1897 / 289 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Dec 1897 18:00:01 GMT) scan diff

E E I L Eme o L Er Ce E Ee E E N T,

Als Vertreier Seiner Majestät des Deutschen Kaisers wird, wie „W. T. B.“ aus Wien meldet, der Vize- Admiral Köster der Beiscßung des verstorbencn Admirals Freiherrn von Sterneck beiwohnen. Vize-Admiral Köster trifft heute aus Kiel in Wien ein. i:

In der gestrigen Sißzung der österreihishen Dele- gation widmete ter Präsident Graf Thun dem Admiral Freiherrn von Sterneck einen warm empfundenen Nachruf und crhielt auf sein Ersuchen die Zustimmung, der Wittwe des Verstorbenen das Beileid der Delegation auszudrücken. Bei der hierauf fortgesedten Berathung des Armeebudgets erklärte der Reichs- Kriegs-Minister von Kricghammer, in Erwiderung auf einzelne Reden, die Behauptung für unrichtig, daß Soldaten jüngst beim Einmarsh in böhmishe Städte nationale Lieder gesungen oder nationale Rufe ausgestoßen hätten. Die Armee weise von selbst jeden Versu, nationale Rivalitäten in sie hineinzutragen, zurück, und jeder Soldat, welcher Nationalität er auh angehören möge, werde stets scine Pflicht vor dem inneren wie vor dem äußeren Feinde thun. Alle Nationalitäten würden in der Armce gleih geachtct und gleih geliebt. Der Minister führte sodann aus, daß er die zweijährige Dienstzeit nicht für durhführbar halte. Durch dieselbe würde das Budget bedeutend crhoht werden, weil der Präsenzstand, damit dic Ausbildung durchgeführt werden könne, viel höher sein müsse. Schließlich erklärte der Mi- nister, daß der Entwurf einer Militärstrasprozeßordnung mit dem motivierenden Bericht fertiggestellt sei; er hoffe, die neue Militärstrafprozeßordnung werde allen Anforderungen genügen. Hierauf wurden das Exiraordinarium des Armeebudgets, sowie der Nachtragskredit von 71/2 Millionen Gulden unverändert genehmigt, ebenso ohne Debatte der Voranschlag für das gemeinsame A oa ter 2 und den Obersten Rechnungshof. Mit Zustimmung der Delegation wurde die Verhandlung über das Mauinebudget wegen des Ablebers des Admirals Freiherrn von Sterneck von der Tagesordnung abgeseßt. Sodann trat die Delega- tion in die Berathung des Krediis für die occupierten Provinzen cin. Im Laufe der Debatte verwies der Reichs-Finanz-Minister von Kallay zunächst darauf, daß er hon in früheren Jahren die verschiedenen Verhältnisse in den occupierten Provinzen auf das genaueste besprochen habe, wes- halb er sich jeßt nur auf gewisse Dinge beshränke und nament- ih die Behauptung zurückweise, daß er Bosnien nur im JIntercsse Ungacrs verwalte. Der Minister hob hervor, daß die griechishe, serbishe und bulgarishe Regierung Beamte nah Bosnien enisandt hätten, um die Einrichtungen, welche die Monarchie in Bosnien getroffen habe, zu studieren. Diese Thatsache bringe Oesterreich Ehre und breite dessen friedlichen Einfluß auf der Balkanhalbinsel aus. Nach längerer Debatte wurde \hließlich der Kredit bewilligt.

DasWiener,Fremdenblatt“meldet: gesternVormittag scien die Obmänner der deutschen Parteien der Linken zu einer Besprehung zusammengetreten, in welcher die cinzelnen Partei- voritände über die Beschlüsse ihrer Klubs Bericht erjiatteten. Die Konferenz habe beschlossen, eine Abordnung aus ihrer Mitte an den Minister-Prösidenten Freiherrn von Gauisch zu entsenden, um demselben über die Stellungnahme der deutlshen Parteicn Mittheilung zu machen. Die Deputation, welche aus den Abgg. Dr. Funke und Graf Stürgkh bestehe, werde dem Minister-Präsidenten eine ablehnende Antwort der Parteien der Linken überbringen. Die Verhandlungen seien aber nicht als abgeschlossen zu betrahten. Dieselten würden viel- mehr fortgeseßt werden, und es hätten sowohl die Obmärner der Klubs der Linken wie die parlamentarische Kommission der Nechten für morgen weitere Berathungen angesagt.

Eine von der christlich - sozialen Vereinigung er- lassene Erklärung besagt:

Die chrisilib-\oziale Vercinigurg ermäStigt ihre beiden Dele- girten, bei der Verhantlung mit dem Minister-Präsidenten die For- derung der deutshen Abgeordneten aus Böhmen zu unterf:üen und mit denselben folidarisch vorzugehen. Die Vereinigung e:klärt aber auch, daß tie deuts&en Abgeordneten aus Böhmen die etwaigen Folgen und dtie s@{ließliche Verantwortung gegenüber dem deutschen Volke zu tragen bâtten. Die Vereinigung erklärt ferner, gegen das Ausgleiché-Provisorium in die {ärfst: Opposition eintreten zu wollen.

In einer von dem Klub der jungczehischen Abge- ordneten veröffentlihten Erklärung heißt es:

Die Jungczecten erkennen die Prepositionen der Regierung, betr. die Sprachenvercrdnungen, als diéfutabel an, jedoch unter Wahrung der Eleichberehtigung beider Nationalitäten und der Einheit des Landes sowie unter Berbehalt der zur definitiven Entscheioung be- rufenen Parteifakteren.

In Hermanmestec (Böhmen), Tabor und Pribram ist es am Montag zu Ausschreitungen gekommen.

In dem Befinden des schwer erkrankten Präsidenten des ungarischen Oderhauses von Toth ift eine Vershlimmerung eingetreten; scin Zustand wird als hoffnungslos bezeichnet.

Im ungarischen Unterhause beantragte gestern der Abg. Kossuth, die Vorlage, betreffend das Ausgleihs- Provisorium, da fie einen rein staatsrchtlichen Charakter habe, an die Sektionen zu verweisen; er bezweifle, daß diese Vorlage werde Gesez werden. Das Haus habe die erste Vorlage, betreffend das Proviforium, übereilt be- willigt; Ungarn habe sfich Oesterreih angeboten, Oester- reich habe Ungarn abgewiesen. Ungarn brauche Oester- reih nicht nahzulaufen, wenn leßteres keine Lust habe, mit Ungarn den Auegleich abzuschließen; die gegenwärtigen Zu- fände in Oesterreich könnten nicht verfassungsmäßig genannt werden. Seine (des Redners) Partei ftehe auf der Grund- lage der Personalunion und werde mit aller Kraft für dieses Dae kämpfen, wenn sie sich auch immer das Ansehen des Parlaments vor Augen haiten werde. Dcr inister- Präsident Baron Bantts erklärte, er wolle, da es sich jeßt nur um die Modalität der Behandlung der Vorlage handle, fich über die leßziere selbst niht äußern, sondern nur darauf hin- weisen, daß auch die erste Vorlage über das Provisorium dem Finanzausschuß zugewiesen worden sci; dasselbe möge auch mit dieser Vorlage geshehen. Er könne daher dem Antrage des Abg. Kessuth nicht zustimmen.

i Frankreich.

