1872 / 103 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 May 1872 18:00:01 GMT) scan diff

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Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und S wte agg n L wf a l i Î

Gegeben Berlin, den È: En Wilhelm.

ü v. Bismarck. Gr. v. Roon. Gr. v. Thenpliy. v. Selchow. Ee Gr. zu Eulenburg. Camphausen. Falk.

Ulichtamtliches.

Asien. Der »Leha Caunty Patriot « bringt in einer seiner leiten Nummern . einen Abriß der Geschichte Japans, den wir des allgemeinen Interesses wegen im Nachstehenden wiedergeben : : :

Die Geschichte Japans zerfällt in drei Perioden. Die erste beginnt etwa im 6. Jahrhundert vor Christi Geburt und reicht bis zum ersten Jahrhundert nach derselben. Vor 600 bestand das Reich aus unabhängig neben einander existirenden Staaten. Gegen 600 vereinigte aber der Mikado Jiuma die einzelnen Provinzen zu einem großen Ganzen und \{huf dadurch die ab- solute Monarchie. In der genannten Periode, die bis in das 12. Jahrhundert hineinreichte, brachte der Buddhaismus, be- sonders das buddhistishe Dogma , daß der Herrscher eines Landes die persönlich gewordene Gottheit sei, wesentliche Ber- änderungen in der Regierungsform hervor, der oberste Herrscher wurde geistliches und weltliches Oberhaupt, und end- lich in der 3. Periode wurde dieses dualistische Prinzip in der Weise durchgeführt, daß ein wirkliches Doppel-Kaiserreich, ein geistiges mit dem Mikado und ein weltliches mit dem Teikun an der Spiße entstand. Dieser Teikun war Anfangs nur Minister des Mikados ; da er über alles Materielle verfügen fonnte, so war es natürlich, daß- der Mikado sehr bald zu einem machtlosen Schatten herabsank. Der Teikun regierte von Yeddo aus, während der Mikado seinen geistlichen Hof in Miako, ag ältesten und eigentlichen Hauptstadt, aufge-

lagen hatie. | i |

9 Wahrend all dieser Règierungs8perioden spielten jedoch die sogenannten Daimios, die erblichen Gouverneure der einzelnen Provinzen, die sih troy aller Wandlungen in der Politik eine mehr oder weniger selbständige Stellung bewahrt hatten, die Hauptrolle. Nur in der lehten Zeit hatten die Teikuns angefangen, sich dieser oft unbequemen Mitregenten zu entledi- en, und der Reihe nah wurde cin Daimio nach dem andern, o zu sagen, zur Disposition gestellt. Selbstverständlich ließen sich diese kleinen Machthaber das nicht ruhig gefallen und wandten fich deshalb einer nach dem andern dem Mikado zu und bildeten an dessen Hof den » großen Generalrath von Miako«. Dieser ließ es sich dann angelegen sein, dem Mikado begreiflich zu machen, daß er eine viel zu gedrückte Stellung dem Teikun gegenüber innehabe. Der Generalrath gewann immer mehr an Ansehen und Einfluß und selbst die Teikuns mußten sich auf die Dauer theilweise seinen Bestimmungen fügen. So standen die Sachen in Japan, als die leßte große Revolution eine vollständige Umwälzung aller Verhältnisse herbeiführte. Den Ursprung hatte diese Revolution in den Einflüssen der modernen Civilisation, wodurch si zwei Parteien bildeten, deren eine, als nativistische, von keiner Berührung mit fremden Völkern hören wollte, während die liberale Partei auf alle mögliche Weise einen Anschluß und kommerzielle, sowie industrielle Verbin- dungen mit den fremden Völkern anzubahnen suchte. Der gegenwärtige Mikado, hauptsächlich unterstüßt durch die beiden Daimios Satsuma und Jwakura (dem Hauptführer der jeßt in Amerika weilenden Gesandtschaft) warf fih zum Führer der liberalen Partei auf, welche auch bald so bedeutend wurde, daß der Teikun sich nicht anders helfen konnie, als liberale Qugeständnisse zu machen. E

