1872 / 123 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 May 1872 18:00:01 GMT) scan diff

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1 Thlr. 10 Sgr. erhoben würde, nicht aber, wie heute wieder bean- tragt wird, daß der Zucker auf 1 Thaler herabgeseßt würde. Das S ih dem Herrn Abgeordneten für Deutsch-Crone gegenüber be- merken.

ch möchte dann noch ein paar Worte gegenüber den Aeußerungen des dpa Abg. Dr. Loewe und gegenüber seinem Antrag gleich hier beizufügen mir erlauben. ; ; /

Es ist ganz richtig, daß die Regierung in ihrem Entwurfe die Nr. 7 des §. 1 nicht aufgenommen gehabt hat. Es ist diese Nr. 7 erst ins Geseß hineingekommen bei der zweiten Lesung im Reichstage, aber ih habe damals s{chon die Ehre gchabt, Jhnen mit- utheilen und näher darzulegen, daß diescs Amendement von Seiten der Regierung für eine sehr große Verbesserung und namentlich für sehr gut geeignet due Herbeiführung einer Geschäftsvereinfahung erachtet wurde, und ih kann heute hinzufügen, daß ih die Be- denken, welche der Herr Abg. | feiner Weise zu theilen vermag Die Bedenken gehen, wenn ich richtig verstanden babe, hauptsächlich darauf hinaus, daß in Folge der Annahme der Nr. 7 die untern Steuerbeamten überall, wo sie in eine Brauerei kommen, wie Gespenster die Malz- surrogate schen und nun überall darauf fahnden. Es ist dabei gleich- zeitig vom Herrn Abgeordneten bemerkt worden, daß es eine Reihe von anderen Surrogaten Jus die lediglich auf den Geschmack des Bieres wirken, ohne irgendwie Alkoholgehalt zu haben. Jch glaube, alle solche Surrogate treffen unter Nr. 7 gar nicht zu. Es heißt hier ausdrüdlich von allen andern Malzsurrogaten. Unter Malzsurro- gaten versteht man unbedingt nur solche, aus welchen dieselben Zucker- und Alkoholstoffe entwickelt werden können wie aus dem Getreide- malz: Wir würden sonst auch Hopfen und dergleichen darunter zu. verstehen haben, der auch ins Bier hinein- fommt, wenn nicht unter »Malzsurrogat« ein ganz be- stimmter technischer Begriff zu versichen wäre, der die Be- fürhtungen des Benn Abgeordneten Dr. Löwe ausschließt. Ferner verstehe ih auch die Ermächtigung, welche hierin liegt, nur so, und sie wird ih glaube, ih fann es im Namen des Bundesrathes erklären, auch Seitens des Leßteren nur so verstanden werden, kaß derglcichen andere Malzsurrogate in dic Reihe des Tarifs unbedingt nur auf Grund einer vorherigen genauen technischen Erörterung und auf Grund cines Erlasses des Bundesrathes aufgenommen werden. Der untere Beamte kennt also ganz genau die bestimmten Malz- surrogate, welche unter Nr. 7 Überhaupt nur subsummirt werden können. Die andern, über die er keine Were Anwwoeisung erhält, existiren für îhn nach dicser Fassung nicht. Jch: habe \ch{chon neulich gesags und will auf das Beispiel noch einmal zurückommen, inzwischen, seit dem Bekanntwerden dieses Geseßentwurfes), die Fabrikanten sih in der Weise glaubten helfen zu können , daß sie mit irgend einem solchen Surrogate, dem die strikte Bedeutung einer der Nr. 3—6 abgeht; irgend eine neue Mischung machen und diese nun als eine solche hinstellen, die niht unter das Gescß fällt. Es, ist in dieser Beziehung speziell von mir das Saccharin genannt worden. Tch habe seit der zweiten Lesung- noch von vielen Seiten her Proben und e über das Saccharin erhalten, die meistens Überein- stimmend annehmen, es sei das Saccharin nichts als völlig fryftall-

