1824 / 112 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Thu, 13 May 1824 18:00:01 GMT) scan diff

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enießenz denn wer bis zum 1. Oft. feine Zahlung er- bált, bezieht ja seine 5pCtigen Zinsen so lange fort, bis diese Zahlung wirkli erfolge. Man hat uns gefragt, ob die General - Einnehmer in den Provinzen bei der beabsichtigten Finanz - Operation konkurriren werden; allerdings, in sofern sie nämlich den Renten - Jnhabern gute Rathschläge ertheilen und es ihnen einleuchtend ma- chen, daß sie eine Thorheit begehen, wenn sie sich nicht für die Umschreibung ihrer Renten entscheiden, denn dies ist unsere innige Ueberzeugung. ¿„Die gedachte Maßre- gel‘ {loß der Minister,‘ ist Jhnen frei und ofen vor- gelegt worden: eben so frei und ossen werden wir sie ausführen. Wir haben uns keineswegs, wie der vor mir aufgetretene Redner solches zu glauben scheint , von den Banquiers, die bei dem Geschäfte mitwirken, abhän-

ig gemacht, sondern nur eine eventuelle Abkunft mit ihnen getroffen. Ehemals haben es zwar allerdings ge- wisse Kapitalisten versuchen können, den Schaß von sich abhängig zu machen, allein gegenwärtig ist die Wohlfahrt des Landes von der Art, daß eine solhe Gefahr für die Folge nicht wieder zu befürchten steht.// Diese lebte- ren Worte des Ministers wurden von der Kammer mit vielem Beifalle aufgenommen, Herr C. Périer war je- doch mit dessen Erklärung nicht zufrieden, und tadelte es, daß man sich zur Auszahlung der Renten-Kapitalien vorläufig nur einer Summe von 370 Millionen verge- wissert habe. Seiner beständigen Einwürfe überdrüssig, riefen ihm endlih mehrere Stimmen zu, er möôge docl bei der Sache bleiben, es handele sich jebt blos von dem Amendement des Hrn. v. Malartie. „Jch dächte doch,‘ erwiderte der Redner, „„an dem Jahresfeste der Rück- fehr des Königes in die Hauptstadt, wäre es wohl er- laubt, die Pariser zu vertheidigen. // Lautes . Murren folgte auf diese hämische Aeußerung. Ueber das eben erwähnte Amendement des Hrn. v. Malartie wurde, da es keine Unterstüßung fand, gar nicht abgestimmt; meh- rere andere wurden theils von der Kammer verworfen, theils von Denen, die sie in Vorschlag gebracht hatten, zurückgenommen; da sie überdies nur unerheblich waren und zu feiner wihtigen Diskussion führten, so úberge- hen wir sie hier mit Stillschweigen.

Gestern beschäftigte sich die Kammer mit den ver- schiedenen Ausnahmen die nach dem Antrage mehrerer Deputirten, von dem Renten - Geseßbe gemacht werden

sollen. Hr. Leroy äußerte, daß er eine solche vorläufige Ausnahme zu Gunsten der Pairs-Kammer, der Ehren- Legion, der öffentlichen Anstalten, tinen u. \. w- gerecht, zu Gunsten des Tilgungs-Fonds aber, und vorzüglich der Majorate, unpassend finde. Der Finanz-Minister erflärte, daß die Reduftion des Zinssu- ßes nach dem Geseß-Entwurfe auf alle 5pCtige Renten ohne Ausnahme angewendet werden solle, und daß, wenn man die den obigen Instituten und öffentlichen Anstalten “gehörigen Renten vorläufig von der gedachten Maßregel ausnehme, solches blos deshalb geschehe, weil man die- selben ohne besondere geseblihe Bestimmungen nicht an- tasten fônne; in der fünftigjährigen Sißung der Kam- mer werde er

ration Bericht abstatten; wenn man bis dahin behaup-

cen wolley daß durch die vorläufige Ausnahme von der |

der Gemeinden, Ton-F

(der Finanz-Minister) über die ganze Ope-

Reduktion des Zinsfußes den Majoraten und übrigen |

Instituten, auf die sie angewendet werden soll, ein grö- gerer Vortheil als den übrigen Renten - Jnhabern er- wüchse, so sey dies ein Jrrthum, da das gegenwärtige

halbe Jahr noch allen Rentnern zu Gute komme (indem F

die Umschreibung nicht vor dem 22. September geschehen fönne), der nächste Zahlungs : Termin aber erst am 25. Márz k. J. eintrete, wo sein Bericht der Kammer bereits vorliegen werde. Der Vorschiag des Herrn Leroy, so wie ein ähnlicher des Grafen v. la Bourdon- naye, der gar nihts von Ausnahmen wissen . wollte, wurde hierauf verworfen. Hr. Josse-Beauvoir erlaubte si bei dieser Gelegenheit, die sämmtlichen Amendements ins Lächerliche zu ziehen. Er wurde darüber von Herrn Bonnet mit der Bemerkung zurecht gewiesen, daß jeder Deputirte, der“ ein solches Amendement mache, dabei nach Pflicht und Gewissen handele, und eben so gute Absich- ten habe, als er (Hr. Josse-Beauvoir), und daß diefer daßer unrecht thue, sih über seine Kollegen lustig zu machen; jeder von ihnen spreche nach seiner Ueberzeugung, wes- halb auch ein Jeder von der Kammer geduldig und theil: nehmend angehört werde. Die Versammlung zollte Hrn. Bonnet Beifall.

