1898 / 42 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Feb 1898 18:00:01 GMT) scan diff

E E R N a F A e p T P M Ft tar eno

E S P E A

P N E E F A

a A e E

essieren, welhe in den landwirthschaftlichen Vereinen thätig sind, in dieser Beziehung eine größere Aufklärung über das Wesen des An- erbenredtes in der Bevölkerung zu verbreiten. Meine Herren, wenn wir die Gegenagitation ansehen, und ih bin ja wohl davon der allermeist Angegriffene, man braucht nur den süddeutshen Herrn Pro- fessor Brentano zu lesen, der mir vorwirft, ich wollte die Bauern wieder in Abhängigkeit bringen (Heiterkeit), ein Obereigenthum ein- führen, und was dergleichen Nerkehrtheiten mehr sind ich sage, wenn man die Gegenagitation und den Begriff. der Freiheit der Disposition über das Eigenthum, der doch tief eingewurzelt ift, in Betracht nimmt, wenn man die Anschauungen, die auf Grund der Stein-Hardenberg'schen Geseßgebung in den östlihen Provinzen tief in den Bauernstand hineingedrungen find, in Betracht zieht, fo wird man si fagen müssen, daß, so lange die Meinung noch besteht, daß das Anerbenreht etwas Weiteres sei, als das den bâuerlichen An- shauungen, Interessen und wirthschaftlihen Verhältnissen entsprehende gemeine Recht, welches aber durch Disposition unter Lebenden und von Todeswegen durch den Inhaber des Landguts geändert werden kann, so lange die Bevölkerung das nicht allgemein begriffen hat, sondern immer noch befürchtet, daß man sie in neue Fesseln legen wolle, so lange wird das Anerbenrecht nicht die nöthige Sympathie finden. Also wer \ich für diese Sache wirkli lebendig interessiert, wer darin eine wichtige Grundlage des ganzen Bestandes einer [leistungsfähigen Landwirthschaft erblickt, der kann ' wohl die Nothwendigkeit fühlen, in den landwirthschaftlißen Vereinen einmal einen Abend, wo über Zollfragen gesprochen wird, abzuwechseln mit einem andern Abend über diese Frage. (Heiterkeit.) Ehe diese com- munis opinio in der Bevölkerung niht vorhanden ist, gewissermaßen von oben, von dem kleinen Comité der Wissenden eine solhe Gesetz“ gebung der Bevölkerung aufzudrängen, das is etwas sehr Bedenk- liches und’ Gefährliches, und wir müssen da mit großer Vorsicht ver- fahren. Wir könnten sonst eine Reaktion hervorrufen in den Stim- mungen der ländlichen Kreise, die doch sehr bedenklich wäre. Ich meine daher, jeder sollte sich dieser großen Aufgabe nach seiner Kraft widmen, und dann wird es an der Staatsregierung nicht fehlen, daß wir nach Maßgabe der dann erreichten Aufklärung in der Bevölkerung mit Entschiedenheit diesen Weg weiter verfolgen.

Wir sind uns au, wie der Herr Landwirthshafts-Minister ge- sagt hat, voll bewußt, daß die entscheidende Frage für die Erhaltung und Herstellung einer leistungsfähigen Landwirthschaft keineswegs mit einer folhen Gesegebung abgeschlossen ift. Das Anerbenrecht kann manche alte verständige Einrichtung, Sitte und Gewohnheit erhalten, aber keineswegs ist es im stande, diese eben bezeihnete größere Auf- gabe zu lôsen. Man wird auh hier erkennen, glaube ich, daß wir zum theil provinziell, jedenfalls nur \{rittweise vorgehen dürfen, und daß es ein Allheilmittel auf diesem Gebiet überhaupt garniht giebt. Wenn es jet keispielsweise gelingt, in dem nächsten Land- tage da, wo ein weitergehendes Bedürfniß hervortritt nohch cine größere Beschränkung der willkürlihen Disposition des jeweiligen Besitzers eintreten zu lassen durch eine Reform des Fidei- fommißwesens, so ist das wieder ein großer Schritt. Man wird da vielleiht auch unterscheiden müssen zwishen großen Fideikommissen und kleinen, zwischen Fideikommissen und Stammgütern; man wird auch da niht nah einer Schablone handeln können. Aber, meine Herren, wenn man erwägt, daß die Verschuldungêfrage, die hier be- rührt worden ist, nah meinen Erfahrungen um fo gefährlider ift, je besser es der Landwirthschaft geht, daß die Verschuldungen na meiner Ueberzeugung durch ein falsches Erbrecht für die Landwirthschaft in guten Zeiten rapider steigen als in s{chlechten Zeiten, daß der Werth des Grund und Bodens und des Eigenthumsbesißes in guten Zeiten in ungemessener Weise überschäßt wird, daß die Lebenshaltung, vor allem aber die Höhe der Abfindungen bei ungetheiltem Gutsübergang in guten Zeiten am allergefährlihsten sind (sehr rihtig!), so muß man nach meiner Meinung allerdings in dieser Agrargeseßgebung die wesentliche Voraussezung der dauernden Befestigung und Erhaltung dieses großen- Bollwerks unseres heutigen Staats- und Gesellshafts-

wesens erblicken. (Lebhaftes Bravo.) E

«Bü eister Bräsicke- Bromberg bestreitet enl@teden, daß Sa das Anerbenrecht Boden finden könne oder gar schon. gefunden habe. Veberhaupt sei es bedenklih, aus Nüßlichkeits- rüdcksichten neues Recht zu erfinden. Mit der zwangsweifen Einführung des Anerbenrechts nehme man den ostpreußishen Grundbesißerfamilien

den ethishen Grund und Boden. : A Von Helldorff-Bedra hält die Ausführungen des Vor- rednecs über die ostpreußishe Abneigung gegen das Anerbenrecht für mißverständlih. Daß die Testierfreiheit durhaus erhalten bleibe, ehe infolge der Beschlüsse über das Bürgerlihe Geseybuh fest. Deshalb werde ja auch von einem allgemeinen Geseß für die ganze Monarchie Abstand genommen. Der große Grundbesiß sei stärker vershuldet als der mittlere und kleine, und dieser Vorzug des leßteren ehe zurück auf seine Bewegungsfreiheit, an der man nichts ändern solle, Renteninstitute zur Ablösung der Renten müßten unter Staats- oder Provinzialgarantie sobald als möglih ins Leben treten. Die Landwirthschaftskammern seien für derartige sozialpolitische Fragen

