1898 / 19 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Jan 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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des Reichs herausnehme, würde alles in Trümmer gehen. Die Czechen seien bestrebt, die deutshen Gebiete zu dersehen. Er beantrage die Wahl einer Kommission von 24 Mitgliedern sowie die Zulassung der Debatte über die Grundzüge des Antrags, betreffend die Auna der Sprachenverordnungen. Der Antrag auf Zulassung der Debatte wurde angenommen. Der Abg. Kaizl E aus, daß bei den Czechen keine Revindikationsgabsichten beständen; sie beabsichtigten nicht, die Deutschen- von ihren alten Sißen zu ver- drängen, doch müßten die Czehen verlangen, daß dasjenige, was für die Deutschen gelte, auch für die bei A Geltung habe; als entscheidend hätten diese nur das prafktishe Bedürfniß vor Augen. Der Abg. Reiniger bekämpfte die Sprachenverord- nungen auf das beftigste und verlangte shließlih die Ent- fernung des Statthalters Grafen Coudenhove. Der Abg. Prinz Friedrich Schwarzenberg, welcher czchish sprach, vertheidigte den Standpunkt des Antrags Buquoy und versicherte, daß die loyalste Absicht bestehe, durch diesen Antrag eine Verständigung zu erzielen. Der Groß- grundbesiß rechne es sich zur Ehre an, daß Angehörige der deutschen Nationalität dcr Gruppe angehörten. Beide Nationalitäten im Großgrundbesiß seien einig, solidarisch und entschlossen, zum Besten des Landes gemeinsam zu wirken. Das Fundament des konservativen Großgrundbesiges bildeten die Grundsäge der tynoastishen- Treue, die Wahrung der Interessen der Dynastie und die Gleichwerthigkeit beider Nationaliiäten. Der Abg. Leitner erklärte als- dann, der Sturm, welcher sich im Falle der Realisierung des czechishen Staatsrechts erheben werde, werde ungleich heftiger sein als derjenige anläßlih der Sprachenverordnungen. Die Abgg. Schucker, Opiÿ und Wolf interpellierten den Statthalter Grafen Coudenhove über das Verbot des Tragens von Vereins- und Verbandszeihen als Verleßung des Vereinsgeseßes, forderten eine sofortige Zurück- nahme dieser die. Deutschen demüthigenden Maßregel, widrigenfalls leßtere gezwungen sein würden, die äußersten Konscquenzen zu ziehen, und kündigten an, im Neichsrath werde an maßgebender Stelle Sühne gefordert werden. Der Statthalter Graf Coudenhove erklärte, er werde in einer der nächsten an antworten. Hierauf ershollen auf Seiten der Deutsch-Nationalen heftige Rufe: „Sofort ant- E Unter andauerndem Lärm wurde die Sizung dann geschlossen.

In Budweis siegten gestern bei den Wahlen zum Gemeinderath im dritten Wahlkörper die Deutschen mit einer Majorität von 120 Stimmen. Jnfolge dessen fanden auf den Straßen Demonstrationen statt. Gegen die Häuser von Deutschen wurden Steine geworfen und“ die Fenster eingeshlagen. Die Beamten, welche die Demonstranten zur Ruhe mahnten, sowie die Polizei wurden gleichfalls mit Steinen beworfen und theilweise verlegt. Militär, welches herbeigeholt wurde, säuberte die Straßen. Dreizehn Personen wurden verhaftet.

Jm steyerishen Landtage begründete gestern der Abg. Kottulinsky seinen Antrag auf Aufhebung der Sprachenverordnungen. Der Redner erörterte die gegen die Sprachenverordnungen in nationaler, wirthschaftliher und sahliher Beziehung erhobenen Bedenken und sprach die Hoffnung aus, daß die Regierung eine glücklihe Lösung der Sprachenfrage in Böhmen finden werde, welche die Wieder- herstellung des inneren peiedens und die Ermóöglichung der parlamentarischen Arbeit herbeiführe. Der Redner appelliezte weiter an die Führer der Deutshen in Böhmen und forderte sie auf, neben der von ihnen bcwiesenen Kraft und Energie bei der Wahrung der Jnteressen der Deutschen auch jene Besonnenheit zu bekunden, welche allein einen dauernden politishen Erfolg verbürge. Der Antrag wurde dem Ver- fassungsausshusse überwiesen.

ei der Berathung des Budgets im ungarischen Unterhause sprach sih gestern der Abg. Koloman Thaly im Namen der äußersten Linken gegen die Bewilligung des Budgets aus und behauptete, daß die gemeinsame Armee germanisiert werde. Er wünsche zu wissen, wie viele Lehr- gegenstände in der ungarischen Ludowika - Akademie deutsch vorgetragen würden. Sodann beschuldigte er die Militär- verwaltung der Vershwendung und bat den Minister, sich über das Gerücht zu äußern, dem zufolge das Rekrutenkontingent bei der nächsten Revision des Wehrgeseßes erhöht werden solle. Der Minister für Landesvertheidigung Freiherr von Fejérváry erwiderte: von Germanisierung könne in Ungarn keine Rede sein. Ein Geseß regele den Gebrauch der Sprache der Nation und der Nationalitäten. Dieses Gesez werde streng befolgt. Doch sei eine allgemeine Verkehrssprache nothwendig. „Ver- breiten Sie“, sagte der Minister, „die Kenntniß der französischen Sprache bei uns so allgemein wie die der deutschen, dann wird bei uns die französische Sprache die Verkehrs\prache sein.“ Be- züglih des Vorwurfss der Vershwendung bemerkte er, daß man am besten thun würde, die Soldaten selbst zu fragen, ob sie von Verschwendung etwas wüßten. Ferner erklärte der inie er halte es für unmöglich, daß man in der Wiener Neustädter Schule den ungarishen Zöglingen verboten habe , ungari untereinander qu sprechen. Was aber die Honved- Anstalten betreffe, so werde er auch fernerhin alles auf- bieten, daß deren Zöglinge deutsh lernten. Von einer Nevision des Wehrgesehes könne keine Nede sein, wohl aker werde die Re- gierun im Sinne des Geseßes von 1889 cine neue Vorlage über die Feststellung des Rekrutenkontingents einbringen, deren nhalt jedoch noch nicht festgestellt fei, weshalb er sich über diesen Punkt jeßt noch niht äußern könne. Die Vorlage, betreffend das Rekrutenkontingent für 1898, wurde sodann im allgemeinen und in den einzelnen Theilen angenommen.

