1898 / 2 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Jan 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Der Kaiserliche Gesandte im Haag, Wirkliche Geheime

Rath Freiherr von den Brincken ist von dem ihm Aller-

oöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten rige und at die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Kaiserliche S in Kopenhagen, Geheime Lega- tions-Rath von Kiderlen-Wächter ist von dem an Aller- höchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Kaiserliche Minister - Resident in Carácas, Gesandte Graf von Rex ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub d einen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der M Mecteentur wieder übernommen.

Der Königliche Gesandte in München Graf von Monts ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub auf einen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt- nrt wieder übernommen.

Der Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchenfeld- Köfering ist vom Urlaub nah Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Laut telegraphisher Meldungen an das Ober-Kommando der Marine ist S. M. S. „Geier“, Kommandant Korvetten- Kapitän Jacobsen, gestern in St. Thomas angekommen und beabsichtigt, am 5. Januar nah Port au Prince in See zu gehen; S. M. S. „Stein“, Kommandant Kapitän zur See Oelrichs, ist gestern in San Juan auf Portorico eingetroffen und beabsichtigt, am 6. Januar nah der Jnsel Culebra und von dort am 12. Januar nah St. Thomas in

See zu gehen.

Sachsen.

Der außerordentlihe Gesandte und béêvollmächtigte Minister am österreichisch - ungarishen Hofe Graf von Wallwiß sowie der außerordentlihe Gesandte und be- vollmächtigie Minister am Großherzoglih sächsishen Hofe von Mincckwiß sind auf ihr Ansuchen von diesen Posten enthoben worden. Zum Gesandten in Wien ist der Legations- Rath Kammerherr Graf von Nex, zum Gesandten in Weimar der Kammerherr Freiherr von Reißenstein ernannt worden.

Braunschweig. Der Landtag ist, dem „Hann. Cour.“ zufolge, zum 20, Januar einberufen worden.

Oesterreich-Ungarn.

Aus Anlaß der bevorstehenden Eröffnung.des böhmischen Landtages fand gestern, wie „W. T. B.“ meldet, auf Ein- ladung des Minister-Präsidenten Freiherrn von Gautsch bei demselben eine unverbindlihe Aussprache über die politische Lage statt, an welcher die Landtags-Abgeordneten Schlesinger, Lippert, pam und Pergelt theilnahmen. Beschlüsse waren weder beabsichtigt, noch sind solche gefaßt worden.

Den Wiener Blättern zufolge empfing der Minister- Präsident Freiherr von Gautsch gestern eine Deputation des Prager „Deutschen Vereins für städtishe An- gelegenheiten“, welche eine Denkschrift über die Beshwerden und Wünsche der deutschen Bevölkerung Prags überreichte, sowie eine Deputation der Prager israelitishen Kultusgemeinde. Beide Deputationen schilderten die Lage der Deutshen in Prag; die leßtere erbat staatliche Ent- shädiaung für die bei den leßten Excessen geschädigten Jsraeliten. :

Jn der gestrigen Sißung des ungarischen Unter-

hauses brachte der Präsident von Szilagyi eine Zuschrift des Minister-Präsidenten Baron Banffy über die Königliche Entscheidung, betreffend Erhaltung des status quo in der Quotenfrage, zur Kenntniß. Mehrere Abgeordnete der äußersten Linken verlangten, daß die Königlihe Entscheidung zur Erörterung auf die Tagesordnung geseßt werde. Der Minister-Präsident Baron Banffy ersuhte, die Ent- scheidung zur Kenntniß zu nehmen, weil deren Gültigkeit «unzweifelhaft sei. Das Haus beschloß demgemäß. Der Minister-Präsident erklärte sodann: die Regierung sei ge- nöthigt gewesen, Verfügungen zur Erhaltung des status quo zu E wie ste beide Häuser des Reichstages in der ersten Vorlage, betreffend das Ausgleihs-Provisorium, bereits gutgeheißen hätten. Die Regierung hätte auch Verordnungen ausgeben können, sie habe jedoch deren Noth- wendigkeit niht eingesehen. Der P R A habe sih für die Aufrechterhaltung des status quo ausgesprochen, sofern Oesterreich hieran nihts ändere. Ferner habe die Regierung mit der österreichish-ungarishen Bank ein Uebereinkommen Ne die österreihishe Regierung habe Reziprozität zugesagt. Der Minister-Präsident erklärte s{chließlich, er werde bei der Einzelberathung der Vorlage eine Abänderung vor- shlagen, nah welcher das Provisorium bis zum 1. Januar rüdcwirkend sei und das Parlament der Regierung ein Absolu- torium ertheile. Die liberale Partéi zollte der Erflärung Beifall. Sodann wurde die Berathung der Vorlage, betreffend das Ausgleihs-Provisorium, fortgeseßt.

Frankreich.

Der „Temps“ bemerkt : die Meldung von dem Eintreffen der französischen Expedition unter dem Major Marchand in Faschoda oder gar in der Gegend von Khartum sei ten- denziós und bezwecke, die öffentliche Meinung in England aufzu- regen. Keinerlei aus französisher Quelle A aiituorbe Meldung gestaite die Annahme, day dec Major Marchand die gegenwärtig unter der Oberhoheit Frankreihs stehenden Gebiete über- schritten habe.

Jtalien.

Der Deputirte Carlo di Rudini, ein Sohn des Minister-Puäsidenten, brachte, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern in der Deputirtenkammer eine Jnterpellation ein, in welcher die Regierung über ihre Absichten gegenüber den Ereignissen in ee befragt wird.

ie die italienishen Zeitungen melden, wird der Herzog

rader befehligen, welhes fih aus Anlaß der in Palermo tattfindenden Feier des ünfzigiährigen Jubiläums der sizilia- nishen Erhebung dorthin begiebt.

Spanien.

Der Präsident der Deputirtenkammer Pidal hielt gestern in Madrid in dem Klub der Konservativen eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zufolge, die Politik der Liberalen bekämpfte, die die Ersezung des Generals Weyler sowie die Oktroyierung einer Autonomie für Cuba herbeigeführt habe. Die Konservativen müßten sih vereinigen, um die dur den Tod Canovas’ geschaffene Lage zu verbessern, sie würden aber der Vollendung des von der Regierung unternommenen Werkes keine Schwierigkeiten in den Weg legen.

Türkei.

Wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel meldet, ist die auf

gehern angeseßte Konferenz der Botschafter infolge der nkunft des neuernannten russishen Botschafters Sinowjew

verschoben worden.

Der „Zkdam“ meldet aus Volo, die Redifs würden noch

vor dem Ramasan entlassen werden.

Asien. Der Führer der Aufständishen auf den Philippinen Aguinaldo istinHongkong eingetroffen. Vorsichtshalber wird eine aus 22 000 europäishen Soldaten bestehende Armee auf den Philippinen bleiben.

Afrika.

Das „Reutershe Bureau“ erfährt, daß der Zweck der Absendung von britishen Truppen nah Wadyhalfa und von Verstärkungen nah Kairo zu deren Ersaß eher defensiver als offensiver Natur sei. Die Maßnahme sei durh den seitens der Derwishe angedrohten Vormarsch begründet und bedeute nicht einen sofortigen Vormarsch der britisch- egyptishen Truppen gegen die Derwische.

Demselben Bureau zufolge passierten am Sonnabend-früh egyptishe Kanonenboote Schendi und Metemmeh und fuhren 20 englische Meilen weiter stromaufwärts. Die Der- wische eröffneten von beiden Ufern aus ein Mera Feuer auf dieselben, das jedo durch die egyptishen Schnellfeuergeshüße zum Schweigen gebraht wurde. Vier Frachtschiffe wurden von den Kanonenbooten vor ihrer Rückfahrt gekapert.

Nr. 52 des „Centralblatts für das Deutshe Reich“, herausgegeben im Neih2amt des Innern, vom 31. Dezember, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulat-Wesen: Ernennungen ; Exequatur- Ertheilungen. 2) Militär-Wesen: Festseßung der für die Natural- verpflegung marschierender Truppen zu vergütenden Beträge für das Jahr 1898. 3) Zoll- und Steuer-Wesen: Beschluß des Bundes- raths, betreffend landwirthshaftlihe Brennereien; Bestellung eines Stalions-Kontroleurs; Charaktererhöhung eines NReichsbevoll- mächtigten. 4) Polizei-Wesen: Ausweisung von - Ausländern aus dem MNeichsgebiete. Anhang: Versiherungs-Wesen: Zusammen- stellung der ortéüblihen Tagelöhne gewöhnlicher Tagearbeiter.

Die Nrn. 41 und 42 des „Eisenbahn-Verordnungsblatts*“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 28. bezw. 30. Dezember, haben folgenden Inhalt: Allerhöchste Urkunde, betreffend die Aufhebung der Allerhöchsten Konzessionen vom 21. Iuli 1888 und 18. November 1889 zum Bau und Betriebe der Eisenbahnen von Wermelskirhen nah Burg a. d. Wupper und von Ronsdorf nach Müngfsten durch die Wermelskirhen-Burger bezw. Rons8dorf-Müngstener Eisenbahngesellschaft, vom 26. Juli 1897. Erlasse des Ministers der dgffentlihen Arbeiten, vom 2, Dezember 1897, betreffend Fest- seßung der geseßlichen Bezüge für Hinterbliebene verunglückter Beamten ; vom 7. Dezember 1897, betreffend Baugewerkshule in Barmens- Elberfeld; vom 14. Dezember 1897, betreffend Auërüstung der Bahn- meister und selbständigen Leiter von Betriebswerkstätten mit Dienst- siegeln u. st. w.; vom 15. Dezember 1897, betreffend Kosten der Aus- besserung von Fenstermarquisen und Fensterjalousien in Dienst- wohnungen; vom 22. Dezember 1897, betreffend Uebereinkommen über die Behandlung der NRcklamationen aus dem Personen-, Gepäck- und Güterverkehr; vom 24. Dezember 1897, betreffend Vorschriften über die planmäßige JInanspruchnahme und Nube des Eisenbabnbetriebs- personals. Nachrichten.

Statistik und Volkswirthschaft.

Das Statistishe Jahrbuch für das Großherzogthum Baden 1895 und 1896.

Der kürzlih erschienene ahtundzwanzigste Jahrgang (1895 und 1896) des „Statistishen Jahrbuhs für das Großherzogthum Baden“ weist, wie im Vorwort hervorgehoben wird, in Bezug auf den Inhalt und dessen Gliederung erheblihe Veränderungen gegenüber den früheren Jahrgängen auf. Zunächst ist zum ersten Mal von dem Grundfaßz abgewichen, den Inhalt auf die statistishen Angaben für ein Jahr, welches in diesem Fall das Jahr 1895 wäre, zu beshränken. Man hat es als zweckmäßiger erkannt, in allen Fällen, in denen bereits An- gaben für 1896 vorlagen, neben den 1895 er Zahlen auch die 1896 er aufzunehmen, und dem entsprechend soll nun au in den folgenden Jahr- gängen verfahren werden. Ünzweifelhaft ist es dringend wünschenswerth, in einem Sammel- und Nachschlagewerk für den praktischen Gebrauch, wie es ein derartiges Jahrbuch is, „der Verwaltung, den geseßgebenden Körperschaften, der Presse und Wissenschaft so rasch wie möglich die neuesten vorhandenen ftatistishen Zahlen“ ugang zu machen, wie siberhaupt auf dem ganzen Gebiet der amtlichen s\tatistishen Pro- duktion das Streben, jede nicht unabwendbare Verspätung in den Veröffentlihungen zu vermeiden, die praktishe Verwendbarkeit der leßteren wesentlich bedingt. Zweckmäßig ist ferner für das gesammte Versicherungswesen, welches bisher mit Handel und Kredit in einer Abtheilung (V1) vereiniat war, eine besondere Abthet- lung (VII) gebildet und das Woßhlthätigkeitswesen bisher in der Abtheilung VIT „Gesundheitswesen, Versorgung und Wohlthätigkeit" mit der Armenpflege bisher in Abthei- lung X „Verwaltung und Polizei* behandelt in eine neue Abtheilung XII ete und Wohlthätigkeit* zusammen- efaßt worden. Als neu sind im vorliegenden Jahrgange namentlich Lerüonubebeu die endgültigen Ergebnisse der Volks- zählung vom 2. Dezember und D 6 der Berufs- sowie der landwirth scchaftlißhen Betriebszählung vom 14. Juni 1895, während die Resultate der Gewerbezählung von 1895 [eider noch nicht zur Aufnahme gelangt sind, vielmehr noch auf die Statistik der Gewerbebetriebe nah dem Stande vom 5. Juni 1882 verwiesen wird. Neu sind ferner noch u. a.: die Finanz- gebahrung der badishen Lokalorganisationen der Gewerkschasten sowie der Gewerkvereine; die amtsweise Darstellung des gewerbs- mäßigen und niht gewerbsmäßigen Arbeitsnachweises in den Bren 1894 und 1895; die vollspurigen Privatbahnen unter eigener Ver-

