1824 / 76 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Mon, 29 Mar 1824 18:00:01 GMT) scan diff

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mInts er dieselbe in Fällen, wo das bürgerliche Geseß kein Ehe- inderniß anerfennt, und gewährt er solche hingegen in ällen, wo ein gesebliches Hinderniß der Ehe vorhanden ist in welcher Lage befindet sich alsdann die Staats- behörde? Welche Mittel stehen ihr zu Gebot, um im ersten Fall den Pfarrer zu Ertheilung der Eheeinsegnung anzuhalten, und im zweiten Fall dieselbe zu hindern, oder wenn sie statt gefunden hätte, ihre Wirkung aufzu- ens mit einem Wort, wie vermag sie in beiden Fál- en den bürgerlihen Geseßen Vollziehung zu geben und ihren Angehörigen den Genuß der ihnen vermöge dieser Geseke zustehenden Rechte zu sihern? Die evangelische Geistlichkeit veranlaßt hierbei gar feine Schwierigkeit; sie erkennt in Ehesachen feine anderen Vorschriften, als die des búrgerlichen Geseßes, und feinen anderen Geseß- geber, als die Staats-Behörde. Ganz anders verhält sih's mit dem katholischen Klerus; seine Anmaßungen sind von völlig verschiedener Art; seine Gebote und Ver- bote haben eine ganze andere Quelle ; er stellt sein kano- nisches Recht. dem bürgerlichen Geseß gegenüber, so wie der Staats-Behöôrde sein kirhlihes Oberhaupt und den Geseßgeber der Kirche. Ueberläßt man ihm die Eheein- segnung unbedingt und unbeschränkt, macht man die Gültigkeit der Ehe von déeser Einsegnung abhängig, s#o sind es seine Vorschriften, denen er folgen, und sein Oberhaupt, dem er gehorchen wird; die Ehen hängen von ihm allein ab, und er wird einziger Geseßgeber und Richter in Ehesachen seyn. Vergeblich hat das bürger- liche Geseß die Ehehindernisse vorsichtig und weise be- shränft, der Klerus wird die kanonischen Hindernisse in ihrer ganzen Ausdehnung und Strenge gegen unsere An- gehörigen geltend machen; vergeblich heischt das bürger- liche Geseb die Zustimmung des Vaters für die Ehe des minorennen Sohnes, der Klerus wird diese von der fa- tholischen Kirche: nicht anerkannte Vorschrift unbeachtet lassen. Um diese ernsten und wichtigen Schwierigkeiten zu heben, giebt es nur zwei Mittel : entweder eine kräf- tige, Folgsamkeit und Gehorsam des Klerus erzielende Geseßgebung, wie diejenige Oesterreichs ist, oder eine Uebereinkunft mit der geistlihen Oberbehörde. Die erste ist für den -s{chwachen und kleinen Staat, unter den ge- genwärtigen Zeitumständen, etwas ganz Unmögliches ; und die zweite, wenn man sie für möglih halten sollte,

_… würde eine Unterhandlung und viele Zeit erheischen ; wo-

fern man von ihr etwas hoffen will, so darf auch wenigstens ? nicht damit angefangen werden, auf dasjenige zu ver- _zichten, worüber man zu unterhandeln denkt.

_ Ancona, 4. Mrz. Gestern um 1 Uhr Nachts entstand in hiesiger Stadt und Hafen einer der schreck- lichsten Stürme. Ein jonisches, mît Getreide beladenes - Schif wurde zertrümmert. Ziegel, Schindeln, Steine flogen umher; ein sehr festes Seethor wurde aufge- sprengt ; eine Kontumazbarke rettete sich um Glúck mit einem fleinen Segel bis zum Lazareth. Andere Schiffe waren eben nicht auf der See. Große Verwunderung

entstand, als am folgenden Morgen 4 Paranzen in die:

sem Hafen einliefen, deren Mannschaft niht das Min- deste: von dem Sturme der vergangenen Nacht gespúrt hatte, und woraus man ch{loß, daß sich. derselbe nicht

du culte) zustehende Verrichtung. Verweigert

über 20 Meilen weit vom Hafen erstreckt haben müsse. Verschiedene Trabukeln versanken; * die Batterie beim Leuchtthurme wurde umgestärzt.

Palermo, 23. Febr. und Fideifomiß-System in diesen Staaten war bisher

der weihenden Söhne von den Gütern nichts verkauft werden durfte. Da diese Erbportionen durch Zessionen oft in mehr als 100 Theile zerstüt wurden, so, daß oft 3 bis 400 Gläubiger auf einmal ihre Befriedigung haben wollten, so ist durch ein neues Geseß erlaubt wor- den, daß die Gutsbesißer diesen Kreditoren zu ihrer

Bezahlung Stücke von ihren Gütern überlassen dürfen.

Kopenhagen, 20. März. Dem Vernehmen nah werden JI. MM. Anfangs Juni nach Kiel und Schles; wig relsen, von wo aus Se. Maj. der König die Reise nach Jütland fortseßen werden. Die Truppen - Manödu- vres werden bei Skanderborg statt finden.

