1897 / 271 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Nov 1897 18:00:01 GMT) scan diff

E E E E E e n n Bieren eas. 2E E

mehreren siegreihen Gefehten der Engländer unterdrückt wurde. Cin Theil der Leute, 450 bis 460, trat mit Mwanga zu uns über, wurde nah Bukoba gebracht und dort eniwaffnet (45 Hinterlader, ungefähr 200 Vorderlader u. \. w.). Der andere Theil, 1500 bis 2000 feiner besten Leute unter dem Führer Madzasi, ift in Nkole und, von den Engländern hart bedrängt, anscheinend gewillt, auf deutsches Gebiet überzutreten. Es läßt sh über die Gründe der Flut, sowie über die augenblidlihe politishe Lage, die dadurch hervor- gerufen ift, Folgendes zusammenzuftellen. Durch die Begünftigung der großen Katikeros in Uganda war unter der Hand die absolute Monarhie Mwanga’s in eine konstitutionelle umgeändert. Dies paßite diesem in keiner Weise. Verschiedene andere Umstände, wie

ollzablen bei Ein- und Ausfuhr seiner Waaren, \arfe Kontrole über ein Thun und Lassen, ließen ihn \{ließlch zu dem Entschlusse kommen, zur Vertreibung aller Europäer am See einen allgemeinen Aufstand im Geheimen vorzubereiten. Die Gelegenheit fien ibm jeßt gerade günstig, da die Manjema, welhe eine belgische « rade niedergemaht baben und \sch{ch im Besiße un- zähliger Hinterlader, Geshüßze und ihrer Munition befinten follten, drohten, in Uganda einzufallen. Mwanga sandte an alle Sultane des westlihen Ufers, gleihgültig ob deutsch oder english, Gesandtschaften, die, falls die Manjema fiegreih wären und die von den Engländern ihnen Cnt ge Ben 2000 Waganda zurücks{chlügen, aufforderten, gemeinsame Sache zur Ver- treibung der Weißen mit den Manjema zu machen. Die Manjema ließen ih j-doch mit den Waganda garnicht ein, sondern zogen nah Süden ab. Daraufhin handelte Mwanga auf eigere Fauft, flob in seine süd- liste Provinz Buddu in dem Glauben, daß sih nun ganz Uganda erheben würde. Mit großer Schnelligkeit kamen die Engländer aber dem zuvor, indem sie mit einer großen Trvppenmacht ihn mehrere Male s{lugen und in deutshes Gebiet drängten. Zum Schutze der Grenze war ih sofort beim Ausbruch der Wirren abgerückt, und es gelang mir, ihn gerade in dem Augenblick in Empfarg nehmen zu können, als er den gus auf deutshes Gebiet seßte. Ich beeilte mich, ihn sofort von der Grenze nach Bukoba zu bringen, um jede Unrube auf deutscher Seite zu vermeiden.

In derselben Angelegenheit meldet der Premier-Lieutenant S chl obacch aus Bukoba unter dem 16. August:

Œs ift natürlich, daß der Uebertritt Mwanga?s, des Kabeka von Uganda, auch bier im Seengebiet großes Aufsehen erregte. Die Aufregung hat sih jedoch bereits gelegt, eine Gefahr if nicht mehr vorhanden. Mwanga ift entwaffnet. Die etwa 2000 Waganda, deren Eindringen in unser Gebiet befürchtet wurde, sind von der Grenze von Deutsch - Mbuddu über Nkole, Mpororo abgezogen, wahr- scheinlih in der Richiung nah Unioro und Toro, um \ich dort eventuell mit Feinden der Engländer gegen diese zu verbirden. Es bkandelt sich nunmehr nur darum, Mwanga unterzubringen. Es ist ausges{lofsen, thn am Westufer des Sees zu belassen. Die Sultane des Bukobagekbiets wollen ihn dort niht haben; auch ist sicher, daß er von bier aus mit Ruanda konspirieren, dorthin eventuell flieben würde; denn er wünscht, wie die Missionare behaupten, sich dort ein neues Reich zu gründen. Von dort aus würde dann auch unserem Eebiet Ge- fahr drohen. Eine möglihe Lösung der Frage besteht darin, daß Muwanga dicht bei der Station Muaxza dauernd untergebracht wird, unter der beständigen Aufsicht derselben. Kaufmann Sirdorf, welcher augenblicklich hier in Bukoba anwesend ift, hat fich bereit erflärt, Mwanga vorläufig in seine Niederlaffung aufzunehmen, die etwa 300 m von der Station Muanza entfernt ift. Da Sixdorf mit Mwanga seit Jahren bekannt ift, verliert der Tranétport des Mwanga nah Muanza den Charakter der gewaltsamen Ueberführung, sowie sein Aufenthalt daselbst den Charakter der Haft. Bis eine Entscheidung des Gouvernements eintrifft, wird für ständige Bewachung des Mwanga durch einen Ehrenposten gesorgt werden. Die Zahl der hier be- findlichen Anhänger beträgt etwa 450. In Bukoba vefinden si augen- blicklih das englische Dampfboot sowie die drei Segelboote „Fürst Wied“, „Herrmann“ und „Wilhelm*. Das Dampfboot fährt am heutigen Tage nah Muanza und wird Sixdorf und Mwanga mitnehmen, sowie Lieutenant von Wulffen, der die Ueberbringung leiten soll, da er alle bisherigen Schauris mit Mwanga erledigt hat. Vermiitels der drei Segelboote werden zunähft 100 Waganda beute nah Muanza trans- portiert. Die Stationen werden sih bemühen, die fleißigen geschickten Waganda seßhaft zu machen. Den Transport der Segelboote leitet Sergeant Wassilewski mit neun Askaris. Lieutenant von Wulffen kehrt mit dem engliihen Dampfboot in wenigen Tagen bierier zurück, worauf i selbst auf dem Landwege durch die Länder westlih und südlih des Sees nah Muanza zurückehren werde, wozu 14 Tage bis 3 Wochen erforderlich find.