hell gereinigtes Glycerin. Gleichzeitig wird aber von Brauern und von Fabrikanten von Glycerin angeführt, man sei darauf, Glycerin zu verwenden, dadurch gekommen daß schon vor einigen Jahren von Gelehrten in der gewöhnlichen Mischung des Getreidemalzes, in der Würze des Bieres, Glycerin entdeck worden sei, und um nun diesem Naturprozes zu Hülfe zu kommen, sei ja nichts besser, als das Glycerin e Weiteres in das Bier besonders hineinzumischen. Bei alledem bleiben diese Leute dabei, das Saccharin, d. h. gereinigtes Glycerin bewähre \sich ganz vorzüglich

als wirklihes Malzsurrogat, indem man bei einem Gebräu von 7 Cent- ner Malz, 2 Centner dur die Hälfte Saccharin erseßen kann. Das hat man also behauptet. Meine Herren! Wir würden nun auf Grund der Ermächtigung, die Sie uns gegeben haben, ctwa so vorgehen, daß wir dies gesammte Material über diesen neuen Stoff, das Saccharin, einer höheren tehnishen Behörde zur Prüfung hingeben und uns ein Gutachten darüber geben lassen, und wenn sich dabei findet, daß Saccharin nichts als ein wirkliches Surrogat ist in dem Sinne, in welchem ih das vorhin erläutert habe, es alsdann be- steuern, und zwar lediglih auf Grund der Nummer 7. Nehmen Sie uns diese Ermächtigung, so würden wir selbstredend damit zu warten haben, bis der Reichstag wieder zusammenkommt und wir « würden Jhnen das ganze Material aufs Neue vortragen müssen, Ob die Sache hierzu wichtig genug ist, ob Sie glauben, daß allzu leicht verfahren wird, wenn Sie uns in dicser Bezichung Jhre allgemeine Genehmigung geben, das muß ih Ihnen, meine Herren, Überlassen, zu beschließen.

In dem zweiten Alinea des §. 44, welches lautet : L den Herzogthümern Sachsen - Meiningen und Sachsen - Coburg- otha, so wie in dem Fürstenthum Reuß ä. L. darf jedoch von dem Centner Malzschrot derjenige Vetrag, um welchen die dort zur Zeit geseßlih bestchende Brausteuer vom Malzschrot den Saß von 20 Sgr. pro Centner übersteigt, zunächst bis zum 1. Januar 1876 für E Ee Rechnung der genannten Bundesstaaten forterhoben werden. beantragte der Abg. Braun (Gera), die gesperrt gedruckten Worte ju streichen. Dem Antragsteller entgegnete derselbe

Bundesftommissar :

Meine Herren! Gestatten Sie mir, das Interesse von Reuß älterer Linie gegenüber dem Herrn Abgeordneten von Reuß jüngerer Linie wahrzunehmen. Die finanzielle Seite der Sache ist doch wohl unter den grade obwaltenden Verhältnissen nicht so gering, wie der

Herr Abgeordnete für Reuß jüngerer Linie meint. Es beträgk in

Dr. ‘Loewe daran fnüpsft, in

Reuß älterer Linie die Einkommensteuer 1 Thlr. pro Kopf, die Grund- steuer 20 Sgr. pro Kopf. Die Einnahme hat von 160,000 Thlr. auf 140,000 Thlr. E werden müssen, aus direkten Steuern sind etwa 80,000 Thlr. au Pen und es würde eine Erhöhung der Steuern um etwa 25 pCt. ohnehin jeßt erforderlich sein. Unter \o ungünstigen Verhältnissen kann auch der Topf überlaufen;, wenn nur ein. paar Tropsen hineinkommen, und ich möchte Sie also bitten, das Land nicht anders zu stellen , als die beiden andern Bundesländer, von, denen hier die Rede ist, sondern eben in Rücksicht auf die gleichen Rechtsverhältnisse die drei Staaten in Bezug auf die temporäre Auf- Rg der Staatszuschläge zur Brausteuer auch gleich zu be» jandeln.

