1872 / 122 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 May 1872 18:00:01 GMT) scan diff

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F. 12. Wird nah Entrichtung der im §. 1 vorgeschriebenen Ab- gabe die Urkunde über das der Auflassungserklärung zum Grunde eaende Veräußerungsgeschäft gerihtlich aufgenommen, oder der von dem Finanz - Minister bestimmten Steuerstelle behufs Versteuerung binnen 14 Tagen nah der Errichtung der Urkunde vorgelegt; so ist auf den zu dieser Urkunde erforderlihen Werthstempel der für die Auflassungserklärung erlegle Stempelbetrag auf Verlangen anzurechnen. In gleicher Weise kann die Anrechnung des nach §F§. 3 und 9 erhobenen Abgabenbetragcs auf den Werth-

empel zu der Urkunde über das dem Eintragungs- beziehungsweise Datum Safitrage zum Grunde liegende Geschäft (F. 11) verlangt werden. a E

Ausgeschlossen von der Anrechnung bleibt Terjenige Stempel- betrag, welcher zu dem EintragungLantrage beziehungsweise dem Löschungs8antrage erforderlich gewesen sein würde, wenn dieselben nicht dem Werthstempel unterlegen hätten (Fixstempel)

F. 13. Jm Auslande ausgestellte, bei einem inländischen Grund- buchamte angebrachte Anträge sind den in den D 8 und 9 bestimm- ten Werthstempelabgaben ebenfalls nach Vorschrift dieses Gescbes unterworfen. : ; i

& 14. Die Grundbuchämter sind verpflichtet, auf die Befolgung der Stempelgeseße in Betreff der bei ihnen vorkommenden Urkunden

u halten und alle bei ihrer Amtsverwaltung zu ihrer Kenntniß kommen- u Zuwiderhandlungen gegen die Stempelgeseßbe von Amtswegen Behufs Einleitung des Strafverfahrens zur Anzeige zu bringen.

In Betreff der nach diesem Geseße zu verstcuernden Gegenstände haben die Grundbuchämter außerdem die Nachbringung, beziehungs- weise Einzichung des etwa fehlenden Stempelbetrages zu veranlassen

F. 15. Wegen der verwirkten Stempelstraje und in allen übrigen Beziehungen kommen die Bestimmungen der Gesebe über den Urkun- denstempel auch bei den nach Vorschrift dieses Gesebes zu versteuern- den Gegenständen zur Anwendung. : y

g. 16. Dieses Geseß tritt gleichzeitig mit dem Geseße über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belaslung der Grundstücke, Berg- werke und selbständigen Gerechtigkeiten vom 5. Mai 1872 in Kraft.

Der Finanz - Minister ist mit der Ausführung dieses Gejcbes beauftragt. A i

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei- le ald i n Pie Insiege: f S

egeben Berlin, den 5. Mai 1872. j 8) Wilhelm. Fürst v. Bismark. Gr. v. Roon. Gr. v. Jhenpliß. v. Selchow. Gr. zu Eulenburg. Leonhardt. Camphausen. Falk.

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| Îtichtamtliches. E Großbritannien und Jrland. London, 24. Mai,

Ihre Majestät die Königin Victoria vollendete heute ihr

53. Lebensjahr. Der Geburtstag der Königin wird am 1. Juni offiziell gefeiert werden. i

Der deutsche Botschafter Graf Bernstorff ist nebst Familie von einem Besuche des Earls von Abergavenny auf Schloß Eridge heute nah der Hauptstadt zurückgekehrt.

25. Mai. Jhre Majestät die Königin wird am Dienstag auf Balmoral einem. geheimen Rathe präsidiren.

Die Prinzessin Christian von Schle8wig-Hol- eo (Prinzessin Helene von Großbritannien und Jrland), ritte Tochter ‘der Königin, vollendete heute ihr 26. Lebensjahr.