Der Kaiserlihe Gouverneur hat sih mit den von dem Premier-Lieutenant Schlobach getroffenen Maßnahmen, be- sonders der io Mwanga’'s in dem Sirdorf’schen

use bei der Station Muanza, einverstanden erklärt und den efehl ertheilt, daß Mwanga auch weiterhin dort ver- bleiben soll.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser und die Kaiserin empfingen gestern den Prinzen und die Prinzessin Albrecht zu Schaum- burg-Lippe.

Die österreichische Delegation trat vorgestern Mittag zu ibrer erften Sißzung zusammen. Bei Beginn derselben gab der Delegirte Hofmann von Wellenhof (Deutsche Volks- partei) die Ara a, daß er an den Verhandlungen der Delegationen mit Rücksicht auf die innere politische Lage, insbesondere den ungeklärten Stand der Ausgleichsver- handlungen mit Ungarn, nur unter dem Vorbehalt theil- nehmen fönne, daß daraus fcin Schluß auf die Haltung seiner Partei betreffs einer entsprehenden Vertheilung dec Lasicn sowie überhaupt betreffs der verfassungsmäßigen Er- ledigung des Ausgleihs gezogen werden dürfe. Dieser Erklärung lossen sich der riftli - soziale Delegirte Dr. Scheicher und der deutsch-fortschrittlihe Delegirte Groß im Namen ihrer Parteien an. Bei der sodann vorgenommenen Wahl des Präsidiums wurde der Delegirte Graf Franz Thun mit 25 von 36 Stimmen zum Präsidenten gewählt. Die deutshen Delegirten hatten unbeshriebene Stimmzettel ab-

egeben. Zum O wurde der Delegirte von wort, der Obmann des Polenklubs, gewählt. Der Präsident Graf Thun führte hierauf in seincr Er- öffnungsrede aus, daß die Delegation von dem patrio- tischen Wunshe getragen sei, die Großmachtstellung der Monarchie ftrâftig und E, zu erhalten sowie die Würde und das Ansehen des Habsburger Reiches feierlich nach ir.nen wie nach außen zu dokumen- tieren. Die Delegation werde die Mittel, welhe zur Er- reihung dieses hohen Zieles nothwendig seien, opferfreudig bewilligen und dabei die Forderungen für die Gemeinsamkeit mit der Leistungsfähigkeit der Bevölkerung in Einklang bringen. Sodann gedahte der Präfident der tapferen Armee, welhe des Reiches Stolz und Schuß sei, der Kulturmission in Bosnien und in der Herzegowina und ab seiner Freude über den durch die Einmüthigkeit der

roßmächte zwischen zwei fkriegführenden Staaten gestifteten Frieden, sowie dem Wunsche baldiger Wiederherstellung der Ordnung auf Kreta Ausdruck. Es sei ein hohes Ver- dienst der leitenden Staatemänner und Regierungen, daß es gelungen sei, die volle Einmüthigkeit aller Großmächte in der

Beurtheilung dieser beiden im Orient aufgetauchten Fnd im vollsten Maße zu erweisen und so der Friedensl der Kabinette ein glänzendes Zeugniß auszustellen. „Für das große Verdienst, welhes unser Auswärtiges Amt sich dabei erworben hat“, fuhr der Präsident fort, „zollen wir ihm gerechten Dank, und egen die Zuversicht, daß dasselbe im Festhalten an der Basis treuer ndesgenossenschaft fortfahren möge, unsere Beziehungen zu allen Mächten zu den freundschaftlihsten zu gestalten. Die glücklih herbeigeführte Uebereinstimmung unserer und der russischen Regierung in der Behandlung der orientalischen Frage ift eine neue, freudig zu begrüßende Bürg- schaft des Friedens.“ Der Präsident leß seine Rede mit einem Hoch auf den Kaiser, in welhem Alle den Friedens- fürsten verehrten, der nun bald ein halbes Jahrhundert mit väterlihem Wohlwollen die Geshike seiner Völker lenke. Nachdem alsdann die Wahl der Ausschüsse vorgenommen worden war, wurde die Sißung geschlossen.

Die ungarische Delegation hielt vorgestern Nach- mittag ihre Eröffnungssißung ab. Zum Präsidenten wurde Graf Julius Szápáry, zum Vize-Präsidenten Koloman N gewählt. Der Präsident wies in seiner Ansprache auf verschiedene, in der lezten Zeit von gekröntern puplexa gethane Aeußerungen hin, welche bewiesen, daß die

tonarchen ebenso die Aufrechterhaltung des Friedens wünschten, wie die Völker. Er sprach ferner von dem Dreibunde, dessen Grundlage ebenfalls die Erhaltung des Frie- dens sei, und betonte sodann die Nothwendigkeit der Eintracht zwischen beiden Staatshälften als der Hauptgarantie der Großmachtstelung der Monarchie. Zuleßt gedachte der Präsident der Millenniumsfeier und {loß mit einem von den Mitgliedern der Delegation begeistert aufgenommenen Eljen auf den König Franz Joseph.

Gestern Mittag wurde von dem Kaiser und König zuerst die ungarishe und sodann die österreichischc Delegation empfangen.

Der Präsident der ungarischen Delegation Graf Szápáry gedachte in seiner Ansprache an den Konig zunächst der legten Allerhöchsten Entschließungen, welche die öffentlihe Meinung in Ungarn elektrisiert hätten. Jm Laufe des Jahres seien im Orient mancherlei Differenzen aufgetaucht ; es sei aber dem König in Gemeinschaft mit den anderen Großmächten gelungen, den Krieg zu lofalisieren und den Frieden wiederherzustellen. Diese Verwicke- ungen hätten den auswärtigen Vertretern des Königs reiche Gelegenheit zur Thätigkeit geboten. Die Ungarn hätten mit Freuden von jener geahteten Stellung, jenem Einflusse ver- nommen, den das Auswärtige Amt des Königs auf diesem Gebiete erworben habe. Graf Szápáry gedachte s\o- dann der Anwesenheit des Deutschen Kaisers und des Königs und der Königin von Rumänien in Budapest. Hierbei sei hervorgetreten, wie treu die ungarische Nation zu dem Drei- bunde stehe, welher die Grundlage der auswärtigen Be- ziehungen Oesterreich-Ungarns bilde, und wie freudig das ungarishe Volk Verbündete des Beherrshers Oesterreich- Lia empfange. Graf Szápáry fuhr hierauf fort: „Wir wissen, welche Sorgen Eurer Majestät die Erneuerung des Ausgleihs zwishen Ungarn und den übrigen Königreichen und Ländern bereitet. Aber je shwieriger die Verhältnisse sind, desto nothwendiger ist es, daß wir uns zur Lösung dieser Fragen aneinanderreihen, und daß diejenigen zusammenhalten, welche die Schöpfungen des Jahres 1867 aufrecht zu erhalten wünschen.“ ach Erwähnung der Nothlage der Landwirth- schaft {loß Graf Szápáry mit Eljen-Nufen auf den König.

