1920 / 15 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Jan 1920 18:00:01 GMT) scan diff

rveitsmintter a1s tetnen Vertreter den RNegfterungsrat Dr. ;

Bodenstein zu der Sißung entsandt. der Regierungsverireter auf Anfrage aus der Versammlung folgende Erklärung ab: Die Reichsregierung bält angesichts der gegen-

ärligen ganz außerortentlideen wirt\haftliden Nöte Deutsch-

ands eine weitere Abkürzung der Aibeitszcit im Steinkohblen- bergbau zurzeit für cine Unméaglichkeit. Die derzeitige L:ge des deutschen Volks und des Neichs gebietet, daß die

Einführung der Sechsstundenshicht von der internationalen Ver- stäudigung der hauptjächlicsten Kohlenbergbau treibenden Siaaten obhängig gemacht wird. Auch die grund|äßlihe Anerkennung der Sechsstundenshicht, wobei das Ausführen der siebenten Arbeits- stunde in das freie Belieben des einzelnen Bergmanns gestelli wird, verbietet die derzeitige wirtshaftlihe und foziale Lage Deutschlands. Die Verhandlungen follen fo gefördert werden, daß bis zum Ablauf ves jeßigen Tarifs das neue Abkommen fertiggestellt ist. Der Zentralvorstand der Zentralarbeitsgemein- {chast hat eine Entschließung angenommen, wona er sich nicht für eine weitereVerkürzungderSchichtdauer von sieben auf sechs Stunden für den Bergbaubetrieb aussprechen kann Deutschland könne mit ciner fo einschneidenden Veikürzung der Arbei18- zeit nit vorangehen. Die Frage könnte nur durch internationale Berständigung gelöst werden. Die weitere Schichtverkürzung würde für Deutschland den vollständigen Zusanmenbruch bedeuten. Der Ausfall éöónnte auch durch Vermehrung der Beleg]chaftsziffern niht aus- geglihen werden. (ine weitere Erhöhung der Kohlen- förderung für Industrie und Hausbrand müßte sogar dur Ein- richtung von Ueberichihten oder Ueberstunden ins Auge gefaßt werden.

Sn Düsseldorf war, wie „W. T. B.“ mitteilt. die Beteili- pung der Arbeiter an dem von den Unabhängigen und ‘Kommunisten für Sonnabend verfürdeten eintägigen Generalaus8ftand nur gering, und zu einer Stillegung der Fabriken ist es nirgends ge- fommen. Nachmittags wurde beim Du'chzug einer Ulanenschwadron dur Ervloston einer Handgranate ein Ulan gelötet und vier Personen verlegt. Die Cxplosion erfolgte, als ein Pserdegeschirr in Unordnung geraten war und ein Ulan es wieder in Ordnung bringen wollte. Ruhestörungen sind nicht vorgekommen.

Sn Beuthen ist „W. T. B.“ zufolge am Sonnab-nd ein Gasarbeiterausfstand ausgebro@en. Die Arbeiter haben i bereit erklärt, für zwei bis drei Tage Nothilfe zu stellen.

Nach: einer von „W. T. B.* übermittelten Meldung des „Popolo d'Ftalia® ist der Ausstand der italienischen Post- und Telegraphenangestellten im Abflauen. Jn Rom Knd am Freitag 70 vH der Angestellten zur Aibeit erschienen, dagegen besteht immer noch die Gefahr eines Gisenbahnerstrei?s. Nachrichten, die dem Mailänder „Secolo“ aus Nom zugehen, lassen erfennen, daß ein folher nicht mehr vermieden werden kann. Die Leitung der Bewegung wurde yon den Führern der Eisen ahner- gewerks{aft übernommen. An tdie verschiedenen Cisen! ahnnete find bereits Weisungen ergangen, auf das erste Zeichen dite Arbeit nieder- zulegen.

Kunft und Wissenschaft.

Sn der Januarfißung der Vorderasiatischen Gesell- \fchaft berihtete der Prosessor Dr. Jen fen- Marburg über die aramäischén Inschriften von Assur und Hatra. Weit weniger als Ässur ist die Nuinenslätte von Hatra bekannt, die etwa 50 km wesinordwestlich von Assur liegt. Hatra wurde mehrfach von rômischcn Kaisern vergeblich belagert und ist im Jahre 363 wie die UÜeberlieferung rihtet dur den Safssanidenkönig Schahpur 1 zerstört worden. Während der Jahre 1906 und 1907 besubten Mitglieder der deutschen Ausgrabungzsexpeditionen in Affur auh Hatra und konnten daselbst Inschristen mehrfach

hotegraphieren, abklatshen und abzeihnen, Hinsichtlich des Sch. ift- yps sind diese Inschriften erkennbar und sind den in Affur gefundenen sehr ähnli. Sie- sind bereits veröffentlicht worden, während - die - von Assur noch der Publikation harren. Diese beiden Klassen von Inschriften hat man bisher wenig beachtet und nit gelesen, obwohl sie keine großen Schwierigkeilen bieten. Der Vortragende, dem neben anderen Forshern die meisten der In- {riften aus Asffur durch Lichtpausen zugänglih gemacht worden waren, gelang es, sie zu erschließen. Das Ergebais dieser Studien, iber deren Gang er Näheres ausführte, ist folgendes: Alle Jn- [S aus Asfur sind in dem uns bekannten Aramäisch ge- \Grieben, mit einer Ausnahme, die eine kurze Inschrift zu einem Bilde des persishen Gottes Vohuman als eine Pehlewiinhrift an- zusehen ist, vielleidt als die älteste ihrer Art. Der Text der übrigen aramä'\chen Inschriften bietet gewisse Eigentümlichkeiten der Sprache, LÆhnwörter aus dem Assyrishen kommen por, so vor allem das Work fe Göttin. Ihrem Jahalte ‘nah sind die meisten Jnsch1ifien aus

ur Memorialinschriften (Gedenkinschriften) Graffilti auf Pflaster- feinen : Der Vortragende bot einige Beispiele in der Uebersepung: „Am 29. Tage im Monat Schebat im Jabre 515 sei ins Gedächtnis gerufen und gesegnet Bisiri (?), Sohn Akabshamas, vor Assor vnd Sern zu Gutem sei ins Gedächtnis gerufen Akibassor, Sohn A vor Asor und Seru zu Gutem“. Die weisten datierten Inschriften find aus dem ersten Monat des Jahres, einige aus dem vorlepten, je cine aus dem leften und aus dem 7. Monat. Professor Jensen vermutet, das babylonise Neujahrsfest im ersten Monat sei_auch in Affur begangen worden, und findet viclleiht darin den Grund der aerade a3 diesem Mouat datierten AniGt fien. Auf der eivzigen in Afsur gefundenen Monumentalinschri#t werden Assor und Bel d. h. der höchste assyrische und der höchste babylonishe Gott zusammen

