1920 / 15 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Jan 1920 18:00:01 GMT) scan diff

neben mih noch zwei Reichsfinnzminister hinffellen, nämli einen, der die eigentlide Arbeit zu machen hat, und einen weiteren, der diesen Unsinn fortgeseht in der Presse verfolgt. Jch halte es aar nicht für notwendig, diese Frage zu widerlegen. . Ich erinnere die Herren ih weiß nicht, wann es war, i glaube es war im Oktober —, als mir bier in ber Nationalversammlung von einem Redner der Rechten ent- gegengchalten wurde, daß ein solcher Plan bestehl. Ich kann in aller Offenheit erklären, daß ein solcher Plan absolut nit besteh. Das habe ih hier öffentlih bereits erklärt. Wenn nun eine solche falsche Nachricht auftauht, habe ich es mt notwendig, nohmals eine solche Lüge totzusclagen. Jch hoffe, taß es mir möglich ist, alle Gerüchte durh meine bestimmteste Erklärung ein- für allemal zu zerstören, daß weder das Reichsfinanzministerium, noch die Reichsregicrung, noch irgendeine der für die. GescbiXe des deutshen Volkes maßgebenden Stellen ih kann es niht allgemeiner dementieren jemals daran gedaht hat und daran denkt, unsere Eisenbahnen au verwenden, daß sie als Faustpfand für gegnerishe Ansprüche ausgenußt werden können oder als Unterlage für eine Kreditoperation mit neutralen cder bisher feindlichen Mächten verwendet werden könnten. Jch . könnte. mir fowobl vom . nationalen Standpunkt, wie vom ‘wverkehrstehnischen Standpunkt, wie vom volkswirtschaftlichen - Gesichtspunkt aus gar keine \{hädlibere Maßnahme für ten Wiederaufbau unseres Vater- landes denken, als wenn wir nit absolut Herr unserer Verkehrs- mittel im Jnnern des Reiches sind. Der Fricdenêvertrag bringt uns so wie so cine Reibe von Lasten auf diesen Gebieten, Beschränkungen in bezug af die Wasserstraßen, in bezug auf unsere Tarifhoheit usw., so daß kein Minister je daran denken Tann, die Pläne zu verfolgen oder zu hegen, die Herr Dr. Heim. aus einer Berliner Zeitung hier zitiert' hat. Jch hoffe, daß nach dieser restlosen Aufklärung nirgends mehr eine solhe Behauptung auftreten kann. | : :

Es tut mir leid, daß die Nationalversammlung so außerordentlich lange durch die Aussprache aufgehalten worden ist, und ih richte nun zum-drittenmal an Sie die Bitte: genehmigen Sie das, worum Sie zusammeñgekommen sud: die Teuerungszulage für die Beamten um 190 %. (Beifall)

Abg. Merseburg (Dem.) führt aus, daß die Landwirte nicht Med an der Teuerung séien und daß wir aus dem Glend nur heraué- tommen, wenn {rir länger arbeiten. Die Frühjahrésaat könne nicht gemacht werden, wenn dj- furze Arbeitszeit rüdsicot&los durchgeführt werd2. Die Sogialisierung würde nur teuver und weniger þroduzieren.

Abg. Dr. Heim : Die Ciserbahnverhandlungen habe ich n1cht abotiert, Meine Stellung zum Reférendum ist, daß an dem Ber-

[tnis zwischen dem Reich und Bayern die Mevolution, somett unsere Verträge in, Betracht kommen, nuhts ceäntert hat. Die Neicbever- fassung lhaù damit nichts zu tun. (Lebhafter Widerspruch.) Mit Generak Foch habe ih nie cin Wort gesprochen, ih Habe ¿hn nur im Bilde mit

m ‘Abg. Ulrich und einem Zentrumsabgeordneten geschen. (Heiterkeit. Abg. Herschel: Haben Sie mit Offizieren des Generals Mangin Cm xen?) Jch habe nur zweimal linksrheinis während des Waffen- ftillstandes mit [Franzosen gesprochen, einmal habe ih auf Aufforderung zu Protokoll gegeben, daß die Verelentumngstheorie, die offenbar im über- mäßigen Rausch der befrièdigten Revanche gegen Deutschland angewendet werde, Frankreich \e.b#st mnockch gefährlicher werden könnte als uns. (Fin andermal bin 1c dort nit obne ten Willen der maßgebenden Faktoren gewesen und habe debei fein Wort gesprochen, das mt jeder Deutsche billigen könnte. «Den Guhettöstaat kenn man so weit iverben, daß die Ueberzentralisierung die Folge ist. Jch lehne die Zentralisterung und auch den Einbeitsstaat ab. Vou Separierung_ is feine Rede. Wiederholte Aufforderungen an mich, eine Donau-Konföteration gzu fördern, habe ih rundweg abgelebn:. Bewegung.) Der sdronfkenlosc (Finheit&staat (Ruf: Den will kein Vöensch!) was si bier vollzieht, ¡ist die restloje Eniwicklung zum Einheitsstaat, Dagegen werde ich immer Ffämpfen, solange d fünn,

Abg. Dr. Wirth: Maßgebende Persönlichikoiten - sind um un- laren úübcr die Politif, die Herr Heim mit Frankreich beginnen will. (Hort, hôrt !) Herr Heim hat die Metcckéregierutg wissen lassen, taß er zu Marschall Fot reis. (Abg. Dr. He im : Umgekebrt, 1ch- Habe Sie gefraat, ob Sie wünschen, däß ih zu thm reite.) Die [Neichs- regierung hat solche Verhandlungen mit. den "Franzesen nicht gewollt. Die Auseinanderseßungen des ‘Abg. Heim sind 1m Rahmen der Neis verfassung revolitionär. Die Einleituna der MReicbóverfassung. heißt: „Das deutsche Voll, emige in seinen Stämmen, hat sich diese Ver- fassung oegee ; da kann man nicht auf die alten Verträge zurü(k- weisen. Die Nationalversammlung “ist touveran ohne Rücksicht auf die Verträge; diese sind- nicht die Grundlage der Berfassung, sondern das einige Volk in der Nationalversammlung. Herr Heim: gebt ge- fährlihe Bahnen. Will er nicht den Bun e um Schußhaft er- suchen, damit ihm die Revolutton in Bahern nichts schaden kann? (Heiterkeit.) / ._ Abg. Dr. Herschcl (Zentr.): Herr Heim spricht von Tinks- theinisch, ih frage ihn. aber, ob er nit in Wiesbaden vor nicht gu langer Zeit franzosishe Offiziere geaen und sogar auf der Terrasse des Ss mit: hnen vaniert hat. Jch will ibm Gelegenheit geben, den bösen Anschein zu zerstreuen. Gs wäre qut, werm „Herr Heim fagen könnte, wie er die deutschen Jntevessen bei qolchen Unterhaltungen E S5: leidiat fb

