1897 / 295 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Dec 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Entwurfe gegeben, um besonderen Verhältnissen Rechnung zu tragen, die den Durchscnittswoetth E als ausreihende Grundlage für dieRegelung des Ranges der Baubyvothek erscheinen lassen. Es darf erwartet werden, daß von dem Rechte nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht werden wird. Auf eine Einschränkung der besonderen A E Ea wird dadur hin- gewirkt, daß dieselben nah § 15 besondere Kosten verursachen, welche dem Antragsteller zur Last fallen. Der Eigenthümer wird auch deshalb wenig Neigung haben, eine besondere Abschäung zu beantragen, weil dadurch das Verfahren verlangsamt und der Zeitpunkt, zu dem mit dem Bau begonnen werden darf, Bunsen wird. Dinglich Berewbtigte, welche erft aus Anlaß des bevorstehenden Baues das Grundfstück be- liehen haben, waren in der Lage, im voraus aus den bekannt ge-

matten Einheitssäßen zu berehnen, wie hoh sich der Baustellenwerth

Fellen würde; ist aber das Grundstück zu einer Zeit beliehen worden, zu welcher es noch nicht Baustelle war, so ist anzunehmen, daß der nach dem Dur(hschnittswerthe berechnete Baustellenwerth höher ijt, als der Werth zur Zeit der Beleihung. ;

Ein bestimmter Zeitpunkt, zu welchem der Antrag auf Ertheilung der Bescheinigung über den Baustellenwerth zu stellen ift, wird im Entwurfe nit vorgesehen. Insbesondere wird nit bestimmt, daß der Antrag ers: nach Ertheilung der Bauerlaubniß gestellt werden dürfe, damit dur die Vornahme einer Abschäßung oder die Wahrung der in Abs, 3 bestimmten Frist thunlichst wenig Zeitverlust entsteht. Selbfstverständlih kann aber nur eine solche Bescheinigung- der Ein- tragung des Bauvermerks zur Grundlage dienen, aus der erhellt, wie bo) der gegenwärtige Bauftellenwerth, d. h. der Wecth zur Zeit der Eintragung des Bauvermerks, ift.

Die in Abs. 3 vorgeschriebene Mittheilung des Antrags auf EGr- theilung der Bescheinigung hat nur an den Anzeigenden verfönlih, nicht auch an Erben oder Rechtsnachfolger 31 geshehen. Wollen leßtere sh den Empfang einer Mittheilung sichern, fo baben sie für ihre Person eine Anzeige zu erstatten. Gbenfo ist es Sache des Anzeigenden von Veränderungen feines Wohnsißes oder feines Aufenthalts dem Bauschöffenamte Kenntniß zu geben, damit ibn die Mittheilung er- reibt, oder, falls er sich im Auslande befindet, einen Bevollmächtigten zum Empfange der M E E

Daß dur die Vorschrift des § 14 cine Art von Fnstanzenzug inncrhalb des Bauschöffenamts niht au8geschlofsen wird, i} bereits oben zu § 10 Abs. 2 bemerkt worden. Im übrigen fann die in der Bescheinigung des Bauschöffenamts getroffene Festseßung des Bau- ftellenwerths weder im Verwaltungêwege, noch im Rechtswege ange- fochten werden. v6

S 15;

Die Höhe der an das Bausdlöffenamt zu entrichtenden Gebühren muß sih nah den örtlihen Verbältnifsen rihten und wird daker dem Statut überlassen. Für andere, als die im § 15 bezeihneten Ge- \häfte, insbesondere die Entgegennahme der Anzeige eines dinglichen Rechts 13 Abs. 3) dürfen Gebühren niht erboben werden. Ob die Gebühren die Auslagen des Bauschöffenamts z. B. für die Mit- theilungen an die Anzeigenden umfassen oder ob neben einer Vergütung für die Thätigkeit des Bauschöffenamts noch baare Auslacen anzu- seßen sind, rihtet sich nah dem Statut; im Sinne des § 15 gehören auch die Auslagen zu den Gebühren.

16. Da das Bauschêffenamt eine Einrichtung der Gemeinde bildet, fallen dieser die Kosten tes Bauschöffenamts, soweit sie nicht tur die nah § 15 zu erhebenden E gedeckt werden, zur Last.

8:17.

In Beziehung auf die für die Thätigkeit des Grundbuhamts zu erhebenden Gebühren fann es im allgemcinen bei ten Bestimmungen des Preußishen Gerichtskostengeseßes vom 29. Juni 1895 ver- bleiben. Eine besoadere Bestimmung erscheint nur in Ansehung des Bauvermerks erforderlich. Für die Eintragung des Bauvermerks würde nah § 59 des P. G. K. G. eine Gebühr in Höhe von */10 des Gebührensaßes B vom Eigenthümer zu entrichten sein; außerdem bätte der Eigenthümer nah § 62 die Hälfte dieser Gebüvr für die Löschung zu entrihten. Da der Eigenthümer gezwur gen wird, ¡h die Eintragung eines Bauvermerks gefallen zu lassen, kann hm die Entrichtung erhebliher Gebühren für diese Eintrazung nicht zugemuthet werden ; gegen eine Anwendung der bezeihneten, nah ter Höbe des Werths abgestuften Gebühren spriht ferner der Umstand, daß bei Eintragung des Bauvermerks der Werth des Gegen- standes nicht feststeht, weil niht bekannt ist, ob und in welcher Höhe Bauforderungen zur Anmeldung gelangen werden. Der Entwurf seit daher eine mäßige feste Gebühr fest, durch welche zugleich die Löschung des Bauvermerks gedeckt wird, so daß dem Eigenthümer, wenn es nicht zur Eintragung einer Bauhypothek kommt, weitere Kosten nit erwachsen.

Für die Stadt Berlin bedarf es mit Nücksicht auf die béfonderen Bestimmungen, welche über die Behördenorganisation für den Stadt- kreis Beilin gelten (88 41 f. des Geseges vom- 30. Juli 1883 über die allgemeine Landesverwaltung) einer ergänzenden Vorschrift, durh welche die Zuständigkeit für die in dem Entwurfe dem Regierungs- präsidenten oder dem Bezirksausshusse zugewiesenen Geschäfte geregelt wird. Daß au in Berlin der Bezirksaus|huß als Disziplinarbebhörde (8 7 Abs. 4) zu entscheiden hat, wird einer befonderen Begründung nit bedürfen; im übrigen erflärt § 18 in Uebereinstimmung mit den für die Gewerbegerihte bestehenden Anordnungen (Verf. der Minister für Handel und Gewerbe und des Innern vom 23. Sep- tember 1890) allgemein den S für zuständig.

8 19.

Dur die Vorschrift des § 19 wird die auf § 135 tes Preußischen Gerichtékostengeseßes beruhende Zuständigkeit des Justiz-Minifters in Ansehung der für die Thätigkeit des Grundbuchamts zu erhebenden Gebühren 17) nit berührt.

Deutscher Reichstag.

