand gestern unter sfoliftisher Mitwirkung des Bari- toniften Mattia Battistini statt und wurde mit der in feinfter Ausführung vorgetragenen Es-dur-Symphonie von Mozart würdig eröffnet. Der Sänger brachte hierauf die Arie des Renato aus Verdi’s Oper „Der Maskenball* zu Gehör und ließ sowohl in dieser wie in einer anderen Arie aus „Maria di Rudens“ von Donizetti ungewöhnlihe Kraft und großen Umfang der Stimme erkennen. Das unausgeseßte und für deutshe Ohren un- erfreulihe Tremolieren muß man bei ilalienischen Gefangsfkünftlern mit in den Kauf nehmen, bei Herrn Battistini aber kommt dazu eine Manieriertheit der Vortragsweise, die durhaus nit gutzuheißen ift, und welche durch die von ihm beliebten unvermitielten Uebergänge vom forte zum piano noch unleidliher wird. Rauschender Beifall wurde ihm dennoch zu theil. Künstlerisch werthvoller waren die übrigen Darbietungen des Abends. Aus einer Orcestersuite von Tschaikowsky (op. 55) wurden Yariationen über ein kleines, an- muthiges, nur im Intervall der Quinte sich bewegendes Thema vor- getragen, in denen die vershiedenen Instrumente auch einzeln hervor- traten ein Umstand, der dem ganzen, geshickt gearbeiteten Werke eine interessante Abwechselung verlieh. Darauf folgte als Novität ein Vorspiel zum zweiten Akte einer hier nur dem Namen nah bekannten Oper „Gernot* von d’Albert. Das Werk zeichnet ih durch Reichthum an melodisher Erfindung und maßvolle Ver- wendung der orchestralen Mittel fehr vortheilhaft gegen frühere Kom- positionen des Künstlers aus und wurde von dem zablreih erschienenen Publikum mit großem Beifall aufgenommen. Den Schluß des Abends machte Beethoven?'s herrlihe B-dur-Symphonie, die unter der fein- finmgen Leitung des Dirigenten unzweifelhaft den Glanzpunkt des Konzerts bildete.

Im Konzert-Saal des Königlihen Schauspielhauses fand am Sonntag die erste Kammermusik-Matinée der Herren C. Halir, G. Erner, A. Müller und H. Dechert ftatt. Zum Vortrag kam an erster Stelle ein Streichquartett in A-moll von F, Brahms; in vollendeter Ausführung gelangten alle Feinheiten des Tonwerks vollkommen zur Wirkung. In dem dann folgenden Mozart?schen Klarinetten-Quintett A-dur spielte Herr Kammervirtuos O. Schubert mit Meisterschaft die führende Klarinette; es zeigte sich hier recht auffällig, wieviel sympathisher uns dies Instrument in Verbindung mit den Streichinstrumenten anmuthet, als die Flöte, wie wir ste inaft in dem D-dur-Quartett desselben Komponisten in dem Holländer'shen Konzert gehört haben, Mit Beethoven’s F-molls Streichquartett op. 95, einem der herrlichsten Werke des Meisters, {loß das Konzert.

Am Sonnabend vergangener Woche gab die Altiftin Fräulein Elsbeth Berner unter Mitwirkung des Königlichen Kammer- musikers Herrn Heinrich Kruse (Violoncello) ein Konzert in der Sing-Akademie, welches sie mit der Arie „Ah, ich habe sie verloren“ aus der Oper „Orpheus* von Gluck ersffnete. Im übrigen enthielt der gesanglihe Theil des Programms nur Lieder, und zwar

von Schubert, Schumann, Brahms, Tappert und Hildach. Die Stimme

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