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¡ad 3B Apt e E R E E E N e dien s M T Ma p R T T E T Ee R E EN Ent E Ter E Ke K N E74 N Ì
__ein Blick in die Listen unserer Referendare. (Sehr re@tig!)) Der
E Wr: 475 Ms
“entwidelten Fo n an den Tag gelegt hat. (Heiterkeit) “Jh kann ihm zunähst nur danken für die Anerkennung, die er dem Justiz-Minister ausgesprohen hat für seine Mitwirkung bei der Er- wirkung der Allerhöchsten Ordre vom 27. Januar dieses Jahres, welche den höheren Justizbeamten die von ihnen lange und mit Recht gewünschte Gleichftellung mit den Beamten anderer Ressorts gebracht hat. Herr Abg. Kirsh hat dabei ganz beiläufig gestreift, daß der in dieser Allerhöchsten Ordre neu eingeführte Titel „Staatsanwaltschafts- « Nath“ niht gerade sehr {chôön sei. Aber es ist weder mir noch allen Herren, die ich zu Rathe gezogen habe, “ troß aller Mühe gelungen, einen besseren Titel zu entdecken. Wenn ihm zum Vorwurf gemacht wird, er sei zu lang, so mödjte id diesen Vorwurf nit gelten lassen. Wix haben längere Titel; ich brauhe nur zu erinnern an Ober-Landesgerichts-NRäthe, Ober-Landeskultur-Räthe, Ober-Landesgerihts-Präsidenten — das find fogar 11 Silben —, während der Staatsanwaltschafts-Rath nur 9 Silben hat. (Heiterkeit.) Daß er nit gerade {ön klingt, liegt lediglih daran, daß der Vokal „a“ fünfmal sich wiederholt. Ein neuer Titel mußte aber gefunden werden, wenn ein höherer Rang nunmehr auch mit dem Amt des Beamten, der jeßt also Staats- anwaltschafts-Rath genannt wird, verbunden werden mußte.
Sehr angenehm hat mich dann berührt der liebenswürdige Vor- wurf des Herrn Abg. Kirsch, daß die Justiz anfange, zu höflih zu sein. Bisher waren wir den umgekehrten Vorwurf gewöhnt. (Heiterkeit.) Den gegenwärtigen Vorwurf können wir jedenfalls viel [leiter ertragen, als den, der uns früher gemacht wurde. (Heiteckeit.) Wenn dabei erwähnt ist, daß den Standesherren in gerichtlichen Urtheilen das Prädikat „Herr“ ertheilt worden sei, so ist das nichts Neues, sondern die Auszeihnung der Standesherren beruht auf der Allerhödhsten Instruktion vom Jahre 1817, in der die Nechte der Standesherren fixiert worden sind, und in der ausdrücklich vor- geschrieben ist, daß den Standesherren in den Schreiben aus dzm Allerhöhsien Kabinet das Prädikat „Herr“ ertheilt werde. Jch meine, was von der Allerhöchsien Stelle den Standesherren gewährt wird, hat ihnen jede Behörde im Lande zu gewähren.
Wenn dann in Strafkammerverhandlungen Zeugen, fogar An- getlagte, mit dem Prädikat „Herr“ ausgezeichnet sein sollen, so find mir Beschwerden darüber bisher noch nicht zu Ohren gekommen, jedenfalls niht von seiten derjenigen, die dieser Auszeichnung fich zu erfreuen gehabt haben. (Heiterkeit) Ih meine, man kann es ruhig dem Takt der einzelnen Beamten und der Vorsitzenden überlassen, wie sie die Rücksichten ihrer Amtspflicht mit den Rücksichten der Höflich- keit zu vereinigen wissen.
Der Herr Abg. Kirsch wünscht dann eine andere Abfassung der Strafbefehl-Formulare. Jch kann darauf bemerken, daß die sämmt- lihen Formulare in Strafsacben gegenwärtig einer Umarbeitung unter- ¿ogen werden, darunter auch speziell das Formular für die Straf- befehle, und die von dem Herrn Abgeordneten gegebenen Anregungen werden dabei jedenfalls auch noch einmal geprüft werden.
Wenn endlich der Herr Abg. Kirsh noch erwähnt hat, daß bei der Einführung des Bürgerlichßen Gefetzbuches glüklicher- weise auch eine neue Abgrenzung der bestehenden Gerichts- bezirke, und zwar namentlich in der Richtung einer Verkleinerung, in Betraht zu ziehen fein werde, so fann ich darüber eine Auskunft nit ertheilen. Diese Srage hat uns bisher nicht be- schäftigt, und was speziell die Ober-Landesgerichtsbezirke Köln und Hamm angeht, so hat sich aus der Größe dieser Bezirke, soweit die Thütigkeit der Ober-Landesgerichte in Frage kommt, bisher eine Un- zuträglihkeit noch nicht ergeben; troß ihres großen Umfangs haben sie den an sie gestellten Anforderungen bisher ausreichend genügt, und ih glaube deshalb, taß zunähst kaum ein Anlaß vorliegen wird, an eine Verkleinerung dieser Ober-Landesgerichtsbezirke heranzugehen.
Im übrigen halte ih es für einigermaßen bedenklih, der {weren Vebergangszeit, die uns bevorsteht beim Eintritt in das neue Jahr- hundert, noch größere Schwierigkeiten dadurch zu bereiten, daß damit auch noch neue organisatorische Fragen verquickdt werden, die ja unter allen Umständen eine außerordentlih starke Jnanspruhnahme wiederum aller betheiligten Behörden und insbesondere der einzelnen Beamten zur Folge haben wird.
Ich denke also, da nah dieser Nichtung infolge der Einführung des Bürgerlichen Geseßbuchs eine größere Eile um so weniger geboten ist, als die bestehenden Rechtaverschiedenheiten, die ja in der Ab- grenzung, namentlich des rheinishen gegen den westfälishen Ober- Landesgerichtsbezirk, bestehen, nah auf Dezennien hinaus sich fühlbar machen werden, und wir beide Gerichte nicht so würden beseßen können, daß sie die verschiedenen, immerhin noch zur Anwendung kommenden Rechte mit voller Sicherheit zu übersehen in der Lage sind. (Bravo!)