digte fih so gut er konnte und die Sache wurde dadurch |

wieder beigelegt. Eine weitläuftige Debatte entspann sich über den Vorschlag des Barons v. Calvieres, daß man diejenigen Renten-Jnhaber, die ihre Renten \chon vor dem Jahre 1793 besessen haben, von der Reduktion des Zinsfußes ansnehme, in so fern sich nämlich diese Renten gegenwärtig noch in der ersten Hand befinden; der Antrag wurde inzwischen ebenfalls, obgleich ihn meh- Deputirten unterstüßten, von der Kammer verworfen ; nicht anders erging es dem Vorschlage des Hrn. Duparc, daß man diejenigen Renten-Jnhaber berücksichtigen möge, die durch die Revolution bereits zwei Drittheile ihres Vermögens eingebüßt haben. i

Der columbische General St. Martin befindet sich seit einigen Tagen zu Havre und erwartet Pässe, um nach England zu gehen, wohin er, dem Vernehmen nach, eine Sendung hat.

Rente 104.

London, 1. Mai. Wir haben auf verschiedenen

Wegen die traurigsten Nachrichten von der Goldküste er F

halten. Eine Armee von 15,000 Ashanties hat ein eng

lishes Korps, was aus mehreren hundert Europäern f* und 4000 Afrikfanern bestand, geschlagen und größtentheils | Der englische Anführer, Sir Char-

zusammengehauen. les Macarthy und 14 seiner Officiere sind mit umgefom- men, oder, was noch shlimmer wäre, in feindliche Hände gerathen. Nur der Lieutenant Ersfkine hat sich retten können. Die Ashanties sind nun in vollem Anmars) gegen die englische Kolonie. Nach denselben Nach- richten ist der berühmte Reisende Belzoni, als er eben im Begriff stand, weiter ins Jnnere pon Afrika vorzu- dringen, zu Benin an der Ruhr gestorben. Dur das Paquetboot der Antillen haben wir Nachrichten aus Maracaibo und Caraccas exhalten, die jedoch nichts neues von Bedeutung enthalten. An Kaffee war solcher Ueberfluß, daß der Preis täglich fiel; der Centner fostete beim Abgang des Bootes 127 Dollars. Consols 967.

Herr Josse - Beauvoir entschul: F

dort

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| Vom Main, 8. Mai. iDer an die Stelle des I arn. von Wangenheim zum Königl. Würtembergschen T cèseags - Gesandten ernannte Staatsrath Baron "von Trott ist am 4. Mai zu Franffurt angekommen. I Der thätigen Fürsorge der Frankfurter Polizei-Be- hórde hat man es zu danken, daß vor einigen Tagen eine Hande Taschendiebe daselbst entdeckt wurde, noch ehe die- P selbe Zeit hatte, das Feld ihrer Jndustrie mit bedeuten- den Erfolgen zu bearbeiten. Es sind davon bereits drei Ÿ gndividuen zur gefänglichen Haft gebracht. Drei An- dere, welche, so weit die Untersuchung bis jeßt reicht, der- selben Absicht verdächtig sind, haben, die ihnen drohende E Gefahr rechtzeitig witternd, sich aus dem Staube ge- macht. Die Jnhaftirten sind Franzosen, und waren n den ersten Gasttafeln der Stadt gesehen worden. | Jn dem, im Obermainkreise des Königreichs Baiern | liegenden Städtchen Pegniß, dessen treuherzige brave "Einwohner durch Festhalten an alte deutsche Treue und Red- "ichfeit, durch Reinheit der Sitten, Mäßigkeit und unermü- I dete Arbeitsamkeit sich auszeichnen, war die Stadtkirche seit P hrer Erbauung (1687) in ihrem Junern sehr herunter- E cfommen, so daß der Wunsch, sie zu verschönern, durch Anregung des Geistlichen in der wahrhaft religieusen Pfarraemeinde entstand. Die Kirche selbst besaß fein Geld dazu, aber durch freiwillige Gaben der Gemeinde und ihres lebtversiorbenen, so wie des gegenwärtigen Pfarrers, wurden 600 Gulden zusammengebracht, womit Inun das Jnnere der Kirche sehr zweckmäßig verbessert "und verschöônert worden isk. Stuttgart. Jn der 25sten Sißung der Kammer der Abgeordneten, am 30sten April, schritt man zuk Berathung des ersten Antrages der Finanz-Kommission,