Abg. Dr. Heim bertoidigt sich gegen Dr. Wirth wegen seiner Ba wach Wiesbaden, wo er mir oinen französischen Begtettoffizter gehabt habe. Cs ist gesagt, ich hätte mib zur Zeit der Räteregierung in persónlihe Schutzbaft nehmen müscm. Das beruht auf einem Mißwperständnis. Wenn diese Dinge in die Oeffentlichkeit gotragen wersden, veilange i, daß die Ministe: Mayer und Braun als Zeugen auftreten. ; j

: Reichsminister der Finazon E rg!ber ger: J will die Debatte richt verlängern. Aber nachdom der Herz Abgeordnete Dr. Heim auf eim ‘Mütglied der Reichsregierung Bezug gencanmen hat, das Uber seine Reise ms beseßte Gebiet wisse, bin 1h verpflichtet, darüber eine Anl!- wort zu geben,

Das Mitglied dor Neichsrogierung bim tb. (Bewegung. Zuruf des Abg. Dr. Heim: Bei der ersten Frage!) Kommt son! —— (Lachen und Zurufe rets.) —“ Sie wissen ja gar mwichts! Warten Sie doch ab! (Andauornde Zwischenvufe vochts.) Lassen Sie mich doch rubig -veden. Jh bitte den Abgeordneten Heim, mir zugubiören. (Unruhe und Zurufe.) —' Ich lege Wert darauf. Vor Ostern in der Karwoche warrde ich qus ‘einem bayerischen Out zu Mittag angerufen, am Abend wivder.… Jrh Habe zunrücktelephoniert. Da wurde mir gejagt, dor Abgeordnete Dr. Heim möchte mi sprecken. Er teilte mir mit die Einzelbeiten brauche ‘äch niet! wiederzugebe{n, sie tun nis gur Sabe —, daß von fvanzösischer Seite gewünscht würde, mit “ba gu sprechen; was ih devon hiélte. Jch habe erklärt: ih muß zunächst mit dem ‘verantwortlichen Ministerpräsidenben Rücksprache netmen. Jch habe diese Rücksprache genommen und habe dann dem Herrn Abgeord- ndon Dw. Heinr ih weiß mit; ob Herr Dr. Hein ‘orst teleplbonisch «ngerufan hat, oder ob beim zweiten Mal; es i}t wohl! dreimal tele- phoniert worden erVärt, worn eiwas Grsprießliches für das Interesse os Neiches [dabei herauskommen fôrme und: ¡Herr Dr.) Heim eine (Fin- ( ladung von müaßgebeorder fvanzösischer Skeite hätte, dann hie nach

/ Mücksprache mit der Reichsregierung ‘diese / Tein Bedealken, daßer ‘die

gebeten, er möge vor feiner Retse na Berlin kommen, bamif wîr uns auéspreden fönnten über das, was er bom Standpunkte der Reichs- regierung mit den Franzosen besprechen möge, und auch verabreden fönnten, wie er uns beridzten folle. Der Herr Abgeordnete Heim hat mur darauf teleplhonis zugerufen, as sei nit . möglih wegen der DBovfkebrsfperre, und er bitte, einen Vertrauenémann mah dort zu iden. Jch habe darauf erklärt, das fei midi mögli die Cadbe war damals, das Tiogt in der Natur der Dinge, sehr delikat —, ih möchte bitten, daß er hierberkommen mödte, wenn erauf die ‘Neise Wert lege. Das war alles. Weiter habe ih von ihm nichts gehört. Er hat nichts von ih hören lassen, eine Besprebung in Berlin hat micht stattgefunten, einen Auftrag hat Herr Dr. Heim von der Reichs- regierung nicht erhalten. Jch weiß auch nicht einmal, ob Herr Ab- geordneter Heim damals mit den Franzosen verhandelt hat. Mir hat er jedenfalls nidts davon gesagt, auch als er noch Mitglied der Zentruméfraktion war. (Hört, hört! und Zurufe.) Das war vor Oftern, Von der ganzen weiteren Entwicklung der Dinge: weiß ih nichts. Jch glaube aber, daß ich als Mitglied der Zenwtrums- fraktion den Weg gegangen bin, ton ich gehen mußte, und jeden Ab- geordneten, of er nun zur Mehrheit oder zur Opposition gehort, würde ich genau so beschieden haben, wenn er mich ongerufen und mir mit- geteilt hätte: ich ‘habe eine ŒFinfadung von m'aßgebender frangösischer Seite zu einer Konferenz. Aber auch jede Regierung mußte ihn fo bescheiden und untersuchen, cb dabei etwas für die deutschen Interessen ‘herouéfommen tönnte, durfte jetenfalls auch niemand obne Vollmacht und obne vorherige Besprechung reisen lassen, auch eden Abgeordneten verpflichten, der Regierung das Resultat der B-sprechungen mitzu- teilen. Jch glaube, taß das vollständig korrekt ust und gar nicht gers vorgegangen werden konnte. /

Nun hätte ih über diese ganze Sade von mir aus überhaupt nicht gesprochen denn Herr Dr. Heim hat, wie er mir bestätigen wird, gesagt: Sie müssen mir Jhr Ehrenwort geben —, wenn er nit auf mich. Bezug genommen hätte. Fch habe über diese Unterredung mit niemand - gesprochen außer mit Herrn Ministerpräsizenten Scheide- mann, und au die damaligen Mitglicder des Kabinetts haben über die stattgchabte Unterredung keine Kenntnis erhalten können, weil die Neise des Dr. Heim nah Berlin nit zur Ausführung gekommen ist. (Zuruf.) Nein, die Regierung hat keine Ahnung von der Einladung gehabt, die Herr Dr. Heim bekommen haben soll. Jch kann mi au noch genau daran erinnern, daß i den Herrn Abgeordneten Dr. Heim telephonish gebeten habe, mir die Depesche oder das Schreiben von der französischen Stelle mitzubringen und die Unterlagen für die Ein- ladung, damit wir wúßten, von wem sic ausgehen sollte. Auch das wird mir Herr Dr. Heim bestätigen müssen, (Zuruf.) Ih. sage noch einmal, es ist zu einer Aussprache nicht gekommen aus Vertehr&- schwierigkeiten, wie Herr Dr. Hetm erklärt hat. Dagegen weiß ich nit, ob es zu einer Besprechung linfsrbeinifh gekommen ist. Davon habe ich nichts gehört.

