1898 / 19 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Jan 1898 18:00:01 GMT) scan diff

E E N

Marktort

Verichte von deutschen Fruchtmärkten.

——

Qualität

gering

Gezahlter Preis für 1 Do

mittel

gut

ppelzentner

niedrigster A

höchster

M

niedrigster

höchster

h

niedrigster

höchster M

Verkaufte Menge

Doppelzentner

———————————

Durcschnitts- Außerdem wurden

5 : : am Markttage Verkaufs Rees (Spalte 1 L werth für Durh- nah überschläglier 1 Doppel- | schnitts- Schäßung verkauft zentner preis Doppelzentner (Preis unbekannt.)

Am vorigen Markttage

M M

do E

dO

d

S S S

RDS Taunus do

do

z L. doe T TCLa Uu U U Tzu L aqu U

O 2AM É S A

Allenstein Thorn

Sorau

1 P 6 M 6 Strehlen i. Schl. Schweidniß . Glogau . Liegniß . Hildesheim . Mayen

Krefeld . Landshut. Augasburg Bopfingen . Mainz . Ali St. Avold . Breslau . M U BDrubGsäl. 5 Arnstadt i. Th.

Allenstein

Thorn

Sorau

Posen

A.

Nawitsch

Filehne . Gia Schneidemühl . ret E Sirehlen i. Sl. , Schweidniß i ; Glogau . Liean. Hildesheim .

Emden

Mayen

Krefeld

Saarlouis

Landshut

Augsburg Bopfingen

Mains

St. Avold . Breslau .

R S DLUMAl, Arnstadt i. Th.

Allenstein Sorau

Posen . L. Rawitsch. Czarnikau ; Schneidemühl . Et P. Strehlen i. Schl. Schweidnitz . Glogau . Liegniß

Emden

Mayen Krefeld Landshut . Augsburg Bopfingen Mainz a A Diidblal. Arnstadt i. Th.

Allenstein Thorn Sorau

Mgen E Rawitsch Czarnikau i Schneidemühl , El P. Strehlen i. Schl. Schweidnitz . Glogau . Liegniy Emden

Mayen Krefeld

Trier i, Saarlouis Landshut Augsburg . Winnenden . Bopfingen Mainz . O St. Avold . Breslau .

s BruGsál. Arnstadt i. Th.

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerlh auf volle Mark abgerundet mitgetheilt.

17,00

17,50 13,00 16,00 15,50 14,10 17,20 16,00 15,00

15,33 18/60

19,90 19/34

13,10 18/20

13,00

13,50 13,00 13,20 13,00

12,80 13,00 14,30 13,70 12,60 13,50

15,40 15,36 15,00 16,40 15,00

12,90

13,20

13,50 13,50 12,30 13,00

12,70 12,90 12,60 13,00 13,60 12,80 12,00

13,80 11,29 12,20 12,00 12,20 14,15 11,00 12,60

17,00

17,50 14,00 16,30 16,50 14,10 17,70 16,90 15,00

17,00 20,40

19,90 19.72

15,10 18,70

13,00

13,50 13,20 13,40 13,50 12,80 13,05 14,30 14,10 12,60 13,50

15,60 16,07 15,60 16,40 15,00

13,70

15,38 16,00 18,20 17,35 12,60

13,20

13,50 13,80 12,50 13,25

12,70 13,00 12,60 13,40 13,60 12,80 12,20

14,00 12,90 13,60 13,40 12,20 14,15

12,50 13,00

I | I | | | | |

17,31 18,00 18,80 90,15 14,00 18,50 18,40

13,75 13,80 14,00 14,20 12,90 13,50 12,40 13,20 13,25 13,00 13,80 13,70 13,80 13,20

13,80 14,20 15,05 14,60 13,80 13,00 15,10 13,50 14,50 13,60

14,80 1500

18,50 17,80 18,50 17,00 17,40 17,50 18,40 18,20 16,30 18,60 20,00 18,80 19,67 21/60 20,00

20,00

17,60 19,20 21,00 18,40

gen. 14,00 13,80 14,50 13,80 14,00 14,00 13,50 13,13 13,50 13,30 14,90 14,50 14 50 14,80

14,95 14/50 13,20 15,80 17,86 16,40 17,60

15,50 14,70 18,00 f 1640 | 15,00

G erfte.

