1824 / 6 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Wed, 07 Jan 1824 18:00:01 GMT) scan diff

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Frankfurt, 1. Jan. Jn der 25sten Sibßung der Bundes-Versammlung am18. Dec. v. J. hielt der Großherzoglih und Herzoglih Sächsische Gesandte einen Vortrag über das Entschädigungsgesuch der ehemáligen fkurpfälzischen Etbpächter dex Grä fe- nauer und Hemshöôfe, wegen erlittener Kriegsschà- de, (St. Zeît. 1823 Nr. 80.) worin der Inhalt der bisherigen Eingaben und der am Bundestage statt ge- habten Verhandlungen zusammengestellt und schließlih der Antrag gemacht wurde,

daß die Bundes - Versammlung zuvörderst aus ihrer Mitte eine Kommission zum Versuche der Vermittlung unter den betheiligten Regierungen von Baiern, Baden, Großherzog. Hessen und Nassau ernennen; im Falle des Nichtgelingens jenes Ausgleichungs -Versuches aber, das in dem 30. Art. der Wiener Schlußakte dargestellte Verfah- ren unter den gedachten Regierungen einleiten wolle.

Bei der hierauf gestellten Anfrage machte die preu- ßische Gesandtschaft den motivirten Antrag, diesen Ge- genstand vorerst, unter Anberaumung einer kurzen Frist, zur Jnstruftions - Einholung und hierauf zu gründenden Abstimmung auszuseßen, worauf durch einstimmigen Be- {luß ein Äbstimmungs-Termin auf den 19. Febr. [. M. angeseßt wurde.

Ueber: die Pensions-Rückstände der zum vor- maligen Reichsfkammergericht gehörenden Perso- nen (St. Zeit. 1823 Nr. 83.) gingen mehrere Abstim- mungen ein. Der würtembergsche Gesandte erklärte hinsichtlich dét ersten in dem Kommissions -Bericht auf- geworfenen Frage: : |

„oem uud wie viel an NRückständen bezahlt

werden. solle ? ‘/ | daß, wenn gleich nicht jede der bezeihneten Klassen die- selben Rücksichten in Anspruch nehmen könne, Se. Maj. der König doch geneigt sey, einer zu Stande kommenden Vereinigung zur Befriedigung aller in Kommissions- Berichte angeführten, übrigens noch genau zu prüfenden und eventuell zu berichtigenden , Rückstandsforderungen nur mit Ausnahme der Ersaßforderung des Grafen von Reigersberg wofür die würtembergsche Nate voll- ständig berichtigt sey beizutreten. Jn Absicht der 2ten Frage:

„Auf welchem Wege die zu übernehmenden

Rüúckstandsforderungen gedeckt werden sollen? müsse zuvörderst auf die bis zu Ende des J. 1816 einzu- zahlen gewesenen Beiträge, (Kammerzieler) als das zu-

nächst liegende Deckfungsmittel um so mehr Rücksicht

genommen werden, als nah dem Kommissionsberichte gerade darin, daß so bedeutende Summen dieser Bei- träge in Rückstand L der Grund der Entstehung der jeßt noch zu deckenden Forderungen liege; wenn es nun zunächst erforderlih sey, eine möglichst abge- fürzte Liquidation dieser Rückstände einzuleiten, so fônne dies am leichtesten durch eine Vereinigung sämmt- licher Bundes-Staaten bewirkt werden, wodurch einem aus der Mitte derselben zu wäh- lenden und in den Personen der betreffenden _Bundestagsgesandten in Frankfurt zusammentre- tenden Ausschusse von fünf Bundesgliedern, die

Befugniß zu einem solchen abgekürzten Liquida- tionsversahren übertragen würde.

Erst wenn auf diesem oder einem ähnlichen Wege die als liquid anzunehmende Totalsumme der Kammer- zieler Rúcfstände bis 1846 incl.- genau «bestimmt, Und der Bestand der disponiblen Ausstände Übephaupt fest gestéllt sey, würde ein definitiver Beschluß über die Ausdehnung in welcher die vorliegenden Forderungen zur Berichtigung anerkannt werden sollen, gefaßt, das etwa noch auf andere Weise zu deckéende Deficit bestimmt und der Konkurrenzsuß festgeseßt werden können, wozu sih+ die provisorische Bundesmatrikel zu verschiedenen Beziehungen vorzugsweise empfehlen dürfte.

