1897 / 265 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Nov 1897 18:00:01 GMT) scan diff

R E E E E E

Die Nr. 11 der „Amtlichen Nachrichten des Rei chs- Versicherungsamts“ vom 1. November 1897 enthält aus dem Gebiete der Unfallversiherung: a. Revidierte Unfallverhütungsvorschriften der Ziegelei-Berufs- genossenschaft, b. Besondere Unfallverhütungsvo1schriften für die unterirdischen Grubenbetriebe der Ziegelei - Berufs-

*genossenschafi, c. Besondere Unfallverhütungsvorschriften für

Torfgräbereien der Ziegelei - Berufsgenossenschaft, denen die erbetene Genehmigung ertheilt worden ift.

erner sind folgende Rekurs-Entscheidungen, Be-

weile und Beschlüsse veröffentlicht:

Die Frage, ob die gemäß der Jnternationalen Reblaus- Konvention vom 3. November 1881 (Reichs - Gesepblatt 1882 Seite 125) vom Staat auf cigene Rechnung und mit eigenen Arbeitern in fremden Betrieben ausgeführten Reblaus- VernichtungS8arbeiten versiherungsrehtlich demjenigen landwirthschaftlihen Betriebe zuzurehnen sind, in (iden n sie vorgenommen werden, ist verneint worden. _ Das Ausnehmen der Hühnereier aus den Nestern ist für einen Landwirth eine auf Gewinnung der landwirth- schaftlihen Erzeugnisse gerichtete Verrichtung und deshalb als landwirthschaftlihe Betriebsthätigkeit anzusehen. Da- gegen ist der Unfall der Mutter eines kleinen land- wirthschaftlichen Unternehmers, die verunglückt war, als sie gelegenilich einmal Eier aus den Hühnernestern zur Zubereitung ciner Speise für ihre erkrankte Tochter holen wollie, nit als landwirthschaftlicher Betriebsunfall an- gesehen worden, weil ihr Gang, auf dem sie verunglüdte, nach seiner unstreitigen Zweckbestimmung lediglich im Jnteresse der Hauswirthschaft, wern nicht der Krankenpflege, unter- nommen war und nicht anders beurtheilt werden konnte, als wenn cine Hausfrau zum Krämer oder in ihre Vorraths3- kammer geht, um dort Eier zu holen. (1652)

Das Abschlagen und Sammeln wilder Kastanien, die zur Fütterung von Jagèwild dienen sollten, ist nit als landwirthschaftliche Betriebsthätigkeit angesehen worden, da die Gewinnung der Kastanien nicht im planmäßigen land- oder forstwirthschafilihen Betriebe erfolgte. (1653.)

Der Unfall eines lantwirthschaftlihen Knechts, als er seinen Diecnsißerrn mit dem Wagen von einer auf dem Nachbargut stattfindenden Treibjagd abholte, ist nicht als landwirtbscchaftliher Betriebsunfall angesehen worden, weil er bei der Fah1t lediglich die pe:isönlihen Dienste des Gesindes leistete, die den Schuß der Unfallversicherung nicht genicßen. (1654.) j

Ein Unfall, der sih bei dem Wecken des landwirth- shaftlihen Personals ereignet hatte, ist als Betriebs- unfall angesehen worden. (1655.)

Der Unfall einer landwirthschaftlih versicherten Häusler- frau, den sie Morgens beim Verlassen der Schlaf- kammer R Hinfallen Über éine Treéppéenstufe erlitten haite, ist nicht als Betriebéunfall angesehen worden, da der Gang, auf dem der Unfall sih ereignete, und der für die Verleßte den Beginn und die Vorausscßzurg jeglicher wirthschaftliher Thätigkeit an jenem Tage bildete, nicht schon deéhaib der Landwirthschaft zugercchnet wcrden konnte, weil die Verleßie im weiteren Anschluß daran außer der Bereitung des Frühjücks für den Ehemann, der Wegewärter war, auch Vichfutter zuzurichten beabsichtigt hatte. (1656)

Der Unfall einer Häuslerin, den sie beim V ersegzen ihrer Fensicr mit Moos erlitten hat, ist ols landwirth- schaftlicher Betriebsunfall anerkannt worden, da es sich um einen eten kleinbauerliczen Betrieb handelte, in dem die ganze Lebenszhaltung dcr Urternehmerin eng und untrennbar mit der Landwirthschaft verknüpft war, und ihre Verrichtungen, soweit sie nicht lediglich persönlichen Zwecken dienten, dem land- wirthschaftlihen Betriebe im Sinne des landwirthschaft- lichen Unfallversiherungsgeseßes noch zugerechnet werden müsscn. Das Versezen der Fenster mit WVèoos konnte umsoweniger hiervon au8genommen werden, als es sich immer- hin den „laufenden Reparaturen und sonstigen Bauarbeiten“ im Sinne des 8 1 Absaß 4 des Bau-Unfallversicherungsgeseßes begrifflih nähert, und ferner bei dem engen Zusammenhang der Wohn- und der Wirthschaftsräume auch diesen leßteren, insbesondere dem Ziegenstall, durh das Zusammenhalten der Wärme im Hause unmittelbar zum Vortheil gereichte, (1657.)

Der Unfall eines Landwirths bei dem Retten der zum Wirthschaftsbetriebe erforderlihen Futter- vorräthe aus der brennenden Scheune cines ihm nicht benachbarten Besißers ist nicht als landwirthshaftliher Be- irieb8unfall angesehen worden. (1658).

Die Entschädigungsansprüche eincs Landwirths, der nah Ausübung seiner Thätigkeit als Vertrauensmann einer land- wirthschaftlichen Berufsgenossenschaft in seiner weiteren Eigen- schaft ais Viehtaxator cines landwirthschaftlichen Viehver- fiherungsvercins cine Fahrt zu ciner Abshäßung unternahm und dabei verunglückte, sind zurückgewiesen worden, da die Stellung des Klägers zu diesem Verein cin versicherungs- pflichtiges Arbeits- oder Dicnstverhältniß zu ihm ausfhloß. (1659.)