Abg. Mun ckel (fr. Volksp.) gebt auf die s in , ung zum Meeihariätgerumen A0 s if Gi e Qu daß ein junger Mann den wissenschaftlichen Anforderungen gut genügt hat; er ist wirthshaftlih gut gestellt, und in sittlicher Beziehung ift gegen ihn nichts einzuwenden. Aber sein Vater ift vor 20 Jahren als er felbst noch nit \trafmündig gewesen, mit dem Strafgesetz in fittliher Beziehung in Konflikt gekommen, ohne daß der Sohn etwas davon wußte. Die Sünde der Väter soll nach dem Alten Testament hHeimgesuht werden an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied; hier handelt es sh um das erste Glied. Soll es etwa geschehen, weil Vater und Sohn dem alttestamentlihen Volke angehören? Jh verstehe es, wenn dieser junge Mann vielleiht in seinem Heimathsbezirk Marienwerder nicht angestellt würde, aber warum nit etwa im Bezirk Hamm? Mir scheint es, daß man auf Umwegen den Assessorenparagraphen wieder einführen will. Der junge Mann hat seine ganze Universitäts« vorbildung und die Mühen und Strapazen des Examens umsonst Ae cet Aenderung der Bedingungen für die Zulafsung wäre
Justiz-Minister Schönstedt :
Meine Herren! Die von dem Herrn Abg. Muncke!l vorgetragenen Thatsachen sind im wesentlihen rihtig, Es ift insbesondere au richtig, was Herr Munckel wenigstens hat zugeben wollen, daß die Zurückweifung des in Rede stehenden Rechtskandidaten nit erfolgt ist in Rücksicht auf feinen Glauben. Daß aus diesem Grunde Zurückroeisungen nit erfolgen, zeigt die thatfählihe Erfahrung und
Grund der Zurückweisung ist allerdings niht der Person des Rechtskandidaten ¡clbst entnommen, dessen intellektuelle und wissenschaftliche Befähigung und dessen sittlihe Führung einem Be- denken nit unterlegen haben ; er is entnommen seinen Familien- beziehungen.
‘vielleiGt wäre es deshalb wünschenswerther gewesen, auch im Interesse des betreffenden Herrn selbst — dessen Namen ih selbstverständlich ebenfo wen!g nennen will, wie es seitens des Herrn Vorredners ge- sehen ist —, diese Dinge hier nit zur öffentlichen Verhandlung zu bringen. (Sehr richtig ! rechts.) Da ih aber genöthigt bin, mi auf die Angriffe des Herrn Abg. Munckel zu vertheidigen, fo bleibt mir nihts Anderes übrig, als die Thatsachen hinzustellen, die dahin geführt haben, daß diefer junge Mann abgewiesen worden t. Der Vater deéselben ist, allerdings vor 20 Jahren, im Jahre 1878, s{chwurgerihtlich wegen Verbrechens gegen die Sittlichkeit zu 3 Jahren Gefängniß und zu 3 Jahren Ehrverlust verurtheilt. Er ist ferner im Jahre 1888 wegen vorsäßliher körperliher Mißhandlung zu 50 4 oder. 60 Tagen Gefängniß und am 19. Dezember wegen Beleidigung und Hausfrieden- bruhs zu 6 Tagen Gefängniß verurtheilt worden. Ein Bruder des Angeklagten ist im Januar 1894 vom Landgericht wegen Diebstahls verurtheilt worden, (Hört! hört!)
Meine Herren, ich glaube, Sie werden mir doh Necht geben, wenn i, so hart es für den einzelnen Betroffenen sein mag, doch daran festhalte, daß eine « Verpflichtung der Justizverwaltung dahin besteht, Elemente, die aus einem Milieu hervorgegangen sind, das für unseren höheren Staatsdienst sich nicht eignet, vom Eintritt in den Staatsdtenst fernzuhalten. Daß dieser Kandidat meine persönliche Theilnahme findet, das wird au der Abg. Munckel nicht bezweifeln. Es ist mir mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des Kandidaten s{chwer geworden, an der Entschließung, die seitens der Ober-Landesgerichts- Präsidenten gefaßt war, diesen jungen Mann nicht aufzu- nehmen, festzuhalten. Er if zunächst zurüdckgewiesen worden vom Ober-Landesgerichts-Präsidenten seines Heimathsbezirks; er hat sich dann an eine Reihe anderer Präsidenten gewandt — überall ist er derfelben Zurückweisung begegnet, und ih glaubte, im Interesse des Ansehens der Justiz der Beschwerde diefes Kandidaten nit stattgeben zu dürfen. Ich möchte bitten, daß das hohe Haus, welches au bei Berathung des bekannten Assefsorengesezes den Standpunkt vertreten hat, daß alles geshehen müsse, um den übermäßigen Andrang zur Justiz einzudämmen und insbesondere au unwürdige und un- geeignete Elemente von ihr fernzuhalten, und \ich ferner auh auf den Standpunkt gestellt hat, daß es eines neuen Gesetzes nit bedürfe, daß vielmehr die bestehenden Vorschriften s{on ausreichen, um der Juftizverwaltung die genügenden Handhaben zu geben — — daß dies hohe Haus die Justizverwaltung nit desavouieren wird, wenn sie diefen Winken gefolgt is und im vorliegenden Falle unter obwaltenden Umständen den Rechtskandidaten zurückgewiesen hat. (Bravo! rets.)
Aba. Schmidt- Warbur entr.) wünscht die Et
gerihtlihen Hilfökräften zur Darediührung des Bree eun ‘budbs und womöglich eine dauernde Entlastung der Richter über aupt. Die Kostenfestsezung kônne ruhig dén Subalternbeamten überlassen werden, und nur gewisse Punkte brauchten der Entscheidung des Richters bezw. Vorsitzenden oder dem Kollegium vorbehalten zu werd-n. Bei gutem Willen lasse si hier sehr leiht ein Ausweg finden. Das Bürger- lihe Geseßbuch sei für die Mafsen immer noch ein Buch mit sieben Siegeln, Außer der Kommission, fährt der Redner fort, kennen es eigentli nur die Universitäts-Professoren gründlih. Zu seinem Studium haben sih Richter und Anwalte vereinigt. Die Kommentare genügen au niht;* ich felbst besie noch keinen. Könnten nit ‘den Richtern Vorträge gehalten werden über das Bürgerlich2 Gesetzbuch ? Hier in Berlin besteht {on ein solher Kursus. Von Staatswegen und mit Staatsmitteln müßten an Universitäten und an den größeren Gerichten in den Ferien Vorträge, vielleicht au von Wanbverlehrern, gehalten werden. Bei unseren ‘ geringen Gehältern können uns nticht noch größere Ausgaben für das Studium des Bürgerlichen Geseßbuchs zu- gemuüthet werden. Bei der Berathung der lox Heinze im Reihötane war kein Vertreter der preußishen Regierung anwesend; ih bitte den bet AamlE U A ite Bee E M lassen. Die Wünsche
( , eine ih dem Wohlwollen des Ministers. S S Ene Justiz-Minister Schönstedt:
Meine Herren! Ih will zunächst, dem guten Beispiel des Herrn Abg. Schmidt folgend, auf die Verhältnisse der Kanzleigehilfen an dieser Stelle und zu dieser Stunde nit eingehen.