eizen.

|

18,50 18,00 18,50 18,20 17,70 18,50 18,40 18,70 16,30 18,60

20,00 19,80 21,33 22,20 20,00

20,27

18,50 19,80 21,00 18,60

14,00 14,10 14,50 14,00 14,20 14,50 13,75 13,13 13,50 13,35 14,90 14,90 14,50 14,80

14,95 14,50 14,20 16,00 18,57 16,80 17,60

16,10 14,90 14,00 16,49 15,40

13,20 15,00 14,80 14,75 15,00 13,19 13,50 13,30 16,30 15,80 13,80 16,00 14,09 17,09 11,00 19,23 18,80 19,40

15,70 19,30 18,80

14,30 14,50 14,50

13,30 14,00 13,00 13,70 13,50 13,40 14,20 13,90 14,00 13,70 13,50 14,20 14,30 14,40 17,20 15,80 14,40 14,80

15,60 14,00 13,60 15,70 15,40

Bemerkungen.

Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende

s A

17,59 17,82

17,25 17,50 16,92 16,88 17,00 17,00 16,22 15,38

16,14 16,40

18,14 18,15 20,00 20,00 18,72 18,87 21,07 21,24 19,70 19,76

19,75 90,34

S O oa: M S-W C E C S S: 5/2 . S [S

19,60 19,60 18,20 1831

13,73 13,76

13,82 13,73 13,74 13,76 13,75 13,75 13,67 13,70 12,95 12,95 13,16 13,15 13,30 13,17 14,60 14,40 |

13,55 13,75

14,53 14,67 | 14/95 14/80 | 14,50 14,50 | 15,7 15,78 | 16,86 16,53 | 16,22 16,00

16,83 16,14 | 16,00 16,00 | 13,80 13,70 | 15,11 15,41 |

Sd - « ER E 07ck ee E S pk bak prr pmk rec fs jan pern jan bd

- O - ® * . * . . * S Q * G . S: S Wi S

t p

14,18 14,08 | 99 14,11 14,19 | 280 14,00 14,00 259 12,95 12.95 | 195 13,00 13,00 | 103 13,73 13,63

3 170 14,41 13,27 |

442 13,39 14,16 |

170 17,00 170 9 420 17,67 7,5 3 593 17,79 ‘9: 2 018 18,86 E

420 14,00 3,35 ú '

D

18,61 18,30 |

p_ -

13,99 14,02 | 18.

13,81 391 | 19 12,84 2,83 | 13,49 0,21 | 19. 12,75 1275| L 13,20 19/00 18; 13,40 1280| T6 13,00 1260 14

13,75 13,80 18.

13,20 13,00 18. 13/50 13/50 14,

Pk Prm ferm Prem fm fred fred * B i: 92D: Wi D

- p

14,01 10 L L 14,55 14,30 1A L: 14,39 14,34 11, 13,79 13,63 1A: 13,36 13,60 14,1

13,50 1800| L. 15,10 15,00 14 1

13,40 1320 | 2L1 15,18 1697 |- 15,1

Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen nel

Preis nicht vorgekommen ist; ein Punkt (. ) in den leßten ses Spalten, daß entsprehender Bericht fehlt.

Deutscher Reichstag.

929. Sißung vom 21. Januar 1898, 2 Uhr.

Das Haus seßt die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichs haushalts- Etats für das Rechnungsjahr 1898 beim Titel „Gehalt des Staatssekretärs des Neihsamts des Jnnern“ fort.

Abg. Dr. Lingens (Zentr.) weist an der Hand der Berichte der Gewerbe- Aufsichtsbeamten nah, daß die Sonntagsruhevorschriften für die Industrie keinen Nachtheil mit sich gebracht baben,

Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Der Schluß der gestrigen Rede des Grafen Posadowsky über die Durhführung des Kampfes gegen die \ozialdemokratishe Partei hat unseren vollen Beifall, indem er von dem Zufammensch!uß aller Parteien und von der Thätigkeit aller religiösen Mächte sprach. Das erinnert an die Woite des Kardinals Manning, daß, wenn wir erst Alle wahre Christen sein würden, die Lena Frage gelöst sein werde. Meine politischen Freunde find

ercit, felbst tief einshneidende Differenzen zu vergessen, wenn man zu einer solchen gemeinsamen Thätigkeit fommen würde. Wenn er von der Entfesselung der religiösen Mächte sprach, so geht das auch die verbündeten Regierungen an, und besonders die preußische Regierung wird dafür Sorge tragen müssen, daß nicht die Kultus- verwaltung dur ihre Politik diese gemeinsame Politik zu unter- graben und zu stören unternimmt. Mit gebundenen Armen kann die fathol!\{e Kirche niht kämpfen. Auf die Einzelheiten will ih hier nicht eingehen; unsere Beshwerden werden an anderer Stelle in den nächsten Jahren vorgebracht werden. Daß ih in Bezug auf die Frage der Arbeiterkoalitionen mit dem Freiberrn von Stumm nicht überein- stimme, wird jeder begreifcn; ich wün]che nur, daß Herr von Stumm das ebenso bedauert wie ih. Die Arbeiter sind nicht s{huldlos an den vorgekommenen Gewaltthätigkeiten ; die organisierten Arbeiter beginnen sehr viel {chwerer ihren Strike, find j2doh viel zäher bei der Durch- führung deéselben, Aber die Erbitterung in den Arbeiterklassen kommt baber, daß den Or; anisationen allerhand Schwierigkeiten be- reitet werden, die wir gern wegräumen möchten. In Bezug auf den eforderten Minimallohn, wogegen sich Herr von Stumm gewendet hat, möchte ih bemerken: So lange es dem Kohlensyndikat gestattet ist, Minimalpreise festzuseßen und rücksihtslos durhzuführen, warum follen die Arbeiter nicht einen Minimallohn fordern, der das Mindestmaß der Lekenshaltung teckt? Herr von Stumm hat auch von den christliGen vnd von den fatholischen Arbeiter vereinen gesprcchen. err von Stumm betrachtet jedes Angehen gegen das Kapital als Revolution. Die christlichen Arbeiter- vereine haben manchmal Forderungen der Arbeiter aufgestellt, aber doch nur gerechte Forderungen und in den angemessenen Formen. Es macht sich immer mehr eine Strömung in diesen Vereinen bemerkbar, in maßvollerer Weise als in den nichtchristlihen Gewerkschaften die Mo erungen der Arbeiter zu vertreten auf vem Boden des Christenthums.

ie Sozialdemokcaten sind au durchaus nicht gut auf die christlichen Arbeitervereine zu \prehen. Wir können versihern, daß wir uns zur Koalitionsfreiheit 1899 ebenso verhalten werden wie 1891; in meinen Worten lag durchaus nichts davon, daß ih bereit sei, die Koalitions- freiheit zu erdrofseln. Der Antrag Pachnicke kann wohl jeßt nit in seiner ganzen Ausdehnung zur Entscheidung gebracht werden, denn er muß gründlih berathen werden, und die Stelle dafür wird der Antrag des Abg. Schneider über die Berufsvereine sein. Solche grundsäßlichen Fragen können hier niht so nebenbei beim Etat erledigt werden. Einverstanden dagegen sind wir mit dem Antrage Pachnicke, soweit er die Verbesserung der Bestimmungen über die Koalitionsfreiheit betrifft; aber er geht zu weit, wenn es auch gestattet sein soll, die Koalition auszudehnen darauf, daß Aenderungen in der Geseßgebung und Staatsverwaltung herbeizuführen angestrebt wird. Dadurch werden die Arbeitervereine zu politishen Vereinen, wir wollen fie aber nur auf wirthschaftlihe Fragen beshränken. Wir haben einen besonderen Antrag eingebraht und bitten das Haus, dafür zu stimmen. Der Antrag lautet: „Die verbündeten Regierungen zu- ersuchen : einen Geseßentwurf vorzulegen, dur welchen der § 152 der Gewerbe- ordnung dahin ergänzt wird, daß Verabredungen und Vereinigungen gestattet werden, wele die Verbesserung der Lage der Arbeiter im allgemeinen oder die Erlangung günstigerer Lohn- oder Arbeits- bedingungen durch Veränderung der Gesetzgebung bezweckten.“ S