10. Sißung vom 14. Dezember 1897, 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen Nummer des Blattes berichtet.

Auf der Tagesordnung steht die Fortsegung der ersten Berathung des Neichshaushalts- Etats für das Rechnungsjahr 1898. ,

Abg. Rickert (fr. Vag.): Ih möchte mi zunächst gegen die Bemerkung des Herrn von Leipziger wenden, daß das Ansehen Deutschlands unter dem Grafen Caprivi gelitten habe. Herr Frißzen hat {hon dem Grafen von Limburg-Stirum gegenüber dicse Behaup- tung als unrichtig bezeihnet. Haben Sie (rechts) denn garniht mehr die Worte în Erinnerung, die Seine Majestät der Kaiser ge- \prothen hat, daß der Abschluß der Handelsverträge durh den Grafen Caprivi eine retiende Thot gewesen sei. (Zuruf des Abg. von Massow (d. kons.): Wir haben dagegen gestimmt.) Ihre Führer,

err bon Manteuffel an der Spiye, baben mit uns gestimmt. ch habe hier eine Nummer der „Swlesi'hen Zeitung“ von 1891, dom 20. Dezember; in diesem Havptorgan der \{lesishen Kon- servativen findet si ein langer Leitartifel üver tie koloffalen bistori- {hen Verdienste, die Graf Caprivi \fih um das Vaterland erworben Hat, und der Schluß lautet : „Daß so bedeutende Erfolge, wie fie durch diese Nebenwirkung der Handelsverträge illuftriert werden, nit ohne Einfluß auf die Werthshäßung bleiben können, welche man im Fnlande und Auslande der neuen deutshen Regierung entgegenzu- bringen hat, ift garnicht zu bezweifeln; ebenso ift es unzweifelhaft, daß die Bedeutun der Handelsverträge weit über das handelspolitische Gebiet binausreiht und die Beziehungen Deutschlands zu konfolidieren und vielleiht auch ohne besondere Vezrtrag8inftrumente zu erweitern | erp ist.“ Das sagten die Konservativen damals, als der russische ndelsvertrag noch nicht abgeschlofsen war. Der Handelsvertrag mit Rußland war auch im Buteresse der auêwärtigen Politik ein Akt ersten Ranges, was auch der jeßige Reichskan¡ler nicht bestreiten

wird ; Graf Caprivi hat Deutshland in die. Verhältnisse gebra die wir jeßt ai Mußilend baben B Graf Caprivi bat seine Politi hier im e mit s{lichten und einfachen Worten gekennzeihnet,