_ Nach Berichten aus Bergen ist die- dasige Härings:- Fischerei faum halb so ergiebig gewesen als im vorigen

Jahre.

Der Obligationen - Handel ist dieser Tage an der Börse sehr lebhaft gewesen und die K. Obligationen sind

binnen einigen Wochen von 80 auf 88 gestiegen. Heute Auch die

gingen sie jedoch wieder auf 86Z herunter. asiatischen Aftien sind von 75 bis auf 85 gestiegen.

Stockholm, 16. März. Vorgestern, am Geburts- tage J. K. H. der Kronprinzessin, geruhete Se. Maj. deren Bruder, dem Herzog von Leuchtenberg, den Se- raphinen-Orden zu ertheilen, und der Oberstallmeister, Sreiherr v. Rälamb, ist zu einem der Herren des Rei ches erhoben worden.

Ueber die Abeise Sr. K. H. des Kronprinzen nach | enthält folgende Nachrichten :

Einige behaupten, |

Norwegen ist noch nichts bestimmt. | sie werde am 12. April und die des Königes am 20sten Mai statt finden“

Die Mitglieder des Komité zur Untersuchung des Zustandes sämmtlicher Lehr - Anstalten ist noch nicht er- nannt.

Peyron , als Chef des Bureau der General - Adjutan- tur-Expedition, wird wahrscheinlih der bisherige Unter Chef, Major Graf Rosen, kommen.

Voriges Jahr liefen 346 Fahrzeuge in den Hafen von Stockholm ein und 457 gingen von dort ab.

St. Petersburg, 9. März. Se. Maj. der Kai ser haben, nah Jhrer so baldigen Wiederherstellung, Ihrem Leibarzte, Geh. Rath Wilije, einen mit Aller hôchstihrem- Bildnisse gezierten- sehr kostbaren Brillant- Ring zum Geschenk gemacht.

Fürst Wolchonsfki hat die Direktion der inneren Angelegenheiten des Kaiserl. Hauses wieder úbernom- men. Den Posten eines Chefs vom Generalstabe Sr. Kaiserl. Maj. bekleidet General-Lieutenant, Freiherr von Diebitsch, noch immer interimistisch.

_Se. Maj. der Kaiser haben Jhren Hof -Medikus, Dr. Karl Mayer, zum Hofrath ernannt.

Am 12. Sept. v. J. ist der Flotten-Kapitain-Lieu-

tenant v. Litke von seiner dritten nah Nowaja - Semljá

unternommenen Reise wieder. zu Archangel eingetroffen. |

so strenge, daß selbst zur Bezahlung der Erbportionen k L auf untersuchte er die Ost-, Nord- und West - Küste der ' Rybatschjá Halb-Jnsel und die Süd-Küsten des Woran- | jishen Meerbusen bis zum Wilimshen Vorgebirge. Am 7. Aug. gewahrte H i : Semljaz- er steuerte nordôstlih, und gelangte bis zum | 76° 48! der Breite. Da er aber wegen der großen Eis- Massen nicht weiter vordringen konnte, so nahm er am

genieurs, Maurer und Z “ter Beschäftigung, Trommelschlag,. Appell, Paraden, Ma- nôuvres, Rekruten - Jnstruftion, überall Leben und Ge- " shäftigkeit, wo früher das langweilige türkische Schwei- gen herrschte, und längs des Schattens, den die Wälle " werfen, blos Reihen tabakrauchender Asiaten in reinve- " getativer Apathie die Stunden ruhig: verrinnen ließen, " bis ein Allarm hin und wieder sie zum Opiumrausch und | i bts wilden Wuth auf kurze Viertelstunden er- ; we tel i

" riht ein, daß

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' Seinem Berichte zufolge hat er im 69° 44/ nördl. Br. und 33/ westl. Länge von Archangel die Matowsfki- | sche Bay gefunden, und eine genaue Beschreibung der- Das Lehen-Primogeniturs- k

selben aufgezeichnet. Da die Bucht bisher noch von fkei- Kriegsfahrzeuge besucht worderi war , so E er | ier-

sie nach seinem Schiffe: Hafen Nowaja-Semlja.

r. v. Litfe die Küste von Nowaja-

17. Aug. seine Richtung wieder nah Süden, erreichte

| am 30sten desselben Monates die Süd -Ost- Spiße von Nowaja-Semlja, gerieth hier aber dur heftige Stürme und die hochgehende See auf eine Klippe, wodurch sein Schiff einen Leck erhielt. | a I: Untersuchung der Ost-Kúste Nowaja-Semlja's verzichten | und die Rückkehr nah Archangel antreten. Auf seiner | Rúckreise bestimmte er abermals die Lage von Kanin-

Noß auf 43° 16“.

Er mußte deshalb auf eine

Das Schif} hat während der gan-

| zen Expedition keinen Kranken gehabt. Nach einem Schreiben des Ober - Arztes an den

Heilquellen bei Konstantinogorsf am Kaukasus, Hof- - Raths Conradi, bewähren die trefflihen Bäder am Kaukasus ihre Wirksamkeit mit jedem Jahre mehr, und die Reisenden haben weder von den Tschetschenzen, noch

anderen Räubern, das Geringste zu befürchten, da durch die trefflichen Anstalten des Generals Jermoloff die

“appen durchaus sicher sind.