Viehzucht, Forstwirthshaft, Jagd und Fischerei; Gewerbe und Industrie; Verkehr und Verkehrôwege; Handel, Bank- und Kredits wesen, Sparkassen, Märkte, Preise und Löhne; Versicherungéwesen ; Gesundheitspflege; Unterridt und Bildung; Justiz- und Gefängniß- wesen ; De und Polizei; Armenwesen und Wohlthätigkeit ; UEDRSees kirhlicheVerhältnifse. Ein , Anhang“ bringt noh besonders flatistishes Material über „die größeren Gemeinden“. Der íIns halt der einzelnen Abtheilungen is bei größter Vebersichtlihkeit ein überaus reicher, und es kann hier natürlich nit daran gedacht werden, auch nur das Wichtigste aus ihm wiederzugeben. Auf die über die landwirthschaftlihen Zustände E neueren Angaben näher einzugehen, wird sich in einem besonderen Artikel Gelegenheit finden ; dagegen Magen sich hier einige Mittheilungen über das ge- werblihe Vereinswesen und die Jnnungen im Groß- herzogthum nach dem Stande von 1895 anschließen, die ein Bild von der eigenartigen kleingewerblihen Orgari atior, wie sie ch im Südwesten Deutschlands bisher gestaltet hat, geben,

Es werden unterschieden: 1) die dem Landesverbande angehörenden Gewerbevereine, 2) die dem Landesverbande niht angehörenden Ge- werbevereine, 3) die freien gewerblichen Genossenshaften, 4) die a Innungen, 9) die Handwerkervereine. Von den Arbeiter- organisationen, einschließlich des Werkmeisterverbandes, soll hier ab- gesehen werden, da deren Zwecke wesentli andere sind als die des kTleingewerblihen Vereins8wesens. Auch die Gastwirthsverbände können aufier Betracht bleiben.

Dem Landesverband angehörende Gewerbevereine bestanden Ende 1895 im Großherzogthum 72, und zwar im Seegau- Verband 10, im Schwarzwald - Verband 10, im Oberbadischen Verband 5, im Breisgau-Verband 12, im Ortenau-Verband 6, im Mittelbadischen Verband 8, im Pfalzgau-Verband 9, im Verband im Kreis Mosbach 12, mit zusammen 6785 Mitgliedern, unter denen sih 5476 Gewerbtreibende befanden. Die Einnahmen beliefen sich im Ganzen auf 67 733 A, wovon 19 005 A aus Mitglietsbeiträgen und Eintrittsgeldern flossen, 15407 aus Zuschüssen des Staats und der Gemeinden. Als Vermögen der Vereine rourden 430 320 M be- rechnet, darunter Liegenschaften im Werth von 102 800 6 Die Aus- gaben berehneten fi auf 41 587 #, darunter: 6399 4 für Bücher, Zeitschriften, Vorträge; 5650 für das Lehrlings- und Gesellenwesen, für Gewerbeschulen und gewerbliche Fortbildungs\{ulen; 810 für Kranken- und Sterbegeld und Unterstüßungen an Mitglieder.

Dem Landesverband nicht angehörende Gewerbe- vereine waren 128 mit örtlih begrenzter Bedeutung vorhanden, zu denen der für das ganze Großherzogthum bestehende Badische Kunst- gewerbeverein hinzukommt. Die ersteren hatten 2028 Mitglieder (1136 Gewerbetreibende) ; 15 062 4 Einnahmen (9485 4 Beiträge und Eintrittsgelder, 2505 Zuschüsse); 45 579 46 Vermögen; 16503 5 Ausgaben. Der Kunstgewerbeverein zählte 629 Mitglieder, unter denen 347 Gewerbetreibende waren.

An „freien gewerblichen Genossenschaften“ werden aufgeführt 20 Bäkergenossenshaften mit zusammen 586 Mitgliedern (582 Gewerbebetriebe), 6 Fleishergenossenshaften mit zusammen 231 Mitgliedern (199 Gewerbebetriebe) und 6 sonstige Genossenschaften mit zusammen 192 Mitgliedern (175 Gewerbebetriebe).

Innungen waren im Ganzen 28 mit zusammen 955 Mit- gliedern (nur Gewerbetreibende) vorhanden, die älteste 1877, die jüngste 1889 bestätigt. Sie wiesen eine Einnahme von 10050 #4 auf, wovon aus Mitgliederbeiträgen und Eintrittsgeldern 5337 4 flossen, ein Vermögen von 13 946 4 (keine Liegenschaften), eine Ausgabe von 8923 4 Mit 6 Innungen waren Nebenkassen verbunden. Dem Hands werk nach entfielen 4 Innungen auf die Fleischer, 4 auf die Shuhmacher, 1 auf die Küfer, 2 auf die Glaser, 2 auf die Bäcker, 2 auf die Schmiede, 3 auf die Schreiner, 2 auf die Schlesser, 5 auf die Friseure und Barbiere, 1 auf die Kaminfeger; außerdem bestand eine ,Baugewerks- Innung“ und eine „Handwerker - Innung“. Dabei umfaßten 20 Innungen nur eine Gemeinde (Konstanz, Freiburg, Lahr, Kirrlach, Karlsrube, Mannheim, Heidelberg), 7 erstreckten sich über Kreise bezw. Bezirke, 1 über das ganze Land. i j

An Handwerkervereinen bestanden 9 mit 435 Mitgliedern (350 Gewerktetreibende) im Ganzen. Die Einnahme betrug 1767 M, die Ausgabe 1219 #4, das Vermögen 15696 M / é

In allen aufgezählien Vereinen waren 9220 Gewerb e- treibende als Mitglieder aufgenommen, also ein immerhin kleiner Theil der selbständigen Handwerker. Beispielsweise kommen auf den Amtsbezirk Heidelberg von den Vereinsmitgliedern nur 278, während die Erhebung über die Verhältnisse im Handwerk vom Sommer 1895 für diesen Bezirk als unzweifelhaft dem Handwerk zugehörig nicht weniger als 2334 Meister nahgewiesen hat.