Nun zu den weiteren“ Ausführungen des Herrn Dr. Heim! Er Fyeift mich an, weil ih hier in der Nationasversamm!ung erflärt habe das Wort habe ih in Stuttgart wiederholt, und id sprede es auch jet aus —, id stehe und falle mit dem Ginheitägedanken des Reiches. Ich kann mir in der Tat keinen Neicksminister denken, der nicht auf diesem ‘Stardpunkt steht. (Lebhafter Beifall im Zentrum.) Der Gedanke an die Einbeit des Reiches ist für jeden Reichsminister, mag er nun der äußersten Rechten oder der äußersten Linken angehören, doch die erste Vorausseßung für seine Tätigkeit, denn er bedeutet die Zusammenfassung aller deutscken Stämme in ein großes Deuisckés Nei. Als ein Mittel, diesen Reickécinheitsgedanken durczujeßen, sche 1%, um -es furz zu sagen, den Einheitóstaai an. Dem stellt mun Herr Dr, Heim gegenmiber, daß der Cinheitsstaat das Deu!sdhe Reich wit zusammenführen, sondern. auseinanderb viagen werde. Nun, meine Herren, das ist ja gerade das Unglük des deutschen Velkes die Jahr- hunderte bindurch. Es ist uns nie gelungen, den (Ginbeitéavillen des doutsché¿n Volkes so klar zum Ausdruck zu bringen, wie thn alle anderen Nationen der Welt besißen. (Sehr ribtig!) Wir stehen auf diesem

nationalen Gebiete selbst binter den neu erachten Vötkern des Ostens zurü, hinter den Polen, Letten, Litauern, Tschedo-Slowaken, Süd- slawen, hinter Stämmen, die wir in der Schule n fenuen gelernt haben und fic erst in-den fehlen auvanzigÜbis fünfundzroanzig Jahren nationales Leben œwonnen haven. Diese Stämme haben die narür- li@cn Gédonksn, einen cinhzitliden Volksstaat mit einhettlicher VolkS- regierung zu bilden, und da will Herr Dr. Heim gegen mich_aufireten, damn muß er sih nit wundern, wenn man ihm vorwirft, daß er Se- parationsgelüste verfolgt. (Sebr richtig!) Herr Dr. Heim weiß aber, daß ih in jeder Rede, die ic innerhalb und außerhalb des Hauses ge- halien babe, neben der Zuscmmenfassung aller Kräfte des Reiches und ciner ftarken Zentralgewalt eine weitestgebende Dezentralisction ver- langt habe. Das sind nit nur Worte geblieben, ih habe auch Taten folgen lossen. Jn der Finanzvenvaltung hade id, als ste verreilicht wurde, cine weitéstgebende Dezentralisation eingeführt, o weit, daß ich Vorwürfe -von der Recten bekommen habe, als ih die einzelstaat- liden Finanzminister zu! Leitern der Finanzämter machte, Ich habe in. meinen Reden. hier im Hause und außerhalb des Hauses betont, daß mit der Schaffung der stärksten Zentralgewalt eine weitestgehende Dezentralisation. Hand in Hand gehen muß auf dem Gebiete des Kulturlebens, auf dem Gebiete des Verwaltungslebens, daß aud bei jeden Gebieten wie Heereswesen, Finanzwesen, Verkehrswesen mit der Schaffung der Zentralgewalt eine weitestgehende Dezentralisation zu erfolgen hat, Das ist das einzige Mitiel, um unser deutsches Volk aus dem Glend berauézuführen, bei der Zersplittevung des deuisden Velkes können wir keine Gesundung herbeiführen. Jch habe alle diese Gesichtspunkte hervorgehoben. Herr Dr. Heim hai das auch athóört, aber von dem zweiten Teil meiner Ausführungen sagen Sie weder hier noch im Bayernlande eiwas. . (Sehr richtig!) Diesen zweiten Teil müssen Sie aber auch wiedergeben. Sie stellen es nur immer so dar, als ob wir einen Einbeitsstaat' nah französishem Muster schaffen wollten, als ob Berlin ein, zweites Paris werden sollte. Das ist unehrli, wenn man eine solce Politik verfolgt, daß man dem Gegner etwas unterstellt, was er von vornherein abgelehnt hat. Jch bin fest

überzeugt, daß die-ganze Nationalversammlung darin einig ist, daß

wir im Gegensaß zu den französischen Präfektursystem in Deutsch- land weitestgehende Selbstverwaltung schaffen wollen, in der die Eigenart der Stämme vollständig berücksichtigt wird. Diese Organi- fation werden wir auszubilden haben bei der gesamten politischen Gniwid@lung und namentli auch bei dem wirtschaftlichen Aufbau unseces neuen Reiches. Weún Ihnen die endgültigen Vorlagen : über ‘den Bezirkswirtschaftsvat und den Reich3wirtschaftsrat zugehen werden, dan - rverden sich alle Parteien davon überzeugen können,

daß gerade den wirts{aftlichen Organisationen der efrizelnen Länbek im weitestgehenden Vaße Rechnung getragen wird. Und so wird sih herausstellen, daß die Kraft der Einheit zur Rettung des deut- hen Volkes dient, daß aber der Mannigfaltigkeit der verschiedenen Stämme und Länder weitestgehender Spielraum gelassen wird. Daß es für die einzelnen Stämme keine Ertrarehte, feine Reservatrechte mehr geben fann, darüber ist man sich auch einig. (Sehr rihtig!) Was jeßt einzelne Stämme oder Linder für sich verlangen, das Tann jeder Stamm für si in gleichem Umfange verlangen.