‘genannt. Es ist dies vielleicht so zu deuten, als seien beide Gott- heiten als Inbaber eives Gebäudes bezeichnet gewesen. Aus dem Fnhalte der Inschrifien von Assur sind das Wichtigste die darin ge-

Kannten Götternamen; nur ein i ran ischer Gott, eben der Gott Vohus- nan, wird! genannt auf einer zu einem Bilde gehörtgen Inschrift. Sonst wird kein iranisher, aber auch überhaupt kein aramà scher, fein griehisher, kein rômisher Gott erwähnt. Jn den Gedenk- insbriiten, aus -Affur treten, soweit erker nbar, nur afssyrische und babylonishe Götter auf : Bel, der Gott von Babylor, Nobu, der von Borsippa, der Schwesterstadt von Babylon, dessen Gemahlin Naudi, Nergal u. a., vor allem aber Assor, de: alte Ashschur, der Nationalgott von Lssvrien und seine Gattin Seru, die in den Keilin’ riften áls Scherua erscheint. Diese zwei stets genannten SBoltheiten sind auch auf Pflaster steinen genannt, die über den Trümmern eines alten Ashshurtempels gefunden sind; ebenso ift die einzige Gedenkinschrist nit dem Götternamen Nabu über einern. alten Heiligtum- dieses Gottes gefunden worden. Es folgt daraus: Diese drei Gottheiten hatten noch in der Partherzeit eziehungéweise in der Rômerzeit ihren Kult an den uralten Stätten threr Berehrung. ‘Es scheint die Vorstellung geherrscht zu haben, der Gott Affsor befinde ‘sich unter den Trümmern feines alten Tempels in der Erde. Die Per - ens men in ten Inschriften sind, obwohl aus parthiscer Zeit stammend, mit nur einer Ausnahme nicht iranisch. Die Urheber (der Inschriften haben weder iranische noch griechische oder römishe Namen. ‘Biele haben aramäische oder doch norèdwesisemitishe Namen. Da sind Anteressant Personennamen- von fragres as\yrishem Ursprung, so der

eifellos- afsyrishe Kön gsname Assarhaddon. Ebenso trägt sein Vater und au einer setner Söhne den euge Namen, und ‘ebenso einer seiner Enkel. Also noch in parthisher Zeit ‘eine viérgliédrige per nenten mit assyrishen Namen. Einer dieser Enkel ist na

rof. Jensen Dohl dem Kultus des Affor nahe, ist vielleiht eine Priesterfamilie "die- even wRes des Namens A jarhaddon ‘în dieser Familie viel- leicht zurückgeführt wird oder gar wirklich abla von dem König Affar- ‘Kaddon, in dessen Auftrage dessen Sohn Aschschurbanapli-Sardänapal ‘einen feiner Biúder, also einen Sohn Asjarhaddons, zu einem hoben, wohl 'vem' höchsten ' geiftl en Würdenträger,“ vielleicht in unjerem Affur

Bei den Beratungen gab !

Vermutung Tempel schreiber; die ganze Familie steht |

mate. Soweit die Inschriften datiert sind, kann man ihre Ab- fassunagszeit zwiscken 511 und 539 der Selcuziden-Aera somit um 215 nach Christus festlegen. Es hat also noch im: Anfang des 3. nach- christlihen Jahrhunderts aller Wahrscheinlichkeit nah ein lebendiaer Kult dec alten assyrisd:en Götter an ihrer alten Stelle und in Affur

Namen im Gebrauch. Es erbebt sich nun die Frage : das auf? Aus dem Jahre 539 der Seleuziden-Aera stammt die leßte Inschrift und aus demselben Jahre die leßte Münze des vorsassani- dischen Reiches, , Danach wurde an)ch-inend im Jahre 539 der Seleuziden-Aera d. h. 228 nach Christus Asffsur von dem ersten Sassanidenkönig Ardaschtr zerstört. Die Inschriften von Hatra stammen nah Vrofessor Jen sen s Ansicht aus der Zeit etwa zwischen

50 und 200 nach Christus; allé sind aramäisch, enthalten keine ‘-assyrishen oder babylon schen Götternamen und sind nur ¿zum Teil Gevenkinschriften; es besteben Untérschiede

von dem so nahen Asffssur. Neu ersheint der biblische Nimrod, vermutlic) ein assyrisher Gott, in der Tat als cin Gott. Die Personennamen find zum Teil aramäisch, griechische oder römische kommen nit vor. In einer Inschrift erscheint ein Fürst m1t cinem Namen, dessen genaue Gestalt erst ershlossen worden war, der aber aus arabischen und syrishen Quellen bekannt ist, ‘als ein König in Hatra, nämlih ein Sanatruk. ‘In der jüngsten Inschrift aus Hatra erscheint ein arabisGer Name, der uns namentlich von Palmyra her bekannt it, nämli der Name Mokimu. Mit der Hoffnung, es werde unsern Gegnein nicht gelingen, uns auch auf wissenschaftlihem Gebiete zu - erdrosjeln und daß wir auf dem Felde wissenschaf!liher Betätigung eines der Herrenvölker der Erde bleiben - werden, {loß der Vortragende seine Darlegungen.

Literatur.