Was die Vertretung der preußischen Regierung in der MNeichstags- kommisfion zur lex Heinze angeht, so ist dieselbe allerdings unter- blieben. Sie ist seiters der Kommission selb nicht verlangt worden. An dieser Kommission selbst betheiligen sich Vertreter der verschiedenen Reichsrefsorts, die mit der Auffassung der preußishen Verwaltung durchaus vertraut sind, und soweit sie sid an der Diskussion dieses Initiativantrages betheiligen, in der Lage sind, über diese Auffassungen genügende Auskunft zu geben,
Um bei der umgekehrten Reihenfolge bezüglih des Vortrages des Herrn Abg. Schmidt zu bleiben, so glaube ih ferner die Versicherung geben zu dürfen, daß der Vertreter des preußischen Justtz-Ministeriums in der RNeichstagskommission zur Zivilprozeßordnung allen berehtigten Wünschen und Anträgen, die aus der Mitte der Kommission gestellt werden, größtmögli&stes Wohlwollen und au seine thatkräftige Mitwirkung \{chenken wird, Fnwieweit sih dieses Wohlwollen vers- dihten wird zur Formulierung bestimmter Anträge bezügli des Kostenfestseßung sverfahrens, weiß ih nit. Es ist dies Verfahren allerdings eine Last für sämmtlicke Richter, und ih habe {hon früher anerkannt, daß ich um diese Thätigkeit niemand beneide. Aber bei der Frage, ob diese Arbeiten den Richtern aufzuerlegen oder ob fie den Gerichts\hreibern zu überlassen seien, kommen nicht bloß die Interessen der Richter, sondern au die Interessen der Bevölkerung in Frage, die, wenn nicht geeignete Organe dieses Kostenfestseßungsgeshäft vor- zunehmen haben würden, do leiht erheblihen Schaden leiden würden. Auf die einzelnen Vorschläge, das Koslenfestsezungsverfahren zu verbessern, die der Herr Abg. Smidt heute gemaht hat, glaube ih hier niht eingehen zu sollen, da fie in den Reichstag gehören ; ih will nur das Eine bemeken, daß fie mir zum theil recht unpraktisch erschienen.
Dann, meine Herren, hat der Herr Abg. Schmidt den Wuns ausgesprohen, der {hon im Reichstage von anderer Stelle [aut geworden ist: daß zur Erleichterung der Arbeit, die den richterlichen Beamten mit Rücksicht auf das Studium des Bürgerlichen Gesetz- buches obliegt, die nöthigen Hilfskräfte zugebilligt werden. Meine Herren, er hat si dabei an die rihtige Stelle gewendet, denn die Frage muß von den einzelnen Justizverwaltungen geprüft und erwogen werden. Meinerseits nehme i keinen Anstand zu erklären, daß den Richtern außerordentliß {were Aufgaben durch das nothwendige Studium des Bürgerlichen Geseßbuches erwachsen, und daß namentlich bei der jeßt {on vorhandenen starken Belastung, zum theil Ueber- bürdung der ichter diese Aufgabe vielfa kaum zu lösen sein wird
Meine Herren, es ist ja pein li, über folde Diùge zu reden, und
ohne Gewährung von Hilfskräften. Die Justizverwaltung ist deshalb
aud) bereit, da* wo \sich aus den Geschäftsverhältnissen ein solhes Bedürfniß ergiebt, mit der Gewährung von Hilfskräften nihcht zu kargen. In einzelnen Fällen sind bereits folhe Hilfskräfte gewährt ‘worden, insbesondere da, wo einzelne Richter fih bereit erklärt haben, ihrerseits über das Bürgerliche Gesezbuch für die übrigen rihterlihen Beamten und auch für, die Bureaubcamten Vorträge zu halten, für die ja dieselbe Nothwendigkeit vorliegt, sich mit einem großen Theil der Vestlinmungen des neuen Rechts vor demJahre 1900 bekannt zu machen, Im übrigen wird aber die praktische Lösung dieser Frage doch nit ganz leiht sein. Eine Erleichterung- für alle Richter zu bringen, ist kaum mögli. Wenn cinem Landgericht von zehn bis zwölf Mitgliedern noch ein Assessor gewährt wird, so wird makcher von den betheiligten Richtern für sich daraus gar keine Erleichterung ziehen, weil un- möglich mit einem Male die ganze Geschäftsvertheilung umgeworfen werden kann. Jch glaube, es müssen befonders btejenigen Richter ins Auge gefaßt werden, die in der von mir angedeuteten Weise eine hervor- ragende und nit bloß eine rein persönliche, sondern eine gemeinnüßige Thätigkeit für die Erleichterung der Einführung in das Bürgerliche Geseßbuch zu entfalten geneigt sind. Für diese Hilfe und Ersaß zu gewähren, bin ih jeden Augenblick bereit. Ich will bei dieser Gelegen- heit gern anerkennen, daß nach den mir gewordenen Mittheilungen bei fast allen preußischen Geritsbehörden {hon jeßt die Richter mit großem dankenswerthen Eifer bestrebt sind, sch mit dem Studium des Bürgerlichen Gefepbuhs zu beschäftigen. Gs find Einrichtungen verschiedener Art getroffen. An manchen Orten sind Vorlesungen der Universitäts-Professoren eingerihtet, und zwar auf Ver- anlassung der Justizbeamten selbst, so z. B. in Stettin, Halle, Magdeburg u. #. w. Anderwärts stellen die Gerichts- kollegien aus ihrer eigenen Mitte die nöthigen Kräfte, um die Lehrthätigkeit, die forst ja an erster Stelle den Professoren obliegen würde, ihrerfeits zu übernehmen. Der Vorschlag aber, den der Herr Abg. Schmidt gemacht hat, es möchten nun im Wege der JIustiz- verwaltung Kurse eingerihtet werden, Wanderklehrer engagiert werden und insbesondere die Ferienzeit dazu benußt werden, um solche Kurse in Gang zu bringen, — diesem Vorschlage zu folgen, wäre, wie ih glaube, sehr bedenklih. Abgesehen davon, daß unsere Universitäts- Professoren, soweit ich es beurtheilen kann, wenig Neigung haben, auf den Genuß ihrer fehr langen Ferien zu verzichten, glaube ih, daß auch in Richterkreisen die Neigung, während der Ferien in den großen Orten zu bleiben, nur eine geringfügige ist. Eine allgemeine Ausdehnung einer fol{hen Einrichtung auf sämmtliche Ge- rihte wäre kaum durGfüßrbar. Es würde das zu einer differentiellen Behandlung der verschiedenen Gerihte führen,
Ich glaube, daß das Interesse und der Eifer unserer Justizbeamten für das Bürgerliche Geseßbuch fo groß ist, daß man es ruhig ihrer cigenen Jnitiative überlassen kann, den rihtigen Weg zu finden, der es ihnen ermögliht, am 1. April 1900 parat zu sein, um das, neue Bürgerliche Geseßbuch handhaben zu können.
