1897 / 267 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Nov 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Parlament leistungsfähig zu erhalten, während die Obstruktion danach trachte, die Thätigkeit des Parlaments zu hemmen. Der Vize-Präsident erinnerte an den Jnhalt der vorgestern estellt.n Anträge und sagte, man möge von ihm nicht-ver- anger, daß er die Geschäftsordnung als nur dazu geschaffen ansehe, die Thätigkeit des Parlaments zu hindern. Die An- träge des Abg. Hofmann von Wellenhof wurden darauf in namentlichen Abstimmungen abgelehnt. Nach weiteren fünf namentlichen Abstimmungen ging das Haus zur Fortsezung der Verhandlung über die Ministeranklagen wegen der Eprachenverordnungen über. Der Abg. Dr. Vasaty (zu keiner Partei gehörig) wandte sih gezen die Begründung der Ministeranklagen. Vie Sprachenverordnung bilde feine Schädigung des deutshen Volkes, weil fie nur die Parität «us beiden Nationen bezwecke, und für das czehishe olk’ sei sie nur ein ärmlihes Almosen. Die Regierung habe dieselbe erlassen, um das czehishe Vol einer Bagatelle abzufertigen, die niht ernst ge- meint sei und jeden Augenblick widerrufen werden könne. Deffen ungeachtet erklärte der Redner, die Zurückziehung der Sprachen- verordnungen würde dic Obstruktion scitens aller Släven zur Folge haben. Er sei jedoh damit einvctstander, daß man ste aufhcbe und die ganze Frage auf gesezmäßigem Wege regele. Der Abg. Dr. Menger (deutshfortschr.) führte aus, d die Sprachenfrage auf gesezmäßigem und parlamentarishem e hätte geordnet werden müssen. , Die Regierung habe die Grenzen hrer Kompetenz überschritten, weshalb die An- klage gerechtfertigt sei. Der Kampf gegen die Sprachenver- ordnung werde nicht nur im Juteresse der Deutschen, sondern aller Völker des Reichs geführt, welche cin Jnteresse daran hätten, daß die Grenzen zwischen Exekutive und Legislative eingehalten würden. Der Redner wies gegenüber den Vorwürfen, welche der Linken wegen dcr Obstruktiqgn gemacht würden, darauf

mit

hin, daß die Jungczechen- selbst, im Falle der Zurückziehung der j

Sprachenvero1dnung, mit Obstruktion drohten und daß die- selben seiver Zeit gegen wirthschaftiihe Vorlagen, wie die Steuer- reform u. \. w., Obstruktion gemacht hätten; die Obstruktion der e richte sih aber nur agegen die Verfassungsver- legung. Redner erklärte: so heftige Worte auch auf seiten seiner Partei fielen, so sei diese doh von aufrichtiger Loyalität für den Staat erfüllt ; seine Partei kämpfe für den Staat, für alle Völker, niht bloß für die Deutschen. Redner {loß mit dem Aus- druck des Wunsches, daß der schwere Schaden, den die Sprachenverordnungen mit sih brächten, so schnell als möglich beseitigt werde, damit es möglich sei, das bevorstehende große Fest in Versöhnung und Frieden zu feiern. Der deutshfortschrittliche Abg. Peschka brachte darauf einen T ein, wonah der 8 2 des Gesezentwurfs, betreffend das Ausgleichs-Proviso- rium, dahin geändert werden soll, daß das Geseg am 1. Januar 1898 in graf zu treten habe, jedoch nur dann, wenn bis dahin die Vorschriften über den Mahlverkehr zwischen beiden Reichshälften aufgehoben seien. Der deutschforischritt- liche Abg.Le cher interpellierte wegen des Abschlusses eines Gegen- seitigkeitsvertrages zwischen Oesterreich-Ungarn und den Ver- einigten Staaten. Hierauf wurde die Verhandlung abgebrochen. Unter den O dcs Hauses befinden sih eine Jn ter- pellation des Abg. Dr. Byck wegen der Atbeiterexcesse in Chodorow vom 5. April d. J. und eine Junterpellation des Nbg. Prade wegen Defraudationen bei der wehsel- seitigen Versicherungsgesellschaft in Krakau.

Der zur Berathung über die Autonomie der Katho- liken Ungarns einberufere Kongreß ist gestern in Budapest eröffnet worden.

Frankreich. Die Anfallsteuer auf die Güter der geistlihen

Kongregationen betcug in den ersten 10 Monaten des Jahres 1897 424 000 Fr. gegen 254 000 Fr. im Vorjahre.

Rußland.

Ein Kaiserlicher Ukas verfügt, wiz „W T. B.“ aus St. Petersburg meldet, daß, nahdem es für angezeigt er- achtet worden sei, einen ständigen Geschäftsträger in Karlsruhe einzusehen, der außerordentlihe G-:sandte und bevollmächtigie Minister bei dem Königlich württem- bergischen und dem Großherzoglich badishen Hofe, Fürst Cantafkuzene, unter Belassang in seiner Stellung bei dem Königlih württembergischen Goîe, der Stellung cines außer- ordentlih.n Gesandten und bevollmächtigten Ministers bei dem Großhcrzoglich badischen Hofe enthoben werde.

Dem russishen Gesandten in Washington von Koßebue ist die aus G:csundheitsrückfsichten nahgesuhte Dienstentlassung hewilligt worden.

Ftalien.

Der Papst hat, dem „W. T. B.“ zufolge, den Zusammen- tritt der Synode des fkfoptischen Patriarchats in Kairo behufs offizieler Proklamation der Patriarchatsver- P unter Abhängigkeit von dem Papft genehmigt. Mon- ignore Sogaro is von Seiner Heiligkeit als theologischer Beiratih zur Synode obgeo-dnet worden und mit Jnstruktionen nach Kairo abgereist.

Türkei.

Der bisherige deutsche Botschafter Freiherr von Saurma- Zelt) ch is gestern von Konstantinopel abgereist. Der neu- ernannte Botschafter Freiherr Marschall von Bieberstein, welchcm der Einführer des diplomatischen Korps Jbrahim Rasich - Bey und der Dragoman Dr. Gies bis Aorianopel entgeaenrcisen, wird, dem „W. T. B.“ zufolge, zunächst nur aht Tage in Konstantinop:l verweilen und dann zu Weih- nachtcn auf scinen Postea zurückehren.