Großbritannien und Jrland.

Bei der gestern in Dublin vorgenommenen Ersaywahl

uen. Unterhause wurde der Unionist Campbell mit einer

jorität von 144 Stimmen gegen den Nationalisten Earl Plunkett gewählt.

Frankreich.

Der Marine-Minister, Admiral Besnard ‘hat, dem g, N ufolge, angeordnet, daß der geschüßte reuzer „Bruix“, der augenblicklich in Cherbourg liegt, bis zum 24, d. M. vollständig ausgerüstet werde, um das . Geschwader in Ost-Asien verstärken zu können. Der Panzexkreuzer „Vauban“, der zur Zeit in Toulon liegt, hat ebenfalls Ordre erhalten, bis zu dem genannten Tage seine Ausrüstung zu beenden. Der Admiral Beaumont, me ee zum Höchstkommandierenden des ostasiatishen Ge-

In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer wies der Deputirte Bérard bei der Berathung des Budgets des Kultus auf die Gefahr hin, welche von seiten des Klerikalismus drohe. Der Minister: Präsident Méline erwiderte, daß nichts die Ansichten Bérard’s reht- fertige; denn sämmtliche auf die Kirche und die Geistlichkeit bezüglichen Gesehe würden angewendet. Das System der Regierung habe sich nicht geändert, die Regierung habe keine kleritale Richtung eingeschlagen, und das Land wisse auch, daß die Regierung nicht klerikal sei. Wenn man von einer kflerikalen Gefahr spreche, so geschehe es nur, um den Blick von der sozialistishen und revolutionären Gefahr abzulenken. Der Deputirte Goblet-trat für einen Antrag auf Trennung der Kirche vom Staate cin; dieser Antrag wurde mit 309 gegen 192 Stimmen abgelehnt. Der Deputirte Le Herissé fragte, welhe Maßregeln die Regierung gegen den Groß-Rabbiner Zadoc Khan, der sih in die Dreyfus: Angelegenheit gemischt habe, zu ergreifen gedenke. Der Deputirte de Beauregard beantragte, das G-:halt des Groß-NRabbiners zu kürzen. Der Justiz-Minister Milliard erwiderte: wenn Rabbiner si tadelnswerther Handlungen shuldig machten, könne ihnen das Gehalt entzogen werden. Das Kultusbudget wurde hierauf angenommen. Der Deputirte Dutreix brachte einen Antrag auf Kündigung des Konkordats ein und beantragte für den- selben die Dringlichkeit, die mit 316 gegen 171 Stimmen ab- gelehnt wurde. Der Deputirte de Mah y wies auf das Ein- dringen auswärtiger Juden und Nroieftanien in Frankreich hin, das eine nationale Gefahr sci. Der Antrag Beauregard wurde s{ließ!lich abgelehnt. Der Präsident Brisson theilte sodann mit, daß die Jnterpellation des Deputirten Cavatgnac heute bei Beginn der Sißung zur Verhandlung kommen werde.

Jm 5. Arrondissement von Paris veranstalteien gestern 200 zum Militär ausgehobene junge Leute eine Kundgebung. Die Manifestanten wurden vor der Polizei zerstreut und etwa 40 von ihnen verhaftet. Jn Algier wurden gestern Abend abermals antisemitishe Kundgebungen veranstaltet. Truppen patrouillieren in den Straßen; den Eingeborenen wurde ver- boten, das europäische Viertel zu betreten.

Die „Aurore“ A ein offenes Schreiben Zola’s an den Kriegs-Minister, General Billot, in welchem er da- gegen protestiert, daß die Anklage ledigli wegen Beleidigung des Kriegsgerihts gegen ihn erhoben worden sei. Zola wieder- holt die von ihm gegen die Generale Mercier, Billot, Boisdeffre und den Obersten Paty de Clam erhobenen Be- {huldigungen und erklärt, der Kriegs-Minister fürchte offen- bar, daß Licht in die Verhandlungen komme, weil er es niht wage, den formellen Anklagen entgegenzutreten. Troß alledem, so shließt Zola, werde er den Bewcis für die Wahr- heit aller Beschuldigungen erbringen.

Die Schreibsachverständigen im Prozeß Esterhazy Bel- homme, Varinard und Couard haben gegen Zola gleich- falls Beleidigungsklage bei dem Zuchtpolizeigericht angestrengt und verlangen je 100 000 Fr. Schadenersaßt.

Jtalien.

Jm Senat erklärte gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister-Präsident di Rudini in Beantwortung einer Interpellation des Senators Camporeale, daß die Vorkomm- nisse in den Marken auf mehrere Ursachen, wie Theuerung der Lebensmittel und Arbeitsmangel, zurückzuführen seicn; leßterer sei eine Folge der Jahreszeit und der im Staatsbudget obwaltenden Sparsamkeit. Nach seiner, des Minister - Präsidenten, Ueberzeugung seien die Umsturzparteien an der Erregung betheiligt. Die Regierung habe nach den Eceignifen in Ancona und Macerata die strengsten Jastruktionen für cine energische Unterdrückung der Unruhen ertheilt, auch habe nach den leßten Nachrichten die Erregung fast überall aufgehört. Die Regie- rung glaube nicht, daß unter den gegenwärtigen Umständen die Unterdrückung der Ruhestörungen ihre einzige Pflicht sei, und werde daher entsprechende Maßregeln beantragen.

Spanien.

