1897 / 279 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Nov 1897 18:00:01 GMT) scan diff

die Besetzung einer L stelle bei dem Reichsgerichi. Außer- dem würd leer Ha Eingaben Beschluß gefaßt.

Der Bundesrath versammelte sih auch heute einer Plenarsizung. Vorher beriethen die en Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats- Minister von Bülow ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte des Auswärtigen Amts wieder übernommen.

Der Kaiserlihe Botschafter in Konstantinopel, Staats- Minister Fregere Marschall von Bieber stein hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben fungiert der Erste Sekretär der Kaiserlihen Boischaft, Legations-Rath von Schloezer als Geschäftsträger.

Der Königliche Gesandte in Darmstadt Graf von der Golß ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Uriaub auf feinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Ge- sandtschaft wieder übernommen.

Görlitz, 26. November. Jn der heutigen, zweiten Plenar- S8 des Kommunal-Landtages der Ober-Lausiß theilte der Vorsißende, Landeshauptmann Dr. von Seyde- wiß, eine größere Anzahl von Bewilligungen für gemein- nüßige und wohlthätige Zwecke seitens der Vertreter der ehe- mals rauchsteuerpflihtigen Landstädte und Landgemeinden mit. Sodann wurde zur Berathung und Beschluß- fassung über die ständishe Rehnungslegung übergegangen. Aus den Berichten des Ausschusses entnahm der Landtag wiederum zu seiner Befriedigung die Sorgsamkeit und Gewissenhaftigkeit, mit welher die großen ständischen Kassen und die kommunalständishe Bank verwaltet worden sind, und ertheilte den Rechnungslegern Decharge. Die hierauf folgende Berathung über die Verwaltungs- angelegenheiten der kommunalständishen Bank, bei welcher agünftige Geschäftsergebnisse nachgewiesen werden fonnten, gab Becanlassung zur Festseßung des Etats der Ver- waltungskosten für dieses Jnstitut im Jahre 1898 und zur Beschlußfassung über die Neubeseßung erledigter Beamtenstellen bei der Bank und beim Land-Steueramt, 11. Abtheilung. Dem- nächst regelte der Landtag die Bestimmungen über die Für- sorge für die Hinterbliebenen ständisher Beamten nah Maß- abe der in diesem Jahre abgeänderten Bestimmungen für die interbliebenemn der unmittelbaren Staatsbeamten. Ferner wurde eine Anzahl von Gesuchen um Bewilligung von Beihilfen zu verschiedentlichen engee und kirhlihen Zwecken genehmigt. Aus den Bewilligungen sind besonders hervor- zuheben: diejenige für die Stiftung von Tafeln für die Bild- werke \clesischer Kunstdenkmäler, von denen lediglich solche aus der preußischen Ober: Lausiß auszuwählen sind, sodann die von 1500 # an die hiesige Naturforshende Gesell- schaft zum Zweck der geologischen Durchforshung der preußischen Ober-Lausit.

Cassel, 26. November. Der 7. Provinzial-Landtag der Provinz Hessen-Nassau ist heute, nach Erledigun der vorliegenden Geschäfte, durh den Ober-Präsidenten, Wirk- lichen Geheimen Rath Magdeb nes geschlossen worden, worauf der Vorsißende auf Seine Majestät den Kaiser und König ein Hoh ausbrachte, in welches die Versammlung lebhaft einstimmte.

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Sachsen-Altenburg.

Der Landtag ist am 25. d. M. im Auftrage Seiner Hoheit des Herzogs durh den Staats-Minister von Hell- dorff mit einer Ansprache eröffnet worden, in welcher derselbe zunächst der Trauer des Landes um das Ableben Jhrer Hoheit der Ferzogin gedachte und sodann, der „Magd. Ztg.“ zufolge, die Mittheilung machte, daß dem Landtage, neben einigen Bau- projeften, ein Geseßentwurs, betreffend die Abänderung des Wahlgeseßes, und außerdem der Entwurf eines Steuer-

eseßes zugehen werde, das als Fortsczung der begonnenen

eform der direkten Steuern den Zweck verfolge, neben der in der Zahl der Termine zu fixierenden Grundsteuer au eine Ergänzungssteuer einzuführen, welcher das sonstige fundierte Einkommen unterworfen werden foll. ¿

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser hat sih gestern zum Besuch dcs- Erz- herzogs und der Erzherzogin en Salvator nah Schloß Wallsee in Nieder-Oesterreih begeben.

Le Ron Abgeordnetenhauses liegt folgender Bericht des „W. T. B.“ vor: Nachdem das Publikum von der zweiten Galerie entfernt worden war, erschien der Präsident von Abrahamowicz, der mit stürmishen Pfui-Rufen, an- dauerndem Lärm und Kfeifen von der Linken empfangen wurde, wieder im Saale. Der Präsident versuchte zu sprechen, blieb aber infolge des Lärms unverständlih. Derselbe wandte sih wiederholt an die Linke und suchte diese zu beruhigen, wurde jedoch übershrien. (Stürmische Rufe links: „Wache hinaus !“) Die Abgg. Wolf und Resel pfiffen gellend im Saale. Der Abg. Hofmann von Wellenhof sprah mit dem Minister-Präsidenten Grafen Badeni; seine Parteigenossen {oben ihn von der Ministerbank fort. (Andauernder Lärm ; es wurde mit Pultdeckeln geschlagen und gepfiffen.) Der Präsident von Abrahamomwicz eröffnete E die Sizung, rief den Abg. Wolf zweimal zur Ordnung und erllärte denjelben aus drei Sißungen für ausgeschlossen, was auf der Linken großen Tumult erregte. Der Präsident sprach darauf mit dem Kommandanten der Wache, unterbrah die Sißung und verließ die Präsidenter-Tribüne. Der Kommandant der Wache sprah mit den Abgg. Funke, Pergelt und Lecher und ging dann mit vier Wachleuten auf die linke Seite des Hauses zu. Es ertönten stürmische Rufe : „Halt!“ Einzelne Abgeordnete leisteten Widerstand; die Wache drang vor, und der Kommandant forderte den Abg. Wolf auf, den Saal zu verlassen. Derselbe wurde sodann von der Wache aus dem Saale entfernt. Einzelne Abgeordnete der Linken stießen die Wache mit Gewalt zurück. Diese begab si alsdann auf ihre Pläße zurück. Stür- mishe Pfui-Rufe der Linken begleiteten die ganze Scene; auf der Rechten ertönte Beifall. Der Präsident, von stürmischen Pfui-Rufen empfangen, erschien wieder auf der