„Was wtr litten® ist der Titel des Januarheftes 1920 der Süddeutschen Monatshefte (München, Leipzia, Berlin), die mit diesem Heft ein neues Vierteljahr (Vierteljahrspreis 6 #6) eröffnen. Das Heft enthält der Hauptsahe nah von zurückgekehrten Krieg8gefangenen ftammende. Berichte, die geeignet sind, einen Einblick in den Charakter der vershiedenen Völker und die zwischen ihnen bestehenden Unterschiede zu geben. Die Rundschau des Heftes enthält außer dem Bücherbrief von Nrojetor Josef Hofmiller aus den Jahren 1892/94 stammende prophetishe Briefe des Kirchenhistorikers F. X. Kraus. Der Herautgeber Piotessor Paul Nikolaus Coßmann hat cinen Leitaussaß „Die deu!she Tragik* und ein Tagebuch beigesteuert, in welchem typise Vorkommnisse der Zeit festgehalten werden.

Theater und Musik,

Großes Schauspielhaus.

_ Die „Hamlet“-Aufführung, die am Sonnabend im roßen Shau- spielhause în Szene ging, hinterließ keinen tieferen Eindruck, roobl aber Zweifel daran, ob dieses Massentheater, in dem die „Orestie“ mit s{öônem Erfolg aufgesüh1t wrden konnte, dem modernen Drama eine angemessene Stätte zu bieten vermag. Der gewaltige ehemalige Zirkusbau mit seiner arenaartigen offenen Szene ist dem tintimen Stil des „Hamlet“ niht anzupossen, obwohl man anerkennen muß, daß es dem außerordentlichen Geschid Reinhardts gelungen war, mit den einfachsten Mitteln die Täushung von Innenräumen und von szenishen Bildern in verschiedenen Aan auf der faum verär derten grofien Bühne bervorzurufen. Es wurde dies durch siarke Beleuchtung einzelner Bühnensegmente erzielt, ein ein- fadics Mittel, das gleick;wohl nur in der intime A ges{chlossenbeit dringend fordernden Szene zwischen Hamlet und seiner Mutter ver- sagte, das aber in jeiner ständigen Anwendung das Auge bald ere müdete. War es Reinhardt im wesentlichen gelungen, die von bem Auge geforderten Zliusionen he zustellen, fo blieb seine Ne iekunst den Mängeln der Akußik gegenüber machtlos. Sobald ein Spieler die Mitte der oberen Bühne verließ, wurde er shwer vez:siändlidh. So ging z. B. der greße dritte Monolog . Hamlets fait völlig verloren und tee tas “Publikum ungeduldig werten. Im übrigen war die äußere Regie von virluoser Gesch:cklichkeit, und man hätte sie uneingeshränkt anerkennen können, wenn nicht die Einleitungsszene zu sehr in die Länge gezogen und nicht der Eindruck der Sdauls\pielsszene turch eine arge. Entgleisung geslört worden wäre: NReinhordt ließ den versammelten Hot, als der König h erhebt und das Schauspiel unterbriht mit lautem Schr ien und Kreischen auscinanderlaufen. Das war ganz Zi1kus. " Die s{áu- eiten Leistungen boten Anlaß zu manGem Bedenken und auch zu uéstellungen. Völlig einwandfrei war eigent! ih nur dje Darstelung des Königs dur Paul Wegener. Daran, daß der Hamlet, den der Dichter 30 Jahre alt sein läßt, meist jünger dargestellt wird, ist man gewöhnt, und das ist s{ließlich auch niht von zu großer Bedeutung. Alexander Moissi ging in der Verjüngerung aber do zu weit. Sein Hamlet sah w'e ein f{rühreifer Knabe aus. ESprachli® bot Moissi um Teil Ausgezeichnetes; an einigen Stellen, auch in den onologen, litt die Versiändlidkeit und die Schönheit der Ge- darken unter zu starker Zirgliederung, Völlig verfehlt war die Szene mit der Mutter, in der Moissi mit wilder Leidenschaft die Königin anschrie. Diese Szene, die zu den ershütlerndjien und tragi\hsten der Weltliteratur gebört, wirkte in dieser Darstellung brutal und abstoßend. Den Polonius spielte Werner Krauß als stark komischen, jovialen alten Lebemann. Er fand damit reien Beifall. Es ist leider üblid), diejen Hofmann nur als komische Figur dar- zustellen. Nichtiger und für einen mit echtem „Humor“ begabten Schauspieler ouch dankbarer is jene reihere Ausgestaliung, die z. B. Arthur Vollmer dieser Rolle gab, wenn er in ihr sowohl den gesckmeidigen Hofmann, “den etwas |chwc ßhaften Alten, wie den auf seine Kinder stolzen und für sie liebevoll besorgten e:fah!enen Nater zeichnete. Einem alten N rren hätte Shakespeare niemals die weten Worte in den Mund gelegt, mit denen Polonius seinen Sohn entläßt. Wenig am Plaß war Frau Thimig als Ophelia. Die „reizende®* Ophelia, die unbeschadet aller /jungfräulichen Scheu und Zartheit am Hofe areß (E ist, die niht ohne Stolz, ja mit ein wenig Koketterie \sih in des Prinzen Liebe wähnt, denkt man sich doch wesentli anders, als das ver\hüchterte, fast \{ülerinnenhafte und flüsternde Fräulein, das Frau Thimig aus ihr aemackt hatte. Frisch und“ ungelünstelt war Herr T himig als Horatio. ‘Die übrigen kleineren Rollen waren angemessen bes außer der- enigen des in dicser Figur unmöalickhen Laertes. ohl um der esamtaufsührung, der durch den Fortfall des Szenenwechsels eine äußere Gliederung mangelte, einen Erjay hierfür zu bieten, hatte man sie mit begleitender Musik umrahmt.. Heinz Tiessen als Ganz- moderner - hatte sie aus ‘vielen Difsonanzen zusammengefügt., Die Vorstellung, die sich über die auf dem Programm ‘angegebene Zeit ausdehnte, fand neben vereinzeltem Widerspruch sehr reihen Beifall. es den Hauptdarstellern wurde Direktor Reinhardt stürmisch

gerufen. 4

Im O

ernbhause wird morgee „Parsifal®, mit den Damen

La! n-Dinkela, Bianzell, Hansa, Jöôrn, Escher, Sax, Dietrich,

{1k-nstrôm und den Herren Kirhhon, Bender pom Nationaitheater

in Münchén- als Gast, Habich, Kigja, V Philipp, Sommer und - Bachmann beseßt, aufgeführt. Anfang d Uhr.