Jn dem gestern abgehaltenen Ministerrath berichtete der Justiz-Minister Groizard über das Ergebniß der Untersuhung, welche wegen der im Gefängnisse Montjuich gegen Anarchisten begangenen Grausamkeiten angestellt worden war; an den vernommenen Anarchisten seien die Spuren von Rendiungen wahrzunehmen gewesen. Der Minister des Aeußern ullon brachte eine aus Washington eingegangene Mittheilung zur Kenntniß, welche zu einer lebhaften Besprechung Anlaß gab. Die Regierung steht, wie „W. T. B.“ berichtet, auf dem Standpunkte, daß die Regierung der Vereinigten Staaten keinen Anlaß habe, \ich in die Angelegenheiten der Antillen einzumishen, und daß sie, wenn sie dabei bleibe, sich der Haltung des Kongresses anzuschließen, dies um innerpolitischer JZnteressen willen thun werde. Wenn die Regierung der Vereinigten Staaten den Forderungen des Kongresses nachgeben sollte, so würde die spanishe Regierung dies als eine Herausforderung auffassen, auf die sie energisch ant- waren wae, G

ie Akten über die gegen den General Weyler wegen dessen Protestschrift an die Königin-RNegentin is geleitete Untersuhung sind nunmehr dem Kriegsgericht über- wiesen worden.

Belgien.

In der gestrigen Sißung der Nepräsentantenkammer wandie sih der Abg. Demblon (Sozialist) bei der Berathung des Tee: betreffend die Abänderung des Geschzes über die Gesellshaften auf Gegenseitigkeit, .in unpassender Weise gegen den Präsidenten Beernaert, worauf der Abg. Ligy verlangte, daß Demblon zur Ordnung gerufen werde. Der Präsident Beernaert erklärte, er wolle sich mit Demblon niht einlassen, worauf Demblon den Präsidenten in noch viel heftigerer Weise angriff und ihm vor- warf, er habe zur Zeit der Affaire Pourbaix des Nachts Polizeispione bei ih empfangen. (Die Afffaire Pourbaix ereignete sih unter dem Ministerium Beerraert. Pourbaix war von der Geheimpolizei gegen Ende der 80 er Jahre als „Kundschafter“ wegen der Arbeiterbewegung im Hennegau angewörben worden). Die Minister Nyssen, Woeste und Andere wiesen rühmend auf das fleckenlose politishe Leben hin, das Beernaert hinter sich habe. Hierauf wurde mit 67 gegen 27 Stimmen bei zwei Stimmenthaltungen die zeitweise Mus- {ließung Demblon's beschlossen. Demblon wurde nunmehr

ders beslimmt ist, wird seine Flagge auf dem „Vauban“

von dem Präsidenten aufgefordert, sih zurüczuziehen; da er dics VErTORN Ee, wurde die Sigzung aufgehoben. :

Griecheuland.

Die internationale Kommission zur Regel

der Finanzkontrole hat, wie "R T. B meldet, bre Arbeiten vollständig beendet ; der italienishe und der groß- britannishe Bevollmächtigte sind bereits von Athen batat

Amerika.

Aus Havanna wird gemeldet, daß der Führer der Auf- ständishen General Masso Parra sich mit 2 Oberst 3 Hauptleuten, 6 anderen Offizieren und 116 Mann den Spaniern unterworfen habe. Die Unterwerfung habe in Fomente in Gegenwart des Gouverneurs von Santa Clara stattgefunden. Die Aufständishen hätten Hochrufe auf das spanishe Cuba und den tönig von Spanien ausgebracht. den Kämpfen der leßten 14 Tage verloren die Aufständishen 115 Todte und 34 Gefangene; 379 Mann unterwarfen sich. Die Verluste der Spanier betrugen 12 Todle und 93 Verwundete.

Aus Valparais 0 wird dem „Reuter’shen Bureau“ ge- meldet, daß der chilenische Kongreß am Donnerstag ge- shlosscen worden ist, nachdem derselbe verschiedene ge- heime Sißungen abgehalten hat. Der Grenzstreit mit Argentinien verursahe noch immer große Er- regung, doch werde ein Ausbruch von Feindselig- keiten nicht befürchtet. Der größere Theil des chilenischen Geschwaders sei vorgestern, angeblih zu Uebungen, in See gegangen; man wolle jedoch wissen, daß sich dasselbe in die Nähe der strittigen Territorien begeben werde. Ein Regiment sei abgeshickt worden, um an der argentinishen Grenze zu manövrieren; die Nationalgarde werde eingeübt ; neue Zollbcamte seien nah den Pässen in den Cordilleren gesandt worden. Jn Santiago sei am leßten Sontag eine große patriotische Kundgebung veranstaltet orden.

Asien.

Der „Russischen Zelegraphen-Agentur“ wird aus London gemeldet, daß laut amtliher Mittheilung die britischen Kriegsschiffe, welche sih in Port Arthur befänden, den Befehl erhalten hätten, diesen Hafen unverzüglich zu verlassen.

Dem „W. T. B.“ wird aus Peking vom gestrigen Tage gemeldet, daß der neue russische militärische Rathgeber in Korea, Oberst Narinoff, sich zu dem General Niehs, welcher im O u A stehe, begeben habe.

as „Reuter'she Bureau“ erfährt aus Yokohama, da das Flagg|chiff des britischen Geschwaders in R Binde Gewässern Centurion“ gestern von Nagasaki mit un- bekannter Bestimmung in See gegangen sci.

Nach einer in Madrid eingetroffenen amilihen Meldung aus Manila sind alle Parteien eingeladen worden, dem am 23. d. M. anläßlih der Einstellung der Feindseligkeiten auf den Philippinen stattfindenden Tedeum beizuwohnen. Aus demselben Anlaß wird das amtliche Blatt eine Botschaft an die Bevölkerung sowie ein Dekret, betreffend den Erlaß einer Amnestie, veröffentlihen. Gegen Ende dieses Monats sollen große Festlichkeiten stattfinden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sißzung des Neichs- tages befindet sih in der Zweiten Beilace, : 9

Jn der heutige| (23.) Sißung des Reichstages welher der Staatssekretär des Jnnern, Siaats Meg Dr. Graf von Posadowsky-Wehner beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Geseßzes, betreffend die Feststellung des Reihshaushalts-Etats für das Rech- nungsjahr 1898, bei dem Titel „Gehalt des Staatssekretärs des Neihsamts des Jnnern“ fortgesegt. Das Wort nahm zuerst der Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky- Wehner, dessen Rede bei Schluß des Blattes noch fort- dauerte und am Montag im Wortlaut mitgetheilt werden wird.

