1898 / 26 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Jan 1898 18:00:01 GMT) scan diff

E S E S E T vim I

E G S D N Bi E E E E S E D E TT: DES V S S G T S S D t G Ra a S T e U n A A T E E H E E E E E S En

die Offizierkorps von der Marmortreppe und von

der Fürstentreppe unter Portal 2 in umgekehrter Richtung

kommenden Wagen

wie die Anfahrt. (Die zur Abholun by ( i ; Portal 1 und 2 in

dürfen nur vom Schloßplaß her dur

die Schloßhöfe einfahren.) Berlin, den 26. Januar 1898. : Der Ober-Zeremonienmeisler..

Graf A. Eulenburg.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Der Wasser-Bauinspektor Cla usen ist von Münster i. W. nah Dirschau verseßt worden.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Die Oberförster stelle Kladow- West, Regierungs- bezirk Frankfurt a. O., ist zum 1. April d. J. und die Ober- försterstelle Worbis, Regierungsbezirk Erfurt, zum 1. Mai d. J. andecweit zu beseßen.

Justiz-Ministerium.

Verseßt sind: der Amtsgerichts-Rath Cochius in Langen- salza an das Amtsgericht in Wittenberg, der Amtsgerichts- Rath Dr. Colnot in Biedenkopf als Landgerichts - Rath an das Landgericht in Cassel, der Landrichter Dorn in Düssel- dorf an das Landgericht in Frankfurt a. M. und der Amts- rihter Dr. Mallmann in Cochem als Landrichter an das Landgericht in Bonn. V

em Amtsgerichts - Rath Pietsch in Pleß ist die nach- gesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.

Zum Handelsrichter is ernannt: der Banquier Ernst Ladenburg in Frankfurt a. M. bei dem Landgericht daselbst, wiederernannt: der Fabrikbesiger Clemens Winckelmann in Charlottenburg bei dem Landgericht T in Berlin.

Der Rentier Ferdinand Leuhs-Ma sen. in Frank- furt a. M. is zum stellvertretenden Handelsrihter bei dem Landgericht daselbst ernannt. : j

Kn der Liste der Rehtsanwalte sind gelöscht : der Rechts- anwalt Max Conrad bei dem Landgericht T in Berlin, der Rechtsanwalt Dr. Richard Schmidt bei dem Landgericht IT in Berlin, der Rechtsanwalt Koenig bei dem Landgericht in Elberfeld sowie bei der Kammer für Handelssachen und dem Amtsgericht in Barmen, der Rechtsanwalt Boroschek bei dem Ämtsgericht in Myslowiß und der Rechtsanwalt Kan- torowicz bei dem Amtsgericht in Czarnikau.

Jn die Liste der Rechtsanwalte sind eingetragen: der Rechtsanwalt Max Conrad vom Landgericht T in Berlin bei dem Amtsgericht in Peiß, der Rechtsanwalt Boroschek aus iat bei dem Amtsgericht in Tost, der Gerichts- Assessor Wendte bei dem Landgericht in Hannover, der Ge- rihts-Assessor Loewenberg bei dem Amtsgericht und dem Land-

eriht in Stettin, der Gerichts-Assessor Graf von Bredow bei dem Amtsgericht IT in Berlin, mit dem Wohnsiy in Deutsch-Wilmersdorf, und der Gerichts-Assessor Poplawski bei dem Amtsgericht in Jnowrazlaw. i /

Der Landgerichts: Direktor Shenck vom Landgericht T' in Berlin, dec Landrichter Clemens in Aachen, der Amtsrichter Albert in Staßfurt und der Rechtsanwalt urd Notar, Justiz-Rath Meißner in Aschersleben sind gestorben.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 29. Januar.

Seine Majestät der Kaiser und König hatten estern Mittag eine Besprehung mit dem Staatssekretär des Hänern, Staats-Minister Dr. Grafen von Posadowsky-Wehner.

Heute Vormittag hörten Seine Majestät die Vorträge des Chefs des Generalstabs, Generals Grafen von Schlieffen und des Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke.

Jn der am 26. d. M. unter dem Vorsiß des Staats- Ministers, Staatssekcetärs des Jnnern Dr. Grafen von Posa- dowsky-Wehner abgehaltenen Plenarsißung des Bundes- raths wurde den Entwürfen von Gesegen wegen Aende- rung der Konkursordnung und des zugehörigen Ein- führungsgeseßes, dem Geseßentwurfe wegen Ergänzung der S über Postdampfschiffsverbindungen mit üÜber- seeishen Ländern, der Vorlage, betrefsend die Ergeb- nisse der Volkszählung von 1895, dem Entwurf eines Re- ulativs, betreffend bie Organisation des Beiraths für das

uswanderungswesen sowie der Vorlage, betreffend die Aufnahme der Anlagen zur Herstellung von Gußstahl- fugeln mittels Kugelshrotmühlen in das Verzeichniß der genehmigungspflihtigen gewerblihen Anlagen, die G LS ertheilt. ie Berehnung der nach dem eihshaushalts - Etat für 1898 zur Deckung der Gesammt- auégabe des ordentlihen Etats aufzubringenden Matri- kfularbeiträge wurde genehmigt. Die Voriage, betreffend den Entwurf zu Bestimmungen über die Wiederholung der statistishen Aufnahme des Heilpersonals, wurde dem Ausschusse für e und Verkehr Uen. Außerdem wurde über die Resolution des Reichstages zu dem Entwurf eines Gesehes wegen Neuregelung der Wahlen zum Landesausshusse von E und über verschiedene Eingaben Beschluß efaßt. gefaß eute hielten die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für L und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Justizwesen eine Sißung.