_wie es seine Art war; er wellte das friedlihe Zusammengehen der

Völker fördern. Graf Caprivi ift nicht unser Parteimann, er war ein fonservativer Mann. Aber wir find gerecht genug, um au beim politisGben Gegner die Verdienfie anzuerkennen, welhe die ganze anerkenrt. Die Eiyleitungsrede Schaßsekretärs brate die Mittheilung von der Auskunftsertheilung über den Zolltarif; ich- begrüße den Anfang, der immerhin etwas werth ift, wenn auch die Möglichkeit der Verschiedenartigkeit der Auskünfte unangenehm bleibt. Es sind vielfa direkte JIrre- führungen dur .die Auskunft der Zoll- und Steuerbebörden vor- gekommen. Ein Mann in Wefipreußen hatte Spiritus, der fi im freien Verkehr befand, zur Essigfabrikation verwandt, weil ihm gesagt war, er würde die Steuer zurückerbalten. Er hat 1887 alle In- Ftanzen angerufen, ohne zu seinem Rechte zu kommen. Die Finanz- reform hat der Schaßzsekretär gestreitt. Wir werden an der clausula Frandenstein festhalten, bis eine andere konstitutionelle Garantie geschaffen sein wixd. Die Matrikularbeiträge find vor- läufig angenommen mit der Avssiht auf Ersezung dur eine andere direkte Steuer, die der Bewilligung des Reichstages unterliegt. Ob wir eine febr günstige oter weniger günstige Finanzlage haben, will ih dahingestellt sein laffen. Das Prophezeien ist eine mißliche Sache. Bezüglich ter zweijährigen Dienstzeit hat Graf Caprivi aus- drücklih bindend erflärt, daß, wenn niht unübersteigbare Hindernisse sich berauéstellen sollten, an feiner Stelle der verbündeten Negierungen die Absicht bestehe, zur dreijährigen Dienstzeit zurückzukehren. Ih bin einverstanden mit Herrn Lieber, daß neue indirekte Steuern n!cht be- willigt werden sollen. Graf Posadowsky hat von einer Aenderung der Zollsäße gesproher. Graf Kaniy hat feinen Wäblern erklärt, daß er gar keine Hazdelsverträge haben wolle, und offizióse Blätter baben ofen davon gesprocen, daß die Regierung keinesweos gegen böbere Getreidezôlle sei. Wird Rußland jemals zu einem Vertrags- abshlusse kommen, wenn ihm nicht niedrige Zölle angeboten werten ? Weshalb hat man bei dem Zollausshuß die Vertreter der Kon- sfumenten vollstä.dig außer Betracht gelassen? Auch die ver- schietenen Arbeitervereine baben dirckt auf eine Mitwirkung der Arbeiter bei diesen Dingen angetragen. Oder will die Regierung die Körperschaften der Arbeiter besonders befragen? Die Statistik über die Handelsbeziehungen, von der ih annehme, daß sie nit das Einzige sein wird, was wir an Material erhalten, zeigt, daß alle Behauptungen der Agrarier unrichtig sind. Unsere Auéfubr ist erbeblich im Steigen. Herr von Kardorff bleibt der alte Optimist. Troßdem Einer nach dem Andern von ihm abfällt und der Doppel- währung den Rüten dreht, bofft er noch immer auf den Sieg der Doppelwährung. Herr Méline, der für Herrn von Kardorff eine so aroße Äuiorität ist, hat sich gegen eine Beschränkung des Termin- handels ausgesprochen. Warum folgen Sie (rets) nicht dieser Autorität in diesem Punkte ? Die Herren befinden fich glüdcklich kei dem gegen- wärtigen Zustande, der es ermöglicht, mit Gewinn Getreide von Deutschland nah Paris zu verkaufen. Die Getreidebändler können es aushalten; ob die Landwirthe auch warten können, ift eine andere Frage. Herr von Kardorff hat eine Herabsetzung des Diskonts der Reichsbank verlangt, daß die Neichsbank den Wünschen der Agrarier zugänglih gematt wird. (Widerspruch des Abg. von Kardorff (Ry.) Ich berufe mih auf das Zeugniß aller Hörer der gestrigen Nede des Herrn von Kardorff. Oder was hat er denn eigentli ewollt? Das Margarinegeseß und das Zuckergeseß haten nit ge- alten, was fie versprochen haben. Das ist der Fehler, daß wir ab- gewichen find von den großen Grundsäßen der alten preußischen Tra- ditionen. Es ist nicht rihtia, die Maschine der Gesetzgebung fo im Rollen zu erhalten, daß kein Mernsh im Lande folgen kann. Der Antrag wegen des Vereinsgeseß2s ift im Reichstage mit 207 gegen 93 Stimmen angenommen worden. Wir bekamen in Preußen ein kleines _Sozialistengesez, welches niht avugenommen wurde. Ic bin Optimist genug, zu glauben, daß der Reichskanzler das Wort, welches er dafür eingeseßt hat, au einlôfen wird, daß das Vereinsgesey früher in Kraft treten wird als das Bürgerliche Gesctzbuh. Nachdem der preußische Landtag si ablehnend verhalten hat, fann der Bundesrath den Beschluß des Reichétages annehmen. Die verbündeten Regierungen haben fast sämmtlich anerkannt, daß das Verbindungêverbot für Vereine niht mehr zeitgemäß fei. Was zögert man? Nur aus Respekt vor dem Herrenhause? Eine gesunde Reichspolitik ist das nicht. Die bayerishe Gesetzgebung ift mit dieser Frage nicht befaßt worden, weil die bayeriihe Regierung hofft, daß die Sache im Reich gemacht wird. Nebmen Sie im Bundeêrath doch endli den Antrag an. Wenn Herr Bebel die Fürsorge für die Schulen in den Vordergrund gestellt hat, fo ftimwe ih ihm vollständig bei. Graf Posadowsîy hat bereits die Ziffern ange- geben für die Shulausgaben in Preußen. In Preußen ist nur subsidiäâr der Staat verxflichtet, aber es ist seine Lfliht, den \chwachen Gemeinden zu helfen. Der Kultus-Minister wollte Geld haben, um die alten Baracken, in denen sh Schulen befinden, zu beseitigen; aber die Konservativen haben die Vorlage abgelehnt. Herr Bebel sieht also, daß die Landtagëwahblen doch nicht fo un- bedeutend im fulturellen Interesse sind, wie die Sozialdemokratie immer angenommen hat. Herr Bebel hat uns den Rath gegeben, wir möchten keine S&lachtschiffe bewilligen. Ich will über den Marine- Etat niht sprechen. Ich bebalte mir meine Stellungnahme vor. Ich bin aber im Ganzen und Großen mit der Richtung, in welcher sih die Marineforderungen bewegen, verstanden. Es wird heute so dargestellt, als ob der Kampf um die SchlachtsWiffe eigentlich ein brennender nur desbalb geworden sei, weil eine gewisse persönliche Liebhaberei tie Triebkraft für die Vermehrung der Flotte sei. Jch habe eine ganze Reihe von Jahren für die Marine ge- kämpft, namentliÞ unter Herrn von Stosch. Wenn Schlachtschiffe tamals nicht genügend gebaut find, so lag das daran, daß die Techniker im Kampfe miteinander lagen, daß eine Konkurrenz zwishen Schlahtshiffen und Torpedos ertftanden war. Aber wenn Frankreih und England und die Seemähhte zweiten und dritten Ranges Schlachtshiffe bauen, wie will Deutschland es ver- antworten, daß es dabei zurüdckbleibt ? Bei der großen Tragweite der Geshüge wird uns Seeanwohnern einigermaßen ängftlich wegen der Küstenvertheidiaung. Die S@Wlachtschiffe sind eine Vertbeidigung der Küsten. Die Politik der Regierung hat sich in dieser Beziehung auch e t so sehr geändert; denn in der Denkschrift von 1867 wurde als ufgabe der Marine bingestellt, daß ein Tbeil ter Flotte den Handel \{ütt, ein anderer Theil die Küste vertbeidigt und die feindliche Flotte zurückzushlagen versucht. Weiter geht die Marineverwaltuang jeßt auch nicht. Wir sind für die Flotte eingetreten zu einer Zeit, als eine Rede des Grafen Wilbelm Bitmack in der Norddeutschen Aug. Ztg.“ vom 28. Juni 1881 die Vorliebe der Herren Richter und Rickert für Panzerkorvetten als nicht wohlfeil bezeihnete. Damals war man selbst innerhalb ter Regierung nickt für eine Flottenvermehrung. Aus dem Briefwecsel zwischen dem Admiral Batsh und dem General Stosch ersieht man. daß leßterer für eine Schlachiflotte war, die auf offener See ofensiv vorgehen könnte. Wir kaben lange gekämpft gegen die greßen Panzer, abir es wird uns nichts Anderes übrig bleiben, wir werden darauf eingehen müssen, daß wir große Panzer- schiffe zur Verfügung stellen. Die \sczialdemokratishen Abgeordneten sind auf tem Parteitag angegriffen worden, weil fie dem Kriegs- Minifier keine Schn ierigkeiten bereitet Ekaben bei der Anschaffun des Artilieriematerials. Darauf erklärte Herr Bebel, daß dafür gesorgt werden müsse, daß unsere Soldaten genügend geshüßgt seien. Herr von Leipziger bat fich dreimal in seiner Rede mit dem Verein Nordost beschäftigt, tre der En, mit der er von ibm sprah. Herr von Leipziger meinte, daß die kleinen Landwirthe ein Interesse an hohen Getreidepreisen hätten. Der Kreisvorsitzende des Bundes der Landwirthe bat {on in einer Versammlung zu- gegeben, daß der fleine Landwirth kein Irter: fe an den hohen Ge- treidepreisen habe. Ein Kreisblatt hat selbft zugegeben, daß Getreide- produzenten eigentli nur die Grofßgrundbefißzer find. Damit ist die Identität der Autéressen der großen und kleinen Grundbesitzer vernichtet. Die amtliche Beeinflrfsung der Bauern wird systematisch betrieben. Im

Kreise Teltow werden die Bauern eingeladen zu einem Vortrag des Ober-Anitmanus

Gemeindevorsteher dazu mobil E

- wenn der Reichskanzler einmal einen Einbl

wie amtlihe Organe vorgehen. Das ruft : Bevölkerung hervor. Wie es zugeht, habe ih im preußis Nbgeordnetenhause geschildert. In Hintervemmwern gklebt es Vereins- und Versannenngüeect: die Amtsvorsteher herrschen dort unumsränkt. Jch habe die That des Herrn Landraths von kamer einmal dem Minister des Innern erzählt. Amtlich forderte man die Einwohner auf, in die DCRRURZ zu gehen, um , Rickert* entgegenzutreten. Der Landrath kam sel f und trat mir in einer Rede entgegen, die er auch auf meine Wunsch verbffentliht bat. Ex äußerte si fehr abfällig über den Reichstag. Ift der Reichskanzler der Meinung, daß, wenn untergeordnete Beamte in dieser Weise si äußern, die Ahtung vor den höchsten Körperschaften des Reichs ge- stärkt wird? Die Beamten müssen vor allen Dingen einen Respekt por den geseßlichen Institutionen, zu denen auch der Reichstag gébört haben. Viel wichtiger a!s ein Ministervzrantworilikeitsgese ift ein Geseß, welches die Beamten zur Verantwortung zieht, wenn sie sh gegen die Gesetze vergeben. Wir werden nit aufbören, und wir laden Sie dazu ein, mitzuarbeiten, bis wir das haben, was in England besteht, daß die Beamten nit nach Willkür, fsondern nach Ges, handeln müssen. Da der Reichskanzler auch Minister - Präsident if so bitte ich ihn, auf diesen Punkt sein Augenmerk zu richten. Im ganzen Lande herrf{t eine große Unzufriedenheit, das kann nur der- jenige bestreiten, der das Sonnenlicht au bestreitet. Vom Bunde der Landwirtbe wird elles gethan, um die Unzufriedenheit zu {üren. Diese ganze Unzufriedenheit wird nur genährt von in ihrer Begehrlichkeit feine Grenze kennen und von der Caprivi’scken Hantelépolitik nichtis wissen wollen. Es i} hobe Zeit, daß diesem Pessimismus mit voller Regierunosgewalt entgegengetret:n wird. Laffen Sie die Herren so weiter wirthscaften, so können Sie ih nicht wundern, daß die Sozialdemofratie si immer weiter auédebhnt. Wir haben aber auch in unfere cigenen Reiben zu sehen. Ein Agrarierthuw, wie wir es haken, wäre nitt mögli, wenn der Liberalismus einig wäre. Tausende von Bürgern halten sih zurück, weil sie den Parteikampf nicht ritmaen wollen, Ich gebe meinen Plaß îm öffentlichen Leben preis; mir liegt nichts daran. Was ih wünsche, ist, daß die Liberalen einsehen, daß ibnen ein Gut anvertraut ist, das fie niht vernachlässigen dürfen. Sie haben selbs die Verantwortung dafür, wenn eine solche egoiftische Uer eKparu wie die des Bundes der Landwirthe Oberwasser ekommt.

