1897 / 276 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Nov 1897 18:00:01 GMT) scan diff

R REMZR

E E E E

P 4 O E E E Ae : E E T E S CIE L TE N? A E

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburg-hwerinshe Ministerial-Rath Dr. Langfeld ist nah Schwerin abgereist.

n der Zweiten Beilage zur heutigen Nummcr des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ werden die im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellten Nachrichten über den Stand der Herbstsaaten im Deutschen Reiche um die Mitte des Monats November sowie über die dies- jährige Ernte von Hafer, Kartoffeln, Klee (auch

uzerne) und Wiesen veröffentlicht.

Görliß, 23. November. Der diesjährige Kommunal- Landtag des preußishen Markgrafthums Ober- Lausiß wurde heute von dem Landeshaupimann, Kammer- herrn Dr. von Seydewiß durch den Vortrag des Jahres- berichts eröffnet. Der Bericht wurde durch den Hinweis auf die verheerenden Wasserfluthen cingeleitet, welhe auch die Ober- Lausi beiroffen und den Wohlstand einer beträchtlichen Anzahl von Ortschaften in Frage gestellt hätten. Sei auch die Noth groß gewesen , so habe doch die Hilfsthätigkeit derselben entsprohen. Zu wiederholten Malen habe der Ober- Präsident die Ober-Lausiß besucht, und an vielen Orten ent- standene A hätten Gaben “pv SeineMazjestät der Kaiser und König habe zu Deich-, Wege- und Brücken- bauten Truppen zur Verfügung gestellt, und Seinem Befehle sei es zu danken, wenn dem Landtage der Monarchie eine Nothstandsvorlage gemacht werde. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin habe bei einem Besuche des Uebershwemmungsgebiets im Queisthale am 20. September d. J. unmittelbar reihe Gaben an die S gespendet, große Summen an die betroffenen Kreise überwiesen und eine Anzahl von Personen zu Sich befohlen, um näheren Bericht über die vom Unglück Heimgesuchten und über das zur Linderung der Noth Geschehene entgegenzunehmen. Zu diesen Personen hake auh der Landeshauptmann gehört. übrigen hätten auch die Landstände der preußischen Ober- Ae durch Bewilligung reicher Mittel auf Grund der Be- \hlüsse der dazu berufenen Organe an der Noth regen Antheil arma und dadurch zur Beseitigung derselben nah Kräften eigetragen. Der betrübenden allgemeinen Lage eines großen Theils der preußischen Ober-Lausig gegenüber kann der Jahres- beriht Günstiges über die Fortentwickclung aller ständischen Institute berihten. Eine ausführlihe Darlegung giebt Aus- funft über alle näheren Verhältnisse der ständischen Verwaltung und stellt dem Landtage verschiedene größere Vorlagen in Aussicht, welche wesentlih zur Verbesserung der Lage des land- und forstwirthshaftlihen Betriebes führen sollen. i

Nach dem Vortrage des Jahresberichts erfolgte die Kon- stituierung des Landtages durch Mittheilungen über den Personalbestand und Einführung der neu ershienenen Mit- glieder, sowie die Vertheilung der Mitglieder in die einzelnen, mit der Vorberathung des größten Theils der Landtagsvorlagen beaustragten Ausschüsse. Hieran {loß si die sofortige Be- rathung und Beschlußfassung über mehrere im Jahresbericht berührte Geschäftsangelegenheiten nach den Anträgen des Landes- hauptmanns, ebenso die Beschlußfassung über die in den vor-

etragenen Jahresberihten berührten Verwaltungsangelegen- Prilen des Ober-Lausißer Waisenhauses, der Ober-Lausißzer Hilfs- fasse, des geistlihen Unterstüßungsfonds, der Ober-Lausiger Provinzial-Spa: kasse, soweit dieselben Beschlüsse erforderlich machten. Hierbei wurden aus der Ober-Lausißer Hilfskasse, dem ständishen Fonds zu milden Zwecken und der Gräflich Löben’schen Nebenstiftung cin2 Arzahl von Beihilfen zu O und woßtlthätigen Zwecken bewilligt. Die

agesordnung für die heutige Plenarsizung war damit erschöpft; der Landeshauptmann beraumte die nächste auf Donnerstag, den 25. d. M., an. Morgen arbeiten die Aus- hüsse über die Bcrathung der ihnen zugewiesenen Vorlagen.

Heute Abend um 5 Uhr findet noch eine Sißung der Ver- treter der ehemals rauchsteuerpflihtigen Landstädte und Land- gemeinden und um 61/2 Uhr eine Sißung der stiftsberechtigten Stände in Angelegenheiten des Stifts Joachimstein statt.

Infolge des Ablaufs ihrer Wahlperiode hatten der Landes- hauptmann Dr. von Seydewiß und der Landesbestallte der preußischen Ober-Lausiß, Rittmeister von Wiedebach-Nostiz ihre Aemtcr in die Hände der Herren Landstände zurügelegt. Hierauf ist die einstimmige Wiederwahl dieser Herren für die genannten Aemter auf eine fernere zweijährige Periode erfolat und baben dieselben dic Wahl angenommen,

Bald nah Beendigung der heutigen Plenarsizung des Kommunal-Landtages tagte im Saale des Ständehauses s Pn Konvent des adligen Fräuleinstifts der preußishen Over-Lausiß unter dem Vorsige seines Stiftshauptmanns, des Ober-Pr äsidenten a. D., Wirklichen Gehcimen Raths Dr. von Seydewiß. Der Konvent nahm mit Befricdigung den Bericht über den

ünstigen Vermögensstand des Stifts entgegen und faßte arauf Beschlüsse über die die Verwaltung berührenden Anträge.

Bayern. Der Erzbischof von München - Freising Dr. Antonius von Thoma ist heute Vormittag ge}storben.

Baden.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats- Minister von Bülow traf gestern Vormittag in Begleitung des preußischen Gesandten am Großherzoglih badischen Hofe von Eisendeher in Baden-Baden ein und stieg im Groß- herzoglihen Schlosse ab. Nachmittags wurde der Staats- sekretär oon Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog in Audienz empfangen. Am Abend traf auch der badische Minisier des Großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten von Brauer von Karlsruhe in Baden- Baden ein.

