1872 / 252 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Oct 1872 18:00:01 GMT) scan diff

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iat ita H E S E N t 4

nungen über den Umfang dec zu treffenden Abänderungen doch be- greiflih weit auseinander. Zweikammer - oder Einkammersystem, direkte oder indirekte Wahlart, die Bildung der Ersten und der Qwei- ten Kammer, die Bedingungen des Stimmrechtes und der Wählbar- keit, die gesammte oder’ theilweise Erneuerung der Zweiten Kammer nach Ablauf der Wahlperiode, das Wahlverfahren selber alle diese

Fragen und noch so manche andere boten reichen Stoff zur Geltend-

machung prinzipieller, einander entgegenstehender Ansichten.

Der Großherzoglichen Regierung war die schwierige Aufgabe er- wächsen, in ihren Abänderungsvorschlägen soweit vorzugehen, zugleich aber auch in diesem Vorgehen sich in soweit selber Einhalt zu ge-

bieten, daß sie auf eine s{ließliche Uung der vorwärtsdrängen- - Ja

den sowohl, als auch der zurücckhaltenden Elemente der Kammer zählen durfte. Der Erfolg hat bewiesen, daß sie das richtige Maß eingehalten hat. Ohne das Entgegenkommen der verschiedenen in der Zweiten Kammer vertretenen politishen Richtungen wäre dieser Erfolz freilich nit zu erreichen gewesen, und die Bevölkerung des Groß- herzogthums i} den Abgeordneten von der rechten wie von der linken Seite des Hauses, welche ihre persönlichen politis@en Ucber- eugungen bei einzelnen Punften in dem Augenblicke zum Opfer rachten, als die ¡Frage an sie herantrat, ob sie die Reform des Wahl- gestfes darum von der Hand weisen sollten, weil sie nicht in allen rtifeln des Entwurfs ihren speziellen Ansichten den Sieg verschaffen konnten, den größten Oank schuldig. Wir zweifeln nicht daran, daß dieser Geist des Entgegenfkommens auch über den bevorstehenden Be- rathungen der höhen Ersten Kammer walten und hier durch die bal- dige T a des Gesebes, sowie die Anordnung der Neuwahlen innerhalb der richtigen Zeit ermögliht werden wird. Leih Braunschweig, 23. Oktober. Der

Herzog ist gestern Nachmittag über Dresden von Sibyllenort N RY T und hat fich zunächst nach Schloß Blankenburg egeben.

___— Die erste ordentliche Landessyn ode wird morgen früh durch einen feierlichen Gottesdienst in der Domkirche er- öffnet werden.

Waldeck. Arolsen, 19. Oktober. Der Fürst ist am 14. d. M. im besten Wohlsein von Stockholm zurückgekehrt.

Dem »Wald. Anz.« zufolge sind die Reisedi8positionen am hiesigen Hofe ueuerdings dahin abgeändert worden, daß die Fürstliche Familie bis gegen Mitte November in Arolsen verweilen, dann die Fürstin mit sämmtlichen Kindern fich nach Mentone. begeben und der Fürst kurz vor Weihnachten dahin nachfolgen werde.

Am 15. d. M,, fand ein großer Hofball, zu dem Jegen dreihundert Einladungen ergangen waren, im Fürst- ichen Residenzschlosse statt. Beamte aus allen Theilen des Landes, viele adelige Familien aus der Umaegend, mehrere höhere Offiziere aus Cassel, sowie Prinz Heinrih von Waldeck 0% M Gräfliche Familie aus Bergheim w*ck5hnten demsel-

en bei.

22. Oftober. Das Regierungsblatt veröffentlicht das Ausschreiben des Landesdirektors an die Landtags - Abgeordne- ten, durch welches der ordentliche Landtag auf den 29. d. M. einberufen wird. *

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 22. Oktober. Der General der Kavallerie, Oberbefehl8haber der Ofkkupations- Armee, Freiherr von Manteuffel, kam gestern Abend 5 Uhr von “Berlin über Frankfurt a. M. hier an und reiste um 6 Uhr nah Nancy weiter.

Colmar, 20. Oktober. Der Wirkliche Geheime Ober- Regierungs-Rath und Direktor der Abtheilung für Elsaß-Loth- ringen im Reichskanzler-Amt, Herzog, ist aus Berlin hier eingetroffen und im »Hotel zu den zwei Schlüsseln« abgestiegen. ZU Ehren desselben hatte der Bezirks-Präsident die Spißen der Civilbehörden heute zu einem Diner vereinigt.

Defterreich - Ungarn. Wien , 22. Oktober. Jn derx KöntgSburg zu Ofen fand gestern unter Vorsiß des Kaisers eine Konferenz statt, an welcher der Erzherzog Albrecht , der Kriegs-Minister Baron Kuhn und der Vize-Admiral von Pöckh Theil nahmen. Gegenstand derselben war das November- Avancement in der gemeinsamen Armee und der Kriegs- Marine.