Die Entschädigungsansprüche cines Landwirths, der neben der Landwirthschast Viehhandel betreibt, und der auf einer Fahrt verunglückt war, die er unternommen hatte, um in cinem aus dem Verkaufe ciner Kuh zwischen ihm und dem Käufer erwachsenen Rechtsftreite der kceiëthierärzilichen Unter- suchung dieser Kuh beizuwohncn, sind zurückgewiesen worden, weil, wenn auch die Verwerthung der landwirthschaftlichen Erzeugnisse dem Betriebe der Landwirthschaft zuzurehn:n sci, doch die Betriebsthätigkeit mit der erfolgten Verwerthung, dem Absaz der Erzeugnisse ihren natürlichen Abschluß finde; was sich im Anschluß daran weiter vollziche, namertlih die Beitreibung des Kaufpreises, die Durchführung von Pro- zessen über den Gegenstand der Verwerthung u. \. w., ge- sehe lediglich im vermögensrehtlihen, eigenwirth- \chaftlihen Interesse und habe deshalb mit dem Betriebe der Landwirthschaft weiter nichts zu thun.

Ebenso sind die Ansprüche eines in fremden landwirth- \heftlihen Betrieben beschäftigten Arbeiters zurückgewiesen worden, der einen Unfall erlitten hatte, als cr einen Stuhl bestieg, um aus einem an der Wand in der Höhe angebrachten Behälter seine Quittungskarie zu entnehmen, die er um Zweck einer Revision durch den Kontrolbeamten der Ver- E herzngsanfialt zum Bürgermeister bringen wollte, da die Herbeischaffung der Karte niht mehr als eine Thätigkeit im landwir1hschaftzihen Betricbe aufzufassen war. (1660.)

*) Die neben den einzelnen Reku18- und Revisions - Ent- sheidungen, Bescheiden und Beschlüssen stehenden eingeklammerten Zahlen geben die Ziffer an, unter der diese in den „Amtlichen Nach- richten“ veröffentliht sind.

Ein im landwirthschaftlichen Betriebe seines Vaters selbst- ständig thätiger Bauerfohn ist als Arbeiter, und nicht als Betriebsbeamter angesehen worden, da seine Thätigkeit in E die Leistungen eines gewöhnlichen Arbeiters erseßte.

_ Ebenso ist ein bäuerliher Großknecht nicht als Be- triebsbeamter angesehen worden, da er nur erster Arbeiter war und eine gewisse Vertrauensstelle einnahm; für den Be- griff des Betriebsbeamten aber wesentlich is, daß gegenüber er Betheiligung an der Betriebsleitung und der Ausübung einer gewissen Julie die eigentlihe Arbeitsthätigkeit der- a And tritt, daß sie sih auf ein geringfügiges, wenn auhch vielleiht regelmäßiges Handanlegen beschränkt.

Mit ähnlicher Begründung ist auch ein Hofmeier und

Maschinist an einer in einer Stärkefabrik verwandten Dampsmaschine nur als Arbeiter, niht aber als Betriebs- beamter angesehen worden. (1661.) __ Das Abfahren gefällten Holzes aus der Forst ist, auch wenn es für einen anderen als den Forstbesiger er- folgt, als forfiwirtbshaftlihe Thätigkeit nah Maßgabe des landwirthschaftlihenUnfallversiherungsgeseßes versichert, solange bis entweder bei der Abfuhr die Waldesgrenze oder ein öffent- licher oder ein für Lastfuhrwerk praktikabler Privatweg erreicht ist, von welhem dann die Weiterbeförderung ohne die eigen- thümlihen Gefahren der Forstwirthshaft erfolgen kann. Selbständige Unternehmer, die ihre wirthshaftlihe und soziale Stellung über den Arbeiterstand erheben, sind jedo, selbst wenn sie bei der Verrichtung solher an sih der Forst- wirthschaft zuzurechnenden Arbeiten thätig sind, nicht als im Betriebe des forstwirthshaftlihen Unternehmers beschäftigte Arbeiter anzuseten. (1662.)

Die Bestimmung im Schlußsage des § 6 Absaß 5 des landwirthschaftlihen Unfallversiherungsgeseßes (,„Uebersteigt der Jahresarbeitsverdienst für den Arbeitstag, das Jahr zu dreihundert Arbeitstagen gerechnet, vier Mark, so ist der über- schicßende Betrag nur mit einem Drittel anzurechnen“) bezieht sich auf den durch die höhere Verwaltungsbehörde oder durch Statut festgestellten Jahresarbeits- E land- und forstwirthshaftliher Arbeiter.

Bei der Ermittelung des Jahresarbeitsverdienstcs eines

landwirthschaftlihen Betriebsunternehmers ist, sofern das Statut feine abweichende Bestimmung enthält, das landwirth- \haftlihe Wirthschaftsjahr, das vom 1. Juli bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres läuft, für die Be- stimmung der Versicherungspfliht maßgebend. Wenn auch das gewerbliche Einkommen nach dem Statut mit zu be- rüdsichtigen ist, so kann bei einer Arbeitéthätigkeit in fremden Betrieden nur der thatsächlich erzielte Arbeitsverdienst zur An- rechnung kommen; dagegen ist es nit angängig, in An- wendung des § 3 Absaß 2 des Urfallversicherungsgesezes den durchs{chnittlichen täglihen Verdienst mit der Normalzahl 300 zu vervielfachen. (1664.) Die Entschädigungspfliht für den Unfall des Arbeiters eines Landwirths, der beim Graben von Lehm für eine Ziegelei verunglückt war, is der Ziegelei-Berufsgenossenschaft auferlegt worden, wenngleich die Ziegelei angeblich zunächst nur “in der Absicht angelegt worden war, die zu fertigenden Steine für einen im Interesse der Land- wirthschaft zu errihtenden Bau zu verwenden, da diese Absicht später nihi zur Verwirklihung gelangt ist, und die Ziegelei sich nah dem Umfançe der Produktion (über 160 000 Steine jährlih) als ein fabrikmäßiger Betrieb dar- stellte. (1665.)

