1824 / 169 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Wed, 21 Jul 1824 18:00:01 GMT) scan diff

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Minister des Jnnern widerseßte sich, der_ von Hrn. Ba- cot verlangten Reduktion der 300,000 Fr. Und laubte auc, daß er es damit nicht erústlih gemeint, sondern diesen Vorschlag blos deshalb gemacht habe, um die Re- gierung zu zwingen auf den von ihm entworfenen Ver- waltungs -Plan, der inzwischen nie: fruher als in zwei Fahren würde zur Ausführuug kommen können, einzu- gehen. ' Nachdem der Graf von Berthier, noch ausdrüdt- lich erflárt hatte, daß was er vor „elnigen Tagen úber eine Aenderung in der Gebiets - Eintheilung , über das Sustiz-Wesen und eine größere Unabhängigkeit der Geist- lichkeit gesagt habe, blos seine persönlihe Meinung als Deputirter sey, und das sein Karakter als Staats-Rath damit gar nichts gemein habe, wurde der obige Redufk- tions - Vorschlag des Barous Bacot verworfen, dagegen aber ein Amendement der-Kommission, die Ausgaben für die Theater - Censoren und die Kommissarien, denen die Aufsicht über den Buchhandel obliegt, um 6000 Fr. zu vet: mindern, ohne weiteres angenommen. Ueber die Kosten der geheimen Polizei, verlangte der Graf von‘la Bourdonnaye das Wort. Er behauptete, so nüßlich diese Ausgabe auch sey, wenn sie in dem wahren Interesse der Monarchie ver- wendet werde, eben so gefährlich sey sie, wenn man sie dazu mißbrauche, der ffentlichen Meinung eine dem Geiste der Regierung entgegengeseßte Richtung zu geben. ¡Dle Deputirten müssen daher‘/ fuhx der Redner fort, „ein großes Vertrauen in die Minister seben, um eine Aus- gabe. zu bewilligen, die mit -der repräsentativen Regie- . rung im Widerspruch“ steht, und die Minister ‘ihrerseits ein sehr gutes Gewissen; haben, um dergleichen Fonds verlangen zu können; denn ist dem nicht so, und werden

diese Fonds, statt zur Vertheidigung der gesellschaftlichen

Ordnung der Dinge, dazu verwendet, dem Volke den Thron unzugänglich zu- machen die öffentliche Meinung irre zu führen, und unsere verfassungsmäßige Freiheiten, eine nah der anderen, úber den Haufen zu stoßen, machen wir uns dann nicht zu Mitschuldigen solcher Frevel,

wenn wir die Fonds dazu bewilligen? Nein, m. H.,

Sie werden das JÎnteresse der Monarchie nicht auf solche Weise blos stellen, am allerwenigsten zu einer Zeit, wo alle unsere Freiheiten. auf eine so skandalôse Weise ver- leßt worden sind; man erinnere sih nur der leßteren IWah- len, die der Prôsident des Minister-Rathes ohne Zweifel - nur deshalb die Saturnalien der repräsentati- ven Regierung genaunt hat, weil er darin nur Skla- ven eine Nolle spielen sehen möchte.‘/ Der Nedner wurde bei diesen Worten heftig unterbrohen und eine Stimme rief ihn zur Ordnung; er wiederholte ‘indeß Feine Phrase siebenmal hinter. einander, bis das Murren ein Ende. hatte. _ Hierauf . fuhr er fort: „Wollte die Kammer eine Untersuchung anordnen, so würde sich fin- „den, daß- aus jenen Fonds zu geheimen. polizeilichen Ausgaben, bei dem Ministerium des. Jnnern. eine Kasse gebildet worden ist, aus welcher die Präfekten die Hülss- mittel zum Transporte der ministeriellen Wahl-Materie