Zu der von dem Abg. Dernburg eingebrachten Re- solution : Den Reichskanzler aufzufordern, wegen Errichtung einer ständigen Reichssteuerbehörde behufs Sicherstellung gleihförmiger Ausführung der Bestimmungen des Gescbes, die Erhebung der Brausteuer be- treffend, dem Reichstag demnächst Vorlage zu machen.

bemerkte der Staatsminister Del brü ck:

Meine Herren! Jm Reichstage sind wiederholt Verfassungs- änderungen durch Anträge oder Resolutionen in Anregung gebracht worden, cine so_fundamentale Verfassungsänderung aber, wie in die- ser Resolution steckt, hat meines Erinnerns den Reichstag weder des Norddeutschen Bundes, noch des Deutschen Reiches, beschäftigt. Ob es auch vom Standpunkte des Herrn Antragstellers richtig ‘ist, eine so fundamentale Aenderung anzuknüpfen an eine vergleihungsweise untergeordnete Veranlassung, will ich dahin gestellt scin lassen. Das, was er anführt y gilt mit gleichem Rechte auch von unendlich viel wichtigeren Einnahmen, als den Einnahmen von der Biersteuer. Die gesammte Zollverwaltung und Zollerbebung beruht auf Geseßen , die vollständig so übereinstimmend sind für das ganze Neich wie dieses Geseß übereinstimmend ist für einen Theil d:8 Reichs.

Die Beldgebung über die Rübenzuckersicuer beruht genau auf den- selben allgemeinen eseßen für das ganze Reich, wie die Gescbgebung über die Zolle. Dasselbe gilt von der Salzsteuer, und weun in Bezug auf die Branntweinsteuer, so weit ihre Erträge gemeinschaftlich sind, die absolute formelle Jdentität der Gesebgebung allerdings nicht vor- handen is, so ist es eben nur die formelle Identität, die fehlt, denn die materielle Jdentität ist, so weit eben die Steuergemeinschaft geht, au vorhanden. Die Resolution istalso in der That logisch und verständig, gar nicht anders aufzufassen als dahin, daß die Bestimmungen in dem sechsten Abschnitt der Reichsverfassung dahin geändert werden sollen, daß die Verwaltung der in diesem Abschnitt bezeichneten Abgaben, soweit sie dem Reiche gemeinschaftlih sind, in oberster D Reichs wegen erfolgen, daß sie stehen soll unter einer obersten Verwaltungs- behörde des Reiches. Jh glaube in der That nicht; daß hier ber Schluß der Berathung über die Brausteuer der richtige Ort ist, cine so um- fassende Frage nach allen Seiten hin zu erörtern. Aber ih habe eben die große Tragweite hier nur andeuten wollen und ih will mi meinerseits darauf beschränken, die Frage zu erwägen , ob gerade in der Besonderheit des hier beschlossenen Gesebes oder der durch dieses Geseß eingeführten Steuer ein Anlaß liegt y diese Steuer anders zu behandeln, wie die anderen gemeinschaftlihen Steuern; denn formell gen ja die Resolution dahin , daß sie anders behandelt werden soll.

tese O glaube ich nun entschieden verneinen zu müssen. as vorliegende Steuergeseß hat, wie eine An- ahl anderer Steuergeseße, auch den wenn man s o nennen will Mangel, man kann es ebenso gut bezeichnen als Vorzug der Gestaltung des Gewe:bes folgen zu wollen» nicht absolute Regeln aufzustellen in dem Sinne, daß eine Ausnahme ar nicht zulässig wäre. Das Geseß nimmt Rücksicht auf die be- Dr enben Dinge. Wenn der Herr Antragsteller hieraus gerade ein