(Wien. Ztg.) In Ausführung des in der Sißung des niederösterreichischen Landtages vom 14. Oktober 1871 zum Be- s{lusse erhobenen Antrages des Abg. Furtmüller: »Es8 sei der Landesaus\{chuß mit der Ausarbeitung einer auf die Aktivirung der ‘im §. 26 Y. 11 dex Gemeindeordnung vom 21. September 1869 in Ausficht genommenen Vermittlung8ämter abzielenden Durchführungsvorschrift zu betrauen und anzuweisen, dieselbe in der nächsten Session der hohen Landesvertretung zur Be- TURRA vorzulegen«, verfaßte der Landesausschuß den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung von Vermittlungs8- ämtern. Die Hauptpunkte . dieses Gescßes lassen \ich in Folgendem zusammenfassen: Jeder Gemeinde steht es frei, zum Vergleichsversuche zwischen streitenden Par- teien ohne Rücksicht auf ihren Wohnsiß ein Vermitte- lungSamt durch aus der Gemeinde gewählte BVertrauen8männer zu errichten. Zwei oder mehrere Gemeinden können gemein- schaftlich ein solches Vermittelungs8amt errichten. Vor dem Vermittlungs8amte können zwischen \treitenden Parteien über dem Betrage nach bestimmte Geldforderungen von höchstens 300 Fl. oder über bewegliche Sachen, bezüglich welcher die Par- teien erklären, für dieselben einen die Summe von 300 Fl. nicht übersteigenden bestimmten Geldbetrag annehmen oder leisten zu wollen, wirksame Vergleiche abgeschlossen werden. Das Vermitte- lungSamt hat beide Parteien anzuhören, die vorhandenen Beweis- mittel einzusehen und sohin den Vergleich zu vermitteln, ohne dié Parteien zu einem Vergleichsabschlusse zu drängen. Kommt ein Vergleich zu Stande, so ist derselbe in das beim Ver- mittelung8amte zu führende Amtsbuch einzutragen. Das Amt L Vertrauensmannes ift cin Ehrenamt, daher unentgeltlich zu esorgen. ;

Pesth, 22. Oktober. Gestern Abends um 8 Uhr fand die erste Sizung der gemeinsamen Nuntien-Kommisslon im Akademiegebäude stalt. Es verlautet , daß die Differenzen im Budget des Finanz - Ministeriums und der Kriegsmarine be- glichen wurden. Bezüglich der Differenzen im Budget des Kriegs-Ministeriums gestaltet sich die Verhandlung schwieriger und findet heute Abends die Fortsezung der diesbezüglichen Be- rathung ftatt. Wenn man auch hierin auf eine baldige Aus- gleichung hofft, so dürfte „doch dadurch die Delegationssession um einige Tage verlängert werden.

In der heutigen Sißung des Budgetaus\{us}ses der Neich8rath8delegation wurde über die Differenzen zwischen den Beschlüssen beider Delegationen , betreffend das Budget des Ministeriums des Aeußern, des gemeinsamen Finanz-Mi- nisteriums, des obersten Rechnung8hofes und der Ente verhandelt. Die von dem Berichterstatter Demel diesfalls ge- stellten Anträge, welche mit Rücksicht auf die in der gemein- samen Nuntienkommission gefaßten Beschlüsse eine vollständige Uebereinstimmung beider Delegationen bei den genannten Thei- len des Budgets herbeiführen follen, wurden angenommen.

Die ungarische Delegation nahm heute alle auf jene divergirenden Beschlüsse bezüglichen Anträge der Siebener-

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der Finanzen und der Marine gefaßt wurden. Jn Bezug auf diese drei Budgets waltet daher zwischen beiden Delegationen keine Differenz mehr ob. :

Shweiz. Bern, 13. Oktober. Dem für die Mitglieder des schweizerischen Reformvereins gestern Abend in der Münsterkirche abgehaltenen Gottesdienste, bei welchem Pfarrer Lang aus Jürich die E hielt, wohnten über 3000 Ren bei. Später fand eine Sitzung der Delegirten statt.

ie heutige Hauptversammlung wird im Saale des großen Rathes abgehalten. Um 2 Uhr sol sich derselben ein Bankett im Museum anschließen.