Abg. Dr. Friedberg (nl.) lenkt die Aufmerksamkeit des Justizo Ministers auf den Fall des Schriftstellers Wrede, der die Festung Weich selmünde verlassen habe, weil der dortige Aufenthalt ibm gesund- heits\{ädlich gewesen fei, und bittet ibn, fich darüber zu äußern, ob künftig dieser Ort aus der Zahk der Haftorte entfernt werden könute. „Staatsanwaltschafts-Nath* erinnere an das cinesishe Ktaotschau. Besser wäre Staatsanwalts-Rath. Man fei überhaupt mit den Titulaturen nit glülich gewesen. Im übrigen begrüße er die NRangerhöhung der Richter mit Freuden ; verfassungsre{tlih er- heine es ihm _aber fraglih, ob diese Finanzfrage ohne äußere Zustimmung gereg-lt werden durfte, Redner bringt ferner den Fall ¿ur Sprache, daß ein NRechtskandidat, der in Straßburg i. E. sein Neferendarexamen gemacht habe, weder im Elsaß noch in Preußen vom Gericht angenommen werde; in Preußen solle dies nur geshehen können, wenn er noch ein Jahr lang eine preußische Universität besuhe und auf einer folchzn das Examen
noch einmal mache. Das Ausführungsgeseß zum Bürgerlichen Gesetz- buch hâtte der Justiz-Minister {hon in dieser Session einbringen follen; kämen dann Mißstände vor, so « könnte in der nächsten Session noh eine neue Vorlage aemaht werden. Im übrigen erkennt Redner dankbar an, was der Minister bisher im Interesse der Justiz gethan hat.
Justiz-Minister Schönstedt:
Meine Herren! Jch acceptiere zunächst dankend die leßte Aeuße- rung des Herrn Vorredners. Er is ja nit ohne jede Nebenkritik geblieben. Insbesondere bat der Herr Abg. Friedberg wiederum die Titelfrage zur Sprache gebracht, und seinerseits einen Vorschlag ge- macht bezügli der zum Range vierter Klasse erhobenen Staats- anwalte, von dem ich glaube, daß er dem feinen Sprachgefühl des Herrn Abg. Kirsch nit zusagen würde, daß er ihn vielmehr lebhaft bekämpft haben würde. (Heiterkeit.) Was den bei dieser Gelegen- heit hereingezogenen Titel Erster Staatsanwalt angeht, fo gebührt das Verdienst, diesen Titel erfunden zu haben, diesem hohen Hause, oder vielmebr seinem Vorgänger, und nicht der Regierung, die andere Titel, die Herr Abg. Friedberg für \{öner erklärt, damals vorgeschlagen hatte, damit aber kein Glüdck batte.
Die Verfafsungsmäßigkeit der Rangerhöhung, die in der Aller- höchsten Ordre vom 27. Januar dieses Jahres ausgesprohen worden ist, glaube ich nicht in Zweifel ziehen zu dürfen. Jedenfalls kann ih mich darauf berufen, daß in dieser Beziehung eine langjährige, unan- gefohtene Praxis besteht. Jch{ könnte eine große Zahl von Fällen vorlegen, in denen Beamtenkategorien in eine höhere Rangklasse ver- seßt worden sind, und damit sind immer mehr oder weniger finan- zielle Folgen verknüpft; troßdem hat man nicht geglaubt, daß die Prärogative Seiner Majestät des Kaisers irgend welchen Beschränkungen seitens des Landtags unterläge.
Im übrigen ift die finanzielle Tragweite der hier in Rede \tehen- den Maßregel so gering — nach unserer Veranschlagung wird sie ca. 20 000 M jährli erfordern —, daß hier au der Sah: minima non curat praetor auf dieses hohe Haus Anwendung finden könnte.
Meine Herren, über die Verhältnisse der Festung Weichselmünde bin ih nit orientiert. An mich sind Klagen über die Zustände daselbst niemals gelangt, obglei nit bloß Zeitungsredakteure, sondern auch Beamte u. \. w. dort zahlreich ihre Strafe berbüßt haben. Falls diese Klagen berechtigt sind, würden sie an den Herrn Kriegs-Minister zu rihten sein, dem dieses Festungsgefängniß untersteht. Die Justizverwaltung ist nit einmal bei der Auswahl der Festungen betheiligt, sondern sie werden nach den disponiblen Räumen der Militärverwaltung bestimmt.