‘\chöpfen, ohne nöthig; zu haben, sich bei diesem Geschäft

nen. (Man lachte.) Soll ich noch von den Jour-

-náâlen sprechen und von der. Mühe, - die man si gege-

ben hat, sich derselben zu bemächtigen oder ihre Zahl zu

General-Proviantmeisters, eines zweiten Ouvrard, :

verringern. Man-erinnere sih- der denkwürdigen Wort,

des Präsidenten des Minister - Rathes in einer unser geheimen Si6ungen : „Wenn die Regierung în der Sa der Journäle ein Vorwurf trifft, so ist es der, daß st sich nicht genug darum befümmert, sie vielmehr vernag läßigt hat, während Privatmänner und ungeschickt @ p f e Gei »

Freunde sich derselben blos bemächtiget haben, um dj Regierung, die man mit jenen verwechseln will, zu kom promittiren.// Die Freunde des Ministeriums mögg hieraus die Lehre ziehen, daß eine Zeit fômmt, wo ma sie Lügen straft und sie verläßt. “Aber die Straffälliz

keit, die ein Minister von sih abwenden will, e

anderer (der Minister des Junern) gesteht sie ein; deny, wie aus dem vordem Zuchtpolizei-Gerichte geführten ärgerlichen Prozesse wegen- des Eigenthums- Rechtes de Quotidienne hervorgeht, so sagt dieser Minister zu einen Staats - Beamten: „Verkauft ceß, oder nehmt Euren Abschied, weiter verlangu wir nichts// und der Proceß wird verkauft.‘ Dy

Redner behauptete hier, daß für den beabsichtigten Anka

der Quotidienne, #0 wie früher für die Oxülamme, di Tablettes universelles, den Drapean. blanc, die Gazett de France, das Journal de Paris, den Pilote und einiga Kolonnen. im Constitutionnel, über 2 Millionen Franf verwendet worden seyen; dies sey inzwischen ein Verlus dei man allenfalls noch vershmerzen fönne; das Uebelst bei der Sache sey, daß mehrere bisher unbescholtene Män ner bestiochhen, mit einem Worte, das man Alles, von Redafceur bis zum Drucker hinab, entehrt habe. Du Redner fam hier auf die Gewalttchätigkeiten zurü, dit

man sich gegen den rechtmäßigen Eigenthümer der Quo- tidienne. erlaubt habe, und schloß zuleßt mit der Bemer fung, daß wer die Journäle zu gewinnen suche, das po;

litische Staats-Gebäude seiner ersten und hauptsächlich

sten Stüße beraube. Der Druck dieser Rede wurde wi} gen der darin enthaltenen heftigen Ausfälle auf die Regief ‘rung von der Majorität der Kammer verweigert. Dus! Graf von Corbiere, der einzige Minister der in der Sißun zugegen war, bestieg unmittelbar darauf die Redner-Bühni Worten: „¿„Als der König uus an die Spiße ee | tung zu stellen geruhte, wußten wir sehr- wohl daß di Sibung der deutschen Bundes-Versammlung vom 1sten Minister Angrisfen und Ungerechtigkeiten aller Art aut} geseßt sind; aber auf so unerhörte Beschuldigungen, al}

und vertheidigte das Ministerium etwa in

der vorige Redner gegen uns vorgebracht hat, waren wi

“nicht gefaßt ; sie betreffen zwei Gegenstände, die Wahl} und die Journäle; guf beide soll die für die Ausgabus}

der geheimen Polizei im Budget angeseßte ganze Sumu! der 2,200,000 Fr. verwendet worden seyn ein Wide spruch, auf den ih nur beiläufig aufmerksam mächen wi Was die Wahlen anbetrifst, so habe: ich schon mehrmal von dieser Tribune herab erklärt, : daß alles was in dir

ser Beziehung vorgegangen, regelmäßig und geseßlich

wesen ist; man machr uns einen Vorwurf daraus, daf einige Beamten; die mit der Opposition gestimmt haben, verabschiedet worden sind; was blieb uns aber wohl au ders übrig? es ist: doch nicht: mögli daß man gleichzeiti der Opposition uad der Regieruug dienen kann: Mat spricht von Geld-Bestechungen. -Jst einer unter Jhnen, H., der dieses beweisen fann, so trete er auf; zu keine!