Motiv hergeleitet hat zu der von ihm gewünschten Einrichtung se |

möchte ih zunächst daran erinnern, daß nach dem §. 43 der Kom- missionsbeschlüsse es is §. 39 der Vorlage der verbündeten Regic- rungen der Bundesrath mit dem Erlasse der zur Ausführung des Gesebes erforderlichen Bestimmungen beauftragt i. Es ergiebt si hieraus \{chon, daß es nicht richtig ist, daß die obersten Verwaltungen der einzelnen Staaten nah ihrem Belieben die Vorschriften des Ge- \sebes- durch allgemeine Regulative in Anwendung zu seßen hätten. Diese Befugniß zum Erlasse der allgemeinen Regulative is dem Bundesrathe vorbehalten und diese allgemeinen Regulative werden allerdings der Art sein, um auch auf die Punkte, die das Geschß o fakultativ behandelt, näher bestimmend einzugehen.

feblt also in der That durchaus nicht an einer Vorschrift, welche in Bezug auf die allgemeinen Anordnungen die Uebereinstimmung sichert. Nun is} anzuerkennen, daß damit, daß übereinstimmende Vorschriften erlassen werden, noch nit der übereinstimmende Vollzug dieser Vor- riften garantirt ist. Jn dieser Beziehung aber reichen nach allen bisher f Erfahrungen und diese Erfahrungen sich nichi von gestern/ ondern sie {reiben sich aus einer langen Reihe von Jahren her in dieser Beziehung reichen nah den gemachten Erfahrungen diejen! gen Organe aus, welche nach der Reichsverfassung vorgesehen sind um die gleichförmige Ausführung der Zoll- und Steuergeseße zu über- wachen; es sind dies die sogenannten Vereinsbevollmächtigten und die Stations - Controleure. Ich möchte den Reichstag bitten , die Wirksamkeit dieser Beamten niht zu untershäßen. Es wel den in ein bestimmtes Land ih will bei dem Heimathlande- des Herrn Antragstellers stehen bleiben: nach dem Großherzogthum Hessen zu diesem Zwecke natürlich nicht hessische Beamte abgeord- net; sondern Beamte aus andern deutschen Staaten, Beamte, welche in diesen andern deutschen Staaten genau kennen gelernt haben die Art und Weise, wie man in diesen Staaten die" bezüglichen Gescße ausführt, dic also nicht von vornherein identifizirt sind mit der Art

und Weise, wie sie gerade in Hessen obwaltet, sondern im Gegentheil F

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die Rusfsaïüng mitbringen, welche in Beziehung auf die Aus- führung der Geseße in den andern Staaten herrscht. Die Stations- Kontroleure, die den einzelnen Hauptämtern beigeordnet sind und die in Beziehung auf die Ausübung der Kontrole die weit- gehendsten Befugnisse haben, sie dürfen selbst direkt nicht einschreiten, aben aber alle Befugnisse, um si selbs die Ueberzeugung zU ver- chaffen, wie die Gesehe gehandhabt werden; diese Beamten stehen be- zirkêweise unter den sogenannten Vereins - Bevollmächtigten; höheren Zollbeamten, welche ebenfalls in cin bestimmtes Land entsendet wer- den aus anderen Ländern. Diesen Beamten haben die Stations- fontroleure ihre Wahrnehmungen mitzutheilen, und diese Beamten sind ebenso * berechtigt, wie verpflichtet, erstens wenn \ich aus den Wahrnehmungen ihrer untergeordneten Organe oder aus ihren eigenen Wahrnehmungen Mängel ergeben, dieselben bei den Behörden des Staates, in dem sie fungiren, zur Sprache zu bringen und dann, wenn den Mängeln nicht abgeholfen wird, sind sie ebenso berechtigt wie verpflichte, die Mängel beim Bundesrath zur Sprache zu bringen. Es geschieht die, wie ich konstatiren kann, durchaus nicht selten, sondern im Gegentheil sebr häufig, und diefe Berichte der Vercinsbevollmächtigten unterliegen imBundesrath der vollen Prüfung, welche die Sache erfordert, und haben schon in zahlreichen Fällen Neranlassung gegeben, nicht nur einzelne Uebelstände in bestimmten