Zur Arbeiterbewegung.

In Leimen bei Heidelberg haben, einer Mittheilung des „Vorwärts zufolge, 80 Auskarrer der Zementwerke wegen Lohnkürzung die Arbeit eingestellt. s

In Schiltigheim bei Straßburg i. E. haben na demselben Blatt die Steinhauer an etnem dortigen Kirhenbau wegen Lohn- streits die Arbeit eingestellt.

Au8 Berlin berichten die Blätter, daß der drohende Schuh - macher-Ausstand als beigelegt zu betraten sei, nahdem dur Verhandlungen mit den Arbeitgebern einige Zugeständnisse erzielt worden seiea. (Vgl. Nr. 307 v. 1897 d. Bl.) ;

Aus Girgenti meldet ,W. T. B.*: Bei den Arbeiterunruhen am Sonntag in Siculiana wurden ein Beamter, ein Polizeis Unteroffizier und zwei Polizisten leiht verleßt. Ein Bauer wurde getödtet. Es gelang den Ortsbehörden, die Ruhe wiederherzustellen, Der Präfekt hat sich nach Siculiana begeben, um eine Untersuchung einzuleiten. (Vgl. Nr. 1. d. Bl.)

Kunst und Wissenschaft.

Den „Amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen“ entnehmen wir über die in dem Vierteljahr vom 1. Juli bis 30. September 1897 gemachten neuen Erwerbungen für die Königlichen Museen noh folgende weiteren Mittheilungen (vgl. d. gestr. Nr. d. Bl): : : } j

Das Münzkabinet erwarb im dritten Quartal 1897 53 Stü: 99 in Silber und 24 in Kupfer. Geschenke erhielt die Sammlung von den Herren: General Berthier de la Garde, Excellenz, zu Jalta in der Krim (eine Reihe griechischer Silber- und Kupfermünzen, dabei die bisher fehlende, äußerst seltene Münze der Stadt Theodosia), Lemmé in Odessa, - Seltmann in London (eine Anzahl zum theil seltener grie- hisder Münzen in Silber und Kupfer, dabei ein seltenes Stück von Damastium), Oberst - Lieutenant a. D. Voetter in Wien (eine silberne Medaille mit dem Bildniß des Geschenkgebers und eine Kupfermünze des Maximinus Daza mit seltener Rückseite) und von einem ungenannten Geber. Das leßtere Geschenk ist eine der wihtig- sten Grwerbungen, welche das Münzkabinet je gemacht hat: ein filbernes Didrahmon, das der große athenishe Feldherr Themistokles als Herr der ihm vom Perserkönig geshenkten Stadt Magnefia in Jonien geprägt hat, mit dem leider niht ganz vollständig erhaltenen Namen des Themistokles auf der einen und dem Anfang des Stadt- namens MA auf der anderen Seite. Bisher waren nur zwei andere, in der Stellung der Inschrift und auch in Ein;elheiten des Ge- präges abweihende Stücke dieser Art bekannt : ein gut erhaltenes in Paris und ein beshädigtes in London.

Auh das Kupferstih-Kabinet erhielt in allen Abtheilungen mannigfahen Zuwahs durch neu angekaufte Kupferslihe, Holzschnitte, mit solchen ausgestattete Bücher, ferner Zeichnungen und Werke neuerer graphisher Kunst, Aus dem. Landeskunstfonds wurden angekauft und dem Kupferstihkabinet überwiesen: A. Radierungen: Cornelia Paczka, Weibliches Bildniß; Graf Leopold von Kalkreuth,

von Genua auf besonderen Wunsh des Königs das Ge-

waltung u. \ w. Die 14 Ee augen behandeln nach einander folgende Gegenstände: Staatsgebiet ;

evölkerung; Landwirthschaft, |

[bstbildniß; ann Hirzel, Baumstämme, Abend in der Mark; Geftav Sd palebe Ebbe; Walther Leistikow, Teih; Friy Over-

beck, Au der Landstraße; C. Th. Meyer-Basel, Kloster Reichenau am E Max Liebermann, Straße in

Amsterdam, Mädchen mit Ziegen ierkeller in Rosenheim; Wilhelm Krauskopf, Bildniß Ihrer öniglichen Hoheit der Frau Großherzogin von Baden; B. Holz- \chntîtt: Martin Hoenemann, Mutter und Kind; C. Lithographbien: Cornelia Paczka, Mutter und Kind; Max Liebermann, Lesendes Mädchen; C. N. Storm van’s Gravesande, Hamburger Hafen, Hafen- einfahrt; 9 Lithographien von W. Wulff, Hermann Gattiker, Graf Leopold von Kalkreuth, C. Kampmann, C. Langbein, Franz Hein, Carlos Grethe, A. Daur und E. K. Weiß, Tétaldicteber vom Verein für Originalradierung in Karlsruhe.