In der vorgestrigen Sißung der Bevollmächtigten für die Friedensunterhandlungen wurde die Frage, betreffend die freie Auswanderung der Bewohner der wieder gbgetretenen Gebietstheile, praktisch geregelt. Jn der gestrigen Sipung wurden dann die Verhandlungen über die beiden noch unerledigten Artikel des Friedensvertrages, nämlich die Aenderung der Kapitulationen und die Entschädigungen für beshädigtes Privat- eigeathum, fortgeseßt.

Die „Times“ meldet aus Kanea vom gestrigen Tage, daß von den Admiralen auf die ihnen übersandte Adresse der kretishen Nationalversammlung die Antwort ertheilt worden sei, sie hätten von den Forderungen der Kreter Kenntniß genommen, seien aber, so lange die Ernennung des Gouverneurs noch nicht erfolgt sei, nicht in der Lage, eine end- gültige Antwort zu geben.

Griechenland. Die Session der Deputirtenkammer ist gestern in Athen feierlih eröffnet worden.

Schweden und Norwegen.

Bei den gestern im Amte Nedenaes, welhes mit 4 Stimmen im Storthing vertreten is, vorgenommenen Wahlen siegte, wie „W. T. B.“ aus Chxistiania erfährt, die Linke, deren Mitgliederzahl dadur auf 77 gestiegen ist. Mit dieser Stimmenzahl besigt die Partei nunmehr eine Stimme über die absolute Mehrheit, welche erforderlih ift, um Verfassungsänderungen dursezen zu können. Auch bei den noch ausstehenden Wahlen rechnet die Linke auf etnen Zuwachs.

Dänemark.

Der Kronprinz hat sih am Mittwoch, wie „W. T. B.“ meldet, zum Besu der verwittweten Herzogin von Anhalt-BernbUrg von Kopenhagen nah Ba enstedt begeben.

Im Landsthing wurde gestern die Berathung der Zoll- reform fortgeseßt. Der Finanz-Minister Hörring erklärte, die Regierung sei nicht gewillt, einen Zollshuß für landwirth- schaftlihe Produkte vorzuschlagen.

Amerika.

Aus Gibara wird gemeldet, der General Weyler sei daselbst während der Ausbesserung des havarierten Packet- bootes „Montserrat“ an Land gegangen, wobei ihm militärische Ehren erwiesen wurden. Er habe auch das Kasino besucht, wo mehrere Reden gehalten worden seien. Der Marschall Blancg- habe die Behörden von Gibara abgeseßt,

__ Na ciner dem „New-York Herald“ aus Puerto Prin- cipe zugegangenen Depesche hat daselbst vor kurzem wegen ungenügender Lebensmittel-Rationen und rückständiger Löhnung cine Empörung unter den spanischen Soldaten stattgefunden.

Asien.

__ Der „Times“ wird aus Maidan berichtet, daß die bri- tischen Operationen am Dienstag troß der f{chweren Verluste des Feindes ohne Erfolg gewesen seien. Der moralishe Vor- theil sei auf seiten der Afridis gewesen, welhe gut be- waffnet seien. Sie hätten Munition im Ueberfluß und besäßen E von Martini-Gewehren und au mehrere Lee-Metford-

ewehre, wie aus zahlreihen Verwundungen britisher Soldaten hervorgehe.

Aus Simla wird vom geftrigen Tage gemeldet, daß eine zweite Rekognoscierung, welche am Donnerstag nach dem Saran- Sar- Berge im Maidan - Thale vorgenommen worden sei, einen großen Erfolg gehabt habe. Die Vertheidigungs- linien von n Dörfern seien zerstört worden. Auf britischer Seite sei ein Öffizier verwundet und ein Sepoy getödtet worden. Der Feind habe shwere Verluste erlitten.

Aus Bombay erfährt „W. T. B.“, es verlaute dort, daß eine oder zwei Abtheilungen der Streitkräfte des Generals Blood sofort gegen die Utman Khels vorgehen würden. Den Bonerwals sei eine Veriängerung der Bedenkzeit bezüglich der Annahme der von den Engländern gestellten Bedingungen bis zum 15. November zugestanden worden.

Afrika.

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Tanger vom gestrigen Tage find der Kapitän des italienishen Segel- \chiffcs „Fiducia“, Razeto, und drei Portugiesen, welche von Riffpiraten gefangen genommen waren, wieder in Freiheit gefeßt worden und auf dem Dampfer „General Valdes“ in Tanger eingetroffen. Es befinde sich jeßt kein weiterer Ge- fangener in den Händen der Riffpiraten.

Dem „Reuter'shen Bureau“ wird aus Kairo berichtet, daß die ecyptishe Garnison für Kassala etwa 2000 Mann betragen werde. Die Truppen würden über Massowah nach Kafsala abgehen und ungefähr am 24. Dezember dort eintreffen.

Aus Prätoria wird gemeldet, daß der Volksraad einen Antrag auf Herabsczung der der Eisenbahngesellshaft vom Staate zugestandenen Benefizien um 200 000 Pfund Sterling angenommen und die Regierung beauftragt habe, in der nächsten Session eine Berehnung der Kosten für den Ankauf der Eisenbahn sowie die Details ciner Anleihe zur Deckung dieser Kosten vorzulegen. Die vom Volksraad genchmigten neuen Zollbestimmungen würden mit dem Januar nächsten Jahres in Kraft treten.

Die Träger der Hinterland: Expedition des Oberst: Lieutenants Northcott sind, dem „Reuter'shen Bureau“ zufolge, nah Cape Coast Castle zurückgekehrt ; sie weigern sih ‘zu mar- schieren, falls sie nicht dieselbe Fleischration erhalten, wie bei der leßten Expedition.

Parlamentarische Nachrichten.

Nach der amtlichen Feslstelung erhielten bei der am 8. d. M. im 1. Potsdamer Reichstagswahlkreise (West- prigniß) vorgenommenen Stichwahl der Landtags-Abgeordnete Max Schulz- Berlin (fr. Volksp.) 7459, der Ritterschafts- Direktor vón Saldern-Perleberg (d. konf.) 5994 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt.