Fein Tompetentes Forum. / „Bü j esterburg - Cassel protestiert gegen die E E ccretiis a: Heffen-Naffau, wo dafür kein Boden

vorhanden fei. ; # Bee des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister

r. von MViiquel: L

Á Meine Herren! Ih möhte do, da ih die Verhältnisse au genau kenne, dem NVorredner widersprehen, wenn er meint, das An- erbenrecht sei in der ganzen Provinz Hessen - Naffau niht mögli. JIch bin selbs Mitglied des Provinzial - Landtages in Caffel gewesen. Damals wurde uns vom Ministerium die Landgüterorduung vorgelegt, und was geschah? Es geschah, daß die Mehrheit des Provinzial- Landtages diese Landgüterordnung, die das Höfereht einführen wollte durch Eintragung, zu einer Auêtragungs-Landgüterordnung verwandeln wollte in dem Sinne, daß die Regel das Anerbenret wäre und die Aus- nahme nur die Form des Protestes des Eigenthümers gegenüber seinem Verbleiben in der Landgüterordnung. Das war also der Gedanke, daß für das alte Kurhefsen sch die Einführung des Fntestaterbrehts auf der Basis des Anerbenrechts durchaus empfeéle. ; Wenn der Herr Ober-Bürgermeister Westerburg von der Provinz Hessen-Nassau ge- sprochen hat, \o hat er, meiner Meinung nach, etwas Verkehrtes ge-

sagt (Heiterkeit); wenn er aber von seiner Heimath gesprochen hat,

von Nassau, \o hat er etwas Richtiges gesagt.

Meine Herren, wie liegt die Sache in Süddeutshland? Jch habe, so lange ih in Süddeuishland war, mih viel

der Sache beschäftigt, und ich glaubte bald zu finden, daß die Verschiedenheit in dem Erbrehtswesen, in der Geschlossenheit und Theilbarkeit der Höfe in ganz West- und Süddeuischland fast genau mit der Richtung des römischen Pfahlgrabens zusammenhängt. Von Düsseldorf bis Regensburg if alles nur mit einer ganz carafteristishen Ausnahme im Schwarzwalde südlich vom Pfahlgraben in der NRaturaltheilung und nördlich regelmäßig alles das springt natürlih au einmal herüber und hinüber in der geschlossenen Hofesvererbung. Man hat eben vergessen man muß das in Betraht ziehen, um diese Zustände zu begreifen, daß in diesen Landestheilen südlich vom römischen Pfahlgraben ein \städtishes Recht drei- bis vierhundert Fahre durch einen hohgebildeten römischen Richterstand gehandhabt wurde. Daß der röômishe Judex kein Verständniß für deutsche Bauernhöfe und deren wirthshaftlihe Bedeutung haben konnte, das liegt klar auf der Hand; er hat wohl dies als Barbareirecht angesehen, wie wir heute in Kamerun das Negerreht als Barbarei betraten. (Heiterkeit.) Haben wir erst einmal vierhundert Jahre dort regiert, dann wird vom Negerrecht auch nicht mehr viel übrig bleiben. (Heiterkeit.) Davon unterscheiden sich blos einzelne gewisse Landestheile dies- feits der Elbe und unmittelbar an der Elbe. Dazu gehören auch die meisten Landestheile thüringishen Stammes. Ih will aber das Haus mit dieser historischen Vorlesung nicht weiter behelligen. Jn der Provinz Sachsen werden wir s{chwerlich das Anerbenrecht einführen können in demjenigen Theil, wo thüringische Bevölkerung wohnt. Da ist meines Wissens wesentli freie Naturaltheilung. Ebenso ist es regelmäßig in den jeßigen thüringishen Fürstenthümern, auf dem Eichsfeld, in der Grafschaft Hohenstein u. #. w. Die Thüringer haben sich früh aus ganz bestimmten Gründen, wenigstens in viel ausgedehnterem Maße der Naturaltheilung hingegeben, wie die \ächsishe Bevölkerung, die der eigentlihe Träger der Untheilbarkeit des Hofes is (Zuruf); nit die Westfalen allein, sondern ganz Nieder- \sahsen im weiteren Sinne. Es wird auch im Großen und Ganzen in den öftlihen Provinzen diese Sitte am festesten gehalten sein, in denjenigen Bezirken, wo die Kolonisation diesseits der Elbe von Sachsen bewirkt worden is. Das können Sie verfolgen selbs in Pommern, während beispielsweise in Schlesien die fränkishen und thüringishen Ansiedelungen meines Wissens vielfach die reine Naturaltheilung haben. Man wird im allgemeinen finden, daß der eigentlihe Träger des alt- deutschen Erbrechts der Sachse ist, und ih sage daher: wenn man die Dinge beurtheilen will, ob man für eine bestimmte Gegend das Anerbenrecht einführen soll, so muß der Landrath des Kreises die Geschihie der Bodentheilung seines Kreises fünfhundert Jahre zurück verfolgen. Aus dieser Geschichte ergiebt fich im Menschen ein unbewußtes Rechtsgefühl, dessen Ursprung er selbst nicht kennt, aber doch thatsählich vorhanden ist, wie denn vielleicht in uns Menschen das Unbewußte stärker ift, als das Bewußte. Und diesem Rechtsgefühl müssen wir nachspüren. Wo es ins Schwanken gekommen ift, wollen wir es halten und befestigen; wo es ohne Schwanken in der Sitte besteht, wird die Aufgabe um so leiter sein. Wo fih ein ausgesprochenes entgegengesehtes Rect8gefühl, wie in Landestheilen mit freier Natural- theilung wie ih das vollständig anerkenne gebildet hat, da wird man zwar noch immer Hoffnung haben können, aber do nur anfangen können mit einem fakultativen Anerbenrecht. So liegen die Dinge. Das ift eine Frage, die fann oft nicht einmal für eine ganze Provinz entschieden werden, wie denn auch das Gese ja nur theil- weise in die Rheinprovinz eingreift. Das find eben fächsische Nieder- lassungen. Ich sage, so wird vorsichtig geprüft werden müssen, und der historishe Sinn unserer Beamten kann ih in dieser Frage zeigen und ih glaube, es wird gerade das Herrenhaus sich auf den Standpunkt stellen, daß man hier nicht von oben reglementieren kann, sondern daß man an die ganze Entwielung in einer bestimmten Gegend anschließen muß, dann werden wir die Sache durchsezen. Daneben aber habe i die Veberzeugung, daß diefe Sitte und Gewohnheit, verbunden mit den dringenden j wirth- schaftlihen Bedürfnissen der Landwirtbschaft dod) im all- gemeinen auch in den östlihen Provinzen , so stark ist, daß wir den größten Theil Preußens unzweifelhaft mit diesem, meiner Meinung nah, wohlthätigen Geseß werden behandeln können. Der Herr Ober-Bürgermeister von Bromberg hat soeben das be- wiesen, was ih vorhin sagte. Er hat dargethan, daß er auch seiner- seits dieses Anerbenrecht für ein auf die Verhältnisse in Ostpreußen garniht passendes hält, wahrs{heinlich hätte er es am liebsten genannt ein feudales, längst überwundenes Institut. (Heiterkeit; fehr gut !) Seine ganze Ausführung is aber dahin gegangen : das, was das Gese zur regelmäßigen geseßlihen Uebung erheben will, das thun wir in Ostpreußen freiwillig in unseren Familien. Aber ih frage: warum sfollen Sie denn das thun durch Ehekontrakt und dur Verträge, wenn das allgemeine Gese eben diesem vermuthlichen Willen der Bevölkerung entspriht ? (sehr gut!) Warum sollen wir denn die Leute, die keinen solhen Vertrag gemacht haben 08 stirbt doch au ein Mensch oft in der Jugend oder ohne ontraftliche Vor- forge in die Unbequemlichkeit bringen, daß nur der römische oder landrechtlihe Zwangsrichter kommt und die Theilung erzwingt, weil eben solche Verträge nicht bestehen. Wonach muß man denn ein Intestaterbrecht einrichten ? Doch nah dem vermuthlichen Willen des Sterbenden, deL- jenigen,der nicht testiert. Das ist das wahre Intestaterbrecht. (Zustimmung.) Und das römische Recht, welches ein Zwangsrecht stärkster Art in Bezug auf die Größe des Pflichttheils ift, entspricht eben nit dem allgemeinen Rechtsgefühl, dem sozialen und wirthschaftlihen Interesse unserer Landwirthschaft und deswegen seßen wir es als Intestat- erbrecht endlih bei Seite, nachdem der deutshe Bauer gegen eat rômishe Recht 500'Jahre mit Erfolg gekämpft hat. (Lebhaftes Brayo !) Damit schließt die Generaldiskussion. Jn der Spezial-