Unter den Vermehrungen der egyptishen Abtheilung nehmen die Alterthümer aus der erst in den leßten Jahren genauer bekannt gewordenen ältesten Zeit Egyptens, d. h. aus der Zeit vor der vierten Dynastie, den größten Raum ein. Von folhen wurden erworben : zwei thônerne Nachbildungen von Sthiffen, wie sie dem Todten zur Benußung auf den Seen des Jenseits mitgegeben wurden. Eine solche Sitte kannke man bisher nur aus dem Ende des Alten Reichs, durch diefe Schiffe wird sie also für eine weit frühere Zeit bezeugt. Zu den Schiffen gehören viele andere Beigaben: rohe Thonfiguren von Dienern und von Vieh, Schmuckstücke, darunter ein Siegel- zylinder mit der Darstellung eines Tempels und heiliger Fische, Schieferplatten zum Farbenreiben, Pfeilspißen, Töpfe, die mit Schiffen und Jagddarstellungen bemalt sind u. #. w. Derselben Zeit gehört eine Menge von rehteckigen Perlmutterplätthen an, die wohl zusammen einen großen Halskragen bildeten. Mit ihnen gefunden wurden mehrere Krmrivnge aus Knochen. Zum größten Theil aus den Königsgräbern dieser alten Zeit, die man in Abydos und Negade gefunden hat, stammt eine Sammlung von Stein- und Thonscherben, sowie von Resten von Opfergaben u. f. w., dié Herr Professor G. Schweinfurth gesenkt hat. Auch aus anderen kleineren Friedhöfen der Zeit find lehrreihe Proben dabei. Das Ganze ist besonders werthvoll durch die genaue Bezeichnung der Herkunft jedes Stückes. Von Alterthümern der späteren Zeiten der egyptishen Geschichte kamen hinzu : Zwei bronzene Gewichte aus dem An- fange des neuen Reichs in Form von liegenden Rindern (das eine, welches 93 g wiegt, ift als T deben bezeihnet), die Bronzefigur einer Jsis mit dem jungen Horus auf dem Schcoß, die in ganz ungewöhnlicher Stellung auf dem Boden sißt, und eine Bronzefigur des wasser- spendenden Goites Thoth. Herr Dr. von Bissing schenkte mehrere Weinkrugscherben aus Tell-Amarna mit interessanten Aufschriften der Kellereiverwaltung Amenophis? 1V. Unter den neu erworbenen vorderasiatischen Alterthümern ist das werthvollste ein weiteres Bruchstück zu dem großen altbabylonishen Königs- denkstein, dessen in dem Vierteljahrsberiht vom 1. April 1893 ge- daht wurde. Das neue Stück vervollständigt die Figur des Königs und enthält dessen Namen. Danach bictet dieser Denkstein eine Dar- stellung des uralten Königs Gudea. Mit ihnen zusammen wurde eine Reihe von Bruchsiücken ähnlicher Denksteine mit Darstellungen von Göttern und Dämonen angekauft. Hervorzuheben sind darunter zwet Stüde mit einem Gott, der auf einem Wagen steht. Außerdem wurde wieder ein althebräischer Siegelstein erworben, der einem Jehoëser, dem Sohne des Obatjahu, gehörte. Für die Papyrussammlung wurden mehrere Blätter einer koptishen Handschrift mit Erzählungen und Gedichten sowie ein Blatt einer Bibelhandshrist in ahmimischer Mundart erworben. Ein Ungenannter schenkte einige Papyrus, daruntec ein Blatt aus einer griehischen Handschriit der Apostelgeshihte. Das Studienmaterial wurde erweitert durch die Erwerbung einer größeren Anzahl von Photographien und durch einige Papierabdrüdcke von Inschriften im Hamamat, die Herr Professor Fraas schenkte.

Dem Museum für Völkerkunde wurden in allen Abthei- [ungen reihe Vermehrungen zu theil. Für die ethnolog ische Abtheilung wurden angekauft : indishe Miniaturen auf Elfenbein ; einige Alterthümer aus Java, Ethnoaraphica aus Tenimbar, eine größere Sammlung Alterthümer und Ethnographica aus Siam und Birma, eine japanishe Sammlung (darunter eine - große Amitabha-Statue, Netsukes, Lackarbeiten, ein Hochzeitskleid u. #. w.), ein Silberschmuck von der Mrima, Kleidungs- und Shmuck- stüke aus Deutsh-Ostafrifa, zwei äußerst seltene Schaber mit Dbsidianklingen der Gurage und Arussi-Galla, eine größere Zahl von Thongefäßen und eine Anzahl goldener Schmucksachen aus alten Gräbern des Staates Antioquia in Columbien, gesammelt von Herrn Professor Dr. Regel; endlich vier Sammlungen aus Neu-Guinea, dem Bismarck-Archipel und den Salowonen. Geschenkt wurden u. a.: von Herrn Premier-Lieutenant Werther zwei reichhaltige Sammlungen aus dem abflußlosen Ge- biet südöstlich vom Victoria - Nyanza; von Herrn Premier- Lieutenant Kollmann eine ganz ungeæwöhnlich umfangreiche und umfassende, äußerst werthvolle Sammlung aus dem nordwestlichen Theil von Deutsch - Ostafrika, die geradezu grundlegend für die Ethnographie jener Regionen is; von Herrn Kompagnie- führer Ramsay eine umfangreihe Sammlung aus den öst- lichen und nördlihen Uferländern des Tanganyika ; von Herrn Professor Dr. Schweinfurth: zwei Sammlungen von Steinpfeifen, Thon- und Steingcfäßen der Ababde; von Herrn Hauptmann Oltwig von Kamp: eine größere Sammlung von Fetischen u. |. w. der Ngolo und Batanga am Rio del Rey; von dem verstorbenen Dr. Zintgraff ; eine reihhaltige Sammlung von den Bali in Nocdkamerun; von Herrn Grafen von Zech: zwei werthvolle Sammlungen aus dem Hinterlande von Togo. Die Sammlung der vorgeschichtlichen Alterthümer erhielt dur Geschenke, Ankäufe und im Auftrage der Generalverwaltung der Königlichen Museen veranstaltete Ausgrabungen aus verschiedenen preußischen Provinzen mannigfahe Vermehrung. Besonders hervor- gehoben seien: ein Exemplar von den drei bei Eilsdorf, Kreis Oschersleben, gefundenen, bis jeßt einzig dastehenden Gesidtsurnen mit Thüröffnung (Geschenk des Herrn Gutsbesitzers A. Vasel in Beierstedt) und ein wohlerhaltenes Exemplar der seltenen römischen Gesichtskrüge aus dem Gräberfelde von Mariamünster bei Worms (Geschenk des Freiherrn von Heyl in Worms).

Für die Sammlungen des Kunstgewerbe-Museums wurden neu erworben: ein Schrank aus Ebenholz, in ganz flahem Relief ge- schnißt (Niederlande, XVII1. Jahrh., aus der Sammlung Gavet in Paris); eine Kassette, aus Nußholz, geschnißt, z. T. ver- goldet, (Florenz um 1509); ein Fries aus Terrakotta-Platten mit Tritonen und Nereiden (Cremona, Anfang des XVI, Iahr- hunderts); drei Schüsseln, Palissy-Waare (Paris, XVI. Jahrh.). Die Bibliothek und die Ornamentstih-Sammlung wurden durch An- kauf um 97 Werke und 1305 Einzelblätter vermehrt. Beide Ab- theilungen erhielten ferner durh Geschenke mannigfahen Zuwachs.