_ Der ehemalige Minister de Fourtou ist gestern in Paris gestorben.

Im Senat brachte gestern der Senator Scheurer-

Kestner eine Interpellation über die Dreyfus - An-

«gelegenheit cin, deren sofortige Berathung beschlossen wurde.

Scheurer-Kestner führte, tem ,W. T. B.® zufolge, hierauf

aus, daß er inmitten der fo vielfawen und verworrenen“ Zwischenfälle

der Drevyfus-Angcelecenheit Zurßckbaltung beobachtet habe und dies

au, wie sein Eewifien es ihm gebiete, bis zur Veentigung der Unter-

f ibun werte. „Dcr Kriegs-Ministez d der Miniffer- uvung er « Nejes UTE, uni r Fer

Präsident", fuhr der Es, r er gesagt, fie- hätten von wir fkcinerlei Schrifislücke erhalten. Der Kriegs-Minister hat erklärt, er kenne meine Afktenftücke nit vnd babe au keine Veranlaffung, Kenntriß von ibnen zu nehmen. In der That babe ich dem Kriegs-Minifter meine Aktenflücke nicht überlafsen, ih babe ihm aker meine Auffassung ter Angelegenheit nebft den Beweisftücken vor Augen geholten. Die Presse hat mich wegen dieses Besuches angegriffen; es haben fih aber unter den Blättern auch solche gefunden, welche mich tapfer und uneigennüßig ur.terstüßen. Auch im Parlamente und in der Literatur habe ich Aufmunterung ge- funden. Der Minister-Präfident hat mir gesagt, er sei nicht berechtigt, meine Aktenslücke in Empfang zu nehmen; als ih fie ihm zeigte, er- widerte er mir, Dreyfus fei sckuldg. Ich fragte den Minister - Prä- sidenten bierauf, auf welhe Beweisftücke scine Ueberzeugung pa gründe, und e:bot mi, êfentlih za erklären, daß ich mi getäuscht abe, wenn mir der Beweis für die Schuld Drcyfus? geliefert werde. Der Minister- eee verhielt sih ablehnend -und fagte mir, er habe meinen

cobabtungen nicht Rechnung zu tragen. Meine Bitten blieben ver- geblih.“ Im weiteren Verlauf seiner Rede sagte Scheurer-Keftner : wenn Dreyîus nicht auf das Bordereau bin verurtheilt worden wäre, so würde man ihn auf die ter Verthcidigung nicht mitaetbeilten Schriftftücke bin verurtbeilt haben. Er, Redner, babe die Negierung aebeten, eine Revision des Prozesses zu veranlassen ; die Regierung habe ibn aber abgewiesen. Er habe aus Patriotièmus gewünscht, daß die Revision von der Regierung auëgebe, weil dieses Berfahren ein promptes und würdiges scin würde. Infolge der von Mathieu

Dreyfus gegen den Mojor Esterhazy erbobenen Beschuldigung sei jede Mißdeutung gesckwunden, die Einreihung feines, des Redners, Antrages bei dem Iustiz-Minifter würde an der gegenwärtigen Lage nihts geändert haben. Die Bortereav-Frage unter drücke alle anderen Fragen, und er hoffe, daß der Kriegs-Minifter das Bordereau für die aeue Untersuchung bergeten werde, tann werde si zeigen, wer Necht babe. Redner sprach \ich dann tatelnd tarüber aus, daß die Negierung die Versiherung abgegeten babe, daß Dreyfus ckuldig sei. Wenn die Untersuchung zeige, daß das Bor- derau nicht von Dreyfus herrühre, so sci man zur Revision ge- zwungen. Das Bordercau fei die Seele ter ganzen Angelegenkeit. Wenn man tamit nickt rechncn welle, warum habe man dann eine Enquête eingeliitet? Am Schluss? seiner Rede protestierte Scbeurer-Kesiner gegen diejenigen, welte tie Armce mit der geriht- lien Angelegenbeit in Verbindung gebracht und den leßten Deputirten Elfaß-Lothringens verdächtigt bätien, die Armee anzugreifen. Er hoffe, daß eine große Ungerechtigkeit werde wieder gut gemackt werden.

Nach dem Senator Scheurer-Kestner erariff der Kriegs- Minister, General Billot das Wort.

Derselbe erklärte, der Senator Scheurer - Kestner babe ihm fein Scrifistück überlaffen, und fragte, was er unter diesen Umständen bâtte thun sollen? Scheurer-Kestner behaupte, das Borderau sei die einzige Grundlage des Prozesses gewesen, und es lige Anloß zur Re- vision vor, wenn bewiesen werde, daß das BVorderau nicht von Dreyfus berrühre. Scheurer - Kestner möge ibm die Bemerkung ge- statten, daß er voreilig gewesen sei. Er, der Kriegs - Minister, habe gethan, was er kate thun müffen, und kein Schriftstück, weder das Borderau noch antere, sei der Untersuchung vorenthalten worden. Er fei nur in feinem Rechte gewesen, als er versichert habe, taß Dreyfus schuldig sei, und er wicterhole diese Versicherung. Die Armee würde in ihrem Gewissen nit rubig fein, wenn sie glauben Eônne, dcß ein Unsculdiger verurtteilt worden sei. Was man ge- wolit habe, sei, die Revision auf einem Umweg zu erreihen. Der Minister {loß mit ten Worten: „Lassen Sie die Jufiiz ibr Werk vellenten, denken Sie an die fo gchorsame, so patriotis@e Aiumee, denken Sie an Frankrei!“ /

Nachdem der Kriegs-Minister, General Bill ot seine Rede becndet hatte, crkiärte der Senator Scheurer- Kestner:

__ Er lege Werth darauf, dem Kriegs, Minister für seine Er- klärungen zu danken. Er wisse wobl, taß der Minister ter Unter- fu&ung kein Schriststück entzieben wolle, und es fei fast unnöthig, das noch zu sagen; indessen danke er dem Kriegs-Minister und nehme von dessen Erklärung Akt, taß er alle Schriftstücke, eins{lieklich des Bordereaus, für die Untersuhurg ¿ur Verfügung stellen werde.