Den Vorwurf, den der Herr Abg. Kirsch unterdrückt hat, {eint mir jeßt Herr Abg. Friedberg machen zu wollen, daß nämlich das Justiz-Ministcrium nit seine Pflicht erfüllt habe in der rechtzeitigen Einbringung- der Ausführungsgeseßhe zum Bürger-
ligen Gescybiul. JIch darf mir deshalb wohl erlauben,
“ würde diè Justizverwaltung garnicht in der Lage gewesen scin, diese
noch einmal auf de von mir vorhin angedeuteten, ganz
außerordentliien S{hwierigkeiten der Fertigstellung dieser Gesetze hin- zuweisen, Ganz abgesehen von allen parlamentaris@en Rüdsichten,
Geseße zum Abschluß zu bringen, und zwar um so weniger als dieser, Abschluß zum theil bedingt ist durch die in der Reichsgeseßgebung noch garniht zur Verabschiedung gelangten weiteren Geseße, nämlich die Novelle zur Zivilprozeßordnung und zur Konkürsordnung, das Gejey über die freiwillige Gerichtsbarkeit u. st. w.
Im übrigen kann ich nur wiederholen: die Schwierigkeiten sind so greß, daß es bei allen Anstrengungen nicht mögli gewesen sein würde, mehr als ‘das Geseß, von dem ich vorhin gesprochen habe, hier vor dieses hohe Haus zu bringen, und ih glaube, den Grundsaß: impossibilium nulla est obligatio — wirdja auch der Abg. Dr. Fried- berg wohl anerkennen.
Der Abg. Dr. Friedberg hat dann erwähnt die Zurülweisung eines Rehtskandidaten in Preußen, der die erste Prüfung in Elsaß- Lothringen, in Straßburg, bestanden hat. Die Thatfache is richtig; der Fall ist auch nicht vereinzelt; die preußishen Studierenden der Rechte, die in Straßburg ihre Studien zum Abschluß bringen, {ind seit Jahren damit bekannt, daß sie auf die Anerkennung der Prüfung in Preußen niht ohne weiteres zu rechnen haben. Es hat früher eine mildere, weitergehende Praxis nah der Richtung bestanden, und ledig- lih im Wege der Nothwehr, möchte ih sagen, ist die preußische Regierung dazu übergegangen , diesen, allerdings ja etwas parti- fularistis&en Standpunkt einzunehmen, weil alle anderen deutschen Re- gierungen den gleihen Standpunkt einnahmen; alle anderen deutschen maßgebenden Regierungen verhalten {sch absolut ablehnend in Bezug auf die Zulassang von Referendaren, die in Preußen das Examen gemacht haben, und niht minder bezügli der Zulassung von Nichtpreußen. Es sind uns dafür eklatante Beispiele vorgekommen ; und folange jede Gegenseitigkeit fehlt, haben wir geglaubt, au von diesem kleinen Mittel, den übermäßigen Andrang zu unserem Rechtéstudiaum einigermaßen einzuschränken, Gebrauß machen zu müssen. - Ih könnte Ihnen! da ganz s\chretende Fälle erzählen, wie weit die Nigorosität in anderen Staaten ausgebildet ift, ¿. B. einen Fall von einem norddeutshen Staat. Es hat ein Nechts- kandidat aus jenem Staate in Preußen das Examen gemacht und meldet si darauf in seinem Heimathstaat, Er wurde zurückgewiesen. Nun stellte er den Antrag, ibn in seinem Heimathstaat zur Prüfung ¿itzulafsen. Hierauf wird ihm gesagt: nein, das geht niht; Du haît {hon in Preußen das Examen gemacht, und zweimal das Examen zu madhen, ist unzulässig. (Heiterkeit.) So streng, fo grausam sind wir nit; wir verlangen von den Herren nur, daß fie das Examen in Preußen wiederholen, ‘das sie bei einer anderen Prüfungsbehörde {hon bestanden haben. Eine fo große Härte liegt auch hierin nicht. Wenn die Herren das Examen gut bestanden baben, dann wird es ihnen niht {wer werden, es nochmals zu bestehen. Falls sie eine fremdé Prüfungs- kommission aber gewählt hatten, weil sie meinen, daß dort das Examen leichter fei als kei uns, so würde das den Standpunkt der preußishen Justizverwaltung nur stärken, daß sie Anlaß habe, die Wiederholung der Prüfung zu verlangen.
Zum Schluß möchte ih bezüglih einer formellen Frage dem - Herru Abz. Dr. Friedberg noch erwidern, daß, wenn etwa Briefe
niht an den Ersten Staatsawalt, sondern an die Königliche Staats- anwaltschaft adrefsiert waren, dieselben zweifellos nicht deshalb als unbestellbar zurückkommen werden.
Abg. Knebel (nl.) wiederholt seine vorjährige Klage über den Rückgang des Schiedsmannswesens ; die Zahl der von den Swieds- männern zu erledigeïden Sachen nehme stetig ab, im leßten Jahre wiederum von 19 000 auf 17 000, sodaß eine Verkümmerung dieses Instituts zu befürchten sei. Vielleiht sei auch die Statistik nicht maßgebend; es sei möglich, daß die Schiedsmännec die durch Vergleich erledigten Sachen aus Bequemlichkeit nicht eintragen.
Justiz-Minister Schönstedt:
Meine Herren! Es ist leider richtig, daß die leßte Statistik über die Wirksamkeit der Schiedsmänner abermals einen bedauerlihen Rück- gang zeigt auf dem Gebiete der bürgerlihen Nechtóstreitigkeiten. Ih muß davon ausgehen, daß diese Statistik auf richtigen Grundlagen beruht; ich bin nicht in der Lage, sie nachzuprüfen, insbesondere nit nah der Richtung, ob der Fall häufiger vorkommt, daß Schieds- männer die von ihnen erzielten Einigungen nit in ihre Bücher ein- tragen. Zu einer soelchen Nachprüfung würden mir ja alle Mittel fehlen. Ih möchte annehmen, daß die Statistik an und sür sich rihtig ift, und dann würde es sich nur noch fragen, wie einem solchen Rückgang in der Wirksamkeit der Schiedsmänner mit Erfolg entgegen- getreten werden kann.