Ueber den weiteren Verlauf der gestrigen i folg des

Bet aszyns

Abg Berner bes _den fidenten. Nah 10 Minuten erschien der Präsident, welcher den Saal wieder verlassen hatte, neuer igs in demselben, während der Lärm und das Schlagen mit den Pultdeckeln fortdauerten. Der Präsident ertheilte den Auf- trag zur Entfernung der Wache und erklärte unter em Lärm der Linken: „Jh übergebe Jhnen meine on ; ih bitte, meine on nicht zu schonen; es handelt sih niht um meine on, sondern um den Siß, den i die M habe als Präsident in diesem use einzunehmen.“ Die Wache enifernte fich. Der Präsident ertheilte nun dem Abgeordneten Grafen Stürgkh das Wort. (Andauernder Lärm und Pfui-Rufe.) Der Präsident {loß darauf den Abg. Daszynski für drei Sizungen aus. Da derselbe Wider- stand leistete, wurde er von. der Wache hinausgeführt. Die Abag. Schönerer, Josef Steiner, Resel, Rieger, Kozakiewitsh, Shrammel, Zeller, Cingr, Verkauf, Hybes und Berner wurden hierauf unter anhaltendem Tumult für drei Sißungen ausgeshlossen und die Sißung ge- shlossen. Die nächfte Sihung findet heute statt.

In der geitrigen Sißung des Wiener Gemeinderaths brachten die beiden Vize-Bürgermeister und mehrere criftlih- soziale Gemeinderäthe den Antrag ein, der Stadtraih möge beauftragt werden, über die Schritte zu berathen, welche die Stadt Wien zur Wiederherstellung verfaffsungsmäßiger Zustände im Parlament unternehmen solle, und darüber Bericht zu erstatten. Achnliche Anträge wurden von den Deutsh-Nationalen und den Liberalen cingebraht. Die Anträge wurden dem Stadtrath überwiesen. j R :

Bald nah Mittag fam es gestern, wie die Wiener Zeitungen melden, zu einem Zusammenstoß zwischen einem größeren Trupp Studenten und der Polizeimannschaft. Im Laufe des Nachmittags und des Abends fanden große Ansammlungen zwischen der Universität und dem Parlaments- gebäude flatt, welche durch die von Studenten geplanten Demonstrationen veranlaßt waren. Die Sicherheitswache zer- streute wiederholt die Ansammlungen der Studenten und nahm 51 Verhaftungen vor. Ein kleiner Zug von Studenten begab sich vor das Redaktionslokal der „Ostdeutschen Rund- hau“, brachte dort Leense aus und sang die „Wacht am Rhein“, zerstreute fich jedoch beim Herannahen der Wache. Um 81/5 Uhr fanden nochmals Ansammlungen statt, zumeist von Neugierigen und Arbeitern. Um 10 Uhr Abends war die Ruhe wieder vollsiändig hergestellt. f :

Von den während der gestrigen Straßendemonstrationen verhafteten ö1 Personen wurden 13 wegen Auflaufs und wegen Herabwürdigung behördlicher Verfügungen und 1 wegen öffentliher Gewaltthätigkeit dem Landesgericht eingeliefert ; 10 Personen wurden wegen Uebertretungen der Staatsanwalt- schaft angezeigt, 5 wegen Einmengung in eine Amtshandlung dem Bezirksgericht überliefert, 15 polizeilich bestraft, und gegen 7 ist die polizeilihe Untersuhung noch niht abgeschlosjen. Eine Person wurde freigelassen. S

Jn Graz fanden gesiern Abend ebenfalls größere Kund- gebungen von Studenten und Arbeitern statt. Vor den Re- daktionslokalen von drei Zeitungen wurden Schäden angerichtet. Die Polizei und das Militär stellten die Ordnung wieder ber. Ueber 20 Personen wurden verhaftet.

Großbritannien und Frland.

Die amtliche „London Gazeite“ von gestern veröffentlicht die Königlihe Verordnung, durch welche das Parlament auf den 8. Februar 1898 einberufen wird. :

Das „Reutershe Bureau“ berichtet, daß dem Kolonialamt als Gerücht die Nachricht zugegangen sei, cs habe ein Zusammen- stoß zwischen Engländern und Franzosen in Nikfi staitgefunden. Dies Gerücht werde im Kolonialamt für sehr unwahrscheinlich gehalten, da die Engländer im Hinterland-Gebiete den strengen Beféhl, einen Konflikt mit den Franzosen zu vermeiden, und leßiere ähnlihe Anweisungen erhalien hätten. Auch das fran- zösische Ministerium für die Kolonien halte die Nachricht für durchaus unwahrscheinlich.

Frankreich.

Der Senat genehmigte in seiner gestrigen Sißung das Handelsabkommen mit Bulgarien.

Vor der Kommission der Deputirtenkammer zur Vorberathung des deutsch - französishen Vertrages, betreffend die Abgrenzung von Togo,“ machte geftern, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister des Aeußern Hanotaux einige Mittheilungen über die dem Abschluß des Vertrages E R Cen G A N Verhandtungen und erwähnte ferner, daß die zwishen Frankreih und Großbritannien zur Ordnung der Besißverhältnisse im Nigerboyen eingeleiteten Ver- handlungen ihren regelmäßigen Fortgang nähmen; die fran- zösisch-britishe Kommission werde noch an diesem Tage eine neue Sißzung abhalten. Nachdem. der Minister die Kommisfion verlassen hatte, erklärte sich leßtere mit dem Bericht des Depu- tirten Deloncle einverstanden und genehmigte, daß derselbe der Kammer vorgelegt werde.

Jtalien. _ Der Minister des Aeußern Visconti Venosta empfing, wie „W. T. B.“ meldet, gestern die Besuhe des deutschen Botschafters Freiherrn von Saurma- Jeltsh und des russishen Botschafters von Nelidow.

