1887 / 94 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Apr 1887 18:00:01 GMT) scan diff

verändert. Die kirchenpolitische Geseßgebung sei in vielen und wesentlichen Theilen abgetragen und in Bezug auf den übrigen Theil sei ein Widerstand Seitens der katholischen Brie nit vorhanden. Das Einspruchsreht, wie es heute sormu (8 werde, habe in seinen Augen weniger eine kirchenpolitische, als eine allgemeine politische Bedeutung, was auch aus der Fassung hervorgehe. Denn jeßt solle es gestattet sein, Einsprüche her- zunehmen aus Gründen, die auf dem Gebiet des bürgerlichen und des staatsbürgerlihen Lebens lägen. Es komme hinzu, daß, während früher eine besondere kirchenpolitishe Instanz über die Berechtigung der Einsprüche entschieden habe, jeßt ein- fa im lehten Grunde das Staats-Ministerium zu ent- scheiden habe. Dieses Einspruchsreht sei nichts Anderes, als ein politisches Bestätigungsreht der einzelnen Geist- lichen; es sei ein Bestätigungsreht, wie es auf dem Gebiet des kommunalen Lebens in weitem Umfange bestehe und, wie man si in der leßten Zeit zu überzeugen vielfach R gehabt habe, ausgenußt werde im allgemeinen politischen ZJn- teresse der jeweiligen am Ruder befindlichen Partei. Die Handhabung eines solchen Einspruhsrehts könne und müsse dazu führen, gewisse politishe Richtungen aus den Kreisen der diesem Rechte unterworfenen Personen fernzuhalten, oder auch bei anderen politishen Jndifferentismus zu erzeugen. Die Folge müsse Servilismus und Streberthum in solchen Kreisen sein. Man könne etwas dafür sagen, daß Geistliche am besten thäten , der öffentlihen Betheiligung an politischen Fragen fern zu bleiben, Er halte - diesen Standpunkt nicht für rihtig, weil sie dadurch zu Staatsbürgern zweiten Ranges degradirt würden. Das Einspruchsreht werde seine Be- deutung natürlich nur äußern, wenn es sich um eine Thätigkeit handele, die der jeweiligen Regierung nicht bequem sei, jondern im Jnteresse der Opposition, sei diese nun eine liberale oder konservative, erfolgte. Der Reichskanzler 2 im Herrenhaus gesagt, daß er eigentlih auf dieses Ein- pruchsreht keinen Werth lege, daß er, wenn er so glülih wäre, Abgeordneter zu sein, niht dafür stimmen würde; nur dur seine Stellung als Minister werde er veranlaßt, dafür einzutreten. Er (Redner) könne daraus mit Vergnügen ent- nehmen, einmal seine Auffassung mit der des Reichskanzlers sih vollständig decken zu sehen. Aber er sei doch nicht ganz sicher, ob nicht bei dieser Aeußerung die Regel Plaß greife, daß dem Diplomaten die Sprache dazu diene, das zu ver- bergen, was er eigentlich meine. Der Reichskanzler habe ja darin Recht, daß man in einem Geistlihen niht darin sige und nicht wissen könne, wie er sih später entwickeln werde. Die ganze Bedeutung des Einspruhsrechts komme aber nicht sowohl bei der ersten Anstellung der Geistlichen, als vielmehr bei der Verseßung bereits amtirender Geistlichen zur Geltung. Diese hätten das Jnteresse, mit der Zeit einen größeren Wir- kungsfreis zu erhalten, oder auch nur ihre äußeren Verhält- nisse zu verbessern; und bei einer solhen Verseßun werde man die politishen Zeugnisse der Landräthe un Gendarmen zusammentragen, um sich auf Grund derselben über die Ausübung des Einspruchsrehts zu entscheiden. Die Klausel der Pfarrverweser vermöge ihn nicht zu trösten. Der Pfarrverweser bleibe ad nutum amobilis, der Geistliche aber habe ein Fnteresse, in eine gesicherte Stellung zu kommen. Daß von dem Einspruchsreht ein sehr starker Gebrauh in dieser allgemein politishen Richtung gemaht werden