befürwortet zu § 11 | d Ren von M N t „Steinfurt einen Antrag, nach welhem von den dort aufgezählten Ausnahmen von „dem Geltungs- berei des Gesetzes eine Anzahl von Amtsgerichtsbezirken (enen, dagegen eine Reihe anderer Bezirke aufgenommen werden soll. Mes den Ermittelungen des Westfälischen Bauernvereins bedürfe v ors lage dieser Kern wer ck das Gesey überall mit der vor- tte deden folle. | E here sPenden E itcungs.Math Dr. Holtermann bittet unter Hinweis auf die angestellten Ermittelungen, nach denen

geeignet seien, um Ablehnung des Antrages.

die betreffenden Distrikte der Kreise Brilon und Höxter für das obligatorishe Anerbenreht nit

, i terb tritt für den Antrag, soweit S Dn E ito "Bch auf Grund der persönlic;en

f Di

Ober-Bürgermeister Schmiedin g- Dortmund befürwortet eben- falls den Antrag.

Geheimer Regierungs-Rath Dr. Holtermann weist noch darau hin, daf au der Dher- räsident bet lich des Kreises Brilon \ich füt das fakultative Anerbenreht ausgesprochen hat.

S 11 wird„mit dem Antrage von Landsberg angenommen, ebenso nah del Kommissionsbeschlüssen der Rest der Vorlage und das Gesez im Ganzen. Um 51/4 Uhr geht das Haus zur Berathung von Petitionen über. Ueber die Petitionen des Vorstandes des Westpreus- ßishen Städtetages und des Magistrats von Berlin um Abänderung des § 56 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 behufs Feststellung der Anstellungsverhältnisse gewisser Klassen von Gemeindebeamten berichtet namens der Kommunal- kommission Ober-Bürgermeister Fuß-Kiel. Die Kommission beantragt Ueberweisung zur Berücksichtigung.