Der Minister-Präsident Méline erklärte darauf, es sei das Recht und die Pflicht des Kriegs-Ministers gewesen, die Autorität eines ergangenen Urtheils zu bekcäftigen, und fuhr dann fort:

„Es war nicht Sache des Kriegs-Ministers, selbft die Nevision vorzunehmen. Ich meinerseits habe Stckteurer- Keftner erklärt, daß ich nit in der Lage fei, seine Aktenstücke in Empfang zu nehmen. In einer zweiten Unterredung habe ic Schzeurer-Kesiner darauf aufmerksam gemaht, daß es unmögli fei, eine so gefährliche Polemik noch weiter fortzuseßen, und daß das einige Mittel sei, sich an den Justiz-Minister zu wenden, wenn cr neue Thatsachen vorzubringen habe. Die Betheiligten baben es vorgezogen, einen anderen Weg einzushlagen. Die Militärgerichtébehörde verfolgt die Esterhazy - Angelegenheit, eine andere giebt es nicht. Die Negterung hat den einzigen Weg verfolgi, den sie inmitten ter ent- fefselten Leidenschaften hatte. Lassen wir die Militärjustiz ihren Weg geben; der Feldzug ter Presfsc muß aufhören, denn er hat {on viel CWaden gethan. Die Ehre der Armee und die íInteressen ter Vertheidigung des Landcs müssen außer jeder Diskussion eiben ; es handelt ih um Thatiacen, die unsere wi@tigsten Interessen be- rühren und die gebeim bleiben müssen. Die geringste Indiskretion in solcher Hir sicht könnte die schwersten Folgen nah si ziehen.“

Der Senator Le Provofti de Launay warf Scheurer- Kestner vor, daß cr cin unpairiotishcs, antifranzösishes Werk unternommen habe. Der Senator Trarieux führte aus, daß die Justiz nicht unfehlbar sei, und billigte das Vorgehen Scheurer-Kestner's. Die Diskussion wurde hierauf geschlossen. Von den eingebrachten Tagesordnungen wurde diejenige, welche die Erklärungen der Regierung billigt, einstimmig an- genommen und die Sißung hierauf geschlossen.

Eine von Studenten geplante Kundgebung gegen den Senator Scheurer-Kestner, welche vor dem Senat und dem Gebäude des „Figaro“ stattfinden sollte, wurde dur die Polizei vereitelt. EinPolizei-Offizier wurde dabei verwundet ; fünf Studenten wurden verhaftet.

Spanien.

„W. T. B.“ meldet aus Madrid, der Ministerrath habe sich mit der Doe des Präsidenten Mac Kinley zur Eröffnung des Kongresses beschäftigt und sih dahin geäußert, daß man, um sich ein endgültiges Urtheil zu bilden, den Wortlaut der Boishaft abwarten müsse. Es sei gleihwohl festgestellt worden, daß die Boischaft die freundschaftlichen Beziehungen zwishen Spanien und den Vereinigten Staaten bekräftige, auch si die Achtung vermerft worden, mit welcher die Botschaft von der Jnitiative Spaniens spreche, welche die Aufrichtigkeit der gegenwärtigen Regierung beweise. Der Ministerraih Habe ferner davon Vermerk genommen, daß die E die Versuhe der Jingoisten [und der Freibeuter verurtheile. Die Bo:schaft sei zufriedenstellend, troy gewisser Ansichten, die eine Diskussion herbeiführen könnten. Alles in allem beurtheile die Botschaft die spanischen Interessen schr günstig. Der Minister-Präsident Sagast a habe sodann ein Schreiben der republifkanishen Partei bezüglich des Belagerungszustandes in Barcelona und der Anwendung des Gesehes gegen die Anarchie verlesen. Der Ministerrath habe beshlossen, das Schriftstück den Behörden von Barcelona zu übersenden zur Ertheilung weiterer Auskünfte. Schließlich habe

der Minisier:Präfident ein Schreiben der indusuièllen Vereini- gung von Madrid verlesen, in welhem gcgen die Zoll- autonomie Cubas Einspruch erhoben wird.

Niederlande.

Amtllich isi bekannt aemacht worden, daß als Taa, an welchem die Königin Wilhelmine den Eid in der Neuen Kirche zu Amsterdam leisten werde, der 6. September 1898

festgeseßt fei. Türkei.

Aus Kanea meldet die „Times“: Nachdem die Admirale erlaubt hätten, daß griechische Schiffe wieder wie früher kretishe Häfen anliefen, sei am Dienstag ein die griechische Flagge führender Dampfer in Kanea eingetroffen.

Griechenland.

Die Deputirtenkammer wird, dem „W. T. B.“ zu- foige, wahrscheinlih am Montag zur Genehmigung des cnds- gültigen Friedensvertrages einberufen werden.

Numüänien.

Jn der gestrigen Sißung des Senats interpellierte, wie „W. T. B.“ meldet, der Senator Karp über die jüngsten Ausschreitungen gegen die Jsraeliten und führte aus, daß die Jsraeliten auf die augenscheinlihe Feindschaft der Regierung stießen, welche ihnen durch den Gejeßentwurf des Kriegs- Ministers jede Hoffnung benehmen wolle, durch Ableistung dcs Militärdienftes dieNaturalisation zu erlangen. Der Minister des JFnnern Phenekijde wies den Gedanken einer Feindschafi gegen die Jsraeliten zurück und sagte, der erwähnte Entwurf habe bisher keine greifbare Form angenommen, da er vom Minifier- rathe noch nicht durchberathen sei und daher noch keine Existenz als Geseßentwurf habe. Der Minister führte dann weiter aus, daß es die Jsracliten seien, welche aggressiv vorgingen und feindschaftlihe Gesinnungen gegen die rumänishe Be- völkerung hegten, und verlascin von Jsraeliten erlassenes Manifest, welches mit den Worten s{ließt: „Der Feind muß sih beugen und wird sih beugen.“ Der Feind, sagte der Minister weiter, find wir Rumänen, die den Jsraeliten gegenüber zuviel Milde und Toleranz zeigen. Der Mirifter bedauerte s{hließlich die Excesse, die sich nicht wiederholen dürften, und kündigte an, daß das Ministerium über dice nothwendigen Mittel berathe, um den Opfern der Excesse zu Hilfe zu kommen. Der Senat nahm hierauf nahezu einstunmig eine Resolution an, in welcher er sih von der ministeriellen Erklärung befriedigt erklärt, und ging zur Tagesordnung über.

Amerika.

Dem Kongreß is der Jahresbcriht des Schaÿß- \ckretärs Gage über das am 30. Juni 1897 abgelaufene Nechnungsjahr zugegangen.