Zsst ein Verleßter gemäß 8 64 Absagz 1 des landwirth- schaftlichen Unfallversiherungsgcsches mit scinem Entschädi- gungsanspruch ausgeschlossen, so steht diese Rechtsfelge au ch deù Hinterbliebenen des nah Ablauf der zweijährigen Frist verstorbenen Verleßten entgegen. (1666.)

Wird der Betriebsunfall als solcher von dem zusiändigen Feststelungsorgane oder Gericht anerkannt, und eine erstmalig beanspruhte Rente lediglich deshalb aberkannt, weil die Erwerbsfähigkeit beschränkende gu des Unfalls bei Beginn der Entschädigungepfliht der Berufsgenossenschaft nicht nadch- gewiesen sind, so findet, wenn nach mehr als zwei Jahren von neuem Folgen des Unfalls eintreten, und derentwegen Ansprüche gegen die Berufsgenossenschaft er- boben werden, die Verjährungsvorschrift des Z 59 des Unfaliversicherungsgeseßes keine Anwendung; auch steht der erneuten Geltendmachung des Entschädigungs- anspruchs der Einwand der Rechtskraft nicht entgegen, viel- mehr regelt sih das neue Verfahren lediglich nah der Vor- chrift des § 65 des Unfallvei sicherungsgeseßes. (1667.)

Gänsemastanstalten, welhe von Obst-, Ore 5A und Geflügelhändlern unterhalten werden, sind regelmäßig als landwirthschaftliche Betriebe (Vichhaltungsbetriebe) niht an- zusehen, da sih die Mast als ein Theil des Handelsbetricbes der Unternehmer darstellt. (1668.)

Die Einstellung eines versiherungspflichtigen Haupt- betriebes, während ein mit diesem verbundener Nebenbetrieb, der an sich zu einer andercn Berufsgenoss-nschaft gehört, bestehen bleibt und fortgeführt wird, stellt eine Betr1cbs- veränderung dar, sodaß das förmlihe Ueberwcisungs- verfahren nah § 38 des Unfallversiherungsgesches einzutreten hat. (1669.)

Aus dem Gebiete der Jnvaliditäts- und Alters- versicherung sind folgende Revisions-Entscheidungen mitgetheilt:

Einem Arbeiter, der die vorgeseßlichen 141 Wochen in den Jahren 1888, 1889 und 1890 durch eigentliche Lohnarbeit erfüllt hatte, können auf die nah § 157 des Jnvaliditäts- und Altereversiherungsgeseßes beréchnete, vom 1. Ja- nuar 1891 ab zurückzulegende Wartezeit Beitragsmarken für solhe, nah dem 1. Juli 1894 verrihteten Thätigkeiten angerehnet werden, deren Versicherungepflichtigkcit erst durch den Bundesrathsbeshluß, betreffend die Jnvaliditäte- und Altersversiherung von Hausgewerbetreibenden der E a vom 1. März 1894 eirgeführt worden ift. ;

În einem Einzelfall ist die Versicherungspflicht eines „Andreher s“ (Vorrichters) verneint worden, der das Ein- ziehen der Fäden in das Geschirr beziehungéwcise das An- fnüpfen der Fäden an die nah dem Anschneiden eines Web- stücks verbliebenen Wollfadenenden besorgte, da er die Arbeiten weder in eigener Betriebsstätte als Hausgewerbetreibender aus- führte, (610) als Arbeiter der einzelnen Webermeister anzusehen war. i;

Den auf Grund des Jnoaliditäts- und Altersversiche- rungsgeseßes errichteten Schiedsgerihten liegt es ob, den vor sie gebrachten Streitstoff jedesmal vollständig zu erledigen,

sodaß insbesondere Zw ischen- und Theilurtheile in Verfahren ausgeschlossen E ) dew

Der Grundsaß, daß nach §8 157 des Jnvaliditäte- und Altersversicherungsgeseßes für Personen, welche beim Jukraft treten des Jr validitä!s- uvd Altersversicherungsgeseßes das 70. Lebensjahr bereits vollendet hatten, zur Erlangun der Altersrente nur noch der Nahweis erforderlich ijt daß sie „Versicherte“ geworden sird, und daß kein Grund vor; liegt, die Erbringurg dieses Nachweises irgendwie einzu: schränken, insbesondere auf die seither erfolgte Entrichtung von Beiträgen zu beschränken, is sinnentsprehend auch auf solche Personen anzuwenden, für welche die Jnvaliditäts- und Altersversicherung erst nachträglih dur besondere Beschlüsse des Buntsraths eingeführt worden ift.

In eincm Einzeifall ist angenommen worden, daß cin Nentenbewerber auch während der Zeit, wo er das Amt deg Gemeinde - Vorstehers bekleidete, als Hausweber ver- siherungspflihtig gewesen sei. (611.)

Wenn auch eine Nachholung der freiwilligen Versicherung nah Eintritt der Jnval:dität des Versicherien unstatthast ift, so ist doch darum eine Berichtigung einfacher, in der Ab: sicht freiwilliger Versicherung verwendeter Beitragsmarken an- ftait Doppelmarken grundsäßlich nicht ausgeschlossen. (612.)