Der Präsident der österreihishen Delegation Graf Thun betonte in seiner Ansprache an den Kaiser, daß die verschiedenen ôsterreichishen Völker den sichersten Schuß ihrer geistigen und wirthschaftlihen Jnteressen im festen itauutenbalten sowie in der Kraft und Stärke der Monarchie fänden; deshalb erfülle die Delegation nur ihre Pflicht gegen die Bevölkerung, wenn sie unter sorgfältiger Bedahtnahme auf die Leistungs- fähigkeit der Steuerträger die Mittel für die Wahrung der Würde und der Großmachtstelung der Monarchie be- willige. Graf Thun {loß mit heißen Segenswünschen für den Kaiser, als den von ganz Europa verehrten Hort des Nechtes und des Friedens. .

Die Ansprachen beider Freien beantwortete, dem „W. T. B.“ zufolge, der Kaijer und König mit folgender Thronrede:

„Die Versicherungen treuer Ergebenbeit, welhe Sie soeben an Mich gerichtet haben, nehme Ih mit aufrihtigem Danke entgegen. Im Laufe des leßten Jahres hat die Lage im Orfent zu manchen Besorgnissen Anlaß gegeben, die aber heute dank dem einmüthtgen Vorgehen der Großmächte, lüdlich beseitigt ersheinen. Das europäishe Konzert hat d während dieser Zeit als mächtiger Faktor zur Beilegung der orientalishen Wirren be- währt; und wenn es demselben auch nicht gelungen ift, den Ausbruch des schr bedauerlichen fkriegerishen Korflikts zwischen der Türkei und Griechenland zu verhindern, so ist es do seiner un- ermüdlihen und zielbewußten e u r zuzuschreiben, daß dieser Konflikt lokalisiert und {ließlich infolge der Intervention der Mächte auh beendigt wurde. Es wird jeßt die Aufgabe des europäischen Konzerts sein, an die Regelnng der Zustände auf Kreta zu schreiten, welhes unter Wahrung der Souveränitätsrehte Seiner Majestät des Sultans eine weitgebende Autonomie und damit die Bürgschaften für eine beffere Zukunft erbalten fol. Mit Befriedigung kann Ich betonen, daß Unsere Beziehungen zu allen Mächten die besten sind. Nach wie vor bildet Unser Bundesverhältniß zu Deutsch- land und Italien die unverrücktare Basis Unserer Politik. Diese Basis zu erhalten und zu kräftigen, ist das beständige Bestreben Meiner Regierung. Zu den bisher bestehenden Bürgschaften des Friedens ist die freundschaftlihe Ausgestaltung Unseres Verbältnifses zum russishen Reich hinzugekommen. Die wiederbolten Zusammenkünfte, die Ich mit Seiner Majestät dem Kaiser von Rußland hatte, überzeugten Mich von der ere g S Gesinnungen und begründeten ein Verhältniß gegenseitigen ertrauens zwischen M Staaten, dessen Konsolidierung nur Erfreulihes für die Zukunft verheißen fann. Mit Gefühlen warmer Genugthuung gedenke Ih der Befuche, mit welhen Mich Seire Majestät der Deutshe Kaiser, Mein treuer Freund und Bundeëgenofse, hier in Wien und kürzli in Budapest erfreut hat. Eine nicht minder dankbare Erinnerung be- wahre Ih Meinem vorjährigen Aufenthalte in Rumänien vnd dem Gegenbesvhe Ihrer Majeftäten des Königs und der Königin von Rumänien. Die Wahrung der Intereffen des europäischen Friedens wird avch fernerhin die Hauptaufgabe Meiner Regierung sein, und hoffe Ih, daß wir der Zukunft in dieser Hinsicht mit Zuversicht entgegensehen können. Meine Kriegöverwaltung hat auch in diesem äFahre bei ihren Forderungen der wirthschaftlihen und finanziellen Lage der Monarchie weitgehend Rechnung getragen, obgleih die Er- eignisse zu Beginn dieses Jahres eine rashere Grgänzung des Kriegêmaterials als nothwendig ersheinen ließen, welhe theils durchgeführt, theils eingeleitet werden mußte. iese Vorkebrungen bewegten ad | pt innerhalb des für den Ausbau Meines Heeres fixierten Rahmens, wel&em im übrigen auch das pro 1898 aufgestellte Gesammtbudget Meiner Kriegsverwaltung entspricht. An- gesichts der normal fortschreitenden wirthshaftlihen Gntwickelung Bosniens und der Herzegowina werden diese Länder auch in diesem

Jahre ebenso wie bisher in der Lage sein, alle Erfordernisse ihrer Verwaltung aus eigenen Einnahmen zu bestreiten. Indem Ih die “Ihnen zugehenden Vorlagen Meiner. Regierung Ihrer bewährien Einsicht und patriotishen Opferwilligkeit anempfeh=le, wünshe It Ihren Arbeiten den besten Erfolg und heiße Sie herzlihs willkommen.“ __ Das österreihische Abgeordnetenhaus wählte in seiner gestrigen Sißung den Abg. Dr. Kramarz zum Ersten Vize-Präsidenten und scßte sodann die Berathung der No:hstandsvorlage fort. E Unter dem Vorsiß des Kardinal-Fürstbishofs von Prag Schönborn fanden am Dienstag Vormittag Vorberathungen für die am 23. d. M. beginnenden Bischofskonferenzen statt.

Großbritannien und Jrland.