Frankreich, Paris, 25. Mai. Der Präsident Thiers war heute in Paris und stattete dem Grafcn v. Arnim einen Besuch ab. | i :

Der König Ferdinand von Portugal ist am 23. d. M. in Bordeaux gelandet. : ;

Versailles, 25. Mai. Jn der gestrigen Sißung der Nationalversammlung begann sofort die Diskussion über den Gesezentwurf betreffs des Staatsraths. Die drei ersten Artikel besagen in ihrer neuen Redaktion 1) daß der Staats- rath aus 22 ordentlichen und 15 außerordentlichen Mitgliedern bestehen wird, 2) daß die Minister bei den allgemeinen ißun- gen als Staatsräthe Theil nehmen und beschließende Stimme haben und 3) daß die ordentlichen Staatsräthe von der Kam- mer in öffentliher Sizung gewählt und alle drei Jahre Um drn Theil exneuext werden. Die beiden ersten Artikel wurden durch Sißenbleiben und Aufstehen an- genommen; beim dritten Artikel, die Ernennung der Staats- räthe betreffend, fand öffentliche Abstimmung statt. Der Ar- tikel 3 wurde mit 420 gegen 271 Stimmen angenommen. Die Redaktion des Artikels 3 is eigentlih nicht geändert worden, die Hauptkonzession, welche man Herrn Thiers machte, bestcht darin, daß die Zahl der ordentlichen Staatsräthe , welche die Kammer wählt, vermindert und die der außerordentlichen Staatsräthe, welche die Regierung ernennt, vermehrt wurde. Die übrigen Artikel wurden fast ohne Diskussion, und \shließ- Uch das ganze Geseß angenommen. | i

Die Nationalversammlung hat heut die vom Finanz- Minister Goulard eingebrachte Geseßvorlage , durch welche die Stempelsteuer auf fremde Werthpapiere modifizirt wird, an- genommen. Nach derselben wird die Steuer für Appoints

von 1 bis 500 Francs auf 75 Centimes , für Appoints von 500 bis 1000 Francs auf 1 Franc 50 Centimes festgeseßt. Für jedes folgende Tausend oder den Bruchtheil eines solchen tritt eine Steuererhöhung von 1 Franc 5 Centimes ein.

Spanien. Madrid, 26. Mai. Das neue Ministerium hat sich definitiv konstituirt und zwar übernimmt Topete als Minister-Präsident zuglei Marine und Krieg, Ulloa Aus- wärtiges, Groizard Justiz, Elduayen Finanzen, Balner öffent- liche Arbeiten, Ayala Kolonien, Candau Inneres. Die Ver- eidigung der Minister erfolgt heute.

__— Aus San Sebastian wird vom gestrigen Abend ge- meldet, daß Marschall Serrano an diesem Tage die Unter- werfung aller Jnsurgenten der Provinz Biscaya annahm und daß E ihre Waffen ausgeliefert haben. Nur die Bande unter Carasa N sich noch in der Provinz Navarra ; dieselbe ist aber durch die Truppen des Generals Moriones umstellt.

Die »Times8« enthält folgende Mittheilung: Eine Bande von 3950 Carlisten wurde in der Provinz Gerona mit einem Verlust von 4 Todten, 20 Verwundeten und 3 Gefangenen in die Flucht geschlagen. Eine Truppe von 150 Carlisten ist nach Frankreich übergetreten.

Îtalien. Rom, 23. Mai. Der Senat hat mit 48 Stimmen gegen 32 das Geseßprojekt für die Errichtung eines einzigen Kassationshofes bestätigt.

Die Kammer ist mit dex Diskussion des Budgets des Ministeriums des Jnnern beschäftigt. Das provisorische Budget der Einnahmen und Ausgaben. für das Jahr 1873 ift vertheilt worden. Die ordentlichen Einnahmen sind veranschlagt auf 1,275/,195,129 Frc8., die außerordentlichen auf 200,038,866 Fres,, Gesammt-Einnahme 1,475,233,995 Fres. Die ordentlichen Aus- gaben betragen 1,207,995,811 Frcs., die außerordentlichen 156,569,831 Frc8. , Gesammtsumme 1,364,565,642 Frecs. Die Einnahmen übersteigen die Ausgaben um 110,668,352 Fres.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 25. Mai. Die St, PeterSburger Zeitung veröffentlicht das Ceremoniel für die am 30, Mai (11. Juni) stattfindende Feier des 200 jäh- rigen Geburtstages des Kaisers Peter des Großen.