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N welcher die Aufhebung der Kreisbehörden in dem Depar- |

ment des Jnuern und in dem der Finanzen zum Zweck hat, Dieser Gegenstand veranlaßte mehrjeitige CErôrte- Prungen. Viele Abgeordneten sprachen, mehr oder min- P der ausführlich, die einen für, die anderen gegen den Antrag. Endlich wurde die Frage über den allgemeinen TTheil des Antrages in folgender Stellung zur Absiim- mung gebracht: Soll die Regierung um Aufhebung der bisherigen Einrichtung der Kreisfollegien in den Depar- Ttements des Junern und der Finanzen gebeten werden ? Ourch 53 bejahende gegen 32 verneinende Stimmen "ward die Bitte beschlossen. i Trient, 28. April. Der Winter hat uns verlas- “sen, und schnell war der Wechsel zum lieblihsten Som- mer. Die Landwinde, welche zwei Monate ununterbro- hen herrschten, und ganz Jtalien von den Alpen bis zur "Meerenge von Sicilien geplagt haben, sind verschwun- den, und alles grúnet, während die Spiben der Berge mit tiefem Schnee bedect sind, was in srüheren Fahren um diese Zeit nicht mehr der Fall war. Nachtfröste könn- ten demnach der Vegetation gefährlih werden. Die Ge- treide-Saaten stehen schôn; die Weinreben haben an vie-

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als man es befürchtet; denn mehr als ein Drittheil ist im Allgemeinen der Theil der todten Reben nicht. Schwie- iger nur wird die Lage der hiesigen Weinbauer durch [die immer mehr zunehmende Einfuhr italienischer Weine. Xinen leichten aber nur vorübergehenden Aufschwung er-

Nen Orten sehr gelitten, doch ist das Uebel nicht so groß, |

hielt die Seide, durch die bekannte enalische Finanz-Ove- ration; aber diese allein vermochte eibe Eten Ens, so vortheilhaften Jndustriezweig so zu beleben, wie er es in S Zeiten war.

Rom, 24. April. Am 20sten d. Abends gab d Königl. Sizilianische Botschafter, Marchese di SuBctida, im ‘Pallast Farnese ein prächtiges Fesk, dem viele Kardi- nâle, vier Königl. Prinzen, das diplomatische Korps, die Prâälatur, und der vornehmste hiesige und fremde Adel beiwohnte. Der Markgraf Wilhelm von Baden ist aus S E angefommen. \

St. Petersburg, 24. April. Das hier für di Ober - Direktion der sibirischen Andiln ai uütée dem Präsidium des Hrn. v. Speransky, bestehende Ko- mité, hat jeßt in leßter Justanz seine Untersuchungen über die, bei der im Jahre 1819 von Hrn. v. Speransfky durch alle Theile von Sibirien unternommenen Jnspektions- Reise, als straffällig befundenen und der Kriminal- Justiz übergebenen Beamten, beendigt. «Se. Maj. der Kaiser haben das von diesem Komité gefällte, in sieben Klassen eingetheilte Straf- Urtheil nunmehr bestätigt. Diesem - zufolge unterliegt ein Theil jener Beamten den von den Kriminal -Gerichten über sie zu verhängenden Strafen ; ein anderer Theil ist zu jeder künftigen Dienst:Anstellung sür unwürdig erflärt, ein dritter nur nach Verlauf einer besiimmten Zeit zu Anstellungen wieder zulässig und un- ter strenge Aufsicht der Polizei gestellt. ;

Auf Kosten der Regierung werdén vom nächsten Oftober an zwei Leucht -Thürme auf der im baltischen Meere liegenden -Jnsel Falsand unterhalten werden.

Tüärkei. Der österreichische Beobachter meldet aus M pat H pam 10. April : | s

¡Die mannichfaltigen Kriegsrüstungen, die i leßten Zeit statt gefunden haben, l id air criaRS Ordnung ausgeführt worden. Nicht der kleinste Erxceß ist dabei vorgefallen; die strengste Disciplin wurde, selbst im Augenblick der Einschiffungen, von Land- und See- truppen beobachtet. Es herrscht daher auch allgemeine Zufriedenheit unter den Bewohnern der Hauptstadt.“

„Der Kapudan - Pascha hat am 5ten d. M. von den Ministern der Pforte Abschied genommen, und, nachdem er von dem Großvezier mit den leßten Înstruk- tionen versehen war, sich an Bord seines Admiral- Schiffes von 74 Kanonen begeben. Am 7ten is eine Abtheilung der Flotte, bestehend in 1 Fregatte, 2 Kor- vetten und 2 Goeletten, nah den Dardanellen abgesegelt. ‘/

¡Von den 12,000 Janitscharen , die sih, der Auf- forderung des Sultans gemäß, zum aktiven Dienst hat- ten aufzeichnen lassen, sind vorläufig nur 3000 aufge- nommen worden, theils um die Hauptstadt nicht zu sehr zu entblôßen, theils aus finanziellen Ursachen, indem von dieser Mannschaft Jeder, außer der gewöhnlichen Löhnung, noch 12 Aspers tägliche Zulage erhält. Diese Truppen sind auf 20 im Hafen liegende Transportschiffe vertheilt, und sollen mit dem ersten günstigen Winde unter Segel gehen.‘

¡„¡Ueber die nächste Bestimmung der bisher ausgerü- steten Truppen und Schiffe, wird das strengste Geheim- niß beobachtet. Was darüber im Publikum cirkulirt,. bexuht auf bloßen Vermuthungen. ‘/