Hest 6 (1897) ves „Archivs für Eisenbahnwesen“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten (Verlag von Julius Springer, Berlin), hat folgenten Inhalt: Studien zur Geschi&te des preußisccn Eisenbahnwesens (1V., Schluß), von Fleck. Die Güterbewegung auf den russisden Eisenbahnen im Jahre 1894, gegenübergeftellt den äFahren 1888 und 1891—93. Die Eisenbahnen Deutschlands, Englants und Frankreihs in den Jahren 1893—1895. Die Königl württembergishen Staats- eisenbahnen im Rehnurgsjabr 1895/1896. Wohlfahrteeiarihtungen der Königlih württembergischen Verkehrsanftalten. Die Eisenbahnen im Großherzogthum Baden im Jahre 1895. Die Eisenbahnen im Königreich der Niederlande im Jahre 1895. Die belgishen “Eisenbahnen im Jahre 1895. Die rumäni- hen Eisenbahnen. Die Eisenbahnen in Auftralien. Kleinere Mittheilungen : Die ruisishen Getreidetarife vom 1,/13. No- vember 1897 ; Norwegische Eisenbahnbauten; Bahnen in Kleinasien ; Eisenbahnen-—in den Vereinigten Staaten von Columbien; Eisen- bahnen in Japan; Eisenbahnen in Algier, Tunis und den übrigen franzôsifhen Kolonien und Schußzgebieten am 831. Dezember 189%; Statistisches voa den Eisenbahnen Rußlands; Statistisches von den deutsWen Eisenbahnen. Rechtsprechung: Oeffentliches Eisenbahn- recht (Urtheil des Königlihen Ober-Verwaltvynssgerihts vom 4. Juni 1897). Gesctgebung : Deutsches Reih; Preußen; Württemberg ; Oesterrei; Schweiz; Italien; Rußland; Venezuela. ;

Arbeiterbciveguzag,

In Mainz waren in der Schuhfabrik von S. Wolf we des Lohnes der Zwidcker an einer ncuen Maschine Streiti Felten ausgebro{en. Eine Befprehaung der Lohnkommission mit dem Arbeit, geber führte, wie die „Frkf. Ztg.“ berichtet, zu keinem Resultat, da dieser jedes weitere Zugestänbniß ablehnte. Gegen 60 Zwicker, Aus- pußer und Handarbeiter reihten hierauf ihre Kündigung ein, - die an- aa Ll s ird der „Köln. Zt ldet: 200 B

us Lens wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet: ergleut der Grube Nr. 3 der Gesellschaft Liévin verweigerien am Mittwoch früh die Weiterarbeit. unge :

_ Aus Antwerpen wird demselben Blatt geschrieben, das Ver- hältniß zwishen den Diamantarbeitern und ibren Arbeitgebern habe ih wieder zugespißt, und die Zahl der Ausftändigen sei be- deutend gewachsen. Ÿ

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Landwirthschaftsbetriebe in Großbritannien.

__ Ip den „Agricultural Returns“ des Board of Agriculture für 1886 (London 1897) sind die Ergebnisse der jüngsten Erhebungen in Großbritannien über Zahl und Größe der landwirth- \chaftlihen Betriebe, die Besißverhältnisse (Eigen- oder Ma l eta e) und den Anbau veröffentlicht. Ohne auf die Methode der Erhebung hier näher einzugehen, seien daraus in Nah- Seile einige auch für deutsche Leser interessante Angaben mit. getheilt.

Leider gebribt es auch in Großbritannien no fo gut wie ganz an einer zuverläfsigen landwirthshaftlihen Grundeigerthums- stat iti, welhe die Grundeigenthumévertheilung, aus der die eigen- artigen Betriebsvezhältnisse vielfa herzuleiten find, klar erkennen ließe. Man weiß nur im Großen und Ganzen, daß das Srund- eigenthum sich in verbältnißmäßig wenigen Händen befindet, neben dem Besitz der Krone und der Stiftungen meist in den Händen fehr reicher Familier, und zwar in der Regel fideikommifsarish gebunden. Nicht erstreckt fih ferner die Statistik auf das Waldland, fowiz auf das Gebirgsland und Heide (Mountain and Heath Lands), welche in weiter Ausdehnung als geringe Weide (Rough grazing pastures) benußt werden. Die folgenden Zahlen betreffen nur die sogenannte Cultivated area under Crops and Grass, das find in ganz Großbritannien ca. 32 562 000 Acres (1 Acre = 0,40 ha) neben etwa 12 683 000 Acres Gebirgs- und Heideland und 2726 000 Acres Wald und Schonungen. Auch diese Ziffern für die Cultivated area wollen er- sichtlih niht ohne weiteres als genau gelten, wie {hon nachstehende Zahlen lehren werden.

Es wird in den Returns des Board of Agriculture folgende Uebersicht über die Agricultural Holdings, d. h. die eigent- lichen Wirthschaften, nah der Aufaaßme vom Juni 1895 gegeben :

: Durch- Zahl Fläche in Acres

\chnitts-

S rôße

absolut | 9/6 absolut | 9% Acres 117968] 22,681 366792| 1,13 3 149 818! 28,80] 1 667 647| 5,12 11 85 663! 16,47] 2864 976} 8,79 33 66 625] 12,81] 4 885 203| 15, 73 81245 15,62/13 875 914| 42,59 171 13568) 261} 5113945) 15,70} 377 4616| 0,89/ 3001184] 9,21 650

1000 603| 0,121 80185?| 2,46} 1330

im Ganzen | 520-106| 100,00]|32 577 513| 100,00 63

Hier find alfo die kleinen Agricultural Holdings von bis unter 1' Acre, deren Zahl sih 1885 auf 23 512 mit einer Fläche von 11 195 Acres bezifferte, niht mitgerechnet, gleihwobl aber erhält man eine Flähe von 32577 513 Acres (1885: 32 5958 252 Acres einfschl. von ca. 12 500 Baumpflanzungen). Außerdem aber sind in dieser Ueber- sfiht au niht untergebraht die Holdings mit weniger als } Acre (= 0,1 ha) und die Allotments von urd unter 1 Acre (also alle Parzellenbetriebe), welhe leßtere mit ten Holdings von bis unter 1 Acre zusammen bei den Zählungen von 1595/96 die Zahl von 579 133 erreihten, demna nicht unbeträchtlih stärker ver- treten waren als die oben gezählten Holdings über 1 Acre. Es wird weiter unten auf diese zahlreichen leinen Parzellenbetriebde no zurückzukommen fein, vorläufig sei hier das Vorhandensein terselben nur festgestellt.

