1824 / 106 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Wed, 05 May 1824 18:00:01 GMT) scan diff

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(ung des Kapitals- verlangte, und fuhr hierauf fort: „Der einzige unbestrittene Vortheil, den die beabsichtigte Operation hat, ist, daß der Staat dabei jährlich 28 Millionen part; allein ich weiß ein anderes Mittel, wodurch man diese Summe ebenfalls ersparen fann, ohne die Staatsschuld zu erhöhen, das Vermögen der Renten- Inhaber zu s{mälern und allgemeïîne Unzufriedenheit zu erkegen, und ich bin daher feineswegs der Meinung des Finanz- Ministers, daß es unmöglich sey, einen an- deren Weg als den seinigen einzuschlagen. Die Tilgungs- Kasse befindet sich im Besißke von etwa 33 Millionen Renten, die durchaus disponible sind. Das Finanz-Ge- seß vom Jahre 1816 sagt: „Die von dieser Kasse auf- gekauften Renten sollen, wenn sie die durch ein Geseb zu bestimmende Höhe erreicht haben, annullirt werden.“ Fch mache daher den Vorschlag: 1) die- Tilgungs - Kasse anzuweisen, daß sie hinführo feine Renten über den Pari-Kours an sich faufe; 2) diè vön ihr be- reits aufgefauften Renten ganz oder theilweise zu ver- ‘vichten.“ Nathdém der Redner die Vortheile, die, sei- ner Meinung nach, aus einer solchen Maßregel ent- springen würden, entwicelt hatte, schlug derselbe, für den Fall, daß: dieselbe gleichwol nicht genehmigt, der vor- liegende Geseß'- Entwurf dagegen angenommen werden sollte, verschiedene Aenderungen in der Redaktion dieses leßteren vor. Nach ihm sprach Herr Pavy zu Gun- sten des Geseßes und behauptete, den Ansichten des Hrn. Sanulot-Baguenault zuwider, daß es gerade feinen günstige- ren Augenblick für die Ausführung des beabsichtigten Planes geben könne, als den, wo-durch den glúcklichen Erfolg sowohl des Krieges in Spanien als der leßteren Wahlen , die Revolutionen besiegt, die Opposition erdrückt und die Festigkeit des Thrones für immer. gesichert worden sey. Der Graf v. Thiard trat im Allgemeinen den Ansichten des Grafen v. la Bourdonnaye bei und ver- warf den. Géseß - Entwurf, fveil er ihn 1) uugerecht fand, indem er den Renten - Jnhabern eine Bedingung auflege, die sie nienials voraussehen konnten; 2) unmo- ralisch, weil er hauptsächlich die unbemittelten Gläubiger trefse „- de

ias) unterzubringen Gelegenheit hätten; 3) unpolitisch, weil er eine ganze Klasse von Franzosen , die sich, mit ‘vollem Vertrauen auf die Loyalität déèr Regierung ver- lassen hätten, mißvergnúugt mache. „Nicht dadurch, ‘‘ chloß der Redner „daß man die Renten - Jnhaber be- raubt, heilt man die leßten Wunden der Revo- lution; ist dies Jhr aufrichtiger Wille, sagen Sie Sich von einem betrüglihen Verwaltungs - und politi- schen Systeme los. „Die Gesellschaft lebt von

Beispielen“ sagte früher einmal einer unserer Kolle-

gen (Hr. Delalot), der, wie so viele andere, durch die ‘Kunstgriffe der Minister von dieser Tribune verbannt worden ist. Man gebe ihr denn ein Beispiel der Ach- tung fúr unsere Geseße, für die von dem Staate mit uns eingegangenen Verbindlichkeiten und für unser Grund- Geseb; man ‘sey endlih wieder gereht und aufrichtig gegen uns; nur so fönnen die Wunden der Revolu- tion geheilt werden. Herr Syrieys de Mayrin- Hac!: vertheidigte den Geseß-Entwurf und widerseßte sich der vorgeschlagenen Verminderung des Tilgungs-Fonds.

die ihre geringen Kapitalien in keiner anderen }

_— Herr Leclerc de Beaulieu dagegen fand, dal

dieses leßtere Mittel das geeignetste sey, um das ferner! Steigen der Renten zu hindern: England hat sich dessel"

ben schon öfters bedient und scheine damit umzugehen,"

ä

‘den Händen von etwa 1600 Personen.

es nächstens wieder anzuwenden; wenigstens habe- gan!