Im Neichütage hat der Abg. Dr. Bachem einen Gesey- entwurf, betreffend Abänderung des Zolltarifs, eingebracht, nach welhem der Zollsay für eine bestimmte Art asiatischer No h- seidengewebe, die Pongees, von 800 M auf 300 M für 100 kg ermäßigt werden foll.

Dem Hause der Abgeordneten ist nahstehender Ent- wurf eines Geseyes, betreffend die Disziplinarverhältnisse der Privatdozenten an den Landes-Universitäten, der Akademie zu Münster und dem Lyceum Hosianum zu Braunsberg, nebst Begründung zugegangen:

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/ 9 1,

Die Vorschriften des ersten, zweiten und dritten Abschnitts des Gefeßes vom 21. Juli 1852, betreffend die Dienstvergehen der nit richterlihen Beamten 2c. (Gesez-S:mml. S. 465) finden auf die an den Landes-Universitäten, der Afadtemie zu Münster und dem Lyceum Hosianum zu Braunsberg habilitierten Privatdozenten mit den in den S5 2 bis 5 dieses Gefches enthaltenen besonderen Bestimmungen finngemäße Anwendung.

i , S 2, Die gegen Privatdozenten zulässigen Disziplinarstrafen be- stehen in: Ordnungsstrafen, Entziehung der Mac Geit als Privatdozent.

Ordnungsstrafen sind: Warnung,

3 N Dee derselb i ur Verhängung derselben is außer dem Unterrihts-Minifter die Fakultät befugt, bei welcher der Privatdozent babilitiect ist. f

Vor Verhängung einer Ordnungsstrafe ist dem Privatdozenten Gelegenheit zu geben, sich über die ihm zur Last gelegte Pflichtver- e R R Ord traf f

Die Verhängung der Ordnungéstrafe erfolgt unter Angabe de Gründe dur s{chriftlihe Verfügung. x y

Gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe dur die Fakultät findet binnen einer mit der Zustellung diejer Verfügung beginnenden Frist von zwei Wochen Beschwerde an den Unterrichts-Minister statt.

4,

Der Eatziehung der EigensÄaft als Privatdozent muß ein förm- liies Disziplinarverfahren vorangehen. p : s e

Zur Einleitung desselben ist außer dem Unterrichts-Minister die Fakultät befugt, bei welher der Privatdozent habilitiert ift.

Vor Einleitung des Verfahrens dur den Unterrichts-Minister ist der Fakultät Gelegenheit zu einer gutahtlihen Aeußerung zu geben.

Untersuchun skommifsar ist ter Universitätsrichter; der Beamte der Staatéanwaltschaft wird durch g Unterrihts-Minister ernaunt.

Die entscheidende Disziplinarbe örde erster Instanz ift di e bei welcher der Privattozent bailittect e D BERRN In dieser Cigenschaft is die Fakultät als L LT e im Sinne des Geseßes vom 21. Juli 1852 anzusehen. Für ihre Zu-

sammen’ehßung sind dieselbzn B.stimmuag:n maßgebend, welche sonst für die Geschäftsführung der Fa n gelten.

Es bleibt Königlicher Verordnung vorbehalten, die Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf die Privatdozenten an Technischen und fonstigen O in einer der Verfassung dieser Anstalten entsprehenden

eise auëzudeßnen.

G T Alle diesem Geseh entgegenstehenden Bestimmungen der für die Landes - Universitäten 2c. ergangenen Ordnungen (Universitäts-, Fakultäts-Statuten, Reglements 2c.) sivd aufgehoben. : Der Minister der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal- Angelegenheiten ist mit der Autführung dieses Gesttes beauftragt.

Die Begründung lautet:

Den allgemeinen s\taatlihen Geseßzen über die Disziplin der Staatsbeamten, insbesondere «dem Gejeß v-chm 21. Juli 1852, be- treffend die Dienstvergehen der nicht rihterlichea Beamten 2c. (Heseyz- Samml. S. 465) unterliegen bieher nur diejenigen Universitätslehrer, welche infolge ihrer staatlihen Anstellung als ordentliche, ordentliche Honorar- oder außerordentlihe Profefforen die Eigenschaft als Staats- beamte besien.

Auf diejenigen Universitätslehrer, welhe nicht vom Staat an- gestellt werden, sondern nur als Privatdozenten die Erlaubniß zum Halten von Vorlesungen in einem bestimmten Fache erhalten haben, finden dagegen die vorbezeihneten Disziplinargeseße mangels einer ausdrücktlih tahin gehenden geseßlihen Vorschrift keine Anwendung.

Vielmehr sind die Privatdozenten nah den zur Zeit bei den preußischen Universitäten bestehenden statutarishen und reglementa- rischen Bestimmungen in disziplinarisher Hinsicht den Fakultäten unterstellt und daneben auch der Disziplinargewalt des Unterrichts- Ministers als der staatlihen Ober-Aufsichtsbehörde über die Universitäten unterworfen.

Die statutarischen und reglementarischen Vorschriften über das Disziplinarverfahren gegen Privatdozenten sind jedo vielfa lückenhaft und in ihrer Auslegung mehrfach bestritten, sodaß es angezeigt er- s{eint, ten Privatdozenten binsihtlich des gegen fle anzuwendenden Disziplinarverfahrens eine klarcre und gesichertere Stellung als bisher zu gewähren. E

Der geeignete Weg hierzu ist, die Disziplinarverbältnisse der Privatdozeäten denjenigen der \taatlich angestellten Professoren möz- lihft anzunähern. l

Auf Grund kter ibnen ertheilten venia legendi treten die Privatdozenten in tie Reihe ter vom Staat anerkannten Univer- sitätélehrer mit der Befugniß, im staatlichen Interesse eine öffentliche Lehrthätigkeit an der Universität auszuüben. Der Staat gewährt ihnen die Benußung der Auditorien für ihre Vorlesungen, die Benußung staatliber Lehrmittel und Apparate; er gewährt ihren Bescheinigungen öffentlichen Glauben, und er vermittelt ihnen die Einziehung von Honoraren für ihre Vorlesungen in gleicher Weise wie den Professoren. Die Privatdozenten erlangen dadurch eine beamtenähnlihe Stellung, welche ihnen, ebenso wie den beamteten Professoren, die Verpflichtung auferlegt, ihre Lehrthätigkeit gewissen- haft wahrzunebmen und auch in ihrem sonstigen Verhalten ein dem Berufe tes öfentlihen Universitätélehrers entsprehendes Benehmen zu wahren.