Genf, 23. Oktober. (W. T. B.) Eine Proklamation des Genfer Staatsraths ift gestern Abend an den Straßen- ecken angeschlagen worden, welche im Wesentlichen besagt: Da, entgegen der Weisung des Staatsraths, den' Befehlen des Bischofs Mermillod keine Folge zu geben, die Pfarrgeistlichkeit

beharre, und da der Bischof Marilley von Freiburg es ah- lehne, Vorschläge zur Beseßung der vakanten Pfarrstellen zu machen, weil er scine desfallsigen Rechte im Jahre 1865- an Mermillod übertragen habe, habe ih der Staatsrath für kom- petent exklärt, die protestirenden Pfarrer o eine Maß- regel, welche eine Feindseligkeit gegen die katholische Kirche nicht in sih s{chließe, sondern nur bezwecke, dem Geseße Achtung zu verschaffen. Der Staatsrath werde deshalb einen Geseßentwourf vorlegen, der folgende Bestimmungen treffe: Die Pfarrer sollen durch die Gemeinde ernannt werden, kein Würdenträger darf in Genf ein Pfarramt bekleiden, der Eid der Pfarrer soll in solcher Weise redigirt werden, daß eine zweideutige Auslegung desselben unmöglich ist, in Folge der erwähnten Weigerung der Geistlichen sollen in allen Pfarren neue Wahlen stattfinden.

Großbritannien und Jrland. London, 22. Oktober. Die Königin der Niederlande nahm gestern in Begleitung ihres Gefolges das Museum in Bethnal-green in Augenschein, stattete alsdann dem. Prinzen und der Prinzessin von Wales in Marlborough-House einen Besuch ab und speiste am Abend bei der Herzogin von ITnverneß im Kensington-Palast, woselbst sich die verwittwete Herzogin von Cambridge zur Begrüßung Ihrer Majestät eingefunden hatte

In Devonport ist die Nachricht eingelaufen, daß Jhrer Majestät Schiff »Supply« am 17. September am Kap Palmas an der Westküste Afrikas, wo es stationirt war ,+ ge- scheitert ist. Die »Supply« befand sich in Begleitung des Kriegsschiffes »yDruid,« und zur Zeit des Abgangs der Depesche waren beide Schiffsbemannungen mit der Bergung ihrer Kanonen und Ladung beschäftigt. Obwohl das Wasser rasch eindrang, hoffte man das Fahrzeug retten zu können. :

Frankreich. Paris, 22, Oktober. Unter dem Vorsiße des Präsidenten der Republik fand heute ein Minister- rath statt, dem auch der Vize-Admiral de Gueydon beiwohnte.

Von Seiten des Kriegs-Ministeriums werden die Materialien zu einer amtlichen Geschichte des Krieges von 1870 bis 1871 gesammelt, Jn Folge der großen Theuerung hat der Kriegs-Minister bei dem Präsidenten den Antrag gestellt, daß für die Kost eines jeden Soldaten in Zukunft 60, statt [2 Centimes pro Tag bezahlt werden sollen.

- Das Kriegsgericht hat heute Roufsel wegen Theil- nahme an dem Aufstande der Kommune zum Tode ver- urtheilt,

Spanien. Madrid, 20. Oktober. Der Generaikapitän von Galicien, J. Sanchez Bregua, ist für seine Verdienste | bei der Unterdrückung des Aufstandes in Ferrol zum General- Lieutenant ernannt worden. Auf Ersuchen des republikanischen Abgeordneten Figueras hat der Kriegs-Minister dem Verneh- men nach den Befehl gegeben, daß Bregua kein Todesurtheil in Ferrol vollstrecken lassen soll, ohne vorher an die Regierung berichtet zu haben. —“ Aus Valladolid find 383 gefangene Carlisten nah Santander gebracht worden, von wo sie nach den kanarischen Inseln eingeschifft werden sollen.

Italien. Rom, 23. Oktober. Der Papst empfing heute den Gesandten der Republik Peru, Petér Galves, welcher sein Beglaubigungsschreiben überreichte.

Das Journal »Voce della verita« bestätigt die von der Pariser »Union« gebrachte Nachricht, daß die Reise des Kardi- nals Bon nechose auch den Zweck hatte, fich über die arme- nische Kirchenfrage näher zu unterrichten.

FIDSENI 29, Olo, (T D Suite faidui bie Beisezung8Sfeierlichkeiten der Leiche des verstorbenen Gesandten des deutschen Reiches, Grafen Brasier de St. Simon, unter großer Betheiligung statt. Denselben wohnten der Präfekt, der Bürgermeister, Graf Menabrea, die Offiziere der Garnison und der Nationalgarde, die fremden Konsuln und eine große Menschenmenge bei.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 18. Oktober' Der shwedisch-norwegische Gesandte am dänischen Hofe, {Frei- herr von Beck-7Friis, befindet sh gegenwärtig auf Urlaub in Schweden. Während seiner Abwesenheit leitet der Legations- Sekretär, Kammerherr Aminoff, die Gesandtschafts8geschäfte in Kopenhagen.