Ländern abzustellen; sondern allgemeine regulaticmäßige Anordnungen

zu treffen. Jh glaube also, daß der gegenwärtige Zustand in Be- ziclung auf die Biersteuer die volle Garantie gewährt, daß das hier gleichmäßig beschlossene Geseß auch in soweit gleichmäßg gehandhabt werden wird, als das bei menschlichen Dingen überhaupt mögli) ist. Also mit Rücksicht darauf, daß es sich hier um eine &rage handelt, die in- Beziehung auf die Biersteuer allein nicht zu entscheiden is, und zweitens es sich um eine Frage handelt, welche, wenn man sie für die Biersteuer allein entscheiden wollte, genügend geregelt ist, aus diesen Gründen bitte ih Sie, den Antrag abzulehnen.

In der darauf folgenden Berathung des Etats der Marineverwaltung für 1873 nahm nach dem Abg. Miquél das Wort der Chef der Admiralität, Staats-Minisier von Stosch:

Es i} der Denkschrift der Vorwurf gemacht worden der Unklar- heit; das veranlaßt mi, zunächst im Namen der Regierungen hier u sprechen. Die Denkschrift wurde gefordert als eine einfache Aus- Sbrurig des Flottengründungsplans im vorigen Jahre; ich selbt wurde im vorigen pn aus Frankreich zurückgerufen, um das Marine- Ministerium zu übernehmen. Jm Monat Februar bereits mußte die Denkschrift bearbeitet werden, damit sie im März vor elegt werden konnte ; fie ist im Monat Februar gemacht und {loß fsich daher einfah an die Bestimmungen des Flottengründungsplans an; es war meine Aufgabe keinenfalls, meine Ansicht in iese Denkschrift hineinzu- bringen, das wagte ih nicht, dazu fehlten mir die Kenntnisse, sie fehlen mir heute noch, um mi positiv auszusprechen : ich will die deutsche Kriegsmarine so und so entwickeln. Ich kann nur sagen, daß ich das Vergangene mit warmer Liebe angefaßt habe und auf Grund der Vergangenheit vorwärts gebaut habe und daß deswegen die Denkschrift eben nihts als das Vergangene enthält. Meine eigene Ansicht zu der Sade will ih aber dahin geben, daß ih als Soldat; G sein den Hauptaccent der deutschen Macht auf die Landarmee lege und daß ih nicht: glaube, daß wir berufen sind, mit unserer Armee große Seeschlachten zu s{chlagen und mit Pen jentgen Staaten zu konkurriren, die bis jeßt große Flotten entwickelt haben; ih glaube nicht daß wir im Stande find, uns auf dem Meere mit Frank» reich Uu England, den beiden einzigen Staaten; - die dabei in Betracht kommen können, zu messen. Jch glaube, daß es unsere Aufgabe allein ist, eine Vertheidigung der Küsten in der Art zu führen, daß die Meere, die an unsere Küsten grenzen, frei bleiben, daß wir uns deshalb nicht beschränken auf Stromsperren Und Torpecdos, sondern

daß wir in den Häfen solche Flotten zur Disposition haben, mit denen wir Ausfälle machen und die Schwächen des Feindes benupven können. Wir brauchen deshalb an der Nordsee eben solche Schiffe, wie diese

größere Marinen an unsere Küsten führen können; um unsere’ Küsten zu blokiren; wir brauchen eine größere Ausfallsflotte von Panzerschiffen an der Nordsee, wir brauchen außerdem an der Ostsee solche Schiffe, wie der dort uns ‘entgegentretende Feind uns vor- führen fann, das sind flahgehende Panzerschiffe mit großer Artil- leriemacht und ordentlichem Panzer aber den dortigen Küsten ent- prechend. Ih glaube deswegen, daß der Flottengründungsplan, er diesen Standpunkt nicht hat, sondern nur eine sogenannte Schlachtenflotte im Auge hat, außerdem zwanzig . Korvetten, nach der andern Richtung hin einer Ausdehnung oder Variation be- darf. Darin also, daß Über die volle Ausführung der Zukunft în der Denkschrift noch Nichts gesagt ist darin könnte eine Unsicherheit sein; welche Schiffe zu bauen sind, weiß ih eben noch nicht. Die Russen haben gewisse Modelle gegeben ; das sind Sachen der Zukunft. Die Resolution , welche hier unter den Anträgen vorliegt und welche also den Flottengründungsplan gewissermaßen beschränkt oder vorweg bestimmen will, hat meiner Anjicht na wenig Bedeutung; und es kommt nicht darauf an, ob Sie in dem Schlußpassus die fünf Panzerschiffe fortnchmen oder ob sie fehlen; denn die finanziellen Mittel sind unmöglich dazu bereit, um in den nächsten Jahren ctwas anderes zu thun, als das, was eben angefangen ist. Ob der