Ich habe auf Grund der dankenswerthen Anregung des Herrn Abg. Knebel“ aus dem vorigen Jahre im September eine Verfügung an die sämmtlichen Ober-Landesgerichts-Präsidenten erlassen, habe sie auf den Rückzang in den Geschäften der Schiedsmänner aufmerksam gemacht, und ersucht, in ihrem nöhsten Generalberiht nah möglichster Information sich über die Ursachen dieses Rückganges zu verbreiten und ebenso über die Mittel, die etwa geeignet sein könnten, eine größere Thätigkeit der Schiedsmänner wieder herbeizuführen. JIch habe in dieser Verfügung auch darauf hingewiesen, daß der Shwerpunkt wohl in der Auswahl der rihtigen Persönlichkeiten liegen würde. Auf diese Auswahl hat nun bekanntlich — das habe ih im vorigen Jahre {hon gesagt — die Justizverwaltung an und für sich keinen Einfluß. Die Wahl der Schiedsmänner erfolgt dur Verwaltungskörper; nur die Bestätigung liegt in den Händen des Landgerichts-Präsidenten, Sie wird selten versagt, weil regelmäßig die Aeußerung der Wahl- korporationen dahin ausfällt, daß die gewählte Persönlichkeit dem Amt durchaus gewachsen sei. Es würde wahrscheinlich in vielen Fällen einen sehr üblen Eindruck machen, vielleicht sogar zu Konflikten zwischen Justiz und Verwaltung führen, wenn troß einer solchen Empfehlung dfe Landgerichts-Präsidenten dem präsentierten Schieds- mann die Bestätigung versagen wollten. Aus diesen Gründen also habe ih mi veranlaßt gesehen, den Herren Ober-Landesgerich18-Präfidenten anheim zu geben, zu erwägen, ob es niht zweckmäßig sein dürfte, allgemeine Anordnungen zu treffen, daß vor jeder Bestätigung noch einmal den Amtsgerichten Gelegen- beit gegeben würde, über die Qualifikation der präsentierten Kandidaten sich zu äußern. Die Amtsrichter sind allerdings am besten in der Lage, insbesondere wo es sich um eine Wiederwahl der Schieds- männer handelt, zu beurtheilen, ob diese Herren ihrem Amt gewachsen find oder nit. Weno, was ih für wahrscheinlich halte, dieser
Leilsamsten Einfluß auf die fernere Wirksamkeit des wohlthätigen
Instituts sein.
Abg. Rickert (fr. Vgg.) wünscht, daß die Gehaltsaufbesserun der preußishen Beamten auch den Beamten im Fürstenthum Walde in gleihem Maße zu theil werde. Der Finanz-Minister habe es als gerecht anerkannt, daß, wenn Preußen die ganze Verwaltung in Waldeck fübre, es au die Beamten glei behandeln müsse.- Den Fall des elfässishen Kandidaten begründe der Minister mit dem Verhalten der anderen Bundesstaaten. Gelte das auch für die Hansestädte? Ein Kandidat einer Hansestadt sei in Berlin niht angenommen worden. Die Hansestädte brauhe man doch nit partikularistish zu behandeln. Die Höflichkeit der Gerichte sei ihm lieber als die Grobheit. Daß ein Kandidat nah seinem Vater oder Bruder beurtheilt wird, ift grausam. Er bitte den Minister wenigstens um die Erklärung, daß gegen den jungen Mann selb\ nichts vorliegt,
Justiz-Minister Schönstedt:
Meine Herren! Die von dem Herrn Abg. NRickert vermißte Ehrenerklärung für den jungen Mann habe ich {on ia meiner ersten Mede abgegeben; ich brauche sie deshalb nit zu wiederholen. (Sehr richtig! rechts.)
Was die Gegenseitigkeit der Zulassung der Rechtskandidaten angeht, so habe ich {on vorhin meine Erklärung, daß alle übrigen deutshen Staaten ih gegenüber den aus Preußen kommenden Kan- didaten ablehnend verhielten, dahin eingeshränkt, daß nur die wesentli} in Betracht kommenden Staaten darunter begriffen sein sollen. Bezüglich der Hansestädte liegt die Sache insoweit anders, als diese eine eigene Prüfungskommission für die erfte Prüfung garnicht haben, sondern ihre Kandidaten in Preußen prüfen lassen, sodaß also da von Gegenseitigkeit niht die Rede sein kann. Im übrigen {ind die hauseatishen Kandidaten allerdings hier angenommen worden, und ih glaube, so auch noch im vorigen Jahre ein Kandidat, der ganz besonders triftige Gründe anführen konnte. Aber eine allgemeine differentielle Behandlung einzuführen bezüglich der verschiedenen Staaten, würde doch wahrschefnlich zu recht unliebsamen Beschwerden derjenigen Regierungen führen, die nun eine ungünstigere Behandlung erfahren, und deshalb ift wohl nicht dazu überzugehen.
Was endlich ‘die Gleichstellung der waldecks{hen Beamten mit den preußishen im Gehalt angeht, so kann ih uur dasjenige wieder- holen, was ih voriges Jahr auch gesagt habe, und in thatsächlicher Beziehung nur ergänzend hinzufügen, daß ich den Versuch gemacht habe, die sofortige Gleichstellung der waldecks{chen Justizbeamten mit den preußishen zu erwirken, daß ih aber dem prinzipiellen Widerspruch des Herrn Finanz - Ministers in diesem Punkt deshalb begegnet bin (hört! Hört! links), weil Waldeck eine dreijährige Etatsperiode hat, die noch läuft — es befindet sih gegen- wärtig im leßten Jahre dieser Etatsperiode —, und der Herr Finanz- Minister es grundsäßlich für unrictig hielt, im Laufe einer Etats- periode an den bestehenden Verhältnissen etroas zu ändern durch einen Nachtra@-Etat. Das i} der Grund gewesen, der der Erfüllung der Wünsche dieser waldecks{chen Beamten bis jeßt entgegengestanden hat, die aber, was ich nicht bezweifle, im nächsten Jahre ihre Erfüllung finden werden.