Der Gencral Sherman is mit Herrn Friedr. Grant vorgestern hier eingetroffen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 22. Mai. Die Herzogin von Ostgothland ist gestern nach Ems abgereist. Dieselbe wird bei ihrer Rückkehr ihren ältesten Sohn, den Herzog von Wermland, mitbringen, welcher, nachdem er im vorigen Herbst in Amsterdam von seiner Hüftenkrankheit wieder hergestellt worden ist, sich scitdem bei der Schwester sciner Mutter in Bonn aufgehalten hat. :

Der jeßige bevollmächtigte Minister der französischen Republik in Rio de Janeiro, Graf de Gobineau, ist am 14. d. Mts. zu gleicher Würde in Stockholm ernannt.

Dánemark, Kopenhagen, 25, Mai. Der d ist heute Vormittag unter Kanonendonner, den Klängen de Nationalliedes und Hurrahrufen der zahlreichen Volksmenge auf der ZJollbude gelandet.

Amerika. Washington, 26. Mai. Der Senat ge- nehmigte die Ratifikation des Qufazartikels zum Washingtoner Vertrage , betreffend die Zurückziehung der indirekten Schaden- ersaß-Ansprüche unter der Bedingung, daß weder Großbri- tannicn noch Amerika in Zukunft für indirekte Schäden, welche in entsprechender Weise entstanden sind, verantwortlich gemacht werden können. Die Annahme erfolgte mit 42 gegen 9 Stim- men. 21 Senatoren waren abwesend oder hatten fich der Ab- stimmung enthalten. Die Ratifikation dürfte morgen, sobald die Antwort aus Großbritannien eingetroffen, erfolgen.

Nach einem der Hamburger »Börsenhalle« zugegan- genen Telegramm aus Havanna vom 25. d. war daselbst aus Vera-Cruz die Nachricht cingegangen , daß General Rocha aïn 6. d. Mazatlan genommen hat.

Neichstags - Angelegenheiten.

Berlin, 27. Mai. Jn der Sizung des Reich8tages am 29. d. M. nahm zu D 7 und 23 des Gesehentwurfs, -den Rechnung8hof betresfend, der Staats-Minister Delbrück bei Beginn der Diskussion das Wort:

Meine Herren! Wenn ih mich zunächst zu dem §. 7 wende, so habe ich zuerst jeßt von dem Herrn Referenten die Enistehungsgeschichte des in dem Vorschlage der Kommission bezeichneten Termins gehört. Als ih den Vorschlag in die Hand nahm und darin die Bestimmung fand, daß die auf den Geschäft8gang bezüglichen Vorschriften spätestens am 1. Juli nächsten a erlassen werden sollen, so drängte sih mir unwillkürlich die Frage auf: Was geschieht dann, wenn sie

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bis dahin nit erlassen sind? Besteht dann kein Geschäftsgang mehr bei dem Rechnungshofe, oder welcher ist es? Wird nicht durch diesen Termin die Möglichkeit geschaffen, daß eine Stockung der Geschäfte eintritt? Jh habe “mir sodann die Frage vor- elegt: Wie ist man darauf gekommen? QJweifelt man aran, daß nicht der Bundesrath auch das Bedürfniß empfinde, für die nach einem neuen Geseße operirende Behörde ein Geschäfts- regulativ zu erlassen, ein Geschästsregulativ, dessen Erlaß er ja selbst in dem von ihm? vorgesc;lagenen Geseße vorgeschen hat; also da man doh , wenn ein solcher Geseßesvorschlag gemacht wird , zu der Ver- muthung berechtigt ist, er sci ernsthaft gemacht und er werde wirklich ausgeführt werden, wie kommt man zu dem Termin? T habe nun eben von dem Herrn Referenten gehört, daß dieser Termin einem Standpunkt angehört; der später in der Kommission selbst überwun- den worden ist. Jch meinerscits würde ja im Sinne gegen den Ter- min nichts haben, weil ich es allerdings für selbstverständlich ansche, daß bis dahin das Geschäftsregulativ erlassen ist; aber ich möchte, wirklich mehr im Interesse der gesebgeberischen Aecsthetik doch vor- anen! auf diesen Termin hier zu verzichten, weil er für die unbe- angene Auffassung wirklich etwas {wer erklärliches hat.