Aber es war zu spät. Die Daimios wollten von dem Teikun, der ihnen alle Selbständigkeit genommen hatte, nichts mehr wissen und so mußte der Teikun auf die Dauer seine ganzen Machtbefugnisse an den Mikado ab- treten. Obschon dadurh wiederum ein absolutes einheit- liches Kaiserreich hergestellt wurde, war deshalb doch die Revolution noch nicht zu Ende. Die beiden Hauptreformatoren, Satsuma und Jwakura, sahen ein, daß die Kaiserliche Macht doch noch fo uo eine schr problematische sein würde, bis die Daimios aufhörten im Reiche selbst eine mehr oder weniger unabhängige Stellung einzunehmen. Satsuma und Jwakura gingen daher mit gutem Beispiele voran und legten ihre gou- vernementale Macht vollständig in die Hände des Mikado, ver- langten aber, daß auch die übrigen Daimios dasselbe thäten. Dadurch wurde die Revolution noch cine Zeit lang im Gange erhalten, schließlich aber glücklih zu Gunsten des Mikado be- endet. Zu gleicher Zeit gab der Mikado dem Wunsche der liberalen Partei na und verordnete eine vollständige Eman-

ipation des ganzen Volkes, das bis dahin im. ähnlichen Ver- ÿ ltniß zu der an Zahl sehr geringen Klasse der vornehmen

Iapanesen gestanden ‘hatte, wie die früheren Leibeigenen in Curopa. i |

Durch diese leßte Bewegung kam ein ganz neuer Geist über das Kaiserreih und das Bedürfniß, an den Segnungen der übrigen civilisirten Welt Theil zu nehmen, machte sich immer mehr bemerklich. Schon während des leßten Kampfes wurden von beiden Seiten talentvolle junge Japanesen nach Europa und Amerika geschickt, um moderne Kultur und mo- dernes Wissen in sih aufzunehmen und ihre Kenntnisse dann im eigenen Lande selbst zu verwerthen. i

Augenblicklich herrscht ein äußerst reges Leben in Japan. Das alte Kastensystem der Bevölkerung hat ganz aufgehört und auch der Buddha-Kultus hat einen sehr bedenflichen Stoß bekommen. Ein Beispiel hiervon bietet ein leßhthin er- lassenes Dekret, dem zufolge 250,000 Buddhapriester gezwun- gen wurden, ihre Tempel zu verlassen und durch Arbeit sich thren Lebensunterhalt zu verdienen R,

Das Unterrichts-System scheint ein seinen Verhältnissen entsprechendes, vorzügliches zu sein. Jede Gemeinde hat ihren vom Staat besoldeten Lehrer; jedes Kind ist vom achten Lebens- jahre an verpflichtet, die Schule zu besuchen. Zugleich befinden sich Privatanstalten in allen Theilen des Landes und es fehlt ebenso wenig an guten Seminarien für die Heranbildung des Lehrerstandes. A |

Aller ‘öffentliche Unterricht ist frei. Jn den Elementar- \hulen bilden Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion (leßtere in getrennten Schulen je nach dem Nitus des »Buddha» oder des L R A Hauptgegenstände; in den höheren Schulen wird außer Mathematik, Astronomie , Zeichnen, Morallehre, ganz besonders das Studium fremder Sprachen gepflegt, sowie auf technische Kenntnisse Werth gelegt.

Es bestehen Überdies drei oder vier Anstalten, welchen man die Benennung »Universitäten« beilegen könnte. Eine derselben in Yeddo, zählt allein Über 3000 Schüler. Unter den 200 Pro- fessoren befinden sich 5 deutsche. | :

Ebenso wie auf das Unterricht8wesen , wirkte die Revolu- tion fördernd in politisch-socialer und in national-ökonomischer Hinsicht. Der Bergbau bietet hier ein reiches Feld und soll durch Erwerbung fremder Erfahrungen in Schwung gebracht werden. Technische Fabriken, mechanisch wie chemisch, der ver- O Art, werden mit den tüchtigsten Leitungskräfsten errichtet.

Mee Verkehr8mittel werden schnell das Jnnere des Landes erschließen ; bereits sind zwei Eisenbahnlinien in der Ausführung begriffen, deren eine über 400 engl. Meilen lang, die Hafen- stadt Nangasaki mit Yokohama verbinden wird. Desgleichen werden Telegraphenlinien errichtet und Dampfschisse gebaut. Hospitäler und Wohlthätigkeit8anstalten nach europäischem und amerikanischem Muster sind erbaut und eingerichtet ; Zeitungen, tägliche sowie wöchentliche, in englischer und japanischer Sprache, erscheinen in den Hauptstädten; Bücher aller Nationen werden überseßt; kurz, das Jahrtausende alte Kaiserreih hat sich verjüngt und öffnet sich der modernen Kultur.