Dánemar®. Kopenhagen, 20. Oktober. Wie die »Fyens Stiftstid.« erfährt, haben die höheren Militär-Kom- mandos im ganzen Lande in dex vorigen Woche vom Kriegs8- Ministerium ein Exemplar des Gesetzentwurfs, welcher dem Reichstage bei der bevorstehenden Revision des Heergeseßes vor- gelegt werden soll, zugeschickt erhalten. Es wird darin die gänzliche Aufhebung der Verstärkung vorgeschlagen. Der Plan des Kriegs-Ministers geht ferner darauf aus, die Armee in Regimenter und jedes Regiment in zwei Bataillone zu je 3 Compagnien einzutheilen, also ganz ebenso wie im Jahre 1861. Ferner will man dem Mangel an Offizieren, namentlih an Stabsoffizieren abhelfen und \{ließlich beabsichtigt man eine Vergrößerung der jeßigen Artillerie- und Kavalleriestärke. Diejer Entwurf ist jedo nicht endgültig; die definitiven Be- stimmungen können erst dann getroffen werden, wenn die ver- schiedenen Kommandos die ihnen abverlangten Gutachten ein- geliefert haben.

In cinem Briefe aus St. Thomas vom 27. v. M. wird über die Ankunfi des neuen Gouverneurs Garde be- richtet: »Mittwoch Morgen is der neue Gouverneur Garde mit dem Bremer Dampfschiff »König Wilhelm« angekommen. Das Schiff, welches die dänische Flagge aufgezogen hatte, salu- tirte, als fih der Gouverneur ans Land begab, und von den übrigen Schiffen im Hafen, sowie von vielen Gebäuden wurde ebenfalls geflaggt. Eine Militär-Ehrenwache war am Hafen aufgestellt, wo der neue Gouverneur unter Salutschüssen von der Festung Christian und dem lebhaften Hurrahrufen einer

von Genf auf ihrer Weigerung, diesem «Gebot nachzukommen, -

neur begab sich in Begleitung des Vize-Gouverneurs State, mann nah dem Gouvernementsgebäude und empfing dort einen größeren Kreis der Bewohner von St. Thomas, gay welchen sein ganzes Auftreten und die von ihm bei dieser vie E gehaltene kleine Anrede einen recht guten Eindruck machte. «

Amerika... New-York, 21. Oktober. Vor Kurzem fand hier eine Versammlung statt, in welcher die Vorkehrun. gen berathen wurden, um amerikanische Produkte auf der näch: sten Wiener Weltausstellung gehörig zu repräsentiren Ein Ausschuß von 29 Personen wurde ernannt, der die Satte in die Hand nehmen soll. Man bezweckt vom Kongreß cin Votum, wie dies bei der Pariser Ausstellung der Fall gewesen zu E damit eine angemessene Ausstellung der Produkte amerikanischer Jndustrie gesichert werde, und zu diesem Behufe soll unverzüglich eine Petition an den Kongreß vorbereitet wer, den, Die Kommissäre des öffentlichen Unterrichts in New-York haben beschlossen, eine Kollektion der in den öffentlichen Schulen im Gebrauch befindlichen Leitfäden und Apparate an die Augs. stellung zu \chicken.

Australien. Melbourne, 21. Oktober. Das 1Un, terriht8geseg hat in der legislativen Versammlung die zweite [Lesung passirt. M’'Culloch ist zum General-Agenten der australishen Kolonicen in Europa ernannt worden und wird dieselben in der Wiener Welt - Ausstellung vertreten. Der Handel befindet sich in cinem befriedigenden Zustande.

_Honolulu (Sandwich- Inseln), 28.September. Das neue Ministerium 1isst nach der »Honolulu - Gazette« folgender, maßen zufammengeseßt: Minister des Jnnern F. C. Hutchinson, Finanz - Minister Robert Sterling, Kronanwalt Stephan A BUOEA ein Minister des Aeußern ist noch nit ernannt worden.

Landtags - Angelegenheiten.

Berlin, 24. Oktober. Jn der gestrigen Sitzung des Herrenhauses nahm in der Generaldiskussion über die Kreisordnung für die 6 östlichen Provinzen der Minister des Jnnern Graf zu Eulenburg nach dem Herrn von Kleist: Reßow, welcher sich gegen die Vorlage ausgesprochen hatte, das Wort: :

Meine Herren! Jch glaube j es giebt kaum ein unheimlicheres Gefühl, als das, welches Jemand hegt, der aus einem gemüthlichen Hause, das er allein bewohnt, wenn es auch klein gewesen ist, heraus, gehen soll, um in ein größeres zu ziehen, was er noch mit einem Anderen theilen muß. So ungefähr kommt es mir vor, wenn Herr v. Kleist mit der ihm aus dem Herzen kommenden Wärme die Po- sition verficht, in der er und scine Standesgenossen si bisher befun- den haben, und ih kann dicse Wärme durchaus erklärlich finden. Jh bin nun in keiner sehr günstigen Lage, wenn ih dem gegenüber, mit prosaischer Kritik, entgegnen muß, daß, so gemüthlih die Stellung sein mag j fie in den Augen der Regierung ganz unhaltbar ist , wie ich dics schon gestern erklärt habe.