Der Landtag ift gesiern im Auftrage Seiner Königlichen oven des Großherzogs dur den Staats - Minister

r. Nokk eröffnet worden, welher nach der „Köln. Ztg.“ dabei folgende Ansprache hielt:

Dur@Glauchtigste, hohgeehrteste Herren! Die Lage des Staats- hauéhalts hat si in den legten Jahren merklih gebessert. In den günstigen Abschlüssen, inébefondere im den starken Mehrerträgnifsen aus Steuern und Eisenbahnketriebégefällen tritt eine erfreuliche Hebung der Wohlstandéverbältnifse zu Tage. Das Budget {ließt im ortentlichen Etat erstmals wieder mit cinem .allertings nit sehr erheblichen Vebershuß ab; die Abführung eigentliher Matrikular- beiträge an \ das Reich ift hierbei nickch;t vorgesehen, vielmehr vorauës- gesezt, daß in den beiten nädsten Jahren Matrifularbeiträge und Ueberweijungen sh decken werten. Die S@hwierigkeiten der

Anforderungen des außer

Staatshaushalte-Feststellung liegen für die Periode 1898/99 in den

benttihen Gtats. Diese E die. ungewöhnlihe Höhe von 13 320 444 „4 und nah Abzug der - nahmen des außerordentlichen Etats von 2410-756 46 immer noch eine Höhe von 10909688. Für diese Forderungen findet si in den Betriebs- übershüfsen früherer Jahre keine Deckung. Eine Heranziehung des in der Amortisationskasse angesammelten Staatsvermögens zur Befireitung eines Theils der außerordentlichen Ausgaben wird daher nit zu ver- meiden fein. Gc epo o gns werden Ihnen zugehen über die Be- steuerung des Wandergewerbebetriebs und der Wanderlager sowie über die Vornabme einer Revision der Klasseneintheilung der rundstüke für eine neue Grundsteuer- Veranlagung. Eine die Grundzüge der geplanten Steuerreform darstellende Denkschrift wird Ihnen alsbald jugängri gemacht werden. Die andauernde Steigerung des Eisenba nverkehrs erfordert größere Aufwendungen für Ergänzung der Betriebsmittel und für die Erweiterung unzulänglih gewordener Bauanlagen. Ueber die Fortseßung der Bodenseebahn von Ueberlingen nah Friedrichéhafen, der Elzthalbahn von Waldkirh nach. Elzah und den Bau einer Verbin- dungsbahn von Eppingen nah Steinsfurth werden Ihnen Vorlagen unterbreitet werden. Das bevorstehende Inkrafttreten tes Bürgerlichen Geseßbuchs für das Deutsche Reih macht eine Reibe landesgeseßlicher Ausführungsbestimmungen nothwentig. Ein Theil der Entwürfe ist fertiggestellt und wird Ihnen unverweilt zugehen. Die anderen befinden ih ncch in Vorberathung und sind theilweise von dem Zustandekommen eines Reichsgesezes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerihts- barkeit abhängig. Die Regierung giebt sich der Hoffnung hin, daß es gelingen werde, auch sie rechtzeitig zur Vorlage zu bringen. Jm Zu- \sammenhange mit der Einsührung des Bürgerlichen Geseßbuchs steht ein Geseßentwurf über die geschlossenen Hofgüter, worin auch das An- erbenrecht, soweit ein solhes im Interesse der Landwirthschaft noth- wendig erscheint, seine Regelung finden fol. Ferner werden Ihnen Entwürfe zugehen über die Durchsicht unseres Wassergeseßes und des Enteignungsgeseßes sowie über die Neuordnung der L egenschafts-, Sghenkungs- und Erbschaftsaccife.

Medcklenburg-Schwerin.

Der Landtag hat, wie die „Meckl. Nachr.“ melden, den Verordnungs-Entwurf, betreffend die Vermehrung des mittleren und kleinen Grundbesißes, mit dem Zugeständniß der meist freien Verschuldbarkeit genchmigt.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist am ZrS Abend von Baden-Baden wieder in Weimar ein- getroffen.

Oesterreich-Ungarn.

‘Der Budgetauss{ch der ósterreihishen Dele- gation berieth gestern den Etat des Ministeriums des Auswärtigen. Ueber den Verlauf der Debatte licgt der nachstehende Bericht des „W. T. B.“ vor:

Der Delegirte Dr. Stransky zollte dem Exposs des Grafen Goluchowéki große Anerkennung und bob hervor, feine Partei fei von dem freundschaftli@en Verhältnisse zu Rußland sehr befriediet; das- selbe habe bei den Wirren im Diient die erste Kraftprobe bestanden. Er und feine Partei würden für den Etat des Ministeriums des Aus- wärtigen stimmen. Der Delegirte Groß hielt es für un- zulässig, daß die Delegation A M über die Repartierung der gemeinsamen Lasten vor der verfa unge aen Festseßung der Ouoten fasse, und wandte sich sodann zu den Vorgängen auf Kreta. Der Redner gab scinem Bedauern Ausdruck, daß die Megeleten auf der Insel unter den Augen der öfterreihisch - ungarishen Truppen hätten fortdauern können, und fragte, wozu denn die öosterreichish- ungarischen Kriegsschiffe und Truppen dort verblieben, wenn fie den Greuelthaten nid;t wehrten. Zur Besprehung des Dreibundes übergehend, betonte der Redner, daß derselbe für die Deutschen und Italiener Oesterreichs eine Herzensfache fei und daß er dur die neuerlihe An- näherung Oesterreich: Ungarns an Rußland nichts an feiner Wirksam- feit verliere. Indessen sei eine Rückwirkung der inneren Politik Oesterreichs auf den Dreibund zu besorgen. In diefer Hinsicht richtete der Redner die Anfrage an die Regierung, ob seitens derselben eine Intervention in Berlin erfolgt sei, um das Sprechen österreichischer Abgeordneten in einer Versammlung des „Aldeutschen Verbandes“ zu ver- hindern. Des weiteren ee er sih über den zwar sehr wünshenswerthen, aber wegen der Interessengegensäße der europäischen Staaten schwer zu verwirklihenden kontinentalen Zusammenschluß zur Abwehr dec übersecishen Konkurtenz. Der Delegirte Scheicher bemängelte, daß sih das diplomatische Korps aus dem Adel refrutiere; die Konsular- Vertretungen seien jüdisch angehauht. Er bestreite, daß sid das europäis@e Konzert bewährt habe, Der Delegirte Kaiser protestierte gegen die Auftheilung der gemeinsamen Beitragsleisturg nah dem bis- berigen Schlüssel; er lege das größte Gewicht auf den Dreibund und das innige g gu zu dem Deutschen Neiche und sche in der Annäherung an Rußland eine ersprießliche Sicherung des Fricdens. Der Redner richtete sodann eine Anfrage an die Regierung wegen der Zurückziehung der österreihischen Truppen von Kreta. Die Sicherheit der auswärtigen Politik erachtete er als dur die innere Politik e und bedauerte den Umstand, daß Ungarn si den billigen Ansprüchen bezüglih der Ordnung der gemeinsamen Angelegenheiten hartnädig vershließe und sich in innere österreihis@e Verhältnisse einzu- mengen fuche, Seine Partei halte eine zoll- und handelépolitische Einigung mit dem Deutschen Reiche und sodann eine weitere Aus- gestaltung zu einem mittel- oder gesammteuropäishen Wirthschafts- bunde für wünschenswerth, wobei insbesondere die landwirth- schaftlichen Interessen zu bérücksichtigen feien. Mit den Darlegungen des Grafen Goluchowski erklärte sich der Redner einverstanden. Der Delegirte Kupul hob die wohlt1hätige Wirkung des Dreibundes, sowie der Verständigung mit Rußland bei den jüngsten Orientereig- nissen hervor und betonte die vertrauenêvollen Beziehungen zu Rumänien. Er {loß sich dem angeregten Vertrauensvotum für den Minister des Aeußern an. Der Delegirte Dr. Kramarz führte aus: Die Czechen acceptierten den Dreibund als Element des euro- päischen Gleichgewichts, zumal die loyale Auésprache mit Rußland au die wegen des Balkans gehegten Besorgnisse versheucht habe. Be- sonders fympathisch berühre die Partei des Redners, daß die neue Politik offen und ohne Hinterhalt der ganzen Welt klargelegt werde. Einer der Gründe des früheren Wiberstandes der Czehen gegen den Dreibund sei au die Besorgniß gewesen, der präponderierende Einfluß Deutschlands könnte au auf die innere Gestaltung der ôsterreihisch- uogarishen Politik sich geltend mahen. Ec: müsse aber konstatieren, daß gerade in der jüngsten Vergangenheit die deutsche Regierung einen vollständig korrekten und loyalen Stant punkt eingenommen und eingehalten habe. Redner {loß : Der mit den Deutschen geführte Kampf habe nur cin Endziel: endlih zum Frieden zu fommen. Die Czechen hielten an der Hoffnung fest, dies zu erreichen. Eine Slavisierung wollten sie niht. Hierauf wurde die Vormittagsfißung geschlofsen.

In der Nachmittagésißung ergriff zuerst der Minister des Aeußern Graf Goluchows fi das Wort, Derselbe verwahrte sich gegen eine Deutung feiner Ausführungen in einigen Punkten, die weder seinen Absichten, noh seiner Auffassung entsprehe. Er habe \sich ganz klar dahin auêgesprohen, daß der Dreibund der Grundpfeiler der Politik Oesterceih-Ungarns und ein eminentes Friedensbollwerk sei, daß aber sein Zweck nur unvollftändig erreicht worden wäre, wenn die Regierung niht au danach getrahtet hätte, mit den außerhalb des Bündnisses stehenden Mächten vertrauenévolleBeziehungen zu pflegen. Der Dreibund sei ein E, feine einzige Aufgabe bestehe darin, den Frieden zu erhalten. Die Garantien für die Erhaltung des Friedens könnten aber durch die Anbahnung freundschaftlicher Beziehungen ¿u anderen Mächten nur erhöht werden. Einer der Delegirten habe die freund- shaftlice Gestaltung des Verhältnifses Oesterreih - Ungarns zu Rußland so dargeftellt, als ob Oefterrei-Ungarn sich bisher mit

Rußland in offenem Widerspruch befunden habe. Dies sei eine auz 1

irrige Auffassung. Es bâätten wohl Mißverftändnisse über die Be, handlung einz-lner Fragen bestehen können, aber es sg ftets: ‘das Bestreben der österreichis{ - ungarischen Regierung gewesen, solche Mißverständnisse zu beseitigen, und dg gleihe Bestreben habe auch auf der anderen Seite bestanden Es müsse ¿os immerhin als ein friedliher Umstand bezeichnet werden, daß man beiderseits zu der Ueberzeugung çelangt sei, daß keine solhen