usaÿ über die fünf Panzerschiffe dort stcht, oder nicht die Mittel nd nicht vorhanden; ncue Schiffe in Angriff zu- nehmen. Tch be- finde mich also mit den im Hohen Hause ausgesprochenen Ansichten dem vorhandenen Flottengründungsplane gegenüber Und bei meiner Unkenntniß in der Marine selbst, in der Lage daß ich sagen kann, ih habe noch cin bis zwei Jahre Zeit, che überhaupt von dem Ncu- bau irgend eines Schiffes, von ciner weiteren Entwickelung in der Richtung des alten Flottcngründungsplanes® j oder cines neuen, die

Rede sein kann. Jch glaube also, daß ich den Heeren den Vorschlag machen kann, die Resolution ohne den Schlußpassus anzunehmen und (H Engu gens in ein bis zwei Jahren von der Regierung zu fordern, daß fie sih ausspriht, ob eine Aenderung des Flotten- gründungsplanes nomen h oder nicht.

Was nun die übrigen Be ürfnisse einer Flotte anbetrifft, von denen die Rede ist, von denen ih dis jeßt nur die Vertheidigung der Küsten berührt habe, in ihrem offensiven Elemente die Mc- nitors und Torpedos sind ja ein nothwendig defensives Element \o fehlt uns noch das Zweite, das ist der Schuß unseres Handels, zu dessen Bedürfniß die Korvetten im Flottengründungsplane vor- geschen sind. In der Beziehung ist geschehen, was der Flottengründungs- plan angedeutet hat und es wird weiter gebaut. JTch glaube, daß wir in der Richtung allen Bedürfnissen der Güte und Schnelligkeit solcher Srhiffe voll entsprechen.

__ Vir haben nämlich in der allerneuesten Zeit noch die Satisfak- tion gehabt, daß eine auswärtige Regierung fich an uns gewandt vi nah einem Modell eines unserer leßtcn Schiffe; da sich dassclbe o außerdrdentlihh in den verschiedenen fremdcn Häfen bewährt und gezeigt hat. Es fehlt uns nur noch an fleineren Schiffen, die der Herr Abgeordenete Harkort fordert, zur Vertheidigung unserer Schiffe in den ostasiatishen Gewässern gegen Seeräub. r.

t A bedarf es weniger snellsegelnder; als flader Schiffc, die in die einzelnen tleinen Häfen eindringen können, und in der Rich- tung hin is eine dritte Art von Schiffen, die wir bauen und die langsam in Gang kommen.

Ich glaube also den Herren cinfach empfehlen zu können, dies- mal “den Etat der Marine, wie er vorliegt, in den Details anzu- nehmen und über die Zukunft der Marine im nächsten oder in zwei Jahren volle Entscheidung zu treffen.

_— Die in Karlsruhe erscheinende konservative Zeitung »Süddeutsche Reichspost« veröffentlicht in einer Extrabeilage zu Nr. 121 vom 26. Mai folgendes Programm der kon- servativen Partei des Reichstags:

Wir sind dur die Gesinnungsgenossen im Reichstage ermächtigt, folgendes Programm zu veröffentlichen:

»1) Im Hinblick auf die immer tiefer greifenden Tagesfragen; die, ungelöst und falsch behandelt, Staat, Kirche und Gesellschaft zu erschüttern drohen, hält sich die konservative Ae des Reichstags für verpflichtet , die Grundsäße klar zu legen, nah denen sie wie bis- her, so in Zufunft im neuen Deutschen Reiche Stellung genommen hat, resp. nehmen will.