Nach demselben beliefen sh, wic ,W. T. V.® kericbtet, die Ein- ñabmen arf 439 387 168 Doll., die Auésaaben auf 445 439 622 Doll, sona ergiebt sich ‘tin Fehibetrag ron 18052 454 Deli. Die Eipn- nahmen sind gegen tas Voijabr um 20911759 Doll. und die ordentlicen Ausgaben um 13594713 Del. gestiegen; die Zunabme der HZolleingänge betrug - 16532 3715 Doll. Die gesammten verfügbaren Aktiven des Shatzes beliefen

Ÿ am Beginne des Berichttjabres auf 855 685 321 DeU., am Schlusse desselben auf 874 764 377 Doll. Die Gesammtsumme der verfügbaren Eingärge betrug 363 173 925 Doll, während die Ee- sammtsumme der Ausgaben 388 245 017 Doll. betrug, fodaß der ver- fügbare Kassabestand des Schatzes um 25 071 092 Dellars zurüdck- gegangen ist. Die Operationen auf dem Gebiete der Papiergeldaus- gabe beliefen sich auf 374848 C00 Deoll.; fie überstiegen um ein Geringes den Betrag ven 1892, bleiben aber hinter allen übrigen früheren Jabren zurück. An Metall wurde ausgeprägt: Goïld 71646705 Doll, Silberdollacrs 21203701 Doll, Silber- \cheidemünze 3 124 086 Doll, kleine Scheidemünze 934510 Doll. Die Präçcung von Silberdollars erfolgte aus den nah dem Geseße vom 14. Juli 1890 angekauften Barren. T ie Gesammit- menge der aus diesen Ankäufen vom 13. August 1890 bis 1. Juli 1897 gexrägten Silber-Dollars beträgt 68 748 477 St1üd; diese enthalten 53 172 650 Unzen feines Silber, die 51 532 154 Doll. kosteten. Die Nettoeinfubr von Gold beziffert sich cuf 44 609841 Doll. gegen 78 904 612 Doll. im Vorjahre, die Nettoausfubr von Silber auf 32 636 835 Doll. gegen 33 262 258 Doll. im Vorjahre. Im Kalender- jahre 1896 betrug die Goldautbeute in den Vereinigten Staaten 53 088 000 Doll, die Geæinnung von Silber nah dem Münzw:rthe gerechnet 76 069236 Doll.,, nah tem Handels- werthe zum Durchschnittëprcise von 0,674 Dollar prr Unze 39 655 (00 Doll. Die rerzinslihen Staatss{uldvershreibungen find pom 1. November 1896 bis 1. Juli 1897 von 847 318 200 Dol. auf 847 320 000 Doll. angewachsex. Mit Bezug auf die Wirkung des neuen Tarifgesezcs vom 24. Juli 1897 fagt der Bericht, das Gefeß sei noch nickt lange genug in Kraft, als daß man tefsen Werth genau bestimmen könne, decch werde ve:trauentvoll angenommen, daß es ausgiebige Einkünfte für die ordentlichen Staatêbetürfnisse liefern und zugleich die einheimischen Industrie- und Ackerbautnterefsen an- gemessen {hüten werde. Der Rückgang der Zolleinnahmen in dem erften Vierteljahr seit Inkrafttreten des Gesetzes fei eine Folge der verstärkten Einfuhr kurz vor der Annahme deéselben und gestaite keinen Rückschluß auf die bei normalem Stande ter Ginfubr von dem Tarifgeseß zu gewärtigenden Einkünfte. Bereits hätten die einheimishen Gewerbe die auf- munternde Wirkung des Gesetzes verspürt. Es seien Schritte gethan worden, um die auéländishen Regierungen über die Bestimmungen binsichilih der Reziprozität in den Handelsbeziehungen volikommen zit unterrihten und es sei ein besonderer Kommissar zur Theilnahme an den in Sektion 3 und 4 des Gesetzes vorgesehenen Bertragéeunter- bandlungen ernannt worden. Die vollständige Durchführung der Bestimmungen der Sektion 5 des Gescizes, betreffend dle Erbebung von Kowpensfationszöllen, enutspreherd etwaigen direkten oder indirekten Prämien oder Vergünstigungen , welche von irgend einem fremden Staate für den Export feiner Produkte gezahlt bezw. bewilligt werden, hake infolge der Schwierigkeit, positive Informationen ükter derartigz Vergünf D bezw. Prämien zu €r- halten, Aufschub erlitten. Das Schag-Departement, in Gemeinschaft mit dem Staats-Departement, wende alle ihm zu Gebote ftetenden Mittel an, um sih über die einschlägigen Verhältnisse Gewißheit zu vershaffen, und wo man annehme, Pa solch eine Prämie oder Ver- günstigung bestehe, da fei die vorläufige Hinterlegung eines Kompen- fationszolles verlangt worden. „Jn dem Bericht werden einige interessante Zahlen aus dem Geb des auswärtigen Handels an- geführt. Der Import zollfreier und zo®Lpfli@tiger Waaren während des Jahres 1897 bclief sich auf 764 730 412 Doll. (14 994 262 Doll. weniger als im Vorjahre), während der Import von Gold §5 014 780 Dol. (51 489 715 Doll. mehr als im Vorjahre) und der Import von Silber 30 533 227 Doll. (1 756 041 Doll. mehr als im Vor- jahre) betruo. Der Export an Waaren kelief sih auf 1 050 993 556 Doll. (168 386 618 Doll. mehr als im Vorjahre), der Export von Gold betrug 40 361 580 Doll. (72048 367 Doll. weniger als im Vor- jahre) und der Export von Silber 61 946 638 Doll. (1 404 968 Doll. mehr als im Vorjahre). Der Bericht betont die sehr be- friedigende Zunahme der Ausfuhr, deren Werth nun zum

‘zweiten Male 1 Milliarde Dollar ü-ershritten und den höckften

bisher cr:eidten Stand um 16275000 Doll. übertroffen habe.