_ Betrachtet man lediglich die in obiger Uebersicht berücksichtigten Be- triebe, so machen na der in den Returns des Board of Agriculture angenommenen Unterscheidung aus

die „Small farms“ bis zu einer Sröße von 50 Acrcs (20 ha): 68 9/6 der Zahl und 15 9% der Fläche,

__ die „Medium-sized farms“ über 59—300 Acres (über 20 bis 129 la): ca. 28§ 9/0 der Zahl und 57s %a der Fläche,

die „Large farms“ über 300 Acres (über 120 ha): ca. 33% der Zahl und 27s 9/0 der Fläche.

Die Besitverhältnisse (Eigen- oder Pahtbetrieb) werden in nahfstehender Uebersicht vor Augen geführt.

Von 100 Betrieben einer jeden Größenklasse batten

nur nur theils Pacht-, Zu- ; Pachtland Eigenland theils Eigerland sammen über 1— 5 Acres 83,9 14,6 1,5 109,0

9— 2 , 83,9 Z 20— 5950 84,7 50— 100 86,5 100— 300 86,2 300— 500 80,6 509—1000 70,9 599,4

Größe

über 1— 5 Acres

O 20

e 20— 50 50— 100 1C0— 300 300— 500 500—1000

-—

-

O00 U f f S h QO U O O

_—— S

über 1009 Acres im Ganzen 84,5 Von 100 Acres einer jeden Größenklasse waren

3,8 100,0

Pach! land 895,3 86,3 87,7 89,1 853,6 84,0 75,0

zusammen 100,0

Eigenland 147 137 12,8 10,9 11,4 16,0 25,0

60,4 39,6 E

85,8 14,2 100,0

Der Pachhtbetrieb hat also ein ganz außerordentliches Ueber- gewicht über den Eigenbetrieb und worauf im Unterschiede i den deutschen Verhältnissen noch besonders hingewiesen sei por allem in den mittleren Größenfklafsen.

Von den Anbauverhältnissen soll hier nur dec Unterschied ¡wishen Permäánent pasture, d. i. dauernd in Kultur gehaltener Weide, und Arabloe Land, d. i. Aderland, in Betracht gezoge! werden, wobei jedoch bemaft sei, daß auch ein erheblicher Theil des A&erlandes vorübergehend mit Gras zur Weide und Heugeninnung bebaut zu werden pflegt. Das Aerland ist im Ganzen von 1876 bis 1896 von rund 18000000 auf 15800 000 Acres herabgegangen, während die Fläche der dauernden Weide (immer ohne die Mountai! and Heath Lands) im gleihen Zeitraum von rund 13 500 000 auf mehr als 16 700 000 Acres igeromelen hat. Anu von besonderem Interesse, den Umfang sowohl d Ackerwirthshaft wie des Weide- und derlandes z den einzelnen Betriebégrößenklassen zu betrachten. Nachstehen Zahlen werden vies ermöglichen.

1— 5 Acres 5— 20 Z 20— %0 50— 100 100— 300 300— 500 500—1000 über 1000 Acres

über

Sie verlangen Lohnerhöhung. Die Ruhe if f

Von 100 Betrieben einer jeden Größenklasse hatten j theils Weide-, theils Acker- land 24,7 40,7

zusammen 100,0

nur nur Weideland Adckerland 51,8 44,8 28,2 61,5 13,1 77,6 , 86,8 i 91/9 ; 94,8 O _4.0 95,5 im Ganzen 32,0 137 54,3 Bon 100 Acres einer jeden Größenklafse waren Weideland Ackerland 5 Acres 66,7 339 M s 69,4 30,6 50 62,2 37,8 100 54,1 45,9 300 49,3 50,7

q 45,0 99,0 500— 1000 41,8 58,2 iber 1000 Acres

5 Acres

100,0

zusammen 100,0

47,4 52,6 ¿ 51,0 49,0 190,0

Nur mit dauerndem Weideland wirthshaften also im Ganzen 32,0 9/6 der hier in Betracht kommenten Betriebe (Holdings über 1 Acre), und dieses Verhältniß steigt bei den Kleinbetrieben von 9— 20 Acres auf 44,8 9/0, bei denen von 1—s Acres sogar auf 51,8 9%, während es bei den Großbetrieben über 300 Acres zwischen 3,6 und 410/06 chwankt. Auch der Antbeil des Weidelandes an der Fläche ist bei den Kleinbetrieben am arößten, bei den Großbetrieben am fleinflen, wobei immer wieder darauf hinzuweisen ist, daß unter diesem Meideland weder vorübergehend mit Gras bebaute A erstüde, noch die Mountain and Heath Lands verftanden find.

Bezüglich der in obigen Zahlenübersichten niht aufgeführten kleinen Marte Ee rol von 1 Acre (= 0,40 ha) und darunter sci zum Schlusse noch bemerkt, daß in den Returns des Poard of Agriculture für 1885/86 eine von den neuen Returns abweidende Bebandlung derselben ftattgefunden hat, wo- durch cine Vergleihung der beiden Erhbebungsergebnisse über- haupt wesentlih beeinträhtigt wird. Es wurden, wie {on erwähnt, 1885 die Holdings bis zur Größe von + Acre (= 0,10 ha) herab mit- gerechnet und dann 1886 getrennt ven diefen Holdings bie sogenannten Allotments, wie folat, gezählt: 1) Allotments or Field Gardens nit über 4 Acres, ohne Gehöft oder Wobnhaus (ausgenommen die Railway Allotments); 2) ebensolte Railway Allotments, d. h. von den Eisenbahn Gesellshaften an Angestellte überwiesene Aecker, ohne Angabe eines Flächenmaßes; 3) Garden Allotments (ausgenommen Railway A.) von § Acre und mehr mit Gehöft oder Wohnhaus, ohne Angabe eines Höchstflächen- maßes ; 4) ebensolhe Railway Allotments, aber ohne Angabe irgend eines Flächenmaßes. Außerdem waren 1886 noch gezählt die Arbeiter, welhe Kartoffeläcker oder freie Weide für eine Kuh oder au ein bes stimmtes Ausmaß von Land zum gleichen Zwecke von Farmen erhalten hatten, im Unterschiede von Allotments. Bei den Allotments ohne Gehöft (Field Gardens) waren 1886 unterschieden die unter F, §—T-