Differenzen bestärden, die nihi cutgeglicen werten könnten. Ebenso

irrig sei die Auffaffung, als ob Oefterreih-Ungarn in den Balkan- staaten überhaupt gh jeden Einfluß verzihtet habe. Einen natürlichen Einfluß werde die Monarchie vermöge ihrer wirthschaftliden Be- ziehungen und ibrer geographisden Lage siets autüben, aber sie wolle sich nicht in die inneren politishen Verhältnisse missen ; das- jelbe gelte von Rußland. Das Beflreben, die Großmächte sür Partei- interessen zu gewinnen und zum eigenen Vortheil gegen einander aus, zuspielen, bestehe viel eher in den Balkanländern selbst, als eine Ge, neigtheit bei den Großmächten, darauf einzugehen. In Beants- wortung ter Anfrage, wann die öôsterreihishen Schiffe und Truppen von Kreta würden zutückyezogen werden, bemerkte der Minister, daß dies gesehen werde, fobald die Verhältnisse fich genügend beruhigt hab:n würden. Jm Augenblick seien die Mächte im Begriffe, für die Ordnung der Verhältnisse auf Kreta eine feste Basis zu gewinnen. Die Verhandlungen hätten ers begonnen, weil es nit erwünscht sein könne, diese Frage mit den Friedens- Negotiationen zu verknüpfen. Die Botschafter in Konstantinoxel hätten das Mandat erhalten, auf Grund der von den Mächten an- genommenen Prinzipien ein organishes Statut für Kreta aut- zuarbeiten. Bevor auf dieser Basis die Verhältnisse der Insel ge- regelt seien, könne von einer Zurückziehung der Schiffe und Truppenkontingente niht die Rede sein. Der Bemerkung eines Delegirten gegenüber. daß cine Macht fie bereits zurüdgezogen habe, wies der Minister darauf hin, daß das Leuts e Kriegs\{iff} „Kaiserin Augusta“ mit den deutsden Truppen allerdings die kretishen Gewässer verlassen habe, weil das S@iff auswärts benöthigt werde, daß aber die Kaiserlich deutshe Regierung den anderen Mächten erklärt habe, sie werde demnächit ein anderes Schiff schicken. Die Anfrage des Delegirten Groß, betreffend das Verbot der Abhaltung einer Versammlung des „Alldeutschen Ver- bandes* in Berlin, an der auch österreichische Abgeordnete hâtt:n theilnehmen wollen, wies der Minister mit der Bemerkung zurü, daß die Nothwendigkeit, in diefer Nichtung bei der Kaiserli deutshen Regierung zu intervenieren, nicht vorgelegen Habe, Die deutshe Negierung sei in dieser Frage durchaus êorrekt und loyal vorgegangen; sie habe das Prinzip gewahrt, an dem auch Oesterreich-Ungarn festhalte, daß fich nämli kein Staat in die E S eines anderen Staates einmishen dürfe. Der Errichtung fremder Konsulate in Prag könnten keinerlei Hinder- nisse in den Weg gelegt werden, doch müsse die Bedingung gestellt werden, daß die Betreffenden wirflihe Beamte seien und der Nationalität des sie entfendenden Staates angehören. Der Reicht- inanz - Minister von FKallay bemerkte, daß die Feste tellungen, nach welchen die gemeinsamen Ausgaben auf die beiden Reichshälften repartiert würden, niht Sache der Delegationen, sondern der Parlamente der beiden Reichshälften seien. Der Delegirte Freiherr von Dipauli führte aus, sowohl Amerika wie England nehme eine wirthschaftlihe Stellung ein, welche die Konzentrierunig der wirths{azftlihen Kräfte Europas unbedingt noth- wendig mache. Den inneren Frieden in Oesterrei hielt Redner troß der gegenwärtigen Kämpfe für nit {wer erreihbar; gewiß halte auch der Minister des Aeußern den inneren Frieden für die Vorbedingunig einer glüdlihen äußeren Politik. Der Delegirte Graf Dzieduszycki äußerte fich ebenfalls in einen der äußeren Politik der Regierung zustimmenden Sinne und hob nament- lih die Stelle des Cxposés, betreffend den Zusammenschluß Europas gegen die überseeisde Konkurrenz, bervor ; dadurch werde einem der öffentlihen Meinung {on lange vorschwebenden Gedanken zum erften Mal von autoritativer Stelle Ausdruck gegeben. Hierauf wurde elne von dem Berichterstatter, Delegirten D u m ba, beantragte Resolution ein- stimmig angenommen, welche befagt : „Der Budgetausshuß beglüd- wünscht ten Minisier des Aeußern Grafen Goluhowski zu seiner er- folgreichen und stets auf die Erhaltung und Befestigung des Friedeus abzielenden Leitung der autwärtigen Angelegenheiten und bringt dem- selben das voliste Vertrauen entgegen.* Der gesammte Voranschlag des Ministeriums des Aeußern wurde obne weitere Debatte unver- ändert angenommen, ebenso der Voranschlag des gemeinsamen Finanz: Ministeriums, der ZoUgefälle und des Obersten Rechrungshofes. Die Sitzung wurde sodann geschlossen.

Jn der gestrigen Sipung des Heeresausshusses der ungarischen Delegation erklärte der Kriegs-Minister von Krieghammer auf eine Anfrage des Abgeordneten Bolgar bezüglih der Militär-Strafprozeßordnung : diese sei cin Gescß von etwa 500 Paragraphen und liege dem Kriegs- Ministerium bereits fertig vor. Dasselbe werde nah der Prüfung durch eîne Enquête den Ressort-Ministern zugesandt werden. Sodann wurde der Nachtragskredit in vertraulicher Sißung genehmigt ; ebenso wurden die Minder- und Mehr- erfordernisse gegen“ das Budget des Vorjahres und das Ordinarium angenommen.

Frankreich. Der kommandierende General des X. Armee - Korps, General de Jessé und der Senator Bardoux sind geftern gestorben.

Ftalien.

Der König hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Ernennung des Generals Morra zum Botschafter in St. Petersburg und die Ernennung Antonelli’s zum Gesandten in Rio de Janeiro vollzogen.

Spanien.

Der Ministerrath hat, wie „W. T. B.“ aus Madrid berichtet, den Ankauf von neuen Artillerie-Batterien beschlossen und einstimmig und in vollem Umfang den Geseßentwurf, be- treffend die Autonomie Cubas einschließli der Zollreform, at genommen. Den catalonischen Delegirten hatte der Minister- Präsident Sagasta erklärt, daß die Negierung ihr oss bezüglich der Zollautonomie Cubas nicht abändern könne. Er glaube jedoch, daß die cubanische Nationalversammlung den wechselseitigen Jnteressen in den Handelsbeziehungen Rechnung tragen werde. :

Der General Weyler traf gestern in Barcelona ein. Die zu Ehren des Generals veranstaltete Kundgebung verlief unte: geringer Theilnahme; die Bevölkerung von Barcelona verhiel! sich ruhig, beinahe gleichgültig. General Weyler hatte 10 Laufe des Tages eine Unterredung mit dem General-Kapitan von Catalonien und empfing viele Besuche seiner Ar hänger, denen gegenüber er, dem „W. T. B.“ zufolge, erflärte, daß seine Freunde seine Rückberufung aus Cuba bedauerten; sodann tadelte er die den Aufständischen günstig gesinnten Madrider Blätter; die Soldaten sähen auf dieselben; gleichwie auf die A mit Verachtung herab. Die von ihm durchgeführte Zusammenziehung der cubanische" Landbewohner in den Städten rechtfertigte er damit, daß |!f sonst den Aufständischen als Spione gedient haben würde? Die Autonomie werde für die spanishe Jndustrie verhängn|? voll werden. Ja seiner Erwiderung auf die Glückwünsche Industriellen erklärte General Weyler, er sei Schußzöllner.