Für die National-Galerie wurden im dritten Vierteljahr 1897 angekauft die Oelgemälde von: F. Waldmüller, „Nückehr von der Konfirmation*; F. Schmitson, „Auf der Weide“; W. Trübner, »Klostergebäude auf der Herreninsel im Chiemsee"; A. Brendel, „Schafe im Stalle* ; ferner die Bronzefigur eines „nackten Mädchens“ von E. Freese sowie die Aquarelle „Schweine auf dem Felde" und drei Blatt Handzeihnungen von A. Brendel. Als Geschenke erhielt die National-Galerie von Herrn A. Thiem in San Remo das Gemälde „Waldlandshaft“ von N. Diaz, von einer Reihe Berliner Kunstfreunde die Oelbilder ,Dämmerung an der Düne“ (heilige Magdalena) von I. Ch. Cazin, „Landschaft* ‘von Cófanne, „Frühschnee in einem tranzsMen Dorfe“ von A. Sisley,

und eine „Marine“ von Bonington, Von einem ungenannten Kunsfst- freunde wurde der National-Galerte ein Terrakotta-Medaillon „Weib- licher Kopf“ von E. Bourdelle überwiesen. Als Vermächtniß des Stadtraths Albert Löwe und seiner Ehefrau Anna, geb. Wallach, fielen der National - Galerie die nachbenannten Gemälde zu: K. Graeb, „Kirchen-Inneres*; Ch. Hoguet „Flußlandschaft“; Ed. Hildebrandt, „Sonnen-Untergang an einer F ußmündung* und „Hoch- L al im Abendroth“; Ed. Meyerheim, „Kegelgesellschaft“ ; s, Sage, «Verweigerung der Absolution“ ; F. Bossuet, „Land- schaft“; . Richter, „Brustbild eines Mädchens“; B. Vautier, Der zerstreute Hausvater“ ; Fr. Volß, „Kühe an einem Bache“; sowie eine Sammlung von 219 Miniaturen verschiedener Meister in Filigran-Rähmchen (oberbayerishe Hutschnallen):

Literatur.

Unter dem Titel „Abhandlungen aus dem Staats- und nos recht * giebt der ordentlihe Professor der Rechte an der Universität Breslau Dr. Siegfried Brie ¿¡wanglose Hefte heraus, welche zur Veröffentlihung solcher Abhandlungen \taats- oder verwaltungsrehtlichen Inhalts bestimmt sind, die fich wegen ibres größeren Umfangs nit zur Aufnahme in eine Zeit- \hrift eignen. Vor allem sollen diese Abhandlungen zu eins dringenderer Bearbeitung der einzelnen Fragen des Staats- und Vexwaltungsrechts des Deutschen Reichs und der Bundesstaaten beitragen, „dadur nicht nur die insbesondere seit der Gründung des neuen Reiches in erfreuliGem Aufshwunge begriffene Theorie des öffentlichen Rechtes fördern, sondern au den Bedürfnissen der Rechts- praxis und des politisben Lebens in erhöhtem Maße Rechnung tragen. Gegenstand der vor kurzem erschienenen ersten Arbeit dieser Samm- lung isst „Der Weg der Geseßgebung in Preußen“ (Breslau, Verlag von M. u. H. Marcus; Preis 3,60 46). Der Verfasser, Dr. jur. Max Fleischmann, behandelt darin das Zustandekommen eines „for- mellen* Gesetzes nah heutigem preußishen Staatsreht. Der Werde- gang des Gesehes in seinen einzelnen Phasen, von den ersten Ver- handlungen vor dem Gefeyesvorshlag bis zur Berkündigung, wird genau verfolgt. Bisher war dieser Gegenstand nur in den Lehr- büchern des preußishen und des deutschen Landesstaatsrechts an verschiedenen Stellen zerstreut bei der Lehre vom König, von den Kammern, vom Etat erörtert worden. Hier wird zum ersten Male eine zusammenhängende Darstellung gegeben, wobei der Verfasser auch solche piaktischen Einzelfragen, befonders des parlamentarischen Stadiums der Gesetzgebung, einer juristishen Betra-htung unterzieht, die in den Lehrbüchern nicht berührt werden können. Er behandelt nah ciner kurzen Einleitung im ersten Theil die gewöhnlichen oder, wie sie Hänel und G. Meyer bezeichnen, einfahen Gesetze, und zwar I. im aligemeinen, II1. im be- sonderen (Finanzgeseße), und sodann im zweiten Theile die verfassung- ändernden Geseße. Im übrigen {ließt sich die Darstellung an die zeitlihe Aufeinanderfolge der einzelnen Phasen der Geseßgebung Geseßesvorschlag, Entschließungen des Land- tags und des Königs, Ausfertigung und Verkündigung an. Die Abhandlung zeihnet sich dur logishe Deduktion aus; alle Streitfragen, welhe mit der Lehre von der Gesetzgebung ver- knüpft sind, werden mit Scharfsinn erörtert. Sie gewinnt ein über das partikulare hinausgehendes Interesse noch dadur, daß der Ver- fasser auch die übrigen deutschen, sowie die fremdländishen Ver- fassungen zur Beleuchtung seines Gegenstandes heranzi:ht und neben der deutschen auch die ausländische Literatur berücksictigt.

__ ofs, „Von und für Diakonissen.* Aus fünfundzwanzig- jähriger Arbeit im Hallischen Diakonissenhaufe. Von G. Jordan, Pastor am Diakonissenhause in Halle. Zweite Auflage. 180 S. Halle a. S., Verlag von Eugen Strien. Preis geheftet 1,80 A Der Verfasser giebt dieser neuen Auflage seines Handbuches den Wunsch mit auf den Weg, daß sein Inhalt die Herzen erwärme und zu neuem Dienste willig mache, der unter dem Segen Gottes steht und von den Armen und Hilfsbedürftigen in \o vielen Orten heiß ersechnt wird. Er spriht in den 94 Kapiteln niht allein als Diakonisseavater zu seiner Schwesterschaft, sondern er wendet sich auch weiter an alle diejenigen, welche für dieses Gebiet der inneren Mission Neigung empfinden, bald lockend, bald abwehrend, hier die Schwierigkeiten, dort die Segnungen der weiblichen Diakonie in wahren und warmen Worten scildernd. Wo dies nöthig erscheint, spart er zur Aufmunterung auch den Tadel nicht. Daß der Autor sogar Dichter i}, davon zeugt manches Lied in dem Handbuche. Es ist zu wünschen, daß sein „Gruß an die zehn Tausend Diakonissen, deren Vertreter am 26. und 27. September 1894 in Kaiserswerth beisammen waren“, ein noh reiheres Cho weden möge.

Land- und Forstwirthschaft.