Jn einer am Dienstag in der Albert Hall zu London abgehaltenen großen Versammlung sprah, dem „W. T. B.“ ufolge, der Premier - Minister Lord Salisbury seine volle

nerkennung des glänzenden Beispiels von Patriotismus und Hingebung aus, welches die Eingeborenen-Truppen in Jndien ge- geben hätten. Gegenüber den scharfen Beurtheilungen der bri: tischen Politik gegen Frankreih im Auslande vertbeidigte Lord Salisbury die Polit:k der gegenwärtigen Regierung in Bezug auf Siam und Madagaskar, indem er erklärte, dak es Glad: stone gewesen, welcher in diesen Ländern vor Frankreich zurück- gewichen sei. Schließlich wiederholte Lord Salisbury seine jüngst auf dem Lord-Mayors-Bavykett gethane Aeußerung, daß das europäishe Konzert überall erfolgreih gewesen sei, nur niht bei der Bemühung, Griechenland vom Kriege zurüzuhalten, welches daher auch die ganze Verantwortung für den Krieg mit der Türkei zu tragen habe.

__ Der Ober-Befehlshaber der britishen Armee, Feldmarschall Viscount Wolseley, sagte am Dienstag in einer Ansprache an die Mitglieder der „United Service Justitution“: Die Nothwendigkeit, die Stärke der Armee zu erhöhen, werde allgemein anerkannt. Die allgemeine Dienstpflicht könne aber für ein Heer, wie das britishe, welches zumeist außerhalb Englands Dienst thue, nicht eingeführt werden. Wenn man den Mannschaften dagegen ausreihenden Sold oder Aussichten auf spätere Verwendung im Dienste der Regierung gewähren würde, würde man bald genug Rekruten

erhalten. Frankreich.

aue dem vorgestern abgehaltenen Ministerrathe berichtete der Minisier des Aeußern Hanotaux über die Verhandlungen mit Großbritannien in der Nigerfrage und theilte mit, daß dieselben einen regelmäßigen Fortgang nähmen.

Die Frage, ob der Hauptmann Dreyfus, welcher im Jahre 1894 mit Deportation nach Französisch - Guyana bestraft wurde, weil er vertrauliche militärische Papiere dem Militär-Attaché einer fremden Macht ausgeliefert haben sollte, unschuldig verurtheilt worden und deshalb eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen ihn erforderlich sei, is in legter Zeit von dem Vize-Präsidenten des Senats Scheurer-Kestner und dem Bruder des Verurtheilten Mathieu Dreyfus wieder aufgeworfen worden und vorgestern in beiden Häusern des Parlaments zur Sprache gekommen. Jm Senat beantragte der Senator Le Provost de Launay, daß in der nächsten Sigzung der gegenwärtig in der Kommissionsberathung befind- lihe Gesegentwurf über die Spionage, berathen werde, damit bei Gelegenheit dieser Diskussion der Kriegs- Minister, General Billot und der Vize-Präsident des Senats Scheurer-Kestner aufgefordert werden könnten, um- fassende Eiklärungen über die Angelegenheit, welche allgemeine Erregung verursache, abzugeben. Redner sprach sein Bedauern darüber aus, daß Scheurer-Keitner mit Jnsinuationen vor- gegangen sei, statt die Angelegenheit von der Tribüne des Senats herab vorzubringen. Der Justiz-Minister Darlan und der Senator Morellet bemerkten, die Besprechung der Frage würde dadurch gewinnen, daß fie auf eine ruhigere Zeit verschoben werde; übrigens habe auch die Kommission für das Spionage- Geseß ihre Arbeiten noch nicht beendet. Der Antrag des Senators Le Provost de S wurde hierauf abgelehnt und die Sigung geschlossen. Jn der Depulit ibn attwer richtete der Deputirte Graf d'Alsace eine Anfrage an die Regierung bezüglih eines Schreibens des Senators Scheurer- Kestner an einen anderen Senator und eines Schreibens des Bruders des Hauptmanrs Dreyfus, Mathieu Dreyfus, an den Kriegs - Minister. Der Redner forderte die Regierung auf, so klare und bestimmte Erklärungen abzugeben, wie fie die Armee und das Land erwarteten. Hierauf erwiderte der Kriegs-Minister, General Billot: er habe mit dem Vize - Präsidenten des Senats Scheurer - Kesiner eine vertrauliche Unterredung gehabt, in

welcher dieser ihm seine Absicht angezeigt habe, die Revision des .

rozesses Dreyfus zu betreiben; Scheurer-Kestner habe ihm dabei Schriftstücke gezeigt, welhe er ihm aber nicht überlassen habe und welche er, der Minister, auch nicht in Empfang zu nehmen befugt gewesen sei. Scheurer-Kestner habe eine Unter- suchung gefordert. Er (der Minister) habe geantwortet, diese Untersuhung sei ohne Unterbrehung fortgeführt worden. Durch das Ergebniß derselben seï aber die Autorität des gefällten Urtheils in keiner Weise ershüttert worden. Die Regierung, welcher die Angelegenheit vorliege, sei der Ansicht, daß es Zeit sei, derartigen Schritten und wiederholten Indiskretionen ein Ziel zu seyen, und habe den Vize - Präfi- denten des Senats Scheurer-Kestner aufgefordert, die An-

C EDDAE der zuständigen Justizbehörde in der vom

eses vorgeschriebenen Form vorzulegen. Scheurer- Kestner scheine nicht geneigt, diesen Weg zu_be- schreiten; aber die Familie Dreyfus habe in die Sache eingegriffen, indem sie ein Schreiben an den Kriegs-Minister erihtet habe, worin sie einen Offizier anklage, der wirkli Schuldige zu sein. Der Regierung sei somit eine formelle Anzeige zugegangen. Sie habe die Prlidt, den Urheber dieser Anzeige in den Stand zu L seine Behauptung zu gründen; sodann werde die Sache gesezmäßig zur Entscheidung kommen. Er, der Kriegs - Minister, sei zum Hüter Ehre der Armee berufen und werde seiner Pflicht na- kommen. Das Haus trat hierauf in die Ber des Unterrichts-Budgets ein. Der frühere Minister-Prä dent Bourgeois hielt hierbei eine Rede, in welcher er für den Laien-Unterricht eintrat. Die Kammer beshloß mit 320 gege 94 Stimmen den öffentlihen Anschlag der Rede in allen Gemeinden.