Türkei.

Der eee serbische Gesandte, jegige Minister-Präsident Georgewitsch überreichte gestern dem Sultan in feierlicher Audienz sein Abberufungsshreiben als Gesandter. Zu Ehren desselben fand später ein Diner im YildizPalais statt.

Gestern fand abermals eine Konferenz der Bot- hafter statt, in welcher über die kretishe Frage ver- handelt wurde. Jn derselben Angelegenheit werden die Bot- schafter, wie „W. T.“B.“ berichtet, auch heute wieder zu- sammentreten.

Wie das Wiener „Telegr. Korresp.-Bureau“ meldet, wurden gestern die Verhandlungen über Artikel 11 des Friedens- vertrages fortgeseßt. Als Entschädigung für Privatverluste wurde die Summe von 100 000 Pfd. festgeseßt.

Das öósterreichish- ungarische Mitglied der Grenzregulierungs- Kommission, Oberst-Lieutenant Hi es l, und das deutsche Mitglied derselben, Hauptmann Morgen, sind nah Konstantinopel zurückgekehrt. Die übrigen europäishen Mitglieder werden ebenfalls über Domokos zurückehren. Die Grenze ist bis Guniga reguliert, die Fortsczung der Arbeiten wird im Frühjahr erfolgen. M

ine Kommission von mehreren Mitgliedern, unter denen sih ein Korvetten-Kapitän und cin albanesischer Beamter des Yildiz-Palais befinden, ist nah Jpek abgegangen, um die albanesishen Stämme zu deruhigen und die Rückkehr der Lokalbehörden zu vermitteln.

Rumänien.

Das Parlament ist zum 27. d. M. zu einer ordenilichen Session einberufen worden.

Griechenland.

Die Deputirtenkammer konnte gestern keine Sißung abhalten, da die zur Beschlußfassung erforderlihe Anzahl von Deputirten nicht anwesend war.

Schweden und Norwegen.

Das norwegische Ministerium berieth gestern, wie „V. T. B.“ aus Christiania berichtet, über die Lage nach den Storthingswahlen. Dem „Norsk:Telegrambureau“ zufolge wären sämmtliche Minister darüber einig, zur Zeit nicht zu

demissionieren.

Amerika.

Aus Havanna vom heutigen Tage wird gemeldet, daß die Aufständishen Santa Maria in der Nähe der Haupt- stadt angegriffen hätten. Demnächst würden in der Ostprovinz große Operationen begonnen werden.

Aus Montevideo meldet das „Reutershe Bureau“, daß die Partei Herrera’s ein Manifest erlassen habe, in welchem Gomensoro, der bereits im Jahre 1872 Präsident war, als Kandidat sür die Präsidentschaft auf- gestellt werde. Cuestas werde von seinen Anhängern gedrängt, die Diktatur zu proklamieren ; sie versicherten, das Volk werde ein derartiges Vorgehen billigen. |

Wie der „Times“ aus Santiago de Chile vom 99, d. M. gerneldet wird, ist durch den Rücktritt des Arbeits- Ministers Baiza eine Kabinetskrisis herbeigeführt worden. Wahrscheinlich werde ein Koalitions-Ministerium zu stande kommen.

Asien.

Der „Times“ wird aus O (Belutschistan) gemeldet,

daß bei den Operationen der Brigade Westmacott am

Montag ein britischer Offizier getödtet und ein anderer ver- wundet worden sei. Afrika.

Der General Kitchener Pasha und der Gouverneur von Suakin, Oberst Pars ons, haben sih gestern von Kairo nach Suakin begeben. j :

Das „Reuter sche Bureau“ berichtet, die jüngste Meuterei sudanesisher Truppen (\. Nr. 274 d. Bl.) in Britisch-Ost- afrika werde in unterrichteten Kreisen Londons als sehr ernst angesehen. Viele Punkte der Meldung über den Vorfall blieben dunkel, da es shwer sei, zu erkennen, was den Major Macdonald nah Usoga geführt habe und was mehrere Offiziere, die nah der Meldung von den Sudanesen ermordet worden sein sollen, die aber niht zu der Expedition gehörten, in Usoga zu thun gehabt hätten. Man nehme indessen an, daß diese Offiziere dem Major Macdonald hätten rasch zu Hilfe eilen wollen, als sie von der Meuterei der Sudanesen ge- hört häiten, und daß sie auf halbem Wege zu Macdonald von den Meuterern aufgefangen und ermordet worden seien. Man sei der Meinung, daß die perfönlihe Feindschaft der Sudanesen gegen den Major Macdonald, der vor Jahren als Administrator von Uganda einen Aufstand der Sudanesen mit Härte nieder- geworfen habe, einen ausreihenden Grund für die ge en- wärtige Revolte abgebe. Jndessen gingen die Ansichten darüber auseinander, ob die sudanesischen Truppen in Uganda und die mohamedanischen. Wagandas sih dem Aufsiande an- schließen würden; sollte dies gesehen, so würde die Lage sehr ernst werden. .

Aus Braß erfährt dasselbe Bureau, daß die von dein Major Arnold befehligte Truppenabtheilung der Royal Niger Company am 17. d. M. nach lebhaftem Kampfe im Sturm- angriff die Festung Kiffi, in welcher sich Prinz Arku, der aufständishe Sohn des Königs von Jagara, festgeseßt hatte, genommen habe. Die Niederlage des Feindes sei eine voll» kommene gewesen; der Prinz Arku sei entflohen. O Seite seien 2 Mann getödtet und 12 verwundet worden.

Arbeiterbewegung.

Aus Bielefeld wird der „Khein.-Wesif. Zig." berichtet: In der Shuhwaarenfabrik von Steinrück und Kröger ist ein Aus- stand ausgebrochen, an dem etwa 40 Arbeiter betheiligt sind.