Ich möchte alsdann noch eine Bemerkung in Bezichung auf den §. 7 mir erlauben, die noh viel mehr ästhetischer Natur ist, nämlich die, daß ih der Meinung bin, daß die Eingangsworte doch nicht ganz korrekt sind. Die Vorlage der verbündeten Regierungen sagt: »Der Geschäftsgang wird durch ein Negulativ geregelt«. Eben einen Ge- e regelt man. Der Kommissionsbeschluß sagt: »Die Vor- riften über den Geschäftsgang werden geregelt«. Nun is mir eigentlich nicht ret deutlich, wie man Vorschriften regelt, wenn man nicht etwa den Gedanken hat, zu sagen: tnan will Bestimmungen erlassen, die allgemeine Grundsäße enthalten, wie Vorschriften erlassen werden sollen, was doch hier offenbar nicht die Absicht ist. J möchte hiernah dem Hause empfehlen, die Regierungsvorlage, welche ja, abgeschen von dem Termin, materiell identisch ist mit den Vor- \chlägen der Kommission, diesen Vorschlägen vorzuziehen.

Ich tomme dann auf den §. 23, wie er von der Kommission vorgeschlagen is. Dies is ein ser wichtiger Paragraph. Bei der ersten Berathung des vorliegenden Geseßes habe ih mir erlaubt dar- auf hinzuweisen , daß bei der Vorlage ; die diesem Hause über den Rechnungshof L wird , in Bezichung auf die Aufrechthaltung bestehender Vorschriften ein anderer Weg eingeschlagen werden müßte, als er in dem in Preußen ergangenen Gesete Ober - Rechnungskammer eingeschlagen worden is. Der Grund davon liegt darin, daß alle die Vorschriften, welche für den Recbnungshof des Deutschen Reiches gelten, immer nur für die Revision der Rechnungen eines bestimmten Jahres in Geltung ge- seßt sind; werden sie für die Revision der Rechnungen des folgenden Jahres nicht ausdrücklich in Geltung erhalten oder wieder in Gelrung geseßt, so würden für die Revision der Nechnungen dieses folgenden Jahres Vorschristen fehlen. Jn Preußen war die Lage umgekchrt ; die Vorschriften, nach welchen die preußische Ober-Rechnungskammer U verfahren hat, sind an feine Zeitdauer gebunden, und es genügte eshalb in dem preußischen Gesche die cinfache Klauscl, die man ja an den Schluß vieler Geseße seßt: »Die durch dieses Geseß nicht ge- änderten Bescimmungen bleiben bestehen.« Hier mußte man eine andere Fassung wählen; es war nothwendig, ausdrücklich zu sagen, daß diejenigen Bestimmungen, nah welchen der Rechnungshof bisher verfahren ist , soweit sie nicht durch das gegenwärtige Geseß ab- cäándert werden, oder soweit sie sih nicht blos auf die Geschäftslei- ung bezichen und künftig dur die Instruktion über die Geschäfts- leitung abgeändert werden, daß die in Zukunft gelten sollen.

Zu diesen Vorschriften gehört in erster Linie und ganz über- wiegend die Instruktion für die Ober-Rechenkammer vom Jahre 1824. Soweit es sich also darum handclt, die fernere Geltung diefer Jnstruk- tion für den Rechnungshof festzustellen, ist Jhre Kommission mit den verbündeten Regierungen einverstanden; der Unterschied liegt nur in einer, aber allerdings in ihren Konsequenzen sehr wesentlichen Form. Der Kommissionsvorschlag spricht ausdrülich aus , daß die Jnstruk- tion für tie Ober-Rechenkammer Geseßeskraft erk'alten solle, soweit nicht Vorbehalte bestchen, Aus díeser Bestimmung würden , wenn sie angenommen würde , sehr weittragende Folgen sih ergeben, rück- ichtlich des vorhergehenden Paragraphen der Vorlage. Die verbün- eten Regierungen haben Jhnen vorgeschlagen y daß die Vemerkungen des Rechnungshofes , welche nah §. 19 dem Bundesrathe und dem Reichstage vorzulegen find, unter anderen sich auch darauf bezichen sollen, ob und in wie weit von den Bestimmungen der auf die Reich8einnahmen und Reichsausgaben, oder auf die Erwerbung, Be- nußung und Veräußerung von Reichseigenthum bezüglichen Gescbe Abweichungen stattgefunden haben. Jch glaube, daß man genöthigt sein würde, die Jnstrufktion für die Ober-Rechenkammer, wenn sie Gescpeskraft erhält, zu den Geseben zu zählen; welche si auf die Reichscinnahmen oder Reich8ausgaben bezichen, und hiervon würde die Konsequenz sein, daß in die Bemerkungen der Ober-Rechenkammer Überhaupt alles dasjenige aufzunchmen sei, was sie auf Grund der preußischen Ober - Rechenkammer- Instruktion überhaupt monirt hat. Es würde also damit dasjenige vollständig erschöpft, was Thre Kommission durch den Zusaß zu der Vor- chrift des §. 19 hat ausdrücken wollen. Jch kann nur an dieser Stelle der Diskussion über §. 19, der hier nicht zur Frage sicht; niht wohl vor- reifen, ih werde bei Diskussion dieses Paragraphen in der Lage sein, den ven Ihrer Kommission vorgeschlagenen Zusaß zu bekämpfen, und weil dieser Zusaß zusammenfällt mit der hier vorgeschlagenen Quali- fikation der Instruktion für die Ober-Rechenkammer, muß ih auch diese ausdrückliche geseßlicheQualifikation bestreiten. Jch bitte aber, das nicht miß- uverstehen: ih muß Bedenken haben gegen diese geseßliche Qualifikation er Ober-Rechenkammer-Jnstruktion wegen des Zusammenhanges mit