Abg. Prinz zu Schöônaich-Carolath (nl.) geht auf die Frauenfrage ein und führt aus, es sei früher von den verschiedensten Seiten hervorgehoben worden, daß man der Frage der wirth- shaftligen Stellung der Frau und ihrer Rechte in der Familie näher treten könne, wenn die geislige Hebung der Frau die Fort- schritte gemabt hätte, die man an fie zu stellen berechtigt sei. Dazu gehört, fäht der Redner fort, die Zulassung der Frau zum ärztlihen Beruf und zum Besuch der Universitäten. Wir haben in Berlin seit mehreren Jahren mit großen Opfern, die freudig getragen sind, Fraucnkurse eingerichtet, die von Fräulein Helene Lange geleitet werden. Wir \s{hickten 1896 6 Damen ins Examen, die dasselbe gut bestanden und zum Universitätéestudium übergingen ; 1897 bestanden wiederum 3 Damen das Examen. Die Gymnafial- kurse werden von Lehrern ertheilt, die der preußische Kultus-Minister bestellt; die Damen machen ihre Prüfungen vor den staatlichen Prü- fungsbehörden, aber nicht vor ihren Lehrern, bei denen sie Unterricht

ehabt ‘haben, sfondern vor einem anderen Lehrerkollegium. Die

amen werden also durhaus nicht zarter angefaßt als die männ- lihe Jugend. Wir wünschen, daß die Damen sich als Aerzte und Apothekerinnen und für den Unterricht an den höheren Mädchenschulen ausbilden. Die Schwierigkeiten für die Damen bestehen darin, daß fie nicht immatrikuliert werden, sondern von einem Dozenten zum andern laufen müssen, um zu den Vor- lesungen zugelassen zu werden. Diese Frage muß einheitlih geregelt werden, denn es hilft jeßt garnichts mehr, sich die Ohren zuzuhalten ; die Frauenfrage verlangt dringend eine Beantwortung. Eine Dame, die alle Vorbedingungen erfüllt hat, die Lehrerin an einem Mädchen- Gymnasium werden wollte, wurde vom Staatsexamen zurückgewtesen. Warum ? Es sind allerdings alle akademischen Berufe überfüllt, und man könnte sagen : es ist bedenkli, die Frauen auch noch zuzulassen. Es handelt sih bis jeßt auf allen deutshen Universitäten um 153 Frauen; das Studium der Frauen wird sich also immer nur auf die ebildeten Klassen beschränken und sich in engen Grenzen halten. Bon der Emanzipation der Frauen ist dabei gar keine Rede, sondern wir wollen die ganze Bewegung dur diese Konzessionen in gemäßigten Bahnen halten. Wenn es möglih würde, daß die Frauen sih dem medizinisen Studium zuwenden, so würde daraus auch ein Segen ent- stehen für die Frauen der arbeitenden Klassen. Der Kaiser von Rußland hat den Frauen die Universitäten geöffnet und gestattet sogar ihre An- stellung als . Aerztinnen mit Pénsiöndberewtianng. In England ist das Studium der Medizin seitens der Frauen sehr verbreitet, ebenso in Frankrei, Belgien, Italien, Dänemak, Norwegen, P, Indien, Australien. Das einzige Land, welches sich voll- ommen abwehrend dagegen verhält, ist das Deutsche Reich und ins- besondere Preußen, wo das, was geschieht, nur im Wege der Privat- thätigkeit geschieht, während in St. Petersburg großartige Ein- rihtungen auf Staatskosten getroffen werden. Wenn unseren Damen nicht das Recht zum Universitätsbesuch gegeben wird, so werden sie ins Ausland gehen. Für den Ausweg, daß eine Universität den Damen geöffnek wird, möchte ih nicht eintreten. Ih bin der Ueber- zeugung, daß es auy hier heißen wird: Wo cin Wille ist, da ist ein Weg.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Gegenüber den Ausführungen des Herrn Vor- redners, betreffend die Zulassung von Frauen zu wissenschaftlichen Berufen, will ich mich auf das Gebiet beschränken, welches Sache des Reichs ist; nämli auf die Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium, einbegriffen das zahnärztlichße und pharmazeutishe Studium.