Abg. Dr. Porsch (Zentr.) meint, daß die Zurückweisung von Kandidaten nur von Fall zu Fall, aber nicht generell geprüft und entschieden werden dürfe, Der Minister habe {on in seiner ersten Rede erklärt, daß der junge Mann selbst fich nihts habe zu \{ulden kommen lassen. Die Mißstände in der Kostenfestsepung müßten beseitigt werden. Für die Einführung des Bürgerlichen Geseßbuhs und dessen Studium seien nur mangelhafte Nothbehelfe in Aussicht genommen. Man müsse den Richtern entweder durch Verlängerung der Gerihts- ferien oder durch eine Latitude in der Abhaltung der Gerichtsverhand- Tungen, Verlegung des Anfangs der Sißungen von 9 auf 10 Uhr, Verkürzung der Sigungen 2c. Zeit zum Studium des Geseßbuchs geben. Die Anlegung von Mündelgeldern sei dur den jeßigen Geld- stand sehr erschwert. Die Justizverwaltung müsse erwägen, ob nicht dur gefeplule Aenderung es erleichtert werden könne, Mündelgelder pupillarish sier anzulegen. i
Abga. Dr. Edckels (n1.): Jch glaabe nicht, daß die heutige Ver- handlung dem betreffenden Kandidaten eine Genugthuung gebracht hat ; die Erörterung wäre besser unterblieben. Es ist etwas Anderes, ob einem Staatsbeamten so etwas passiert, oder ob ein Kandidat zu- gelassen werden soll, dessen Vater im Zuchthause gesessen hat. Auf- fällig ift hier, des die Zurückweisung niht erst nah dem Affsessor- examen erfolgt ist; der Minister kommt also ohne den. Affessoren-
I
paragraphen aus. Der Andrang zur Justiz ist immer noh fo groß, daß der Minifter ihn ernsthaft in Erwägung ziehen muß. Die Titu- latur sollte man, wie seiner Zeit bei der Gerichtsorganisation vor- geschlagen warde, so fassen, daß unterschieden wird: General-Staats- anwalt, Ober-Staatsanwalt und Staatsanwalt.
Abg. Meine cke - Linden (nl.) befürwortet die Errichtung eines
Amtsgerichts in Linden bei Hannover.
Justiz-Minister Schönstedt:
Da Herr Abg. Meinecke im Eingange seiner Aeußerungen be- merkt hatte, daß er Neues in der Sache nit anzuführen habe, fo würde ich mich einer Erwiderung haben enthalten können, wenn er niht im Laufe seiner Ausführungen behauptet hätte, die Justiz- verwaltung sei von der Nothwendigkeit der Errichtung eines Amts- gerihts in Linden überzeugt. Dieser Behauptung entgegenzutreten, halte ih mi verpflihtet. Diese Ueberzeugung besteht bei der Justiz- verwaltung keineswegs. Wäre sie vorhanden, so würden daraus au die thatsählihen Folg-rungen in vollem Umfange gezogen und die Errichtung eines Amtsgerihts würde pflihtgemäß in die Wege ge- leitet worden sein. Die Sache liegt aber so, daß zwar scitens der Justizverwaltung anerkannt wird, daß für die Bewohner von Linden es recht wünschenswerth wäre, wenn sie auch in ihrem; Orte ein Amtsgericht hätten; eine Nothwendigkeit dazu wird aber nicht an- erkannt und is auch bisher niht nachgewiesen.
Ich will mi auf die Einzelheiten niht näher einlassen, sontern nur ganz kurz erwähnen, daß Linden und Hannover eigentli eine Stadt bilden, daß sie beinahe zusammengebaut sind, daß die. Ent- fernung des Gerihtsgebäudes in Hannover von der Grenze der Stadt Linden eine halbe Stunde beträgt, von der äußersten Grenze Lindens eine Stunde, “und daß eine vortreffliche Verbindung durch Trambahn, ich glaube jeßt auch dur eine elektris@e Bahn vorhanden ist, daß ein Theil der Bewohner des Landkreises Hannover, der zu Linden geshlagen werden müßte, wenn Linden ein Amtsgericht erhielte, dur Hannover durhpassieren müßte, um nach Linden zu gelangen. Für diese würde also die Er- rihtung eines Amtsgerichts in Linden eine wesentliche Verschlehte- rung sein.
‘Richtig ist das Eine, daß die Zugehörigkeit zum Amtsgericht Hannover gewisse Unbequemlichkeiten für die Bewohner von Linden hat, die sich vermindern würden, wenn man ihnen selbs ein Amtsgericht gewährte. Sie theilen aber dieses Schicksal mit den
Staats, jedem Bürger ein Angehen der Behörden möglich#t bequem zu machen, so glaube ich nicht, daß Sie daraus so weit gehende Folgerungen ziehen werden, wie Herr Abg. Meinecke. In derselben
‘Lage wie Linden befinden si ‘dußendwoeise andere Orte; und wenn
ein Wunsch in dieser Beziehung erfüllt wird, so kommen fofort andere. In den Vororten von Köln, den Nachharorten von Saarbrücken, in fast allen Städten des niederrheinischen Kohlenreviers, überall, wo die Verhältnisse ebenso oder ähnlich sind, wird das Verlangen nah besonderen Amtsgerichten vielfah laut. Die finanziellen Konsequenzen aus einer Konzession im Einzelfalle würden daher unübersehbar sein.
Die Unbequemlichkeiten, die si daraus für die Gerichtseingesessenen des Gerihts in Hannover ergeben, daß die Lokalitäten dort niht mehr vollkommen ausreichend sind, werden vorautsihilich in nächster Zeit sich wesentlich vermind:-rn, Das Gerichtsgebäude in Hannover ift der Erweiterung fähig. Es liegt bereits das fertige Projekt für den Anbau eines Flügels vor. Dann werden auch die Einrihtungen nicht nur für die Justiz;beamten, sondern auch für die Rechtsuchenden besser werden. Ich hoffe, daß dann auch die Wartezeit #ich abkürzen wird, die, wie ih höre, dem Publikum zugemuthet werden soll, wenn es dort Geschäfte hat. Es ift ja selbstverständlih im höchsten Grade bedauerlich, wenn Leute drei bis vier Stunden zu warten haben, bis an sie die Reihe kommt. Auch diese Klage ift ja nit ganz vereinzelt. Die Justizverwaltung thut, was in ihren Kräften steht, um ihr abzuhelfen. Aber daß Abhilfe lediglich in der Errichtung eines neuen Amtsgerichts“ zu suchen sei, diese Forderung geht zu weit.