Kriegs-Minifter, General-Lieutenant von Goßler:

Der Herr Vorredner hat die Frage an mi gerichtet, wie der Inhalt des künftigen Gesetzes über die Friedentpräsenzstärke ter Armee Leshaffen sein würde, und hat diese Anfrage damit motiviert, daß eine Antwort hierauf zur Beruhigung weiter - Kreise dienen würde. Ich bin selbstverständlich niht in der Lage, zur Zeit hierauf eine definitive Antwort zu geben ; denn die verbündeten Regierungen haben in dieser Angelegenheit überhaupt noch niht Stellung genommen, da ja das bezüglihe neue Gefeß den diesjährigen Reichstag nicht mebr beschäftigen wird. Ganz selbstverständlich ist es aber, daß son seit längerer Zeit hierauf abzielende Vorarbeiten im preußischen Kriegé- Ministerium ftattgefunden haben und noch weiter stattfinden. Von großem Vortheil ift hierbei das bestehende Quingquennat, welhes €s uns ermöglicht, in aller Ruhe die Mäugel der zeitigen Organisation zu er- kennen, auf deren Abhilfe hinzuwirken und uns so vor übereilten Enischlüssen iu hüten. Soweit diese Vorarbeiten gediehen sind, kann ich mittheilen, daß es nicht in der Absicht liegt, die gegenwärtige Dienflverpflihtung zu ändern. (Hört, Eört! links) Wir ver- kennen feineëwegs die besonderen Anforderungen, welche die zwei- jährige Dienstzeit dem Auébildungétpersonal und auch den Mann- schaften selbst auferlegen ; aber es find doch immerhin Erscheinungen, die in dieser Beziehung eine Aenderung unbedingt nothwendig machen, niht zu Tage getreten. (Hört, hört! links.) Im übrigen möhte ih bei dem erwähnten ges{chäftliGen Stand der Angelegenheit nur noch einige Hauptpunkte ganz kurz streifen. Es is mir die Befürchtung entgegengetreten, es läge in der Absicht, die Zakl der Infanterie-Bataillone wescntlih zu vermehren. Nun, die theilweise Neagorganifation der Infanterie hat erft in diesem Jahre stattgefunden. Es liegen daher auêreihende Erfabrungen in dieser Hinsicht nod garnicht vor, und glaube ich nicht, daß man fih zu einer Vermehrung der Zahl der Infanterie-Bataillone entscheiden wird. Anders liegen die Verhältnisse bei der Feld-Artillerie. Vei dieser Waffe wird fi das dringende Bedürfniß nah Aenterung der Organifation kaum now länger hinausscieten lassen, und ih scheue mich garniht, wenn die verbündeten Regierungen sh nach dieser Richtung hin {lüssfig machen sollten, mit dieser Forderung an das hobe Haus heranzutreten; denn ih habe ftcts die Erfahrung gemacht, daß derartige, das tecnise Gebiet ftreifende Fragen bier volle Würdigung und vorurtheilsfreie Beurtheilung finden. (Bravo! rechts und in der Mitte. Heiterkeit link8.)

Abg. Dr. Paasche (nl.): Es hat mi überrascht, daß der Abg. Rickert von den Zuständen unseres öffentlichen Lebens ein fo _trübes Bild entworfen bat ; im Munte des Abg. Bebel find solwe Schilde rungen eher verständlich. Wenn die Behauptungen des Abg. Bebel richtig wären, so müßten wir uns ja sckäâmen, Deutsche zu sein. Er hat gemeint, das Deutsche Reich sei nicht im stande, seine Kultur aufgaben zu erfüllen, die Arbeiter würden in fkandalöfer Weise be: handelt, ihnen würden in egoistisher und einseitiger Weise alie Laften aufgebürdet, und das deutshe Volk habe in den legten 25 Jahren keinen Fortschritt zu rerzeihnen. Davon ift doch absolut nicht die Rete. Bebel’s Aeußerungen über tas Schulwesen hat der Staat®- sekretär des Innern {hon widerlegt. Wir wollen für die Bildung des Volkes, das Schulwesen und die. Kulturaufgaben ncch allen Richtungen thun, was in den Mitteln des Staats, der Gemeinter und des Reichs liegt. Aber die Schullasten fallen doch wesentli den Gemeinden zu, die dafür in den leßten Jahrzehnten alles Mögliche gethan haben. Die Ausgabe für Heer und Marine halten meine Freunde gewiffermaßen auch für Kultur- ausgaben. Das Heer if eine Schule im besten Sinne des Worteck für die heranwahscnde Jugend. Für unsere gesunde Weiter- entwicklung ist diese Schule von der allerarößten Bedeutung. Die Opfer dafür werden auch für die Kulturentwicklung des deutschen Volkes gebraht, abgesehen davon, daß der Shan des Vater- landes gegen den Feind selbst eine Kulturaufgabe ist, Daß die Laften der Kriegéverwaltuna in erfter Linie von den Arbeitern getrag? werden, maus Herr Bebel dcch eus beweisen. Sie verweisen auf di indirekten Steuern. Sind denn nur die Arbeiter die Konsumenten des Volkes? Mindestens die Hälfte der Konsumenten sind heut? Arbeitgeber. Nach der Berufsf\tatistik denken Sie rur an die selbständigen Landwirthe und selbständigen Besißer in Eewerbe, Handel und Verkehr haben wir 27 Millionen Arbeitgeber. Das die nichts fonsumieren sollten, werden Sie de selbft nit glauben. Von den 400 Millionen, die wir für Zölle ausgeben, entfällt mindestens die Hälfte auf die Arbeitgeber. Wer trägt die Zucker- teuer? Sie ‘sagen doch, ter arme Mann fann keinen Zucker g brauchen. Wer bezahlt denn die 47 Millionen Stempelsteuer ? Dob nit die Arbeiter? Wer trägt die 113 Millionen Branntweinsfteuer Die will ih zum großen Theil Ihnen gera opfern, aber etwas davon entfällt do auf den Mittelstand. Wer trägt die Poft- und Gisen- bahneinnahmen ? Die indirekten Steuern fallen wohl auf die Konfu-