Im § 1 ift demzufolge die allgemeine Bestimmung getrofsen, daß die Vorschriften des ersten, zweiten und dritten Abschnitts des Gejeßes vom 21. Jult 1852, auf welche es hier allein ankommen fann, auf die an den Landet-Universitäten, der Akademie zu Münster und dem Lyceum Hosianum zu Braunsberg habilitierten Privat- dozenten mit einigen aus der besonderen Stellung der leßteren und aus der beutigen Universitätsverfassung sich ergebenden Maßgaben sinn- gemäße Anwendung finden sollen.

Daß insbesondere an die Stelle der im § 14 des Geseßes vom 21. Juli 1852 vorgesehenen Entfernung vom Amt die Strafe der Entziehung ter Eigenschaft als Privatdozent treten muß 2), ve?- steht si von felbst, und die Beschränkung der Ordnungösstrafen auf „Warnung* und „Verreis* unter Wegfall der „Geldbuße“ entspricht ebenso sehr der Natur der Sache wie den bisberigen Bestimmuugen der Statuten und Reglements der preußischen U u1iversitäten 3).

In Berücksichtigung der bei den meisten Unioersitäten bisher bestehenden statutarishen urxd reglementarischen Bestimmungen soll außer dem Unterrihts-Minifter auch den Fakultäten als den den Privatdozenten unmittelbar vorgeseßten Behörden das Recht zur Ver- hángung von Ordnvngóbftrafen mit der Maßgabe gewährt werden, daß gegen ihre Beschlüsse binnen einer zweiwêchentlichen Frist Be- .\chwerde an den Unterrichts- Minister stattfindet 3 Abs. 5).

Der § 4 Absay 1 gewährt gegenüber dem bisherigen Ret, welches auch für die disziplinarishe Entziéhung der Eigenschaft als Privatdozent kein förml:ches Verfahren vorschreibt, den Privatdozenten eine wefentlihe Sicherung in ibrer Stellung und Wirksamkeit durch die Bestimmung, dafi der Verbängung dieser \{chwersten Disziplinar- strafe cin förmlihes Diszipltnarverfahren vorangehen muß.

Aus der dem Unterrichts-Minister obliegenden unmittelbaren Aufficht über die Unirersitäten ergiebt sich von selbst, daß ihm die Einleitung des auf Entziehung der Eigenschaft als Privatdozent ab- zielenden Disziplinarverfahrens zustehen muß.

Da jedoch nah § 5 die Fakultät entscheidende Dieziplinarbehörde erster Instanz sein soll, erscheint es angemessen, neben tem Unterrichts- Minister au der Fakultät tie Befugniß zur Einleitung dieses Ver- fahrens zu geber, und zweckmäßig erscheint es ferner, den Fakultäten vor Einleitung des Verfahrens dur den Unterrichts-Minifter Gelegen- heit zu einer gutahtlihen Aeußerung zu geben 4 Abs. 2 u. 3).

Als Untersuchungskommissar wird vermöge seiner praktischen Er- fahrung und seiner Kenntnisse des Universitätöwesens am geeignetsten stets der Universitätsrichter fungieren; die Bestellung des Beamten der Staatsanwaltschaft soil in jedem einzelnen Fall dur den Unter- rihts-Minister erfolg:n 4 Abs. 4).

Wie die bisher in Preußen geltenden Bestimmungen die dis- ziplinarische Entfernung (Memotioni eines Privatdozenten regelmäßig den Fakultäten wenngleich mit sehr verschieden gestalteter Be- schränkung beziehungsweise Ergäniung durch gn der staat- lien gu Pad dene zugewiesen haben, so beruft § 5% die Fakultät, bei welcher der Steen habilitiert if, zur erkennenden Disziplinarbehörde erfter Instanz. Maßgebend hierfür is vor allem die Erwägung, daß die Fakultät vermöge ihrer genaueren Kenntniß der Persênlichkeit und des gesammten Verhaltens des von ihr zuge- lassenen und unter ihrer Aufsicht stehenden Privatdozenten vorzugs- weise zur Erfüllung dieser Aufgabe sich eignet.

In allen s\onstigen Beziehungen finden die Bestimmungen der oben bezeihneten Abschnitte des Gesetzes vom 21. Juli 1852 auf das Diésziplinarverfahren gegen Privatdozenten Anwendung. Daraus ergiebt sich von selbst, daß sowohl dem Beamten der Staats- anwaltshaft wie dem Angeschuldigten gegen die Entscheidung der SNN die Berufung an das Staats - Ministerium ofen

teht. Dieses i die Disziplinarbehörde zweiter Inrstanz. Dasselbe hat nach § 45 Abs. 3 des Geseßes vom 21. Juli 1852 vor seiner Beschlußfassung das Gutachten des Dis- ziplinarhofs einzuholen und darf nach § 46, wenn dieses Gutachten auf Freisprehung des Privatdozenten oder nur auf Warnung oder Verweis lautet, die Strafe der Entziehung der Eigenschaft als Privat- dozent niht verhängen. i

Zu einer Aenderung der bestehenden Vorschriften über die Disziplin

egen friten n an Technishen und anderen, nicht zu den niversitäten zählenden Hochshulen hat ch ein Bedürfniß bisher nicht herausgestellt. Bei der Verschiedenheit der zum theil noch im Werden begriffenen Verhältnisse dieser Anstalten er- {eint es zur Zeit auch wenig rathsam, eine solhe Aenderung vorzu- nehmen. fann vielmehr zweckmäßig Königliher Verordnung überlafsen bleiben, im Falle eintretenden Bedürfnisses die Bestim- mungen dieses Geiepes auch auf die Privatdozenten an Technischen und sonstigen Hochschulen in einer der Verfassung derselben entsprechenden Weise auszudehnen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Hamburg berichtet die , Hamb. Börsenh.“, daß der A us- eee de, (rauer in der Bill-Brauerei beendet ist. (Vgl. 5. . Bl.