Abg. Ja nsen (Zentr.) wünscht angesihts des niedrigen Kapital- zinsfußes eine Erleichterung in der Anlegung von Mündelgeldern auf Hypotheken und demgemäß feine Aenderung in der Werthbemessung
der Grundstüe. Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.): Die Er-
klärung des Ministers in dem Fall des abgewiesenen Kandidaten hat auf allen Seiten des Hauses Beifall gefunden. Es ist nicht richtig, folhe EGinzelfälle hier im Haufsé zu erörtern, und solche Fälle sind auch dafür in der Regel nicht geeignet. Es hätte bloß noch gefehlt, daß einer den Namen des Betreffenden genannt hätte; dann wäre dieser und seine Familie für lange Zeit bloßgestellt. Ich glaube, daß die Befugniß der Regierung betreffs der Pg d eigentlich weiter geht, als der Justtz - Minister in Anspruch nahm. Die Re- gierung kann verlangen, daß die richtige Anwendung der dafür bestehenden Grundsäße Vertrauenssache ist, und daß man sich dabei besheidet, das anzunehmen. Aber einen einzelnen Fall hier zu er- örtern, wäre sehr bedenklich, wenn ein Präjudiz daraus gemacht würde. Hier lag die Sache ja allerdings klar, aber in einem anderen Falle könnte es schr bedenklih und unmöglich für den Minister sein, die Gründe darzulegen. G3 handelt sih um ein diskretionäres Gebiet, und die Verwaltung könnte in ganz unangenehmer Weise zu Eiklä- rungen gedrängt werten, die wir nicht billigen. Die Regierung hat nit die Verpflichtung, \ih über einen einzelnen Fall auszulafsen. Justiz-Minister Schönstedt:
Meine Herren! Der Grundsaß, den Herr von Heydebrand an die Spitze seiner Ausführungen gestellt hat, wird von mir vollständig getheilt. Jch glaube, daß ih dem auch selbs Ausdruck gegeben babe, indem ih es als bedauerlich und peinlich bezeichnet habe, daß ich zu der fraglichen Angelegenheit nähere Auseinanderseßungen geben mußte. Aber so wie der Fall dur den Herrn Abg. Munckel in das hohe Haus gebracht worden war, habe ich es für durchaus geboten gehalten, ibn voll- ständig aufzuklären (sehr rihtig! links), damit nicht auf der Justiz- verwaltung der Vorwurf sigen bliebe, sie habe in diesem Falle gegen Gefeß, Recht und Billigkeit gehandelt. Jh freue mich au jeßt noch, daß aus diesem Falle Vorwürfe gegen die Justizverwaltung nicht hergeleitet werden.
Im übrigen würde eine spezielle Erörterung der Frage, in wie weit die Justizverwaltung berechtigt ist, überhaupt nach freiem Er- messen Rechtskandidaten zurückzuzuweisen, wahrscheinli zu einer sehr eingehenden Debatte hier führen, die herauszufordern ih keinen Anlaß habe. Die Auffassung des Herrn Abç. von Heydebrand liegt mir ja persönlich sehr nahe, aber sie als Avffassung des hohen Hauses zu bezeihnen , würde ich nah dem Ergebnisse der Diskussion von vor zwei Jahren doch für nicht unbedenklich halten. Damals war eine große Meinungsverschiedenheit auf diesem Gebiete vorhanden und der Standpunkt; den Herr von Heydebrand vertreten hat, wurde von zahlreihen Mitgliedern anderer Fraktionen des Hauses niht getheilt, Also so ganz klar und zweifellos liegt, soweit die Auffassung des Hauses in Frage kommt, die Sache doch niht und das gerade mahnt mich zu einer gewissen Vorsicht in der Handhabung meiner Befugniß. (Sehr rihtig! Bravo !)
Abg. Dr. Sattler (nl.): Der Minister mußte in dieser Sache soweit antworten, als er befragt worden ist: er hat dabei die nöthige Grenze innegehalten. Jh möchte bei dieser Gelegenheit wieder auf die Nothwendigkeit der Einheitlichkeit des Strafvollzugs hinweisen. Leider ift bis N keine Einigung über die Unterstellung der Gefäng- nisse unter die Justizverwaltung erzielt worden. Ich möhte fragen, wie es im Augenblick damit steht. Man möge auch die waldeckschen Oberlehrer beim nächsten Etat nicht vergessen.
Justiz-Minister Schönstedt:
Nach der leßteren von dem Herrn Vorredner erwähnten Richtung hin sind bereits die nöthigen Weisungen gegeben.
Was die Frage der Vereinigung der Gefängnißverwaltung an- betrifft, so ist diese Frage allerdings, seitdem sie zum leßten Male hier besprochen worden ist, wenig gefördert worden. Es liegt ein sehr eingehendes Votum seitens des Justiz-Ministeriums dem Staats- Ministerium seit Monaten vor, is aber noch nicht zur Verhandlung gekommen, und ih vermuthe, daß das deshalb unterblicben ift, weil den Mitgliedern des Staats-Ministeriums noch wichtigere und dringlichere Aufgaben vorgelegen haben und deshalb sle die Angelegenheit noh länger zurückstellen zu müssen geglaubt haben; an einem todten Punkt aber ist die Sache nit angelangt.
Abg. Freiherr von Eynatten (Zentr.) hält es für wünschens- werth, daß der Staat bei der Pensionierung der Richter vor Ein- führung des neuen Bürgerlichen Geseßbuchs eine aewisse Konnivenz beobahte; es herrshe in den Kreisen der älteren Richter eine große Beunruhigung.
. Abg. Freiherr von Zedlig und Neukirch (fr. kons.): Die Antwort des Ministers über die Zurückweisung des Kandidäten war ja in diesem Falle richtig ; ti Antworten werden aber immer eine Ausnahme bilden müssen. Wohin follte es führen, wenn der Minister ‘jedesmal Rechenschaft geben sollte ? Die Justizverwaltung muy auf diesem Gebiet nit nur vorsichtig sein, sondern avch eine rafe
Energie legen um ungeeignete Elemente von der Justiz fernzuhalten,
damit die Justiz auf ihrer alten Höhe erhalten bleibt.
, Das Gehalt des Ministers wird bewilligt. ;& Beim Kapitel der Ober-Landesgerichte bemängelt
Abg. Kirs\ch (Zentr.), daß am Ober-Landesgericht in Breslau
Anregung niht widersprohen wird, würde ich in der Lage sein, eine solhe Anordnung zu erlassen, und es dürfte das vielleicht von dem
Bewohnern - vieler anderer Orte. Wenn aber Herr Abg. Meinecke die Behauptung aufgestellt hat, es bestehe eine Verpflichtung des
ein sehster Senats-Präsident angestellt werden solle, während in Köln und Hamm nur deren vier vorhanden seien, .