Spanien. ,

Die „Gaceta de Madrid“ veröffentlicht die Verordnungen über die Autonomie der Jnseln Cuba und Portorico. Es wird darin, dem „W. T. B.“ zufolge, zunächst der völligen Auf- richtigkeit derspanishen Regierung Ausdru gegeben ; dann werden die Bestimmungen aufgeführt, welhe die Autonomie betreffen. Danach steht ein General-Gouverneur an der Spiße der Jnsel. Ein Parlament, welhes aus zwei Kammern der Repräsentanten- kammer und dem Verwaltungsrathe —, die beide gleiche Rechte haben, besteht, beräth über die Geseße, die auf die Kolonialar gelegenheiten Bezug haben. Die Krone oder der General-Gouverneur können die Kammern suspendieren oder auf- lösen mit der Maßgabe, daß die Kammern innerhalb einer Frift von drei Monaten wieder einzuberufen bezw. neu zu wählen find. Dem General-Gouverneur steht ein Ministerrath zur Seite ; die Minister find dem Kolonial-Parlament verantworilich. Dem General-Gouverneur steht das Oberkommando zu, er sorgt für Aufrechterhaltung der Ordnung und läßt Gesehe und Verträge veröffentlichen und ausführen ; ferner hat er das Begnadigungsreht und das Recht, die konstitutionellen Garantien zu fuspendieren. Die Feststellung der Zolltarife

steht dem Parlament zu. Hdcrtenibinin | zum erlonde; nationale rodukte jollen gegenüber ähnlichen sremdin Produkten gor seitig e Verzugstarife vereinbart werden. Türkei Der Sultan empfing gestern, wie dem „W. T. B.“ aus Konstantinopel berihtet wird, den bisherigen serbischen S, jeßigen Minifter - Präsidenten Georgiewitsch in udienz. i Wie die „Times“ aus Kanea meldet, hat die kretise Nationalversammlung die Bildung eines provisorisez Gendarmcrie - Korps von eiwa 1500 Mann vorgeschlagen, damit die Ruhe im Innern wiederhergestellt werde.

Rumänien. Der König und die Königin find gestern wieder in

Bukarest G und auf dem Bahnhofe von dez Ministern und Spiyen der Behörden empfangen worden,

Schweden und Norwegen.

An Sielle des von seinem Posten scheidenden Barons Wedel-Jarlsberg ist, dem „W. T. B.“ zufolge, der bisherige Legations-Sekretär in London, Kammerherr Gude zum Ge- sandten in Madrid ernannt worden. Der Militär-ÄAttaché in Berlin, Major und Flügel-Adjutant Rustadt, scheidet am 31. Dezember aus und wird durch den Hauptmann de Marci, Adjutanten des Prinzen Carl, erseßt werden.

Dänemark.

Das Landsthing hat gestern, wie „W. T. B.“ kc- richtet, die Negierungsvorlage, betreffend die Aufnahme einer neuen dreiprozenticen Staats-Anleihe und die Konverfion der Anleihe vom Jahre 1886, definitiv einstimmig angenommen.

Amerika.

Die brasilianische Deputirtenkammer hat, eince Meldung des „W. T. B.“ aus Rio de Janeiro zufolge, den Schiedsgerichts-Verirag zwishen Frankreih und Brasilien mit 90 gegen 383 Stimmen angenommen.

Das neugebildete chilenische Kabinet ift, wie folgt, zusammengeseßt: Romana Premier-Minifter, Riva Aguera Aeußeres, Rey Finanzen, Puente öffentlihe Arbeiten, La- valle Justiz und Rofsagil Krieg.

Afrika.

Aus Tanger meldet das „Neuter’she Bureau“, daß dcr Sultan von Marokko die diplomatischen Vertreter ver- schiedener auswärtiger Staaten empfangen werde; derselbe beabsichtige, eine Gesandtschaft an mehrere europäische Grof mächte zu schicken.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der am 283. d. M. im 9. Shleswig-Holstieinischen Wahlkreise (Plôön-Oldenburg) vorgenommenen Ersaßwahl um Reichstage wurde, nach der amtlihen Zählung, von

ungeln, Hofpähter in Shmöl (wildkonservativ), mit 8177 von 16 210 abgegebenen Stimmen gewählt. ck, Pastor a. D, in Hamburg (freis. Vereinigung), erhielt 1400 Stimmen,

ofbesißker Shmidt in Havi1ghorst (freis. Volkspartei) 1785 Stimmen, Damaschke, Redakteur in Berlin (national-sozial) 2148 Stimmen und Paul Weinheber- Hamburg (Sozial demokrat) 2695 Stimmen.

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Arbeiterbewegung.

__ Aus Stettin wird dem „Vorwärts" gemeidet, daß der Auf- stand der Metallarbeiter in der Stôwer'schen Rähmaschinen- ünd COCORRE ¿u Ungunsten der Ausftändigen beendet worden ift. Die rbeiter haben am Donnerstag beschlossen, die Arbeit zu den von dea Leitern der Fabrik fest eleuten Bedingungen wieder aufzunehmen.

In Leipzig beschäftigte si, der „Lpz. Ztg.“ zufolge, eine Ver- sammlung der in der Musikbranhe beschäftigten Holzarbeiter ar: Mittwoch mit der nun {hon vor Jahresfrist beshlofsenen und für diesen Herbst in Aussiht gencmmenen großen Lohnbewegung ämmtliche: Arbeiter der Musikbranhe. Der Referent rieth jedoch von dert Eintritt in die Lohnbewegung ab und begründete dies damit, daf inzwishen die Geschäftskonjunktur sich wesentlih ungünftiger eftaltet habe und daß auch die Organisation der in Frage kommenden Arbeiter noch viel - zu s{chwach sei, um mit Erfolg vorgehen zu können. Dic Versammlung nahm diesen Rath an und beshloß, iegt keine Lobr- bewegung zu veranstalten. :

Aus London wird der "Zeile. für die ges. Textilind.* gemeldei: Der Spinnereiverband von Bolton hade mit großer Majorität gegn die Einseßung eines Schiedsgerichts in der Lohnfrage gestimmt. Achnliche Resultate werden aus aus anderen Orten gemeldet. Der Ausbruch des Ausftandes erscheint unter diesen Umständen unvermeidlich. Zum Ausstande der englischen Maschinenbauarbeiter berihtet ,W. T B.* weiter aus London: Auf der gestrigen Kon- ferenz der Vertreter des Maschinenbaugewerbes nahmen die Ar- beiter bedingungsweise die von den Arbeitgebern aufgestellte Definiticn des Prinzips der Freiheit in Bezug auf die Leitung der Werkstätten an.