_färzlich ein englishes Blatt geäußert, daß wenn dil

3procentigen Papiere den Pari - Kours übersteigen, derl Schaß schwerlih ermächtiget werden würde, sie um die sen Preis aufzufkaufen. | \chloß der Redner, „„fo ist len aller Nationen. Schuld ebenfalls um 2 pCt. gehütet, das Kapital derselben zu erhöhen, und weni

er einzig in den Finanz-Ann«f

solches auch früher einmal geschehen ist, so wird diese Fall s{hwerlich jemals wieder eintreten, so wie ich dem überhaupt der Meinung bin, daß in England der Kan} ler der Schaßkammer dem Unterhause gewiß niemali} einen Geseß-Entivurf vorlegen wird, der demjenigen, womit wir uns gegenwärtig beschäftigen, gleich siehe. Jch stimm gegen denselben, und behalte mir vor, dagegen, bei de Diskussion Úber das Budget, eine Reduktion des Til gungs-Fonds um 30 Millionen in Vorschlag zu bringen." Den Beschluß der Sißung machte Depart. der oberen Garonne mit einer Rede zu Gun sten des Entwurfes, worin er die Vortheile, die, seine"

Hr. Ricard von?

Meinung nach, daraus für die Provinzen und die Steuer\* pflichtigen entspringen, in einem ganz neuen Lichte dar} stellre. .Die Diskussion dürfte leiht noch drei Si¡} zungen ausfüllen. Die 57 Millionen Renten, die von der mehrerwähr F ten Finanz-Operation vorläufig ausgeschlossen bleiben sollen, gehören, nach Ausweis einer, auf Befehl des Finanz-Minif sters angefertigren und in der Sißbung vom 26sten unte die Deputirten vertheilten Uebersicht, größtentheils dess Tilgungs-Kasse, dem Jnstitute der Ehren-Legion, öffent n und geistlichen Anstalten, den Jnvaliden der M rine, der w. Jn dem Tilgungs-Fonds befinden sih 325 Million Aus derselben Uebersicht geht hervor, daß diejenige 140 Millionen, auf weiche die Reduktion des Zinsfuß angewendet werden soll, etwa aus 200,000 Jnskriptiones bestehen, die sih in den Händen von höchstens 145,00 Personen befinden, nämlich: Jnsfkriptionen von 10 b} 50 Fr. in den Händen von etwa 10,000 Personen ; sfriptionen von 50 bis 99 Fr. in den Händen von e 36,300 Pers. ; Jnfsfriptionen von 100 bis 999 Fr. in Händen von etwa 76,000 Pers. ; Jnsfriptionen von 1100} 4999 Fr. in den Händen von etwa 15,500 Pers. ; I sfriptionen von 5000 bis 9999 Fr. in den Händen v

Pairsfammer, verschiedenen Gemeinden u. [f

etiva 5000 Pers. ; Jnskriptionen von 10,000 Fr. 2c.

Der Kriegsminister läßt jeßt zu Toulouse, Mek un |

Straßburg vergleichende Versuche zwischen dem englis{ch1|

französischen und modificirt englischen Artillerie - Syst}s anstellen, um demnächst das am zweckmäßigsten besu dene anzunehmen. Der Municipal - Rath £ca T} louse ‘hat eine Summe von 400,000 Fr., als die von d} Stadt beizutragende Hälfte der Kosten für die Erri} tung einer Kunst- und Handwerks-Schule daselbst bewilli}

Rente 102. 90. E

Ï wenig verständig. Ï daß die denkwürdigen Thaten Sir Robert Wi

Ï i die Sache unendlich schlimmer.