Die Armeekommission der Deputirtenkammer? hat einen Antrag des Kriegs-Ministers, Generals Billot a genommen, in welchem vorgeschlagen wird, daß die Genera, welche vor dem Feinde als Oberbefehlshaber kommandiert haben, eo ipso Mitglieder des Obersten Kriegsraths sein sollen, welches Lebensalter sie auc errceiht haben mögen.

Spauien. er ehemalige spanische Botschafter in London, Marquis a Ee gle e ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Real gestorben. f y : Der Prozeß gegen die Mörder des deutshen Banquiers acßner in Tanger ist vorgestern in Cadiz vor dem zuständigen ichtshofe (die Mörder sind spanishe Unterthanen) zu Ende geführt worden. Der Hauptangeschuldigte Perez Gallego purde für schuldig befunden und zum Tode verurtheilt, wäh- nd der Mitangeklagte Galindo freigesprochen wurde.

Türkei.

Gestern hat, wie „W. T. B.“ meldet, in Konstantinopel ne Sihung der Bevollmächtigten für die Friedens- inter handlungen stattgefunden zur Paraphierung des Artikels 7 des Friedensvertrages, welcher die freie Aus- panderung betrifft. i i 6

Zur Aburtheilung der jüngst wegen jungtürkischer Um- iriebe verhafteten Rersonen ist neuerdings ein außerordent- liches Kriegsgericht eingeseßt worden.

Das Wiener „Telegraphen-Korrespondenz-Bureau“ meldet aus Kanea vom 16. d. M.: Der dortige ene Bischof gikfiforo habe dur den russischen Konsul die Mittheilung ahalten, daß der Kaiser von Rußland das abgebrannte ristliche Stadtviertel von Kanea auf seine Kosten wieder ufbauen und die Kirche vergrößern lassen werde. Ferner

der Kaiser eine bedeutende Summe für die Armen von îandia, Rethymon und Kanea zur Verfügung gestellt.

Griechenland.

Bei der am Dienstag vorgenommenen Wahl des Vize- Präsidenten und der Schriftführer der Deputirten- fammer wurden, dem „W. T. B.“ zufolge, die delyan- nistishen Kandidaten mit Mehrheiten von 85 bis 79 Stimmen gewählt.

C

Amerika.

Der Präsident Mac Kinley hat, wie „W. T. B.“ aus Pashington meldet, gestern die jüngst bcshlossenen Zusaß- bestimmungen zu dem Welt-Postvertrag, welche am 1. Ja- nuar 1898 in Kraft treten, unterzeichnet. :

Die Konferenzen zwischen den britischen, canadischen ind amerikani schen E N Rae in der R obben- sangfrage und zwischen den canadishen und ameri- fanishen Bevollmächtigten in der Angelegenheit der Keziprozität sind, ohne daß ein endgültiges Uebereinkommen getroffen wäre, geschlossen worden; die Verhandlungen sollen aber auf schrifilidem Wege fortgeseßt werden.

Asien.

Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus Maidan vom 16. d. M. is der G des Mullah von Akbar zerstört worden. Es seien daselbst viele interessante Schrif tstücke gefunden worden, darunter eines von dem Mullah von Hadda, in welhem es heiße: die Türken hätten die Griechen geschlagen ; die ugunge nach Jn- dien befänden sich in den Händen der Mohamedaner ; die britischen Verstärkungen seien abgeschnitten; es sei daher für den Jslam die Stunde gekommen, einen Haupischlag zu thun.

Aus Simla vom gestrigen Tage wird gemeldet, daß die Brigade des Generals Kempster am 15. d. M., als sie sich auf dem Rückwege vom Auran-Thale, wohin sie eine edition unternommen, befunden habe, in einer Entfernung von 4 Meilen von Maidan heftig vom Feinde angegriffen worden sei. Eine Abtheilung des Dorseishire-Regiments sei in der Dunkelheit abgeschnitten worden. Zwei Lieutenants und neun Mann ver Abtheilung scien gefallen, ebenso zwei andere Offiziere, und drei seien verwundet worden. Die Sikhs hätten bei Deckden des Rückzuges große Tapferkeit gezeigt und den Feind unter großen Verlusten zurückgeschlagen. Jhr Verlust betrage

| 12 Todte und 25 Verwundete.

Aus Maidan vom gestrigen Tage erfährt die „Times*: d sei sehr wahrscheinlih, daß die jüngsten Gefehte, welche mi s{hweren Verlusten an Menschen und Waffen ver- bunden gewesen seien, alle Eingeborenen - Stämme angefeuert hätten, und daß die Furchtsamen“ und Schwankenden dadur

.

in einem für die Engländer ungünstigen Sinne beeinflußt

worden seien. Afrika.

Wie das „Reuter'she Bureau“ aus Kairo meldet, hat die egyptishe Regierung an die diplomatishen Vertreter ein Rundschreiben, betreffend die Erneuerung der Ge- mishten Gerichtshöfe, gerichtet. Danag ist die Re-

gierung bereit, die Machtvollkommenheiten dieser Ge-

rihte aufrehtzuerhalten; sie beantragt jedoch eine shärfere Fassung des Artikels 11, wonach die Gerichte befugt sein sollen, die Verwaltungsmaßnahmen der Regierung zu interpretieren, aber niht zu beaufsitigen. Ferner s{lägt die Regierung eine Aenderung des Artikels 9 vor, welcher die Grenzen der Rechtsprehung im Zivilprozeß zwischen Ein- es und Ausländern, sowie zwishen Ausländern ver- hiedener Nationalität feststellt.

_ Nath einer Meldung der „Times“ aus Johannesburg wird der Präsident Krüger in der nähsten Woche, wie all- 1âhrlih, eine Reise du die Bezirke des Landes antreten. Die Reise werde etwa drei Wochen in Anspruch nehmen. 4

Aus Cape Coast Castle erfährt das „Reuter'sche Bureau“, daß die Mehrzahl der Träger der Hinterland- Expedition des Oberst-Lieutenants Northcott, nahdem man ihnen die geforderten Fleishrationen bewilligt habe, wieder aufgebrochen sei.