r habe des gesunkenen Markipreises wiederum üfse nunmedr zu den E Ausfubr-

et werden. Der Werth der Silberauésuhr übertriffe den der Ausfuhr an Eisen und Stakl und er sei dorpelt. so groß, als ter der Ausfuhr bon Kupferbarren. Die geringe Abnahme der Maareneinfuhr (um nur 14 994 262 Doll.) bezeichnet der Bericht als eine Felge der gesteigerten Einfubr, z. B. von Wolle und Zucker, kurz vor dem Inkrafttreten des neuen Tarifgeseßzes. Sodann wird festgestellt, daß die Einwanderung im Berichtéjabre um 112 435 Köpfe abgenommen und den niedrigsten tand seit 1879 erreiht babe. Der Schahsekretär wendet \ich sodann der Währungë- und Vankfrage zu und führt aus: Im Geiste des Gesetzes, betreffend die Einstellung ker Silberkävfe, von 1893 be- handelte das S@aßamt bei allen feinen Operationen geprägtes Goldgeld und Silberçceld und deren papierne Vertretungsmittel als von gleider Wichtigkeit und gleihem Werth. Die weitere Fest: haltung dieses Standpunktes sei nur mittels geeigneter geseßz- Aberischer Maßnahmen möglich. Der Gesammtbetrag der so- genannten ftets fälligen erbindlihkeiten der Regierung fei 930 Millionen Oollars und zur Erfüllung aller möglihen Anfrrüce müßten dem Schatamt genügende Mittel verfügbar sein. Die Un- ;ulänglichkeit ter herkömmlichen 100 Millionen Dollars Goldreserve liege flar zu Tage. Der Scaßsekretär mat nunmehr folgende Vorschläge: 1) Es foll dur Sondergefeß, getrennt von der Schaßz- amtstbätigfeit in Verwaltung der Staatscinnahmea und -Auëgaber, ein Emissions8- und Ein!ôösungs-Departemert (Issue and Redemption Division) erridtcck werden. Dieser Abtheilung sollen 125 Mill, Dollars geprägtes Gold aus den allgemeinen Sch2hfonds Tediglih zu Ginl8fungszwecken überwiesen werden. Ferner sollen alle gegenwärtig zur Einlôöfung von Silberzertifikaten bereitgebaltenen Silberdollars, iowie alle gemäß dem Gesetz2 ven 1890 angekauften Silberbarren und daraus geprägtcn Dollars auf diefelbe ReSnung ütertragen werden. Ferner sollen 2C0 Mill. Dollars der Sreenbacks genannten Legal Tender Noten angesammelt und bei der bezeihneten Emissiors- und Einlôösungéabtkeilung birterlegt werden, von wo fie nur gegen Empfang des äquivalenten Betrages in geprägtem Golde sollen auê- gegeben werden dürfen. Das auf diese Weise eingegangene Gold soll bei der genannten Abtheilung als ein Tkeil des allgemeinen Einlöfungéfends verblciben. 2) Es jollen Bonts eirer Rückzahlungsanuleibe ausgegeben werden, welche nah 10 Jahren nach dem Belieben der Regierun rüdckzak[- bar sein sellen. Diese Bonds sollen 24 9/6 Zins tragen und sowobl Kapital als Zinsen in geprägtem Golde zablbar scin. Der Schaßzsekretär foil ermäctigt werden, folhe Bonds auszugeben vnd tagegen mit einer billigen Nerzütung für den Zinéuntersied als Zablung irgend einen Treil oder die Gesammtheit der umlaufenden Anleihen der Vereinigten Staaten zu empfangen, welhe nah ten Zahlungébetingungen in den Fahren 1904, 1907 und 1925 fällig werden. Hierdurh foll die Les stehende Zweideutigkeit des Wortcs „coin“ beseitigt werden, welches sodann im Zusammenhang mit den Regierungt-Obligationen ven Sedermann als „gold coin“ (geprägtes Gold) bedeutend aufzufassen ist. Um eine Beschränkung der Umliaufsmittel indessen zu verhüten, sollen die beliebten und bewährten Naticnal-Banfnoten die ent- ftebende Lüke auéfüllen. An dem Gefet, betreffend die Nationak- banten, sollen daher folaende Aenderungen vorgenommen werden : 1) An jedem Ort mit 2000 oder wenizer Ginwohnern follen Nationalbanken mit cinem Mindesikapital von 25 C00 Doll. errichtet werden dürfen 9) Der Steucniaß auf den durch Hinterlegung von Bonds gesicherten Notenumlauf sell auf ein halbes Prozent jährli herzbgeseßt werten, 3) Die Banken follex Noten zum Pariwerthe der oben vorgesclagenen Rückzaklungs- Bonds ausgeben dürfen, wenn sie diese Bonds im Schaßzamt hinterlegen. Ferner follcn die Vanken als Sicherkeit beim Schaßzamt Sreenbzack8s, Schaßamtsroten oder Silberzertifikate bis zum Gesammtbetrage von 200 Miklionen Dollais binteziegen dürfen, wogegen ihnen soglei Nationalbanknoten în gleidiem Betrage auégefclgt werden. Der Schaysekretär soll von Zeit zu Zeit die fo binterlegten Greentacks, Schagamtênoten und Siiberzertifikate dur Bonds gleicker Art und Klasse wie die cben bezeichneten Nükzablungs8- bonts bis zum Betrage von 200 Millionen Dollars erseßen; diese Bond3 dürfen den genannten Banken in Rechnung gestellt und müssen von ibnen zum Tageékurse (nit unter Pari) übernommen werden. Die Noten sollen, fo lange der Erfay ter Hinterlegung durch Bonts nicht stattgefunden hat, steuerfrei fein. Die _ nah dem Ersaß durch die Bonts frei werdenden Mittel sind vom Schaßsckretär soglei der erwähnten Emissions- und Einlöfurgs-Abtheilung zuzuführen. 4) Wenn Banken Hinterlegungen der bezeichneten Art bis zu 50 9/0 ihres Aktienkapitals vorgenommen haben, sollen fie darüber hinaus noch Noten in der Hôbhe von 25 L°/o ibrer Hinterlegung autgeben dürfen, wele dur feine direkte DeEung, sondern ledigli dur die Aktiva ter Bank zu sichern sind. 5) Die Zahlungëgarantie der Regierung foll auf alle umlaufenden Noten ausgedehnt werden, glei{viel ob sie dur hinterlegte Sicherheiten oder durch die Aktiva der Banken gedeckt sind. 6) Zar Sicherfiellung der Regierung gegen Verluste sell eine Steuer von 2®/o jährli vom un- gedeckten Notenumlauf erboben und zur Bildung eines in Regierang®- bonds anzulegenden Sicherheitsfonds verwendet werden; auch soll die Regierung beim Zusammenbruch einer Emissiontkank ein erstes Retentionsrecht (first lien) auf alle Aftiva haben. 7) Alle Noten follen in New-Yerk beim Unter-Schaßzamt sowie jenen Unter-Schaß- ämtern eingelöst werden, diz das Schaßzamt bezeihnen wird. Dic Einlôsung geschieht unter Oberaufsiht des Kontroleurs der Umlaufs- mittel aus einem von den Banken zu erstellenden und zu erhaltentea Einlösungéfonds von 1009/6. 8) Nationalbankncten folien fortan nur auf Beträge von 10 Dollars und aufwärts autgefertigt werden dürfen. Der Schaßsekretär {ließt seinen Bericht mit einer ausfüh1lichen Begründung seiner Vorshläge, die seiner Änsicht nach die National- banken zu sicheren, wirksamen und nüßlichen Vermittelung®institutea für das amerifanische Volk maden und die allgemeine Wohlfahit fördern werden.