Im Schauspielhause geht morgen „Wilhel Tell“ in be-

fannter Beseßung in Szene. Spielleiter ist Leopold Jeßner. An-

fang 6} Uhr. Mannigfaltiges.

en Zus-

set angene teilt mit: Vier deutsche Dampfer hab

gti in Frankreid aufdem Seewege zu

j übernehmen. fahren aus: Am 18, Januar der Dampfer „Rügen,

bestanden, und noch zu dieser Zeit“ waren daselbst alte assyriice | Wann hörte |

Die Neihszentralstelle für Kriegs- und Zivil- Rees na französishen Häfen erhalten, um den Abtransport" er Gefan

nah K ouen, „Wotenßok / und «Percert Horn new S1. az rre,

am 19. AXanuar „Melilla“ nah Le Havre. Rückehrhäfen sind :

Emden, Cuxhaven, Brunsbüttel und Bremerhaven (W. T. B.)

Kriegsgräberfürsorge. Verschiedene Notizen in den Taç eszeitungen und Fachzeitshriften der leßten Zeit mit teils wider- sprechenden teils irrefühnenten Angaben übir die Kriegsgräberfürsorge haben unnötice Verwirrung und Unruhe in das Volk getragen. Zur allgemeinen Aufklärung wird bekanntgegeben, daß das Zentral- Nachweitiscamt für Kriegsverluste und Krieger- grä ber Berlin NW. 7, Torotheer slr. 48, nach wie vor die einiige

amtliche Stelle in allen Kriegergräberangelegenbeiten ist und daß die im *

vergangenen Jahre cxrfolgte Gründung des „Voltshundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge“, Berlin NW. 87, Zwin, listraße 59, und die Festlegung) feiner auf die Förderung der Rriegsgräberfürsorge, die Untersttung der Angehörigen und die Be-

1

treibung der zwischenstaatlicen Fürsorge gerichteten Satzung mit Ein- verständnis und im Einve: nehmen mit den Reichszentralbehörden erfolgt ist. Vor einer Zersplitterurg in der Fürsorge für unsere

Kriegsgräber muß dringend gewarnt werden. (W. T. B.)

Ueber das Hochwasser in Deutschland liegen folgende Meldungen des „W. T. B.* vor: Ô

Cöln, 17. Zanuar. Der Nhein hat gesiern seinen H ö ch st- stand mit 958 m errciht. Seit gestern, Nackchwittogs 2 Uhr, fällt das Wasser. Der Nückgang beträgt sliündlih 2 cm. In der Nacht von Freitag auf Sonnabend ist das Wosser um 20 om (R Damit ist die Gefahr an dem. Niehler Damm

ehoben, von dessen Krone die Nheinflut nur noch 20 em ent- fernt war. :

Düsseldorf, 17. Januar. Wie die „Düsseldorfer Nachrichten" aus Obeikassel melden, ist gesten zwischen Lank und Büderich der Damm gebrochen. Menschenleben sind bisher vicht zu beflagen. In NRheindorf ist ebenfalls ein Damm - rut ch erfolgt, sodaß auh hier die Gefahr des Bruches sehr groß ist. Die Feuerwehren aus den Nachbarorten sind’ Tag und Nacht be- '\chäâftigt, dur Botenanschüttung die Gefahr zu mildern. Alle Ein- wohner von 16 gezogen. Die Ortschaft Ür denbach bei Bentheim steht voll- ständig unter Wasser, sodaß die Fimvohner ihre Heimstäiten ¿zum größten Teile verlassen mußten. : j

Xanten, 17. Jaruar, Bei der Ortschaft Menzelen : ist heute mittag der Lankerdyck in einer Breite von 20 Metern durchbrochen worden_ Das Wasser strömte mit großer Genalt auf die tiefergelegenen Ortschaften bei Menzelen zu, die in einer Stunde vollkommen untex Wasser geseßt wurden.

Dresden, 18. Januar. Das Hochwasser der Elbe hat hente fiüh mit 4,77 m über Null den höchsten Stand erreicht. Am Terrassenufer hat ein Verkehr mit Kähnen eingeseßt, da. die dortigen Häuser nicht mehr anders zu erreihen sind. Der Gondel- hafen an der Brühlschen Terrasse ist überschwemmi. In Meißen steht das Stadttheater teilweise unter Wasser, sodaß die Vorstellungen eingestellt werden mußten. Seit heute vormittag ist ein langsames Fallen des Wassers eingetreten.

Cöln, 17. Januar. (W. T. B.) Die Reichsstelle Cöln für Nrtlegge an een R E mit: Heute abend eginnt die Abfahrt der deutschen Leerzüge zur Heim- bolung unserer Kriegsgefangenen äus Frankreich. Das Eintreffen der ersten Züge in den Durhgangslagern wird fofort bekannt gegeben.

Amsterdam, 17. Januar. (W. T. B.) Aus Maasttriht wird dem „Telegraaj“ gemeldei: Infolge Anwachsens der Maas wurde der Domm vonGrevenbichtfortgerissen. Alle Ansirengungen, den Dammbruch auszubessern, waren vergebens. Die telegraphische Verbindung mit Belgien ift unterbroden. Das ganze \üdliccheLimburg istbedroht.

Genf, 17. Januar. (W. T. B.) Wie die „Suisse" aus Aix - les8-Bains meidet, ist dort geftern morgen die pyrotecchnif\che Fabrik in die Luft ge fl0a en. Die Explosionen dauern noch an. Jn weitem Umkreise wu§den die Fensterscheiben zert1 ümmert. Nuh Dächer wurden dun die Gewalt ver Explosion abgerissen. Bis jeyt wurden 80 Tote und Verwundete gezählt.

San Francisco, 17. Januar. (W. T. B.) Hier sind Unterschlagungen, die in die Millionen gehen und in Ver- bindung mit den Schiffsbauten für die Regierung stehen, aufgedeckt worden. Wie . man hört, hat der Generalstaats- anwalt das Schiffahrtsamt angewi-sen, Zahlungen über ungefähr 37 Millionen Dollar vorläufig zurückzuhalten,

(Forisezung des Nichtamtlichen in ber Ersten und Zweiten Beilage.)

e Theater.

Opernhaus. (Unter den Linden.) Dienstag: Parsifal. Anfang 5 Uhr.