Gemma

Arbeiterbewegung.

In Trebbin haben einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge die Pa merleute auf zwei Bauplätzen die Arbeit niedergelegt, als die Mitglieder einer Arbeiter-Kommission, welhe den Arbeitgebern Forderungen vorlegen sollten, entlassen wurden.

Aus London meldet „W. T. B.: Ju einer gestern abgehaltenen vorläufigen Konferenz der Arbeitgeber und der ausftändigen Arbeiter der Maschinenbaubranche wurde beshlofsen, am U. d. . “in London eine förmlide Konferenz ab- iuhalten, zu welher Arbeitgeber und Arbeiter je 14 Vertreter entsenden follen. Bis zu der Konferenz werden beide Theile fich di feindlichen Vorgehens enthalten. Nach einer Bekanntmachung,

è am Dienstag in der Londoner „Shipping Exchange“ - angeshlagen wurde, haben die Kesselshmiede nnd die Eisenarbeiter der die ifffsbauwerften zu den am 14. Oktober vereinbarten Bedingungen

rbeit wieder aufgenommen.

Kunft und Wissenschaft.

Im oberen Umgang des Lchthofs im Königlichen Kunft- ewerbe-Museum sind gegenwärtig Stickereien der Geshwister ucy und Rose du Bois-Reymond ausgestellt, deren Arbeiten {on von früher ber vortheilhaft bekannt sind. Das Bestreben der Künstlerinnen, in Anlebnung an natürlihe Pflanzenformen Fla(- muster zu schaffen, findet auch in diesen jüngsten Werken glückliche Anwendung. Zur Ausstellung gelanaten meistens Stickereien auf Leinen, die in flottem Platt- oder Stilstih ausgeführt sind.

Ueber neue römische Funde in Köln berihtet die „Köln. Ztg.“ : Bei einem Neubau der Versicherungsgesellshaft „Concordia“ am Maria-Ablaßplay stieß man auf Reste von Brandgräbern mit ansehnlichen Beigaben, welhe dem Museum Wallraf-Richarß überwiesen wurden. Darunter befinden sich eine unversehrte Kanne aus azurblauem Glase von seltener Größe sowie Sigillata-Schalen mit Relief: und Kerbverzierungen, dem Ende des erften Jahr- hunderts n. Chr. angehörig. Ein ungefähr gleichaltricges Grab wurde von dem ftädtishen Tiefbauamt bei der Lindenthaler Kanalanlage an der Aachenerstraße freigelegt. Es war gemauert und enthielt eine

roße gläserne Urne mit der Knochenasche sowie andere Beigaben aus

bon und Glas. Ein Brandgrab aus der ersten Pilte des erften Jahrhunderts - am Eigelstein enthielt als Hauptstück eine aroße Ge- fihtsurne aus Thon, die mit drei originell fombinierten Gesichtern in plastish aufgelegter Arbeit verziert ift, dabei eine thônerne Washschüfsel, eine Lampe mit traoisher Maske uad kleine Thongefäße. Aus einem Grabfunde an der Severinstraße stammt u. a. eine schône Lampe von etwa 50 n. Chr. mit einem Relief im Diskus, Jupiter und Antiope dar- stellend. Neben diesen Fundstücken kam als Geschenk des Mitgliedes einer der ältesten Familien der Stadt eine Ea Le und byzantinisher Grabfunde aus Palästina an das Museum. In den leßten Jahren wurden dort bei Eisenbahnbauten zablreihe Felfen- aräber aufgefunden und ihr wohlerhaltener Inhalt durch Händler in Europa zerstreut. Die dem Museum geschenkten Gegenstände, Gläser, Lampen und Thongefäße, zeigen zum theil carakteristishe griechifä;- orientalishe Formen. Unter den mitaufaefundenen Münzen sind die Kaiser von Konstantin dem Großen bis Justinian ve#eten.

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Arbeit sind zwei Probedrucke (uneingerahmt), nur mit Kennwort ver- seben, einzushicken; es ift ein veridlossenes Kuvert beizulegen, das außen das Kennwort trägt ‘und innen den Namen und die vollständige Adresse des Urhebers enthält. Die Jury tritt noch im Monat Bpril 1898 zusammen; das Ergebniß des Wettbewerbs wird öffentlich be- fannt gemaht. Alle dazu eingesandten Drue gelangen mindestens au! Tage lang zur öffentlichen Ausstellung in Leipzig. Durch die Preisverthei- lung werden die Originalplatten bez. Steine und Probedrucke aus\ließ- li®es Eigenthum der Seclantbühhanblung. Die käuflihe Erwerbung einer gréßeren Anzahl Platten is in Aussiht genommen. Das Preis- rihteramt haben aufer den Heravsgebern (Dr. Richard Graul und Dr. Ulri Thieme) und den Verlegern der i für bildende Kunst“ folgende Herren übernommen : Professor Otto Eckmann in Berlin, Professor Max Klinger in Leip.ig, Professor Carl Koepping in Berlin, Max Liebermann in Berlin, Professor Dr. Theodor Schreiber, Direktor des städtishen Museums in Leipzig, Professor Dr. von Tshudi, Direktor der Königlichen National-Galerie in Berlin, Dr. Julius Vogel, Kustos am städtischen Museum in Leipzig.

Bauten.

Zur Erlangung von Entwürfen für den Neubau der evangelish-lutherishen Lukaskirhe in Chemniß wird von dem Kirchenvorstande ein Wettbewerb unter den deutschen evangelischen Architekten ausgeschrieben. Die Entwürfe sind bis zum 15. Februar 1898 einzureihen. Die Preise betragen 3000, 2000 und 1000 A Preisrihter sind die Herren Geheimer Baurath Orth in Berlin, Baurath Dr. Roßbach in Leipzig und Professor H. Stier in O Die Baubedingungen werden vom Kirchenvorstande auf

uns kostenfrei zugesandt. ;

Bei dem Wettbewerb um den Neubau einer evan- gelishen Kirhe im Hammerbrook in Hamburg ist der erste Preis dem Professor Johannes Vollmer in Berlin zuerkannt worden. Den zweiten Preis erhielt Architekt Fernando Lorenzen in Hamburg, den dritten Preis Architekt Karl Voß.