Nun fagt Herr Dr. Heim, ich hätte die Dezentralisation durchv geführt, denn das Finanzministerium brauchte 4000 Zimmer. Das soll Herr Staatssekretär Dr. August Müller behauptet haben. Aber Herr Dr. Heim, Sie haben doch nicht jede Unrichtigkeit hier vor- zuführen. ‘Vorher haben Sie die „Tägliche Rundschau“ vorgeführt und jeßt kommen Sie damit. Jch kenne Herrn Dr. August Müller viel zu genau, als daß ih glaubte, daß er solhen Unsinn ausgesprochen hätte. Gr kennt das Finanzministerium. (Zuruf.) Die Notzz ist auch \ch{on längst in der „Deutschen Allgemeinen Zettung“ dementiert worden. Ich lhabe dargelegt, daß die Behauptung von den 4090 Zimmern für das Reichsfinanzministerium vollständig falsch ist, daß das Finanzministerium, obwohl es auch die Verwaltung aller Steuern und Zölle selb übernommen hat, niht mehr als 300 Zimmer erfordert. (Hört! hört!) Aber wenn es gegen Herrm Erzberger gcht, dann kommt es auf 90 % nit an. (Sehr gut!

und Heiterkeit.) Das alles ist widerlegt, und troßdem kommt es in

die Nationalversammlung, und dann geht es weiter.

Aber alles tas hârte mich ncht veranlaßt, das Wort zu ergreifen, wenn Herr Dr. Heim auf meine Frage mir eine präzise Antwort gegeben hätte. Herr Dr. Heim ‘hat die Behauptung aufgestellt, dal das Land Bayern cin Recht habe, ein Neferendum in Bayern darüber berbeigzuführen, daß die Reichsverfassung für Bayern als verbindlich und gült:g anzusehen sei. Ich glaube, so war die Behauptung des Herrn Dr. Heim. Herr Dr. Heim hat darauf keine Antwors gegeben, er hat es abgelchnt. Wic kommt Herr Dr. Heim dagu, diese Theorie, die mit Necht als revolutionär bezeichnet werden muß, hier zu ‘vere treten? Von welchen rechtlichen Gesichispunktew aus kann Herr Dr. Heim angesichts des klaven Wortlauts unserer Verfassung, deren Artikel 1 bestimmt: „Die Staatsgewalt geht vom Volkes aus“, mit einer solchen Behauptung auftreten, und wie kann er es im der schweren jetzigen Situation unseres Vaterlandes verantworten, im Volke draußew solche Dinge zu vertreten? (Letthafte Zustimmung bei den Mehrheits» parteien.) Worauf sind \olcbe Ausführungen berechmet? Man soll in Bayern den Eindruck gewinnen, daß die Reichsverfassung das deutsche Volk wergewaltigt, daß die Reichsverfassung über Bayern brutal hinweggeht. Die Folge ist, daß naturgemäß die Reaktion einseßen muß. Das lassen wir uns nicht gefallen. Das ist der erste Schritt zur Lösung Bayerns vom Reiche. (Sehr ribtig! den den Vehrheits-

parteien) Ich bedaure, wie gejagt, daß Herr Dr. Heim meiner präzifen

Frage weit auêgewichen ist.

Wenn Herr Dr. Heim diese Auffassung weiter im Bayern vertritt, dann will id mit aller Offenheit aussprechen, daß die Reichsregierung verpflichtet sein wird, gegenüber den auf Umsturz der Verfassung gerichleten Tendenzen mit aller Kraft vorzugehen. (Lebhaftes Bravo bei dew Mebvheit?parteien.) Denn unsere Hauptaufgabe M, die Reichsverfassung aegen jedermann zu verteidigen (lebhafte Zustimmung hei den Mehrheitéparteien), mag er reckts oder \inks tehen oder in den Kreisen des Herrn Dr. Heim zu finden sein. Einen Unterschied kennt die Neichsregierung nicht. Die Reichsregierung wäve eine {leche Venvalterin des deutschen Volkes, wenn sie sich das Mindeste pen der Verfassung abstreiten lassen würde. Der Schutz der eichs ve:fassung ist das oberste Programm der jeßigen Reicbsregierung. (Leb- haftes Bravo bei den Mebrheitsparteien.)

Abg. Landsberg, (Soz.): Der Abgeordnete Heim trat (Ende Februar an mich mit dem Ersuchen heran alles zu tun, um Bayern von der Näteherrscbaft zu befreien. Da dies, aber nur mit Hilfe anderer Trupder&komtingente möglich war, hätte ér auch nichts gegen ein Ginrücfen preußischer Truppen. Um chva bestehenden Bedenken ent- geoenzutreten, {lage er vov, Persönlichkeiten, die im bayeri} chen Vollte einas aclten, in Cdulibaft zu nehmen, und bot für diesen Zweck seine Person an. Der Reichsfinangminister Ergberger ist mein Zeuge dafür, daß er delbei den Autdruck „Verhaftung“ gebraucht hat.

Abg. Trimborn (Zentr.): Der Abgeordnete Heim \chlug am

12. Mai 1218 dem Abgeordneten Gröber und mir vor, pay eine Vie -

nach Frankreich unter Umständen von guier Einwirkung sür uns jen fonte. Wir erklärben ihm fofort, daß eine [oe Meise von "hm nur na Nücksprache mit der Mogierung erfolgen Tönne. Darauf isk Dr. Hem oder der Abgeordrete Gröber an den Ministerprästdenben Sceitemann mit diesci Vorschlage herangetreten. Von der Sas veiß 1G persönlich sonst weiter nichts, dagegen hat eim Abgeordneberz der leder nit cunvesend ust, nähere Kenntnis vom den Dingen. Abg. Dr. Heim : Ich konstatiere, daß die Genechwzigung meiner Reise mir dur den Abgeordneten Gröber überbracht wurde. 1 übrigen babe id mv als Vertreter de: sämtlichen bayerischen ‘Ah= geordneten gelandeli. Zum Bewe!je der Nichtigkeit meiner Angaben berufe ich mi auf Herrn Braun als Zeugen. E Abg, Georstenbergen (Zentr.): . Ih kann mur den Aus führungen des Meichsfincanzministers bezüglich des Telephonge\präches mit Dr. Heim beistimmen. Die Reise des Dr. Heim ist jeinerzetty da niemand nach Berlin oder von Berlin ommen konnte, unterblieben, Reichsrainister der Finanzen Exrzberger: An der zwetten Aussprache hahe ih überhaupt nit teilgenommen, und ih habe bi§ vor wenigen Tagen von dieser Aussprache überhaupt nichts gewußt, weiß auch bis zur Stunde nits Näheres davon, und dem Kabinett ift nie mitgeteilt worden, ob Herr Dr. Heim einen Bericht erstattet bat- und welchen Bericht. Das is mir unbekannt, und ih glaube, daß es much den andercn Mitgliedern des Kabinetts unbekdnnt jen D Was den Vorgang in Weimar betrifft, so kann ich erklären, gang , daß 1ch mi der Schilderung, die Herr Kollege Landsberg gegeben hat, vollfemmen ansließe. Es is eine Sißung des Gesamtkabinetts3