Schauspielhaus. (AmGendarmenmarkt.) Dienstag: Wilhelu Tell. Anfang 6# Uhr. ; i

Mittroo: Opernhaus. Madame Butitterfly. Anfarg 7 Uhr

Schauspielhaus. Peer Gyut. Anfang 6} Uhr. ,

Familiennachrichten.

Verlobt: Frau Margarethe Scherping, geb. von Haugk, wit Hru. _ Regierungsrat Kurt von Wienskowöki (Charlotteabue f s Verehelicht: Hr. Obersileutaant Hans Meyer mit Maria verw. Freifrau zu Putliß, geb. von Sto‘ (Weimar). Hr. Re- terungsrat Werner voz RNeinersdorff-Paczensky und Tenczin mit rl. Anna-Luise von Ashoff (Koblenz).

Gestorben: Hr. Legationsrat, Oberleutnant d. Nes. Frhr. Hans von Müffling A Ee, Hr. Nittmeister a. D. Siegfried ‘Graf yon Keffenbrin G Hr. Land- gerihtspräsident, Major d. L. Dr. Bernhard Heins (Ratibor).

Veranktwortliker Srifileiter: Direktor Dr. Tvrol. Charlottenburg,

Veraniwortlih für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der GesHäftsstelle,

Mechnungsrat Vi engering in Berlin. Verlag der Geschäftsstee (Menagerina) in Berlin:

DruX der Norddeutschen Buchdrudkerei und Verl talt Berlin. Wilhelmstraße 32, E,

Fünf Beilagen (einschließli Börsenbeilage), und Erste, Zweite, Dritte und Vierte Zentral-Handelsregister-Beilage,

bis 55 Jahren werden zur Hilfeleistung heran- -

4

Er fie Beilage

zum Deutschen Neichsauzeiger und Preußischen Staatsanzeiger.

N O g di S id arti uow grie riziw Lte e

Nichkamfliches,

(Fortsezung aus dem Hauptblatt.)

Deutsche Natiozalversamumliung in Berlin.

139. Sibung vom 17. Jazuar 1920, Vormittags 19 Uhr. (Berit des Nachrichtentüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung des von sämtliczen Parteien eingebrachten Gesetzent- wurfs, betreffend eine 150 % ige Erhöhung der Deuetrtungszulagen für Beamte, Offiziere und Mannschaften. |

Abg. Allekotte (Zentrum): Die Notlage der Beamten ist groß und wird von allen Parteien anerkannt. Wir bedauern, daß nicht auch die Kinderzulage von e der Regierung entsprechend erhöht worden ift. Das ift ein Abweihen von dem Standpunkt, den dié Regierung früher bei de? Beamtienbefoldung eingenommen hat.

Abd. Dr. Heinze (D. V): Wir stimmen dem Gesehentwurf um so mehr zu, als er einer alten Forderung der Nechtsparteten ent- spricht. Der Teuerungszuschlag, den die Negierung in Höhe von 50 % inzpiscen gewährt hat, ist viel zu gering. In der Beamten- schaft ist deshalb auch eine große Erregung bereits bemerkbar. Wenn man’ bei früheren Beratungen den Forderungen der Rechten nicht nacgélömmen ist, so licgt es daran, daß man über uns als AAtonopartei hinroeghoört.

Abg. Dr. Düringer (D. Nat.): Die Erböbung der Teuerungs8-

r S3 ,

É E Îm Vini Lai

zulagen für die Beamten ist unbedingt nötig, die Beamtenschaft läuft

sonst Gefahr zu verschulden.

A Dr. ppe (Dem.): Man sollte dieses Geseß, das von allen 3 arteien eingebracht ist, nicht zum Gegenstand einseitiger Parteipolitik machen. (Großer Lärm rechts und erregte Zurufe.

Vizeprästdent Löbe rügt einen Zwischenruf des Abg. Dr. emmle r.)

Aba. Steinkopff (Soz.): Wir brauchen eine zufriedene Be- amtenf{aft, sie wird im neuen Deutschland besser werden als im alten. E

Reickêminister der Finanzen Erzberger: Ich kann aufs lebhafteste bedauern, daß in dem Augenblick, in dem ein Antrag aller Parteien vorliegt, für unsere Reichébeamten eine weseniliche Hilfe zu gewähren, parteipolitishe Grörterungen dieser L gpflogen werden, die der Sache nicht dienlih und nüßlich sind. Nachdem einmal alle Parteien sich zufammengefunden haben, den Zinttiativanträg einzubringen, nützen Sie der Beamienschaft am meisten, wenn Sie Ihren Antrag in allen dvei Lesunaen obne weitere Erörterung verabscbieden. N

Wenn nun gesagt worden ift, die Regierung hätte nicht richtig ge- Gandelt, wenn ferner einzelne Parteien für fich in Anspruch genommen babeñ, sie hatten" viel früber das Nichtige verlangt, so will "ich-dazu nur Tagen: wenn 1oir vor Weihnackten eine fünfzigprogentige Erböbung der Teuerungs- und Kinderzulage gewähren wollten, jeßt aber eine 150 % ige Crhöhung nur der Teuctungszulage gewähren das mohte i bejonders dem Abg. Heinze gegenüber zum Ausdruck bringen —, \o t das, was wir je84 gciväbren, nicht das Dreifacke von dem, was wir ror WeihnoFten gewährt boben, sondern in mancen F&llen höckstens das Dopwpelité oder nit cimnal so viel. Es fommt eben darauf an, wie groß die Kinderzahl m den einzelnen Familien i, und 1ch kann nir Beamtenfainilien denben, bei denen die 50 % ige Erhohung, wie fie vor Wetbnachten beschlossen wurde, hoher kommen fann als das; was ebt cwmäbrt wird, weil 1a aud die 50 % ige Erhöhung dev Kinderzullage in Betracht ifommt. Nehmen Sie an, eine Beamten- famtillie hat & oder 3 Kinder wir haben folde Familien in Boamten- kreisen —, so fan der Fall eintreten, daß fie so gut nie nichts be- fomnmen werden. ;