—1 -Acre und von 1—4 Acre und zwar au nach dauernder eide nnd Ackerlard. Sie waren zumeist als in Pacht be- findlih bezeihnet, theils mit jährlihen, theils mit kürzeren Paltxerioden bis zu ciner Woche herab. Die Returns für 1895/96 werfen die Betriebe von mehr als 1 Acre, wie es scheint, ohne jede Rücksicht auf den Charakter als Allotments, zusammen; ebenso die Betriebe von 1 Acre und darunter, nur daß bei diesen leßteren die Allotments bis zum fleinsten Ausmaß, die Holdings Rur bis zu } Acre herab gezählt sind. Dabei ist weder 1885 die Gefammtfläche der Allotments, noch 1895 die der Betzicbe unter 1 Acre berechnet. Es handelt si, wie bereits ermähnt, um mehr als 570 000 solcher fleinen Parzellenbetriebe, also um die größere Hälfte der Betriebe überhaupt, da man den Allotments zumal bei einem Vergleich mit der deutschen landwirthschaftlichen Betriebsstatistik, welche die kleinen Be- trieke von 1 a und darunter neben den größten Betrieben in Rehnung stellt Fkeinesfalls ten Charakter von Betrieben im statistischen Sinne wird absprehen dürfen. Es fällt dies besonders bei der sehr häufig beliebten Berechnung und Vergleichung von Durchschnitts- betriebsgrößen von Land zu Land ins Gewicht. Die oben in der ersten Zahlenübersiht bere{neten Durhschnittêgrößen gelten nur für die 520 106 Holdings über 1 Acre; wollte man den Durchschnitt sämmtlicher Betriebe finden, so müßte man weitere 579 133 in Rech- nung ftellen, was ein ganz anderes Resultat ergeben würde. Leider läßt uns die Statistik dabei über den wichtigsten Faktor: das Areal der Allotments, im Unfkflaren. Es ist auch nit etwa wie unser VDeputatland in der Fläche der größeren Betriebe enthalten.

Kunst unv Wiffenschaft.

Die Vereinigung der Kunstfreunde für amtliche Publikationen der Königlihen National-Galerie ist mit dem 1, Oktober 1897 in ihr 15. Vereinsjahr eingetreten. Die Liste ihrer Mitglieder, an deren Spiße Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, die Kaiserin Fricdrih sowie viele andere Fürstlihkeiten stehen, hat si im verflossenen Jahre wiederum erfreulih vermehrt ein Beweis für den wachsenden Beifall, den die aus den Ateliers des Herrn Ad. O. Laie hervorgegangenen Neprodufktionen finden und wegen der sorgsamen fkünstlerishen Auéführung der Farbenlihtdrucke auch wirklich verdienen. Der kürzlich ausgegebene illustrierte Nachtrag für das Jahr 1897/98 zeigt die Leitung, der teßt ter Geheime Oker- Regierungs-Rath a. D. Dr. Max Jordan angehört, wieder aufs glücklichste bestrebt, in der Auswahl der zu vervielfältigenden Kunstwerke allen Ansprüchen entgegenzukommen. Voran gehen ¿zwei vorzügliche, lebens- wahre Porträts Seiner Majestät des Kaisers von Max Koner und ein drittes nicht minder woblgetroffenes Bilbuiß Allerhöchstdesselben von Ludwig Noster, Weiterhin folgen für Freunde der älteren Kunft ¡wei berühmte Werke aus der Blüthezeit der italienishen Malerei: Tizian's „Himmelfahrt Mariä“ (die sogenannte „Assunta“ aus der Akademie zu Venedig) und Guido Reni’s „Aurora“ (Deckengemälde im Casino Rospigliosi zu Rom). Die moderne Genremalerci it sehr anziehend vertreten durch zwei Bilder kleineren Formats von Eduard Niczky, welde Frühlings- und Herbststimmung durch anmuthige Mädchen- gestalten charakterisicren, sowie das mit N Eleganz und Delit- latesse gemalte Bild „Juwelen“, von . von Czachorsfi, welches auf der lezten Ausstellung soviel bewundert wurde. Zur Landschaft leitet ein Bild von Herrmann Corrodi über, das cine bei Frühlings- morgenstimmung sich an die Uferfelsen eines Flusses lehnende Nymphe ¿eigt. Den norwegishen Sognesjord mit den ihn einshließenden mächtigen Felsgebirgen hat Adeliten Normann mit imponierender Großartigkeit geschildert, während Paul Flickel mit einem feiner Buchenwaldbilder erscheint, das diesmal der an Prachtstücken des berrliben deutshen Baumes so reichen holsteinishen Schweiz, am Kellersee, entlehnt if (Original im Besiß“ Seiner Majestät des Kaisers). Für Freunde ter Hochgebirgöwelt und ihrer Seen bietet der Nahhtrag cine Reihe meisterhafter Aufnahmen aus den Alpen, und zwar. zunähst die Gorner Visp mit dem Matterhorn und die

engernalp mit einer frischgrünen Matte im Vordergrunde und dem ewaltigen Gebirgsstock der Jungfrau und des Mönch darüber ; zwei

Ibblâtter zeigen ferner den Vierwaldstätter See, üÜberragt vom Uri- Roth , und eine Ansi@t des Ober - Lauterbrunnenthals. Swhlichte, und doch ftimmungsreihe Naturbilder find die nah E roider's Gemälden reproduzierten Blätter „Morgen“ und „Abend“.

in bewegtes italienishes Strandbild von Louis Herzog mit Staffage p ishern und ihren géaineugen bei effektvoller Sonnen- R tung (aus dem esip des Königs von Rumänien) a sein Gegenftick® in dem (der National - Galerie ge- pörigen) Bilde desselben Künstlers „Vom Cife zerschellt, sen Motiv dem Rhein in der Gegend von Düsseldorf entlehnt ift.

A die S{lachtenmalerei ift nit unvertreten geblieben : Carl Röthling \childert in zwei packenden Darstellungen, die fih im Befiß der betbeiligt gewesenen Truppentheile befinden, einen kritischen Moment aus den Kämpfen bei Gravelotte und den Sturm auf Le Bourget. Von großer Frishe und Wahrheit find endlich au die zur Vervielfältigung gelangten beiden Sportbilder von Georg Koch „Parforce-Jagd“ und „Eber, von ter Meute gestellt". Dem Kunstliebhaber bietet der Nachtrag somit eine Reibe gut ge- wählter, künstlerisch werthvoller Bilder, die sich vortrefflich zum Wandshmuck eignen und nach jedem Geshmack, reiher oder einfacher, eingerahmt in den unten bezeineten Gescäftestellen der Vereinigung zu erbalten sind. In dieser Einrahmung empfeblen sch die Bilder ganz befonders als vornehme und préeiêwerthe Weibnachts. Feftgeshenke.