Uls politische Partei im Deutschen Reiche hat sie deutsche Jn- teressen zu vertreten, und erkennt es als Nothwendigkcit an, die Gen Bestrebungen in allen deutschen Staaten in sich zu ver- einigen.

Dieselbe wird nur dann gedeihlih zu wirken vermögen, wenn sie es als ihre Hauptaufgabe erkennt und wenn es ihr gelingt, auf einer festbestimmten Grundlage mit der Regierung zu stechen und mit ihr Hand in Hand in gegenseitigem Vertrauen zu handeln.

Auf der andern Seite kann aber auch die Regierung des Rück- halts einer fonservativen Partei um so weniger entbehren, als die- selbe für gewöhnlich nicht ohne, und gegen die Majorität des Reichs- tages zu regieren vermag und ihr, in Ermangelung ciner festen Basis der staatlichen Entwickelung, die zur Sicherheit ihrer Zukunft noth- wendige Stätigkeit fehlen würde. :

Diese Basis muß aber eben eine feste, d. h. eine solche sein, auf welche die Regierung sich verlassen und mit der fie in! den bewegen- den ragen der Zeit nit Zuversicht und Vertrauen rechnen kann.

l Dte konservative Partei ist ihrem politischen Grundgedanken nach die monarchisch-nationale Partci. /

Als solche sieht sie in einer starken Kaiserlichen Gewalt und in der weiteren staatlichen Ausbildung und Ausstattung des das Deutsche Fürstenthum, sowie den Staatsgedanken e O Reiches reprä- sentirenden- Bundesrathes die Bürgschaft für die Einheit des Reichs und die gedeihlihe Fortentwickelung und Selbstständigkcit seiner Glic- der. Demgemäß wird se den Bestrebungen entgegentreten, welche einerseits auf die Herrschaft parlamentarischer Mazjoritäten binzielen, und welcke andererseits, im Gegensaß zu der eigenartigen Entwie- lung der einzelnen deutschen Länder und Stämmece, das Reich zum Einheitsstaat zu verkümmern trachten.

Mehr als irgendwo anders is für das Deutsche Reich der monarchische Gedanke identish mit dem nationalen / und es ist des- halb cine tiefe Unwahrheit, wenn die Gegner des nationalen Ge- dankens sich als Vorkämpfer des monarchischen zu geberden versuchen und umgekehrt.

Gleichmäßig sind alle Tendenzen zu bekämpfen, welche die monarcchishe Einigung Deutschlands wieder zu zerreißen , oder der Staatsgewalt auswärtige kirchliche Mächte zu koordiniren oder zu substituiren gedenken. al

3) Die aus diesen Grundgedanken sich ergebende Stellung den hervorragenden politischen Fragen gegenüber is folgende:

Die Selbständigkeit des Reiches auf finanziellem Gebiete fordert cine so vollständige Ausstattung des Reich8haushalts durch Reichs- steuern, daß derselbe von den direkten ZQuschüssen der Einzelstaaten möglich| unabhängig wird. Es ist eine Forderung gerechter Steuer- vertheilung, an Stelle derjenigen Steuer-Auflagen, welche einscitig einzelne Klassen der Bevölkerun belasten; Objekte zur Besteuerung heranzuzichen, die für die indirekte Besteuexung als Genußmittel, oder in idrer Bewegung im Verkehrsleben si besonders eignen.

4) Nicht minder hängt die Behandlung der sozialen Vrage mit der Stärkung der monarchischen Gewalt und mit der nationalen Ent- wickelung Deutschlands ammen nicht allein weil die Löfung nur im großen Maßstabe und durch ‘den starken Arm einer den sozialen