Es ist die Frage hier im Reichstage dreimal verhandelt worden :

Tagetordnung Übergegangen, einmal hat eine sehr ernste Verhand- lung stattgefunden, und man hat de betreffenden Petitionen als durch die Debatte erledigt erklärt. Immerhin konnte man aus dem Inhalt der Verhandlungen ersehen, daß die Stimmung gegen- über den Petitionen in dem hohen Hause allmählich eine entschieden günstigere geworden ist. Ih glaube in der That mit dem Herrn Vorredner, daß man sih der Frage gegenüber nit absolut ablehnend verhalten kann. Daß die Frau die gleiche geistige Begabung zu ge- wissen wissenshaftlihen Studien habe, wie die Männer, das ist eigentlih von keiner Seite mehr vom psychologischen oder physiologischen Standpunkt aus bestritten, Daß Frauen als Aerzte vielleiht auch \chicklichere Personen bei der Behandlung von Frauenkrankheiten, von Kinderkrankheiten find als Männer, auch das is seinerzeit in den Verhandlungen des Reichstages anerkannt worden, und daß eine ge- gewisse Jalousie de métier maßgebend sein sollte für die männlichen Aerzte, Frauen nit zuzulassen, das ist selbstverständlih vollkommen ausges{chlofsen.

Jch habe mih wegen dieser Frage mit dem preußischen Herrn Kultus-Minister, als dem Kultus-Minister des größten deutschen Staats, in Verbindung gefeßt, und er hat mir folgende Erklärung abgegeben : Frauen werden in Preußen zum Abiturientenexamen zugelassen als Extraneae. Der Kultus-Minister is auch ferner bereit, die Frauen zum medizinischen Studium zuzulassen, zunächst untec zwei Bedin- gungen : erstens, daß der Rektor der Universität mit ihrem gastweisen Besuch der Hochschule einverstanden ist, und zweitens, daß auch der Kurator der Universität einverstanden is, Ertheilen diese beiden Universitätsgewalten auch ihre Zustimmung, so fehlt noch ein Drittes : das Necht, .auf Grund des Hospitantenscheins au die Kollegien be- suchen zu können. Dieses Ret kann bei gastweisem Besuch der Hochschule nur erlangt werden durch die Genehmigung des einzelnen Dozenten. Hat also eine Frau die Gene%migung des Kurators, die Genehmigung des Rektors der Universität und die Genehmigung des einzelnen Dozenten in Preußen erlangt, dann kann sie \ich auf der Hochschule die Kenntnisse in allgemein wissenschaftlichen, medizinishen, klinishen und anatomishen Vorlesungen aneignen, die für die Ablegung der ärztlihen Prüfung sachlich noth- wendig sind. Der Unterschied zwishen dem gastweisen Besuch einer Universität auch männlihe Studenten, die hospitieren, be- dürfen zum Besuch der Vorlesungen der ausdrücklichen Zustimmung des Dozenten und dem Besuch der Immatrikulierten ift hier- nach der, daß die Universitätsgäste die Genehmigung des einzelnen Dozenten zum Besuh der Vorlesungen und Uebungen haben müssen, während die Immatrikulierten das Necht dazu haben, alle Vor- lesungen und klinischen Uebungen zu besuchen. Meine Herren, man kann nicht leugnen, daß, wenn der preußische Herr Kultus-Minister diesen Standpunkt einnimmt, es den Damen, welche die Hochschulen besuchen wollen, unter allen Umständen möglich sein wird, ih vollkommen das sachliche Wissen anzueignen, was zur Ablegung der ärztlihen Vorprüfung und der medizinishen Prüfung erforderli ist. Es werden sich in einer Reihe von Universitäten und auch in Berlin, davon bin ich überzeugt, Dozenten finden, die geneigt sind, auch Damen als Zußbßörerinnen zuzulaffen. :

Wie liegt nun die Sache im Reihe? Auf Grund des § 29 der RNeihs-Gewerbeordnung find Vorschriften für die ärztlihe Prü- fung erlassen; in diesen Vorschriften ist allerdings von „Kandidaten“ die Nede, offenbar aber nur, weil man bei Erlaß der Vorschriften an studierende Damen nicht gedacht hat. Die Neichs-Gewerbe- ordnung kennt aber keinen Untershied zwischen männlihen und weiblihen Studenten. (Sehr richtig! rechts.) Jeßt wird es, nachdem derx Herr Kultus-Minister in Preußen, wie dargestellt, Stellung genommen hat und zwar eine entschieden wohl- wollende Sache des Herrn NMNeichskanzlers sein, eine Uebereinstimmung der verbündeten MNegierungen darüber herbei- zuführen, daß Damen, welche fsich, wenn auch nur gastweise, auf den Hochschulen die sachliche Vorbildung für die Ablegung der ärzt- lichen, zahntehnishen oder pharmazeutishen Prüfung angeeignet haben, niht nur zu den Examen, zur ärztli*ßen Vorprüfung und zur ärzt- lihen Prüfung zuzulassen sind, fondern, daß sie auch das Necht haben, approbiert zu werden.