E nung

F von ihm, hier aufgestellten Besorgnissen.

| seiner Genossen in die H

London, 24. April. Man hâlt zwar allgemein hier die Unabhängigkeit Columbiens für gesichert ; indessen ist es doch bemerkenswerth, daß einer der bedeutendsten hie- sigen Spekulanten, der in der Regel mit guten Nachrich- ten versehen ist, seit kurzem bedeutende Summen co- l[umbischer Effekten veräußert hat.

Es find schon wieder zwei neue Anleihen an der

N Börse, die eine für die ostindischen Jnseln, dem Ver- L BNNE 20e Tar Lea n nehmen nah von 5 Millionen Pfd. Sterl., und die an-

England hat den Zinsfuß seine} dere für Canada.

herabgeseßt, sich aber wohl -

Wir haben, sagt das Journal the new times, im-

Ï mer die Gesinnungen getheilt, welche die Unterwürfig- | feit der Griechen, unter die barbarishe Herrschaft der Ï Türken in allen edlen Gemüthern zu erregen geeignet Y i; wir gestehen jedoch, daß wir feinen großen Erfolg Ï von den Bestrebungen der Häuptlinge erwáärten, die jeßt N fúr die Sache der Unabhängigkeit Griechenlands fämpfen, F und die Einmischung des Lord Byron dünft uns sehr

_.

Hr. Canning hart bemerklich e, sons zu

| Corunna, zu weiter nichts gedient haben, als unsere Un- | rerhandlungen zu hemmen, und unseren Einfluß zu: \{chwä-

hen; aber -mit. solchen Diplomatikern- wie die Türken, Es wúrde uns nicht im mindesten in Erstaunen seßen, zu vernehmen, daß sie Se. Herrlichkeit gespießt hätten. Ja, wenn sie ihn nicht

] fangen sollten, möchten sie nur allzuleicht an allen Eng- | ländern, die ihnen in die H

ände fallen, Rache nehmen.

| Diese Betrachtungen siud' sehr unerfreulih, aber sie die- | nen dazu, das Angemessene der völkerrechtlichen Vor-

schriften, wonach Unterthanen an die Handlungen ihrer Regierung gebunden sind, in ein klares Licht zu stel- len. Lord Byron handelt in offener und fecker Verhöh- der Geseße seines Vaterlands, und was ist die

N Folge davon? Daß England Gefahr läuft, in einen Ï Krieg gezogen zu werden, „um der Beleidungen willen,

zu denen er die wilden Türken h2rausfördert. Der Cou- rier jagt in diesem Bezuge: Wir stimmen zwar mit der

| hier ausgesprochenen Ansicht von dem Benehmen des Lord

Byron im Allgemeinen ganz überein, doch nicht in den Wir zweifeln nicht daran, daß Lord Strangford im Stande seyn werde, der ottomanischen Regierung darzuthun, daß die Hands lungen Einzelner nicht als Handlungen des Landes, wel- hem er angehört, angesehen werden dürfen, und daß

Ï demnach dio Wiedervergeltung: niht ber die Angreifen- den hinausgehen darf. Sollte Lord Byron oder einer |

ände der Túrken fallèn, so

| würde ihr Loos, wohl allerdings außer Zweifel seyn.