" cewesen. Ich kann mi, wie gesagt, wörtlich dem anschließen, was

Herr Kollege Landsberg bier eben ausgeführt hat. Abg. von Graefe (D. Nat.) bestreitet in einer persönlichen Be4

merkung die Worte „wir können ja ruhig alles bewilligen, bezahlen. Fönnen wir es ja do nit“, gebraucht zu haben. Ich bedauere, daß

dieser Vorwurf, clzglo:ch er bereits in der Presse zurückgewiessn warz heute von neuem gegen mich erboben ift. E

Abg. Ho ch (Soz.): Herr von Gracfe bat diesen Ausspruch seine zeit tatsächlich getan und sucht sich jeßt nur herauszureden.

Abg. von Graefe: Ich habe bereits damals festgestellt, daf der Sinn meiner Ausführungen ein anderer war, wenn femand etwas anderes betauptet, unte: stellt er mir otwas, was ih nicht habe sagen avollen. (Geläadter bei den Sozialdemokraten.) Es E

2. (Fortseßung in der Bweiten Beilage.) #17

e (Fortseßung aus der Ersten Beilage.)

S E

Nach weiteren— persönlichen Bemerkungen der Abgg. Steinkopf (Soz.) und von Graefe (D. Nat.) wird dis Vorlage ohne Erörterung endgültig einstimmig angenomnien. Dex Geseyentwurf über die Prüfung von Bikdstreifen für Lichtsp1ele wird auf Antrag - der Abâág. Trimborn (Zentc.) wnd Frl. von Gierke (D. Nat.) ohne Aussprache dem Ausschuß für Bevölkerungs-

«politik überwiesen.

«_ Gbenso- wird der Geseßentwurf über die Ver schäftigung Schwerbeschädigter ohne Aussprache erledigt. Er geht an den Ausschuß für Sozialpolitik.

Es folgt der Geseßzentwunrf, betreffend die Ge- währung von Straffreiheit an Personen aus den Abstimmungsgebièten.

, Reichsminister des Auswärtigen M ü lTe r: Meine Damen und Herven! Bei den Pariser Verhandlungen, die jeßt über die Aus- führung des Friedenévertrages geführt werden sind, find noch eine Rebe von Vereinvarungen und Abkonunen getroffen worden, idie ‘die Raumung der 'Abtretungëgebiete und de Verhaltnisse in ten Abstim- muhgégebieten betreffen. Außerdem sind mit polnis&en Vertretern cine Reibe von ‘Abkommen getroffen worden, die die abzutretenden Gebiete betreffen. Es ist im allgemeinen mckcht noûwendig, daß diese Abmachungen durck die Nationalversammlung gehen, weil ste cine Auéfnlbvunge des Fricdensvertrages darstellen, Ueber die Abkommen und Verträge selkst ist ein Weißktuch vorbereitet, as diesem ‘hohen Hause: in den näbsten Tagen zugehen wird, Mit feiner Abfassung ift fefort n¿ch der Rückkehr der Bevollmächtigten begonnen worden.

& Aber bei drei einzelnen Bestimmungen, dic in diefen Abmachungen enthalten sind, war es nab Paüfung der zuständigen |Reickéftellen doch nolwendig,- sie in Gescheëferm der Nationalbersamm!lung vorzulegen. ___ Die erste betrifft die ôstlichen Abstimmungsgebiete, in (enen eine Neibe von ‘Personen vorhanden sind, die teils von dort sammen, teils dort hren Weobrsig haben und die wegen politischer Vergeben und Beibrecten verfolgt werden. Diesen soll ermöglicht werden, an der Ab- stimmung teilzunehmen, und soll ibnen deêwegen [|Straff gewährt werten. Das gebt vielleicht über den Friebdenévertrag hinaus. Aker es entsprichk dech dem Geiste des Vertrages. Es erscheint uns bedenklich, woil es sich in Wirklichkeit nur um ganz wenige 2 Versenen bandelt. Diese Sale is in Art. 1 cs vorliegenden 'Geseßenlwurfes geregelt.

Der Aut. 2 kletrifft das Atkemmen über die vorlaufige |Ragelung von Beamtenfragen, das zaun 9. November 1919 von der ‘Nationall- versarinilung LSlossew worden-ist. Jn tiefem Abkommen waren ver- {iedene Fristen für die Venreltungsbeanien und für die Justiz- beanven festgeszt, und oar na den Wünschen dieser Beamten. Für die Veawaltungälbeamten war fcstgescit, daß sie wei Monate drüben in Volen bieiben sellien, gerednet von dem Ende des Monats ab, in dem der Fricdensvertrag in Kraft treten würde, Für die Just'z- Loammten nar festeetebt, daß se am 31. Dezember Polen bereits ver- lassen fönnten. Man bat damals angenommen, daß der Frieden®- vertrog fuliber in- Kraft treten würde, Es ist anders gekemmen. Die Felgc ist, daß cine Aenterung diescs Abkommens notwendig it.