Aus Port au Prince vom gestrigen Tage meldet „W. T. B.“: Die Regierung hat die Forderungen des deutscherscits gestellten Ultimatums erfüllt. Darauf sind von dem deutshen Geschäftsträger die im Augenblick der Ueberreichung des Ultimatums abgebrochenen diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen worden.

Afrika.

Nach eirem bei dem „Mouvement géographique“ ein- gegangenen Telegramm wäre die französische Expedition des Majors Marchand, welche nah dem Nil aufgebrochen war, in der Provinz Bahr-el-Gazal niedergemegzelt worden.

Die „Timcs“ meldet aus Johannesburg von vor- gestern, daß Schalk Burger in Heidelberg am Sonnabend in einer Versammlung fich, mit Bezug auf seine Präsident- schaftskandidatur, als entshiedener Gegner ciner Ausdehnung des Wahlrechts erklärt habe.

Parlamentarische Nachrichten. Der Bericht über die Ser ge Sizung des Rei hs-

tages befindet sih in der Ersten Beilage.

Von ten Abge. Rickert und Genossen ist im Reichstage folgender Antrag eingebraht worden: Der Reichstag wolle ber \hließen: dem nachstehenden Entwurf eines Geseßzes wegen Ab- änderungen des Gesetzes, betreffend den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersagmitteln, vom 15, Juni 1897 seine Zustimmung zu ertheilen:

Einziger Artikel. Der § 4 mird, wie f lgt, As:

S

__ In Räumen, wosclbft Butter oder Butterschmalz gewerb8- mäßig hergeftellt, aufbewahrt oder verpacki wird, ift die Herftellung, Aufbewahrung oder Verpackung von Margarine oder sispeise- fett verboten. Ebenso ift in Räumen, woselbsi Käse gewerbs- mäßig hbergeftellt, aufbewahrt oder verpackt wird, die Her- G Rufbewabhrung oder Verpackung von Margarinekäse untersagt.

Unter diese Besiimmung fêllt iht das Aufbewabren der für den Kleinhandel erforderlihen Vedarfêmeugen in öffentlichen Ver- fauféstätten, fewie das Verpackein der daselbst im Kleinhandel zum Verkauf gelangenden Waaren. Jeroch müssen Margarine, Margarine- fFäse und Kuprstspeisefett innerza!b der Verkaufêräume in befonteren Vorratk8gefäßen und an besonderen Lagerstellen, welbe von den zur Aufbewobruns ron Buiter, Vuttershmalz und Kêse tienenden Lage: stellen getrennt find, aufbewahrt werden.

Arbeiterbewegung.

In Bitterfeld befinden sich nach ein-r Mittheilung des „Veorwärts* die Maurer und Zimmerleute auf den elektro- chemiscken Werken wegen Lobnftreites im Auëftande.

Aus London meldet „W. T. B.*“: Wie die „Times“ beri@tet, ist der drobende Baumwollarbeiter-Ausstand daduch ab- gewandt worden, daß die Spinnereibesißer auf die beatsidtigte 5 °/gige Lobnkerabsetung rerziitet taben. Ferner sei der Versuch, eizen all- gemeinca Ausftand der Eisenbahnarbeiter berbeizufüßren, ge- \cheitert.

Nunfi und Wissenschaft.

Die soeben erschienene Nr. 4 (1897) ter „Amtlichen Berichte aus den Königlihen Kunftsammlungen“ (Beilage zum „Jabrbuch der Könialih preußiscen Kunstsammlungen“) bringt an der Spitze folgende Mittheilungen : -

„Durch ten Staatshaushalts - Etat für das Jahr 1837/98 sind die Mittel bereit gestellt worden, um die seit Jabren erftrebte Er - weiterung der Königlihen Musecn einzuleiten. Geplant ist ein Gebäude zur Aufstellung der pergamenischen Funde, welches zwischen der National-Galerie und der Stadtbahn feine Stelle finden wird, und cin zweites jcnscits der Stadtbabn, welches die &öniglide Gemälde-Galerie, die Samæalung der Skulpturens der christliden Epoche und das Kupferstib-Kabinet auf- netmen sol. Dieser leßtere Bau wird auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Körigs im Hinbli® auf das befonders warme Interesse, welches Allerhöckstsein Herr Vater d-m Plane einer Vereinigung dieser Sammlungen zugewentet kat, den Namen „Kaiser Friedrih-Museum“ tragen; scinem Ein- gang gegenüber auf der Spiße der Museums-Insel soll das Reiter- Denkmal des verewigten Monarchen seine Stelle finden. Während so die Erfüllung eines seit Jahrzehnten wit wadsenter Stärke bervorgetretenen Bedürsnifs 8 gesichert erscheint, hat zugleih ein {on längere Zeit für diese Pläne thätiger Vercin durch die unter dem 18. Junt d. I. erfolgte Allerhôcste Verleibung der Rechte ciner juristishen Person seine endgültige Konstituierung erhalten. Der „Kaiser Friedrih-Musfeums-Verein“, dem Seine Majestät der Kaiser und Kênig die Gnad? gehabt baben, als Mitglied beizu- treten, bat sich die ufgabe geitelit, die in dem Kaiser Friedri-Museum zu vereinigenden Samm?kungen der Gcmälde und der Bildwerke des Mittelalters und der Renaissance ¿u fördern. Dieser Zweck foll erreidt werden dur Ankauf werthvoller Kunstweike, welche für be- stimmte Zeit zur Versügung der Mufcuméyerwaltung gehalten werden, und durch Zuwendungen geeigneter Kurstwerke an die Könialicen Muscen. An der Spitze des Vereins stehen Graf Dönhoff: Friedrich- stein als Vorsitender, Herr Karl von der Heydt als Kafsizrer, Herr N. Weiébach als Schriftführer, die Herren Geheimer Legations-Rath von Dirksen, F. von Mendelssohn und Dr. F. Har als derer Stell- vertreter, sowie die Herren Geheimer Regierung8-Rath Bede, Professor s und James Simon als weitere Mitglieder des Vorstands. Die

erwaltung der Königlichen Museen begrüßt mit Dank und Freude die Thätigkeit des Vereins als ein ernutbigendes Zeichen verständrißvoller Theilnahme an den Aufgaben, denen sie zu dienen bat, und darf boffen, die thatfräftige Hilfe, die ihr [{on wiederholt zum großen Segen der Könialihen Sammlungen durch den Verein zu theil ge- worden ift, bei ihm auch für die Folge in_reihem Maße zu finden.“