werde, entspreche der ganzen politischen Richtung, wie sie sich in der leßten Zeit auf Seiten der Regierung entwickelt habe. Was sei denn die Geschichte des Septennats Anderes als ein Versuch, die firhlihe Autorität nußbar zu machen für politische nteressen weltlicher Natur? Glaube denn irgend Jemand in der Welt, daß der Papst jene Noten Jacobini’s habe {reiben lassen, weil er ein leidenschaftliher Anhänger des Septennats sei, weil er auf Grund militärischer Darlegungen zu der Ueberzeugung gekommen sei, daß für Deutichland eine Erhöhung der Friedenspräsenzstärke um 41 000 Mann nothwendig sei und daß dies absolut sofort auf 7 und nicht auf 3 Jahre geshehen müsse? Nicht Gründe aus der Sache selbst hätten zu den Noten geführt. Es sei ja Auf ganz offenkundig in den Noten ausgesprochen, daß die Aufforderung an das Centrum, für das Septennat zu stimmen, nur ergangen sei, um sich dem Fürsten Bismarck angenehm zu machen, die Berliner Regierung für das Centrum und die Katholiken günstig zu stimmen; man habe gehofft, kirchen- politische Konzessionen dafür zu erlangen, daß man die kirh- liche Autorität für weltliche Jnteressen, die der Kirche an fih fremd oder wenigstens gleichgültig seien, nußbar gemacht habe. An sich sei ja dieser Versuch in der Hauptsahe an der Haltung der Centrumspartei R en die damit nur ihrem eigensten Jnteresse und zugleih dem der katholischen Kirche entsprochen habe; denn hätte sie fich in dieser weltlihen Frage __dem Papste gefügt, dann hätte sie allen Anschuldigungen ihrer Gegner Recht gegeben, daß die Centrumspartei in allen Stücken zum Kadavergehorsam verpflichtet sei und auch in weltlichen Fragen einem auswärtigen Oberen folge. Es sei ihm auch heute in der Erklärung des Abg. Dr. Windthorst aufgefallen, wie scharf er die Kompetenz des Papstes in ‘rein kirhlihen Dingen betont habe; es sei das vielleiht niht unabsihtlih geschehen. Dr. Windthorst habe damit erklärt, daß in weltlichen ragen die Partei nah wie vor die volle H besißze. Wenn bei der Centrumspartei dieser Versuch mißlungen sei, so sei das nicht in gleichem Maße bei den Mehrheitsparteien der Fall; sie hätten den Versuh der Einmishung eines Ausländers in innere politische Fragen bejubelt, katholischer als die Katho- liken, päpstlicher als der Papst; sie hätten das Unfehlbarkeits- dogma vertreten, wie es der Papst nicht aufgestellt und die Katholiken nit anerkannt hätten. Das sei für ihn (Redner) die traurigste Erscheinung dieser Politik gewesen. Bei anderen Nationen fei das nicht möglich. Wer in einér inneren eng- lischen Frage die Jntérvention eines Ausländers anrufen oder bejubeln würde, der würde, wie die „Times“ damals sagte, {hon dadur jede Einwirkung auf die Gestaltung der öffent- lichen Angelegenheiten des Landes verlieren. Aber nit blos die Parteien, die Behörden selbst hätten in amtlichen Kund- gebungen im Namen des Papstes die Wähler zu ‘beeinflussen gesucht und sich als Vollstrecker der Ordre des Papstes hingestellt. Der Landrath zu Duderstadt habe mit Rücksicht auf die vielfachen Entstellungen der Noten Jacobini's nochmals von Amtswegen am 25. März diese Noten publizirt, als ob es sich um Willens- äußerungen unseres Monarchen gehandelt hätte, und darauf E daß eine unbesangene Prüfung derselben keinen R lasje, daß das Centrum dem Willen Sr. Heiligkeit des Papstes 1 Paal Der Landrath entscheide hier amtlih über das Verhältniß des Centrums zum Papste. Der Landrath in Kosten gehe in einem Erlaß vom 5. April noch weiter, und zwar berufe er si, damit es nitt seheine, als ob er