Jn einem Eirzelfalle ist auf Grund der Feststellung, daß der Rentenbewerber zur Erfüllung der Wartczeit Doppel: marken wirksam zum Zwecke freiwilliger Versiche- rung verwendet habe, die Berechtigung der Versicherungs: pes anerkannt worden, die Forderung abzulehnen, daß die Doppelmarken auf ältere Zeiten versicherungs- pflichtiger Beschäftigung, für die Marken nicht verwendet seien, in Anrechnung gebracht werden müßten; damit ist au ihre Verpflichtung verneint worden, den dafür aufgewendeten Betiag zu erstatten oder eine Umwandlung dieser Marken in einfache Beitragsmarken im Wege der Berichtigung beziehungs: weise ihre alsbaldige Anrehnung auf Zeiten versicherungs- pflihtiger Beschäftigung zu dulden. (613.)

Im nichtamtliczen Theile ist ein Dbergutachten des Professors Dr. Fürbringer in Berlin vom 9. Februar 1897, betreffend den Zusammenhang eines Herzfehlers mit einem durch Zusammenbvruh des Baugerüstes herbeigeführten Unfall ei:es Arbeiters, mitgetzeilt.

Laut telegraphischzer Meldung an das Ober-Kommando der Marine ijt S. M. S. „Kaiserin Augusta“, Kom- mandant Kapitän zur Sce Koellner, am 9. November in Smyrna angekommen und beabsichtigt, am 20. November nah Saloniki in See zu gehen.

Sibyllenort, 9. November. Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sachsen hat, wie die „Schles. Ztg.“ meldet, bei der heutigen Jagd einen unbedeutenden Unfall erlitten, indem Höchstdenseiben einige Prellshrote am linken Vorderarm getroffen haben. Der Geheime Medizinal - Rath Dr. Fiedler und der hinzugezogene Geheime Medizinal - Rath, Professor Dr. Mikulicz aus Breslau haben festgestellt, daß es sh nur um eine overflählihe Verlegung handle, sodaß Seine Königliche Hoheit bereits in den nächsten Tagen wieder nach Dresden zurückkehren kann.

Württemberg.

Der „St.-A. f. W.“ veröffentlicht eine Allerhöchste Ver- ordnungz der zufolge eine Abordnung des württembergischen Armee-Korps, bestehend aus einem General und zwei Stabt- Offizieren, zur Theilrahme an der Beisegung des G-nerals der Infanterie von Schhachimeyer nah Celle entsandt werden soll.

Sachsen-Coburg-Gotha. Der gemeirschaftliche Landtags-Ausschuß der Herz 0g- thümer Coburg urd Gotha isst gestern zur Prüfung der Staatsrechnungen in Gotha zusammengetreten.

Oesterreich-Ungarn.

Der Minister des Aeußern Graf Goluchowski ift gestern Abend nah Wien zurückgekehrt und heute Vormittag von dem Kaiser in besonderer Audienz empfangen worden.

Der ungarische Finanz-Minister von Lukacs ist gestern aus Budapest in Wien cingetroffen und Nachmittags von dem Kaiser in einer etwa eine Stunde währenden Audienz empfangen worden.

Den Wiener Blättern zufolge hat der Abg. Ebenhoc der zur Aufstellung eines Kandidaten für die Präsidentschaft des Abgeordnetenhauses gebildeten parlamentarischen Kom- mission erklärt, es sci ihm zur Zeit unmöglich, die Wahl! zum Präsidenten anzunehmen, weil er nicht die Ge sammthcit des Klubs der fkatholishen Volkspartei hinter si habe. Nichtsde stoweniger stellte die Kommission ihn einstimmig als Kandidaten auf. Es- verlautet, die katholische Volkspartei werde die Aae nochmals erwägen.

Der Budgetausschuß des österreihischen Ab- geordnetenhauses schte gestern die Verhandlung über das Ausgleihs-Proviforium fort, Der Abg. Bärnreither trat den jüngsten Aeußerungen des Finanz-Ministers Dr. von Bilinski über die Anwendung des § 14 des Staatsgrund- gesezes vom 21. Dezember 1867 auf das Ausgleih?- Provisorium entgegen und erklärte, diese Anwendung sei vollkommen - ausgeschlossen; der Erlaß einer Noth- verordnung, wie sie der Finanz Minister in Aussicht g& stellt habe, würde eine Verlegung der Verfassung sein. Redner beantragte eine Resolution im Sinne seiner Aué- führungen. Der Finanz-Ministcr Dr. von Bilins ki erklärte, er habe absolut nicht gesagt, die Regierung werde das v? liegende Provisorium eventuell nah dem § 14 des Staats grundgesches zur Ausführung bringen. Ec habe vielmehr nur diejenigen anderweitigen Anordnungen, abgesehen von der Regelung der Quote, gemeint, die nah dem Z 16 erlassen werden müßten, falls das vorliegende ele nicht zu stande kommen sollte. Der Minister wies darau hin, daß die Schaffung eines solchen M auf Grund des §14 in dem angedeuteten Sinne fehr wohl zulässig sci, was aus & 11 des Staatsgrundgeseßes hervorgehe. Jm Zahre 1868 sei fogar ein Gcseß über die Suspcndierung der vel’ fassungsmäßigen Rechte der Staaisbürger ursprünglich 1! Wege der Verordnung nach diesem § 14 erlassen worden,