Aus Stralau bei Berlin berichtet die Berliner „Volks-Ztg.*, daß der drohende Ausstand sämmtlicher Glasarbeiter von Stralau und Umgegend (vgl. Nr. 274 d. Bl.) nicht eintreten werde. Die Glatarbeiter hatlen zu Montag Abend eine Versammlung ein- berufen, in der die Direktorcn der Glaswerke anwesend waren. Der General - Direktor erklärte, daß ihm daran liege, mit seinen Arbeitern auf friedlihem Wege zu verhandeln. Bisher habe die Glas- fabrik Stralau infolge der hohen Löhne mit Unterbilanz gearbeitet ; man sei daher azudidiat; den Betrieb zu verbilligen, einzustellen oder einzushränken. Die Direktion habe ih für das lehtere entschieden ; man werde einen Olasofen außer Betrieb segen. Allerdings würden damit etwa 80 Arbeiter ihre Beschäftigung verlieren. Die Redner der Glasarbeiter mahten den Vorschlag, die Entlafsung der Arbeiter vorläufig niht vorzunehmen. Die Arbeiter würden sich verpflichten, auf eine allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit einzugehen und den

Vertienstausfall zu gleichen Theilen zu tragen. Im Namen der

Direktion erklärte fich der General-Direktor Kaufmann damit einver- standen; es sollen fiatt zwei künftig drei Schichten eingerihtet und alle Arbeiter weiter beschäftigt werden. Die Massenkündigung wurde dur

die Erklärung der betheiligten Arbeiter aufgehoben.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die preußischen Sparkassen am Schlusse des Rehnungs8- jahres 1896 bézw. 1896/97.

(Stat. Korr.) Auch das verflossene Rehnungsjahr hat bei den vreußishen Sparkassen sehr aünstige Ergebnisse geliefert. Die vor- jährige Statistik {loß mit einem Cinlagebestande von 4340,15 Mill. Mark; bet den vorliegenden vorläufigen Ergebnissen für das Jahr 1896 bezw. 1896/97 waren infolge nachträglichec Nichtigstellungen 4345,79 Mill. vorzutragen. Durch Zuschreibung von Zinsen kamen 121,38, durch Neueinlagen 1185,65 Mill. Mark hinzu, während 997,74 Mill. zurückgaezogen wurden, sodaß sih ein Zuwachs um 309,29 Mill. und ein Bestand von 4655,08 Mill. ergab. Der Zuwachs is nur durch denjenigen des Vorjahres mit 345,91 Mill. Mark (nah den berihtigten Ziffern) übertroffen worden, läßt jedech denjenigen aller früheren Jahre weit hinter ih zurück. Bemerkens- werth ist noch, daß sowohl die Neueinlagen wie namentlich die Rü- zablungen größer find als im Vorjahre, wo sie sih auf 1137,94 bezw. 904,89 Mill. Mark belaufen hatten. Die Spareinlagen zeigten also einen stringeren Grad von Beständigkeit als im Jahre vorher.

Die Anzahl der om JIahresshlusse umlaufenden Sparfkassen- bücher betrug 7 260 919 Stück, 384255 mehr als am Schlusse des Vorjahres. Dieses haite nur eine entspreende Steigerung um 349 327 Bücher aufzuweisen gehabt, obgleichß die Zunahme seiner Einlagebestände eine größere gewesen war. Es haben si also im Durwhschniit die großen Einlagen weniger stark als im Vorjahre ver- mehrt; immerhin is ihre Zunohme noch größer als diejenige dex kleinen. Es liefen nämlich von 7 218 640 Büchern mit bekannter Einlage um:

Bücber mit Einlagen u A is j is bis §0 K 150% 300 c überhaupt 2067849 1138171 1010044 in Hunderttheilen der Gefammt- 28,65 15,77 13,99

zahl S gegen das Vorjahr mehr (in Hunderttheilen). ... 4,79 4,80 - 4,99 300 bis 600 bis 3000 bis über 600 M 3000 / 10000 10000 bera 1106050 1620995 245 858 29 673 in Hunderttheilen der Gesammtzahl . . 159/92 22,46 3,41 0,41 gegen das Vorjahr mehr E Hundert- theilen 5,60 6,60 1 7,38 Das Bild, welches die preußische Sparkassenstatistik gewährt, ift in den lekten Jahren E R u günstig. Es ift zwar möglich und sogar wahrsheinlih, daß si unter den größeren Einlagen, die eine besonders starke Vermehrung aufweisen, viele finden, die keine neuen, sondern ältere, nur den Anlageplaß wechselnde Erszarnisse darstellen. Aber es wäre verfehlt, jene {stärkere Vermehrung ausshlieflich auf Rechnung solcher Zuflüsse zu seßen; denn au ohne diefe müssen bei fortshreitender Sparthätigkeit naturgemäß die größeren Einlagen \{hneller zunehmen als die kleinen, da fie fortwährend Zuwachs von unten her erhalten, während bei ten kleinen Einlagen die Zunahme sich in dem Grade verlangsamen muß, wie mit der entwickelten Sparthätigkeit der Spielraum für die Gewinnung neuer Sparer \ih verengert. Wenn troßdem auch die kleinen Konten sich alljährlich um 4 bis 5 v. H., also ungleich stärker als die Bevölkerung, vermebren, so ist das zweifellcs ein ungêmein günstiges Ergebniß. Im übrigen ergiebt die große Zahl der Bücher je eines auf vier bis fünf Ein- wohner nicht nur die weite Verbreitung des Sparkassenbuches in den Massen, sondern sie macht es auch wah: scheinlich, daß fi häufig eine Person im Besiße mehrerer Sparkassenbücher befindet, obgleich E Sparkassen dies in der Regel zu verhindern oder do zu erschweren uchen.

Hundertjähriger Gang der Temperatur in Berlin und Breslau,

(Stat. Korr.) Unter den von Professor Dr. Viktor Kremser genelerten meteorologischen Beiträgen ¿zu dem großen Werk über den derstrom, sein Stromgebict und seine wihtigsien Neben flüsse 1) ver- gleicht einer (VIT a) die mitilere Jahrestemperatur von Berlin mit derjenigen von Breélau im Verlauf der hundezt Jahre 1791—1890 und zieht Durchschnitte für jedes Lustrum, wobei sich herausstellt, daß fie an den beiden Stationen nicht immer denselben Berlauf nehmen. Daß die Beobachtungen eine Zunahme der Wärme ergeben, wird auf die großstädtishe Entwickelung zurückgeführt, theilweise auch auf die nadträglich nicht mehr zu berihtigende Üngenauigkeit der älteren Beobactungen und Re&nurgen. Das allgemeine Vittel betrug in Breslau 8,1 und in Berlin 8,8 Grad des hunderttheiligen Thermo- meters und war während der an den Stationen | wärmstes Jahr in | kältestes Jahr in Zeiträume Breslau Berlin | Breslau Berlin | Breslau Berlin 1791—1815 . . 7,7 8,4 O08 99 E799 597 60 1816—1840 . . 7,9 8,8 | 1834 9,8 10,6 |1829 5,3 595,9 1841-—1865 . . 8,2 8,8 1868 99. 102 |1859 68 7,3 1866—1890 . . 8,3 9,2 1868 100 108 [1871 64 7,6 wobei für den dritten Zeitraum das Jahr 1864 mit 1855 gleistand.