eigener Eingebung folgte, ausdrücklich auf die höhere Anordnung; CUBaUe si direkt an die katholischen Geistlichen des Kreises ge- wandt und diese gebeten, im Gegensaß zur Haltung des Centrums die patriotishe Gesinnung ihrer Diözesanen zu pflegen. Als Parteiagent verquicke er die Stellung des Landraths mit der eines e Legaten. Das sei das Vorbild einer Thätigkeit, die demnächst an der Hand des Einspruchsrehts werde entfaltet werden. Das Bestreben, die kirhenpolitishe Stel: lung“ des Staates nah dem parteipolitishen Jnteresse zu regeln, sei bei der gegenwärtigen Regierung niemals offen- kundiger hervorgetreten, als in der Veröffentlihung der leßten Noten aus dem Jahre 1871, einshließlih des Kommentars, den die „Nordd. Allg. Ztg.“ und der Reichskanzler im Herren- ‘hause dazu gegeben hätten. Es gehe daraus hervor, daß die gesammte kirchenpolitishe Thätigkeit der Regierun seit 1871 wesentlich gelenkt worden sei nicht dur den Jnhalt der Geseßgebung, sondern dur die Stellung der Centrumspartei. Das Entstehen des Centrums 1871 sei übel vermerkt worden, man habe den Papst gegen den „Landsmann augerufen und das Centrum auf diese Weise zu zerstören ge- Ge als dies aber nit gelungen sei, da sei als Repressalie darauf zuerst die katholische Abtheilung des Kultus-Ministe- riums aufgelöst worden. Bisher sei eine Menge sachliher Gründe, die auf O einen gewissen Eindruck gemacht hätten, für diese Maßregel geltend gemaht worden; jeßt erfahre man, daß sie als Kampfesmittel gegen eine parlamentarische Partei ergriffen worden sei. Auf alle Diejenigen, welche den Kulturkampf mitgemacht hätten im Glauben an die stolzen Worte von der Hoheit des Staates, dem historish überkommenen Gegensaße von Kaiser und Staat, müsse es überaus vernichtend wirken, wenn sie jeßt zu der Ueberzeugung kämen, daß sie nur im Dienste einer Fraktionspolitik gehandelt hätten, die in erster Linie einen politischen Kampf bedeute zwischen dem Reichs- kanzler und dem Abg. Dr. Windthorst. Man habe die er- warteten Erfolge nicht erreicht. - Man habe die parlamenta- rische Partei in der Front nicht angreifen können, nun wech- sele man die Taktik und greife sie im Rücken an. Man gebe die kirhenpolitische Richtung auf, trete von dem, was man vertheidigt habe, wesentlih zurück und suche auf diesem Rück- zuge Erfolge auf politishem Gebiete gegen eine parlamenta- rische Partei zu gewinnen. Man könne einwenden: Gegen- wärtig habe der Reichskanzler ja im Reichstage wie im Ab- eordnetenhause die Majorität erreicht, die so lange das Ziel es Sehnsucht gewesen sei, und demnächst in Bezug auf Steuer- bewilligung nihts zu wünschen übrig lassen werde. Die- sen Einwand habe der Reichskanzler in seiner Herren- E schon beseitigt. Derselbe fürchte, daß die frühere ajorität nah 3 Jahren wiederkehren könne ; wenn er (Redner) nur die eine Thatsache festhalte, daß am 21. Februar für die Oppositionsparteien 340 000 Stimmen mehr abgegeben worden seien, als für die Regierungsparteien, so könne man es ent- [huldbar finden, wenn der Reichskanzler auf die Wahlen vom 21. Februar keine „Häuser bauen“ wolle. Das sei eine ge- wisse Anerkennung für seine Partei. Am wenigsten könne man sicher sein, ob nicht die freisinnige Partei nah 3 Jahren wieder einen Aufschwung nehme. Um sich nun gegen die Eventualität der früheren Majorität zu shüßen, versuche der Reichskanzler es, gegen die Centrumspartei um so mehr vor- zugehen. Sie solle wie ein Bah nah der Hochfluth des Ge- witters austrofnen. Es solle unter allen Umständen verhin- dert werden, daß die Vertreter der unabhängigen Parteien, d. h. solcher Parteien, die nas seien von der Unter- stüßung der Staatsautorität, in die Lage kämen, eine Mehr-