Die Vereinigung versendet auf Wunsch den neuen Katalog nebst den Statuten und den Abbildungen aller früber erschienenen Bilder gratis und franko. Anmeldungen zur Mitgliedshaft der Jahres- beitrag beträgt 20 Æ, wofür ein Normalklatt nah freier Wahl ge- liefert und im dritten Jahre ein ebenfalls frei zu wätle-ndes Prämien-

“blatt gewährt wird werden bei den Gescäftéstellen in Berlin,

Markgrafenstraße 57 und Potsdamerstraße 23, fowie in Dréêden, Pragerftraße 15, entgegengenommen.

Der Vorftand der „Verbindung für historishe Kunft“ bierselb (Geschäftsführer: Geheimer Ober-Regierungs-Rath a. D. Dr. Jordan) erläßt eine Einladung an die Künstler zur Einsendung von Gemälden für ihre im Juni 1898 in München (Kunstverein, Galertestraße) ftattfindende XXVI1. Haupts- versammlung. In der Einladung heißt es: „Die Ver- bindung für hbistorishe Kunst verfolgt das Ziel, hervorragende Gemälde, namentli Bilder geschihtlihen und idealen Jnhalts, durch Bestellung auf einzuliefernde Skizzen oder durch direkten Ankauf zu erwerben. Zu diesem Zweck hält fie alle zwei Jahre eine Versammlung ab, in welher über die Erwerbungen entschieden wird. Die Künstler, inébesondere diejenigen des historishen Faches, werden ersucht, zur nächsten Hauptversammlung der Verbindung, welde im Juni 18988 zu München stattfinden foll, neuere Gemälde oder Entwürfe zu solchen einzusenden. Bisher wurden 62 Gemälde 2c. im Gesammtbetrage von 520250 # erworben. Besonders erwüns(t wird es der Verbirdung sein, ein Bildniß Seiner Majestät des Königs Albert von Sachsen als Feld- berr im französischen Kriege und ein solches des ersten Neichtkanzlers A von Bismarck in einem bedeutenden Moment seiner Wirk- amfeit zu erlangen. Die Sendungen find an den Vorftand des Kunstvereins zu München zu rihten mit dem äußeren Ver- merk „Verbindung für historishe Kunst“ und müssen späteftens bis zum 1. Juni 1898 dort ankommen. Fertige Gemälde können auch auf die im nächsten Jahre in München, Anfang Juni, zu crôffnende Kunstausstellung gesandt werden. Für die an den Kunstverein gebenden Sendungen übernimmt die Verbindung die Koften des Hin- und Rücktranéports, mit Ausnahme der Sen- dungen als Eilgut oder mit der Post, und unter der aus- drücklichen Bedingung, daß Nachnahme für Spesen 2c. nit erboben wird. Bei jeder Einsendung ift außer der genauen Adrefse des Ur- hebers der Preis und bei Vorlage von Entwürfen noch außerdem an- zugeben, in welcher Größe der Könstler dieselben auszuführen wünscht. Die den Gemälden beizugebenden bezw. feiner Zeit zu beshaffenden Nahmen dürfen keine Stv ckverzierungen erhalten und müssen möglichst leiht und einfah sein. Vorherige genaue Anmeldung der Gemälde und Entwürfe bei dem Schriftführer der Verbindung, Herrn A. Klee, Sekretär der Königlichen National-Galerie zu Berlin C., ift erforder- lih. Falls der Künstler die Versicherung der eingesandten Bilder oder Skizzen gegen Feuersgefahr wünscht, ist die Höhe des Versicherungs» betrages dem Kunstverein in München mitzutheilen.“

Die von dem Geologen Professor A. G. Nathorst für das Jahr 1898 geplante \{chwedische Expedition nah den Nordpolar- gegenden ist, wie dem ,W. T. B.“ aus Stocktholm gemeldet wird, dur Beiträge des Königs von Schweden und Norwegen und mehrerer Privatleute gesichert. Die Gesammtkosten werden auf 70 000 Kronen

geschäßt. Literatur.