Nun hat der Herr Abg. Allekotte gefragt: warum hat man nid die 50 % ige Erhöhung der Teuerungs- und Kinderzulage beschlossen? Des Prinzip der Negierung ist doch das richtige! Gestatten Sie mir dabei ein offenes Wort, das ich auch an die Beamtenscchaft richte. Jch verstehe die Opposition weiter Beamtenkreise gegen die Gewährung der Kinderzulage wirflicht nicht (lche Zustimmung)! und ick& muß fagen, ic sche ‘hierin ein greßes Stück unbegrüideten Gooiémus. Denn Ter Siaai hat nach der Reicbéverfassung die Verflichtüng übernommen, für finderreice Fomilien in besonderer Weise zu sorgen, (Etneute Zustimmung.) Wenn nun jet eine Opposition eintritt, weil man in der neuen Besoldunasordrung, wie ich sie als Neichsfinanzministex vor- gefclagen habe, die Kinderzulagen durchführen mill, so verstebe id, wie gesagt, diese Dppesition“nicht, nicht nur, weil dadurch die Ausführung des Willens der MNetichéverfassung verlangsamt und unmögl:ch. gemeckt wind, sondern ich verstehe fie au aus allgemeinen fogialen und volfs- wirtschaftlichen Gesichlspunkien heraus nicht. Das Prinzip, muß sich im deutschen Beile durckjeben! daß mir angestchts der gesamten Ver- hältnisse unscres Volkes allen Nachdruck darauf legen müssen, den Enderrcichen Famülien in jeder Form entaegenzukommen, sei es in der Berücksichtigung bei der Steuergeseßgebung in Form von Abzügen, ci es ber der Beamtenbesoldung, indem man für solche kinderreichen Fom.lien besondere Zulagen gibt. “Ich bedaueve mit dem Abg. Alle- lotte. daß es nit moglié war, auch die Kinderzulage 1n diese Neu- regefung mit iacinzubrigen.

/ Nun fragen Sie: „Warum haben Sie das nicht getan? Sie hätten és als Reithsfinanzminister vorschlagen können!" Meine Damen. und Herren, wenn das Deutsche |Neich tebt so viel Vermögen hätte, wie es Schulden hat, dann würden Sie ohne weiteres eine Vorlaç: bekommen baben, dur welche au die Kinderzulage auf 150 % eröht würde. Das ist aber eben nicht möglich,

Nun hat man gefragt: marum hat denn aber die Regierung nah Weihnachten dem ungestümen Drängen der Beamtenschaft nachge- geben? Das ift erstens geschehen, weil die Regierung die Pflicht und Schuldigkeit- hat, Unzufriedenheit, wo immer sie sih findet, nah Möglichkeit zu beseitigen, und es ist hon wahrhaftig genug Unzu- friedenheit in unserem gesamten Volke vorhanden, die Sie alle, auf der Unken wie auf der Rechten, n i ch+ beseitigen können), weil sie die naturnotwendige Folgecrscheinung des Krieges ist. Wir wollten aber wenigstens. den berechtigten Wünfchen der Beamten entgegen- jommen, Dana aber, komt hinzu, daß wir im Deutshen Reich -—

stellen, auch bereit sind, die Gelder zu bewilligen.

Berlin, Montag, den 19. Januar

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das bitte ich kesonders den Herrn Abgeordneten Dr. Heinze zu be- achen nit nur auf die Verhältnisse im N ei ch Rücksicht zu nehmen. haben. Jch habe bereits Proteste bekommen von einzelnen Ländern wegen der Besfoldungserhöhung, die wix vor Weihnachten vorgenommên haben. Eine MNeihe von Ländern hat der damaligen Erhöhung der Teuerungszulagen um 50 % micht zugestimmt, und die Finanzminister dieser Länder haben mir dringlichst erklärt, daß es ibnen bei den Finanzverhältnissen dieser Kinder ganz unmöglich sei, aub nur eine 90 prozentige Grhöhung der Teuerungszulage thren Beamten zu gewähren. Gegen die geplante Neuregelung in Höhe von 150 % hat eine ganz erheblihe Anzahl von Ländern, nicht nur diejenigen, die ih sdon erwähnt habe es sind seit. Dezember noch neue dazugekommen —, die lebhaftesten Bedenken zum Ausdru ge- bradt. Sie haben erklärt, wir können es nit verantworten, daß den Reichsbeamten diese große Zulage gewährt wird, weil das finan- zielle Folgen für unsere Landesbeamten hat, für die wir eine solche Erhöhung niht mehr durchführen können.

Nun wird Ihnen allen aber klar sein, daß eine unterschiedliche Behandlung der Reichsbeamten und der Landesbeamten keineswegs ein erwünshter Zustand um mich sehr vorsichtig aus8zudrücken ist, daß wir vielmehr danach trachten müssen, daß angesichts der ganzen wirtsaftlihen Verhältnisse die Reibs- und die Landesbeamten, in rociterem Umfange au die Kommunalbeamten, möglich#t einheitlich binsihtlih der Besoldung behandelt werden. Das muß jedenfalls unfer Ziel sein. Wenn aber die Länder berechtigte Bedenken vor- bringen und mir erklären: wir können das nicht mitmachen, auch

wenn wir die Steuershraube die Reichseinkommensteuer ist ja noch nit da, und die einzelner Länder können ihre Einkommen- steuer heute noh nit erheben noch so sehr anziehen; aus volfks-

wirtschaftlichen Gründen geht es niht mehr, {o licgt eben hierin das lebte Hindernis, das ) kein Reichsfinanzmimister aus der Welt schaffen kann. Dann múß er eben Rücksicht nebmen auf die ge- samten Finanzverhältnisse in den Ländern und“ Gemeinden. Die Diagonale aus all diesen berechtigten Wünschen ist hier {n der Vor- lage gezogen. Deébalb bitte ih noch einmal darum, den Geseß- entwurf so, wie er eingebrabt Ast, ohne weitere parteipolitishe Er- öorterungen verabschieden zu wollen.