Ych4 ift:hebt fcstocseßt, aud die Justizteanten bie zum 31, März 1920

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in dem polnischen Getiet bleiben sollen. Jn Zukunft sind als gieiche Fristen für die Verwaltungébramten un sür die JustizLeamit2n festgelegt. am

In dom woiten Abjaß des Art. 2 ist endlich eine Frage geregelt, die zu regeln notwendig war, weil si in Paris herausgestellt hatte, daß die polmschen Vertreter keine Natifikationsurkunden mitbatten. ‘Don, jollien die Ratifitrtienäaum kunden auêgetausdt werden. Die Be- \{affung won Natifikatieneurkunden hätte Zettverlust bedeutet. Es war ein beiderseitigeë Interesse vorhanden, das Abkommen möglichst bald in Kraft treten hu lassen. Man hat (deshalb von dem Auetaufch ven Ratififationeufkunden abgesehen “und festgeseßt, daß diescs Ab- fommen gleidzeitig mit dem Fricdenévertrag in Kvaft tritt. Dem entspricht die Ziffer 2 des Art. 2 des Gesetzentwurfs, den 1h nach Vage- ther Sade niöglist bald in allen drei Lsungen zu verabsczeden bitte.

Das Gese wird ohne weitere Aussprache in allen drei Lesungen angenommen. |

Vor Erledigung der Rheinlandinterpellation, zu deren Beantwortung der Reichsminister des Jnnern Ko ch sich bereit erklärt hat, tritt das Haus um 214 Ühr in eine anderthalb-

stüindige Mittagspause ein.

Um 4 Uhr wird die Sißung-ivieder aufgenommen.

Zur Verhandlung steht die von sämtlichen Fraktionen mit Absnahme der. U. Soz. am 16. Januar 1920 eingebrachte Fn - terpcllation, beireffend die von dem „Fnterallitierten Hohen Ausschuß“ für die R heinlande er- lassenen Verordnuagen. Die M hat sich zur Beantwortung bereit erklärt. Die Jnterpellanten fragen, was die Reichsregierung zu tun gedenkt, um die Jnnehaltung des Nheinlandabfommens ¡seitens dieses Hohen Ausschusses zu sichern. : O

Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Der Friedensvertrag ist mit Deutschland abgeschloisen, er hat deshalb Gültigkeit für das ganze Deutsche Reich als Einheit. Ebenso ist das Uebereinkommen über die militärische Besezung des Rheinlandes als für das Reich geltend anzusehen und nicht bloß für die durch die Beseßung in Mitleiden- {haft gezogenen Teile des Reiches, hauptsächlich Preußen, Bayern Hessen und teils auch Baden. DViese Einzelstaaten werden durch das Reich vertreten. Daraus erçibt sich die Zuständigkeit des Neicbes und der Nationalversammlung in diesen Fragen, es muß festgehalten werden, daß die Beseßung dieser Gebiete nicht durch den Krieg er- folgt ist, sondern erst durch den Waffenstillstand bedingt wurde, anters wäre eine Beschung dieser Gebiete mit feindlichen Truppen rit erfolat. Der von den Allüerten eingeseßte Hohe Ausschuß bai 5 Werorvnungen erlassen, die, von der unrichtigen Aussassung aus- gehend, daß aus seiner Pflicht der Sorge für die Slreitkräfte der Alltierten die Berechtigung ¿zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, überhaupt folge, die Grenzen feiner Zuständigkeit nicht innehalten. (Ft hat zweifellos dis Befugn!s, Anordnungen zu erlassen, aber nur

Zweite Beilage zum Deutschen Neich8an

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Berlin, Montag, den 19. Januar

soweit dfe Unterhaltung, Sicherheit und die Bedürfnisse der Streit- träfte der alliierten und assoziierten Mähte bedroht sind. Nach seinen Verordnungen groift der Ausscbuß in die Geseßgebung des Reichs und Preußens ein. Setnen Verwaltungsmaßnahmen ist das

beseßte Gebiet untecstelt. Jeder, dessen Anwesenheit im“beseßten Gebiet 1hm gefährlich erscheint, kann ausgewiesen werden, auch

untersteht das Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis, die sreie Meinungsäußerung sowie das Vereins- und Versammlungs- recht seiner Kontrolle. Deutschen Beamten wird Ausweisung ange- droht. Deutsche sund der ordentlichen Gerichtsbarkeit dadurch ent- zogen, daß sie der Militärgerichtsbarkeit ünterstellt sind. Der Aus- \huß=it..jogar berechtigt, den Kreis der Sähen zu bestimmen, die vor dem Militärgerichte oder die Tribunale des Hohen Ausfchusses ge- hôren, ja, selbst bei den Zivilgerihten anhängige Sachen in jeder Lage des Verfahrens diesen zu entziehen. - (Hört! hört) Wir fordern von DeT Reichsregierung, alle Maßnahmen zu treffen, um die Innehaltung des Rheinlandabkommens seitens des Hohen Aus- schusses zu sichern. (Beifall)

Neichsminister des Jnnern . Koh: Nah dem Friedens- verirag sind die Länder links vom Rhein ein beseßtes Ges biet. Inhalt und - Umfang der Befugnisse der Besaßzungs- bebörden rihten si nah dem Rheinlandabkommen und sind dort umgrengt. Wären die Ordennanzen so, wie fie von der Utheinland- kommission elassen worden sind, Nechi, so wäre daë Nheinland- kei: besektes Gebiet, sondern ein unteuvoifehes Gebiet (sehr richtig), lo únterstünden die Rheinlande nit deutscher Souyeränität, sondern fremder Souveränität, so wäre die Besaßungsbahörde nicht eine Be- saßungsbehörde, sondern ste wäre die oberste Verwaltungösbehörde des Landes (sehr wahr!), und so wären endlih die Rheinlande nicht als Faustpfand hingegeben für die Erfüllung unserer Verpflichtungen, sondern sie wären cine den Fremden auf Gnade und Ungnade auf Zeit überlieferte Kolonie. (Sehr richtig!) Die Be- stimmungen des Nheinlgndabkommens geben den Fremden tas Necht, jederzeit aus besonderen Gründen den Belagerungszustand über die Nheinlands zu verbängen. Wären dicse Ordonnanzen Recht, so be- dürfte cs der Verhängung des Belagerungézustandes in außevgewöhn- lien Fällen übevhaupt nicht; denn diese Ordonnanzen bedeuten den dauernden Belagerungszustand 1n dem Rhemiande. (Lebhafte Zustimmung.) :

Die Negierung hat - deshalb, nachdem ihr die Absicht, diese Ordonnangen zu erlassen, zur Keuntuis gekommen war und nachdem sie. dur den' Reichékommissar ihre sckweren Bedenken vergeblich bet der Kommission in Kobleng zur Sprache gebracht hatte, auf diplo- matizchem Wege cinen Pretest gegen die Ordonnanzen erlassen, Sie bat in diesem Protest die Forderung erheben, daß die Ordonnanzen einer Nackprüfung unterzogen würden, ui hat sich zu mündlichen Verhandlungen bereit erklärt. Die Regierung ftebt bei ihrer Haltung auf einem unanfechtbaren Nechtsbeden (sehr vichtig!), auf dem Wechis- boden, ten ihr „der in feierlichster Form verkündete Friedensvertrag garantiert (lebhafte Zustimmung), auf einom Rochtsboden, den unsere Gegner, die sih uns gegenüber fo oft die Hüter des Nets genamt haben, verlassen haben. Die Negierung wird auf diesem Nechtsboden stehen bleiben, sie verbarrt in ihrem Protest und kann diese Drdon- nanzen als Ret nicht anerkennen. (Lebhafter. allseitiger Beifall.)