úrfkfei. Die Augsburger Allgemeine Zeitung

¡Tri est, 23. Febr. Reisende, welche Missolunghi

' seit furzem verlassen haben, erzählen von der in jenen

Gegenden seit Jahrhunderten fremdartigen Thätigkeit,

mit der jebt die Reparatur der alten Festungswerke, der

| Bau neuer Fortifikationen, und die Militair : Organisa- L | tion ganz nach europäischer Art betrieben wird.

An die Stelle des Obersten und General-Adjutanten F

Pion- niers und Handarbeiter unter dem Kommando der Jn- immerleute in gleich angestreng-

Korfu, 28. Febr. Am 23sten d. ging hier Nach-

auszeihneten. Lord Byron war von Tripoliza nach Mis- | plunghi zurückgekehrt, und úberäll festlih empfangen | worden.‘

,¡„Konsta ntinopel, 24. Febr. Die Rüstungen im

Welche Folgen dieses, als Beispie

sich Coron am 18. d. an die Griechen er- " geben hat. Zugleich erhält man aus Missolunghi Bestä- * tigung der Einnahme der Außenwerke von Lepanto, wo- ' bei die englischen Genie- Offiziere, welche den Griechen zu Hülfe gezogen sind, -sih auf die vortheilhasteste Art

‘Zeughause und längs dem Kanal dauern fort, und s{éi- _nen einen fräftigen Feldzug anzukündigen. Bei Cara-

buru in Macedonien habén, wie man sagt, neuerdings Griechen gelandet. /

,Ddessa, 4. März. Ein Schiff, das in der au- ßerordentlih furzen Zeit von 40 Stunden von Konstan- tinopel hier eingelaufen L bringt die für die Pforte traurige , aber wichtige Nachricht, daß Mohamed Aly Pascha, Vice-König von Aegypten, endlich die Maske abgelegt und sich für unabhängig erklärt habe. Man wußte in Konstantinopel längst, daß er mit großen Plä- nen umging, die Pforte suchte ihn daher auf alle Art zu schwächen, und befahl ihm zuleßt 10,000 Mann, zu Bekämpfung der griechishen Jnsurrektion, zu ellen: Mohamed entschloß sich statt dessen zur Unabhängigkeit, und wählte dazu unstreitig den q er Augenblick:

, vielleiht den ganzen Orient erschütternde Ereigniß, worüber die näheren Be- richte zu erwarten sind, haben wird, fönnen nur diejeni- gen beurtheilen, welche die Verhältnisse des türkischen Reichs, unabgesehen von der Lage der großen Hauptstadt desselben, die so viele Zufuhren aus Aegypten erhält, rich- tig auffassen.‘ i |

Die Nummer des Spectateur oriental vom 20. Febr. d. J. enthält folgende Nachrichten úber die dorti- gen Angelegenheiten :

„Erzerum, 22. Jan. Der persishe Gesandte, der sich nah Konstantinopel. begiebt, ist seit einigen Ta-

gen hier, und hatte mehrere Konferenzen mit dem nach

Teheran abgereisten türkischen Geschäftsträger. Wegen der falten Jahrszeit wird Hassan Mirza Kan erst zu Ende künftigen Monats nach Konstantinopel abgehen. Der zwischen beiden Mächten geschlossene Friede wird den Handel wieder beleben. Mehrere hier verweilte Karavanen schien. sih an, ihre Reise an ihren Bestim- mungsort fortzuseßen.‘

„Salonichi, 29. Jan. Der neue Múnzfirman wird mit großer Strenge gehandhabt. Ein Jude und mehrere Griechen sind wegen Uebertretung desselben ge- hangen worden. Die Glaubensgenossen des Ersteren bo- ten 200,000 Piaster, um ihm das Leben zu erkaufen ; es war zu spät, er war schon aufgehängt.“ T

¡¡„Scio, 5. Febr. Der holländische und der fran; zösische Vicekonsul ritten dieser Tage aus. Ein wüthen;- der Türke seßte dem Ersteren ein Pistol auf die Brust und wolktte Feuer geben. Der französische Vicekonsul, Herr David, Sohn, hielt ihn. ab; der Janitschar des französischen Konsulats fam dazu, und fiel dem Türken in den Arm. Dieser riß sih los, zog. das zweite Pistol, und shlug es auf Hrn. David ‘an; dieser stürzt sich auf ihn, seßt ihm ein seinem Janitscharen entrissenes Pistol auf die Brust, wodurch der Türke außer Fässung ge- räth, und von herzugelaufenen Albanesern nah hesti- gem Kampfe in Verhaft gebracht wird. Der Pascha gab Satisfaktion. Er ließ den Türken prägeln, iw Ei- jen schlagen, und in ein offenes Schiff seben, wo ihn Ma sehen ou e DGIINO Schif bei günstigem Winde nach dem Festlande absegelt. ; ; Madrid, 11. März. Auch der erzbishöfliche Stuhl von Compostella ist nunmehr, und zwar durch den Bi-