Den Nachrichten der neuesten chinesischen Ueberlandpost zufolge ist in Nagasaki ein offizielles Dementi in Betreff der angeblichen Christenverfolgungen publizirt worden. Dasselbe führt die Gerüchte von grausamen Christenverfolgungen auf die Thatsache zurück, daß unter einer Anzahl Falschmünzer, die ihres Verbrechens wegen den Tod erleiden mußten, sich einige Christen befanden. j

Dievon Batavia nachSiakzur Unterdrückung der dorti- gen Unruhen abgesandte niederländisheExpedition ist, wie indische Blätter melden, sicgreich und ohne Blut vergossen zu haben, zurückgekehrt. Die Rädels8führer der Unruhen ergaben sih als die Schiffe in Sicht kamen und sind als Gefangene in Ketten weggeführt worden.

Neichstags - Angelegenheiten.

Berlin, 2. Mai. Jn der gestrigen Sag des RNeich8- tags nahm der Staats-Minister Delbxück über den v. Hover- beckschen Antrag, die Abgabe von Salz aufzuheben, nah dem Abg. v. Kardorff das Wort:

Meine Herren! Die verbündeten P werden der Natur

der Sache nach zu einem bestimmten Beschluß über die hier vorlie- gende Frage erst dann in der Lage sein, wenn von Seiten des Reichs- tages ein bestimmter Beschluß gefaßt ist. Sie haben dessenung'achtet mit Rücksicht auf die Wichtigkeit des vorliegenden Antrages und zu- L mit Rücksicht darauf, daß es \ich hi r nicht um eine Frage han- elt, bei welcher eine große Anzahl von Detailpunkten zur Erwägung fommt, weil es sich um eine Frage handelt, die in den Einzelstaaten theils von den Landesregierungen, theils von den Landesvertretungen wiederholt in Erwägung genommen ist, sie haben es aus diesen Gründen, sage ih, für nüßlich gehalten, ihrerseits schon in diesem Stadium der Sache Über diesen Gegenstand in Berathung zu treten, und ich glaube, daß es auch für den Reichstag von Juteresse seiz wird, das Ergebniß dieser Berachung kennen zu lernen.

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Die verbündeten Regierungen sind. durhaus der Meinunqcy daß die Aufhebung der Salzsteuer und zwar die völlige Aufhebung Gegenstand ihrer ernstesten und möglihst zu beschleunigen- den Erwägung wird sein müsscn, sie glaubten aber, nicht den Entwurf, wie er hier vorlicgty zur Annahme pie geeignet halten zu können. Der Entwurf, wie er hier vorliegt, hlägt vor, vom. 1. Januar nächsten Jahres an die bestehende Salzsteuer auf die SUNe Ju ermäßigen. Es läßt fich darüber streiten, in wie weit diese Ermäßigung, wenn sie eintreten würde, einen wirklich fühlbaren Effekt auf den Salzpreis Üben werde. Es sind von den beiden Herren Rednern, die bisher zur Sache gesprochen haben, darüber verschiedene Ansichten gere worden, und ih glaube, diejenige Ansicht, welche eine dem Betrage des Erlasses entsprehende Ermäßigung des Salz- preises nicht für wahrscheinlich hält, für die richtigere halten zu müssen.