Kunft und Wissenschaft.

Im Lichthofe des Königlihen Kunstgewerbe-Musecums begann am heutigen Tage eine Ausstellung, welhe in gesonderte? Gruppen Arbeiten mehrerer an der Unterrihts-Anftalt de Museums thätigen Künstler vorführt. Von Frau Emma Der z- burg sind drei in reicher Aufnäharbeit ausgeführte Wandschirme und einzelne Stickereien vorhanden. Otto Eckmann, erst im Oktober von München bierher übergesiedelt, bietet eine geschlossene Ue seiner Arbeiten. Am befanntesten find bereits die Zeichnungen, di: er für den „Pan“, die „Jugend“ und andere Zeitschriften geschaffen hat: hier sieht man zu den Farbenholzshnitten auch die Drud- platten in japanisher Art und die Instrumente, ferner die 1 Sgerrebeck nach feinen Zeichnungen gefertigten Wandtevpiche sotrie Krefelcer Knüpfteppihe, dann Arbeiten in Schmied-cisen und Alz- miniumbronze von sehr eigenartiger und selbständiger For! endli einige Gemälde und eine E Reihe von Vorseßpapiere?, jedes einzeln Hergeftelt und im Muster vershieden, nebs Bücherr, bei tenen sie verwendet find. Von Professor Otto Rieth find über hundert Blatt Entwürfe ausgestellt, von denen einigt dur seine Publikationen von Architektur - Skizzen son _bekana!

d, während andere der deforativen Ausmalung eines Si aales im Reichétage zu Grunde liegen. Die meisten as enthalten architektonishe Motive, Theile von Bauten, A lagen monumentaler Brunren, Gräber, Portale und rerwandkt? Schmüdckbauten; aber auch dekorative Figuren und Studien zu selben sind zahlrei vertreten. Otto Rohloff, der Lehrer

und gegossener Arbeit ausgestellt; rershiedene dieser

Bronze- und Ciselierklafse, Fe! silberne Sän gerätle in gs für Seine Majestät den . Kaiser zum eigenen Gebrauch oder 5

Ueber angsbestimmungen regeln die

5

Von Max Sesliger, Lebrer

: Landschaften und

rer Malte, find Ee Sar

wie S dem Baumeister Bernbard Schaede etwa dreißig Blätter

on | landschaftliche Aquarelle aus Bornholm und Meklenburg ausgeftellt.

Ge Regierungs - Rath, Professor Dr. Julius Lessing am Mittwoch Abend Vortrag über „die Formen des Eß- und Trinkgeräths“. Der Redner schilderte, “wie die beim Essen ge- bräuhlihen Sitten in den vershietenen Zeitepcchen Wandlungen und Neuschaffungen der Geräthfcrm bedingten, und besprah diese MWandlungen der cinzelnen Geräihschaften, als Teller, Schüfseln, Terrinen, Besteckde, Shmuck- und Ziergerätbe, in eingehender Weise unter Vorlegung von alten und modernen Originalen und Modellen aus dem Königlihen Kunftgewerbe- Museum.

Verein für Deutshes De: Julius hielt Herr

4+ Die vor kurzem eröffnete Kunsthandlung von Keller und Re iner, Polsdamerstraße 122, hat eine Ausstellung von plastishen und malerischen Arbeiten dcs Belgiers Constantin Meunter ver- anstaltet, die einen umfassenden Ueberblick über das reihe Schaffen

dieses neuerdings vielgefeierten Künstlers giebt. Menunier, der bereits

im ry Bir P aens Lebensjahre sieht, -hat fast seine ganze Lebens- arbeit der Schilderung des Arbeiterlebens in den großen. Induftriebezirken feiner engeren Heimath e. In zahlreichen bronzenen Einzelfiguren führt er uns die vershledenen Typen der Koblenarbeiter vor. Müde Resignation lastet auf der Mehrzahl dieser Gestalten, aber mit er- staunlicher Kraft der Charakteristik hat der Künstler sie zu individua- lisieren verstanden. Starkknochig, muskulös und denno gebückt, mit s{leihendem Schritt gehen diese modernen Cyklopen einher. Bald tehen wir sie bei der mühevollen, gefahrdrohenden Arbeit, bald ermattet ausruhen. Unwillkürlichß denkt man an Zola’s „Germinal*“, der mit gleiher Gewissenhaftigkeit, mit dem gleihen Gefühl tiefer Theilnahme diese Helden der Arbeit beobachtet und geschildert hat. Die mannigfachen Verrichtungen beim Abbau, Ne Boreerung und LöfGung werden vor- geführt ; auch das melanholishe Minenpferd, das in dea Minen- gängen, ohne je wieder an das- Sonnenlicht zu gelangen, dabintrottet, fehlt niht. Mehr als das gegenständlihe Interesse fesselt aber das fünftlerishe den Beschauer an diefen Arbeiten Meuniez?s. In breiter und doch sicherer Behandlung holt er die kenn- zeihnenden Formen heraus und verleiht der Bewegung wie den Köpfen seelis@en Ausdruck. Ohne Sentimentalität, aber mit berbem Ernst geht er an die Arbeit. Bei der s{einbar malerischen Sorglofigkeit, mit der die Formen gefügt sind, überrascht cin tief eindringendes rut für anatcmisdhe Struktur sowie cine erftaunlide Sicerh der Hand und des Auges. Nichts Gequältes haftet seinen Gestalten an, die in unanfehtbarer Natur- wahrheit und Natürlichkeit vor uns stehen. Dabei ift alles Neben- sählihe mit vornehmer Verachtung behandelt, der Durchführung einzelner Motive nur da Sorgfalt zugewendet, wo der Ausdruck innern Lebens fie fordert. Diese Gesundheit des Schaffens mat Meunier’s Arbeiten so ungemein !ympathisch, und mit Spannung darf man daher dem großen „Denkmal der Arbeit" entgegensehen, das feine Lebensarbeit krönen foll. Einige Einzelheiten und Studien ¿u diesem monumentalen Werk sind ebenfalls ausgestellt. Die Ge- mälde, Zeichnungen und Pasftelle von Meunier, die in den geschmackvoll dekorierten Ausftellungsräumen vertheilt sind, bekunden, obwohl sie fast durchweg dem gleihen Darstellungékreise angehören wie seine plastishen Werke, weniger bervorstehende Eigenart. Euergie und Großzügigkeit ift au in ihnen, aber die einförmig trübe Stimmung dieser Silderungen aus dem „pays noir“ bedrüdckt den Beschauer; die land- schaftli&en Hintergründe laffen hie und da die rechte Durhsi&tigkeit und Tiefe vermissen, die figürlichen Elemente sind nicht immer frei von Brutalität. Den éefeulichftca Eindruck hinterläßt ein farben- sattes Pastell der „Estacade zu Nieuporti*, das einen hohen Begriff von den fkoloriftishen Fähigkeiten des Malers giebt. Jedenfalls verdient das Unternehmen der rührigen jungen Firma, uns mit einer der markanteften Persönlihkciten der belgishen Kunst bekannt zu machen, dankbare Theilnahme aller kunstfreundlichen Kreise.