Ae des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel: Ich sehe keinen Vertreter aus dem Ministerium des Innern hier, wahrscheinli is der Herr Minister selbst und seine Kommissare im Abgeordnetenhause beschäftigt. Eine genaue Auskunft über die Lage der Sache kann ih per- \önlih nit geben, aber ih kann bestätigen aus mündlihen Be- sprehungen mit dem Herrn Minister des Innern, daß er, was das Bedürfniß einer geseßlihen Regelung dieser Frage etwa im Sinne des Herrn Berichterstatters anbetrifft, #sch auf dem Boden dex Kommission befindet, und daß der Herr Minister gewillt ist, thunlichst schnell, womöglih noch in diesem Land- tage, einen solhen Geseßentwurf vorzulegen. (Bravo!) Meine Herren, die Frage der Anstellungsbedingungen, ob auf Kündigung oder Nictkündigung u. |. w., der Gemeindebeamten hängt aber das kann ih nur persönli sagen doch sehr eng mit der Frage der Versorgung in Beziehung auf Penfion und Relikten zusammen. Ich weiß niht, ob der Herr Minister diese Frage wird trennen können und wollen, Ein grcßer Theil der Beamten kann in ausgedehnterem Maße, als naŸ den Entscheidungen des Reichs- gerihts jeßt für eine Reihe von Provinzen angenomwen wird, zweckmäßig auf Kündigung angenommen werden. Aber das fann man nur dann durhführen, wenn niht gekündigte Beamte, beim Austritt aus dem Dienst oder im Todesfall, doh die Sicherheit der Person bezw. der Versorgung ibrer Relikten bekommen. Wir haben ja solhe Einrichtungen in unserer Staatsverwaltung. auch. Ein großer Theil der Staatsbeamten ist etatsmäßig angestellt, hat also die allgemeinen Rechte der etatsmäßigen Beamten auch in Bezug auf Pensionen und Neliktenversorgung. Trotzdem, daß fie etatsmäßig an- gestellt sind, stehen sie auf Kündigung, und das beruht auf bestehenden allgemeinen Einrichtungen; da hat das Reichsgericht noch Feine entgegengesetzte Entscheid ung geben können. Wenn nun die Be- stallung der Gemeindebeamten auf Kündigung etwa ausgedehnt würde auf Kategorien, die nah dem jeßigen Recbte in Gemäßheit der Ent- scheidung des Reichsgerichts niht auf Kündigung angestellt werden dürfen und nicht angestellt find, dann lien es doch nahe, die andere Frage wegen der Reliktenverforgung und Pensionierung damit in untrennbarem Zusammenhang zu sehen. Fch bin der Meinung von jeher gewesen, daß eine Anstellung auf Kündigung keineswegs die Pensionierung und die Reliktenverforgung aus\chließen soll. Ob ein Beamter auf Kündigung steht oder nicht wenn er seine Shuldigkeit gethan hat, wenn er in keiner Weise eine Kündigung provoziert, wenn er jahrelang einer solchen Kommune oder auch dem Staat treu gedient hat, so hat er nah meinem Gefühl genau denselben Anspruch auf Pension und Versorgung seiner Relikten, wie ein etatsmäßiger, nicht auf Kündigung angestellter Beamter, und daher habe ich persönli ih weiß aber nit, wie der Herr Minister des Innern gegenwärtig darüber denkt das Gefühl, daß diefe beiden Fragen zusammenhängen. Ich werde dem Herrn Minister namentlich au den Wunsch mittheilen, den der Herr Berichterstatter persönlih ausgesprochen hat, einen solchen Geseßy- entwurf zuerst hier an das Herrenhaus zu bringen, und ih persönlich würde nit anstehen, das zu befürworten. (Bravo!) s

«Bü ister Be cker- Köln tritt für möglihste Beschleuni- ing be R ad für a Borlegung eines Geseyentwurfs noch in s Ga vis ister Schmieding polemisiert gegen das bekannte

miedin D Tanni Reit idi E welches 14 vlotén Schwierigkeiten für die Kommunalverwaltungen den Anlaß gegeben habe.

Der Kommissionsantrag wird angenommen.

ie im Jahre 1897 stattgehabte Aus- und Einrangierung 1n den Landgestüten des Staates, sowie zu den Betriebaresuteen der Haupt- und Landgestüte in den Jahren N ! E weise durch Kenntnißnahme für erledigt zu erltaren ; B E Loe eune M tei Bitte zu richten, der Sp verwaltung erhöhte Mittel zu gewähren zur Hebung der Pfer E zuht im allgemeinen und insbefondere zu größeren actes i künstlicher Düngung auf den Wiesen und Weiden des Friedrich- Wilhelm#-Gestüts zu Neustadt a. Dofse. j

Nachdem Herr von Bemberg-Flamersheim die Re- solution empfohlen hat, gelangen die Kommissionsanträge zur Annahme. :

Schluß 6 Uhr. Nächste Sizung Donnerstag 121/, Uhr. (Interpellation von Woyrsch, betreffend das der Gräfin Pfeil bei dem Bahnübergang in Brieg widerfahrene Unglüd; Ueber- sichten ; Petitionen.)

an der Hand meiner seit 40 Jahren betriebenen Studien | ex sich auf den Kreis Brilon über die historishe Entwickelung des Grund und Bodens mit | Erfahrungen, die er

vor Jahren dort als Richter gemacht habe, ein.

« rung in den Gemeinden nach dem Grundsaße von Leistung

Die Agrarkommission beantragt zu dem Nachweis über .

die Häuser meist großen Ge besteht das Bestreben, den kleinen Leuten und Arbeitern

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Slaals-Anzeiger.

M 42.

Haus der Abgeordneten.

23. Sigung vom 16. Februar 1898.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Berathung des Antrags der p A usch (fr. kons.) und Genossen um Abänderung der Bestimmungen des Kommunalabgaben-

eseßes über die Vertheilung der Kommunalabgaben auf die ealsteuern und die Einkommensteuer im Sinne einer Entlastung des Haus- und Grundbesiges in Verbindung mit dem von den Abgg. Mies (Zentr.) und Genossen beantragten Geseß- entwurf, welcher eine Aenderung des Gesehes in demselben

Sinne vorschlägt.

Abg. Weyerbusch (fr. kons.): Ih bedaure, daß die Kommission des vorigen Jahres diese Anträge dem Hause niht zur Annahme empfohlen hat. Die Ablehrung erfolgte, weil das Kommunalabgaben- gese erst zu kurze Zeit bestehe, als daß {hon genügende Erfabrungen zur Abänderung vorlägen. Die Klagen über die Härte des Geseßes und die Ungerechtigkeit der Realfteuern find aber immer zahlreicher geworden. Das Drüdckendste ist, daß die Grundsteuern vom Brutto- ertrage erhoben werden und daher den verschuldeten Besiß mehr be- lasten als den unvershuldeten. Herr von Eynern wünscht aud eine Revision der Steuerreform, allerdings nur des Einkommensteuerges:ßes, aber die Klagen über dieses Gese sind vershwindend gering gegen die Klagen über die Real- steuern in den Gemeinden. In meiner Vaterstadt Elberfeld hat die Steuerkommission gefvnden, taß eine Grund- und Gebäudesteuër keine besonders bohen Erträge ergeben würde. Solche find auch von der Bauplaßsteuer und der Umsaßsteuer nicht zu erwarten. Der gegen meinen Antrag erhobene Einwand, daß noch nicht alle von dem Geseß zugelaffenen Steuerquellen erschöpft seien, ist also nit zu- treffend, höchstens könnte eine kommunale Getränkestever in Betracht fommen. Aber alle diese Steuern, auch die Gewerbesteuer, könnten die unberechtigte Belastung des Grundbesites nicht beseitigen. Jch habe desbalb meinen Antrag gestellt, habe mich aber diesmal auf eine Resolution beschränkt und es der Regierung überlassen, bestimmte Vorschläge zu machen. Ich hoffe, daß sie über meinen vorjährigen AS noch hinausgehen, um den Grundbesiß in gerechter Weise zu entlaîten.