Hiernächst äußerte sih der Großherzoglich Hes sische Gesandte Namens- seines Hofes dahin, daß zu- vôrderst die ‘befoldeten Mitglieder des vormal,

Reichskammergerichts ein unstreitiges Recht auf die Be-

soldungsrückstände hätten, und da die Besoldungen auf die Kammerzieler radicirt gewesen, so müsse auch die Befriedigung dieser Jndividuen mittels Nachzahlung der rúständigen Kammerzieler, und nicht durch Vertheilung auf sämmtliche Bundesstaaten nach Maßgabe der Bun- des - Matrikel , bewirkt werden, indem leßteres eben #o viel wäre, als einen neuen nicht verpflichteten Schuld- ner an die Stelle des noch vorhandenen verpflichteten substituiren. Jn Absicht der Kanzleipersonen finde man den Kominissions-Vorschlag durch Rücksichten , sey es der Humanität und Billigkeit, sey es des Rechts, fo wohl begründet, daß man, unter Vorausseßung der all- gemeinen Annahme, demselben beizustimmen bereit sey. In Betreff} der Advokaten und Profkuratoren wolle man nur bemerken , daß eine vollkommene Ver- bindlichfeit zur Bezahlung der hier befragten Summe nicht vorhanden sey, daß daher, was etwa hievon gezahit werden sollte, nah der Bundes - Matrikel zu vertheilen wäre. Die Forderung des Grafen von Reigersberg endlich sey bereits für den Antheil des Großherzogthums Hessen berichtigt, weshalb dafür eine nochmalige Theil- nahme nicht verlangt werden fönne.

Die hierauf erfolgte Abstimmung des dänischen Gefandten war haupt)ächlich dahin gerichtet, die Noth- wendigkeit einer vorgängigen- genauen Prüfung der

| Rechtsgrunde, worauf die Ansprüche der verschiede- nen Klassen von Kameralen beruhen, darzuthun.

Erst alsdann fônne der nothwendige Bedarf zur Befriedigung der rechtlihen Ansprüche ausgemittelt werden, und, és sey schon jeßt ‘hôcyst wahrscheinlih, daß, wenn. auch- nur ein Theil der in dem Kommissions - Bericht bezeichneter Matrikular-Rückstände- füx exigibel, und einige Ansprüche fúr unbegründet erachtet werden sollten, wie dies na- mentlich mit der Forderung des Grafen von Reigersberg der Fall seyn möchte, die vorhandenen Mittel hinreichen dürften, die gerechten Ansprüche zu befriedigen, ohne der Gesammtheit neue Lasten aufzubürden.

Der .niederländische Gesandte gab zu verneh- men, daß er angewiesen sey, dem Königl. Sächsischen Voto in der 18ten diesjährigen Sißung, seinem ganzen Umfange nach, sich anzuschließen. Eventuell habe er sich da- für zu erflâren, daß Se. Maj. der König, wenn die Ueber- nahms-Summe zur Befriedigung der Kamexalen demnächst

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wúrde äâuszgemittelt seyn, in dieser Hinsicht nur allein |

den dermaligen ‘Matrikular -Fuß als einzig anwendbar anzuerkennen vermöchten. | um zur definitiven und baldigen Erledigung der ganzen Angelegenheit möglichst beizutragen, sowohl zur vollen Deckung der als Rückständ für Luxemburg - aufgeführten Summe, als zur Befriedigung der, wenn gleich streng- rechtlih nicht gegründeten, Gräflich Reigersbergschen For- derung, ohne Konsequenz und Präjudiz, ein für allemal, und zu diesem doppelten Zwecke, eine runde Summe von 1000 Fl. Rhein. übernehmen, wenn und sobald von Seiten sämmtlicher Bundes -Staaten eine gleiche Geneigtheit ausgesprochen und die Angelegenheit über- haupt als vollkommen ins Reine gestellt erscheinen verde.

Der Großherzogl. und Herzogl. Sächsische Gesandte erklärte sih angewiesen, der Königl. Sächsi- schen Abstimmung in Betreff der Nothwendigkeit einer nähern Uebersicht der fraglichen Forderungen und der zur Befriedigung derselben vorhandenen Mittel, beizutreten, jedoh zu jeder neuen Anlage, deren es ohnehin nicht be- dúrfen würde, die Beiträge abzulehnen.

Der Gesandte von Braunschweig und Nassau {loß sich dem Voto von Hannover an.

Der Gesandte von Oldenburg, Anhalt und Schwarzburg gab die Geneigtheit seiner Kommitten- ten zu erkennen, die nach Maßgabe des zweiten Kom- missions-Vorschlages ausgeworfenen Beiträge zu einer all- gemeinen matrifularmäßigen Ausschreibung von 50,000 Fl. zu entrichten, wenn die Erklärungen der übrigen Staa- ten, namentlih auch wegen Ueberuahme der zu 27,795 Fl. 47 Kr. berechneten Rückstände der besoldeten Kammer- Gerichts - Personen, es möglich machten, die Angelegen- heit auf diesem Wege durch allgemeines Einverständniß vôllig zu erledigen. Wegen der Ansprüche der Advoka- ten und Profuratoren, behalte man sich die nähere Aeuße- rung vor.

Der Gesandte der 16ten Stimme gab schließlich Erklärungen für Hohenzollern - Hechingen und Hohenzol- lern-Sigmaringen ab, wonach dieselben dem Antrage, we- gen einer nach der Bundes - Matrikel vorzunehmenden Repartition, beitreten.