Sett man an Stelle des hundertjährigen Mittels das Cp viertelhundertjährige, fo ergeben si gegen dieses eine Mehrzahl ein- ander folgender Jahre hindurch zu warm: in Breslau 1800—02, 1809—11, 1817—19, 1821—28, 1833—36, 1861— 63, 1872—74 und 1884—86, in Berlin 1789—98, 1801—03, 1824—28, 1833—36, 1839—41, 1861— 63, 1872— 74, 1876—78 und 1882—84. Zu falt waren dagegen in Breslau 1791—96, 1803— 05, 1814—16, 1829—32, 1853—56 und 1887— 89, in Berlin 1808—10, 1812—17, 1847—50 und 1885—90.

Außer den oben verzeihneten Jahren zeichneten si{ch dur. eine hohe Temperatur aus: in Breslau 1872 mit 9,89, 1822 mit 9,6 9, 1806, 07, 46 und 52 mit 9,59, 1811 und 66 mit 9,49, 1801, 24 und 59 mit 9,29, 1878 und 82 mit 9,1 9, in Berlin 1872 mit 10,6 0, 1878 mit 10,29, 1822 und 59 mit 10,109, 1873 und 74 mit 10, 9, 1794 und 1857 mit 9,99, 1824, 52, 66 und 80 mit 9,80%, Be- sonders niedrig war die mittlere Jahrestemperatur in Breslau 1805 und 38 mit 6,59, 1792 mit 6,69%, 1803 und 70 mit 6,89, 1795, 1812, 14 und 40 mit 6,99, 1793 vnd 1832 mit 7,09%, 1804, 58 vnd 75 mit 7,19, in Berlin 1812 mit 6,6 9, 1814 mit 6,9 9, 1805 und 16 mit 7,09, 1808 und 38 mit 7,4°, 1804 mit 7,69, 1815 mit 7,7 9, 1810, 20, 45 und 53 mit 7,9 9, sowie 1823 mit 8,0 °.

Aus Berlin liegen noch ältere Beobachtungen über die Fahre 1730— 49 und 1756— 90 vor, deren Richtigkeit allerdings einem erhöhten Zweifel ausgeseßt ist. Sie liefern für die zwanzia ersten Fahre als Mitteltemperatur 8,3 9, für die zehn Jahre 1756—65 da- gegen 10,3 9 bezw. 1756—80 noch 9,89 und für das Vierteljahrhundert 1766—90 immerhin 9,19. Innerhalb dieser drei Zeiträume lag die Fahrestemperatur mehrere Jahre hinter einander über dem jeweiligen Mittel 1734—38, 1743—49 znd 1759— 64, darunter 1739—42 und 1784—89. Verzeichnet sind 11,5 9 für 1756, 10,8 9 für 1761, 10,7 0 für 1757, 10,6 ° für 1779, 10,49 für 1766 und 73, 10,3% für 1772 und 75, 10,29 für 1759, 60 und 63, 10,19 für 1764 sowie 10,0 9 für 1781 und 83, aber nur 5,409 für 1740, 7,09 für 1785, 7,10 Er 1784, 7,30 für 1742, 7,4° für 1786, 7,7 ® für 1731, endlih 7,8 9 für 1732, 39 und 88.

1) Berlin (Dietrich Reimer, Geographische Verlagshandlung) 1896.

Kunst und Wissenschaft.

Der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen zu Düsseldorf hat Herrn Professor Gustav Eilers hierselbst mit der Herstellung eines großen Kupferstich es nah dem in der Königlichen Galerie zu Dresden befindlichen Gemälde von Correggio, „Die heilige Nacht *, betraut.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Makßregelnu.

Der Gesundheitsftand in Berlin blieb in der Woche vom 7. bis 13. November ein der Vorwoche ähnlih günstiger, und die Sterblichkeit war nur wenig größer als in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 15,4 gegen 14,4 der Vorwoche). Unter den Todeturfachen kamen akute Entzündungen der Athmungsorgane zahlreiher zum Vorschein und führten au in gesteigerter Zahl zum Tode; auch Erkrankungen an In- fluenza wurden vielfah beobahtet, jedo nur 1 Todesfall infolge von Influenza (gegen 5 der Vorwoche) mitgetheilt. Dagegen traten akute Darmkrankheiten wieder seltener zu Tage, und au die Zahl der durch sie bedingten Todesfälle ging auf 32 (von 50 der Vorwoche) herab. Die Theilnahme des Säuglings- alters an der Sterblichkeit war nur wenig gegen die Vorwoche verändert; von je 10000 Einwohnern starben in Berlin, aufs Sabr berechnet, 44 Säuglinge. Unter den Infcftionskrank- beiten blieben typhôse Fieber vereinzelt. Die Erkrankungen an Sarlach haben abgènommen; Erkrankungen an Masern kamen in fast gleicher, an Diphtherie in gesteigerter Zahl zur Anzeige, und zwar wurden Erkrankungen an Masern aus der Tempelhofer Vorftadt und dem westlihen Theil der jenseitigen Luisenstadt, Erkrankungen an Diphtherie aus der Tempelhofer Vorstadt, der jenseitigen Luisenstadt, dem Stralauer Viertel, dem nördlichen Theil der Rosenthaler Vor- stadt und aus der Oranienburger Vorstadt in nennenswerther Zahl zur Meldung gebraht. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 3 be- fannt. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut blieben in beshränkter Zahl. Erkrankungen an Keuchhusten, die in 7 Fällen tôödtlih endeten, wurden wieder häufiger beobahtet. Rheumatishe Beschwerden aller Art, namentli akute Gelenkcheumatismen, zeigten im allgemeinen im Vergleih zur Vorwoche keinen wesentlichen Unters \hied in ihrem Vorkommen.