Meine Herren, ih weiß, daß die Wünsche der Damen, welde studieren wollen, weiter gehen; fie wollen rite immatrikuliert sein. Diese Frage liegt lediglich auf dem Gebiete des Landesrehts, und ih glaube, die Einzelstaaten stehen ihr deshalb zögernd gegenüber, weil es immerhin noch zweifelhaft ist, ob man eventuell besondere Bildungs- anstalten für Damen errichten foll, oder ob es mögli sein wird, ob es zu keinen Inkonvenienzen führt, wenn sie auch die all- gemeinen Universitäten besuchen. JIch habe mit einer welt- berühmten Persönlichkeit der medizinishen Wissenshaft mich über die Angelegenheit sehr eingehend unterhalten. Dieselbe erklärte mir: nah seinen Erfahrungen leisteten Frauen, die Medizin studiert hätten, praktisch ziemlich dasselbe wie der Dur(hschnitt der Aerzte, sie würden “die einzelnen Vorschriften siher gewissenhaft beobachten. Einige Bedenken hätte er, nämli, ob sih Frauen dazu eigneten, als Operateure zu fungieren, Wenn nämli bei einer Operation der innere Befund ih anders darstelle, wie der Arzt sich selbs vorgestellt hätte, so gehöre cine Schnelligkeit des Ent- \{chlusses und ein Maß des Willens dazu, um rechtzeitig die Operation nach einer anderen Methode und in einer anderen Weise vorzunehmen, daß es ihm zweifelhaft erscheine, ob die Frauen dieses Maß der Entschlußfähigkeit und des Willens besißen würden. S@ließlich judizierte dieser Herr dahin: er würde sich nicht veranlaßt sehen, diese Bewegung besonders zu fördern; die Regterungen würden aber klug daran thun nah seinem Ermessen sie au niht zu verhindern. Man dürfe von Frauen auf dem Gebiete der Medizin und die Erfahrung sprehe dafür nit neue, hervorragende, bahnbrehende Leistungen auf wissenschaft- lichem Gebiete erwarten, man könne aber annehmen, daß sie die Leistungen des allgemeinen Durchschniits der Aerzte wohl erfüllen würden. Ich möchte annehmen, gegenüber dem Wohlwollen, was auch auf seiten des Reihs für die Approbation von Frauen ‘als

Aerzte besteht, sollten sich dieselben mit dem künftigen Status, wie er von mir in Aussicht gestellt ist, besheiden, Wenn man einen so vollkommen neuen Weg beschreitet, thut man immer taktisch richtig, mit einer {malen Spitze vorzugehen. Die Damen können jeßt die Universität besuchen, der Herr Reichskanzler ist bereit, ihre Zulassung zu den Prüfungen herbeizuführen und darüber eine Uebereinstimmung der verbündeten Regterungen herbeizuführen, sie können also eventuell

Umstände ein, die die Regierungen zweifelhaft machen, leisten die Frauen das, was man von ihnen erwartet, dana halte ih es niht für ausgeschlofsen, daß man in Zukunft auch ihre weiteren Wünsche wird erfüllen können.

__ Abg. Dr. Friedberg (nl.) spricht seine Befriedigung über diese Er- klärung aus. Wenn die Damen jeßt die Zulassung zum Studium erreiht hätten, dann hätten sie zwar den Universitätsunterriht ge- nossen, aber sie seien niht zum Examen zugelassen worden. Das sei eine nur formale Auslegung der orschriften. (Es werde Sache der Reichsregierung sein, darauf zu dringen, daß das Hospitantenverhältniß ebenfo zur Ablegung der Prüfung berechtige wie die Immatrikulation. Die preußischen Fakultäten seien niht blo

\taatlihe Anstalten, sondern auch Korporationen. Es werde daher sehr shwierig sein, dieselben zur Aufnahme von weiblichen Studenten zu zwingen. Nedner rihtet an die Reichsregierung die Bitte, ihre Erwägungen in dieser Frage bald zum Abschluß zu Yriagei