Worin beruht die Urquelle des Feblers, der mit dem Erlaß dieser Ovdonnangen bogangen ist? Sie beruht darin, daß die Ordonnanzen die Rehtsgrundlage mißachten, auf der sic hätten auf- gebaut werten sellen. (Sehr richtig!) In dem Rheinlandabkommen. beißt es auédrüdlih, daß die Kommission tas Recht hat, Verordnungen mit Geseteskraft zu erlassen, soweit dies für die Gewährloistung des Unterhalts, der Sicherheit und der Bedürfnisse der Besaßungstruppen nötig ist, Demçegenüber zieht si wie ein roter Faden dur die jeßt angeblich auf Grund dieses Abkoinmens orlassenen Ordonnanzen die Begründung, daß sie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderli seien. Das ist ein fundamentaler Unierschied. (Sehr ridtig) Die Aufrechterhaltung der öffentlicen Ordnung ist Sache der deulschen Behörden, Nur was die Stkevrheit ciner Beschungs- armee, deren Kopfzabl in den mündlichen Besprechungen auf reicblid 70 000 Mann beziffert worden ist, zur Zeit aber noch viel größer ut, nur was die Sicherheit dieser großen Armee gefährden könnte, geht die Besatzungsbehörde an. Es licgt auf der Hand; daß die Ordonnanzen, wenn fie von diejer falschen NechtêgrundlageMuêgehen, sich über Ge- biete erstreŒen und Bestimmungen enthalten, die der deutschen Wers waltungébebörde und der deutschen Staatéboheit häticn vorbehalten dleiben müssen. (Sehr richtig!) j

Deshalb ergibt sich: Die Verordnungen nehmen än \chr offem Widerspruch zu den vertraglichen Vereinbarungen wesentlide Teile der deutschen Staatshoheit in Anspruch, sie unîcr- binden cine sacgemäße Ausübung der deutschen Negierunosgewalt (seht richtig), sie erschüttern die Sicherheit des NRecttslebens in ver- hängnisvoller Weise und beschränken die Einwohner in der Ausübung ibrer ursprünglichen Staatsbtürgerrehte. Lassen Sie mich das tin den sckwenwiegendsten Ucbergriffen darlegen! Am empfindlicbsten werden die Staatêbürgerrechte der vheinishen Bevölkerung durch die Bestimmungen berührt, die die Ausweisung betreffen. (Sehr richtig!) Nach den Oudonnanzen kann jeder, dessen Anwesenheit im beseßten

Gebiete geeignet erscheint, den Unterhalt, die Bedürfnisse odex Sicher-"

beit der Streitkräfte oder die öffentsicbe Ordnung zu gefährden, durch Befelil der Besaßungsbehörde aus dent besezten Gebiete ausgewiesen werden (Zuruf: Unevhört!), d. h. es kann jéder ausgewiesen werden, den man auêweisen will. (Lebhafte Zustimmung.) Keine Unter- suung der ihm zur Last gelegten ‘Tat, keine Ueberführung wird ver- langt, Die Añsweisung erfolgt niht nach Untersuchung und Urteil, sondern sie erfolat stat t Untersudung und Urteil. (Hört, hört l) Die Ausweisung ist eine Strafe für Verdacht, also eine Sirafe wie sie de Nek lslehrer aller kultivierten Länder seit Jahrhunterten für verfehlt und unwürdig erachtet haben. (Lebhafte Zustimmung.) Handelte es sich dabei noch um Ausmweifungen aus einem fremden Lande, so. möchte unser Urteil darüber milder ausfallen; aber es handelt sich ja in fast allen Fällen um die Ausweisung aus dem Lande, wo der Verdächligte denn €s handelt sih nur um Verdächligta geboren ist und an dem er vielleicht mit allen Fasern seines Herzens und seinex Spistenz

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zeiger und Vrenßischeun Staatsanzeiger.

1920.

festgeflammert ist, Seit ten Zeiten des zaristiscken Rußlands hat eine Bevölkerung unter einer fol&en Willkür auf dem Gebiete der Ausweisung nicht zu leiden gehabt. (Sehr riktig!) Jede politisce . Betätigung für dag Deutsetum, jede persönlicke Gntfremdung und Auseinanderseßung mit Angehörigen der Besaßung, jede böswillige Ein» flüsterung sogar fan dazu führen, daß ein Menschensbicksal zet- brochen wird, (Sehr richtig!)

__ Was von der Bevölkerung im allgemoinen gilt, gilt im besonderen auch von den Beamten, Sollten sie nah dem Nheinlandabkemmzn nur abberu’en werden fönnen, wenn sie wider die Verordnungen ver- stießen, so tönnen sie nach den Ordonnanzen nit nur abberufen, sondern auch aus ‘em beseßten Gebiete, vielleiht ibrer Heimat. ausgewiesen werden. “Wenn ich darauf „hinweise, daß in- der verhältnismäßig kurzen Zeit des ‘Vaffenstillstandes mindestens 76 Beamte von den Franzosen und 12 Beamle von don Belgiern ausgewiesen worden sind (hört, hört!), während übrigens in der englisden und amertkanischen Zone nur ‘je ein Beamter abberufen. aber nicht ausgewiesen worden ist (hört, hört !), wenn 1ch darauf hinreise, daß sih untitr den AuSgéwiesenen so hervor- ragende, gewissenhafte und einmandfreie Beamte befinden wie ter Nz- gierungspräsitent von Winters\tein in der PMlz, wie der stellver- tretende MRegtieruUngspräsident Oberregierungsrat Springorum u Wiesbaden, wie der Obkerbürgermeister Glässing aus Wiesbaden und der Obe roürgermeister Janke aus Höchst“ und dazu eine große Anzahl verdienstvoller Landräte und anderer Beämten, und wenn ih hingufüge, daß die Gründe dieser Ausweisung fast niemals authentis{ch mitgeteilt wotden sind (hört, hért!), oder daß dort, wo se mitgeteilt worden sind, Gründe angeführt worten sind wie bei dem Oberbürgermeister Glässing, der angeblih für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmiitoln und Kohlen nicht eifrig genug“ äewesen ist (Lacken), woran aber die Bevölkerung selbst nicht glaubt, fo wird man fi klar