Literatur.

Deutsche Helden aus der Zeit Wilhelm's des Großen. Ernstes und Heiteres aus der vaterländisden Geschichte des XIX. Jahrhunderts von Hans Kraemer. JIllustriert von erften Künstlern. Berlin W., Deutsches Verlagshaus Bong u. Co. ies in Prachtband 10 # Dieses gelegentliÞ des Erscheinens der einzelnen Lieferungen öfter gewürdigte patrio- tische Werk liegt nunmehr in di i Einbande vollendet vor. Seinem Programm getreu giebt das Buch in seiner jeßt abgeshlofsenen Gestalt eine populäre, aber dennoch streng historische Schilderung aller vcr Helden, welche in dem Jahrhundert 1797—1897 jene ruhmreien Thaten vollbraWten, die zur Einigung unseres Vaterlandes und.zur Errichtung des neuen Deutschen Reiches geführt baben. Es ift somit ein Heldenbuh, in welhem die Helfer an dem "großen Werke Kaiser Wilhelm’s I. dargestellt sind, und bildet als solches eine vortrefflihe Ergänzung zu den aus Anlaß der Centenarfeier des 22. März 1897 erschienenen Biographien des Großen Kaifers. Mit glü&cklicher Hand hat der Verfasser die Er- gebnifse der Geschichtsforshung dem Laien in fesselnd unterhaltender Form nahezubringen verstanden und auch tem Humor dabei sein Recht gewährt, indem er viele heitere Vorkommnisse in seine Darftelluny eingeflochten hat. Die illuftrative Ausstattung ist außerordentli rei und glänzend. Facsimiles von E, Zeitungen, handschriftliGen Aufzeihrungen, Briefen, Dokumenten, Neproduktionen von Gemälden erster Meister, wie Menzel, A. von Werner, Camphausen, Bleibtreu und vielen Anderen, zeitgenössische Les, Kariïaturen in Bunt- und Schwarzdruck 2c. {chmücken den Band und gestalten ihn zu einem patriotishen Prachtwerk, wie der diesjährige hnachtstisch in feiner Art kein ähnlich \{chönes und werthvolles aufzuweisen hat.

__— Moderne Kunst in Meister-Holzschnitten nach Ge- mâlden und Skulpturen berühmter Meister der Gegenwart. X]. Jahrgang. Berlin W., Verlag von Richard Bong. Preis 18 A Ebenfalls einen hervorragenden Plaß auf dem Weihnach!s- büchertisch verdient der in demselben Verlage soeben erschienene X]. Prachtband der „Modternen Kunst“. Wie die früheren Bände, so enthält auch der vorliegende eine Fülle des Schönen und Werth- vollen. Ueber alles Bedeutende und Außerordentliche, was die deutsche und ausländische Kunst in neuester Zeit geschaffen hat, giebt er mittels vorzüglicher Holzshnitte und Farbendrucke, die den Vriginalen mit Treue E find, gewissenhaft Auskunft. Meister wie Hermann Kaulbah, A. von Kofsack, Paul Thumann, Paul Barthel, ugo V gel, der polnise Maler Julian Falat, die Franzosen Barreau, Cabanel, Carpentier, Danger, Delacroix, Mèaignan, die Italiener Fontana, Irolli, Palmaroli , die Spanier de Fn und Garcia y Ramos sind darin mit ihren besten und neuesten Schöpfungen vertreten. So ziehen wie in einer Gemäldeautstellung die interessantesten modernen Bilder und Skulpturen an dem Beschauer vorüber, erklärt durch einen feinfinnig geshriebenen Text, welher Inhalt und Form eines jeden Kunstwerkes genau würdigt. Den glänzenden Leistungen moderner Verxvielfälti- gungsfunst gesellen ich noch zahlreiche trefflihe Illustrationen hinzu. Vereint mit den künstlerishen Gaben ist sodann eine Reihe von guten Romanen (wie „Faiful“ von Anton Freiherrn von Perfall und „Knospen-

¿auber* von F. von Zobeltit), Novelletten, Skizzen und Feuilletons,

die in geistvoller und frisher Schilderung alle bemerkenswerthen Er- cheinungen des modernen Lebens, wie Theater, Musik, Sport, este bei Hofe und in der Gesellschaft, behandeln. Von

orragendem Interesse sind darunter Friedri Haase's nziehendes bieten au die Beiträge von General-

iteratur, besonders emoiren, Viel

‘Veutenant Freiherrn von Dincklage-Campe (,Momentbilder aus der

arine“), von Adalbert von Hanstein, Georg Buß, Freiherrn von Ompteta, H. V, Schumather, Hans Kraemer und Anderen. Auch Gedichte und Musikbeilagen fehlen nicht. Somit umschließt der glänzend ausgestattete Prachthand einen außerordentlich reihen In-

Figuren, }-und elt und weit aiken, gemalte Fenster :c., | vers Fs ie

halt, der fünfilerisch wie literar:

d \chönte Uebersicht aller bemerkenswert e un auf dem Gebiete modernen Lebens und . Der

ih modernen Kunstentwickelung bilden, welhes in dieser sorgfältigen Reproduktien jeder Kunstfreund zu s{chägen weiß.