Land- und Forstwirthschaft. Ernteergebniß und Getreidehandel in Galizien.

Aus Lemberg liegt folgende Nachriht ver: j

Nach den bisherigen Feststellungen soll die dieéjährige Ernte in Galizien einer ziemlih s{wachen Mittelernte gleidkommen. Wenn au einzelne Gegenden namentlih in Weizen ein gutes Ernteergebniß aufweisen, so brahte doch die Mehrzabl der Weizen- und insbesondere der Roggensaaten in s{hlechter Qualität kaum eine größere Ernte, als für den Samen erforderli ist. Infolge dieses ungünstigen Ernte- ergebnifses deckten aus der heurigen Ernte vor allem die galizishen Mühlea ihren Bedarf, zumal da aus den Vorräthen der legten Ernte nahezu garnichts übrig geblieben sein dürfte.

Bon einem Export galizishen Getreides, welcher sonst, wenn auch niht in größerem Maßstabe, stattzufinden pflegt, wird für die nächste Zukunft daher wohl nicht die Rede fein können. Galizien ift in diesem Jahre vielmehr zum theil auf die russische Einfuhr angewiefen. Ueber die beiden galizish-russishen Grenzstationen Brody und Podwotoczyska sollen angebli in leßter Zeit monatlih etwa 900 bis 1100 Waggons, und zwar gegen 200 über Brody und gegen 700 bis 900 über Podwotoczyska, nah Galizien eingeführt worden sein. Zum größeren Theil wurden diese Zufuhren an der Grenze ver- zollt und für den galizishen Konsum verwendet; ein Theil davon, ins- besondere Weizen und Roggen, aeht nah Böhmen, Mähren und Schlesien. Die Einfuhr nah Deutschland, namentlih über Fan wotoczyska, soll sich mehr auf Erbsen, Wien, Linsen und Bohnen beshränken. Das Getreidegeshäft in Podwotoczyska gestaltet ih in diesem Jahre ziemlich shwach, was hauptsächlich den billigen

raten anderer Grenzpunkte und den billigen Wasserfrahten via

dessa und Nifkolajew zugeschrieben wird. In leßter Zeit trat außer- dem in Brody wie in Podwotoczyska Waggonmangel ein, wodur das Geschäft ins Stocken gerieth.

Wie das Direktorium der Deutschen Landwirthschafts- Gesell\chaft mittheilt, werden die Tagungen der Aus\chüsse und Abtheilungen der Landwirthschafts - Gesellschaft sowie ihre Haupt- verfammlung in der Zeit vom 14. bis 18. Februar 1898 in erlin statifinden und die Sitzungen der bedeutendsten Fachvereinigungen deutscher Landwirthe si, wie in früheren Jahren, daran anschließen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln. Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom

31. Oktober bis 6. November etwas weniger günstig, die Sterblich- feitsziffer jedoh eine noch kleinere als in der orwoche (von je 1000

Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 14,4 gegen 15,3 der Vor-

in Leipzig für die „Zeitschrift für bildende Kunst“ aus und hat |

nannten Zeitshrift (25x34 cm) entsprehenden Größe (Marximal- |

ildgröße: it, 24 . Die Wahl des | Da! i De N S E i 4 | 5 Ubr Nachm., von Southampton (Needles) ab. Die Reisedauer betrug

„Cóô. i LT; ._ Bon jedèr | | ô mann u. Co. in Leipzig, Gartenstraße iu ven van Resultat. PD. „Wartburg“, v. Brasilien kommend, 16. Nov.

woche). Unter den Todekursahen kamen akute Darmkrank- heiten wieder in größerer gen zum Vorschein und führten auch in esteigerter Zahl (in 50 Fällen gegen 30 der Vorwoche) zum Tode.

ie an diesen Krankbeitsformen Gestorbenen standen fast aus\{ließlich im jugendlihen Alter von unter 2 Jahren. Die Be- tbeiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb fast die gleich niedrige wie in der Vorwoche; von je 10000 Einwohnern starben in Berlin, aufs Jahr berechnet, 41 Säuglinge. Auch akute Entzündungen der Athmungs- organe kamen mehr zum Vorschein, do zeigten fie im allgemeinen einen milden Verlauf. Erkrankungen an Influenza traten gleih- falls zablreiher bervor, und es wurde auch von 5 Todesfällen infolge von Influenza berihtet. Von den anderen Infektionskrankheit en famen Erkrankungen an Masern mehr, an Scharlach und Diphtherie nabezu in gleicher Zahl wie in der Vorwoche zur Anzeige, und zwar zeigten sich Erkrankungen an Masern und Scharlah in keinem Stadttheile in besonders nennenswerther Zabl, während Erkrankungen an Diphtherie aus den westlihen Theilen der jenseitigen Luisenstadt, aus dem Stralauer Viertel und aus der Rosenthaler Vorstadt am häufigsten zur Meldung gelangten. Erkrankungen an Unterleibstyphus find nit zur Anzeige gekommen. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 3 bekannt. Seltener als in der Vorwoche wurden rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut beobachtet. Auch Erkrankungen an Keuchhusten, die in 6 Fällen mit dem Tode endeten, kamen weniger zur ärztlihen Behandlung. Erbeblich seltener als in den Vorwochen wurden ferner rheumatishe Beshwerden aller Art, namentli akute Gelenkrheumatismen, zur Beobachtung gebracht.

Bombay, 16. November. (W. T. B.) Alle Eisenbahn- pafsagiere zweiter und dritter Klasse, welhe aus den Gebieten, in denen die Pest berrsht, hier eintreffen, werden einer Quarantäne von mindestens se{8s Tagen unterworfen. Vier weitere an der Pest er- krankte Europäer sind gestern in das Hospital in Poona auf- genommen worden.

Verkehrs-Anftalten.

Tilsit, 17. November. (W. T. B.) Die Memel geht mit Eis: zie Schiffahrt ist geschlossen.

NRostow am Don, 17. November. (W. T. B.) Nactem nurmcbr Thauwetter eingetreten i, können die Schiffe, welche durch den biéherigen Frost im hiesigen Hafen festgehalten waren, wieder auslaufen.