Das Staats - Ministerium trat heute Nachmittag 2 Uhr im Reichstagsgebäude unter dem Vorsiy des Minister- u identen Fürsten zu Hohenlohe zu einer Sißung zu- ammen.

Neueren Nachrichten zufolge ist das am 16. d. M. an- ezündete Leucht\shiff an der Mündung des Vardar im Golf von Salonik am 18. d. M. wieder ausgelösht worden.

_ Die Nr. 1 der „Amtlichen Nachrichten des Reihs- Versicherungsamts“ vom 1. Januar 1898 enthält aus dem Gebiete der Unfallversiherung eine Nach- R über die gesammten Rechnungserged- nisse der Berufsgenossenschaften und anderen Versicherungskörper für das Jahr 1896. Aus dem Gebiete der Jnvaliditäts- und Altersversiche- rung enthält die Nummer eine gleihe Nachweisung der Geschäfts- und Rehnungsergebnisse der Versiche- rungs- Anstalten für das Jahr 1896; ferner ist noch folgende Revisions-Entscheidung mitgetheilt:

Die Fähigkeit eines Beisißers des Schieds- gerichts, als solcher an einer Sißzung theilzunehmen, erlischt erst mit der Enthebung vom Amt; darum stellt der bloße Umstand, daß ein Schiedsgerichts: Beisißer die früher unstreitig besessene Wählbarkeit später verloren hat, keinen Revisions- grund dar.

Aus der Thatsache, daß die zuständige Behörde auf Ent- richtung von Beiträgen für eine von ihr für versiherungs- pflichtig gehaltene Person gedrungen hat, kann ein Aner- kenntniß der Versiherungsanstalt hinsihtlich der Versiche- rungsberechtigung dieser Person nicht hergeleitet werden (Nr. 625 der Entscheidungen).

Der Kommunal-Landtag der Kurmark verhandelte in seiner gestrigen Plenarversammlung über die leßten elf Gutachten, darunter eines des ersten Ausschusses, betreffend eine Gehaltszulage, und vier Beschlüsse der Abgeordneten des weiten und dritten Standes, welche den Verwaltungsbericht, die Rechnung, die Besoldung des Rendanten und des Kontroleurs und den Etat für die Verwaltung der Kriegsschuldensteuer sowie die Uebershüsse beider Verbände betrafen, welhe am 1. April v. J. 1198543,88 s be- trugen und an denen der zweite Verband mit 17/100, der dritte mit 8/00 theilnehmen. Die Verwaltungskosten belaufen sich auf jährlih 2000 41; die Ueberschüsse werden den betreffenden Gemeinden auf ihre Provinztalsteuern angerechnet. Auf sechs Gutachten des zweiten Ausschusses wurden drei Unter- slüßungen an bedürftige milde Stiftungen bewilligt, eine solche bereits bewilligte zurückgezogen, weil der betreffende Ort nicht zur Kurmark gehört, und in zwei Fällen eine Unterstüßung versagt, weil in dem einen Bedürftigkeit niht nachgewiesen, in dem anderen der Präklusivtermin versäumt war.

In der heutigen Schlußsißung gab der Vorsißzende, Ge- heime Regierungs- und Landrath von Winter feldt-Menkin eine Uebersicht der in der 15tägigen Session erledigten Ge- \häfte. Danach sind 95 Sachen zur Verhandlung gekommen, von denen der erste Ausshuß 22, der zweite 65 und der dritte 4 bearbeitet hat. Das Plenum hat diese in sieben Sißzungen erledigt. Außerdem sind vier Vorlagen von dem Ritterscaftlichen Konvent in einer Sißung des leh- teren zur Berathung und Beschlußfassung gelangt. Der Vor- sißende {loß den Kommunal - Landtag mit cinem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, in welches die Versammlung mit begeisteriem dreimaligen Rufe einstimmte.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich lippische Staats-Minister Miesitscheck von Wischkau ist in Berlin angekommen.

Der Regierungs-Affsessor Dr. Francke, 3. Zt. in Berlin, ist der Königlichen Regierung zu Wiesbaden zur weiteren dienstlihen Verwendung überwiesen worden.

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten hat gestern nah langer Berathung die Vorlage, betreffend den Bodenzins, in der abgeänderten Fassung der Kammer der Reichsräthe mit 122 gegen 11 Stimmen angenommen.

Sachsen,

Jhre Majestäten der König und die Königin sind heute früh von Berlin wieder in Dresden eingetroffen. Am Montag gedenken Jhre Majestäten sich “nach Leipzig zu be- geben und daselbst bis zum 3. Februar Abends zu verweilen.

Oesterreich-Ungarn.