ndeß abgesehen von dicser Frage sind die verbündeten Regierungen der Meinung, daß eine Ermäßigung der Salzsteuer auf die Hälfte in der That eine äußerst unvollklommene Maßregel scin wird, unvoll- Tommen deßhalb, weil, so lange überhaupt von Salz noch eine Steuer erhoben wird, nicht nur die allerdings nicht schr erheblichen Verwal- tungs- und Erhebungskosten für diese Steuer zu bezahlen sein werden, sondern, was sehr viel erheblicher ist, alle, die Belästigungen des Ver- kehrs, alle die Uebelstände und Ausgaben, welche mit der Denaturi- rang des Salzes sowohl für gewerbliche Zwecke als für landwirth- schaftliche Zwecke verbunden sind, alle die Hindernisse, welche troß der Erstattung der Steuer für die Ausfuhr, das Bestehen der Steuer gegen cine Entwickelung der Salzausfuhr bildet) weil, sage ich, alle diese Hindernisse unverändert fortdauern, so lange überhaupt eine Salzsteuer erboben wird. Sie würden fortdauern, auch wenn man noch weiter, als auf die Hälfte die Steuer ermäßigte, fie sind überhaupt nur zu beseitigen dur eine völlige Aufhebung der Steuer. Eine völlige Aufhebung der Steuer wird unzweifelhaft einen Theil der Wirkungen haben, welche der Herr Abg. für Sensburg in einem einleitenden Vortrage cntwidelt hat. Die völlige Aufhebung er Steuer is eine ganze Maßregel, die Ermäßigung der Steuer auf die Hälfte is} nicht eine halbe Maßregel, sondern sehr viel weniger.

Es fommt indessen noch ein anderes Moment in Betracht, welches die Annahme dieses Entwurfes nicht als zulässig erscheinen läßt und auf welches ich nachher noch auf ausführlicherer Weise zurüczukommen habe; ih will es hier nur andeuten. Der Herr Abgeordnete für Sensburg hat bei Entwickelung seines Antrags die finanzielle Zulässigkeit desselben dadur motivirt, daß theils die Ueber- \chüsse aus der Verwaltung von 1871, theils die Steigerung der für das Jahr 1873 veranschlagten Einnahmen es zulässig gemacht haben, die Matrifularbeiträge im Gesammibetrage von 7 Millionen niedriger auszubringen, als seither, daß also, wenn jeßt cine Maßregcl cinträte, durch welche die Einnahmen niht um 7 Mil- lionen, sondern nur um 6,200,000 Thaler heruntergeseßt werden, da- durch ein Zustand nur hergestellt werden würde, wie er in Beziehung auf die Matrikularbeiträge in der leßten Zeit bestanden hat, daß also eine Erhöbung der Matrikularbeiträge, Überhaupt cine Einwirkung auf den Neichshaushalt ausgeschlossen sci. Diese Ausführung ist {hon nach der Seite unrichtig und es is} dies ron dem Hrn. Abg. für Oels bereits hervorgehoben worden, als die Ueberschüssedes Jahres 1871, die den wesentlichsten Theil beitragen zu der günstigen Gestaltung des Etats von 1873, nur einem Theil der Bundesstaaten zu Gute kommen, nämlich den Staaten des vormaligen norddeutschen Bundes, dagegen nicht zu Gute kommen den süddeutschen Staaten. Allein noch erheblicher ist das fernere Moment, daß der Herr Abg. für Sensburg doch nicht mit Recht vorausseßt, daß wir jedes Jahr 9 Millionen Ucbershüsse des Vorjahres zu übertragen haben. Wäre das der Fall, könnten wir sicher sein, jedes Jahr aus den Ucberschüssen des zweitvorhergegangenen 5 Millionen in den Haushailts-Etat cinstellen zu könncn, dann würde in dieser Beschrän- fung das finanzielle Gleichgewicht gewahrt scin. Nun glaube ich, wird es aber nicht vicler Ausfübrungen bedürfen, um zu zeigen; daß ein» solchc Jllusion, daß wir Jahr aus Jahr ein 5 Millionen Uceber- \hüsse aus der Verwaltung des vorleßten Jahres im Etat übernch- men werden, geradezu auf gar nichts beruht, 5

Ich wende mich nun zu dem Hauptpunkte selbs nämlich zu der Aufhebung der gesammten, Salzsteuer. Die verbündeten Regie» rungen sind, wie ih die Ehre hatte zu bemerken, ernsthaft der Meinung, diescs Ziel baldmöglichst anzustreben, aber sie sind der Ucberzeugung, daß dieses Ziel nur angestrebt werden kann, indem für den Wegfall der Einnahme aus der Salzsteuer gleichzeitig dem Reiche andere Einnahmen zugeführt werden.