Max von dem Borne-Berneuchen: „Kurze Anleitung zur Fishzucht in Teichen“. Dritte, vermehrte, verbesserte, reich illustrierte Auflage. Nah dem Tode des Verfassers herausgegeben von Hans von Debschiß. Neudamm, Verlag von F. Neumann. Preis 1,20 & Schon das Inhaltsverzeihhniß des vorliegenden VBüchleins wird den Fishzüchter von seinem Werth für ihn und fein Fach überzeugen. Nach einer kurzen Einleitung werden zunächst die verschiedenen Teicharten besproen, worauf ein Abschnitt über die Er- tragsfähigkeit der Teiche und deren Bedingungen folgt. Die nächsten Kapitel belehren über den Teichhau sowie die Behandlung und Benußung der Teiche. Hier findet die Besaßstärke, eines der wichtigsten Kapitel der Fishzucht, ihre Würdigung. „Der Teich“, so heißt es daselbst, „liefert das meiste Fisbfleish, wenn er nur so viel Fische enthält, daß fie alle ftets reihlich Nahrung finden und zuglei alles vorhandene Fishfutter verzehren. Ein Besay der Teiche mit verschiedenen Arten von Fischen erhöht die Einnahmen aus denselben.“ Auf den Abschnitt „Der Versand von Fischen mit der Babn“ folgt als besonders wichtiges Thema: die Ernährung der Teichfishe durch kleine Krustazeen- Arten, Muscheln und Schnecken, Insekten und deren Larven. Nach Besprechung der Feinde der Teichfishe wird die Züchtung der einheimishen Fisharten besprochen. In warmen Teichen züchtet man danach Karpfen und dessen Ab- arten. Besondere Streichteihe dienen zum Ablaichen, Ste- teihe mehrerer Systeme zum Aufziehen der Brut 2c. Bei zu starkem Besay wird gefüttert. Neben den Karpfen werden noch gezüchtet : Sleie, Goldorfen, Zander, Maränen 2c., während für kalte Teiche die Forellen und Saiblinge passen. Bekanntlich is es das große Ver- dienst Max von dem Borne’s, amerikanishe Fische, von denen einige recht werthvoll sind, bei uns eingeführt zu haben. Die „Acclimatisation auéländischer Fischarten* (S. 51 fg.) verdient daher besonders auf- merksam gelesen zu werden. Den Schluß mat ‘eine Beschreibung der Fischzuchtanstalt Berneuchen : gewissermaßen als praktisczes Muster- Beispiel für die Anwendung der im Vorhergehenden empfohlenen Methode. Fishzüchter werden \ich der in dem Buche gegebenen Nathschläge für ihre Zwecke mit Vortheil bedienen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Ueber die Betheiligung der Arbeiterversiherung an der Fürsorge für Lungenkranke

berihtete Direktor Gebhardt - Lübeck in der 2. Generalversammlung des deutschen Zentral. Comités für Lungenheilstätten Folgendes: Im Jahre 1897 haben von den 31 Invaliditäts- und Altersversicherungs- anstalten 27 in Anwendung auf Lungenkranke von der ihnen dur 8 12 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes gegebenen Befugniß zur Uebernahme der Kosten des Heilverfahrens Webraucd gemacht. Der Umfang der Thätigkeit der einzelnen unter diesen 27 überhaupt betheiligten Versicherungsanftalten auf diesem Gebiet ift ein sehr verschiedener. Er erstreckt sih bei einer nur auf einen Fall; die Höchstzahl der Fälle, in welchen eine Versicherungsanstalt eingeschritten ist, beläuft sih dagegen auf 616. Von den mit der Durchführung der Invaliditäts- und Altersversiherung bei ihren Angehörigen be- trauten 9 besonderen Me anges liegen die Ziffern für 6 vor; aber au die übrigen haben zum theil Gelder für lungenkranke Ver- sicherté aufgewendet, diese jedoch niht mit den aus der Invaliditäts- und Altersversiherung entspringenden Mitteln, sondern aus anderen Einnahmen bestritten. Die Gesammtzahl der von 27 Versihherungs- anstalten im Jahre 1897 dem Heilverfahren zugeführten Versicherten beläuft sih auf etwa 4300, die Gesammtzahl der von 6 besonderen Kasseneinrihtungen Vershickten auf 180; mithin hat \ch die auf Heilung oder Rückerlangung der Erwerbsfähigkeit abzielende Fürsorge von 33 der Invaliditäts- und Altersversiherung dienenden Institutionen auf insgesammt etwa 4480 lungenkranke Personen erstreckt. Die auf

die einzelnen R E E N und Kasseneinrihtungen entfallenden Ziffern sind die folgénden :

A. Versicherungs8anstalten:

. 616 E A

. 558 ahsen- Anhalt

. 400 ldenburg .

. 3590 Oberbayern .

. 280 Bd L

R ittelfranken .

Württemberg . . . 247 Pounem

SbürindR e 015 D

G a e Bo Mlefen,

Schleswig, Holstein . 180 Elsaß-Lothringen .

M . 160 Schwaben-Neuburg

Braunschweig . 150 Westpreußen

Nheinprovinz «114 Mecklenbutg

Brandenb, L 80 B. Besondere Einrichtungen:

Eisenbahn-, Dampfschiffahcts- und Salinen - Arbeiter - Pensions- kasse in Karlsruhe E Norddeutsche Knappschafts-Pensionskasse in Halle a. S... . . 70

Pensionskasse für die Arbeiter der Preußischen Staatseisenbahn- Betwallug Dn a 15 Allgemeiner Knappschaftsverein in Bohum 15 Pensionskasse für die Arbeiter der Sächsischen Staatseisenbahn in Dresden 4

Hanlelnis ¿ Waben gane ch g ¡ nigre achsen effsen-Nassau . estfalen .

auf das männliche, 980 auf das weibliche Geschlecht.