welher Vorana von dem damaligen Berichterstatter Sturm als |

verfassungsmäßig und korrekt anerkannt worden sei. Die Re-

ierung wolle garnicht das Haus vertagen, sie wünsche dringend, der Geseßentwurf angenommen werde, und es würde ihr nicht einfallen, den § 14 anzuwenden, wenn der Geseßentwurf etwa vom Parlament verworfen werde. Wenn aber die Majorität des Hauses bei jeder Gelegenheit erkläre, sie wolle für das Ausgleichs-Provisorium stimmen, und daran nur durch äußere Umstände verhindert, jede andere Regelung aber bis zu dem Ablauf der noch verbleibenden Zeit unmögli werde, dann müsse der 14 anwendbar sein, natürlich nicht auf den vorliegenden Gescgentwurf, sondern auf ein Provisorium überhaupt. Der Minister bat dringend, die Vorlage anzunchmen. Zeit zur Berathung sei noch genug vorhanden, der § 14 brauche deshalb nicht nothwendiger Weise praftish zu werden. Jm weiteren Verlauf der Debatte erklärie der Abg. Fournier (deutsch-fortschrittl.), die Re- gierung hätte sich zur Durchführung des Ausgleihs der Mithilfe der Deutschen, welhe treu am Dualismus fest- hielten, versichein sollen, anstatt sich mit Parteien zu ver- binden, welche oft in Gegnerschaft zu der Verfassung vom Jahre 1867 träten. Nah Schluß der Debatte brachte der Abg. Wiemhölzl (deutsh-liberal) eine Resolution ein, in welcher die Regierung aufgefordert wird, in Tarif-, Zoll-, Steuer- und entr f eas unter Rücksichtnahme auf die in Ungarn gewährte Erwerbsbegünstigung den Stand- punkt der Pari!ät herbeizuführen. Der Abg. Kaiser (Deutsche Volkspartei) erklärte : seine Partei werde gegen das Ausgleichs- Provisorium stimmen und im Falle der Annahme desfeiben beantragen, daß es nur für drei Monate Geltung haben solle, da sie (seine Partei) der Regierung, welche die Sprachen- E erlassen habe, kein Vertrauen entgegenbringen önne.

Großbritannien und Jrland.

Bei dem gestrigen Lordmayors-Bankett in dec Guiidhall U London sagte der Premier-Minister Lord Salisbury in eantwortung des Toastes auf das MPtinisterium mit Bezug auf den Streit im Maschinenbaugewerbe: Ec freue sih, die Meinung aussprechen zu können, daß, dank den einsichts- vollen und beharrlihen Bemühungen des Präsidenten des Handeleamtes, die Konferenz zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitern, die der Lordmayor wünsche, bald stattfinden dürfte. Der Premier-Minister führte sodann, dem „W. T. B.“ zufolge, weiter aus: ie jeßigen Waffenthaten an ter indis@en Grenze gäben England die Ueberzeugung, daß die großen Eigenschaften, turch welche das indische Reich gewonnen worden, fortdauerien und niht verwittert seien. Die Einnabme Abu Hamcds sei eine glänzende Wafferthat, und die Besezung Berkers fei ein Zeugniß für das Geschick, die Strategie urd die Vorsicht des Generals Kitchener. Das Nilthal und Berber seien die einzigen Theile Afrikas, über die er s|ch zur Zeit nähec ausiassen fônne. England pflege gegenwärtig mehr oder weniger belebte, mebr oder weniger fortdauernte, abcr stets freund- lide Unterhandlungen mit Frankceih, Deutschland, Portugal, Jtalien und mehreren nichtchristlicen Mächten. Gs sei sehr \chwierig, über diese Unterhandlungen viel zu sagen, weil seine (des Premier-Ministers) Aeuße: ungen weit in der Welt verbreitet würden und es daher sehr möglich fei, daß die allgemein versöhnlihe Haltung, die er wünsche, nit erreiht werden türfte, falls er frceimüthig auf alle dicse Fragen eingehen wellte. In allen Ländern fei es eine der groß:-n Schwierigkeiten bei den auéwärtigen Angelegenheiten, daß jedes eine starke kritische öffentliche Meinung besitze, die verlange, daß ibr Land eine unfragiiche Veberlegen- heit haben folle. Im Einzelnen erscheine dies sebr billig; aber wenn vier, fünf oder ses Regierungen alle eine Ueberlegenbeit in den von ihnen geführten Unterbandlungen baben müßten, werde man die Ver- legenheit der Situation zugeben. Es sei daher beffer, sich über der- artige Unterhandlungen nicht weiter zu verbreiten. Die Unter- hantlungen dürften noch lançe dauern. England lasse sich von den striften Grundsäßen des Rehts und der Rücksiht auf die Wohlfahrt und die Interessen des Reis leiten. Es wolle keine ungerechten (Œrwerbungen. Es würsche kein Gebiet zu nebmen, weil dies auf der Landkarte gut autseken würde. Englands Zweck sei nur das Geschäft. England wünsche Gewerte, Handel und Zivilisation auszudehnen und. so viele Märkte als mögli zu ershließen; sein Wunsch fei, daß am Niger, am Nil urd am Sambesi der Handel sein:n Lauf nehme. Die Regierung sei von dem Wunsche beseelt, ih nachhbarlih zu zeigen; €s müsse jedech gesagt werden, daß, wenn England in der Vergangenheit Rücksichten gezeigt habe, dies doch seine Grenzen haben fönne; England könne seine Rechte nit über den Haufen werfen laffen. Lord Salisbury wandte sih fodann den Vorgängen im Südosten Europas zu und bemerkte : Er weise auf das bin, was unter der Leitung oder während des Bestehens des eurcpäisch:n Konzerts im letzten Jahre gesehen fei. Man müsse si dabei daran erinnecn, daß das Konzert Curcpas eine Föderation sei, eine lose verbundene Föderation Europas, eine Körper- schaft, die nur handle, wenn Einhelligkeit in ihr beflehe. Aber die Schwierigkeit, die Einhelligkeit herbeizuführen, sei oftmals groß, und man dürfe nicht eine Regierung für das verantwortlich machen, was dem europäischen Konzert durchzuführen nit gelinge. Die Geschichte des [leßten Jahres ergete, daß es zwar nicht gelungen sei, Sriehenland vom Kriege abzuhalten, aber mit dieser Auenahme sei es gelurgen, den europäischen Frieden zu wahren, der von so ungeheurer Wichtigkeit sei. Es jei ein großes Lob und eine Errungen|{haft für Europa, die Kriegskalamität verhütet zu haben. Europa habe auch Griechenland verhindert, Selbstmord ¿u begehen, daher werte kein Unpartetischer den europäishen Mächten vorwerfen, daß sie nit alle Kräfte aufgeboten hätten, Griehenland am Kriege zu rerhindern. Die Aufgabe der Mächte sei aber noch nicht beendet. Noch lieçe die fkretishe Frage vor. Wena diese si lange hinziehe, so dürfe man die handelnden Faktoren der europäishen Politik nici tadeln. Man dür!e von dem Konzert nicht verlangen, etwas zu thun, was es nicht leisten könne. Das Konzert habe viele Tugenden, aber die Schnelligkeit sci ihm nicht eigen. Den Kritikern gebe er zu bedenken, daß, wenn das Konzert nid;t bestanden bâtte, keine Macht vorhanden gewesen fein würde, die etwas Besseres hätte leisten können. Das Vorgehen ciner Macht gegen den Willen der anderen würte cinen verbeerenten euro- päischen Krieg ergeben haben. Er hoffe, daß das Einvernehmen der Mächte fortdauern werde und daß die zu löôsenden Schwierigkeiten eine befriedigende Behandlung finden würden. Man môge im Auge behalten, daß die Föderation Europas ein Embryo sei und zugleich das einzige Gebilde, welchs die Zivilisation vor der Verwüstung des Krieges bewahren könne. Die einzige Hoffnung, zu verhintern, daß der Wettbewerb der europäishen Mächte in thren Rüstungen auf ein Streben nah gegenseitiger Vernich1ung hinaus- laufe, bestehe darin, daß die Mächte allmählich dahin gebraht würden, in allen Fragen in freundlihem Geiste zusammen zu handeln, bis sie zulegt zu einem internationalen Gebilde zufammengeschweißt seten, das der Welt \{ließlich eine lange Zeit urgehemmter Handels- thäâtigkeit und dauernden Frieden geben werde.