Abg. Dr. Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode (d. konf.): Auch ich bin der Meinung, daß die Wünsche der Frauen Berücksichti- gung verdienen, man follte jedoch vorsichtig dabei vorgehen. Herr Lieber sprach seine freudige Anerkennung über die SHhlußworte der gestrigen Rede des Grafen Posadowsky aus. Damit kann ich nur einver- standen sein ; dagegen bin ih nicht einverstanden mit der Anschauung des Abg. Lieber über die organisierten Arbeiter. Ein englischer Fabri- kant aus der Stahlbranhe i|st nach Deutschland über- gesiedelt, nicht bloß der Zölle wegen, sondern hauptsächlich wegen der Schwierigkeiten der Arbeiterfrage in England. Daß die Aus- wanderung von deutschen Arbeitern nah Amerika zurückgeht, ist erfreulich, Wir behalten dadurch niht nur ein materielles und geistiges Kapital, fondern auch etnen nationalen Werth, dér uns sonst verloren segazgen wäre. Etne soziale Geseßgebung kann niemals ihren Ab- chluß erreihen, denn jeden Tag treten neae Anforderungen an die Geseßgekung heran. Bei der Invalidenversiherung haben wir einen Sprung ins Dunkle gemacht, und ehe wir einen Schritt weiter vor- wärts machen, sollten wir überlegen, ob wir nit die bestehenden Gesetze reformieren müssen.

Abg. Dr. Hitze (Zentr.) kommt auf die Frage der Beschäftigung der Kinder, der jugendlihen Arbeiter und der Frauen zu sprechen und führt aus: Bereits 1887 wurde ein Antrag vom Hause angenommen ; der Antrag wurde wiederholt, und nur dem Widerspru der Hver- bündeten Regierungen ift es- zuzuschreiben, daß noch keine Bestimmung in das Geseß aufgenommen ist, welhe die Beschäftigung der ver- heiratheten Frauen in Fabriken untersagt. Die Zahl dieser in Fa- briken beschäftigten Frauen wird auf 175 090 ges{chäßt. Nach den genauen Zählungen in Baden waren von den weiblihen Personen 28, in der Textilindustrie sogar 40 v. H. verheirathete Frauen. Redner empfiehlt die Annahme des von dem Zentrum gestellten Antrages : „den Reichskanzler zu ersuchen, eine eingehendere Berichterstattung über die Beschäftigung der verheiratheten Frauen in Fabriken: Umfang, Gründe und Gefahren der Beschäftigung, Möglichkeit, Zwelämäßigkeit und Wege der Beschränkung 2c. in den nächsten Jahresberichten der Gewerbe-Aufsichtsbeamten zu veranlassen." Es wird jetzt, fährt Redner weiter fort, von den Arbeitern bei der Eheschließung vielfach übersehen, daß die Frau nur so lange in die Fabrik gehen und mitverdienen fann, als nicht die Kinder ihre Thätigkeit in Anspruch nehmn. Des- halb müßte es den Arbeitern von vornherein klar gemaht werden, daß die verheiratheten Frauen nicht in die Fabrik gehören. Ich glaube nicht, daß der Reichstag zu diesem radikalen Vorgehen seine Zustim- mung giebt, aber man muß unterfuchen, in welher Weise die Frauen beschäftigt werden, um sie vor Schädigungen der Gesundheit zu be- wahren durch Beschränkungen ihrer Arbeitszeit, Zuweisung zweck- mäßiger Beschäftigungen 2c.

Staatsf\ekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Ih gestatte mir, den Herrn Vorredner darauf aufmerksam zu machen, daß jeßt {on die amtlihen Mittheilungen der Gewerbe- Aufsichtsbeamten sih ausfprehen, und zwar recht reihlich über die Zunahme der Zahl der Arbeiterinnen, über die Gründe hierzu, über die Art dieser Beschäftigung der Arbeiterinnen, über den Einfluß auf die körperliße Entwickelung, über ungeeignete Beschäftigungen und über die Bemühungen der Aufsihhts- beamten auf Abstellung zu Tage tretender Mißstände. Es würde sich also nah den Wünschen des Herrn Vorredners jeßt nur darum handeln, diesen Akschnitt der amtlihen Mittheilungen der Gewerbe-Aufsihtsbeamten dahin zu erweitern, daß man trennt zwischen verheiratheten und unverheiratheten Frauen, und daß die oben erwähnten Fragen, entsprehend dem Hite’shen Antrag, noch ein- gehender beantwortet werden als bisher. Jch bin gern bereit, da es #ich zunächst nur um Untersuhungen und um Beschaffung statistischen Materials handelt, dieserhalb mi mit den verbündeten Regierungen in Verbindung zu seßen. Ih glaube, ers dann werden wir uns weiter darüber unterhalten können, welche praktischen Konsequenzen