Bei 48 Personen handelte es sch um Einleitung der Be- handlung in Kliniken oder dergleihen Maßnahmen; dite übrigen 4432 Personen wurden in Heilstätten oder Luftkurorten unter- gebraht, davon

a. in eigenen Heilftätten von Versiherungsan stalten 344 Personen b. in einer in gemietheten Häusern eingerichteten eiden Rol E c, in Heilstätten gemeinnüßiger Vereine, Wohl- thâtigkeitsänftälten Und deräl 1000 d, in Privatanstalten von Aerzten oder anderen Privatpersonen . R O S e. in Privatpflege an klimatischen Kurorten (meist kolonieartig ausgestaltet) . . . . 1150 ,

Die Gesammtsumme, welhe von den 27 Versicherungsanstalten und 6 Kasseneinrihtungen im Jahre 1897 auf das Heilverfahren bet Lungenkranken verwendet worden ist, beläuft sich auf rund 1 051 000 Von dieser Summe wurden dur Krazkenkassen und verwandte Ein- rihtungen rund 158 0C0 4 als Beitrag zugeschossen, sodaß als Leistung der der Invaliditäts- und Altersversiherung dienenden ie a L Jahr e Gc 893 E e verbleiben.

ur Herstellung eigener Heilstätten für lungenkranke Versicherte sind bis Ablauf des Jahres 1897 insgesammt bewe rund 1060 000 4, zur Förderung der Einrichtung von Heilstätten durch gemeinnüßige Vereine, in der Gestalt der Hergabe von hypothekari- hen Darlehen, rund 240 000 4, sodaß von Anstaltsmitteln bislang rund 1 300 000 M in Heilstätten angelegt sind. Von mehreren Ver- sicherungsanstalten ist die Einrichtung eigener Heilstätten beschlossen, und sie sind zum theil {hon in der Ausführung befindlich. Die im Jahre 1898 dafür zur Verwendung kommenden Mittel werden fi auf 3 bis 4 Millionen Mark belaufen.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 3. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Friedrich der Große“, v. Australien kommend, 31. Dez. in Aden eingetr. „Preußen“, n. Ost-Asien best, 1--Sau in Colombo eingetr. „München“ 1. Jan. v. Bremen in Neww- Vorl: mine. Ems 1 Jan. Mrgs. v. New-York in Genua eingetr. „Bonn“ 1. Jan. Reise v. Antwerpen n. d. Plata fortges. „Barbarossa“, v. Bremen kommend, 2. Jan. Reise v, Portsaid n. Australien fortgeseßt.

4. Januar. (W. T. B.) Dampfer Crefeld“, mit dem Marine-Transport n. Ost-Asien best, 3. Jan. Nm. Reise v. Port Said n. Suez fortges. „Prinz Heinrich“, v. Ost-Asien kommend, 3. Jan. Vm. in Hongkong angek. „Gera“, n. New-York best., 3. Ian. Nm. Lizard pas. „Sachsen“ 3. Jan. Nm. Reise v. Southampton n. Genua fortges. „Weimar“, v. New- Vork kommend, 2. Jan. Nm. St. Catherines Point pafs. „Bayern“, v. Ost-Asien kommend, 3. Fan. Mras. in Genua angekommen.

Hamburg, 3. Januar. (W. T. B,) Hamburg-Amerika- Linie, Dampfer „Prussia*“, v. Hamburg kommend, ist am Sonn- abend Morgen in New-York eingetroffen. D. „Markomannia*“ und „Valdivia“, von Hamburg kommend, sind am Sonnabend in St. Thomas angekommen.

London, 3. Januar. (W. T. B.)

„Doune Castle“ ist auf der Southampton abgegangen.

Union-Linie. Dampfer „Trojan“ und „Goorkha* sind gestern auf der Auéreise in Kapstadt angekommen.

Rotterdam, 3. Januar. (W. T. B.) Holland-Amerika- Linie, Dampfer „Werkendam“, von Amsterdam nah New-Vork hat gestern Vormittag Lizard passiert.

Theater und Musik.

Konzerte.

Im Saal Bechstein ließ sich am Donnerstag voriger Wothe das Sängerpaar Margarethe Keidel - La Node (Souraa) n ihr Gatte John Keidel (Bariton) in einem Lieder-Abend hören. Drei Duette : „Still wie die Nacht“ von Tschiersch und zwei Gesänge von Hildach eröffneten die Reihe der Vorträge. Es weselten hierauf - Sologefänge mit Duetten ab, Herr Keidel trug außerdem mit Begleitung des Haumoniums Dienel?s „Vaterunser“ und Beethoven's „Opferlied“ vor. Hierin wie in den folgenden Solovorträgen ließ der Sänger eine zwar kräftige, doch in den verschiedenen Lagen niht genug ausgeglihene Stimme erkennen. Die e der Aussprahe war einwandfrei ; nur blieb im Vortrag manches zu wünschen. Die Sängerin, welche ihre Ausbildung im Stern’shen Konservatorium genossen hat, ift ihrem Gatten fkünstlerisch überlegen. Jhr umfangreihhes und in der Höhe besonders klangvolles Organ weiß sie mit Ausdruck zu ver- wenden und verfügt zugleich über eine erfreulide Koloratur-

ewandtheit. Sie hatte Gefänge von S{hubert, Ritter, Löwe und nderen zum Vortrag erwählt. Das zahlrei ershienene Publikum nahm das Dargebotene mit Beifall auf. An demselben Tage fand im Saal dec Philharmonie der leßte dieswintherliche Lieder- Abend der Frau Lili Lehmann vor gänzlich auêverkauftem Hause stati. Es war ein Schubert-Abend. Ihre reiche, oft gerühmte Ge- lang un trete R ee Degeisterung, m Neujahrstage hatte der bekannte musikalishe Humori err O. Lamborg aus Wien im Saal Bechstein U L E anstaltet , welche mannigfahe Unterhaltung bot und einen an- regenden Verlauf nahm. Herr rp bethätigte sich darin als Pianist, als Tonseter, als Sänger und als Deklamator mit leihem Erfolge. Seine arie Begabung trat gauentikk in der Verarbeitung bekannter Melodien im Stile verschiedener Kom- ponisten, in der improvisierten ean eines vom Publikum ge- genen Liedertextes und in einer Paro ierung von Scenen aus großen pern wirksam hervor, Er fand wohlverdienten Beifall.

Im Saal Bewhstein fand am Sonntag vor einer geladenen Zuhörerschaft ein Fest-Konzert zur os des seczigsten Geburtstages des Komponisten Max Bruch (geboren am 6. Januar 1838 zu Köln a. Rh.) statt. Es wurden nur Tonstücke des Gefeierten und zwar in vorzüglichster E zu Gehör gebraht. Max Bruch ist ein reich begabter Komponist, der auf verschiedenen Gebieten seiner Kunst hervorragende Werke geschaffen hat. Das Programm umfaßte Lieder, a cappella-Gesänge, eine Phantasie für zwei Klaviere, ein

Castle-Linie. Dampfer Ausreise am Sonnabend von