In Leipzig fand am Mittwoch eine Maurerversammlung ftatt, in welcher der „Leipz. Ztg.“ zufolge über die Verhandlungen mit dem Bauarbeitgeberverbande berihiei wurde. Die Arbeitgeber haben, wie in der Versammlung mitgetheilt wurde, zur Is Ordnung der Arbeits- und Lohnverhältnifse vorgeshlagen, vom 14. März 1898 bis 30. Juni 1899 die Arbeitszeit auf 95 Stunden und dea Mindestflundenlohn auf 52 4H festzuseßen; vom 1. Juli 1899 ab aber bis zum 1. April 1902 soll die Arbeitszeit 9-Stunten und der Minimalstundenlohn 55 H betragen. Auch aridere Verbesserungen der Arbeitsbedingvngen wurden zugestanden. Die Versammlung nahm von den Vorschlägen Kenntniß und erklärte, dem gemachten Anerbieten dann zuzustimmen, wenn der Termin der Einführung der neunftündigen Arbeitszeit und des Mindeststundenlohns von 5 4 auf den 14. März 1899 zurückoerlegt werde, und beauftragte ihre Vertreter, weitere Verhandlungen anzubahnen.

Fn Brüssel haben einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge die Arbeiter von aht Buchdruckereien die Arkeit niedergelegt, weil sie mit der Arbeitsordnung nicht zufrieden find.

Aus London meldet „W. T. B.“ zum Ausstande der englischen Maschinenbauer: Die Sekretäre tes Bundes der Arbeitgeber im Maschinenbaugewerbe benachrichtigten den Bund, daß in Rücksicht auf eine Mittheilung von dem vereinigten Comité der verbündeten Trade-Unions die Wiederaufnahme der Arbeit am Mon- tag unmögli sei, und gaben der Ansicht Ausdruck, daß es nothwendig sei, weitere Mittheilungen vom Comité zu erwarten.

In Ancona und in Senigallia hält die Ruhe an. Von den Truppen wurden, wie „W. T. B.* meldet, auf den Feldern ver- sprengte Unruhestifter verhaftet. Jn Chiaravalle kam es vorgestern zu einem Auflauf ; es wurden aufrührerishe Rufe laut und Revolyer- \hüsse abgegeben. Die Truppen trieben die Versammelten auêéeinander, wobei ein Carabiniere durch einen Dolchstoß am Handgelenk verleßt wurde. Mehrere Personen wurden verhaftet, darunter der Mann, der den Dolchstoß gegen den Carabiziere geführt hatte, In Osimo wurde vorgestern Abend eine Kundgebung bereits in ihrem Entstehen {nell unterdrückt. Die Truppen halten die Hauptstellen, an welhen Ruhe- störungen stattgefunden haben, beseßt.

Land- und Forftwirthschaft.

Getreidemarkt Genuas im Dezember 1897.

Der Markt verkehrte im verflossenen Monat in flauer, lustloser Haltung bei sehr beschränkten Umsäßen. Auch die Preise blieben ziemlich \tabil und waren bei der ausgesprochen matten Tendenz und Lustlosigkeit seitens des Konsums mehr nomineller Natur. In Hart- weizen wurden nur einige s{wimmende Partien und für Januar- Februar einige Posten durchgaängig unter Parität der von den russishen Exporteuren aeforderten Preise gehandelt.

Die russishen Forderungen siad für Hartwetzen Noworossysk P. 988 SFanuar/Februar Fr. 21,50 cif, Hartweizen Noworossyék P. 1006 Januar/Februar Fr. 22,—, Hartweizen Taganrog P. 9°8 für Schiffahrts- eröffnung Fr. 20,25, Hartweizen Taganrog P. 10% für Schiffahrts- eröffnung Fr. 20,75, ohne Käufer zu finden. Für Eröffnung zeigt sich bis jeßt noch kein Intereffe.

Gbirka/Ulka Odessa o. Krim P. 929 für Januar/Februar Fr. 20,—, Ghirka/Ulka Nicolajew P. 9% für Schiffahrtseröffnung Fr. 20,—, Azyma Odessa o. Krim P. 98/3; Fr. 21,—, Gelb-Mais Odessa für JIanuar/Februar Fr. 925/50.

Verkehrs-Anstalten.

Laut Telegramm aus Goch is die erste englische Post über Vlissingen vom 21. Januar ausgeblieben.

Grund: Nebel auf See.

St. Petersburg, 21. Januar. (W. T. B.) Einer Mit- theilung der „Ruf. Tel.-Ag.* zufolge handelt es sich bei der Reise des russishen Verkehrs-Ministers nah Sikirien unter anderem darum, auf der Strecke Tscheljabinsk—Obi, wo unerwartet ein enormer Güterverkehr si gebildet hat, die Zahl der täglihen Doppelzüge von drei auf sieben zu erhöhen. Ferner werde es {hon jeßt nothwendig, die

rage einer Trajekt-Einrichtung über den Baikalsee zu ent- heiden. Dort sollen im Sommer Dampsfprähme den Verkehr ver- mitteln, im Winter foll eine elektrische Bahn über das Eis führen.

Bremen, 21. Januar. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Friedrih der Große* 21. Jan. Vm. Reise von Southampton n. Antwerpen fortges. „Coblenz“, v. Brasilien kommend, 21. San. Mttgs. Onessant passiert. „Prinz Heinrich“, v. Ost-Asien kommend, 20. Jan. Nm, in Aden angek. „Gera“ 29. Jan. v. New-York n. Bremen abgeg. „München“, v. Balti- more kommend, 20. Jan. Prawle Point passiert. „Darmstadt“, v. Wilhelmshaven n. Kiaotshau, 21. Jan. in Hongkong an- gekommen.

922. Januar. (W. T. B.) Dampfer „Bremen“, v. Australien kommend, 21. Jan. Ncise v. Colombo n. Bremen fortges. „Sachsen“, n. Ost-Asien best., 21. Jan. Aden angek. «e Dresden“, n. Baltimore best., 81. Jan. Dover passiert.