| nále sind aber erfauft worden , sagt man.

uns einen Pros 9

daher selbst meinen Rath,

| daß Verhandlungen ,

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Zeit - selbst zu: denen der Revolution - fanden“ dergleichen Bestechungen im materiellen Sinne des Wortes, in Franuf- rei statt, und man will, daß sie unter der Königl. Re- gierung, unter einem Ministerium, das dem Interesse des Monarchen und des Landes gleich ergeben zu seyn be- hauptet, statt finden sollen? Unmöglich. Man eifert, daß die Preß-Freiheit all zu fehr beschränkt werde; ich frage Sie, m. H., ob es irgend einen unter Jhnen giebt, dernicht in dieser Bezichung bereits, so zu sagen, übersättigt is? ob es nicht Journâle fär jede politische Meinung wie fúr jede ‘Privat-Refklamation giebt? ich frage, ob es irgend eine Beschwerde giebt, zu deren Aufnahme sich nicht ein, mitunter vier, fünf Journäle bereit fänden? Die Jour- Ist dies der Fall, so ist es gewiß nicht gewaltsam geschehen, sondern der Kauf hat von beiden Seiten durchaus freiwillig statt efunden. Was die Quotidienne anbetrisst, so hatte sich eine Spaltung zwischen den alten und den neu hinzu- getretenen Jnhabern derselben offenbart;- der eine Theil wollte sie in-einem ministeriellen Sinne, der andere in dem Geiste der Opposition schreiben. Einer der Aftion- nairs war zugleich Universitäts - Jnspektor; er erbat sich wie er sich in der Sache ver- halten solle, und ich erklärte ihm nach meiner Ueberzeu- gung, daß, da er ein Königl. Beamter sey, er solches nicht ferner bleiben fônne, wenn er Theilnehmer an cinem Oppositions - Blatte würde. Dies ist die Wahr- heit, Alles übrige ist falsch.“ Nachdem noch einige Deputirte, welche zugleich Präfekten sind, die ihnen von

| dem Grafen von la Bourdonnaye gemachten Beschuldi-

gungen in Betress der Wahl-Operationen von sich abge-

| wiesen hatten, wurde die Disfussion geschlossen und das

1stte Kapitel des Budgets des Ministeriums des Innern (nach-Abzug der oben erwähnten 6000 Fr. ), mit 3,659,000 Fr. angenommen. Das 2te Kapitel enthält 25,650,000 Fr. für die Geistlichkeit, worüber die Herren von Ma- lartic, von Blangy und der Minister des ÎInnern sich vernehmen ließen. Gestern wurden die Berathungen ber diesen Gegenstand fortgeseßt. Köurs der Rente vom 13. Jul. 99. 35. Frankfurt, 410. Jul. Das Protofoll der 19ten

Julius - d. J. enthält zuerst: die Anzeige des Prâà \i- diums, daß die Substitution des Großherzogl. Meck- lenburg\shen Gesandten Hrn. von Penb, für Dáne- mark, wegen Holstein und Lauénburg, fortbestehe, und daß: der Hr. Gesandte Danz fúr den Hrn. Ge- sandten Griés die Stimme der freien Städte {ühre. Darauf nahm das Präsidium von einem zur Sprache gekommenen, die Erleichterung in Absicht- der Stellung der Bundes-Militair-Kontingente betressenden speciellen Falle Veranlassung zu folgender Bemerkung: „„Es scheine,

des deutschen Bundes betressen, ihrer Natur nah zur Aufnahme in die zur Publicität gelangenden Protofolle

der fôrmlichen Sißungen nicht geeignet seyen. 'Ueber- . haupt dúrfte die Bundes-Versammlung sich veranlaßt

welche seither in die

finden, mehrere Verhaudlungen, ) ind, blos

förmlichen Protokolle aufgenommen worden loco dictaturae in Drucé legen zu lassen.