über die

§. 19.

…_Im Uebrigen kann ih zwar die Bedenken allerdings nicht unter- drüdcken, die theils daraus entstchen; daß ih nicht im Stande bin, mit solcher Ueberzeugung, wie es Jhrer Kommission gelungen ist, zu sagen: Alles , worauf es anfommt , steht in der Instruktion. Die Materie ist für mich eine viel zu s{wierige, zu verwickelte, und nicht blos hier im Augenblick, sondern auch seitdem mir die Anträge vorliegen, eine vollständige Sicherheit darüber gewonnen zu haben, daß sie Alles in ih begreist. Jch kann ferner das zweite Bedenken nicht verschweigen, die Beilegung der Geseßeskraft an eine Verordnung ; welche nun weiler beschränkt wird dadur, daß gesagt wird: so weit die Bestimmungen der Verfassung, die bestehenden Neichsgescze insbesondere, dem gegenwärtigen Gescß nicht widersprechen, ihre bedenkliche Seite hat, weil, wenn man zusammenhbält eine im Jahre 1824 unter der absoluten Monarchie erlassene Instruktion mit der unter vollständig anderen Verhältnisscn ergangenen und aus voll- ständig anderen Prämissen hervorgegangenen Reichsverfassung und Reichägeseßgebung, daß man da vielleiht in mehreren Fällen, als Einem lieb ist in erhebliche Zweifel darüber geräth, ob nun eine bestimmte Vorschrift der Verfassung und der Reichs8geseßgebung dem vorliegenden Gesch entspricht oder niht. Indessen würde ih auf diese Bedenken , so erheblich sie sind, das entscheidente Gewicht nicht legen, denn ich bin darüber allerdings nicht zweifel- haft, daß die Instruktion für die Ober - Rechnungskammecry auch wenn sie einfach nach Mafigabe der Vorschläge der ver- bündeten Regierungen in ihrer Wirksamkcit ohne eine nähere Quali- fikation ihrer formellen Bedeutung aufreht erhalten würde, daf sage ich, diese Instruftion nit abgeändert werden wird. Diese In- struflion enthält auch nah Erlaß des vorliegenden Gescßes dänn immer noch ein wichtiges Stück Etatsrecht, und ih würde es nicht für zulässig halten, hierin einseitig ctwas zu ändern. Tch würde auch bei der im Neiche bestehenden Verfassung zweifelhaff darüber sein, wer das Organ wäre, welches diese Abänderung vorzunchmen hätte. Insoweit also fomme ich mit dem Gedanken der Kommission zu- sammen, aber gegen die Form, gegen diese ausdrückliche Qualifikation mit Gesebesfraft muß ih in Hinblick auf den F. 19 mich verwahren.

Gegen den zweiten in dem Vorschlage ausgedrückten Sat, der, wie ih anerkenne, in dankenswerther Weise eine Lücke ausfüllt, die in der Vorlage der verbündeten Regierungen enthalten war; habe ich meinerscits nichts zu erinnern.