„Unter dem 16. Juri d. J. haben Seine Majestät der Kaifer und König geruht, der Generalverwaltung ter Königlilen Mascen die Allerhôöcfte Genehmigung zur Annahme eines Legats von eins hunderttausend Mark zu erthe:len, welches der zu Abbazia am 2. Viârz 1897 verstcrbene Dr. med. Osfar Hermann Deibel zur Er- werbung ron Skulpturen für die Königlichen Museen bestimmt hat. Der Verewigte, eler den Königlichen Sammlungen schon früber dur tanken8werthe Zuwendungen seine Theilnahme bezeigt hat, ordnet in seinem Testament an, daß der genannte Betrag zur Erwerbung von cinem oder mehreren Kunstwerken und zwar von Skulpturen egyp- tischer, assyrisher, grieWiser, etruéfischer oder römischer Provenienz verwendet werden solle. Die Königlichen Museen erkennen mit warmen Danke die bochherzige Gesinnung, von welcher diese schöône Zuwendung eingegeben ist, und werden das Andenken des verewigten Stifters für immer in Ghren halten.“ / E i

Ueber Neuerwerbungen in dem Vierteljabr vom 1, April bis 30. Juni 1897 wird berictet: i

Für die Gemälde- Galerie wurde der Ankauf cines son scit drei Jahren der Sammlang gesicherten Gemäldes abgeschlofsen, und zwar des Profilbildnisses eines jungen Mädchens, das, aus der Galerie des Lord Afbburnham als ein Werk des Piero della Frar.cesca erworten, bis jeyt unter diesem Meifternamen au in ter Berliner Galerie ausgestellt war. Eine eingehende Würdigung dieses aus der Mitte des XV. Jahrhunderts stammenden Meisterwerks der italicnischen Malerei und den Nachweis, daß es nit von Piero, sondern von dessen Lehrer und Mitarbeiter Do- menico Veneziano herrührt, enthält das aleichzeitig auégegebene dritte Vierteljahrsheft des „Jahrbuchs der Königlich Preußischen Kuust- sammlungen“. An derselben Stelle wirb auch die Bedeutung einer anderen Erwerbung eingehend gewürdigt, nämli des dur das Eingreifen des Kaiser Friedrih-Muscums-Vereins bei der Versteigerung des Nachlasses von Sir John E. Millais der Berliner Sammlung gesicherten und feitber dur die Gnade Seiner Majestät aus tem Allerhöchsten Dispositionsfonds erworbenen Männerbildnisses von Hans Holbein d. J. Wenn auch an malerischer Wirkung und an räumlihem Umfarg dem un- vergleidlihen Bildniß des Gisze nit gewachsen, übertrifft das neu erworbene Porträt dur bie konzentrierie Wirkung der Persönlichkeit und die Einfachheit der angewandten Mittel sowohl den „Sise“, wie die beiden fleineren, mit der Suermondt’schen Sammlung in die Berliner Galerie gekommenen Bilder des jüngeren Holbein. Durch Ueberweisung #41 dauernter Aufstellung seitens des Kaiser Friedrich - Museums - Vereins find der Galerie eingereiht worden das Bildniß eines alten Mannes von Hans Memling und der Studienkopf cines jungen Juden von Rembrandt.

Für die Sammlung der antiken Skulpturen wurde im Kunsthandel die Grabstele eines Mädchens erworben. Als Geschenk überwiesen Freiherr Dr. Hiller von Gärtringen eine Inschrift aus Rhod-8, Herr von Kühlmann Bruchstücke eincs \pätgriechishen Sazkophags. In die Sammlung der Abgüsse gelangten dur Ankauf der Abguß des Torsos einer Tänzerin im Louvre durch Taus der Abguß eines griehischen Grabsteins in Sofia, als Schenkung von seiten des Herrn Jacobsen in Kopenhagen der Abguß cines überlebens- großen Kepfes der Athena.

| erhielt als Gesenf des Herrn Zames Simon

Die Abtheilung der Bildwerke aus der christlihen Epoche. ( cin fehr werthvolles tùuck in dem Modell einer nackten männlichen de von

Antonio del Pollaiuolo. Die herbe Bébandlung, die sharfe Betonung

des Anatomis&en, ramentlih der Muskulatur, die Uektereinftimmung

der Formenbebandlung, besonders der Kopsbildung mit derjenigen in der einzigen beglaubigten Bronzegruppe des Meisters, die das Museo nazionale in Florenz besitt, 1äßt die Autorbestimmung zweifellos er-

\cheiren. In der sichercn Haltung und der energishen Formengebung

ift das in Blei gegosszne Modell ein kleines Meisterwerk, das der

Künstler eigenhändig an einzelnen Stellen mit dem Messer nah-

gearbeitet bat, ohne «8 ganz zu vellerden. Trey des êltlihen uvd

bäßlihen Gesichtsschnittes {eint Paris dargeftelit zu sein, der in der linken Hand den Apfel bält, in ter zur Schuler erhobenen Rechten aber einen (jet abgebrodenen) Stab getragen haben dürfte, den man ih wobl kurz und oten gebogen vorzustellen hat, wie ibn antike Dar- ftellungen von Hirten häufig zeigen. Der Bleiguß ift neben der Bronze des mit Antäus rinçgenden Herkules die einzige Statuette, die zweifellos ven Antonio del Pollaiuolo herrührt. Von dem Kaiser Friedrick-

Museums. Verein erhielt diese Abtheilung die Bronze-Statuetten des

sogenannten Gladiators von Bertoldo und eines \sich kafteienden

Hiercnynus. In demn letzten Werke lernen wir einen, dem

Bellano nabe ftehenden Paduaner Bronzekildncr kennen, der sich

durch sorgfältige Durhführung des Nocktcn bei kräftiger, æoller

Formengebuna auszeicnet. Von diefem Meister konnte bisber freilih

nur noch cin fleineres Werk, ein Hochrelief, ebenfalls den hl. Hieronymus

darstellend, im Czartorisky-Museum zu Krakau nagewiesen werden. Dur Ueberweisung ¿u dauernder Ausstellung seitens des Kaiser Friedri - Museums - Verein3 sind ferner die folgenden Bildwerke in die Abtheilung cingereißht worden :

1) die Statue eines franzößs{:n Königs, wahrscheinliß von dem

Bortal der Kathedrale zu Rouer, eine Arbeit ves X111 Jahrbunterts ;

9) ein glasiertes Tbecnrelief der Maria mit dem Kinde in Halbfigur

von Luca della Robbia, aus einer englishen Privatfamtnlung

ftammend; 3) ein weiß getöntes, theilweise vergeldetes, kleines rundes

Stuckrelief, Maria mit dem Kinde auf klumiger Wiese von zwei

Engeln verebrt, von enem Nawfelger Donatelio’s um 1440.