Der niederösterreihische Landtag hat gestern nah längerer Debatte einstimmig den dringlihen Antrag des Abg. Scheicher angenommen, worin die Regierung aufgefordert wird, die Sprachenverordnungen sofort aufzuheben, und die Ueberzeugung ausgesprohen wird, daß die Sprachen- frage auf geseßlihem Wege nur vom Reichsrath gelöst werden könne; zugleich wurden Zusaßanträge angenommen, welche die Erklärung der deutschen Sprache au Staatssprache verlangen und den Wunsh nach Wiederherstellung geordneter arlamentarisher Zustände ausdrücken, damit den sozialen Neformbedürfnissen in jeder Beziehung endlich Rechnung ge- tragen werde. /

Im oberösterreihishen Landtage stellte der Abg. Wienhölzl den Antrag, die Pilsener deutshe Staats- Gewerbeschule nah Linz zu verlegen. Betreffs eines Antrags des Abg. Zehetmayr wurde beschlossen, die Regierung auf- zufordern, daß sie mit allen Mitteln auf die sofortige Aufhebung des Mahlverkehrs hinwirken möge, und zugleich der Zusaß- antrag des Abg. Erb angenommen, daß ee Aufhebung ohne weitere Zugeständnisse der österreichishen Re- ierung an die ungarische erfolge. Jm Verlauf der Debatte bamierfè der Abg. Zehetmayr, daß der Mahlverkehr bereits aufgehoben sein würde, - wenn nicht die Vorgänge in den Parlamenten hindernd in den Weg ge- treten wären. Der Abg. Beurle führte aus, daß die Ob- struktion nie eingêtreten wäre, wenn die Abgg. Ebenhoh und Genossen von Anfang an gegenüber den Sprachenver- ordnungen dieselbe Stellung engen nae hätten, wie bei dem Landtagsbeshlusse vom 26. d. M. Der Abg. Zehetmayr erwiderte, die Konservativen hätten immer die geseß- liche Regelung der Spra Hensrage gefor ert und erklärte, der am 26. d. M. gefaßte Beschlu die Konservativen hätten aufrichtig dem Antrage zu- gestimmt und seien über die einstimmige Kundgebung

sei ein Kompromiß;

hoch erfreut, da fie die Juteressen des Friedens in Oesterreich, die nationale Bedeutung der Deutshen und die Jnteressen des Vaterlandes und der produzierenden Länder vor Augen hätten. Seine Partei habe nie die Sprachenverordnungen gebilligt, sondern die geseßliche Regelung derselben verlangt.

In der gestrigen s des böhmischen Landtages brahte der Abg. Nitsche einen Antrag auf Bestellung eines Dolmeishs zur s wichtiger Reden in die zweite Landessprache ein. Die Abgg. Lippert und Genossen beantragten die Einführung nationaler Kurien mit Vetorecht. Von czechischer Seite wurde in der Angelegenheit der Beschlüsse des niederösterreichishen Landtages, betreffend die nationalen Schulen, eine Jnterpellation eingebracht und der Statthalter aufs sters, er möge seinen Einfluß dahin geltend machen, daß

as von dem Abg. Kolisko in dem niederösterreichishen Land- tage beantragte Geseg, nah welhem in Niederöster- reih die deutshe Sprache die einzige Unterrichtssprache sein solle, der Kaiserlihen Sanktion niht unterbreitet werde. Der Abg. Herbsi interpellierte den Statthalter wegen der Gewaltthätigkeiten bei den Budweiser Gemeinde- wahlen und fragte an, wie der dauernde Friede und die Sicherheit der Person und des Eigenthums im Lande her- gestellt werden fönnten. Von czechisher Seite interpellierte der Abg. Zatka die Regierung in derselben e, Im weiteren Verlauf der Sißzung wurde die Wahl der Kom- mission zur Berathung des Buquoy’shen Antrags vor- genommen. Der Abg. Schücker erklärte im Namen der Deutschen, daß dieselben sich weder an der Wahl noh an den Arbeiten der Kommission betheiligen würden mit Rücksicht auf die Haltung der Majorität gegenüber dem Antrage des Abg. Schlesinger auf Aufhebung der Sprachen- verordnungen. Der Abg. Lippert interpellierte hierauf über die Thätigkeit der Kommission, die in der Angelegenheit der nationalen Abgrenzung eingeseßt worden sei, und ver- langte die Unterbreitung der bereits fertiggestellten Arbeiten der Kommission zur Begutachtung seitens des Landtages.

Die im vergangenen Jahre gewählte Adreßkommission des Landtages ist für Dienstag neuerdings einberufen worden.

Der czehishe Verein „Narodni Obrani“ is} nebst fieben De Ne wegen Ueberschreitung seines Wirkungs- kreises von der Statthalterei aufgelöst worden.

Im mährischen Landtage führte gestern der Abg. Skene aus, daß der Ausgleich der Nationalitäten allseitig ge- wünscht werde; es sei bedauerlich, daß Elemente außerhalb des Hauses der nationalen Versöhnung entgegenarbeiteten. Bei den maßgebenden Faktoren bestehe der beste Wille. Der Abg. Bube erkannte die Bedeutung der deutshen Kultur an und wünschte, daß Alle an dem gemeinsamen Werke mitarbeiten möchten. Der Abg. Promber hob hervor, daß die Ver- nihtung des Zentralismus der Ruin des Reiches sein würde ; diesen wollten weder die Deutschen noh die Czechen, die beide mit allen Fasern an dem österreihishen Vaterlande und seiner großen Machtstellung festhielten. Die bisherige Kampsfesweise führe zum Hasse. Die Deutschen würden Kon- zessionen machen, aber man möge nicht zu viel verlangen. Gelinge die Verständigung, so werde dem Kaiser der schönste und liebste Huldigungsakt bereitet, und das werde auch nicht ohne Wirkung auf das Reich bleiben. é

Der Landtag von Krain beschloß gestern die Ab- fassung einer Huldigungs- und Ergebenheits-Adresse an den Kaiser und wählte einen Ausschuß, der mit der Abfassung der- selben betraut wurde. Der Antragsteller Abg. Zitnik (konser- vativ) erinnerte an das Regierungsjubiläum ‘des Kaisers, pries Allerhöchsidessen hervorragende Herrschertugenden, er- klärte, gerade das slovenishe Volk sei dem Monarchen g größten Dank verpflichtet, und sprach. den Wunsch aus, daß in geregelter parlamentarischer Arbeit die Durchführung der Gleichberehtigung aller Nationen und die Regelung des Ver- hältnisses mit Ungarn gelingen möge. Der Abg. Schwegel {loß sich im Namen des Großgrundbesißes dem Antrage an.