Nach dem Abgeordneten Richter ergriff der Staats-Minister Delbrück noch einmal das Wort:

Meine Herren! Wenn ih zunächst ein Paar Worte über den 9.7 sagen soll, so bin _ich nun eigentlich ers über die Bedeutung des Termins durch den Herrn Abgeordneten für Rudolstadt aufgeklärt worden. Er bezweifelt ja auch nicht, daß der Bundesrath ein leben- diges Intercsse daran bat, daß dieses Regulativ möglichst bald ergehe, er fürchtet aber, daß der Präsident des Rechnungshofes, weil seine U N wie sie jeßt bestehen, in diesem Regulativ ges{mälert werden jollen, mit der Aufstellung des Entwurfes zögern werde und will dem Reichskanzler durch diese Terminsbestimmung den nöthigen Nachdruck geben, um für Einreichung des Entwurfes zu sorgen. Ach glaube wirklich, daß der Reichstag sich versichert halten kann, daß auch ohne eine jolche Terminbestiimmung das Reichskanzleramt in der Lage sein wird, einen Entwurf zu bekommen.

Was nun den §. 23 angcht, so hat der Herr Abgeordnete für Meiningen die Ansicht ausgesprochen, daß eine plößliche Reue über mich getommecen sei; ih hätte früher den §. 22 der Tun roaage genau so verstanden, wie jeßt die Kommission ihn deutlih im §. 23 ausdrückt, und ih hätte mir nachher überlegt, daß ih da in Konflikt fâme mit F. 19 und hätte nun plöplih meine Ansicht geändert. Jch möchte doh den Herrn Abgeordneten für Meiningen bitten, sich zu vergegenwärtigen, was ih bei der ersten Lesung des vorliegenden Entwurfs gesagt habe. Das was ich bei der ersten Lesung des vor- liegenden Entwurfs gesagt habe, ist genau dasselbe; was ich heute wiederholt habe, und genau dasselbe, was der Herr Abgeordnete für Meppen als scine ursprüngliche Auffassung des §. 22 bezeichnet hat, nämlich einfach das, daß, wie in vielen Geseßen geschicht, und nicht blos în dem vorliegenden, die Gesammtheit aller über eine Materie vorhandenen Bestimmungen aufrecht erhalten wer- den, in dem Sinne und mit der Wirkung und mit dem rechtlihen Charakter, in dem sie vorhanden sind. Wenn in der Kommission cine andere Auffassung geäußert worden ist so muß ih daran erinnern , daß es sowohl für mich und noch mehr für den Bundesrath, der ja bei allen diesen Bestimmungen genau dasselbe Wort zu sprechen hat wie ein cinzelnes Mitglied, ganz un- möglih ish ‘eine Jnstruftion im voraus zu erlassen, die sich auf, Fragen bezieht, welche innerhalb der Kommission auftreten; es kann ja eine Ansicht geäußert werden, die mit derjenigen des Bundesrathes nicht übereinstimmt. Jh glaube aber und es \sißen so zahlreiche von meinen Herren Kollegen hier um mich ih glaube mih auf Aller Zeugniß berufen zu, können, daß bei den Berathungen des Bundes8- raths über §. 22 der Regierungsvorlage derselbe im Bundesrathe nicht anders verstanden is} ; als !ch bei der ersten Lesung bezeichnet habe und jeßt wiederholt bezeichne, nämlich als Aufrechthaltung der bestehenden Bestimmung ohne Aenderung ihres rechtlichen Charakters.

Wenn ich nun hiervon ausgehe, so fomme ich nochmals auf die Sache selbst. Da hat der Herr Abgeordnete für Rudolstadt mich dar- auf aufmerksam gemacht, daß ih mit dieser Auffassung îm Wider- spruch stände mit der bestehenden Praxis und mit der Erklärung, die der preußische Herr Finanz-Minister bei ter analogen Diskussion im preußischen Abgeordnetenhause gegeben hat. Jch bin nicht der Ansicht.

ch habe durchaus nicht gesagt, daß es keine Bestimmungen in der Jn- ruftion für die Ober-Rechnungskammer gäbe, welche die Grundlage von Bemerkungen zu bilden haben, die dem Reichstage , beziehungs- weise in Preußen dem preußischen Landtage vorzulegen snd

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