Stände in dem Sinne, vie sie jeßt existiren, sind in der neuen Kreisordnung niht mehr aufrecht zu erhalten ; sie sind es schon des- halb nit, weil eben aus der Kreisvertretung eine Jnstitution her- vorgéhen soll, die Hr. v. Kleist zu meiner großen Befriedi- gung selbst als “cine gut gedachte und hoffentlich wirksame ansieht; denn die Kreisvertretung soll die Mutter des Aus\ch{usses werden, und wenn die Kreisausschüsse wirken sollen ; so dürfen sie nicht aus ständischer Vertretung hervorgehen ; sie müssen hervorgehen aus der Mitte der Bevölkerung , über die sie sißen sollen und die zu ihnen das Vertrauen haben muß , das die Besten und Fähigsten des Kreises in sich \ch{ließen. Sie sagen: die Stände sind Glieder des Staates, die Beine des Staates. Jch will diese Definition zugeben , allcin die Stände, die Rittergutsstände, wie sie ih bei uns gestaltet haben, leiden an Mängeln, die selbst ín dem Komtinissionsberichte Hervorgehboben sind. Eine große Anzahl von Rittergutsbesißern i nicht mehr das, was dereinsl ein Rittergutsbesißer vorstellte, sie sind an den Beinen ; von denen Herr von Kleist spricht, die podagristischen Erscinungen. Ih will den Stand in dem Sinne e daß er cin Glied, ein Bein , ein Stüßpunkt des Staates sein soll , gewiß aufrech)t erhalten , aber nit dadurch; daß ih ihn abschließe, sondern dadur, daß ih die einzelnen Stände sich gegenseitig zugänglich mache. Th halte cs für wün- schenswerth, den Uebergang von einein Stand in den anderen zu erleichtern und dadurch die Vevölferung zu heben, während die Abschließung der Stände zum Drucke führt. T theile die An- sicht, die Hr. v. Kleist über die Bauern im Allgemeinen ausge \sprochen hat. Der Bauer i} nicht freigiebig, er bleibt Bauer , auch wenn er zwei große Bauergüter bat; aber er bleibt es gewiß, wenn Sie ihn durch Geses ein für alle Mal zum Baucr stempeln, er wird möglicherweise etwas mehr, cr wird Rittergutisbesiger, wenn Sie ihm die Schranken öffnen und ihn nach und nach in bessere Gesellschast einführen. Hr. v. Kleist hat mit Wärme diejenigen Herren wider- legt, die den Saß aufgestellt haben, daß man gar keine Elemente für die Ausschüsse findcn werde. Er hat mit Net hervorgehoben, daß wir sie nicht nur finden werden , sondern daß mit den Pslichten und Rechten, die ihnen zugetheilt werden fallen, auch ihre Kräfte wachsen werden. Jch behaupte dasselbe von den Kreisständen, wie der Entwurf sie einzuführen gedenkt. Lassen Sie die Nicht-Rittergutsbesißer hier eintreten in diese Kreisversamm- lungen, die jet mnt mehr Rechten und Pflictten ausgestattet sein werden als früher; stellen Sie sie den früher ver ihnen Bevorzugten gleich, so werden Sie auch das Gefühl und die Lust in ihnen wah rufen, sih auch innerlich ihm gleichzustellen wagen, Und Sie werden in den bisherigen Bauern nah und nach einen Schlag Menschen heranziehen, der es wohl würdig is, neben dem Rittergutsbesißer in den Kreisversammlungen zu sigen.

Herr von Kleist macht mir den Vorwurf der Jnkonsequenz na- mentlich darin, daß ih bei Reorganisation der neu hinzugetretenen Provinzen einfa die Kreisverfassung Preußens dort eingeführt hätte, während ich jeßt damit umginge, die preußischen Kreise radikal um- zugestalten. Das i} nicht ganz richtig. Erstlih waren die Verhält- nisse damals ganz andere als jeßt, ich hatte als Beirath nur Ver- trauensmänner, während mir jeßt die Landesvertretung zur Seite sicht, ih konnte durchgreifende große Geseße nicht füglih machen und mußte mich auf das beschränken, was nothwendig wat um die dort bestehenden Einrichtungen wit denen Preußens zu amalgamiren. Allein {on damais , ist bei den sämmt lichen Kreisverfassunzen in den neuen Provinzen der durchs{chlagende Grundsaß zum Ausdruck gebracht worden, daß der Rittergutsbesißer- stand als solcber nicht mehr repräsentirt, sondern als Großgrund- besißer qualifizirt wurde und im Durchschnitt, wenigstens mik geringen

Ausnahmen, in den Kreisvertretungen nur ein Drittel der Stimmen hatte. Das sind Grundsäße, die damals {on maßgebend waren und die ih jeßt nur in anderer Form auf die neue Kreisvertretung in Unwendung bringen will. Sie sagen von meinen Vorschlägen; ih ginge radikal vor und wollte die bisherige Kreiövertretung mit Stumpf und Stiel ausrotten. Das is} eine Behauptung aber es wird andere Leute geben , die die Kreisordnung lesen und studiren und mir beistimmen werden, wenn -ih sage, ih {ließe mich so viel als irgend möglich an die bisherigen Jnstitutionen an und ändere nur soweit, als ih glaube, daß cs absolut nothwendig ist.