Großbritannien und JFrland.

Gestern hat, wie „W. T. B.“ meldet, abermals ein Kabinetsrath unter dem Vorsiß des Premier-Ministers Lord Salisbury stattgefunden. / :

Das „Reuter’she Bureau“ E daf gegenwärtig eine starke Expedition für das obere Nilthal ausgerüstet werde. Der Führer dersclben sei der Forschungsreisende Cavendish, der soeben von dem Rudolph-See zurüd- gekehrt sei. Cavendish werde von aht bis zehn Europäern einschließlich ciner Anzahl Soldaten begleitet werden. Die Expedition, welhe eine private sei und auf Kosten von Cavendish stattfinde, werde mit Marie pen und einer Eskorte von 400 Bewaffneten ausgerü}tet. Die Expedition solle direkt von der ostafrikanishen Küste an die Mündung des Sobat in den Weißen Nil gehen. Der Lieutenant Andrew und zwei andere Mitglieder der Expedition würden S abreisen, um den Transport in Si zu bringen ; er Rest werde innerhalb Monatsfrist zu Schiff nachfolgen.

Frankreich. Die Deputirtenkammer hat gestern das Armeebudget sowie den Entwurf eines Gesehes angenommen, durch welches ein nationales Amt für den auswärtigen Handel geschaffen wird.

Rußland.

An Stelle des Kontre - Admirals Andrejew i}, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet wird, der inte- rimistishe Ober:Jnspekteur des Torpedowesens, Kontre-Admiral Skrydlow zum Kommandanten des detachierten Schif}f3- Geschwaders im Mittelmeer ernannt worden. ;

Das Ministerium des Jnnern hat, wie die Blätter melden, einen Gesehentwurf ausgearbeitct, nah welchem die Gouvernements Kowno, Wilna und Grodno allgemein russishe Semstwo-Organe erhalten sollen.

Ftalieu,

Der Deputirte Frola ist zum Unter-Staatssekretär des Schaßamtes ernannt worden. :

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer nahm, dem V T. B.“ zufolge, der neu erwählte Präsident Biancheri unter lebhaften und lang anhaltenden Beifalls- kfundgebungen den Präsidentersiß ein, sprach den herzlihen Dank für seine Wahl aus und betonte, daß das e und die Regierung in Uebereinstimmung an die Herstellung des Gleich- gewichts in der Gamen erwaltung sowie an die Ver- minderung der Lasten der ärmeren Klassen denken müßten, damit gefährliche Lehren keinen Eingang bei ihnen fänden. Beifall auf der Rechten und im Zentrum. Die Sozialisten organi

und Bissolati rufen: Es lebe der Sozialiomus! Lärm.)

Biancheri erinnerte alsdann an die vor 60 Jahren erfolgte Einführung der konstitutionellen Verfassung und \prach im Namen des Parlaments dem Königshaus den Dank für dieselbe aus. (Anhaltender Beifall.) Hierauf wurde die Berathung über den Geseßentwurf, betreffend die Emmissionsbanken, wieder aufgenommen.

Spauieu.

Aus Anlaß des Geburtstages Seiner Majestät des Deutschen Kaisers fand, wie „W. T. B.“ berichtet, vor- gestern in Madrid in der deutshen Schule eine Feier statt, welcher als Vertreter des Botschafters der Legations-Rath “Erb-

raf zu Castell-Rüdenhausen beiwohnte. Hierauf folgte n der deutschen protestantishen Kapelle ein Festgottes- dienst, an welchem der Botschafter von Radowiß nebst Familie, die Mitglieder der Botschaft, der Konsul von Jecklin und viele Mitglieder der deutshen Kolonie theilnahmen. Abends vereinigte ein von dem Verein „Germania“ und dem Turnverein gemeinsam veranstaltetes Festmahl unter dem Vorsiß des Nas von Radowig die deutschen Herren und Damen nebst einigen spanischen, österreichischen und shweize- rishen Freunden der Kolonie in den Räumen der „Germania“. Der Botschafter brachte ein Hoh auf den König und die Königin-Regentin von Spanien aus und toastete Tabaan auf den Kaiser Wilhelm.

Schweiz.

__Der deutsche Gesandte Graf von Tattenbach über- reichte gestern dem Bundes-Präsidenten sein Abberufungs- shreiben. Der Bundesrath gab am Abend zu Ehren des scheidenden Gesandten ein Festmahl.

Numäánien.

Der Arn Ferdinand hat, nah einer Meldung des „W. T. B.“, von Nizza aus an den Senat, welchem er an- gehört, eine Depesche gerichtet, in welcher er der zahlreichen Liebesbeweise gedenkt, die er seitens der Mitglieder des Senats im legten Jahre empfangen habe, seine Freude über die an ihn in Beantwortung der Thronrede übermittelten Glückwünsche ausspricht und dem Senat zu dem Beginn des neuen Jahres mit aufrichtigstem Dank seine wärmsten Wünsche darbringt.

Serbien.