Wilhelm Roscher's bodbgeshäßtes „System der Volks- wirthschaft *, das bei weitem verbreitetste Hand- und Lehrbuch der Nationalökonomie in Deutschland, dessen einzelne Bände bei Leb- zeiten des Verfassers in immer neuen Auflagen erschienen und das in fast alle europäischen Sprachen übersetzt worden ist, wird auch na seinem Tode davor bewahrt, selbs nur in Einzelheiten zu veralten. Bereits liegt der erfte Band, die Grundlagen der National- öfonomie enthaltend, in neuer, zweiundzwanzigster Auflage vor, deren Bearbeitung der durch vortrefflihe wirthschaftsgeschichtliche Werke bekannt gewordene Professor an der Universität Erlangen Dr. Robert Pöhlmann unternommen hat (X1V und 857 Seiten; Preis 11 &; Stuttgart, Verlag der I. G. Cotta’s{hen Buchhandlung Nachf.). Den Mittelpunkt dieses ersten, mit dem Bildniß Nofscher?s geshmückten Bandes bilden die Gütervertheilung und die Preisbildung. Nach einer längeren Einleitung über die Grundbegriffe, die Stellung der Nationalökonomik im Kreise der verwandten Wissenschaften und die Methoden der Nationalökonomik behandelt das erste Buch die Güterproduktion, die Faktoren derselben, deren produktives Zusammenwirken und die Arbeitsgliederung, das zweite Buh die Lehren von der persönlihen Freiheit und vom Privateigenthum; das dritte handelt vom Güterumlauf. vom Kredit, vom Preis, vom Geld und von der Geschichte der Preise, das vierte von der Gütervertheilung, vom Einkommen im allgemeinen, von der Grundrente, dem Arbeitslohn, dem Kapitalzins, dem Unter- nehmerlobn und von der perfönlihen Vertheilung des Nationalein- fommens; das fünfte Buch if dann der Konfumtion der Güter und das sechste der Bevölkerungslehre, der Geschichte der Bevölkerung und der Bevölkerungsvolitik gewidmet. Weiteres über die einzelnen Kapitel dieses ersten Bandes von NRoscher's Syftem der Volks- wirthschaft hinzuzufügen, darf füglih unterlassen werden. Die unvergleichlihe Universalität eines den Zeitraum von Jahröbunderten und die Weite der Welt umspannenten Wifsens, wie es nur für ein Gelehrten- leben von fo barmonisher Vollendung erreichbar war, die milde, ab- geklärte Weisheit des Urtheils, der mit einer tiefinnerlihhen Re- ligiosität gepaarte Adel der Empfindung, die ganze Art und Weise der Bebandlung der Dinge, die bet aller vorsihtigen Zurückhaltung, bei aller Anerkennung der immer nur relativen Bedeutung von Institutionen und Lehrmeinungen dech von sehr bestimmten ethishen Werthmaßstäben, einer in si geschlossenen Welt- und Lebentanschauung ausgeht und so nicht felten zu einem förmlichen Bekenntniß wird, die bis zu einem gewissen Grade ja auch mit der Weltanschauung zusammenbängende, für Roscher so bezeichnende gleihmäßige Handhabung der beiden ent- gegengeseßten Forshungsmethoben, der Induktion und der Deduktion, dies alles giebt dem Werke das Gepräge einer originalen Schöpfung. Aber es is niht nur ein Denkmal der geistigen Individualität des Verfassers, sondern auch ein Denkmal der Zeit, in der es entstanden ist. Sein Ausgangtpunkt ist das Lehrgebäude, welches die Arbeit der vorangegangenen Epocbe, die flassishe* National- öfonomie, geshaffen hatte, seine Aufgabe, dieses überkommene System zu berichtigen und weiter au8zubauen an der Hand eines Thatsachen- materials, wie es einerseits die Geschichte und andererseits die mehr als ein balbes Jahrhundert umfassende Beobachtung der eigenen Zeit, einer Zeit der tiefgreifendsten wirtbhscaftlihen, sozialen und geistigen Bewegungen und Umgestaltungen, zu Gebote stellten. Jn erster Linie war das Interesse des Verfassers den großen Fragen der historishen Entwickelungöprozesse der Völker und Staaten, wie fie schon von Aristoteles und Macchiavell formuliert wyrden, E ewandt. Gr hat die Fragen des ene Lebens zu vertiefen gesucht dur Aufdeckung der wirthschaftlichen Prozesse; er bat nah Naturgefeßzen für den allgemeinen Gang der volfswirtbschaftlihen Entwickelung

gev: Alles Studium der Alten, alle Sennnng neuerer Geschicht» reibung, alle Durhforshung der Statistik hat ihm als empirisches Material ¿ur Auffindurg allgemeiner Wahrheiten in Bezug ouf den Gang der politishen und wirthshaftlihen Geshichte gedient. Die bestehende Dogmatik hat er dabei keineswegs völlig erseßen wollen, sondern, soweit sie berechtigt war, in das Lehrbuch übernommen; aber das für die Gegenwart Gebilligte ift in einen größeren historischen Zusammenhang eingefügt. Roscher hat nit bloß die beutige Ein- tommenévertbeilung dargeftellt, sondern auch erklärt, wie fie entstanden ist, niht bloß die Gründe aufgezählt, die den Lohn heute bestimmen, sondern tas heutige Lohnverbältniß als ein Glied in der foztalen Entwidelung aufgedeckt; er hat niht geprüft, ob Malthus mit seiner Uebervölkerungstheorie heute recht babe, fondern die heutigen Bevölkerungsprobleme in die Geshihte der Be- völkerungsbewegung überkaupt eingereiht. Natürlich if diese Ein- fügung der Erscheinungen in einen historishen Kaufalzusammenhang nicht überall in gleiher Weise mögli gewesen. So fehr die empirische Preisgeshihte und Statistik viele ältere Irrthümer beseitigt hat, die Grundthatfacen der P wiederholen sich doch überall ziewlih gleihmäßig und find daher bistorisher Untersußung nicht fo sehr bedürstig. Aehnlich verhält es \sich mit vielen elementaren psycho- logishen und natürlichen Thatsachen, die das Wirthschaftéleben kon- stituieren und beeinflufsen. Ueber vieles versagt so sehr jede bistorishe Ueberlieferung, daß aus diesem Grunde andere Be- trahtungsarten auch in Roscher's Werk vorherrshen und ausreichen. Was den Artheil von Professor Pöblmann an der neuen Auflage an- belarat, so hat sich dieser mit Recht in der Hauptsache darauf be- schränkt, die Brauchbarkeit des Werks für den Lernenden dadur zu erbalten, bezw. zu erhöhen, taß er offenkundige Versehen und Jrr- thümer oder überflüssig Gewordenes beseitigt, das historische und das statistishe Material ergänzt, das selbständige Weiterforshen dur Hinweise auf die neueste Literatur und deren Resultate ermöglicht hat alles uyter sorgfältiger Shonung der Eigenart des Werkes, auf der ja dessen Werth und kulturgeschichtlihe Bedeutung beruht, und unter genauer Abgrenzung der Zusäß? zu dem über- kommenen Texte durch eckige Klammern. Troy dieser Be- sch{ränkung if dennoch der Umfang des Textes durch die Be- arbeitung um ein Beträhtlihes (um 56 Seiten) gewachsen. In den Zusätzen des neuen Herausgebers, in denen sih eine Fülle ireffender und fein durchdahter Bemerkungen findet, zeigt fich seine außerordentli große Belesenheit; es dürfte thm kaum ein erwähnens- werthes Werk oder eine werthvolle Abhandlung entgangen sein. Völlig neu hinzugekommen is ein Paragraph 21 b) über den „ökonomischen Materialismus*, d. h. die materialistische Auffassung der Volkswirthschaft, den man mit innerer Befriedigung lesen wird und als eine shäßenswerthe Bereicherung des Inhalts dieses erften Bandes bezeichnen darf. So wird das Werk noch für eine lange Reibe von Jahren das bleiben, was Roscher mit ihm bezweckte: ein Hand- und Lesebuch, das kein Gebildeter, welder die Wahrbeii und Wissenschaft um ihrer selbst willen begehrt, ohne Belehrung und An- regung aus der Hand legt. h