Bremen, 16. November. (W. T. B.) Der Schnelldampfer des dcut’cchen Lloyd „Kaiser Wilhelm der Große" ist heute

m tag 11 hr woblbebalten in New-York angekommen. Der Dampfer ging am 9. d. M. von Bremerhaven und am 10. d, M.,

5 Tace 23 Stunden, was unter Zugrundelegung der Distanz der nördl chen Route von 3056 Seemeilen eine mittlere Geshwindigkeit von 214 Meilen in der Stunde ergiebt, wiederum ein glänzendes

Mrat D. 2 r angekommen. November. (W. T. B.) PD. „Darmstadt" 16. Nov. Mras. Kle v. Gerua n. Southampton fortges. „Koblenz“, n. Brasilien best., 16. Nov. Vim. Ouessant passiert. „Trave“, v. New-York kommend, 16. Nov. Nm. Scilly passiert. „Olden- ug“, v. Baltimore kommend, 16. Nov. Nm. auf d. Weser an- gefommen. 17g, 16. November. (W. T. B.) Hamburg-Amerika - PD. „Persia*, von New-York kommend, hat heute Nachmiitag Lizard passiert. PD. „NRormannia“, von Ham- burg kommend, ist heute Morgen in New-York eingetroffen. London, 17. November. (W. T. B.) Castle-Linie. Damyfer .Tartallon Castle“ ist auf der Ausreise heute in Madeira anackommen. : Union-Linie. Dampfer „Mexican“ ist auf der Heimreise heute von Madeira abgegangen. D. „Arab“ hat auf der Aus- reise gestern die Canarishen Inseln passiert. D. „Goorkha“ ist heute auf der Heimreise in Southampton angekommen.

Theater und Musik.

Konzerte.

Am Abend des gestrigen Bußtages brachte der Königliche Opernchor unter Mitwirkung einer Reihe von Solisten sowie der Könizlichen Kapelle die „Legende von der heiligen Elisabeth * von Franz Liszt zur Aufführung. Dieses, zuerst im Sommer des Jahres 1865 bei dem ungarischen National - Musikfest in Budavest und später, im Herbst des Jahres 1881 und im Früh- jahr 1884 in Weimar in dramatischer Inscenierung aufgeführte Dratorium ist auch in Berlin bereits mebrfah zu Gehör gebraht worden. Liszt \trebt darin eine Art geistlicher Oper an und hat in diesem Sinne die von Otto Roquette nah den Schwind’shen Wandgemälden in der Wart- burg gedihteten Scenen, unter Anwendung des von Wagner erfundenen „Motivs“, mit sorgfälti er Charakterisierung der einzelnes Personen, treffender orchestraler Stimmungsmalerei sowie reihliher Ver- wendung von Chören wirkunugêvoll musikalisch gestaltet. Von den sechs Bildern machten einen besonders tiefen Ein- druckd das zweite mit dem „NRosenwunder“ und das fünfte und sechste: Elisabeth's Tod und feierlide Bestattung. n den letztgenannten Bildern fand namentli der Chor Gelegenheit, fich oft und wacker hervorzuthun. Die s{hwierige Partie der Elisabeth wurde von Fräulein Hiedler sehr lobenswerth ausgefThrt, auch die anderen Soli waren mit den besten tesigen und auswärtigen Kräften beseßt, nämlich: Von Goeye (Landgräfin Sophie), Großherzoglih sächsischer ammersänger Herr Franz Schwarz (Landgraf Ludwig), Herr Stammer (Landgraf Herrmann und Kaiser Friedrih Il.), Herr Hoffmann (ungarischer Magnat) und Herr Mödlinger (Seneschall), die ihre Aufgaben mit Einsetzung allen Könnens lösten, Das Quartett der Engel wurde von den Damen Dietrih, Weit, Rothauser und Pohl innig ergreifend gesungen. An der Orgel saß Herr Professor Dr. Reimann. Unter Drn Kapellmeister Dr. Muck's energisher Leitung ging die Auf- ührung präzis von statten. Gegen sonstige Gepflogenbeiten ließ sich das Publikum dur die eindringlihe Wirkung der Hauptscenen des Oratoriums und der vortrefflihen Einzelleistungen öôfter zu lautem Beifall hinreißen. :

Am Dienstag Abend fand im Saal der Sing-Akademie das leßte der vier Abonnements-Konzerte der Meininger Hofkapelle statt, welhes nicht minder rühmlih für die Kapelle verlief, als die vorangegangenen. Zur Ausführung gelangte an erster Stelle Jo- hannes Brahms? vierte Symphonie in E-moll, eins der be- deutendsten, aber auch s\chwierigsten Tonwerke des Meeisters; ibr folgte Beethoven's „Coriolan“-Ouvertüre, die in ihrer knappen Form und inneren Klarheit in einem bemerkenswerthen Gegensaß zu der Brahms'shen Symphonie steht; beide Tonwerke wurden unter Herrn General-Musikdirektor Friß Steinbach? s Leitung künstlerisch tadellos vorgetragen. Jn etner Tarantella für Flôte und Klarinette mit Orchester von Saint-Saöns konnten die Solisten,

err Julius Manigold und Herr Richard Mühlfeld ihre

irtuosität aufs neue glänzend entfalten. Franz Sthubert's oft und immer gern gehörte liebliße und Ls Zwischenakt- und Balletmusik aus der Oper „Rosamunde“ sien den

örern einen besonders willkommenen Genuß zu bereiten, zumal au hier die Leistung des Orchesters völlig auf der Höhe stand. Den Beshluß mate Richard Wagner's Vorspiel zu den „Meistersingern von Nürnberg*, welches nach minutenlangem Beifall wiederholt werden mußte. Dem Konzert wohnte Fhre Majestät die Kaiserin und Königin bei. An demselben Tage gab Fräulein Marianne Geyer aus Wien im Saal Bechstein einen Liederabend, in welchem e hier zum ersten Mal ershien. Die Sängerin gebietet über eine tiefe, recht klangvolle Altstimme, deren Verwendung von guter Schulung zeugt, die jedoch