heit zu bilden. Der Reichskanzler habe \ich zwar in früheren Jahren geringshäßig über die Bedeu- tung parlamentarisher Mehrheiten ausgesprochen; aber

er (Redner) glaube, es entgehe dem Reichskanzler doch nit, daß dem parlamentarischen System ‘die Zukunft gehöre und auch sein Verbleiben im Amte davon abhängen werde, ob eine parlamentarische A eit seine Politik unter- stüße. Jedenfalls würde er es vorsichtig finden, wenn der Reichskanzler mit diesér Eventualität rechne. Für ihn (Redner) erkläre sih daraus das Bestreben des Reichskanzlers, auf jede Weise eine parlamentarishe Mehrheit unter dem shönen Namen der Mittelpartei sih zu sichern. Unter parla- mentarisher Mehrheitsregierung verstehe der Reichskanzler allerdings nit eine Wetbselwirkung zwischen Mehrheit und Minister; Aufgabe der Mehrheitsparteien solle es nur sein, die Schüsseln aufzutragen, aus denen mitzuessen er sich aber verbitte. Das ganze Streben dieser Politik sei dahin gerichtet, den jeweiligenWillen des leitendenStaatsmannes in derGestaltung der inneren E immer maßgebender, immer unwidex- stehlicher zu machen. Er R habe für die leßte kirchen- politische Vorlage gestimmt, weil damals solche Betrachtungen nicht hätten stattfinden können. Er müsse gegen die jeßige Vorlage stimmen, weil er in dexr Formulirung des EÉin- spruhsrechts und der gesammten Kirenpolitik das Bestreben erkenne, denjenigen Zustand - bei uns in Deutschland auszu- bilden, den man. am einfachsten und treffendsten mit dem Namen „Kanzlerabsolutismus“ bezeichne. Er sei von der Verderblichkeit des Einspruchsrechts so überzeugt, daß er der Meinung sei, daß wenn diese Novelle Gesez werde, von dem- selben S das Bestreben erst recht beginnen müsse, dieses Einspruhsreht aus der Welt zu schaffen oder ihm wenigstens eine Gestalt zu geben, die eine Verwendung des- selben, wie er sie gekennzeihnet habe, unmögli mache. Alle hätten ein Jnteresse an der freiheitlihen Gestaltung unserer A B eben wen und B aa könne au

1 veltehen, wenn he nicht ein gewisses Maß politische Freiheit zur Vorausseßung habe. : Ae

Hierauf ergriff der Präsident des Staats-Ministeriums, Reichskanzler Fürst von Bismarck, das Wort: , Die Vorlage, welche uns beschäftigt, ist in der Presse und bier im Hause in diametral entgegengeseßter Richtung von verschiedenen Seiten angegriffen worden. Den Einen ging sie niht weit genug 4 thren Monessionen an die fkatholische Kirche, den Anderen ging Die erstere Meinung ift nah dem, was wir heute hier gehört baben, eingestandenermaßen nur durch die Erie e deDort Organ, den Abgeordneten Richter, vertreten. Hr. Richter findet, daß Betoli ade, E af e Le L a Konzessionen, auf welche die , , a f ; i seinerseits katholischer als der Papst A E alo Fn Papste ging sie weit genug. Ich weiß nun nicht, ob Hr. ichter bei dieser Darlegung in feiner Ei enschaft als unabhängiges selbständiges Parteihaupt, oder ob er noch unter der Cinwirkung A auf Wahsleinflüssen beruhenden Lehnsverhältnisses zu einem Theile des Centrums gesprochen hat. Daß das Leßtere nicht der Fall ist, daß Hr. Richter das Mundstück für Aeußerungen ist, die man von Seiten der Centrums-Abgeordneten, die ihm Bravo zuriefen, als er

wahrsheinlih, daß ih einen großen Theil dessen, was Hr. Richter Pa \hon vorher in der „Kölnischen Volks- titnage A „Westsälishen Merkur“ und anderen Blättern dieser Rihtung gelesen zu haben glaube. s 4 :

Selbst in den Details hat Hr. Richter er hat ja ein gutes Gedächtniß den Wortlaut beibehalten. Ich habe hier die „Kölnische Volks-Zeitung“, wo gesagt ist:

Zahlreiche Zuschriften, die uns und anderen katbolischen Blättern zugehen, zeigen deutlih die Erbitterung von welher die Geistlichkeit bei- der Ausficht erfüllt ist, unter die Kontrole der Gendarmen und Ortsvorsteher zu kommen.