Der Staatssekretär des Krieges Lord Lansdowne be- aniwortete den Toast auf die Armee und betonte dabei die Bravour der indishen Truppen in dem unter großen Schwierigkeiten ausgeführten Kampfe gegen einen zähen Feind. Der. Staatssekretär lobte auch das Zusammenwirken

der Militär- und Zivilbeamten des Kriegsamtes zur Förderung der Tüchtigkeit des Heeres. Man fange an, darüber einig zu werden, daß die Ausdehnung dcs Reichs von Zeit zu Zeit eine Revision der Vorkehrungen für die Ver- theidigurg des Reichs bedinge; er glaube, es sei die Pflicht des Reichs, dieser Verpflichtung in etwas Rechnung zu tragen, wie dies von seiten der Rivalen und Konkurrenten eben- falls geschehe. Frankreich.

Der Senat nahm gestern den Entwurf, betreffend die Verlegung des Orléans-Bahnhofes in Paris rah dem Plagz des ehemaligen Rechnungshofes am Quai d’Orsay, an. Die Deputirtenkammer genchmigie die Vorlagen, betreffend den Auslieferungsvertrag mit den Niederlanden und den Handelsvertrag mit Bulgarien, und bewilligte sodann nach unerhebliher Debatte das Budget des Minisleriums des Jnnern.

Die Zollkommission dis Senats stimmte dem Geseß- entwurf zu, durch welchen die Regierung ermächtigt wird, sofort und bis das Parlamert seine Entscheidung getroffen haben werde, durch einfachen Erlaß Zölle zur An- wendung zu bringen, falls sie einc Spekulation in FImportartikeln verhindern wolle.

Rußland.

Der „Regierungsbote“ veröffentlicht, wie „W. T. B.“ aus St. Peterzburg meldet, die Entlassung des Geheimen Raths Tscherewansky aus dem Amt cines Gehilfen des Reichs- Kontroleurs, unter Belassung der Würde eines Senators, und ferner die Ernennung des Gehilfen des Finanz-Ministers, Geheimen Naths Jwastschenkow zum Gehilfen des Reichs- Kontroleurs.

Spanien.

Die „New-York World“ hatte an den Minister-Präsidenten Sagasta eine Depesche gesandt, worin gesagt war, es werde die Nachricht verbreitet, daß Spani. n einen Vorwand suche, um den Vercinigten Staaten den Krieg zu erklären. Hierauf hat, wie „W. T. B.“ aus Madrid meldet, der Minister- Präsident Sagasta telegraphish den spanishen Gesandten in Washington Dupuy de Lôme beaustragt, dem Blatte mitzutheilen, daß Spanien es als ein großes Unglück betrachten müsse, wenn ihm Grund zu einem solhen shmerzlichen Ent- \chluß gegeben werde; indessen hoffe Spanien, das von herz- lichen Gefühlen beseelt sci, die Vereinigten Staaten würden da- durch, daß sie die Rechte Spaniens achteten, die Gefühle der Freuntschaft zum Wohle der bciden Länder befestigen.

Luxemburg.

Die Kammer wurde gestern eröffnet und wählte mit 32 von 44 Stimmen wiederum Simons zum Präsidenten; zum Vize-Präsidenten wurde von Tornaco gewählt.

Türkei.

Der deutsche Botschafter Freiherr von Saurma-Jeltsch wurde, wie „W. T. B.“ meldet, gestern behufs Ueberreichung seines Abberufungsschreitens von dem Sultan in Abschieds- audienz empfangen und nahm später an der Tafel im Yildiz- Kiosk theil.

Wie das Wiener „Telegr. - Korresp. - Bureau“ aus Kon- stantinopel berichtet, sandten gestern die griechishen Bevoll- mächtigten den Wortlaut der Vereinbarungen über zwölf Punkte des Friedensvertrags, übcr welhe eine Einigung zu stande gekommen ist, nah Athen. Der definitive Fricdens- vertrag wird scchzehn Punkte enthalten. Von den noch uner- ledigten vier Punkten betreffen zwei die Modifikationen der Kapitulation, einer die Entschädigung der Privaten für ihre Verluste, und einer die freie Emigration aus dem reirozedierten Territorium.