Abg. Mies (Zentr.): Der Antrag Weyerbusch geht uns nicht weit genug, und wir haben deshalb einen Geseßentwurf ein- gebraht. Das Kommunalabgabengeseß hat seinen Zweck einer gerechten Vertheilung der kommunalen Lasten auf die Realsteuern und die Einkommensteuer nicht erreiht. Redner weist ziffer- mäßig die hohe prozentuale Belastung des Grundbesites infolge der Besteuerung nach dem Bruttoertrage nah, bleibt aber in seinen einzelnen Ausführungen unverständlih. Das Geseß wolle die Besteue-

und Gegenleistung regeln; der Grundbesiß sei aber auch für Ge- meindeeinrihtungen belastet, die nicht ihm allein zu gute kämen. Nur Aufwendungen der Gemeinde, welhe in überwiegendem Maße dem Grundbesiß und dem Gewerbebetrieb zum Vortheil gereichen, wie sein Antrag bestimme, sollten dur die Realsteuern gedeckt werden ; Auf- wendungen, die in überwiegendem Maße der Allgemeinheit zum Vor- theil gereihen, feien durch Einkommensteuerzushläge, und Auf- wendungen, bei welchen ein überwiegender Vortheil nach der einen oder anderen Seite hin nicht erkennbar ift, seien durch gleihe Prozent- säße der Realsteuern und der Einkommensteuerzushläge zu deen. Um eine folhe Berehnung komme man nit herum. § 54 des Ge- seßes babe diese Vertheilung niht rihtig geregelt, er beantrage des- halb eine neue Fassung. Auch die Untervertheilung zwishen den ein- zelnen Realsteuern regele sein Antrag gerehter, wenn er vorschlage, daß je nah dem verschiedenen Vortheil ter Gemeindeaufwendungen Grund- und Gebäudesteuer höchstens dreimal (niht doppelt) fo stark herangezogen werden dürfen wie die Gewerbesteuer und umgekehrt. Die Annahme des Antrags werde viele berechtigte Klagen beseitigen.

_ Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath N öl l: Der Antrag Mies dient nicht der Autonomie der Gemeinden, und er trägt die härtesten Interessenkämpfe in die kleinsten Gemeinden hinein. Ich halte den Antrag nicht für berehtigt. Nachdem der Staat auf die Realsteuern verzichtet hat zu Gunsten der Gemeinden und nur die Ginkommen- und Ergänzungssteuer für \ich behalten hat, kann er nit zulassen, daß die Gemeinden die Einkommensteuer zu hoch belasten mit Zu- s{hlägen. Haben si die Antragsteller auch mit der Ausführbarkeit thres Antrags beshâftigt? Der Antrag bezieht sich auch auf die Landgemeinden. Dort is immer an einer möglichst gleihen Be- lastung mit direkten Steuern festgehalten worden. Wir haben rund 37 000 Landgemeinden und 1200 Stadtgemeinden, wic können also bei einer solhen Reform an den Landgemeinden nit ruhig vorüber- gehen. Nah dem Antrog Mies würden naméntlih in den Land- gemeinden die Einkowmmensteuerzuschläge gewaltig wachsen, denn es müßten dadurch gedeckt werden die Schullasten, die Armenlasten und die Kosten der allgemeinen Verwaltung, und das sind in den Landgemeinden die Hauptausgaben. Nach einer von mir aufgenommenen Statistik würden in vielen Gemeinden des Westens wie des Ostens- die Einkowmmensteuerzuschläge wieder auf 500, 600, 800, ja sogar bis auf 1500 0/0 Fee wenn diese Kosten allein dur die Einkommensteuer zu decken wären; in einer Gemeinde im Bezirk Marienwerder müßten sogar 1708 %6 erhoben werden. Und dazu kämen noch die gemishten Aufwendungen, von denen ein Theil au auf die Einkommensteuer entfiele. Jh halte einen solhen Antrag niht für möglich. Wenn die Antragsteller auf die Vorderseite ihres Antrags noch das Wörtchen ‘Unausführbar* drucken lassen wollten, würde ihnen niemand ein Hinderniß entgegenstellen. Allerdings hält der Antrag den § 55 des Gefeyes aufrecht, zal Ab- weihungen vom § 54 aus besonderen Gründen zulässig find. Diese Be-

stimmung hat aber wohl bei dem legigen Inhalt des § 54 einen

Sinn, aber bei dem Inhalt des § 54 nah dem Antrag hat sie keinen Sinn mehr; denn jede Abweihung würde do eine sleuerlihe Un- Les im Sinne der Antragsteller darstellen. Und wie wollen ie eine Abweichung erzwingen, wenn einmal folhe Grundsäye auf- gestellt sind, wie Sie beantragen? Wohin kämen wir, wenn wir bei der Ausführung des Gesetzes auf jede Einheitlichkeit in der Monarchie verzihteten, wie Sie es mit der Streihung der Genehmigung der Gemeindehaushalte durch die Ressort-Minister herbeiführen würden ? Jeder Bezirksaus\{chuß würde eine andere Auffassung haben, und durch den Mangel an Einheitlichkeit würde das Staatsinteresse gefährdet. Keine Gemeinde hat ein Interesse daran, die Dinge so zuzusptten, wie es die Anträge wollen. Der Antrag Weyerbufch ist ebenso un- ausführbar, wie der Antrag Mies. 16 größere Städte haben es noch niht einmal für gut befanden, die Einkommensteuer über 100 0% hinaus zu belasten. Von einer allgemeinen Unzufriedenheit im Lande über das Kommunalabgabengeseß kann keine Rede sein, im Gegen- theil, dieses Gesey hat sich s{chon eingelebt. Manche Härten sind hon bei der Ausführung beseitigt worden und werden weiter be- eitigt werden.