welche das Vertheidigungs -Wesen |

Uebung, die gesammten Vethändlungen dès deutschen Bundestages, wenige Ausnahmen abgerechnet, -der Def- fentlichfeit zu übergeben, habe zu Mißbräuchetn: Anlaß gegeben, welche jeder Gutdenkendegewiß mißbillige -de- nen aber cben-darum ein Ziel geseWwerden- müsse. ‘/

__¿,Die deutsche Bundes-Versammlung sey ein perma- nenter Ministerial - Kongreß der Repräsentanten sämmt- liher Bundes -Glieder, in dieser Versammlung würden vorzugsweise: die Ansichten der verschiedenen Bundes- Regierungen über Gegenstände des gemeinsamen Jnter- esse freundschaftlich ausgetauscht, und, nach vorheriger gründliher Erörterung und reifer Erwägung, die Bes- \hlússe gefaßt. “Daß das Resultat dieser Berax thungen, je nachdem es für Alle oder für Einzelne von Juteresse sey, bekgúnt gemacht werde, dies sey un- bedingte Nothwendigkeit aber die Vorbereitung der Gegenstände, die Arbeiten der Komité's, und die ver- schiedenen Ansichten der einzelnen Regierungen, dies seyen Epochen der Geschäfts-Verhandlungen, welche zur Oeffentlichkeit durchaus“ nicht geeignet seyen: Bei Milie tair - Angelegenheiten und" bei Differenzen der ‘Bundes- Fürsten unter sich, oder mit ihren Ständen, sey dies vorzugsweise der Fall. A t 418

¿Das Präsidium erlaube sich daher, die-Versamm- lung einzuladen, Gegenstände dieser Art in eigene loco dictaturae zu drucéende Protofdlle aufzunehmen, so wie sih dieselbe bei Annahme der proviforischen Geschäfts- Ordnung ohnehin vorbehalten habe, die Gegenstände je- desmal zu bezeichnen, welche ausnahmeweise der: Publiz cität entzogen werden follen.‘/

“Nachdem der- Königl. Preußische, : Königl. Hannö- verische, Großherzogl. Badische und -Kurfürstl. Hessische Herr Gesandte diese Ansichten des Präsidiums - näher motivirt hatten, vereinigten sich sämmtliche Stim- men mit der Präsidial -Proposition ,- und es ward be- schlossen: bei Abfassung der Protokolle, im Geiste obi- gen Práäsidial-Antrags vorzugehen und der Bundesfkanz- lei-Direktion- aufzugeben, fünstighin nah Maßgabe der ppm Gegenstände, zweierlei Protokolle in jeder

Zißung aufzunehmen, und zwar öffentliche und Sepa- rat- blos loco dictaturae zu druckende Protofolle.

Es fam hierauf die Bitte. des ehemaligen Rhein- Zollschreibers zu Ober - Lahnstein, Hofgerichts - Rathes Beisler, für sich: und mehrere Rheinzoll-Pensionisten unt Auszahlung rückständiger reihss{chlußmäßiger. Pensionen zur Sprache; und nachdem von der Königl. Preußischènt Gesandtschaft ihre Abstimmung vertraulih mitgetheilt worden war, vereinigte man sich einstimmig: den auf den Sten des laufenden Monates: - festgeseßten Termin zur Abstimmung über diesen: Gegénstand bis zur ersten

_ Sib6ung nach den diesjährigen- Ferien auszusehen, er-

wähnte Abstunmungaber loco dictaturae drucken zulassen. Am Schlusse wurde das Einreichungs-Protokoll vor-

_ gelegt und verschiedene eingegangèéne Eingaben , - worun-

ter die des Dr: Schlosser: Anzeige und Bitte der Stände des Fürstenthumes Lippe, von Ritterschaft und Städren, dann eine Erklärung der noch nicht aufgeschwornen Mit-

glieder der Ritterschaft: des gedachten | Fürstenthymes,

beide in Verfassungs-Angelegenheiten, besindlih, an die

Die bisherige | betressenden Kommissionen abgegebey.