Meinung . aus S

Leuten, die

nicht auf die Arbeiter allein. tollten Sie doh |

pz r als ob die Kosten des Mil us allein von den werden. Sie (zu den Sozialdemokraten) wollen die direkten Steuern verweisen, aber av der direkten Steuern könnte doch auf die zt werden. Sie haben selbst oft gesagt, daß Arteitgeber die direkten Steuern als Geschäftsunkosten auf die Arbeiter abwälzen. Yucch die Arbeiterlöhne machen ja nah Ihrer einen wesentlichen Theil der Koften der Konfumtioneartikel

Sie müßten also, um die Konsumenten zu entlaften, die Lzhne nicht steigern wollen. Mit folchen Slagwörten soll man nit kemmen. Die 20e der Arbeiter hat sih ktedeutend gebessert. Danach sollten Sie urtbeilen und niht nah der Berecnuna, daß so und soviel indireïte Steuern pro Kopf zu zahlen find. Das sind Berechnungen, die mit dem praktischen Leben nihts zu thun haben. ¿iten Sie bei der vorjährigen Erhöhung der Beamtenbesoldungen ¿e Beamten gefragt, ob fie die Last der indirekten Steuern los sein und dafür auf die Gehaltserböhung verzihten wollten, so tätten sie sicher lieber die indirekte Belastung behalten. Sie srrehen immer von den indirekten Abgaben des Reichs. Sind denn die Lasten sür Staat, die Gemeinden und die Kirhe niht auch öffentliche Lasten? „Wer trägt denn die Gemeindezuschläge ? Diese Lasten sind viel größer als tie indirekten Steuern. Sie können die Behauptung also nicht aufreht erbalten, daß der rie Theil der fentlichen Lasten auf indirektcm Gebiet von den Arbeitern getragen wird; das Gegentheil ist der Fall. Es wundert mich, daß Herr Richter si die Anschauungen Bebel's zu eigen gemacht hat; er fragt: was würden die Kommerzien-Räthe sagen, wenn sie 25 9/6 Einkommen- steuer mehr zahlen sollten. Unsere rk hat sich im Abgeordneten- hause nie gegen direkte Steuererhöhungen mit Selbsteinf{äßung gewehrt. Sind die Wohlhabenden so oppositionell gegen Steuer- erböhungen gewesen ? Ich habe früher niht Kirchensteuern bezahlt, in Charlottenburg muß ih 10 9/6 tragen. Fa den Kreisen werden bis zu 40% Kreissteuern erhoben; obne Besinnung muß das bezahlt werden. Bet der Landesvertheidiaung handelt es sich auch um die Pertbeidigung der Arbeiter, und wir sind bereit, taîür Opfer zu bringen. Herr Bebel fprach von einer wirthshaftlihen Krisis; allerdings kommt, nah dem Aufshwunge ein Niedergang; aber ob die Krisis fo nahe bevorsteht, bezweifle ih. Daß beim Nietergange die Produktion ein- geshränkt wind und die Arbeiter auf die Straße geworfen werden, ift nit wahr, tas sind alte dofktrinäre Anichauungen früherer Zeiten. ‘Daß der Rüdfchlag auf die Arbeiterklassen abgewälzt wird, können Sie nit beweisen. An Stelle der Kleinindustrie ift die Greßindustrie getreten, an Stelle der Einzelwirtbschaft die Gesellschaftsproduktion, Genossenschaften und Aktiengesellschaften ; diese beshränken nicht beim Rüfshlage ihre Produktion, sondern die Kapitalisten verzichten auf ihre Rente, beschäftigen die Arkeiter weiter und man bestrebt sich, an den Generalfoften zu ersparen, und fogar mehr aber billiger zu vroduzieren. Und diese Koften tragen die Arbeitgeter, nicht die Arbeiter. Die Steinkoblerproduktion ist von 49 Millionen Tonnen im Jahre 1383 auf 79- Millionen und die Zahl der Arbeiter von 207 000 auf 303 000 gestiegen. Sind diese Arbeiter auf die Straße geworfen ? Oder hat man aus ihrem Fell Riemen geschnitten? Keineswegs. Einen Schaden baben böcbstens die Kapitalisten gehabt, deren Dividende ih verringert hat. Es sind au nicht die großen Millionäre, welche daran theilnehmen, sondern Hunderttausende und Millionen von industriellen Meriben sind vielfa in den Händen ret kleiner Kapitalisten, die sich mit 2 bis 3 9/6 Dividende begnügen müssen statt mit 3 bis 5 9/o. Der Bauer ist oft \{limmer daran als der Arbeiter. Mir hat ein Nawbar mehr als einmal gesagt: Ich beneide meine Arbeiter. Der Bauer muß um 4 Uhr Morgens aufstehen und im Stall die Pferde füttern und sonstige Arkeiten verrichten, und er weiß nit, ob scine Arbeit lohnend sein wird. Der Arbeiter stet am S{hlusse der Wehe s{hmunzelnd feinen Lohn ein. Herr Bebel sagte: obne die deutschen Arbeiter kein Handel und keine Fndustrie. Das klingt febr {öôn, aber ebenso wahr ift: ohne Handel und Industrie au) kein wohl- situierter Arbeiterstand. Sorgen Sie also dafür, daß die Wurzeln unserer Kraft nicht abgegraben werden, daß Handel und Industrie und auch Landwirthschaft gedcihen. Man muß nicht einseitig die Arbeit des Arbeiters übershäßen. In vielen Fällen hängt Rente und Ertrag niht ab von der Handarbeit, fondern von der Intelligenz, Gescbicklichkeit und sahkundigen Leitung des Arbeit» ebers. Und follte die Flottenvermehrung zu ftande kommen, G würde sie nicht nur ter Industrie zu gute kommen, sondern zum weitaus größten Theile der arbeitenden Klafse. Ich winde mih zu dem Abg. Richter, der gestern doch sahlich nit so fris gewesen ist in seinen Angriffen wie sonst, und vielfah Aeußerungen wiederholt hat, die er hon in seinen früheren Etatsreden fast mit denselben Worten gethan hat. Auf scine Erörterungen über die Zuckersteuer lasse ich mi nicht ein; er hat nit ein Sterbenswörtchen mehr gesagt, als im vorigen Fahre, daß der Konsum sih heben würde, wenn die Steuer beseitigt würde 2c. Ich brauche es niht noch einmal zu wider- legen. Er spra von einem Fiasko der Herren von der Rechten und meiner politishen Freunde beim Börsen- und Zuckersteuergefeß. Mit dem vielvershrienen Börsengeseß sind doch die Landwirthe ganz zu- frieden. Es ist keine#wegs „notoris“, daß unsere Preisentwickelung egen das Ausland zurückgeblieben ist, Der Weizenpreis hat \sich vom Sani bis zum Oktober in St. Petersburg um 35, in Mannheim um 39%, in Köln um 38 9/6 gehoben, in Anlwerpen um 37 9/0, in Liverpool um 39 9/6. Nur Danzig ift dahinter zurückgeblieben; da waren aber {on im Juni infolge der starken Ausfuhr relativ hohe Preise. Die Landwirthschaft kann also mit der Preisentwickelung ganz zufrieden sein und hat mit ihrem eigenen Berbage be- züglih der Börse durchaus nicht Fiatko gemaht. Einzelne Börsens barone bâätten ja bei der Weltbörse gerne tüchtige Provisionen ver- dient und in Berlin die Gimpel gefangen durch übertrieben hohe Preise. Aber die Landwirthschaft hätte davon keinen Vortbeil gehabt, denn ein Rückshlag wäre nicht e Fch gebe es zu, es ist traurig, daß wir in Berlin keine soliden Getreide- märkte haben, daß die Landwirthe gezwungen sind, weil der Handel8- stand versagt, selbs die Preise notieren zu müssen. Wenn die Zwischenhändler zwischen Eroßhändlern und Konsumenten ihre Preise niht veröffentlihen wollen, so mag ihnen das überlassen bleiben. Glauben Sie denn, daß die Berliner Getreidehändler zur Freude der Konsumenten Getreide einführen? (Zuruf rets : „Cs ist keine zu- nehmende Einfuhr vorbhanden“.) Jede Einfuhr beweist, daß sie lohnend is. Die Sozialdemokraten haben die Schädigung durch den Terminhandel noch schlimmer geschildert als wir. Jeßt sprechen fie auh von Fiasko. Sie wollten den Terminhandel nicht verbieten, weil dadur das Getreide vertheuert wird. (Zuruf der Sozialdemo- fraten: „Das Getreide is ja vertheuert!*) Daß die Stetgerun ih ntli, in den Arbeitslöhnen r machen wird, ist selbstver-