Land- und Forstwirthschaft. Die Kultivierung des Kehdinger Mooxrs.

Nach einem von der Königlichen General-Kommission zu Hannover entworfenen Kultivierungs- und Kolonisations-Plan if nunmebr der Versuch ernftlich in E genommen worden, das im Regterungs- bezirk De gelegene große Kehdinger Moor der Kultur ¿ugänalih zu machen.

Das Kebdinger Moor schiebt sich am linken Ufer der Unter-

elbe vom Geefteabhange unterhalb Stade fkeilförmig mitten in die Marsch hinein. Die Grenzen der Kreise Kehdingen einerseits und Neuhaus und Stade andererseits geßen EIEs mitten darin entlang. Seine Gesammtäröße beträgt reihlich 100 qkm. Von diesern Moor is der südöftlihe im Kreise Stade belegene Theil, ctwa 700 ha, mit Ausnahme einer verhältnifmäßig kleinen, 22 ha be- trazenten, theils zum Buchweizenbau gebrannten, theils aufgeforsteten Flâde bei „Stellbergen“ landwirths{chaftlich noch nit genußt, also eis sogenanntes jungfräulihes Hohmoor. Dieses dem Fiskus gehörige Moor foll nun der Kultur zugeführt werden. Seine Lage mitten in der Marsch, in der Nähe des Elbftrom-s einerseits und der shifbaren Oste andererseits, nit sehr entfernt von volkreihen Städten und Ortschaften, ift eine besonders vortheilhafte. Für den Absayz der ver- n atis laädwirth\{aftlichen Produkte sind daher günstige Quellen vorhanden. _ Die Untersuchung des Moores ergab, daß die Vegetation fast aus- s{ließlich aus Tocfmoosen und zahl:eihen Laubmoosen, also aus einer Vegetation bestand, wie sie auf kfulturwürdigen Hohmooren sich einzustellen pflegt. Infolge des Mangels an jegliher Entwäfserungsanlage war das Moor außerordentlih naß, lose und chwammig und dadur fast un- betretvar. Nur auf dem füdlihen Theile, in der Nähe des Forft- ortes Groß-Villab fand \sih eine etwas trockenere Flähe. Auf dem Moore kefanden sih zahlreihe „Meere“. Die gesammte mit Wasser bedeckte Fläche wurde zu etwa 1 bis 20/0 ermittelt.

Um das Moor für die Landwirthschaft nußbar zu machen, mußte ¿unähst mit allen Mitteln auf die gute Zersezung der moorbildenden Tflanzentbeile bingearbtitet werden, was am beften dadurch erreicht werden kounte, daß das die Bodenporen anfüllende Wasser, welches den Zutritt der Luft und deren zerseßzenden humifizierenden Einfluß hinderte, zum Abfluß gebracht wurde. Es war demnah also in erster Unie eine gute Entwäfserung des Moores erforderli. Für die Entwässcrungs- gräben mußte die nöthige Vorfluth geschaffen werden. Zu ‘dem Zweck wurde von der Grove bei Hammahermoor ab, also auf der Westseite des Kehdinger Moores beginnend, ein das Moor in feiner ganzen Länge rah Osten hin darchs{chneidender Hauptgraben hergestellt, der demnähst auch als Schiffahrtskanal dienen foll. Ferner wurde für die spätere Das einer Wafsserrerbin- dung nach den Elbdörfern Ritsh, Affel und Büyßfleth und nah einem großen Fleth, das durch eine Deichshleuse mit der Elbe in Verbindung steht und für kleine Schiffahrt erweitert werden kann, durch Grunderwerb Fürforge getragen, sodaß, da auch die Grove und Burgbeck bis Hammahermoor schiffbar sind, die Möglichkeit eines Schiffahrisweges von der Oste zur Elbe gesichert ist. Endlich ift au der Anschluß an den Weg von Hammahermoor nah dem Bakln- hofe Himmelpforten und an die Landstraße Stade- Curhavycn sowie an den besteinten Weg von Mittelsdorf nah Hammah in die Wege ge- leitet, sodaß auch von der Veeste her das Moor bald ganz auf fe steinten Wegen zugänglih sein wird.

Für die Düngung der Kulturflähen sind außer dem von dem reichhaltigen Mergellager im Forstorte Groß-Villah zu beziehenden Thonmergel (statt Aeykalk) die sogenannten künstlihen Düngemittel, und zwar Kainit, Thomasphosphatmehl und Chilisalpeter in Aussicht genommen. Die Verwendung von Kuhlerde, die sich im Moore fast überall in erreihbarer Tiefe findet, wird ers vorgenommen werden können, wenn das Moor dur vieljährige Entwässerung zusammen- gesunken sein wird. H :

Die General-Kommission zu Hannover begann im Jahre 1892 zunähst mit der Ausführung der Entwässerung und der Herstellung der Zuggngäwege und hat in den lehten fünf Jahren diese Arbeiten, als für die Kultivierung und Besiedelung vorbereitend, fortgeseßt. uer dem bereits erwähnten, im Jahre 1892 in kleinen Dimensionen in Angriff genommenen und alljährlih fortceseßten und erweiterten Hauptgraben find nunmehr zwei diesem parallellaufende Gräben hergestellt, die zu- nächst das feitlihe Eindrücken tes Hauptgrabens verhindern und später die äußeren Seitengräbcn der neben dem Hauptgraben vorgesehenen Wege bilden follen. Infolge diefer Entwässerung vershwinden be- reits die kleinen Moorteihe. Das Moor selbst ift in der Mitte {on um 1,1 m gefunken. :

Auf dem westlichen Theile des Moores, wo mit der Herstellung des Hauptgrabens zuerst begonnen wurde, is die Entwässerung am weitesten vorgeschritten, und hier sind auch bereits die Gräben aus- geführt, die die Grenzen der künftigen Siedelungen bilden follen.

Mit der Entwässerung is auch eine natürlihe Veränderung der Meoorvegetation, die Entstehung einer Haidekrautnarbe, eingetreten, die für die Bildung einer besser zersezten, nährstoffreiheren und mit Erfolg zu bearbeitenden Humusschiht in der Oberfläche von grsßer Bedeutung ist. Die Entwässerung foll nun durch Erweiterung und Vertiefung des Hauptgrabens und der Parallelgräben sowie dur Aushebung der Grenzgräben der einzelnen Siedelungen und Her- stellung von Grüppen fortgeseßt werden.