Familienfideikommisse. Von Dr. Paul Hager. Sena, Verlag von Gustav Fischer. Preis 1,20 «4 Diese kleine Strift giebt einen guten Ueberblick über die Geschichte und das Recht der Fideikommisse in Deutschland, über die Statistik derselben in Preußen, Bayern und Oesterreih nach den Ergebnissen der amtlichen Erhebungen erörtert, ohne jedo eine erhebliche wissenschaftliche Förde- rung und Vertiefung zu bieten, die Gründe, die für und wider die SJnstitution geltend gemaht werden, und kommt zu dem Schluß, daß die Fideikommisse im öffentlißen Interesse beizubehalten find, aller- dings unter gewissen Abänderungen der für sie geltenden Vorschriften. Namentlich befürwortet der Verfasser, daß geseßlich ein Maximum des Umfangs festgescßt und die Dauer des Fideikommisses begrenzt werde, daß Parzellen zu Ansiedelungszwecken vom Areal abgetrennt werden dürfen, der Pachtvertrag über Fideikommisse auh für die Fideikommißnachfolger biniende Kraft haben soll und doß mit einem Grund- au ein Geldfideikommiß verbunden sein müsse.

„Durch Bosnien und die Hercegovina kreuz und quer.“ Wanderungen von Heinrih Renner. Mit 54 Vollbildern, 300 Abbildungen im Text von W. L. Arndt, E. Arndt-Ceplin und Anderen fowie nach photcgraphischen Aufnahmen und einer Geueral- karte Bosniens mit Routen und Strafenzügen, nebst Karton: Eisen- babnverbindungen Bosniens mit Europa. Zweite, in Wort und Bild ergänzte und vermehrte Auflage. Berlin 1897, Verlag von Dietrich Reimer (Ernst Vohsen), Wilhelmstr. 29. Preis 3 #, geb. 5 # Dieses Werk erhebt, wie der Verfasser ausdrücklih betont, keinen Anspruch darauf, cine wissenshaftlihe Beschreibung zu bieten; es foll darin nur in zwanglosem Geplauter erzählt werden, was der Ver- fasser auf oftmaligen Reisen in dem Lande, das er gleich einer zweiten Heimath liebt, gesehen und erlebt hat. Es soll Interesse und Vers ständniß dafür in weiteren Kreisen wccken und solche, die eine Reise dort- bin antreten wollen, der Mühe geographischer Spezialstudien überheben. Die Thatsache, daß nah wenig über Jahresfrist eine zweite Auflage nôtbig geworden ist, scheint für die Anerkennung der Absichten des Verfassers zu sprehen. Die vorliegende neue Ausgabe ist durch mebrere Reiserouten vermehrt, darunter diejenige in das roman- tische, fang- und liederreihe nordwestlihe Krajna mit seinen zahlreihen Burgruinen und berühmten prähistorischen Funden. Die Abschnitte über die deutshen Kolonien und den Salz- und Koblendistrikt sind reicher illustriert als in der ersten Auflage. Neu ist ferner eine große Karte, in welche sämmtliche Routen und Straßenzüge cingezeihnet sind. Da dieselbe auch die Konfiguration des Terrains wiedergiebt, so wird dem Touristen damit zugleih ein vortreffliher Führer bei Bereisung des Landes dargeboten; ein bei- gegebenes Eisenbahnkärthen von Europa belehrt ihn ferner auch über die besten Zufahrt-Linien. i Us

Unter dem Titel „Zeiten und Menschen, Erlebnisse und Meinungen" kündigt die Königliche Hofbuchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn bterselbst ein Buch an, das von Rud olf Gense ver- faßt i und in wenigen Tagen erscheinen foll. Wenn in neuerer Zeit die autobiographischen Mittbeilungen und Bekenntnisse namhafter Persön- lichkeiten einer immer lebbafteren Theilnahme des Publikums begegnen, so wird dies bier um so mehr der Fall sein, als auf dem Hintergrunde der ereianißreihen neueren Zeitgeshihte in den Schilderungen der versönlihen Erlebnisse auch den zahlreichen hervorragenden Personen aus den Gebieten der Kunst, der Literatur 2c. getreue Charakterbilder gewidmet werden. Der erste der drei Hauptabschnitte behandelt die Zeit der vierziger Jahre in Berlin bis zur Revolution ; der zweite umfaßt den Zeitraum von 1849 bis 1866, in welche gee au der mehrjährige Aufenthalt des Verfassers in Coburg fällt. Der dritte Abschniit reiht bis zum Ende des großen Jahres 1870, wonah die neuere Zeit in einem Schlußkapitel zusammengefaßt is. Bei der Persönlichkeit des Autors und dem hier angedeuteten reihen Inhalt des Buches wird man dem Erscheinen desfelben mit lebhafter Spannung entgegensehen dürfen. E

Ver Roman „Abu Hassan“, den J. Adriant im Verlage von Hugo Andres u. Co. in Frankfurt a. O. hat erscheinen lassen, ist eine phantasievolle und farbenreihe Erzählung, die an der Grenze des Mittelalters in Spanien spielt und mit geshihtlihen Vorgängen : der Zerstörung der Maurenherrschaft durch die Christen und dem oft poetisch behandelten Untergang des vornehmen Mauren- geschlechts der Abencerragen, im engsten Zusammenhange steht. Die Verfasserin ührt den Leser an den durch Natur und Kunft mit vershwenderisher Pracht ausgeftatteten Hof des Sultans Abu aa von Granada, der die chriftlihe Königetochter Isabella von astilien heimgeführt hat. Seinem Gelöbniß zuwider bringt der Sultan von einem Zuge nah Indien eine zweite Gemahlin, Sobeïde mit; hierdurch entfremdet er Py zwar seiner ersten Galtin, doch bewabrt sie ihm die Treue, bis er thren Sohn Boabdil gefangen seyt und ihn zu Gunsten des Sohnes der indischen Fürstentoditer der Thronfolge für verluftig erklärt. Jeyt ruft Jsabella die Hilfe ihres Vaters zum Schuße der Rehte ihres Sohnes herbei. Den Aben- cerragen, die im Einverständniß mit der Königin ftanden, bereitet Abu Hassan zwar den Untergang, aber au seine Herrschaft wird von’ den Kastiliern gebrehen und, nahdem seine indishe Ge