g beiter abge

ändlih. Die Arbeiterfrage ift heute eine große Kalamität für die andwitibshast. Man sagt: gebt höhere Löhne! Die landwirthschaftilihen Arbeiter verdienen vielfah mehr als die städtischen. Jch weise nur auf die niedrigen Löhne in der Konfektionsindustrie hin. Warum müssen die Mädchen in die Schneiderwerkstätte gehen? nur um sich Abends herumzutreiben. Sie wollen heute Alle SHŸweinefleish essen, aber eine Shweinemagd is kaum noh aufzutreiben. Wenn das Korn gedroshen wird, dann sind Arbeiter vorhanden, aber zu Zeiten, wo das Korn auf dem Felde verfault, wenn man keine

ashinen verwenden kann, dann fehlt es an Arbeitern. Vom Stoken der Sozialreform if gesprochen. Wir wollen eine gesunde Weiterentwicklung der Sozialreform: das beweist der Antrag von eyl. Aber Graf Posadowsky hat allerdings au vollkommen recht. ie Arbeiterversicherungsgeseße sind keineswegs so abgeklärt, daß sie jeßt mit Auésicht auf Erfolg vorgelegt werden könnten, Die Herren Sozialdemokraten würden den in der vorigen Session berathenen Ge- segen niht zustimmen. Es is also ganz gut, daß die Sade erst noch in die anderen Instanzen gebt, namentlich an die Berufs- genofsenshaften, deren Mitarbeit wir niht entbehren können. Herr von Kardorff hat viele Dinge ausgesprochen, in denen wir mit m übereinstimmenx So zum Beispiel in eug auf die Poken- frage. Auch ih halte die Reichstagëtribüne nicht ür dea geeigneten

rt, über einzelstaatlihe Vorgänge zu urtheilen , daß das ver-

faffungémäßige Ret mit Füßen doch anders geftaltet, wenn : Sprache gebracht sind. Eine Gegenrechnung würde zu Ungun der Polen ausfallen. ¡ug auf die Doppelwährung meinte err von Kardorff, daß die Goldprodukticn nur verschwindend sei. ie Soltproduktion ist doch sehr erbeblih in jedem Jahre, fodaß der Goldumlauf sih fortwährend vermehit. bedeutet es demgegen- über, daß 900 Millionen Menschen zur Silberwährung kalten? Die 800 Millionen, die in China und Indien wohnen, baben an der Kon- kurrenz wit unserer Landwirthschaft nur ein minimales Interesse. Ich wente mih nun zum Gtat, der durchaus keinen Anlaß zur abfälligen Kritik giebt. Ueber die Finanzreform werden wir bei dem Sculden- tilgungsgeseße sprechen fônnen. Die gegenwärtige Wirtbschaft ist keine gesunde, daß wir im Reihe Schulden maben und den Einzelstaaten Geschenke geben. Das Durhschlagende wird immer scin, daß die Einzel- staaten gesiert werden gegen zu hohe Anforderungen des Reichs. Daß da- durch der Partikularismus gefördert wird, glaube ich nit; denn- wenn dos Reih nur dadurch zusammengehalten würde, daß die Einzeïftaaten Matrikularbeiiräge zahlen, so wäre es sehr {le t um daétfelbe bestellt. Daß der Etat zu sparsam und besheiten in Bezug auf die Kulturaufgaben aufgestellt sei, kann ich nicht behaupten. Es fs mehr Mittel eingestellt: für die Hochseefis&erei, für die iefsecfersHung, für die Pariser WeltauésteUung, für die Un- fallftatiftik x. -Auch im Etat der Heereéverwaltung finde ih keine Bescheidenheit. Die Verbesserurg. der Verpflegung der Soldaten entspribt einer A des Hauses. . Die Kost der Soldaten foll etwas verbessert werden durch Vermehrung des Fettes. Es wird von den Phbysiologen behauptet, daß allein der Zuder Kraft erzeugt, wäbrend andere Stoffe erft im Körper in Zucker umgefeßt werden, eke fie si in Muskelkraft umseßzen. Es müßte überhaupt der Zucker mehr zum Volkénabrungêmittel gemacht werken. Das fann am erften gesheben durch die Gewöhnung der Soldaten an den Zuckergenuß. Die Kriegsverwaltung fordert neue Fahrräder, mehr Ausgaben für die Luftschifferabtheilung, für die Referveverpfle- gung 2c. Aufgefallen ift mir die Mehrausgate für zu erneuernde Tornister und Patronentascken; es müßte tarüber eine genaue Auekunft gegeben werden, wo denn die zu befeitizenden Bestände bleiben sellten. Auf die Einzelfragen will ic nicht eingehen, ich überlasse das der Kommission. Die Reichs- Eisenbahnen haben einen reihlihen Mehr- übershuß von 14 Millionen eingesteUt. Es haben si fo viel Uebel- stände auf ten Gebieten des Miseababurrsens ergeben; ob niht von seiten des Reichs-Eisenbahbnamts etwas geschehen fann zur Bes rubigung des Publikums dur eine \traffere Kontrole auch über die preußischen Staatëbahnen? Es wird davei die Frage erörtert werden müssen, ob nicht die Neuoraanifation in Bezug auf den Betrizcb mehr eshadet als genüßt bat. Ueber die Zuckersteuer will ih keine au®Ò- fübrliche Rede balten, sondern nur fragen, ob es ni&t mögli ist, unfere Interessen in Nord-Amerika besser zu vertreten. Entsprechend der gewährten Prämie wird der ausländishe Zucker in Amerika besonders besteuert. Die deutsche Prämie kommt dabei nur zum Auêdrudck, die französiîche und belgische indirekte Prämie aber nicht, fondern nur die direkte. Die Reichsregierung sollte dahin drängen, daß auch die indirekten Prämien kterücsihtigt werdcn, daß die teutsche Prämie auch richtig berechnet wird; denn neben der Prämie haben wir die Betriebsfteuer, die von der Prämie in Abzug gebracht werden müßte; dadurch würde die Prämie von 2,50 ( auf 246 ermäßiat werden. Das jeßige Ver- fabren wird \{ließlich dahin führen, daß Deutscland gar feinen Zucker mebr nah Amerika ausführen kann. Wenn die Prämien abgescchafft werden könnten, so würden wir damit eiuverstanden sein und ih babe nihts dagegen, daß ncben Amerika auch Englard als Hecht im Karpfenteiche hinzukäme. Unsere Reichsregierung sellte auch die Hand bieten, daß wir für die nähsten 5 Jahre zu einer einiger- maß: n vernünftigen Handelsvertragsbeziebung zu Ncrd - Amerika fommen. Die Amerikaner erkennen ja nicht einmal an, daß der Vertrag von 1828 für das ganze Reid gilt, weil er nur von Preußen abges&lossen sei. Bezüglich des Wirthschaftlihen Aus\{hufses wäre es ganz gewiß erwünsht gewesen, möglichst alle Klassen des Volkes zu böôren, wenn er ein Volkéwirt:hshaftsrath sein sollte; bisher handelt es fi aber nur um die Informationen, um die Beschaffung der Statistik. Was dabei herau:kommt, dafür übernehmen die ver- bündeten Regierungen die Verantwortung. Wir brauchen keinen Vor- wurf gegen den volfêwirtbschaftliden Ausshuß zu erheben, wir können urs nur freuen, daß Landwirthschaft und Industrie zusammen- arkeëten. Daß Agrarier in den Ausschuß gekommen sind, kann ih nit bedauern.