Ich habe nicht alle diese Sachen bei der N aber im „West- fälishen Merkur“ glaube ih auch die Anspielung auf meine Person gelesen zu haben, welhe Stellung ih zu den Sachen hätte, ganz wie Hr. Richter es als gelehriger Schüler seiner Lehnsherren hier vor- getragen hat. Ich habe seine Selbständigkeit früher höher taxirt und wenn ih bei dem geringen Maße, das er felbft fi beilegt, na seinem heutigen Auftreten auh für die Sache keinen erheblihen Vor: theil mir davon versprehe, ob ich ihn hier widerlege oder nit, fo nöthigen mich doch einige direkt an mich_ persönli gerichtete Aeußerungen von ihm, auf- das, was er gesagt hat, einzugehen. Jh kann ihm hierbei das Zeugniß geben, daß er die Absichten seiner, wie ih glaube, kirchlihen vershämten Auftraggeber doH nicht vollkommen richtig versteht und würdigt, wenn er f hier so bitter darüber ausläßt, daß der Einspruch der Staatshehörde denen die Ernennung von Geistlichen wesentlich aus politischen Motiven entnommen werden sollte. Aus welchen foll er denn fonst entnommen werdeu? Etwa aus dogmatischen? Soll denn der Staat si ium Glaubensrihter machen über die Geistlichkeit? Ist es Hrn. Nidter

denn nicht bekannt, daß seit Jahrzehnten, wenn nicht länger, es qu erkannter Grundsaß der katholishen Kirche ist, daß da wo sie 1 Einspruchsreht überhaupt zugiebt, es ob causas civiles êt politicas zulässig ist? Also dec Hr. Abg. Richter hat noch nidt/diehinreiden- den Weihen empfangen, um flerikale oder selbst au mr “ftserifz[- demokratische Interessen hier mit Sicherheit zu vertreten sonst würde er diesen bis zur Abgedroschenheit bekannten Sag . ni@ti foten haben, daß nur politische Gründe das Einspruchsrecht der Moser motiviren können. Es wird von demselben wie bisher sou n Zukunft ein sehr \spärliher Gebrauch gemacht werden; mit Doqmw tishem werden wir uns sicher nit befassen.

Der Herr Abgeordnete hat in einer Anwandlung von ihin ses nit eigener, wenigstens betf ihm selten hervortretender nationäli Entrüstung F darüber ausgesprochen, daß wir einen Ausländer zur Hülfe gerufen hätten in deutshen Angelegenheiten; er- hat gesagt, so etwas würde in England, in Frankreich ich weiß nit, was e sonst noch nannte nit vorkommen. Der Herr Abgeordnete muß Taum so viel Zeitungen lesen, als er selbs fchreibt oder \chreiben [äßt, sonst würde er doch wissen, daß in der französischen Politik die Frage der Haltung Rußlands eine ganz bedeutende Rolle spielt und daß selbst in den nationalsten russishen Blättern die Frage, was Gre thut, und ob Frankreih Freund oder Feind einer gewissen Richtung der Politik sein wird, eine hervorragende Rolle spielt. England führte der Herr Abgeordnete ferner namentlich an, mit großer Cmphase, die sih recht hübsch ausnimmt, wenn das, was der Vor- tragende anführt, richtig ist; wenn er aber sv unterstreiht, dann muß er doh auch die politishen Situationen und Erlebnisse unserer jüng-

sten Zeit einigermaßen verstehen. Es ist gar nit zweifelhaft, daß

die englische Regierung von Wünschen, den päpstlichen Beistand früher

gegen die Fenier, später gegen die Parnelliten zu gewinnen, lebhaft

beseelt gewesen ift und daraus auch tein Hehl macht.

Aber selbst wenn dieses Beispiel und dieser Jrrthum des Herrn Vorredners nit vorläge, so würde ih mich doch nie bedacht haben, den Beistand eines Ausländers, wie der Herr Vorredner den Papst nannte, in unseren deutschen Angelegenheiten da zu acceptiren, zu er- bitten, wo ih glaube, daß er für unsere deutschen Interessen nüßlih ist. Das ift ja doch gerade das Wesen der Diplomatie, an deren Spiße ih bei uns stehe, daß man sich Freunde im Auslande verschafft.

_ Wenn er nun den Papst als Ausländer bei uns fo bestimmt be- zeihnet ja, das mag er als Protestant thun; aber da, glaube ih, ist er wieder nit der getreue Mandatar feiner katholischen Vollmacht= ge: denn wenn ih Katholik wäre, glaube ih nicht, daß ih die

nstitution des Papsithums als eine ausländische betrachten würdez und von meinem paritätischen Standpunkt, den ih als Vertreter der Regierung innehalten muß, gebe ih das zu, daß das Papstthum eine nicht blos ausländische, eine nicht blos weltallgemeine, sondern weil sie eine weltallgemeine ist, auch eine deutshe Institution für die deutschen Katholiken ist also auch da fällt Hr. Richter durch das eoLaMGe Examen.