Abg. Noelle (nl.): Die Antragsteller vertreten große industrielle Wahlkreise, und die Anträge geben der Stimmung der industriellen Kreise am Niederrhein und in Westfalen Ausdruck, und diese Stimmun E niht unberehtigt. Das Kommunalabgabengeseß berüdsichtigt nidt ie Verschiedenheiten der Hauel erverhältnifie. In Berlin gehören ellshaften, Kapitalisten, Rentiers,

Zweite Beilage

Berlin, Donnerstag, den 17. Februar

E eigenen Befiß zu verschaffen : eine an sich fördernde Ent- widelung. Allerdings hat die Agitation auch über das Ziel hinaus- geschossen, aber das Kommunalabgabengeseß hat mit der Heranziehung der Realsteuern für den Westen etwas völlig Neues geschaffen. Der Mittelstand if durch die Steuerreform niht genügend entlastet worden. Wenn das Geseß einmal geändert wird, müssen au einige andere kleine Abänderungen gemaht werdeo, z. B. in Bezug auf die Steuervertheilung einer Person auf zwei vershiedene Gemeinden. Eine radikale Abänderung des bestehenden Gesehes bietet der Antrag Mies garnickt, aber ih balte ihn au für sehr {wer durchführbar. Gs werden sich in jeder Gemeinde die Interessengruppen trennen, und, jede wird die Steuern nach ihrem Vortheil reformteren wollen. Vielleicht ließen sch in dem Antrage die einzelnen Aufwendungen genau angeben, z. B. Straßenanlagen, welche dem Besiße zufielen, Beamtenbefoldungen, welhe der Allgemeinheit zufielen, 2c. Mit der Form der Bruttobesteuerung bin ih eirverstanden; wenn man einmal Realsteuern erhebt, müssen fie auch vom Bruttoertrag erhoben werden ; als Einkommensteuern hätten ‘die Realsteuern keinen Zweck. Mit der Einschränkung der staatlichen Genehmigung der Steuerordnungen bin ih nicht einverstanden. Die Statistik des Regierunaskommissars beweist mir die Nothwendigkeit, die kleinen leistungsunfähigen Land- gemeinden zu Zweckverbänden zu verbinden. Viele kleine Gemeinden sind in Shulden gerathen, weil der Staat Anforderungen an sie stellte, die er selbst zu erfüllen hat, wie z. B. bezüglih des Baues von Amtsgerichtsgebäuden, zu welhen der Staat von den Gemeinden Beiträge fordert. In dieser Beziehung muß endlich einmal Wandel gelassen werden. Das Kommunalabgabengeseß if erst drei Jahre in Geltung und kann nicht alle drei Jahre abgeändert werden; wenn es aber cinmal abgeändert werden muß, dann wollen wir die Sache wenigstens gründlih prüfen, und ich beantrage deshalb die Ueber- weisung des Antrages an eine Kommission von 14 Mitgliedern.

Abg. Dr. Glattfelter (Zentr.) M den Antrag Mies. Der Regierungskommissar befürchte von dem Antrag eine Störung des Friedens in den Gemeinden. Wie ftebe es denn aber jeßt mit der Erregung in den interessierten Kreisen? Es könnten auch Real- steuern von 800 % vorkommen, und das bedeute so viel wie 3000 9% Einkommensteuer. Das Prinzip von Leistung und Gegenleistung sei in dem jeßigen Geseße nur verschleiert, es müsse offen und klar zur Geltung gebracht werden.

Geheimer Finanz-Rath Dr. Struy: Die Staatsregierung liest durchaus niht aus- den Bestimmungen der 88 54 unz 55 etwas heraus, was das Abgsordnetenhaus nicht hineingelegt haben wollte. Die Ausführung und Auslegung des Gesetzes durch die Regierung hat die Zu- stimmung der Majorität des Hauses und die Bestätigung durch das Ober-Verwaltungsgeriht gefunden. Mit dem Hinweis auf die pro- zentuale Belastung mit Realsteuer und Einkommensteuer is nichts bewiesen. Das geht wohl bei der Einkommensteuer, aber nicht bei der Realsteuer ; denn die Realfteuer kann der Hausbesißer auf den Miether abwälzen, Die Tendenz der Hausbesfißer geht allerdings auf eine gänzlihe Beseitigung der Bruttobesteuerung hinaus. Die Zeit ist zu kurz, um ausreihende Erfahrungen gemacht zu haben. Die Ge- meinden können ih nicht {hon wieder auf eine Aenderung einrichten. Daß die Bewegung unter den Miethervereinen gegen diesen Antrag noch nicht weiter gegangen ift, liegt daran, daß fie nah der Haltung des Hauses und der Regierung“ im vorigen JIähre niht erwarten können, daß diese Anträge Geseß werden würden. Das Kommunal- abgabengeseß hat in vielen Städten zu einer Belastung des Grund- besißes geführt, nur in sechs3 Städten zu einer Mehrbelastung, aber auch nicht einseitig, sondern in Verbindung mit einer Mehr- belastung durch Einkommensteuer. In Breslau is sogar eine Ent- [lastung der Hausbesitzer eingetreten gegenüber einer Mehrbelastung durch Einkommensteuer. Die Hausbesizer wissen si in ihren Petitionen ihrer Haut wohl zu wehren; sie sind überhaupt nicht zufrieden, wenn niht die NRealsteuern ganz aufgehoben werden. Aber wenn das geschehen ist, dann werden sie gegen Beiträge und Gebühren ihre

gitation rihten. Die Gewerbesteuer ist stärker herangezogen als früher vom Staate und von den Gemeinden. Wenn Sie die Anträge annehmen, so werden Sie wohl die Agitation der Hausbesiger be- seitigen, aber einen Sturm bei allen denen erregen, die nicht Haus- besißer sind. Mein Chef wird niemals einer solheu Abänderung seine Bu nun geben.