Baiern. Die Karlsruher Zeitung meldet aus Pri- vat-Briefen von der baierschhen Gränze, vom 20. April: „Noch sind die Untersuchungen gegen die fast in allen Theilen der baierschen Monarchie eingezogenen und -in die Verbrechen und verbrecherischen Pläne der meisten- theils entdeckten ungeheuren Diebes- und Räuberbande verwickelten Individuen im vollen und raschen Gange, allein die große Anzahl der Mitschuldigen und das tau- sendfache Jneinandergreifen der entferntesten Glieder diee

großentheils unsihtbaren Nebes

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| fer furchtbaren Kette, ertschwéren die einzelnen: zu ‘dem

ganzen Prozesse erforderlichen Instruktionen auf eine zwar begreiflihe, aber darum niht minder außerordent- liche Weise. So viel bis jeßt aus den zum Theil schon sehr klaren Erörterungen hervorgeht, so sind-zwak, wie man gleich anfangs zu bemerken Gelegenheit hatte, auch junge Leute aùs den gebildeten Ständen zur Theil- nahme verführt, und .von den magischen Fäden dieses umsponnen worden ; allein der Kern des Ganzen besteht aus in ihrer Art sehr gediegenen Subjefkten, deren nicht wenige bedeutende ‘Ta- lente mit einer unermeßlichen Verworfenheit vereinigen. Auch täuscht man sih, wenn man der anfänglichen Behauptung Glauben beimißt, die Sache sey nur aller- erst im Entstehen gewesen. Denn es ergiebt sich, daß

eine Menge von Verbrechen und eine ganze Reihe von

scheinbar ganz zufälligen unglücklichen Ereignissen eine zusammenhängende Reihe von Thätigkeits- Aeußerungen dieses sauberen Staates im Staate bilden. Höchst betrübend ist übrigens die schrecklihe Gewißheit, daß Menschen in dieses teuflische Komplot verflochten sind, deren scheinbarer Karakter, deren bürgerliche Lage und deren hoher Grad von Bildung anfangs fsogar jeden oe für abgeschmackt und verleumderish ansehen eßen.

Vom Mainz; 29. April. Den neuesten Nachrich- ten aus Leipzig zufolge sind daselbst noch wenig Meß- Fremde angekommen, aber die Menge der eintreffenden Waaren ist sehr groß. Der Abjsa6 im Buchhandel soll im vergangenen Jähre sehr gering gewesen seyn; man flagt über die Menge der. zurückehrenden Büchex, indem selbst viele von denen zurücffommen, welche man niht Bedingungsweise verlangt hatte. Leipzig hat jeßt die meisten Buchhandlungen (67), Berlin 52, Wien 33, Frankfurt a. M. 20, Nürnberg 20, Prag 11, Halle 12, Breslau 10, München 7, Stuttgart 7, Karlsruhe 5, Dresden 6, Gotha 10, Darmstadt 3, Kassel 4 und

Hamburg 7.

Bei der K. K. Armee haben bedeutende Avancements statt gefunden; unter anderen

Wien, 28, April.

wurden befördert: “Zum Feldmarschal - Lieutenaut, der General-Major Franz Mumd von Mühlheim. Zu Ge- neral-Majoren, die Obersten: Johann Trautmann, von Lusignan Jnfanterie-Regiment Nr. 16, und Stephan

von Ertmann, von Deutschmeister Infanterie-Regiment

Nr. 4. Zum Obersten, der Oberst - Lieutenant: Peter Fronquen de Bouquet, von L’Espine Jnfanterie - Regi- ment Nr. 58, Grenadier-Bataillons-Kommandant.

Reikevig (auf Jsland), 4. März. Zwar haben die Vulkane Kötlugjan und Oefields Jöfkelen aufgehört, zu brennen; allein vor geraumer Zeit hat jener noch heftige Wasser-Strôme áusgeworfen, die dur lhre Ueber- shwemmungen bedeutenden Schaden E und w0- bei drei Menschen ihr Leben eingebüßt haben.

St. Petersburg, 23. April. Am grünen Don- nerstag empfingen Jhre Kaiserl. Hoheiten der Großfürst Nikolai Pawlowitsh und dessen Gemahlin, die Groß- fúrstin Alexandra Feodorowna, und der Großfürst Mi-