Der Ministerrath besuchte, wie „W. T. B.“ aus Belgrad berichtet, gestern in corpore den Kommandanten des aktiven Heeres, den König Milan, in der Kommandantur. Der Minister-Präsident begrüßte den König mit warmen Worten, in welchen er den Dank dafür aussprach, daß der König Alexander das für die Einheit und Förderung des Heeres so wichtige Ober-Kommando wieder geschaffen und dem König Milan anvertraut habe. Der Minister- rath werde mit allen Kräften ihn (den König Milan) in der Erfüllung der- Aufgaben unterstüßen. Der König Milan dankte der Régierung, mit deren Hilfe er bestrebt sein werde, das Heer auf der Höhe der modernen Anforderungen zu er- halten. Hierauf fand die Einweihung der Kommandantur durch den Metropoliten statt, welher auch der König Alexander beiwohnte. Nach der Einweihung stattete der König Milan dem Metropoliten und den Ministern Besuche ab.

Schweden und Norwegen.

__ Das schwedisch-norwegische Unions-Comité wird, einer Meldung des in Christiania erscheinenden Blattes „Verdens Gang““ zufolge, heute seine Arbeiten schließen, ohne daß eine Uebereinstimmung erzielt worden wäre. Die s{hwe- dishen Mitglieder des Comités stellten zwei verschiedene Vorschläge zur Ordnung der gemeinschaftlihen Angelegen- heiten im Reiche auf; ein dritter Vorschlag geht von den der Rechten angehörigen norwegishen Mitgliedern aus, während die norwegischen Mitglieder von der Linken sich auf die Erklärung beschränkten, daß die Grundgeseße der beiden Reiche die gesonderte Leitung der auswärtigen Angelegenheiten eines jeden derselben vorausseßten. Der Hauptpunkt der erwähnten drei positiven Vorschläge ist die Forderung der gemeinschaftlihen Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, jedoh unter verschiedenen Formen.

Amerika.

Die Nationale Fabrikanten-Vereinigung in New-York veranstaltete, wie „W. T. B.“ berichtet, am Donnerstag Abend zu Ehren des Präsidenten Mac Kinley ein Festmahl. Der Präsident hielt eine Rede, in welcher er ausführte: er glaube, das Land werde die Handels- gebiete, die es zeitweilig verloren habe, wiedergewinnen und auf die friedlihe Eroberung neuer, größerer Gebiete ausgehen. Die nationale Politik könne die Jndustrie er- muthigen, aber das Volk müsse projektieren und die Projekte durchführen. Die Regierung sei nur in beshränktem Maße in der Lage, die Jndustrie zu fördern. Der Präsident fuhr dann fort: „Wenn die Käufer nicht zu uns kommen, müssen wir ju ihnen gehen. Es is} unsere Pflicht, dem amerikanischen

nternehmungsgeist Achtung bei allen Nationen zu ver- schaffen. Eine andere Pflicht besteht darin, den Geldwerth nah den strengsten Grundsäßen kaufmännischer Anständigkeit und nationaler Ehre zu regulieren. Das Geld der Vereinigten Staaten muß für alle Zeit untadelig und unangreifbar Bli Nichts darf uns je verlocken, die unverleßlihe Schuld der Nation auf dem Wege geseßliher Kunstgriffe herabzudrücken. Die Vereinigten Staaten werden allen ihren Verpflichtungen in solhem Gelde nachkommen, das in der ganzen zivilisierten Welt als das zur Zeit der Zahlung beste anerkannt wird. Es ist die Pslicht der Bürger, mit verdoppelter Anstrengung auf eine solche Finanzgesebgebung hinzuwirken, daß die ehrenwerthen Absichten der Bürgerschaft über jeden Zweifel erhaben dastehen. Das Land hebt fih selbst empor aus bedrängter Lage und fängt jeßt an, sich von dem Druck zu erholen, der auf ge- wissen Geschäftsgebieten ganz beispiellos war. Jch glaube, daß wir mit der Zeit aus der lang anhaltenden Depression herauskommen werden ; der Fortschritt wird langsam sein, man darf aber nicht ungeduldig werden“.

Der Senat hat, wie V. T. B.“ aus Washington erfährt, gestern mit 47 gegen 32 Stimmen die vom Senator Teller eingebrachte Resolution angenommen, in welcher er- klärt wird, daß die Bonds der Vercinigten Staaten sowohl in Gold wie in Silber zahlbar seien.

Wie aus Havanna gemeldet wird, griffen die spanischen Truppen das Lager des Rebellenführers Aranguren an, der kürzlich den Oberst-Lieutenant Ruiz hatte erschießen lassen, und vertrieben die Aufständishen nach kurzem Kampf. Dabei wurde Aranguren. getödtet. Sein Leichnam wurde von den Truppen mitgenommen und nach Festflellung der Jdentität nah Havanna gebracht.

Parlamentarische Nachriéehten.

Die Berichte über die gestrigen Sizungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten be- finden fich in-der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (28.) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1898, und zwar des Etats des Reichs8amts des Jnnern, bei den Ausgaben für das Kaiserlihe Patentamt fortgeseßt. Das Wort nahm zuerst der Abg. Dr. Hammacher, welchem der Staatssekretär erwiderte. Alsdann wurden die Ausgaben für das Kaiserliche Patentamt genehmigt, und es folgte bei Schluß des Blattes die Berathung der Ausgaben für das Reihs- Versiherungsamt.