Mannigfache Vermehzung is dem Antiquarium zu theil geworden. Es wurden erworben: für die Vasenfammlung: vier Fragmente kerinthiser Pinakes, ton denen ¿wei an bereits bier be- findlide Bru&ftückte anvafsen, und eine Schüffel im Dipvlonsftil; eine attishe Lelytkos mit polyhromer Molerei auf weißem Grunde; cin Aryballos mit der Darstellung eincs Negers und eines Bogensüßen; cin Napf mit s\chckwarzfiguriger Darstellung eines Komos, im Stil der Kabirionvasen; eine rotbfigurige Fischschüssel aus Tanagra; für die Terrakotten- fammlung: zwei alterthümlihe attis&e Protomen mit gut erhak- tener Bemalung, und cine weibliche Figur in korinthishem Stil; für die Sanmlung der Bronzen: die durch Feinheit des Motivs und der Durhführ:nz cuêgezeicnete kleine Figur eines langbekleideten Mädchens, das cine Taube auf der rechten Hand bält, aus Thessalien; für die Sammlung der Goldsachen: ein mit blauem Email wverzicries Schwuckslück aus Cypern. 2u dem im vorigen Berit erwähnten großen Bronzekefsel aus Sizilien sird, als von daiselben Fundftelle herrübrend, eine Anzahl fieiner Gefäße aus Thon und Alabafter, Bruchftücke ciner Silber- Hale und von Ringen aus Silber sowie Theile cines Geräths aus Bronze eingegangen. Herr Geheimer Regierungs-Rath Diels über- wies als Sesckesfk sieben Modelle antiker und moderner Thürschlöfser.

Das Münzkabinet erroarb durch Ankäufe und Geschenke im Ganzen 911 neue Stüde, und zwar 6 Goldmünzen, 799 Silber- münzen, 92 Kupfermüazen und 14 Mürzen aus anderen Metallen. Unter den: Anfäufen sind hervorzuheben: ein herrlihes Tetra- trawon ven Seleucus T. vcn Syrien, mit Pferdekopf und Elephant (bisher rur in einêm einzigen Exemplar in Paris befannt), drei münzariige Shmudckstücke aus der Merowingerzeit (ein goldenes und zwei silberne), ein Denar des Königs Olaf Hunger von änemark und eine größere Anzabl (etwa 69 Stück) mit-elalterliher Siegelstempe!, zum tbeil von großer Schönheit, darunter ein goldener Siegelring aus der Merowingerzeit. :

Nu das Kupferstih-Kabinet ist in alen feinen Abthei- lungen, derjenigen der Kupferstiche selbft wie der Holzsnitte, der Bücher mit Holz)ZHnitten und Kupferstihen, der Ratiecrungen, der Zeihhnungen, Photographien 2c. vielrah vermehrt worden.

Die Egvyptische Abtheilung verdankt namentlih der Vers mittelung der Hecren Regierungs-Baumeister Borchardt, Dr. Nein- bardt und Dr. Karl Smidt fehr wesentlihe Bereicherungen, darunter (aus ter Zeit tes mittleren Reiches, zwischen 2200 und 1800 v. Chr.) als interessantes Gegenftück zu dem Grabe des Mentuhotep aus Theben wenn es auch in einer Provinzialstadt gearbeitet und daher weit roher ift als jenes das Grab eines Henui, aus Gevbelen in Oberegvvten, den Sarg, die Mumienmaske und die sämmtlichen Bei- gaben : das Modell cines Speiche:s, in dessen Hof gekoht und gebraut wird, Modelle zweier Schiffe, Figuren ven Dienezrinnen, Bogen und Pfeile, Räuchergefäße, Töpfe u. a. m. Auf dem Sarge sieht man ungewöhnlih? Darstellungen, darunter den leßten Abschied der Frauen end der Tochter des Todten von der Leiche. Von drei anderen Särgen aus demselben Grabe zeigt der eine die Todte mit ihren Dienerinnen bei der Toilette. Bei der Ueberfüllung der Säle der egyptishen Abtheilung hat nur weniges von diejen Reuerwerbungen ausgestellt werden können.

Die cklin - Ausstellung in der Kunst-äkademie wird bis auf weiteres von Vormittags 10 bis Nachmittags 5 Uhr geöffnet fein (in den leßien Stunden bei elektrishem Licht), ta die Tages: stunden für den außerocdentlichen Andrang nicht genügen.

Litcratur.

Die Gothaishen Genealogischen Kalender für das Sabr 1898 find foeben im Verlage von JIuftus Perthes in Gotha erschienen. . 4 i

Der Genealogishe Hofkalender nebst diplomatisch- statistishem Jahrbuch liegt im 135. Jahrgang vor, geschmüdt mit den Bildn:ssen Ihrer Majestäten der Königin von Groß- britannien uxd Irland und der Königin der Niederlande, sowie des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika William Mac Kinley und des Grafen Friedrich zu Solms-Laubah, Vor- sizeaden des Vereins der deutshen Standesherren. Große, ein- shneidende Veränterungen hat der nu? Band des Hofkalenders niht aufzuweisen, wenn auch überall ausgebaut und gebessert worden ist. In der gexcalogischen 1. und 11. YAbtheilurg, der Genea- logie der europäishen Regenten und ter deutshen Standetherten, find nur die immer wiederkehrenden Se gaiee Hewdzeit, Geburt und Tod, verzeichnet worden, in der I11. Abtheilung, der enealogie von anderen, niht fouveränen Fürstlihea Häusern Europas, dagegen haben ¿wei neue Familien CGarovigno und Rovigo Aufnahme gefunten. Mit Rücksicht auf bas überall wach gewordene Interesse für das Land ¡wischen dem Blauen Nil und dem Rothen Meere und seinen Herrscher ist ein Actikel „Abessynien“ eingefügt ; auch dem neuen Staatengebilde auf mittelamerikanis@em Boden, der Republica Mayor de Coentro- America, ift die Redaktion gerecht geworden. Sehr dankenswerth ist der neu eingeführte, das Hauptwerk abschließende Abschnitt „Internationale Bureaux“, in welchem das internationale Bureau für Telegraphen- verwaltungen, datjenige für Gewichte und ale die Vereinigungen zum Schuße des gewerblichen, literarischen und künstlerishen Eigenthums, das Bureau für Unterdrückung des Sklavenhandels, die Vereinigung zur Veröffentlihung von mam und der internationale Eisenbahn- Fractverkehr ibrer Entstehung und Entwickelung nach behandelt werden. Ein Nattrag enthält die Stammtafel des Gesam ames Lippe, die des Raummangels wegen im Hauptwerke fortgelafsen L Im diplomatisch-\tatistischen Jahrbuch hat die Redaktion, wie fle im Vorwort bemerkt, wiederum thr Hauptaugenmerk darauf ge- richtet, die zuverlässigften und neuesten Nachrichten zu verzeichnen. In