Daß die Kreistage bisher ißre Pflicht erfüllt haben, habe ih hon gesagt: es wird mir heute wieder vorgeworfen , daß ich cine durchaus, gesunde Jnslitution beseitigen wolle. Tch will sie nicht be

Nuntienkommission an, die von den beiden Delegationen be- treffs des Budgets des gemeinsamen Minisleriums des Aeußern,

zahlreih versammelten Volk8men(ze émpfangen wurde, während ein Musikcorps das dänische Nationallied spielte, Der Gouver-

seitigen, ih will sie verbessern, Es wäre doch eigenthümlich gewesen) wenn wir nun nach dem Kriege von - 1866 und 1870 hätten sagen

llen: Wir haben unsere Feinde mit Zündnadelbüchsen todtgeschossen, | preußen gewährten Darlehne sind zur theilweisen Einlösung der S haß- warum werden wir in unserm Leben nichts weiter wie Änwelsüngen 8 On sind zur th sung chaßþ

ündnadelbüchsen gebrauchen; ih denke, meine Herren , wir find |*

hei der Arbeit, die Zündnadelbüchsen abzuthun Und ein besseres Ge- | gebenden Schaßanweisungen die Bestimmungen der F. 4 und 6 des wehr einzuführen. So will ih es mit dem Kreistage machen. Das Geseßes vom 28, September 1866 (Ges.-S. S. 607) Anwendung.

Prinzip derselben is richtig, die Manipulation war, so weit die frü-

heren eitumstände es verlangten, hinreichend und wirksam, jeßt, beauftragt.

meine ih, is sie es niht mehr, und“es fann, glaube ich, für den

Kricg wie für den Frieden feine größere Aufgabe geben, als auf der | beigedrucktem Königlichen JInsiegel.

Huth Zu sein und darauf zu wachen, daß wir in jeder Beziehung mit unseren Einrichtungen an der Spihe bleiben und feinen Anderen an ns vorbei kommen lassen. Die Thätigkeit, die wir jeßt im Junern

entwickeln müssen nachdem der glorreiche Krieg uns hoffentlich lange | für 1873 und zu dem Entwurf der die Feststellung dessel-

Zeit Frieden geschaffen hat, ist gegen früher cine so exorbitantc, daß diejenigen Werkzeuge, die wir bisher benußten, nit mehr ausreichen; sondern Daß darauf Bedacht genommen werden muß, sie den Anforderungen anzupassen, die an sie gestellt werden. Nur aus diesem Grunde und aus den Motiven heraus, die ich gestern die Ehre hatte y auscinanderzuseßen ist die Regierung an das Werk gegangen; dit Kreisstände zu reorganisiren. Jch muß den Vorwurf als ob die Regierung bei diesem ganzen P ozedere kein anderes Motiv chabt habe, als das Drängen liberaler Parteien, absolut zurü{wei- en. Nicht liberale Parteien sind es, die gedrängt haben, sondern An- shauungen, die in einer Zeit sich gebildet haben, in der die Welt, wie in den leßten 10 Jahren, ein ganz anderes Gesicht bekommen hat. Wenn liberale Parteien veränderten L nschauungen einen Ausdru geben, o kann man von denjenigen , die diejelben Anschauungen haben, nicht sagen, sie seien von liberalen Parteien gedrängt; ein Theil dieser Anschauungen is meiner Ansicht nach ein durchaus berechtigter; und nicht blos meiner Anschauung nach, sondern auch nach der An- shauung der ganzen Regierung, wie sie jeßt konstituirt ist,