Das Haus der Pg elen seßte in der heutigen (10.) Sißung, welcher der Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammerstein beiwohnte, die zweite Be- rathung des Staatshaushalts-Etats für 1898/99 bei den dauernden Ausgaben der landwirthschaftlichen Ver- waltung fort.

Abg. Ehlers (fr. Vgg.): Jh würde dem Minister gern noh ein hôheres Gehalt bewilligen angesihts der schwierigen Situation, in welcher sih der Herr Minister befindet. Die Aufnahme der gestrigen Ausführungen meines Parteifreundes Gothein auf der rechten Seite war sahlich niht begründet; die Herren haben keinen Anlaß zur Heiterkeit gehabt, und wenn sie den fteno- graphishen Bericht diefen , werden sie selbst nicht wissen, warum sie gelaht haben. In diesem Hause sollte eigentlih der feinste Ton herrschen, aber das Verhalten der Rechten war gestern weit ent- fernt davon. E Gothein hat gestern mit außerordentliher Mäßi- gung gesprohen. Wir haben natürliGh auf der rechten Seite immer nur einen s{chwachen Beifall; die Redner der Rechten haben einen großen Resonanzboden hinter si. Die Herren thun so, als ob Herr Gothein garnichts verstehe. Herr Gamp setzte eine Prämie aus für die Nachweisung von Gütern von 2400 Morgen, die von einer Stelle bewirthshastet werden. Jch könnte mich um die Prämie bewerben, denn ih habe in meiner Kämmerei- verwaltung solhe Güter gehabt. Herr Gamp verlangt von den Städten eine Ermäßigung der Schlachtsteuer; dabei handelt es sch um eine Einnahme für die Städte, welGe dazu dient, den Steuer-Etat herunterzudrücken. Eine ftädtishe Biersteuer bat mir der Finanz- Minister felbst einmal für Danzig empfohlen. Die Einnahmen aus den städtischen Werken, für Gas, Wasser 2c., kommen der Allgemeinheit zu gute. Wie können die Herren auf der Rechten da behaupten, daß wir in den Städten den armen Leuten das Wasser vertheuern? Die Erklärung des Ministers über die Wahrung der landwirthshaftlihen Interessen bei den künftigen Handels- verträgen war außerordentliÞ geschickt und vorsihtig ge- faßt. Auch wir können mit einer besseren Wahrung dieser Inter- essen einverstanden fein, es fragt sich nur, wie die Sache in der Praxis aussehen roird und welhe anderen wirthschaftlichen Juteressen die Kosten zu tragen haben werden. Die Herren auf der Rechten sind ja selbs noch nicht einig über die einzelnen Mittel zur Hebung der Land- wirthschaft. Wenn die Landwirthschaft krank ist, so darf do der Minister der Kranken nicht gerade die Mittel vershreiben, welche fie selbst will. Wenn der Minister das nicht thut, kann man do niht behaupten, daß er kein Herz für die Landwirthschaft habe. Der Herr Präsident nannte uns neulih verständige Leute. Sprechen wir ihm dafür unsern Dank durch unser Verhalten aus. Seien wir zwar s{harf in der Sache, aber höôflich und entgegenkommend in der Person, damit man sagen kann, daß es kein verständigeres Parlament in der Welt gebe als das preußische.

Abg. Pleß (Z.) bedauert, daß noch immer kein Entwurf eines Wassergesetzes vorgelegt sei, obwohl es seit 14 Jahren versprochen worden set. Es handle si dabei um keine politische Frage, sondern um die Beseitigung wirthschaftliher Uebelstände, mit der alle Parteien einverstanden sein könnten Redner tritt ferner für die Förderung des landwirthschaftliden Fortbildungs\hulwesens ein.

Abg. Ming (kons.): Wir lachen bei den Ausführungen des Herrn Gothein, weil er sich mit landwirthschaftlißhen Fragen be- schäftigt, von denen er doch nicht die genügende Kenntniß hat. Auch gestern sind ihm verschiedene Schnißer passiert, über die wir nur lachen fkfonnten, Dem Herrn Minifter sage ich namens meiner Freunde Dank für seine Erklärung. Angesichts der Getreidezoll- verhältnisse im Reih und in den anderen Ländern und angesichts unserer Benadtheiligung in Bezug auf den Zuckerzoll müssen wir allerdings auf eine bessere Wahrung unserer landwirthschaftlichen Interessen bei den neuen Handelsverträgen Bedaht nehmen. Was würde die Linke sagen, wenn wir für unsern Zucker so hohen Schußzoll einführen wollten, wie es Frankreih gethan hat? Der Minister hat sich mit der Grenzsperre gegen verseuhte Länder ein- verstanden erklärt. Wenn man troßdem die russishen Gänse bei uns noch hereinläßt, so müssen doch noch andere Einflüsse vorhanden sein, denen sich der Minister nicht entziehen kann. ‘Von den . Schweden sind wir in Bezug auf die dortigen veterinärpolizeilihen Maßnahmen immer hinters Licht ge- führt worden. Es ist jeßt nahgewiesen, daß eine zehntägige Quaran- täne nicht genügt. Nach einer Zeitungsnotiz foll der Minister des Innern verfügt haben, daß zu den Märkten Abgeordaete der Land- wirthschaftskammern als Mitglieder der Marktkommissionen zu- gezogen werden follen. Das wäre erfreulih. Jst diese Notiz rihtig? Herr Gothein hat uns {hon in der vorigen Session manches Kuckucktei legen wollen, aber mein Freund von Plettenber hat in einem hübschen Bild gezeichnet, wie sih Herr Gotbein vergebli bemüht, ein Kuckucksei zu legen. Herr Rickert hat im Reichstage be- hauptet, daß die amtliche Beei: flussung der Bauern systematisch betrieben werde; die Gemeindevorsteher würden dazu mobil gemaht. Das war eine Denunziation, die {on öffentlih richtig gestellt ist. Er hat dabei meinen Namen genannt, es handelt sich aber lediglih um lantwirthschaftlich-technishe Vorträge eines Wanderlehrers in Versammlungen, zu - denen Jeder - Zutritt hat, nit um eine Agitation für den Bund der Landwirthe. Ich selbst habe in diesen Versammlungen keinen Vortrag gehalten. Der B der beiden freisinnigen Parteien läßt den Herren eben feine eit, die Dinge genau zu prüfen. Was die Brennereifrage betrifft, so möchte ih die Regierung bitten, die Verwendung des Spiritus zum Motorenbetrieb und zu Beleuhtungszwecken zu fördern. Wenn der Spiritus so billig gemaht werden könnte wie das Petroleum, würde das amerikanische Petroleum verdrängt und der Landwirthschaft wesent- lih genügt werden, Schließlih möchte ich den Minister bitten, die I der Tuberkulinimpfung in den Schlachthäusern zu ver-