Hierauf rwourde beschlossen:

die vorliegenden, so wie die ferner eingehenden Ab- stimmungen an die betrefsende Kommission abzu- geben, um, auf den Grund derselben, möglichst bald weitere Vorschläge zu endlicher Erledigung dieser Angelegenheit zu machen.

Zuleßbt beschäftigte sih die Versammlung mit dem

Pensionsgesuch des vormaligen General - Münzwar- dein Dieze (St. Zeit. 1823 Nr. 63.). Nachdem sich

Baden und Kurhessen gegen den Vorschlag wegen Be- willigung einer provisorischen Pension von 800 Fl. er- klärt hatten, Nassau hingegen sich bereit gezeigt, die für dasselbe begutachtete Rate mit 80 Fl. an den Dieze aus- zahlen zu lassen wurde der Beschluß gefaßt: die Entscheidung über das Gesuch des Dieze bis zur definitiven Erledigung des Kur- und Ober - Rhei- nischen Pensions - und Schuldenwesens auszu}ez- zen; Übrigens aber bei dieser Gelegenheit die sub- delegirte Kommission zur Auseinanderseßung die-

Außerdem wollte der König, |

ses Pensions - und Schuldenweseus durch die be- treffenden Gesandtschaften zu ersuchen über - den Stand ihrer Verhandlungen , \sobald- als möglich, Bericht zu erstatten.

Hamburg, 1. Jan. Se. Maj. der König von Baiern haben dem Hrn. Oberalten A. E. Martz2ns durch Ihren hier residirenden General-Consul, Hrn. Hil- debrandt, eine goldene Medaille, als Merkmal des be- sonderen Wohlgefallens , zustellen lassen, mit welchem Se. Maj., dessen Höchstdemselben zugesandte Schristeu über die Kriminal-Gefängnisse und Wohlthätigkeits-An- stalten in Hamburg aufgenommen häáben.

__ Stockholm, 26. Dec. Dem Adel und dem geist- lichen Stande haben Se. Maj. der König auf die, beim Schlusse des Reichstages von dem Reichstags-Marschall und dem Sprecher des leßteren an Höchstdieselben gehal- tenen Reden, Folgendes geantwortet:

¿Meine Herren Mitglieder des Adelstandes! Die Mir von Jhnen dargelegten Gefühle sind die Beloh- nung der, von dem Throne unzertrennlichen Mühen und Sorgen; Jch nehme sie mit der Freude und mit dem Danke auf, welche diese neue Huldigung Mir einflôßt. Als erster Stand des Reichs, und wohlvermögend die Vortheile einer guten gesellschaftlichen Organisation nach Werth zu schäßen, haben Sie gewiß klar erkannt, wie wohlthätig es für die Nation ist, wenn die Regierung ein System der Gerechtigkeit befolgt. Jnunere Zwistig- feiten, Vernachlässigung des Acferbaues, Sklaverei des. Volkes, sind gewöhnlich die verderblichen Folgen der Furchtsamkeit und Schwäche der Regierungen. Wir wer- den diese, die Reiche vernichtenden Geißeln vermeiden, und das Land wird fortdauernd Ruhe im Junern und Unabhängigkeit nach außen genießen. Der Adel wird Mich gewiß bei Meinen Anstrengungen für das Glück und den Ruhm der Nation unterstüßen, und dadurch beweisen, daß er nie aufgehört hat, die Asche der Bra- ven zu ehren, welche die ersten Gründer seines Stan- des waren. Ich wiederhole Jhnen, Meine Herren, die Versicherung Meiner innigen Zuneigung und Meines Königl. Wohlwollens. Meine Herren Mitglieder des geistlichen Standes! Jch danke Jhnen für die Ge- fühle, die Sie Mir zu erkennen gegeben ; es sind die- jelben, welche Sie stets in Wort und That an den Tag gelegt, und es gewährt Mir eine süße Genugthuung, Ihrem Stande diese Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Die reine evangelische Lehre hat in Schweden den Grund zur socialen Organisation gelegt. Als Diener dieser Kirche haben Sie vor allem das Geschäft, die Menschen zu erleuhten und ihren religieusen Glauben zu befesti- gen, und Sie haben die doppelte Aufgabe, dem Staate treue Bürger zu bilden, und jene lautere christliche Mo- ral zu lehren, die den Menschen mit sich selbst in Ue- bereinstimmung bringt und macht, daß er alle seine Hoff- nung und sein Vertrauen auf die unendlihe Güte des Schöpfers seßt. Fahren Sie fort, die heilsamen Grund- säße zu verbreiten, die Sie lehren, und bringen Sie es, durch Vervollkommnung des öffentlichen Unterrichts da- hin, daß die Jugend das Wahre von dem Falschen, und die Gerechtigkeit von allem, was nur den Schein der-