Meine: Herren! Bei dex Regulirung des Etats für das laufende Jahr, die im vorigen Jahre hier vorgenommen wurd, war ein lei- tender Gesichtspunkt, welcher, wie ih glaube, im Reichstage keinen Widerspruch gefunden hat, einen Theil der dem Reiche aus der Kriegs- Tontribution zugeflossenen Summen- zu dem Zwecke zu verwenden, um den Reichshaushalt unabhängiger von- dem Haushalt der cin- ba Bundesstaaten zu machen. Es sind zu diesem Zweke - sehr

edeutende Summen verwendet, um die von den einzelnen Bundes- staaten bisher vorgeiMoltnen Zoll- und Steuerkredite abzubürden. Es sind schr bedeutende Summen verwendet, um die eisernen Vor- \{chüsse für die Militärverwaltung der cinzelnen Bundesstaaten; welche ie bisher privativ geleistet haben, zu erstatten. Der Gedanke, der iesen Maßregeln zu Grunde lag, die Unabbängigkeit der cigenen Finanzwwirthschaft des Reichs, dieser Gedanke führte in nothwendiger Konsequenz dabin, eine Maßregel nicht zu ergreifen, welcde nichts Anderes sein würde, als die Finanzwirthscbaft des Reiches in sehr viel stärkerem Maße, als bisher, abbängig von der Finanzwirtb\schaft der cinzelnen Bundesstaaten zu machen, mit anderen Worten, welche dahin führen würde, die Matrilularbeiträge weit über ihren bis herigen Bestand hinaufzutreiben. Eine solche Erhöhung der Mattrifkularbeiträge würde aber auch. in sich nah zwei

Seiten hin entscheidenden Bedenken begegnen. Die eine Seite hat der e Abgeordnete für Oels hervorgehoben, es ist die wohlberechtigte Rücksicht auf diejenigen Staaten von gcringerer Be- vôlferungy deren Bevölkerung in Bezichung auf den Wohlstand unter dem Durchschnittsniveau des Reiches im Ganzen steht; und solcher Staaten haben wir mehr wie einen. Es is die Rücksicht auf diese Staaten, welche es verbietet, mit den Matrifularbeiträgen immer weiter und weiter hinaufzugehen und dadurch diese Staaten, welchen der größte Theil der indirekten Besteuerung durch die Reichsverfassung entzogen ist, dazu: zu zwingen, die direkte Besteuerung, welche bei ihnen schon jeßt drückend empfunden wird, in noch weit drückenderer cise zu erhöhen. :

Die zweite Rücksicht ist eine allgemeine, es ist die, daß cs für die ganze Stellung des Reiches in sich von der allerentscheidensten Bedeu- tung ist, Über eigene Einnahmen verfügen zu können. Der Herr Ab-

cordnete für Sensburg hat hervorgehoben, daß er in scinem Antrage -

ie Tendenz verfolge, die einigenden Momente hervorzuheben und nicht die trennenden. Jch glaube, meine Herren, daß es gerade das Gegentheil is, daß man die trennenden Momente Ee und nicht die einigenden , wenn man das Reich eigener Einnahmen be- raubt und dafür auf die Matrikularbeiträge zurügreift.

Die verbündeten Regierungen sind also der Ansicht; daß die Auf- hebung der Salzsteuer nur stattfinden könne gegen den Ersaß durch cigene Steuern, die dem Reiche als solchem zustehen. Sie werden es begreiflich finden, daß ich Jhnen hier und heute nicht einen Finanz- plan entwick-eln werde und kann ¡ wie dieser Ersaÿ dur eigene Ein- nahmen des Reiches gal werden soll. Es können verschiedene Kombinationen , es können verschiedene Steuerobjekte in Frage kom- men; ih nehme indessen keinen Anstand, zu erwähnen, daß unter den- jenigen Obiekften , die sich im ersten Augenblick darbieten , allerdings der Tabak gehört / und ‘ch sage dies nur deshalb , weil der Herr Abgeordnete für Oels, der denselben Saß plaidirt hat, sich als einen Anhänger des Tabakmonopols bekannt yat nicht im Wege des od ted sondern im Wege einer Aenderung der jeßt bestehenden

esteuerung.