, Wenn dieser Ausländer unser Freund ift, so ist seine Unterstüßung mir jedenfalls willkommen, und ich würde glauben, die Interessen meines Landes aus rein nationalem Hochmuth, wie er dent Richter )onst doch auch nicht eigenthümlich ist, zu \chädigen, wem die Unterstüßung eines ehrlichen und mächtigen Herrn, wie &ch de Papst ist, deshalb ablehnte, weil er eben in Rom wohnt. i

Der Herr Abgeordnete hat sich darüber beschwert, daß d preußische ehörden, dur Landräthe, die Jacobini’ sen Noten aut drüClich und amtlich mitgetheilt wurden. Er hat das als etwa Strafbares, gewissermaßen-als ein pudendum, was er hier vor det Oeffentlichkeit blosstellen müßte, dargestellt. Meine Herren, diese Veröffentlihungen sind von der Regierung angeordnet, und die An- ordnung ist von mir angeregt worden, weil ic fand, daß die kw tholishen Wähler über den Inhalt der Jacobini'\chen Noten in eine so shamlosen Weise belogen wurden, daß ih es für die Pflicht der Regierung hielt, die amtlihe Aussprache des Oberhauptes der katholischen Kirche zur Kenntniß der preußischen Katholiken zubringen, soviel an mir lag. Von anderer Seite ist diese Bestrebung, det Katholiken, den fatholisWen, Wählern die Ansichten des Papstes mit zutheilen, nah töglichkeit gehindert worden, die Jacobini's{chen Depeschen find verkürzt worden, entstellt worden, und da, wo die Be völkerung des Landes der deutschen Sprache unkundig war, falsd überseßt worden. Das Alles ist vorgekommen und dem gegenüber hatte die Regierung die ehrenvolle Aufgabe, die Wahrheit gegen die Lüge zu vertreten. : a Benn Hr. Ritter irgend eine Autorität über ih anerkennte, die ih anrufen könnte gegen die Angriffe, die er und feine Partei auf Bestehen und den inneren Frieden des Deutschen Reiches ridtah # würe la natürlich keine geistlihe Autorität, aber wenn er eite solde respektirte, möchte es ein Ausländer oder ein Inländer set würde mich sicher an den Papst, den Hr. Richter anerkeitt trenbe, um dessen Beistand anzurufen gegen die fubverfiven Angtift/ die seine

ration gegen das Bestehen unseres Reichs richtet. her eine solhe

utorität besteht niht. Die Klerikaldemokratie erken eine solige glücklicherweise an, und ih freue mi, daß beide Autoritäten, die weltliche und die geistliche, im Kampf gegen die Demokräalit hier Hand in Hand gehen. Mo Der Herr Abgeordnete hat von Wahlkunststücken der diesjährige Wahlen gesprochen, er hat auch in einem anderen Hause {on gesa, die ganze Wahl wäre ein Produkt der Angst. Wer die meisten Kunst- stücke bei dieser Wahl gemacht hat, Diejenigen, die eine althèrgebrachte Routine darin haben oder Diejenigen, die als Wähler der Herr Abgeordnete führte, ih weiß nit, welhe Zahl an neu eingetreten ind, die mehr gewählt haben, als das vorige Mal, das lasse ae gahingestellt. Die Wahrscheinlihkeit \pricht dafur, dah, die alten Routiniers und Werbeoffiziere, die das Wahlgescäft kennen, die meisten Kunststücke gemaht haben. Der Herr Abgeordnete will si gar nit mit der Thatsache befreunden, daß das Resultat, das ba unerwünschte Resultat der jüngsten Wahlen gar keinen anderen G Bat hat, als die nationale Entrüstung, die si der Deutschen bemäh S hat über die Haltung der fort]chrittlihen Opposition. Gerade die fortscrittliche Partei hat den größten Nachtheil davon gehabt. e batte es möglih gemacht, daß im Reichstage sich auf der Basis F Kircenstreits eine Art von babylonishem Thurm aufbaute gegen die

si seßte, dem Papste gegenüber und einen öffentli niht hat selbst in den-Mund E wollen 0 ioirb mie U

Regierung, daß außer der Fortsrittspartei Alles, was malcontent war im Deutschen Reich, Fu zu E geborenen antigouvernementales Majorität zusammenfand. Dieser Thurmbau zu Babel ist eben dur

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