Wenn wic Maßregeln vorschlagen, die einem Theile dieses Hauses liberal erscheinen, so sind wir deshalb nicht liberal geworden; wir bilden Uns ein, erst reckt konservativ zu sein, indem wir die noth- wendig erachteten Verbesserungen zur richtigen Zeit und in der richti- gen Form zur Ausführung zu bringen suchen. Sie sagen: wir-gehen gegen die alten Kreistage jeßt vor, wo die Tage ruhig sind; wir würden fie noch einst vermissen! Sie haben in dem Konslift einen guten Dienst geleistet, Und wenn ein Konflift wiederklommt, so wwer- den wir nah ihnen rufen. Meine Herren! Der Konflift war er denn ein Streit, dessen Folge weiter nichts, als daß der Besiegte nach Rev..nche schreit? Jch glaube nicht. Tch glaube, der Konflikt war ein Läuterungsprozeß für alle Parteien, und allen Parteien werden daraus Vortheile erwachsen und sind Thnen erwachsen. Grade auf dem Boden dessen, was wir während der Konsfliftszeit gélernt" haben, ift eine Reihe der Geseße entstanden, die in den leßten 6 oder 8 Jahren ema- nirt sind. Schwierigkeiten der Ausführung derselben haben fich natürlih geboten. Wie sollte es anders sein? Herr von Kleist hat Recht; es entwickelt sich fast über jeder Geseßgebung, die liberalere Anschauungen zur Geltung bringt, cine gewisse radikale Atmosphäre. Tch gebe dies zu, gerade in den Ausfübrungsperioden liegt die ganze Schwierigfkcit. Auch in Bezug auf die Ausführung der Kreisordnung, wenn sie zu Stande kommen sollte, wird eine solche radikale Atmosphäre si verbreiten. Aber seien Ste sicher, sie ist vorübergehend. Perzweifeln Sie darum nicht, haben Sie mehr Muth, als Sie zu haben scheinen. Sie vertheidigen bisher Besessenes als gut und wollen sich dem Besseren verschließen; Sie haben den Muth nicht, Sic haben das Zutrauen nicht zu dec Bevölkerung j welches die Regierung hat. Mit denselben Gefühlen baben wir gekämpft, als wir in den Krieg gingen. Wir sind nicht Sieges gewiß gewesen , wir haben die Mög- lihfeit eines argen Nevers vorausgesehen. Aber wir hatten die Ueber- | zeugung , daß, wenn wir einmal geschlagen würden, dann würden wir uns desto glorreicher wieder erheben. So wollen wir es auch jeßt machen! Versuchen Sie es einmal mit der Kreisordnung!

Die Worte, welche der erfte Vize-Präsident Fürst zu Putbus in der Sizung des Herrenhauses am 22. d. M. | zum Gedächtniß des Grafen Eberhard zu Stolberg, des früheren Präsidenten des Herrenhauses, sprach, lauteten:

Als am 10. Juli d. J. die beiden Häuser des Landtages in Allerh öchstem Auftrage vertagt wurden und vom Präsidenten die Aufforderung erlassen wurde, am heutigen Tage hier zu erscheinen, um unsere Arbeiten wieder aufzunehmen, ahnte und fürchtete wohl Keiner von uns, daß derjenige, dessen Stelle ich vorübergehend ein- nehme, nicht mehr unter uns weilen würde, daß es die Worte des | Abschiedes gewesen sind, die er an uns richtete. Die im Allgemeinen gute Gesundheit, der Lebensmuth und die Geistesfrische, mit welchen er sih in allen Wirkungskreisen bewegte, die Regsamkeit und Thâätig- fei, mit welcher er sich allen Aufgaben unterzog, die rastlose Energie, mit welcher er sich Allem zu widmen verstand, hätte nach mensh- licher Voraussicht wohl die Hoffnung erwecken können, daß ihm noch ein langes und segensreiches Wirken beschieden sei.

Der Herr in seinen unerforschlihen Rathschlüssen Hat es anders | beschlossen. Am 8. Nugust d. J. wurden wir von der \{merzlichen Botschaft überrascht, daß unser Präsident von dieser Erde cntrückt fei. Allezeit fertig, Gott vertrauend und ergeben, wird er nicht unvorbe- reitet vor scinem himmlischen Vater erschienen sein.

Meine Herren! Jhnen gegenüber bedarf es nicht vieler Worte des Lobes. Sie Alle haben ihn lange Jahre gekannt und geliebt, und scine zebn Jahre lang wiedererfolgte Wahl zum ersten Präsidenten bewies das Vertrauen, woelches wir auf ihn seßten. Vielen von uns durch Bande der Freundschaft verknüpft, bewies er stets ein empfäng- lihes und treues Herz! M M :

Treue, meine Herren, war der Grundzug seines ganzen Lebens; was er einmal für gut, recht und nüßlich anerkannte, dem folgte er unbeirrt ohne Zaudern. Durch Treue und Liebe zu scinem Gott durch christliche Mildthätigkeit und Hingebung in allen Beziehungen zeichnete er sich vor Allen aus. Jm Johanniter-Orden hat er sein Amt redlich verwaltet, welches ihm bei dessen Neugründung von Friedrich Wilhelm 1V, anvertraut worden war, Treu aber auch seinem irdischen Herrn und König. ist er der Fahne gefolgt, welche Allerhöchstderselbe hoch bielt zur Ehre und Größe des Vaterlandes, Nber auch in den schweren Zeiten, welche. den jeßigen Tagen des Ruhmes und Glanzes vorhergegangen warcn, hat er unbeirrt und unershrocken mit selbsibewußter Opferfreudigfkeit scinem Herrn und König zur Seite gestanden und is Anderen ein leuchtendes Beispiel gewesen. 2 ; ;