Es kann ferner in Betracht kommen und is ebenso ein Objekt- welches von dem Herrn Abgeordneten für Oels genannt is der Stem-

el. Es sind da verschiedene Kombinationen denkbar, es sind verschie- ene Objekte denkbar, an welche die Stempelabgabe angeknüpft wer* den kann. Es fann dabei das Bier in Frage kommen j obgleich hier anzuerkennen ist, daß in Beziehung auf dieses Objekt die Besonderheit obwaltet; daß es eben nur in Beziehung auf die Staaten des vormali- gen Norddeutschen Bundes zur Besteuerung gezogen werden kann. ad will hiermit nur einige allgemcine Andeutungen gegeben haben. Ich O daß der Bundesrath aus dem zu erwartenden: Ergebniß der

erathung des Gegenstandes im Hause Veranlassung nehmen wird, sehr bald im Wege kommissarische: Berathung, bei welcher von vorn- herein die betheiligten Bundesstaaten vertreten sein werden, sich mit der Frage eines Ersaßves der Salzsteuer zu beschäftigen, und daß er in der Lage sein wird, dem nächstjährigen Reichstage darüber eine Vor- lage machen zu können.

Nach dem Abg. Günther ergriff der Reichskanzler Für von Bi8marck das Wort: N M E

Der Kerr Präsident des Bundeskanzler-Amtes hat den finanziellen und technischen Theil der Frage, wie ih glaube, ershöpft, und den politischen, um den cs sih für mich heut allein handelt, berührt. Jch halte es aber doch für meine Pflicht; auch persönlich in dieser Sache ein Zeugniß über meine Stellung abzulegen; indem meine Stellung persönlich, als Reichskanzler, eine ganz eigenthümliche ist. Jch bin der Einzige, dem die Verfassung cine Verantwortlichkeit auferlegt für die Ausführung der Geseße und der Verfassung. Jch komme also in die Lage, ein -Geseß, welches Se. Majestät der Kaiser vollzieht, kontrasigniren zu müssen, und ich muß dann in einem solchen Falle mi fragen; ob ich nah: meiner Verantwortlichkeit für den L ine und die Fort- entwickelung des Reiches in der Lage bin, eine solche Kontrasignatur zu leisten. Diese Erwägung veranlaßt mich doch Über meine Stel- lung zu diesem und zu ähnlichen Anträgen prinzipiell einen Zweifel nicht zu lassen. Jch gebe schr gern zu, daß die Salzsteuer eine von: denen ist, deren Abschaffung primo loco wünschenswerth bleibt. Ob sie: allein in diesem Vordergrunde für die Abschaf- fung steht, is cine andere Frage, die die Herren Finanz- Minister für sich entscheiden mögen; für die Stellung ves Reichs- kanzlers is vor allen Dingen die Erwägung eine entscheidende, ob die bet ss Lage des Reichs verbessert oder verschlehtert wird, und ob

ie Verantwortung, die ihm dafür ausfliegt, ihn stark genug drückt; um unter Umständen einer Beseitigung einer Reichsfeuer aus poli- tischen Gründen zu widersprechen. Jch halte die eigenen Einnahmen des Reiches für in so hohem Grade wichtig, daß ih nicht glaube, daß: ein seiner Verantwortung sich bewußter und von dem richtigen Interesse für den Bestand und die Fortentwicklung des Reiches beseelter Kanzler jemals seine Zustimmung da- zu geben wird, daß die eigenen Einnahmen des Reiches ohne hinlänglichen Ersaß vermindert werden. Die Anweisung auf andere Steuern ist problematisch, dic Anweisung auf Matrikular- Beiträge kann ih nicht annehmen. Wenn von Seiten solcher Elemente, die ich als centrifugale bezeichnen möchte, die Hinweisung auf die Ma- trikular-Beiträge bercitwillig entgegengenommen wird, als Ersaß für die cigene Neich8fteuer, so kann ih mir das schr leicht erklären, indem aus’ einem Reiche, welches nur auf Matrikular - Beiträge begründet wäre, in Fällen, die ih nicht voraussehen und nicht erleben mag, die Preizügigfeit außerordentlih erleichtert wird. Man würde eine Sachen beim Auszuge schr bald mitnehmen können. Das große Bindcmittel einer starken gemeinsamen Finanzeinrihtung, eines gemeinsamen Finanzsystems fehlt einem Reiche, welches nur auf Matrikülarbeiträge begründet ist. Daß die Matrikularbeiträge

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