Der Admiral Canevaro wi:d sih, einer Meldung aus Kanea zufolge, nah Hierapetra begeben. Das italienische Kriegsschiff „Sardegna“ ist nah Smyrna abgegangen.

Amerika.

Das „Reuter she Bureau“ meldet aus Washington, daß der Wortlaut der Antwort Spaniens auf die Note des amerikanischen Gesandten in Madrid gestern in der Sißung des Kabinets verlesen worden sei. Das Kabinet erachte die Antwort für schr zufriedenstellend und geeignet, jede Besorgniß, daß es zu Feindseligkeiten kommen könne, zu zerstreuen.

Nach einer offiziellen Depeshe aus Havanna hat der Oberst Gonzalez Maximo Gomez geschlagen.

Aus Rio de Janeiro erfährt die „Agenzia Stefani“, daß nah weiteren von Victoria eingegangenen Bet ichten der Einfall der aus dem Staate Minas Geraes nah dem Staate Espirito Santo eingedrungenen Jn- dividuen von der Partei angestiftet worden sei, welhe die Wiederwahl des bisherigen Präsidenten von Espirito Santo bekämpfe. Die Oertlichkeit, wo der Ueberfall geschehen, sei Sao Joao de Petropolis, drei Tagereisen von Victoria entfernt. Die Gctödteten und Verwundeten seien nicht bloß Jtaliener, sondern gehörten verschiedenen Nationalitäten an.

Asien.

Aus Simla meldet das „Reuter'she Bureau“, es bc- stätige sich, daß die 36 Sikhs, welche nah dem am Sonntag im Kurram-Thale unterr ommeren Aufklärungemarsche vermißt wurden, von Feinden ge1öztet worden seien.

Der japanische Minister dcs Acußern Graf Okuma ist, wie der Gesandte der Vereinigten Staaten in Tokio nach Washington berichtet hat, von seinem Posten zurückgetreten ; zu seincm Nachfolger is Baron Nischi ernannt worden.

Afrika.

Das sxanische Kriegt\chiff „General Valdes“ ist, wie das „Reuter he Bureau“ avs Tanger meldet, gestern Abend mit dem Dragoman Saavedra an Bord, nah Melilla abge- gangen, um die in den Händen der Spanier befindlichen Riff- piraten an Bord zu nehmen und fie sodann gegen die von den Riffpiraten gefangen gehaltenen Spanier auszutauschen.

Dasselbe Burcau berichtet von der Goldküste, daß der Kommandeur der Hinterland - Truppen, Oberst - Lieutenant Northcott, mit seincm Stabe und 1100 Trägern aus Sierra Leone am Montag in Cape Coast Castle gelandet und gestern nah dem Hinterland abgegangen sei.

Parlamentarische Nachrichten.

_Bei der am 8. d. M. vorgenommenen Stichwahl zum Reichstage im 1. Potsdamer Wahlbezirk (Westprigniß) erhielten, dem „W. T. B.“ zufolge, Schulz (freis. Voikspartei) 7481 und von Saldern (konf.) 5999 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt.

Zirbeiterbeweguag.

In Torgelow im Regierungsbezirk Stettin, wo ein Aus- stand der Metallarbeiter ausgebrochen war, haiten die Arbeit- geber einer Komwission ter Acbeiter mitgetbeilt, daß die Arbeit ron jedem der Arbeiter am Montag wieder aufgenommen werden könne, fobald er aus dem Fahhvereia der deuishen Metalarbeiter austrete. Darauf wurde, wie die „Osisee-Ztg.“ berichtet, in einer Arbeiters Verscmmlung folgende Resolution "gefaßt und den Besißern mit- getbeilt: Die Versammlung beschließt: 1) Die Arbeiter der Firma C. Menzel u. Co, die von dem Gewerbegeriht zu Ucckers münde verurtheilt find, wegen Kontraktbruhes auf ten Mann 6 #6 in die Krankenkasse zu zahlen, nehmen am Montag Morgen die Arbeit wieder auf. 2) Die anderen Arbeiter verpflichten fich, weder dem Gewerkverein (Hirs(-Duncker) beizutreten, noch aus dem Fachve: ein der deutsen Metallarbeiter oder dem Zentralverein auszutreten u. f. w.

In Breslau steht cincr Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge ein Aut stand der Handshuhmacher in der Eres!auer Hand!chuhs- fabrif von W. Jungwann bevor. Die 89 dort bescäftigten Arbeiter baben ihre Kündigung eingereiht, da von der Firma eine Lohns erhöhung abgelehnt wurde.

Aus Breslau wird der „NRhein.-Wesif. Ztg.“ berichtet: In einer am Mortag abgehaltenen Versammlung beschlossen die Shlähtergesellzn, den Ausstand fortzuschen. Die Meitter haben neuerdings eine Anzahl Gehilfen äus der Provinz eingesteüt.

Statistik und Volk@Wwirthschaft.

Die Durchschnittspreise der wibtigsten Lebens- und Futtermittel im Monat Oktober 1897

betrvgen im Königreich Preußen nach einer Zusammenstellung des Statistishen Bureaus im Vergleih mit den in Klammern beigefüzten Preisen des Monats Scptemter für 1000 kg Weizen 174 (177) 4, Noggen 134 (132) #, Gerste 141 (137) Æ, Hafer 137 (136) 6, Kocherbsen 213 (211) 4, Speisebohnen 264 (265) 4, Linfen 412 (409) , Eßfartoffeln 46,6 (47,4) 4, Richistreh 42,1 (40,3) 4, Heu 54 (52) #4, Rindfleish im Großhandel 1060 (1061) Æ; für 1 E Rindfleish von der Keule im Kleinhandel 1,36 (1,35) 4, vom Baz 1,16 (1,15) 4, Sdweinefleisch 1,38 (1,38) , Kalktfleisch 130 (1,30) A, Hammelfleisch 1,27 (1,28) Æ, inländisher geräuherter Speck 1,55 (1,52) A, Efbuttec 2,26 (228) 4, inländisches Scweines {malz 1,57 (1,54) A, Weizenm-bl 0,32 (0,32) , Rozgenmehl 0,25 (0,26) Æ; für ein Shock Eier 3,87 (3,49) 4

Eine flädtishe Alter8-Sparkaffe.