Sollten indessen die parteipolitishen Erörterungen fortgeseßt werden, dann wäre auch ich genötigt, auf die Dinge einzugehen, die si vor Weihnachten abgespielt haben, und ih müßte dann die Frage untersuchen, ob die Parteien, die si hier so beamtenfreundlich (Lebhafte Zu- stimmung bei den Mehrheitsparteien.) Jch bin ja sehr erfreut über die Ginmütigkeit, die hier zum ersten Mal in -der Nationalversamm- lung vorhanden ist, daß dafür 500 Millionen neue Steuern bewilligt werden sollen; insbesondere freue ih mich darüber, daß nun auch die Rechte und die Linke mitmacht. Aber ich darf do daran erinnern, daß die bisherigen Steuern nur-hier aus der Mitte, nämlich von den Mehrbeitösparteien bewilligt worden sind (lebhafte Zurufe, rets), wenigstens teilweise! (Erneute Zurufe rechts.) Gewiß, Reichs- notopfer und Umsaßsteuer aub mit der Rechten, teilweise! Aber ih will diese Frage nicht vertiefen, sondern gebe nur meiner Freude darüber Ausdruck, daß das ganze Haus davin einig ist, daß mir 500 Miklionen aus neuen Steuern für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden. ;

Nun füge ih aber ein weiteres hinzu: die Aufbesserung der Landesbeamten um 150 % hätte ohne ein weitgehendes (Entgegen: femmen des Reichsfinangministeriums überhaupt mb durchgeführt werden können. Ich habe Jhnen schon dargelegt, daß mir die einzel- staatlichen Finanzminister erklärt haben, sie seien gar niht in der Lage, die Gelder dafür aufzubringen. - Jch brauche die einzelnen Länder hior nicht anzuführen; es sind jedenfalls norddeutsce und süddeutsche Länder. Ich habe mich deshalb als Reichsfinanzminister im Inter- esse der gescanten Beamtenschaft für ermächtigt gehalten, den Ländern Zuschüsse von seiten des Reiches zu gewähren, damit sie aud bei uh in entsprechendem Umfange die Verbesserung der Beamienbesoldung um die 150 % durhführen fönnen, und ih bin fest davon überzeugt, daß ich die Zustimmung der Nationalversammlung zu diesem ntgegen- ommen an die Finanzminister der Einzelstaaten finden werde, damit auch do:t die Notlage gemilderi werden kann.

Nun lassen Sie mich noch einen Gesicktspunkt anführen. Bei den Verhandlungen mit den Beamten und der organisiecrien Beamten- {haft hat sih eine iweitgehende Uchereinstimmung zwischen der Ve- amterschaft und der Reichsfinanzverwaltung ‘herausgestellt. Jch be- grüße das. Ich möchte auch ben Aufruf unterschreiben, den die organi- sierte Beamtenschaft in den leßten Lagen erlassen hat, der leïde- 1n der weiteren Oeffentlid;feit nicht diejenige Beachtung gesunden hat, dis er verdient, und zwar infolge Unruhen, umer denen wix in dieser Woche gelitten haben. Um so mehr halte ih mi für verpflichtet, diese Kundgebung der organisierten Beamtenschaft im ihrer ganzen Tragweite hier bekannt zu geben. Die organisierte Beamtenschast hat nämlih besdlossen, daß mit diefer Besoïkdungserhöhung bis zum 1. April 1920 absolute Ruhe in der Beamtenschaft herrschen soll, und daß, jofern bis dahin nicht gang unvorhergeschene Umstände eintreten, eine neue Erhöhung vor Verabschiedung der Besoldungäsordnung nicht cinbreten soll. Jch bin fast davon überzeugt, daß auch das hohe Haus mit diesem Grundsay einverstanden ist. L

Noch wichtiger sind mir zwei andere Zusagen. Die organisierte Beamtenschaft hat in ihxem Aufruf erêlärt, sie sei davon dutldrungen, daß in allen Teilen unseres Volkes mehr als biéher gearbeitet werden muß. Meine Herren, das änterstreiche ih mit allem Nachdruck Gebe man sih im deutschen Volke feiner Täuschung darüber hin: wenn die Beamtenbesoldung so durchgeführt werden soll, wie wir sie vorhaben, dann fann es mit der Vermehwung der Beamten niht weitergehen, sondern es muß eine Verminderung eintreten, and zwar im allen Ressor)s; sonst ist es unmöglich, unsere Beamten ordentlich zu be- zahlen. Dieses Ziel ist nur gu erreichen, wenn die Arbeitszeit auch in den Bureaustunden erheblih erhöht wird. Jch habe ein Runb- schreiben an sämtliche Ressorts gerichtet, in dem ih erklärt habe, daß ¡ih darauf beharre, dag in allen Neichöressorts ih éann das nur

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1920.

beï den Reichsressorts tun, auf die Lande&erwalbungen habe i keinen Einfluß; i heffe aber, daß sie folgen werden bie actstündigz Arbeitszeit durchgeführt roird. Nachdem wir die Maximalarnbeitszeit von aht Stunden reichêgefeblih festaelegt haben, Tann es für einzelne Teile ter Beamtenschaft keine Ausnahmen geben. (Seho richtig!) Dos ist \ggialpolitish nicht zu tragen. j

Jch sage: ein zweites. Wie wollen Sie den Bestrebungen der Bengarbeiterschaft entgegentreten, wenm diese sieht, daß Leute, die mit relativ \leihten Arbeiten besdäftigt sind, nur sechs Stunden täglih arbeiten? Dann is es nur natürli, wenn“ der Gedanke Play greift: wir, die wir unter Tage arbeiten, haben Ansprith auf eine kürzere Arbeitszeit als diejenigen Volksgenossen, die. in güter Luft über Tage arbeiten. Was aber eine solche Verkürzung ‘der Arbeitszeit der Bergarbeiter für ‘das deutsche Volk und Reich be- deuten würde, brauche ih nicht auszuführen. Wir sind uns vol fommen ftlar darüber, daß eine Verkürzung der Arbeitszeit der Berg- arbeiter geradezu fatastrophal wirken müßte. Die Bergarbeiter können nicht verstehen, daß in Reichsbetrieben, Siaatsbetrieben und Kont munalbetrieben nur eine Arbeitszeit von sechs Stunden besteht, wie das vielfah der Fall ist. Deshalb muß in allen Betrieben des Reiches, des Landes und der Gemeinden an der achtsbündigen Arbeits- zeit unbedinat festgehalten und die ahtstündige Arbeitêzeit auch für alle Beamtenressorts durchgeführt werden. Das wird Snvierigkeiten geben und aud Opposition in den Bentralen. Aber diese Oppositioi muß gebrohen werden. (Zustimmung.) Es if cin Reichsgeseß mit einer Maximalarbeitszeit von aht Stunden vorhanden, und das muß auch für die Beamten gelten. Jch bin überzeugt, im Sinne der meisten Beamten zu sprechen, wenn ih sage, deß diese acht Stunteir restlos im Sinne des Volkes und des Vaterlandes ausgenüßt werden müssen.