eten wird. Die Dinge haben im preußischen Gandfage que en

Es ist ganz gut, wenn die \{chrof\ten Gegner ch mit einander audsprehen. Der leyte Etat, über den ih sprechen will, ist der Pest-Etat, der einen gewaltigen Fortschritt gegen früher entbält, indem er eine Menge Beamten etatsmäßig anstellt, fo namentli Assistenten und Unterbeamten. Wenn so viel von den Postueformen gesprohen witd, so sind wir wokl alle der Meinung, daß diese Reformen dem allgemeinen Wunsche entsprächen. Die Telegraphen- und Telephonanlagen follte man im Interesse des Mittelstandes recht ftark ausdehnen. Das ift ein kleines Mittel zur Hebung des Mittelstandes und der Landwirthschaft. Den ländlichen Distrikten follie die Woblthat des telephonishen Berkehrs besonders zugeführt werden. Auf die Frage der Marine brauche ih nicht einzu- gehen. Daß die Zollkurioja möglichst beseitigt werden, hat der Reichstag verlangt. Das Palliativmittel, das der Shayßsekretär vor- geschlagen, kann vielleicht bessere Zustände schaffen. Ich hoffe, daß der Schatzsekretär den Wünschen nah übersichtlicherer Gestaltung des Etats entgegenkommen wird.

Staatssekretär des Junern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Ih möchte zunächst auf die Anfrage, die gestern an mich gerichtet ist, eine Erklärung abgeben.

Der Herr Abg. Richter hat gefragt, wie es mit den Verhand- lungen mit England, wie es mit den Verhandlungen mit Amerika stände. Wir haben im Ressort des Herrn Reichskanzlers die Grund- lagen für diese Verhandlungen festgestellt; jeßt ift mit der Weiter- führung der Arbeit ledigli das Auswärtige Amt beshäftigt, und die Sache befindet si in einem Stadiuw, welches es nicht gestattet, zur Zeit dem hohen Hause eine weitere Mittheilung zu machen.

Der Herr Abg. Richter ist demnächst auf den Wirthschaftlichen Ausshuß zu sprehen gekommen. Ih bitte doch bei der Kritik dieser Scköpfung nihchl zu vergessen, daß der Wirth\chaft- lihe Ausshuß etnas Auderes darstellt, als der Volkswirth- \haftsrath. Der Volkswirthshaftsrath war eine große Versammlung, vorzugsweise bestimmt zur Begutachtung der Arbeitershußgeseße; der Wirthschaftlihe Ausshuß soll cin engeres geshäftéführendes Gre- mium von Sachverständigen sein, welches der Regierung an die Hand geht bei der Vorbereitung handelspolitischer Maßnahmen, dem- entsprehend auch beim eventuellen Abshluß von Handelsverträgen. Wern ein solher Ausshuß wirklich arbeiten soll, so konnten wir ihn nit so groß bilden, wie den früheren Zollbeirath, der {ließlich nichts war als ein Wahlkörper, aus dem eine kleinere Kommission gebildet wurde, die dann wirklich Hand in Hand mit der Reichsverwaltung positive Arbeit geleistet hat. Es ist selbstverständlih, daß eine Versammlung, die ih aus dreißig Mitgliedern zusammenseyt, nicht das unendlich mannigfaltige Er- werbéleben Deutschlands darstellen kann; wir glaubten aber troßdem eine kleinere Körperschaft bilden zu follen: einerseits, weil sie nur sach- verständig allgemeine Grundsätze festlegen, einen allgemeinen Arbeits- plan entwerfen follte, und ferner weil ausdrüdlih vorbehalten ift, daß für alle Spezialfragen seitens des Wirthschaftlichen Ausschusses Sawyerständige zu kooptieren und zu hören sind. Also auc allen den

Wünschen, die seitens einzelner Industrien geltend gemacht sind, welche

fm Ausschuß keine besondere Ver. 208 haben, und ebenso den Wünschen des Handwerks wird dur Anhörn„, bervorragender, gut informierter Sa(verständiger völlig genug gethan werve.. E Meine Herren, der Herr Reichskanzler hat geglaubt, n der Bildung des Wirihschafilihen Ausshusses Dank und nicht Tadel ver- dient zu haben. Ich meine, eine Regierung kann nicht loyaler ver- fahren, wenn sie vor wihtigen handelspolitishen Maßnahmen steht, die zum theil erft in ziemli ferner Zukunft liegen, als hervorragende Sachverständige aus dem ganzen Lande zu berufen und mit diesen zunäcst einmal alle wihtigen Fragen technisch durzuarbeiten.