Eine in botem Grade zweckmäßige und nababmenêwerthe Einrichtung befteßkt, wiz die „Soz. - Korr.“ mittheilt, in Breslau in der sädtishen Alters - Sparkaffe. Die Aufgaben dieser Alters-Sparkzsse beflehen darin. daß die in diefe eins gezablten Gelder vor vollendetem 55. Lebensjahre nur in besonderen Fällen erboben werden dürfen und daß fie dem Sparer nicht bloß mit 21 %, wie die geroöbnliden Sparkaßengelder, fondern mit 4 % verzinst werden. Aufnaßmefähig in die Alters - Sparkasse find alle Breélauer Handlunas- und Gewerbegebilfen, Lohnarbeiter, Dienstboten 2c., welde das 45. Iahr noŸ nicht vollendet und nicht über 20€0 6 Fahreseinkommen haben. Den Alterskassensparern werden aus den Uebershüssen der städtishen großen Sparkasse jährliche Zus {üsse bis zum sechsfachen Betrag ibrer Zinsen gutgeshrieben. Hat das Konto des Alterskassensparecrs 2000 M erreicht, so werden ihm Feine weiteren Zuschüsse gutgeshrieben, aber €s wird auch weiterhin mit 49/6 verzinst. Eine Ausahlung vor vollendetem 55. Jahre foll, wie hon hervorgeboben, nah dem Statut nur in besonderen Fällen erfolgen, doch ift besonders zu betonen, daß die Bestimmung von dem Kuratorium in cntgegenkommendster Weise gehandhabt wird. Die Breslauer Alters-S yarkasse gewährt ratürlih genau dieselbe völige Sicherheit wie die allgemeine städtishe Sparkasse der Stadi Breélau, und die Verwaltuneswcise schließt {h vollkommen derjenigen der städtishen Sparkaffe an

Literatur.

Auf Befehl Seiner Königlichen Hoheit des regierenten Herzogs von Sachsen - Coburg und Gotha ergeht an deutsche Dichter, die den nahstehend angedeuteten Plan willkommen heißen und zur Behandlung detselben für die Volksbühne geneigt sind, die Einladung, sih an einer P reisbewerbung zu betheiligen. E8 handelt sich, n:ch dem agi R darum, „*tcdeutungêvelle Ereignisse aus der Vergangenheit der Veste Coburg in dramatishen Bildern zusammenzufasser, fodaß sie, auf s{lickter Bübne von freiwilligen Kräften aus der BürgersLaft dar- gestellt, ruhmreihe Erinrerungen zu wecken und das RBaterlan 9s gefühl zu fräftigen vermögen. Solche Ereignisse wären etwa, obne weiterer Wakbl vorzugreifen : Luther's Aufenthalt auf der Veste, die Belagerung derselben durch Wall-nsteia, die deutschen Einheitss bestrebungen unter der - RegierunÞ Herzoa Ernst's, Reformation, dreißiigjähricer Krieg, Deutsches Reich. Das Ganze in bühncn- wirksamen Scenen, die dur den lofalen Mittelpunkt Einheitlichkeit und Zusammenbang erhalten.“ Die Dichtungen sind (mit dem Außens vermerk „Zur Preisbewerbung“) bis zum 1. Juli 1898 an das Herzog- liche Ober- Hofmarschall-Amt in Coburg einzureihen und zwar mit den Namen der Einsender; etwaige Wünsche um Vershweiguug der- selben finden jedod volle Berüäsi%tigung. Das Preisgericht ist, Kooptation vorbehalten, aus den Unterzeihnern des Preitausfcbreibens, den Herren Wirklicher Geheimer Rath Dr. Temveltcy, Ober. Hofs Marschall von Schoen und Hoftheater-Direktoc O. Benda gebildet, die zu näheren Mittheilungen über das gevlante Unternehmen bereit find. Für das von dem Preisgeriht erwäblte Werk wird von Seiner Königs lichen Hoheit dem Herzog ein Preis von Eintausend Mark ausgefeht. Das literarishe Eigenthum wie auch das weitere Auffübrungérecht bleibt den Verfafsern gewahrt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrung8s Maßregeln,

Der Gesundheitsstand in Berlin war auch in der Woche vom 24. bis 30. Oktober ein günstiger, die Sterblichkeit eine noch niedrigere als in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern ftarben, aufs Fabr berechnet, 15,2 gecen 16,3 der Vorwoche). Von den Todes- ursachen kamen akute Darmkrankheiten etwas seltener als in der Vorwocße zum Vor schein und führten in fast gleicher Zahl wie in der Vorwoche ¿um Tode (in 30 Fällen gegen 31). Auch blieb die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit eine geringere ; Fon je 10000 Einwohnern fiarben in Berlin, aufs Jahr berehnet, 40 Säuglinge. Etwas häufiger als in der Vorwoche traten akute Entzündungen der Athmung8organe zu Tage, doch blieb der Verlauf überwiegend ein milder; au Erkrankungen an FInfluenza kamen etwas mehr zur Beobachtung, toch war auch bier der Verlauf ein milder und wurde nur 1 Todesfall infolge von Influenza mitgetbeilt. Von den anderen Infektionskrankheiten blieb das Vorkommen von Masern und Scharlah ein beschrän ktes, und zwar kamen Masern aus keinem Stadttheile, Erkrankungen an Scharlach nur aus der Rosenthaler Vorstadt in größerer Zahl zur Anzeige z Todesfälle wurden 4 infolge von Masern und 11 infolge von Scharlach