Abg. Win ckler (konfs.) erklärt sich gegen die Anträge. Die stärkere Heranziehung der Realsteuern entsprehe doch dem Zweck der Ueber- weisung der NRealsteuern an die Gemeinden. Vor allem müsse die Genehwignng der Regierung für die Gemeirdehaushalte aufrecht er- balten werden, sonst würde eine zu große Verschiedenheit im Staate eintreten, Er erkenne aber bereitwillig an, daß vielleiht Aenderungen in der Belastung des Grundbesißes mit der Ae vorgenommen werden müssen; er verkenne au nicht das soziale Moment, daß Gewerbe- treibende und Arbeiter angesessen sind, und er halte daher eine Be- rathung in einer Kommission für angebracht, hon damit die Regierung Material für eine künftige Reform erhalte.

Abg. Freiherr von Dobeneck (kons.): Ih gehe mit einigen meiner Freunde weiter als der Vorredner. Das Prinzip von Leistung und Gegenleistung if im ganzen Kommunalabgabengesch aufreht er- halten worden. Das Abgeordnetenhaus hat sih mit dem § 54 nur unter der Bedingung einverstanden erklärt, daß er keine zwingenden Bestimmungen für die Gemeinde enthalte, sondern nur einen Anhalt geben soll. Das Ober-Verwaltungsgeriht bat aber die Bestimmungen des § 54 für zwingend erklärt, und seitdem geht das Bestreben der Regierung dahin, daß nur 100 9% Einkommensteuer erhoben werden und alles Andere auf die Realsteuern gelegt wird. Ein Kapitalist mit 5000 G Ginkommen zahlt nur 118 4 Staats- und Gemeinde- Einkommensteuer ; ein Hausbesißer, dem das Haus 5000 einbringt, zahlt dazu noch 400 4 Grund- und Gebäudesteuer. Wir haben nicht ahnen können, daß die Verhältnisse der Kommunalsteuern \sich in den Gemeinden so ungünstig stellen würden. Es kommen immer mehr Petitionen von Ee pern an uns. Jh sheue mich nit, ein Geseh sofort zu ändern, wenn ih die Ueberzeugung habe, daß ih mich bei der Berathung des Gesetzes geirrt habe. Der Antrag Mies geht allerdings zu weit und ist niht ausführbar ; aber es is der Wunsch des Landes, daß eine Aenderung eintritt, und deshalb trete ih dem Antrage Weyerbusch bei,

Abg. Ehlers (fr. Bag.) : Ich stimme dem Antrage auf Kom- missionöberathung ¿zu und bin auf Grund meiner Erfahrungen als Stadtkämmerer der Ueberzeugung, daß eine Aenderung des Kommunal- abgabengeseßzes in dieser Beziehung eintreten muß. Auch Einkommen- steuerpflihtige giebt es, die der Meinung sind, daß die Realsteuern zu stark herangezogen sind, daß aber eine Abhilfe niht mögli i}, weil der Buchstabe des Gesetzes entgegensteht. Es bleibt den Gemeinden nihts Anderes übrig, als die Regeln des Gesehes glatt zn erfüllen ; denn die Genehmigung von Ausnahmen begegnet immer den größten Schwierigkeiten bei den Behörden. Es giebt viele Arbeiter, welche ein eigenes Häuschen befißen, die niht zur Einkommensteuer herange- zogen find, aber die hohen Realsteuern zahlen müssen. Diese Ver- mie find so traurig, daß eine geseßlihe Aenderung eintreten muß. Eine Steuervertheilung, welhe die Interessenten in den Gemeinden selbst beschließen, ist befser, als jemals ein preußischer Regierungs» Rath sie erfinden kann. Die Absicht sowohl des Antrags Weyerbusch, wie die des Antrags Mies if als dankenswerth anzuerkennen. Die jebige Geseßgebung zwingt die Gemeinden oft gegen ihren Willen, |chlecht situierte Hausbesitzer zu stark zu den Gemeindelasten heran-

auunternehmern, aber in den Industriegegenden des Westens

4898,

Abg. von Eynern (nl.): So sehr übereilt sind die Anträge nicht gekommen, wir arbeiten bereits seit Jahren an diesem Gegenstand und haben im vorigen Jahre dieselben Anträge und Reden gehört. Veber eine Kritik find wir bieher nicht hinouëgekommen; über den Weg zur Abhilfe koante sich die vorjährige Kommision nicht einigen, und es ift fraglich, ob diesmal ‘die Kommission zu einem anderen

iele kommt. Der Staat hat die Grund- und Gebäudesteuer den

emeinden überwiesen, als sie für ihn niht mehr paßte, und wir baben nun die Erfahrung gemaht, daß fie auch für die Gemeinden niht mehr paßt. Die Bruttobesteuerung is allerdirgs nit zu ver- meiden ; denn sonst würden die Hausbesizer ihre Häuser voll mit Hypotheken belasten, und dann ents{chlüpft uns die Steuer ganz; aber an sich is die Bruttobesteuerung eine ungerechte, und darin lie t der eigentlihe Grund der Unzufriedenheit der Hausbesißzer. Dur eine kleine Verschiebung in der Steuervertheilung wird aber die Un- zufriedenheit nicht beseitigt. In den Landgemeinden i} eine solche Verschiebung überhaupt nicht mögli, und der Regierungskommissar bat Recht, der Antrag Mies is unausführbar. Wir hätten eben seiner Zeit das radikale Mittel anwenden müssen, die Grund- und Gebäudesteuer nicht nur als Staats-, sondern auch als Kom- munaisteuer ganz aufzuheben. Zum Ersaß Eee der § 5 des Zoll- pvereinsvertrages aufgehoben werden, wona die Gemeinden ketne Getränkesteuern erheben dürfen. Der Finanz Mixister follte doch auf eine Beseitigung dieser Bestimmung einwirken können, aber dahinter steht allerdings die Weinsteuer. Mit der Einführung von Getränke- steuern könnten fich die großen Gemeinden helfen, die kleinen aber auch niht. Der Finanz-Minister forgt wobl für die Vortreflihkeit der Staatsfinanzen, auf die Gemeinden aber wird keine Nücksicht ge nommen, wte Herr Noelle mit Neht ausführte. Jch stehe namentlih \ympathisch dem Artrage Weyerbusch gegenüber und bin mit der Kommissionsberathung einverstanden.

Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath Nöll bemerkt, daß he S dn Getränkesteuern, auf Wein und Bier, diese Frage nicht

en laffe. :

Darauf wird die Diskussion geschlossen.

Im Schlußwort konstatiert als Mitantragsteller

Abg. Dr. Arendt (fr kons.), daß der Antrag Weyerbusch bei allen Parteien sympathische Aufnahme gefunden habe, bedauert aber, daß die Regierung \fih gegen die allgemeinen Klagen fo \{chroff ab- lehneud verhalte. Wenn die Regierung in vielen Fällen Abweichungen vom Gesetz gestattet hätte, wäre vielleiht die Erregung nicht ent- ftanden; aber im ganzen Lande sei die Erregung der Hausbesiger alls gemein wegen der \{hroffen Ablehnung einer Herabseßung der Real- steuern durch die Regierung. Man sehe die Realsteuern zu sehr durch die Brille der großs\tädtishen Verhältnisse mit ihren Häuserspekulanten an; aber in den kleineren Städten befinde fih der Hausbesit in den Händen des Mittelstands. Wenn man Mittelstandspolitik treiben wolle, müsse man hier anseßen. Dem Abg. von Eynern müsse er sagen, daß der Finanz-Minister nicht den Vorrourf verdiene, daß er die Gemeinden überlaste; denn gerade dieser Minister habe den Ge- meinden die Realsteuern überwiesen.

Abg. Herold (Zentr.) bemerkt in seinem Schlußwort für den Antrag Mies, daß die Art, wie der Negierungs-Kommissar fich dem Antrag aus einer großen Fraktion gegenübergestellt habe, von einem Selbstbewußtsein zeuge, das jedenfalls nicht ançcenehm berührt habe. Redner widerspricht feraer einzelnen Ausführungen des Kommissars.

Nachdem Abg. von Eynern in einer persönlichen Be-

merkung den Vorwurf aufrecht erhalten hat, daß der Sina Minister durch Abwälzung von Staatsaufyaben auf die Gemeinden diese überlaste, werden die Anträge Weyerbusch und Mies an eine Kommission von 14 Mitgliedern überwtesen.

Schluß 5 Uhr. Nächste Sißung Donnerstag 11 Uhr. (Etat der Forstverwaltung; Etat des Ministeriums des Jnnern,)

Handel und Gewerbe.

Tägliche Ren estellung für Kohlen und Koks an der A und in Oberschlesien. An der Ruhr find am 16. d. M. geftellt 13 421, nicht recht- zeitig gestellt keine Wagen. __ In Oberschlesien find am 16. d. M. gestellt 4725, nicht reht- zeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs8-Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgeriht zu Charlotten burg standen die nahbezeihneten Grundstücke zur Versteigerung: Grundstück zu Charlottenburg, Knobelsdorffstraße 22, dem Direktor Paul Blumenreich zu Charlottenburg gehörig; Fläche 6 a; Nußungs» werth 6350 4; für das Meistgebot von 111500 4 wurde der Kaufmann Edmund Krenßtlin zu Berlin, Bülowstraße 55, Er- steher. Grurdstück zu Charlottenburg, Carmerstraße 10, dem Baumeister Bernhard Sehring gehörig; Flähe 14,33 a; Nußzungswerth 20 100 4; für das Meistgebot von 403 000 4 wurde Frau Wittwe Elise Giese, geb. Kolbom, zu Berlin, Friedrih- straße 209, Ersteherin. Aufgehoben wurde das Verfahren der Sangtrepeigerung wegen des Grundstücks zu Charlottenburg,

armerstraße 11, dem Baumeister Bernhard Sehring gehörig.

_— Vom _obershlesischen Kohlen- und Koksmarkt berihtet die „Schl. Ztg.“ : Die milde Witterung hat auch in der ersten Hälfte des Februar die Gesammtlage des Markts kaum un- ünstig beeinflussen können, denn die täglihen Verladungen bewegten ch noch immer auf einer Höhe von etwas über 5000 Wagen und weisen gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres eine Stetzerung um rund 39%/ auf. Es darf dies als ein siherer Beweis dafür gelten, daß der Bedarf der Industrie noch fortgeseßt steigend is. In der That herrshte au gerade nah den speziell für die Zwecke der Jn- dustrie dienenden kleineren Körnungen eine so lebhafte Nachfrage, daß ihr nicht immer glatt entsprochen werden konnte. Ebenso sind Gas- kohlen fortgeseßt überaus stark begehrt. Die Leuchtgasindustrie ift dank zahlreicher technischer Verbesserung in stetig fortshreitender Ent- wickelung begriffen, und der Gasverbrauh vieler Orte hat eine bis dahin nit gekannte Steigerung erfahren. Hand in Hand damit geht naturgemäß eine entsprehende Erhöhung des Kohlenbedarfs. Die Ausfuhr nah Oesterreich zeigt eine kleine Abschwächung, wie nah den außerordentlich ftarkes Versendungen im Januar bei der auch in Oester- rei fortdauernd milden Witterung niht anders zu erwarten war. Auf dem Koksmarkt entwickeln sich Produktion und Mas weiter in normaler Weise. Eine Einschränkung der Produktion wie in West- falen ift in Oberschlesien nicht erfolgt, und die erzeugten aus werden von den Hüttenwerken get aufgenommen. Auf dèm Borsigroerk wird die neue, für den Bedarf des eigenen erweiterten Hochofenbetriebes bestimmte Koksanftalt in allernähster Zeit in Betrieb kommen. Der Markt für \chwefelsaures Ammoniak liegt till und die Ln haben etwas nachgelafsen, doch kann die Tendenz nah wie vor fest bezeihnet werden. In Benzol macht sih etwas lebhaftere ahfrage geltend, ohne daß indessen die Preise bisher eine Aufbesse- rung pr Ba konnten.

zuziehen. In der Kommission müssen wir eine Fassung finden, die geeignet if, den begründeten Beschwerden abzuhelfen,

In der gestrigen Generalversammlung der Essener Kredit- Anstalt in Essen wurde die Tagesordnung den en der Verwaltung gemäß erledigt und die Vertheilung von 7} 2/9 Dividende,

E E E