entlichen.

Hierauf nimmt der Minister für Landwirthschaft 2c. Frei- herr von Hammerstein das Wort, dessen Rede am Montag im Wortlaut mitgetheilt werden wird.

(Schluß des Blattes.)

Dem Be ae ift der Entwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderungen der Konkursordnung, zugegangen.

Dem Hause der Abgeordneten is ein Bericht über die Ana Reg Luer und Beschaffungen der Eisen- bahnverwaltung während des Zeitraumes vom 1. Ok- tober 1896 bis dahin 1897 zugegangen.

Das Zentrum hat im Hause der Abgeordneten den Antrag auf Annahme des Entwurfs eines Gesetzes zur Ab- änderung einiger Bestimmungen des ommunals-

abgabengesehßes vom 14. Juli 1893 (Geseßz-Samml. S. 152) eingebracht.

“Einfluß dahin geltend machen,

__— Ferner if von den Abgg. erLId Douro und Genossen im Hause der Abgeordneten folgender Antrag geftellt worden : Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Königliche Staatsregierung zu ersuchen Ms wolle im Buntesrath ihren dem Neiholgge baldigst ‘ein Geseßentwurf vorgelegt werde, durch welhen die Ausübung des so vexantwortlihen Baugewerbes von dem Nahweis der Be- fäbigung zum selbständigen Betriebe abhängig gemacht wird.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Dänische Antillen.

Die Regierung der dänischen Antillen hat für Schiffe von Para Wege Ut auêsgebrohenen Gelbfiebers eine fünftägige Quarantäne angeordnet.

Theater und Musik.

Goethe-Theater.

Das Volkéstück mit Gesang „Berliner Spezialitäten“ von Ludwig Fernand, welches gestern zur ersten Aufführung gelangte, erinnert bei (róteren Umrifsen stark an Adolf L’Arronge?s Volks\tück „Mein Leopold". Der Schuster Weigelt verwandelt fi bier zwar in den Mau und Laternenanzünder Blayer; aber er versöhnt sich mit seiner verlorenen und verstoßenen Tochter ganz nah dem Muster L’Arronge'ss durch sein Enkelchen und durh die buchstäblihe Auslegung eines sinnbildliÞh gegebenen Versprechens. In allem M kann aber das neue Stück mit dem Borbilde über- haupt nicht in Verglei treten. Die Sprache ist gewöhnlich, und die Gedanken und Empfindungen sind auf cin niedrigeres Niveau herabgedrückt, sodaß die ganze Stimmung unbehaglich wird. Der Verfasser hat fih die {were Aufgabe, die Volksseele zu ergründen, sehr leiht gedackt oder wenigstens leiht gemacht. Mit der äußerlihen Wiedergabe wvolksthümliher Redensarten - ift es niht gethan; an die Stelle {lichten Gefühls tritt hier gespreizte Empfindelei, und die Kuplets und sonstigen Scherze zeihnen sich ebenso wenig dur Geschmack aus, wie die Schüttelreime, durch welche der Verfafser die Nüchternbheit seiner Prosa zu vershônen sucht. Die Darsteller bemühten sich redlich, ihren Nollen fo viel wie mögli belustigende Momente abzugewinnen, und ihnen ift der äußere Erfolg, den das Stück fand, hauptsächlich zu danken. Herr Hecht spielte den Flickschneider mit an- sprehender Schlihtheit und ebenso Herr Grunwald einen Mechaniker, dena zukünftigen Schwiegersohn des Schneiders. Fräulein Gallus bot ein etwas oberflählihes Bild der Tochter Paula dar, die mit unglaublicher Leichtigkeit den Pfad der Tugend verläßt und wieder auf ibn zurückehrt. Frau Wander-Arasep gab die Rolle eines dihtenden Berliner Lehrlirgs recht vergnügli, und sehr tüchtig stellten Fräulein Rupricht eine gutmüthige, verwoöhnte Banquiers- frau und Frau Wenck eine Aufwärterin dar. Die Musik zu dem Volksstück, welce von Moriß Fall herrührt, ist ges{chickt gearbeitet und gefällig.

Neues Theater.