für die weitere Ausgestaltung der Gewerbeordnung aus dem gewonnenen Material zu ziehen sein möchten.

Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg.): Ih kann mich den P des Prinzen Schönaich nur anschließen. Das Zugeständniß des Grafen D ist dankenswerth, aber noch lange niht ausreihend. Mein ntrag bezieht ih nicht auf Politik, sondern nur auf Bestrebungen, welche auf Erlangung günstiger Arbeitsbedingungen abzielen. Der Einwand des Abg. Lieber ist also hinfällig. Ich bedauere die Haltung des Zentrums; denn solche Postulate sind fo dringend, daß sie einen Aufschub nicht dulden. Wir müssen unsern Antrag aufrecht erhalten, und selbs die Annahme des Antrags des Zentrums würde {hon aus- reihen, um darzulegen, daß die Mehrheit des Reichstages den dur einen Scheinwerfer beleuhteten Weg, welhen die Regierung ein- {lagen wollte, niht billigt. i 2 Abg. Wurm (So0z.) führt aus, daß Gewerbegerichte erst für ein Drittel der deutschen Arbeiter beständen; denn es sei in das Belieben der Gemeinden gestellt, in denen die besißenden Klassen die Oberhand hätten, ob ein Gewerbegeriht eingerihtet werden sollte oder ebt auf die Wünsche der Arbeiter nehme man dabei gar keine Nücksicht, und wo Gewerbegerichte beftänden, würde die Berufung derselben dur Arbeitsvertrag ausgeschlossen. So umgingen die Unter- nehmer die Geseze. Die Zusammenstellung der Jahres- berihte dec Gewerbe-Aufsichtsbeamten für 1896 bringe zum ersten Male in dankenswerther Weise eine ziffermäßige Nachweisung der Betriebe, die der Fabrikaufsiht unterlägen. on diesen Betrieben seien erst 34/6 revidiert worden, in Preußen nur 31, in Bayern nur 18 9/%. In Bayern werde ein E alle 24 Jahre, ein Betrieb mit 5 Arbeitern alle 3 Jahre und ein Handwerksdetrieb alle 8 Jahre einmal revidiert. Im Cer EenA mit der Tae des Aufsichtsbeamten stehe es aber, wenn er Nebenämter habe, die ihn von den Unternehmern abhängig mahten. Der Lübecker Beamte set Vertrauensmann mehrerer Unternehmer und Beauftragter einer Berufs- genossenschaft. Die Beamten würden außerdem ständig beobachtet, und es gebe wohl vielfah Signale, welche von dem Fabrikbureau aus anzeigten, daß etwas Hohes komme; dann werde shnell alles in Ordnung gebracht, die jugendlihen Arbeiter würden schleunigst entfernt, Maschinen, die s in bedenklihem Zustande befänden, würden ill gestellt 2c. ie Fabrikinspektoren follten die Namen der Unternehmer, die fich in dieser Weise vergingen, bekannt geben. Redner führt noh eine Reihe

von Beispielen zur Bekräftigung setner Behauptungen an und fordert die Tia der Zahl der Aufsichtsbeamten. S müßten verpflichtet werden, sich mit den Arbeiterorganisationen in Verbindung zu seßen, Die Gewerbeaufsicht müsse durch die Zuziehung von Arbeitern verstärkt werden. Aerzte und Ler müßten zu Rathe gezogen und au

rauen an der Aufsicht betheiligt werden. In Preußen habe man die

rauen als Aufsichtépersonen zurückgewiesen, weil fie für die Uuternehmer

zweimal ist das hohe Haus über die entsprehenden Anträge zur

au approbiert werden. Bewährt si dieses Verfahren, treten keine

nit so bequem seten wie männliche Personen, Ueberall im Auslande

e E E R C T 0

S