Und nocþ ein anderer Gedanke ist in diesem Aufruf. der Beamten- organisationen zum Ausdruck gekommen, den ih gleidfalls begrüße. In diesem Aufruf wird den Beamten als Pflicht auferlegt, mit allen Mitteln den Kampf gegen gewisse betrüblihe Grscheinungen 14x der Beamtenscheft aufzunehmen, - den Kanm'of gegen die Korruption, die ta und dort leider in großem Umfange eingerissen is, wie ich offen zugeben muß. J will nit untersucken, woher das gekommen ist, und ob nicht die Notlage, in welbe weite Kreise der Beamten- saft versetzt worden sind, angesidts unserer wirtschaftlichen Ver- hältnisse vielleiht ven stärksten Anlaß dazu gegeben hat. . Deshalb soll diese Notlage dur drdentliche Bezahlung aus der Welt geschafft werden.- Ich begrüße aber auf der anderen Seite, daß die örgani- sierte Beamtenschaft mit der Reichéverwaltung darin einig ist, daß mit aller Entschiedenheit der Kampf gegen die Korruption in der Beamtensckaft aufgenommen wird. Darüber m:5 man si in allen Teilen des Reiches vollkommen far scin. In ttgêndeinem Momente tritt ein Schieber irgendwo. mit ciner Boamtenstelle in Verbindung. Es ift nit moglich, daß es in allen Fällen zutage: treten Bann, wenn in irgendeiner Amtsstelle ein ungetreuer Beamter, fei cs ith Zolhwesen, sei es im Gren;wesen oder sonst. wo, \ich eiwas -zushulden kommen läßt. Ja begrüße daher sehr diefe Erklärung der Beamten- schaft, und ih habe gern ven dor Gelegenheit Gebtauch gemackt, sie noh einmal mit allem Nachdruck vor der Oeffentlichkeit zu unter- streichen.

Zum Schluß möchte ih Sie- bitten: verahschieden Sie ‘das Gese auf Daucksache Nr. 1942 mögli} einhellig in «llen drei Lequngen. Das wird eine caünstige Wirkung auf unsere Beamtenschaft hervor- rufen. (Bravo!)

Abg. S eger (U: Soz.): Mit dieser Teuerungspolitik kann es so niht weitergehen. Wenn die Regierung gegen die Agrarier fo röXsihtslos vorginge wie gegen die Arbeiter, jo würden die Lebens- mittelpreise nicht weitex steigen. Der NReichsbankerott ist da, und die NReichéregierung zieht mit ihrer Finanzpolitik /auch die Bundes- staaten und. die Gadieinban in den Abgräand. Man sollte endlich anfangen, die Preise abzubauen.

Abg. Bruhn (D. Nat.): Im Auss{uß war eiumütig hellen worden, über die Sache keine Debatte stattfinden zu lassen. Wir, sind jeßt eine neue Partei (Lachen lints), aber {on die frühere kon- servative Partei verlangte, daß für die Beamten mehr geschehe. “Als wir vor Weilnachten die 50% Erhöhung bewilligten, hat Herr Stein- kopf kein Wort dafür gesagt, während 1ch sagie, daß das un enüge!td sei. Allerdings muß die Leistung und die Arbeitszeit der Beamten gesteigert werden. Die Höchstpreise für die Landwirtschaft hd minimal, wenn man bedenkt, wie der Landwirt selbst alles, was er braucht, bezahlen muß. i

Abg. Nacken (Zentr.): Im Hauptauéshuß haben alle Frak- tionen zugestimmt; wir waren einig, daß 50 % nicht ausreichen.

Abg. Steinkopf: Daß die Teuerungszulagen viel zu spät ausgezahlt wurden, war das Werk der Konservativen. j

BVizepräsident be bemerkt, daß cigentlich über diesen Gegen-

stand mcht debattiert werden follte.

__ Abg. Wirth Gene! In den Ländern haben die Vertreter der A Hd Rechten vor Weihnachten gegen die Beschaffungsbeihilfe gestimmt, während sie hier, wo es Ein ruck macht, die 190 % be- willigen. Wenn die Unabhängigen den Staatsbankerott nicht wollen, dann jollen sie die sinnlosen Streiks unterlassen. Die Länder sollên vom Reich Vorschüsse auf“ die zu S Cisenbahnen ‘erhalten. Die Politik des Herrn Heim und der Bayern {ließt aber eine Ver- trags\cließung über die Verreichlichung der Eisenbahnen aus. D die Preise abgebaut werden könnten, ist cin Märhen. Wenü die land- wirt\cbaftlichen Pie nicht erhöht werden, bekommen wir überhaupt kein Brot mehr. ir brauchen neue Neichsmittel, um Millionên Volksgenossen vor dem Hungertode zu. bewahren. ¡ 2 _ Abg. Seeger: Die Brotpreise sind’ jet um beinahe 100 # gesteigert. Wo sind ähnliche Lohnsteigerungen? Die Gewaltpolttik: gegen die Arbeitcr ist unerhört. Die Megierung steht mit ihréèr Politik vor dem Abgrund. Man fann nicht einfach die Notenpresse arbeiten lassen. Die Teuecrungszulagen werden wiederkommen, wenn man nicht umkehrt. )

Reichsminister der Finanzen Erzberger: Meine Herren, einige Auéführungen des Herrn Vorredners, die er nun zweimal vor- gebracht hat, geben mir Veranlassung, wenige Wovrte zu bemerken.

Der Herr Vorredner hat der Regierung Gewaltpolitik! vorge worfen. Die \Gemwaltpolitik wird von Jhrer Seite auf der äußerten Linken getriebèn. (Beifall.) Das haben die Vorgänge dieser Wocke klar erwiesen. (Erneuter Beifall, Lebhafte Zurufe von: den Unab- hängigen“ Sozialdemokraten.) Die Regierung wird ihre Politik des

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