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machen müssen, wie unerträglih "und gefahrvoll unter diesen Drdonnanzen in Zukunft die Lage für dié Beamten“ in den beseßten

Gebieten setn wird.

Ebenso unerträglih sind die Bestimmungen über die Gericbiss» ba rkfeit. Wahrend dur das Rheinlandabkommen die fremde (§e- richtébarkeit nur bei Verbrechen und Vergehen gegen- Personen oder Eigentum der Streuikräfle zugelassen ist, seßt sie nab den Ordonnanzen * f jeder Zuwiterhandlung gegen dies? „dit: Wahrend nab der in Versailles bei den Verbardlungen über das Nhbeinlandabklommen gegcbenen Zuface Deutsckte grundfäßlih nit durch Pässe auêgeristet und damit der dewsden Gerichtsbarkeit tiitzocen roerten jfollten, . ift diese Zusiclkerung in den Ordonnanzen mit keinem Worte festgelegt. Es bestoht somit die Gefahr, daß cine solde Bestimmung dazu führen wird, auch in Zukunft Hohverräter zu [ch üben, wie ja bisher fast turémwcg die LoslófungSsbestrebungen begünstigt sind und die vaterländische Betätigung dur Bestrafung und AuŸ- weisung zu erstiken versucht worden ist, Es bedeutet das aber cuch die Gefahr, daß die Schieber, die si die wirlsckaftlide Zwitter- stellung der Nheinlande bisber sckon zune gemacht haten, aub n Zukunft Schuß fucken werden, wenn sie die Reste der deutschen Velke- wirtschaftskraft fortstrêmen lassen, nur üm die cigenen Taschen zu füllen. x Tieat um #9 näber, als in den Ordonnanzen selle Versonen, dice mährend tes Wasfenstillstandes unter dem Schutz der Fremden Taien begangen haken, die nah den deutschen Geschzem strafbar sind, auf Grund der Ordonnanzen dauernde Straffè eis heit genießen sollen (hört! hört!) eine Bestimmung, die ketierlet Grundlcge in dem Rheinlandatfommcn findet. (Sehr richtial)

Daß auÿh in Zivilsachen jedes Urteil: eines deutsden G2 ricbtes, auch des deuischen Reich3gerichts, das gegen eine gur Ver- ivaltung gehörige oder ihr zugeteiïte oder von ihr mit einem Paß vera febene Person ergebt, bei einem neu einzusehenden fremden ITritaräf angegriffen werden karm, bringt n:cht nur eine urecrräglige Unficker- beit in8 mwirtschaftlice und fulturelle Leben, fontern es ift în allen Fällen, wo an‘den Streillgkeiten au red:térfeinfde Deutsle beteiligt sind, geeignet, zu einer Unterböblvyng des gesamten deutsden Rechis- lebens zu führen... (Lebhafte Zustimntung.) “Urtd nun eine Bestim mung, die uns ganz befenders s{merzlih- berühren muß! Nach eir Ordonnanzen wird jede Person mit Gefängnis8*bks-zu einem “Jähre und mit Geldstrafe bis zu 10000 "4 der Mt*Énet dieser Strafcit bestraft, deen Worte, Gebärden oder HaTtung (hört! hört!) mit Bezug auf die Mitglieder der hohen Komnäisston oder. ihr zuge* eilte Personen oder mit Bezug auf die Besaßungstruppen oder irgendeirt Mitglied dieser Truppen oder mit Bezug auf/ die Fahne oder ein militäris{hes Emblem der Alliierten si{"als belcidtaend oder unschick- li fennzeihnet. (Lebhafte Nufe: Hört! hört!) Wer also einen angetrunkenen sdavarzen Soldaten beläcelt, wer an einer Falie unabtsam vorülbdergoht, kann seiner Freiheit berautit werden. (Hönt! höôrt!) Wie dehnbar bleiben die Worte „Gebärden und Haltung“ eder gar das Wort &KnsGiLlih“! (Lebhafte Zustimmung.) Es ijt

L e N Diese Gefah

ein unerträglider Gedanke, Angehörige etncs" fremden Vo!kes mütièn

im Frieden als Sittetirichter darüber auftreten zu sehen, was „Uns{icklih" ist! Jin ganzen genpmmen |bedeuten die Bestintniungen dieses Paragraphen nichts anderes «ls die Wictevholung eines Vor- ganges, der jabrhundertelang die fretheitsdurstigen Gemüter in der Welt errcgt bat, als-die Wiederaufrichtung des Geßler- hutes ims0, Jabrbundert. (Lebbafte Zustimmung.) j Den, Geist cines völligen Belagetungszuñandes atmen dié Bestimmungen zur Aufrechterkaltung der öffentlichen Ordnung, denen das Briefgeheimnis jederzeit willkürlich durd broœen werdén kann, nab denen tede Zeilschrift, jede Druckschrift, jeder Film verboten, politische Versammsungen unterdrückt werdet fönnen, und nad denen jeder Streik in den Betrieben, die die Bé- saßungs8behörde * bezeichnet, nidt nur vorher angezeigt werden muß, sondern auch auf Grund von Entscheidungen verboten werden kann, die in leßter Instanz. von einer zum großen Teil aus Fremden gebildeten Behörde getroffen werden, also Entscheidungen, die geradezu ein ge- fäbrliches Instrument bilden können, -um ein Wetilaufen- zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern um die Gunst ter Fremden herbei zuführen, Bei den Verhandlungen ip Versailles ‘über die Ausführy

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