Da die Kosten der hier zunähst in Betracht kommenden Graben- arbeiten durch Unternehmer zu hoch geworden find,so wurde bereits im Jahre 1896 in Anregung gebracht, ob niht Strafgefangene bei den Arbeiten auf dem Kehdinger Moore verwandt werden könnten. Die von der Gefängnißverwaltung gemachte Offerte war eine günstige, auch mußte in Erwägung genommen werden, daß freie Arbeiter zu Moor- kulturarbeiten in der dortigen Si kaum zu finden sind; es wurden daher in diesem Jahre 40 Sträflinge herangezogen, die am 15. Ok- tober die Arbeit begonnen haben. Für das Unterkommen dieser 40 Strafgefangenen und der Auffichtsbeamten hat die General-Kom- mission am nordwestlichen Ende des Forstortes Groß: Villah auf ciner der später zu kultivierenden Parzellen einer Siedelung ein Wohnhaus in ausgemauertem Fachwerk erbaut. Das Gebäude wird der Breite na dur einen Flur in E Theile getheilt. Jn dem nordwestlichen Theile befinden sich der Raum für die 40 Strafgefangenen sowie die Räume für den Strafanstalts-Juspektor und für die beiden Gefangenen- Aufseher. In dem füdöstlihen Theile liegen die Wohnräume der von der Moorverwaltung anzestellten Personen, eines Moorvogts und zweier

[eihzeitig als Hilfsaufseher angestellter Vorarbeiter, sowie die Küche.

er Boden ift. als Vorrathskammer eingerichtet. Die innere Ein- rihtung des Gebäudes und die Mobilien-Einrihtung für die Ge- fangecen, für den Strafanstalts-Inspektor und die beiden Van wärter find von der Gefängniß-Verwaltung beschafft und stehen in deren Eigenthum. Das von der Moorverwaltuxg erbaute Gefängniß- gebäude foll nach Beendigung der Arbeiten zur Merwenbraa als Ver- waltungsgebäude erhalten bleiben.

Der innere Dienst der Gefangenen is Sache der Gefängniß- Verwaltung. Dagegen verfügt die landwirthsaftliche Verwaltung frei über die Gefangenen, sobald sie zur Arbeit angetreten sind.

Am 26. Oktober d. JI., 11 Tage nach der Besetzung des Ge- bäudes durch die Beamtên und En: wurde das jeßt „Guts- bezirk Hohmoor* genannte fiskalishe Kehdinger Moor von dem Ober- Präsidenten der Provinz Hannover, Dr. von Bennigsen in Gegenwart

en ugt rar soll démnächft dur einen

dez beiheligien Behörden besichtigt. In den Räumen des Gebäudes

herrshte Ordnung und Sauberkeit Eil gewisser Raummangel e s

Erweiterungsbau gehoben

Die Gefangenen, die der Strafanstalt Hameln entftamuiéèn und

“Dur Leidtere Verb find, waren. feisig aud machten einen en Eindruck. Aus den von ihnen an ihre Angehörigen geschriebenen riefen Pg anes -daß ihre Verwendung zu - der- dortigen Arbeit

von ihnen als eine Wohlthat empfunden wurde.

Theater und Musik,

Könlglihes Schauspielhaus.

In Friedrich Hebbel’s bürgerlihem Trauerspiel , Maria Magdalene“, wel@es gestern, nahdem es viele Jahre nicht mebr aufgeführt worden war, neueinftudiert in Scene ging, liegt etwas von der bleigrauen und bleishweren Stimmung Ibsen’sher Dramen; nor unterscheiden fich die Gestalten des aus Dithmarschen ftammendcn Dichters dur ihr leidenschaftlih:8 Thun und Reden von dem wort- kfargen und fischblütigen Wesen der meiften Figuren aus des Norwegers Bühnenwerken nicht unerheblich. Hebbel’s Vorliebe für das Grausanie im menshlihen Charakter prägt sich auch in diesem, in der Neuzeit spielenden Stück \harf aus. Jn den „Nibelungen®*, in „Genoveva® und anderen erscheint dice Neigung im Verhältniß zur Größe des Stoffes und der darin vorkommenden Gestalten, die „weit über Menschlihes hinausragen“, gemildert; hier wirki fie ebenso nervenershütternd und abstoßend, wie Jbsen's starke Betonung des Pathologishen. Die Leiden der von hartherziger Tugendhaftigkcit einerseits und gewissenloser Schlehtigkeit andererseits gemarterten Secle Klara’s, der Tischlerstohter, wirken um \o quälender, als die Pein dur das blutige Ende des Trauersptels noch verstärkt wird. Das Spiel that leider nihts, um die allzu grellen Lichter des Trauerspiels zu mildern. Der Rolle der Klara, die nur dur cine zurücthaltende, duldende Passivität rührend wirken kann, wollte Fräulein Poppe allzuviele Nüancen verleihen. Ihr verzerrtes Gesicht, ihr wankender Gang und zahlreihe andere Einzelheiten ließen es un- möglich erscheinen, daß ihre Umgebung auf der Bühne von dem allen nihts merken follte, Herr Molenar verlieh dem Tischlermeister Anton eine derbe Geradheit, blieb aber bezügli feineier Charakterzüge der Rolle manches s{ualdig. Vortrefflih am Plate war Mae err Keßler als Leonhardt, dessen kaltherzigen Egoismus er meisterlich zur Anschauung brahte. Auch Fräulein Abih sowte die Herren Herßer und Purshian wurden ihren kleineren, aber für den Gang der Handlung sehr wihtigen Aufgaben durhaus gere(t. Die Inscenierungskunst des Herrn Grube hatte für die Stimmung des Ganzen alles Erforderliche gethan.

Konzerte.