Hamburg, 21. Januar. (W. T. B.) Hamburg-Amerika - Linie. Dampfer „Phönicia*, von Hamburg kommend, ist gestern Abend in New-York, D. „Ascania“, von Hamburg kommend, gestern in S t. Thomas eingetroffen.

Notterdam, 21. Januar. (W. T. B.) Holland-A merika- Linie. Dampfer „Amsterdam“, von Rotterdam nach New-York, heute Vorm. in New-York angekommen.

London, 21. Januar. (W. T. B.) Castle-Linie. Dampfer „Garth Castle“ hat auf der Ausreise gestern die Canarischen Inseln passiert. D. „Dunottar Castle“ ift auf der Heimreise in Plymouth angekommen. „Hawarden Castle" ist auf der Ausreise von. London abgegangen.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

In Moser's altem, aber gen zugkräftigem Lustspiel „Der Veilchenfresser gastierte gestern Abend Fräulein Marie Meyer in der Nolle der alten Frau von Berndt. Ihr leinfnniges Charafk- terisierungs8vermögen bewährte sich auch in dieser Rolle, sodaß die utmüthige alte Dame, welche kein Geheimniß für sih behalten ann und mit den besten Absichten überall Verwirrung anrichtet, eindrucksvoll und mit der dieser Darstellerin eigènen Vornehmheit wiedergegeben wurde. Jn den übrigen Rollen machten ih die Herren Stahl (Victor von Berndt), Schindler (Referendar bon Feld) und Dia (Oberst von Rembach) scwie die Damen Tondeur (Frau von

ildenheim) und Schroth Gylesha) durh tüchtige Leistungen um den“ Erfolg des Abends verdient, Die Exerzierstunde auf dem a Lhose mit Herrn Formes als Unteroffizier erregte wieder große eiterkeit.

Konzerte.

Der gestrige sechste Symphonie-Abend der Königlichen Kapelle unter Kapellmeister Dr, M u ck?s Leitung wurde mit der an musikalischen Feinheiten reihen Ouvertüre zur Oper „Der Barbier von

wurden die Symphonie inD-mo11 von Notert Volkmann (f 1883) und die

„Ouverture-Fantaisie“ zu „Romeo und Julia* von Peter Tschaikowsky

aufgeführt. Volkmann’'s Tonwerk mit seinen vier ausgedehnten, im

Ganzen aber wenig inhaltreihen Säßen vermohte troß glänzender

Wiedergabe nicht einen Erfolg zu erringen, fogar eine vernehmliche

Opposition mischte sich in den spärlihen Beifall. Weit mehr Ein-

druck machte Tschaikowsky’s phantastishe Ouvertüre zu dem Trauers-

spiel des großen Briten. Das vielfach angefeindete, für

verworren und minderwerthig erklärte Werk fand dur

Dr. Muck eine Interpretierung, welche die Absichten des Komponisten

durchaus fiar erkennen ließ. Es entrollt vor dem geistigen

Auge des Zuhörers die gesammten, zumeist jäh wechselnden Stim-

mungen der Liebestragödie. Einge markige Accorde als Einleitung

künden den Ernst des zu Schauenden an. Es folgen letiden-

schaftlihere Accente, welhe den Haß und die Fehde der

Montechi und Capuletti kennzeihnen; der breit und liebevoll

ausgearbeitete Mittelsay malt dann zuerst in zarten Farben das Liebes-

idyll Romeo?s und Julia’s und leitet zu den bangen Ahnungen über,

welche auf den tragishen SÞluß hiaweisen. Wuchtig und shnell bricht

dann die Katastrophe herein. Ein choralartiger Theil deutet die

Beiseßung der scheintodten Julia an, während Romeo's ver-

zweifelnde Klage und der Tcd der Licbenden am Schluß

ergreifend zum Ausdruck fkommt. Herrn Dr. Muck gelang

es, die {nell wechselnden Rhythmen mit s\olher Präzision

und Eindringlichkeit von einander abzuheben, daß für den denk: nden

Zuhörer die Beziehungen zur Tragödie wobl unshwer zu finden

waren. Es wurde ihm lauter vnd wohlverdienter Beifall für die glänzende Leistung zu theil. Den Schluß des Abends bildete Beethoven's Pastoral-Symphonie, deren fefselnder Klangreiz und

leiht verständlih-r Inhalt bei völlig einwandfreier Wiedergabe dem Dirigenten und dem Orcbester weitere wohlverdiente Ehrangen eintrug. Unter den lebenden Klaviervirtuosen nimmt Herr Eugen