Der Herr Abg. Richter hot gesagt: ja, was thun die Herren eigentli im Wirthschaftlihen Ausfhuß ? Die Frage hat mi über- rasht und ih möhte deshalb mit Ihrer Genehmigung ein kurzes Bild geben, welche Aufgaben dem Wirthschaftlichen Auss{chuß eigentli zufallen.

Will man sich darüber klar sein, welhe wirthschaftlihe Schwer- kraft die einzelne Position eines Zolltarifs in fi birgt, so muß man meines Erachtens vor allen Dingen wissen: wie groß ist die deutsche Produktion in dem Artikel, wie groß sind die Herstellungskosten, wieviel von der Gesammtproduktion wird in Deutschland selbs verbraucht, welche Quote dieser Produktion is gezwungen, den Anslandsmarkt auf- zusuchen, inwieweit konkurriert gegenüber der eigenen Produktion des Artikels eine fremde Produktion, wie ho müssen eventuell die Zölle festgesetzt werden, um die heimishe Produktion zu \chüßen, und wele Zölle können wir im Auslande ertragen, um noch die Ausficht zu haben, daß wir den Uebershuß der eigenen Produktion ausführen ur.d im Auslande absezen können? Die erfte Aufgabe des Wirthscáftlihen Ausschusses ift es teshalb, den Versuch zu machez, eine möglichs| umfassende Produktionsstatiftik aufzustellen. Dazu müssen für die tausende vers{hiedenen Zweige der Industrie, ebenso wie für die Landwirthschaft, Fragebogen aufgeftellt werden, die selbft- verständlih für jeden einzelnen Erwerbezweig durhaus verschieden find. Diese Fragebogen müssen zur Begutachtung an Sa- verständige versandt werden, es muß festgestellt werden: auf weldhem Wege bekommt man am besten eine wahrheitsliebende Antwort auf diese Fragebogen, an wen sind diese Fragebogen zu vershidcken ? Das umfangreiche Material ift demnächst von den versiedenen Sach- verständigen, die sich innerbalb des Wirthschaftlicen Ausschusses in Fahhkommissionen getheilt und wiederum weitere Sachverständige kooptiert haben, zu sichten, zu ordnen und zu begutalten. Ich glaube, i brauche nicht auszuführen, daß das eine Arbeit von Jahren ift; der Umfang der Arbeit ift jegt schon ein fo großer, daß im Neichsamt des Innern bierfür ein ganzes handelspolitishes Bureau cingerichtet werden mußte und daß die betreffenden Kommissionen des Wirth- schaftlihen Auss@usses selbft ganz außerordenilih in Anspruch ge- nommen sind. Wir haben jeßt hon eingehende Verhandlungen, bei- spielêweise nur darüber geführt : wie ift der Fragebogen für die Textil- industrie und andere Industrien aufzustellen? Verhandlungen der allershwierigsten, zolltehnishen und tehnisch-induftriellen Art.

Wenn wir so wenigstens den Anfang gemacht haben für eine deutshe Produktionsftatistik, so folgt der zweite Theil der Arbeit des Ausschusses, die Aufstellung eines neuen Zolltarifs. Wie ih das erste Mal in diesem hohen Hause auf die Nothwendigkeit hinwies, einen neuen Zolltarif aufzustellen, hat diese meine Aeußerung zu meinem lebhaften Bedauern in der Presse vielfah Mißverständnisse hervor- gerufen; man hat sih aber doch s{ließlich überzeugt, daß die Auf- stellung cines neuen Zolltarifs die unbedingte NVorbedingung ift für dea Abschluß neuer Handelsverträge (lebhafte Zustimmung rechts), und zwar aus dem einfahen Grunde, weil unser Zolltarif, der in seiner ursprünglichen Gestalt aus dem Jahre 1818 stammt, vollkommen ver- altet ist (sehr rihtig! rechts), während doh seitdem die Industrie auf technishem und chemischem Gebiete geradezu riesige Fortschritte gemacht hat, während seitdem eine Masse neuer Industrieartikel ent- standen ift, welche jeßt in großen Mafsengruppen inbegriffen sind, und bei ibrer Bedeutung im deutschen Wirtibschaftsleben im zukünftigen Zolltarif ausgeschieden und bei den Handelsverträgen individuell be- handelt werden müssen. Darin liegt die Chance, bei neuen Handels- verträgen cinen günstigen Vertrag abzuschließen, daß wir unseren Tarif mehr spezialisieren; je größer die einzelnen Zollpositionen, je mehr von den verschiedensten Gegenständen sie enthalten, desto größere Konzessionen machen wir unsererseits, wenn wir für eine solche Position eine Tarifermäßigung nachlassen, während der Gegner, der einen s\pezialisierteren Tarif hat, selbstverständlih bei Nachlaß einer Position eine volkswirthschaftlih leihter wiegende Kon- zession macht. (Sehr richtig! rets.)

Meine Herren, die Arbeit der Aufstellung eines neuen Zolltarifs ist also eine sehr bedeutende, und wer hieran mitarbeitet, muß nicht nur ein hervorragender Sachverständiger in seiner Branche sein, sondern muß au die fremden Zolltarife kennen. Diese Arbeit findet in zwei Abschnitten statt ; zunähst wird die ganz objektive Arbeit gemacht, ein Schema, ein Gerippe für den neuen Zolltarif aufzustellen, und erst, wenn man sich hierbei über die hundertfältigen Einzelfragen geeinigt hat, können wir daran gehen, die Zollsäge einzusehen. Der so vorbereitete Entwurf eines Zolltarifs wird danah Gegenstand der Verhandlungen der verbündeten Regierungen sein und später eventuell dem hohen Hause vorgelegt werden. Daß aber die Zeit des Wirth- \chaftlihen Ausschusses außerordentlich stark in Anspru genommen sein wird, werden Sie ih klar machen, wenn Sie daran denken, wie viele Handelsverträge im Jahre 1904 gleichzeitig ablaufen. Daß die Berathung des Zolltarifs den Bundesrath Jahr und Tag in Anspruch nehmen wird und ebenso lange den Reichstag, daß wir aber neue Handelsverträge nicht einleiten können, so lange wir niht den neuen Zolltarif haben, ift selbstverständlich.

Jch glaube also damit die Frage: Was hat eigentli der Wirth- schaftlihe Aus\{huß zu thun? ziemli reihlich beantwortet zu haben. (Sehr richtig! rechts.) Es ist ein sehr großes Pensum, welches ein hokes Maß von Interesse für die vaterländishe Industrie, von Sahkenntniß und von Hingebung für seine erfolgreiche Bewältigung von den Mitgliedern des Ausschusses erfordert. (Sehr richtig! rets.)

L Gegen den Wirthschaftlichen Auss{uß is ferner der Vorwurf erboben, daß nicht die kleine Industrie, nicht Handwerker, nicht Arbeiter darin vertreten seien, und {ließli auch nicht die Konsumenten. Meine Herren, das ist doch klar, wenn es sih um so weitausshauende Fragen des internationalen Verkehrs handelt, zu deren Beantwortung man dadur befähigt sein muß, daß man auch fremde Produktions- verhältnisse, fremde Zollbedingungen, fremte Zolltarife kennt, wir nur

Männer aus der, Industrie wählen konnten, die als hervorragende