__ Die „Berliner Liedertafel" gab unter der Leitung ihres stäadigea Dirigenten, des bewährten Chormeisters A. Zan der anf Donnerstag ein Konzert in der Philharmonie, das von gleichem Erfolge begleitet war wie alle Veranstaltungen dieses beltebtesten der hiesigen Männergesangvereine. Wiederum konnte man die Schönheit der Stimmen, ihre mustergültige Schulung und die außerordentliche Disziplin bewundern, mit welher der Chor dem leifesten Wink des Dirigenten aehorcht. Das Programm wics eine große Anzahl zum theil {hon bekannter und beliebter Ges fäânge auf, darunter auch C. Loewe's Komposition der Horaz- hen Ode „O, fons Bandusiae“, die indefsen leider den Charakter des Gedichtes niht recht glücklih trifft. Die fehlerhafte Bezeichnung „Ad fontem Bandusium“ follte aber auf den Zetteln in Zukunft vermieden werden. Reicher Beifall wurde auch dem Königlichen Sänger Herrn Lieban zu theil, der das Tenorsolo in Schubert's (von Liszt für Männerhor bearbeiteter) „Allmaht“ über- nommen hatte, sowie der Königlihen Sängerin Fräulein Egli, die qu Liedervorträge beisteuerte. Zu gleiher Zeit gab im Saal Bechstein der bekannte Wiesbadener Opern- und Konzertsänger Ludwig Strakosch seinen zweiten dieswinterlichen Lieder- und Balladen-Abend, in welhem er Kompositionen von Loewe, Brahms, Schubert und Graf zu Eulenburg wirkungsvoll zu Gehör brachte. Neues is über den Sänger nicht zu berichten. Ini Saal der Sing-Akademie veranstaltete an demselben Abend die Pianistin Fräulein Mabel Seyton ein Konzert mit dem Phil- harmonishen Orchester, das unter der bewährten Leitung des Herrn Professors Carl Klindworth ftand. Die Konzertgeberin ift eine tehnisch durchgebildete Klaviersptelerin, welhe überdies mit Geshmack und musikalish feinsinnig vorträgt. Zur vollendeten Wiedergabe des D-moll-Konzertis (op. 15) von Brahms, mit welchem begonnen wurde, ist allerdings die Einseßung eines hohen Grades physischer Energie erforderlih, der der Konzertgeberin nicht immer völlig zu Gebote stand; dagegen gelang ihr dice Schlußnummer des Abends, das C-moll-Konzert (op. 44) von Saint-Saëöns, reht gut. Den besten Eindruck aber hinterließ das Konzert-Allegro (op. 46) von Chopin durch die Wärme des Vortrags, dic ehte musikalische Auf- fassung und glänzende Technik.

Im Königlichen Opernhause wird morgen Lorßing?s romantische Zauberoper „Undine“ mit Fräulein Hiedler in der Titel- rolle gegeben. Den Kühleborn singt Herr Bulß, die Bertalda Frau Heriog, den Veit Herr Lieban, den Kellermeister Herr Krasa. Ant Montag geht Bizet's Oper „Carmen" mit Fräulein Rothauser in der Titelpartie und Herrn Naval als Don Joss tin Scene.

Im Neuen Königlichen Opern-Theater wird morgen zu ermäßigten Preisen das Lustspiel „Rosenkranz und Güldenstern“ von Michael Klapp gegeben.

Im Königlichen Schauspielhause gelangt morgen das Lustspiel „Das neue Weib* von Rudolf Straß zum 8. Male zur Aufführung. Am Montag gebt das Luftspiel „Helga's Hochzeit“ mit den Damen Hausner, Conrad, Abich, den Herren Vollmer, Keßler und Purschian in den Hauptrollen in Scene,

Der Spielplan des Deutschen Theaters weist für die kommende Woch? folgende Vorstellungen auf : morgen Abend, am Dienstag und Freitag: „Jugendfreunde* ; Montag und Sonnabend: „Die ver- sunkene Glocke* ; Mittwoch: „Nora“ , Donnerstag : „Das Käthchen von Heilbronn" ; nächstfolgenden Sonntag Abend: „Agnes Jordan“. Nachmittagsvorstellungen : morgen: „Einsame Menschen“ ; am nähhst- folgenden Sonntag : „Hamlet“.

Im Berliner Theater finden îin »ächster Woche mit Ausnahme des Freitags aus\chließli4 Wiederholungen des Lustspiels „In Behandlung“ statt. Am Freita geht als 13. Abonnements-Vorstellung i das diesjährige Weihnachtsmärchen eDornröshen“ von Aloys Prash zum erften Male in neuer Ausstattung in Scene und wird am Sonnabend Nachmittag zum ersten Male wiederholt. Als Nachmittags-Vorstellung wird morgen und am nächsten Sonntag „Mein Leopold“ aufgeführt.

Das Goethe- Theater giebt folgenden Wochenspielplan aus: Schönthan’'s Lustspiel „Circusleute“ wird morgen, am Dienstag, Mittwoch, Donnerétag, Sonnabend und nächsten Sonntag wieder- holt. Am Montag (12. Abonnements-Vorstellung) wird „Der

farrer von Kirchfeld“ zum leßten Mal in dieser Spielzeit und am

reitag (13. Abonnements, Vorstellung) erstmalig das Lustspiel „Die

ournalisten* gegeben. Morgen Nachmittag wird „Othello“, am Mittwoch Nachmittag „Die Jungfrau von Orleans“ aufgeführt.

Im Schiller-Theater wird e Nachmittag als vierte Vorstellung im Schiller-Cyclus „Maria Stuart“ aufgelüdrt. Die für den 21. d. M. (Todtenfest) ausgegebenen Billets des Sciller- Cyclus behalten für diese Vorstellung ihre Gültigkeit. Morgen Abend geht der Bisson’she Schwank „Madame Bonivard* in Scene. Am Montag, Dienéêtag, Freitag und Sonnabend finden Wiederholungen von „Vanina Vanini“ ftatt, zusammenhängende Aufführungen von „Wallenstein“ sind für Mittwoch (, Wallenstein's Lager“) und „Die

iccolomini“ und Donnerstag (,Wallenstein's Tod“) angeseßt. Im Bürgersaale des Rathhauses findet morgen ein „Uhbland- Abend“ statt. m Lessing-Theater kommt au in der nächsten W der Schwank „Hans Huckebein* von Oscar Blumenthal und Gustav

Kadelburg an allen Spielabenden ¿ur Aufführung. Morgen Rach-