d’'Alber t zweifellos den ersten Play ein, wie im Hinblick auf die aus dem Auslande zu uns gekom nenen Künstler kürzlih {on aus- esprohen wurde. Diese Erkenntniß scheint auch in die Reihen des Publikums gedrungen zu sein, denn der Zuspruch zu dem Klavter- abend am Donnerétag im Saal der Sing-Akademie war fo stark, daß selbst der Chor- und Orchesterraum sich bis zur Orgel hinan dicht füllte. Bedeutendes leistet Herr d’Albert immer, ob er in tem s{hlichten G-dur-Nondo von Beethoven ein feines Miniaturbiltchen, oder aber in umfangreiheren Werken mit kühnen, festen Strichen große Gemälde zeihnet. Gerate diese bohe Künstlerschaft is aber den Zufälligkeiten der Laune und Stimmung wohl am meisten ausgeseßt. Die As-dur-Sonate von Weber litt unter einer UÜeberhastung der Tempi, sowohl im ersten, „Allegro moderato“ übershriebenen Satz, als auch in dem launigen Menuett, sodaß mancher anmuthvole Zug ter Weber’schen Musik verwischt wurde. Nach schwierigen Kraftproduktionen, wie z. B. nah der elften Etude des zweiten Heftes Chopin’scher Etuden, steigerte sh ter Beifall zum Enthusiaëmus. Das Programm war ein überaus reihhaltiges und bot - viel Abwechselung, und die un- ermüdlihe Ausdaucr des Konzertgebers war nicht minder zu be- wundern als die Aufnahmefähigkeit des Publikums. Mit großen Erwartungen hatte sih an demselben Tage auch in der Philharmonie eine zahlreihe Zuhörershaft zu den Gesangsvorträgen der Frau Renée Richard, ehemaligen Primadonna der großen Oper in Paris, eirgefunden. Diese Erwartungen wurden leider nur zum theil erfüllt. Der Sängerin, welche seit fünfzehn Jahren der Bühne, auf der sie Vortreffliches geleistet haben soll, niht mehr angehört, fehlt heute vor allem der frijcte Wohlklang der Stimme. Auch um die Reinheit der Intonation ist es zuweilen übel bestellt. Sie sang Gounod?s „Stances de Sapho“, „Divinités du Styx“aus Glud’s Orxer , Alcefte*, ein „Arioso* von Delibes und die Arie der Fides aus Meyerbeer?s Oper „Der Prophet“. Lettgenannte Arie wurde mit Orchester- begleitung vorgetragen, während die übrigen Gesänge von Herrn Bruno Lüling mit Geshmack und Geshick am Klavier begleitet wurden. Os feblte dem Vortrage der Arien nicht die nöthige dramatische Lebendigkeit, und die alz Zugabe ausgeführten heiteren französishen Chansons wurden mit Beifall aufgenommen. Im Saal Bechstein gab ebenfalls am Donnerstag der Biolinist Herr Eugen Adorján ein Konzert, in welchem er das G-moll-Konzert von Bruch, die Ciaconna von Bach, das D-dur- Konzert von Paganini und zwei kleinere Piècen gefällig zu Gehör brahte. Der Künstler ist tehnisch wohlgebildet, sein Ton ift voll und rein und seine Vortragsweise niht obne Geshmack, wenn man auch zuweilen noch die Freiheit des fertigen Künstlers vermißt, die sh in Vertiefung des musikalishen Ausdrucks offenbart. Die Sängerin Fräulein Luise Ottermann unterstüßte den Konzert- geber sehr anerkennen8werth durch woblgelungene Liedervorträge von R. Schumann, Beethoven, Brahms, Cornelius und Hartmann.

Die junge Violinvirtuosfin Fräulein Adele Sandtner aus Prag, die ihre Studien am dortizen Konservatorium unter Leitung des Da Bennewih gemacht hat, ließ sih gestern im Saal ter Sing-

fademie* zum ersten Mal hierselbst hören. Ihre bereits woblentwidckelte technische Fertigkeit, sowie ihre Lebendigkeit im Vortrag kamen in der mit dem Pianisten Herrn Franz Sfkach gespielten Sonate von NRubinstein (op. 13) trefflih zur Geltung. Ihr Ton ist nur klein, der Pianist hätte daher die häufig zu stark übertönende Kraft seines Anschlags etwas mäßigen sollen. In zwei Koñzertsäßen von Vieuxtemps und besonders in der „Faust“"» PIaulae von Wieniawski trat das Spiel der Künstlerin wirk- amer hervor, sodaß sie Beifall und Hervorruf erntete. Das Konzert wurde durch die hier niht mehr unbekannte Sängerin Fräulein Jeanne Golz, die mit warmer Empfindung aatliaie Lieder von Cornelius, Wagner und Brahms vortrug, unterstüßt. Un- erfreulih berührte gestern an ihrem Gesange ein früher niht bemerktes Uebermaß des Tremolierens. Das zahlreihe Publikum nahm auch ihre Gaben mit lebhaftem Beifall auf.

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Lorzing?s romantische Zauber-Oper „Undine“ unter Kapellmeister Dr. Mudck's Leitung zur Aufführung. Am Montag geht Richard Wagner?3 „Lohengrin“ in Scene. Als Lohengrin gastiert Herr Flezak vom Stadt-Theater in Brünn auf Engagement. Die Elsa singt Fräulein Hiedler, die Ortrud Frau Sucher, den Telramund Herr Hoffmann, den Heerrufer Herr Bachmann, den König Dr Stammer,

ImNeuen Königlichen Opern-Theater geht morgen zu ermäßigten Preisen „Philippine Welser“ in Szene.

m Königlihen Schauspielhause wird morgen „Mutter Thiele“ von Adolf L’Arronge gegeben. Am Montag, an Karl von Holtei's 100. Geburtstag, geht neueinstudiert zur Erinnerung das Genre- bild „Wiener in Paris“ in folgender Beseßung in Scene: Graf von Werth: Herr Arndt; Werman: Herr Eichholz; Toni, dessen Frau: Fräulein Abih; Ferdinand, beider Sohn: Herr Herter; Bonjour : Herr Grube; Kathi, seine Frau: Frau Conrad; Madelon, beider Tochter: Fräulein von Mayburg. Die Handlung spielt in Paris im Februar 1835. “Hierauf folgt Shakespeare?s „Komödie der Irrungen“ unter Mitwirkung der Damen von

ochenburger, Lindner, ron Mayburg, Abih und der Herren Keßler, berländer, Purshian, Matkowsky, Pocindann und Vollmer.

Das Deutsche Theater bringt in der nächsten Woche Wiederholungen von Sudermann's Drama „Johannes“, und zwar, außer morgen Abend, noch am Montag, Mtittwoh, Donnerttag, Sonnabend und nähhstfolgenden Sonntag Abend; am Dienstag wird „Die versunkene Glocke“, am Freitag „Mädchentraum“ gegeben. Nach- mittags - Vorstellungen finden \sta!t: morgen „Mutter Erde“, am nächftfolgenden Sonntag: „Das Käthchen von Heilbronn“.

Das Lustspiel „In Behandlung® gelangt im Berliner Theater morgen, am Dientiqn, Sonnabend und pit Son zur Aufführun i „Faust“, I. Lbeil, wird am Montag, „Fau ; T1, Theil, am Mittwoch gegeben. „Kön rih“ und „Kaiser rih gehen am Donnerstag und Freitag (20. Abonnements-Vorstellung) neu

Bagdad* von Cornelius eröffnet, Von Werken neuerer Komponisten

einstudiert in Scene. Am Donnerstag, dem Allerhöhsten Ge! wird der Vorftellung ein Dios Miauceten 4 Freitag findet