Der neue dreiaktige Schwank „Die Scchildkröte" („La Tortue“) von Léon Gandillot, welcher gestern seine erste hiesige Aufführung in einer gewandten deutschen Uebersetzung von Max Schönau erlebte, vermocbte erft in seiner zweiten Hälfte die Lachlust der Zuschauer in dem Maße zu erwecken, daß von einem Heiterkeitserfolge die Nede fein konnte. Aber auch hier beruhte die Wirkung lediglih auf Situationskomik und jenen niht gut zu heißenden Reizmitteln, welche sich in den meisten Pariser Boulevardstücken vor- finden, unterstüßt durch eine vortrefflide Darstellung. Mit Geduld mußten die Zuschauer zunächst die lange Vorgeschichte und komplizierte Exposition des Stücks hinnehmen, welhe, in Kürze wiedergegeben, darin besteht, daß die junge Madame Champalier, um einen Scheidungsgrund herbeizuführen, ihrem Gatten eine lebende Schildkröte an den Kopf geworfen hat und von ihm infolge dessen thätlich mißhandelt worden ift. Kaum aber ist dieScheidung ausge|prochen, so bereut Madame Champalier wieder ihren Schritt und legt gegen das Urtheil Berufung ein. Durch einen Jrrthum des Gerichts- shreibers erfährt Champalier von der Berufung zunächst nichts und vermählt fih inzwishen zum zweiten Male. Der Zufall fügt es nun so, daß seine erste Frau zu der gleihen Stunde wieder in sein Haus einziebt, in welcher er seine zweite Gattin heimführt, sodaß er, da er mittlerweile auch von dem Urtheil der Berufungsinstanz, welche die Scheidung annulliert hat, erfährt, si in komischer Verzweiflung für einen Bigamisten hält. Schließlich klärt sich alles auf, indem die zweite Frau Champalier's, welche ihn nur um deswillen zum Gatten nehmen wollte, weil sie thren früheren Verlobten irrthüm- liherweise für untreu hielt, berzlih froh darüber ist, daß ibre Ehe in- folge der Berufung der ersten Gattin Champalier's nichtig geworden, jodaß sie ihrem Erwählten nunmehr Herz und Hand schenken kann, während sich Champalier selbst mit seiner ersten Gattin wieder aus\föhnt. Die komishen Verlegenheiten Champalier's, welche ers in der Mitte des zweiten Akts ihren An- fang nehmen, brachte Herr Alexander mit seinem unver- wüstlichen Humor voll zur R Neben ihm war es Frau Reisenhofer, welche in der Rolle der legitimen Madame Champalier ihre Rechte mit drolliger Energie verfoht und eine heikle, niht gerade geschmackvolle Scene mit Dezenz und Grazie ausführte. Aeußerst komish war auch Herr Panufa als Advokat. Fräulein Lux spielte die zweite Frau Champalier's anmuthig und f\ympathisch. Die Damen Brock, Becker und Rügheimer, die Herren Georg, Senger, Mes und Andere zeichneten ich in kleineren Aufgaben aus. Bon besonderem Geshick und Geshmack zeugte die vom Direktor Lautenburg selbst besorgte Jnscenierung.

Konzerte.

Der Pianist Frederic Lamond, der vor etwa zwei Jahren hier bereits konzertiert hat, gab am Dienstag im Saal Bechstein einen Beethoven-Abend, für den er einige der seltener öffentlih ge- spielten Sonaten des Meisters zum Vortrag gewäblt hatte. eine vertrefflich ges{chulte Techbnik und die sorgfältige Beachtung der vor- geschriebenen Tempobezeihnungen, bei mäßigem Pedalgebrauch, traten in der großen B-dur-Sonate (op. 106), ferner in den Sonaten: C-moll (op. 111), As-dur D 110), C-dur (op. 53) und endli in der bekanntesten und beliebtesten Sonate F-moll (op. 57, nAppassionata“) aufs wirlfamste hervor. Das nicht besonders zahlreich erschienene Publikum zollte den Vorträgen des Künstlers wohlverdiente Anerkennung. An demsclben Tage gab der bier ebenfalls {hon vortheilhaft bekannte Pianist Anton Förster im Saale der Sing-Akademie etnen Klavier-Abend. Die früher an dem Künstler bemerkten Vorzüge kamen diesmal hauptsächlih in Werken von Schumann, Chopin, Mendelssohn, Surzinski, Tausig und Liszt zur Geltung, wiewohl a:ch die Namen Bach's und Beethoven?’s auf dem Separat nicht fehlten. Es darf nit un- erwähnt bleiben, daß cin Uebermaß des Pedalgebrauchs die Passagen (besonders die hromatishen) oft beeiuträchtigte.

Am Donnerstag gab die Sopranistin Frau Käthe Grünberg - Wigand im Saal Bechstein ein Konzert, in welchem sie zum ersten Mal vor dem hiesigen Publikum erschien. Jhre Stimme ist besonders in der Höhe klangvoll und kräftig. Reinheit in der Intonation und Deutlichkeit der Aussprache un der Künstlerin leihfalls eigen, nur muß ihre Neigung zu tremolieren gerügt werden.

on den zahlreihen Gesängen gelangen der Künstlerin am besten: eDie Allmaht“ von Schubert, „Die junge Nonne“ von dem- selben Komponisten, „Der arme Peter“ von Schumann, „Aus meinen großen Schmerzen* von Robert Franz und Wagners „Träume“, welche mit großem Beifall aufgenommen wurden. Die dezente und geschickte Klavierbegleitung der Frau B ielenber g ver- dient ebenfälls ein Wort des Lobes,