Verkehrs-Anstalten.

Laut Telegramm aus Goch is die zweite englische Post über Vlissingen vom 22. November ausgeblieben. Grund: Nebel im Kanal.

Bremen, 24. November. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. P. D. „Königin Luise“ 22. Nov. Nm. Reise v. Souts- hampton n. Genua fortges. „Lahn“, v. New-York kommend, 93. Nov Nm. Scilly pass. „Prinz Heinrih“, 23. Nov. Vm. Reise v. Suez n. Aden fortgeseßt. „Lahn“ 24. Nov. Mrgs. Reise v. Southampton n. Bremen fortges. „Coblenz“, n. Brasilien best., 23. Nov. Las Palmas pass. „Kaiser Wilhelm der Große" 23. Nov. Nm. Heimreise v. New- York n. Bremen angetreten.

London, 23. November. (W. T. B.) Union - Linie. Dampfer „Goth“ ist auf der Ausreise gestern in Kapstadt an- ekommen. D. „Athentan* is auf der Heimreise heute von Kap=- tadt abgegangen. ;

Castle-Linie. Dampfer „.Dunvegan Castle* hat auf der Heimreise gestern Madeira passiert.

Rotterdam, 23. November. (W. T. B.) Holland-Amerikas Linie. Dampfer „Edam“, von New - York nah Amsterdam, hat gestern Nahmittag Lizard passiert. D. „Obdam“- von Rotter- dam gestern Nachmittag in New-York angekommen. Di „A msterdam“ von New-York gestern Vormittag nah Rotterdam abgegangen. D. „Rotterdam“ von New-York heute Nachmittag in Rotterdam angekommen. D. „,Werkendam“ von Amsterdam heute Nachmittag nah New-York abgegangen.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Heinrich von Kleist’s historishes Rittershauspiel „Das Käthchen von Heibbronn“* ging gestern nah neuer Einstudierung mit {önem Erfolge in Scene. Einige Aenderungen, welche die Aufs führung dur das Zurückgreifen auf den ursprünglichen Text erfahren hat, fielen wenig ins Gewicht; bemerkenswerther war die veränderte Besetzung dec Rollen. Ob z. B. die böse Kunigunde von Thurneck niht nur in ihrer seelishen, sondern au in der körperlichen Mißgestalt, wie es gestern geshah, auf der Bühne erscheint, ist für die Gesammtwirkèung des fköstlihen RMitterschaus- \spiels völlig belanglos. Bon größerer Bedeutung war gerade in dieser Beziehung der Umstand, das die Darstellerin der poetischen, holden Gestalt des Käthchen dieselbe war, wele früber hon in dieser Rolle Triumphe gefeiert hat. Frau Sorma verklärte jede Scene, in der sie als Vertreterin der

Titelrolle auf der Bühne erschien. Ob sie in heuer Zärtlichkeit ,

vor dem Auge des stolzen Grafen vom Strahl erschauerte, oder ih in fkindliher Zuneigung {chlicht und herzlich an des Vaters Brust \{miegte, immer blieb der Charakter der Dichtung, die blühende, duftreihe Romantik gewahrt. Jhr gegenüber erschten ter glänzende Graf vom Strahl, wie ihn Herr Leffler_ verkörverte, fast zu nüchtern; weniger Zurückhaltung und mehr Schwung in Wort und Geberde ständen dem ritterlihen Helden, der von einem Cherubim dem Käthchen im Traum zugeführt wird, besser an. Herr Müller war als der Kne(t Gottschalk, der rauhe Beshüßer Käthhens, von natürlicher Derbheit, und Herr Reicher suchte der herzlihen Eigen- art des alten Waffen!hmieds Friedeborn dur pathetishen Ausdruck der Rede gerecht zu werden. Die Darstellung ging im übrigen {nell und sicher von statten; auch der häufige Scenenwechsel machte keine Schwierigkeiten. Im Ganzen wurde das „Kätbchen von Heilbronn“ au in der etwas veränderten Form fehr freundlich aufgenommen.

Im Königlihen Opernhause wird morgen Richard Wagners Oper „Tannhäuser“ (Pariser Einrichtung) in folgender Be- seßung gegeben : Cu h Herr Stammer ; Elisabeth : Fräulein Hiedler; Tannhäuser: Herr Sylva; Wolfram von Eschenbah: Herr Hoss- mann; Venus: Frau Sucher. Kapellmeister Dr. Muck dirigiert. Vom 4. bis 11. Dezember d. I. findet ein Mozart-Cyclus statt. Nachstehende Werke gelangen zur Aufführung: 4. Dezeuber: „Idomeneus“; 5. Dezember (Mozart's Todestag): „Maurische Lrauers- musik“; Symphonie (& - moll; „Requiem“ für Soli, Chor und Orchester; 6. Dezember: „Die Entführung aus dem Serail“; 7, Dezember: „Figaro’'s Hochzeit“; 8. Dezember: „Don Gio- vanni*; 9. Dezember: „Cos) fan tutte“; 10. Dezember: „Titus“; 11, Dezember: „Die - Zauberflöte". Mitwirkende find die Damen Dietrih, Egli, Göße, Herzog, Hiedler, Krainz, Kopka, Lili Lehmann, Pohl, Reinish, Reinl, Rothauser, Weitz; die Herren Francesco d'Andrade, Alma, Bachmann, Hoff- mann, Krasa, Lieban, Mödlinger, Philipp, Sommer, Stammer und Sylya. Für alle aht Abende eröffnet die General-Intendantur ein besonderes Abonnement, und zwar sind die B e eines Platzes für säâmmt- lihe Abende folgendermaßen festgeseßt: Parquet und 1. Rang 36 46; II. Rang 24 A; 111. Rang 16 A Die Abonnementskarten gelangen in der Königlichen TheaterHaupilae (Schauspielhaus, Eingang Jäger- firabe, vom Freitag, den 26. d. M., bis einschließlich 2, Dezember,

ormittags zwishen 10 und 2 Uhr, gegen Erlegung des Preises zur Verausgabung. Logen des I., 11. und [Il. Ranges werden nur im S abgegeben. Das laufende Jahres - Abonnement bieibt bes ehen.

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