In verschiedenen Lebensstellungen hat er segensreich gewirkt ; auch die Provinz Schlesien rühmt mit uns seine Treue in der Pflicht-

j erfüllung, scine Lieben8würdigkeit, seine Mildthätigkeit und seine Energie bei fast allen Einnahmezweigen höhere Erträge in Aussicht, als sie

in allen schwierigen Fällen. Sein Andenken 1vird unter den Bes wohnern jener Provinz ebenso wie unter uns fortleben als das cines Gerechten; seine Treue aber wird uns ein Sporn sein, ihm nacbzu- kommen in den Vslichten, welche auch wir haben gegen Gott, König und Vaterland.«

Der Entwurf cines Geschés, betreffend die Feststellung des Staats8haushalts-Etats für 1873 hat folgenden Wortlaut: l :

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt: L

F. 1. Der diesem Gesche als Anlage beigefügte Staatshaushalts- Etat für das Jahr 1873 wird in Einnahme: auf 206,702,643 Thaler, und in Ausgabe: auf 206,702,643 Thaler, nämlich auf 183,180,917 Thaler an fortdauernden, und auf 23,521,726 Thaler an einmaligen und außerordentlichen Ausgaben festgestellt. E

F. 2. Im Jahre 1873 können nah“ Anordnung d-s Finanz- Ministers verzinsliche Schaßanweisungen bis auf Höhe von 10,000,000 Thaler, welthe vor dem 1. Oktober 1574 verfallen müssen, wiederholt ausgegeben werden. L X

Vie auf Grund des Gescßes vom 17. März 1872 (Ges. -S. S. 185) ausgegebenen Schaßanweisungen sind bei eintretender Fällig»

feit cinzulösen. 5 j g. h Bie im Jahre 1873 eingehenden Rückzahlungen auf die

| und 1871 baben mit Uebershüssen von resp. 6/206/260 Thlæ. und | 9,273,920 Thlr. abgeschlossen. Das Jahr 1872 verspricht gleichfaUs ein schr

Jm Uebrigen finden auf die nah §. 2. dieses Gesches auszu-

Der Finanz - Minister is mit Ausführung dieses Gesehes Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und Gegeben Der Vorbericht zu dem Staatshaushalts - Etat

ben betreffenden Geseßes lautet: i

Die Etatsvorlage für das Jahr 1873 weist in formeller Beziehung | einige wesentliche Aenderungen gegen die seitherigen Vorlagen auf.

N) Die Einnaymen und Ausgaben der Hohenzollernschen Lande, für welche bisher ‘cin besonderer Etat aufgesteUt wurde, sind in die Etats der einzelnen Verwaltungen übernommen worden. Damit kommt der biszerige besondere Hohenzoliernshe Etat in Wegfall. Ju einer fortdauernden Sonderung der Hohenzollernschen Finanz-Verwaltung von der allgemeinen Finanz-Verwaltung, welche geschäftlih zu viel- fachen Weiterungen führt, fehlt es an einem zureichenden inneren Grunde, da die Hohenzollernschen Lande cin Glied der preußischen Monarchie in der gleichen Weise sind, wie die übrigen Provinzen, und verfassungsmäßig cine Sonderstellung in der Reihe der Provinzen nicht einnehmen. ; :

2) Es sind die Einleitungen getroffen, um mit dem Jahre 1873 die Verwaltung des Jadegebiets dem allgemeinen Werwaltungs- Organismus einzufügen. Dem entsprehend sind die Einnahmen und Ausgaben für diescs Gebiet in die allgemeinen Verwaltungs- Etats mit aufgenommen worden, und es kommt somit au der bis- herige besondere Etat für die Jade-Verwaltung in Wegfall.

3) Die Etats haben in Folge der Bestimmungen im §. 19 des Geseßes, betreffend die “Einrichtung und die Befugnisse der Ober- Rechnungskammer, voin 27. März 1872 (Gescßs. S. 278) wesentli umgestaltet werden müssen. Es ist daselbst zunächst angeordnet, daß in die zur Vorlegung an den Landtag gelangenden Spezialetats fortan, zuerst in die Etats für das Jahr 18737 bei den Besoldungs- fonds die Stellenzahl und die Gehalts)äße, welche für die Dispofition Über diese Fonds maßgebend sind, aufgenommen werden soilen. Dem- gemäß find nunmehr die detaillirten VBläne Über die Verwendung der Besoldungsfonds, welche bisher vielfach in besonderen Beilagen zu den Etats enthalten waren, überall in die Etats selbst eingefügt worden. Jn Konsequenz dieser Bestimmung sind auch für solche An- Falten, welche nach dem technischen Begriff lediglih als fisfalische Stationen anzusehen sind) wie die Forstakademien, Bergakademien, die landivirthschaftlih-n höheren Lehranstalten 2c. die vollen Ein- nahmen und Ausgaben mit gesonderten Besoldungsfonds in den Etats zum Ansaß gebracht worden; wogegen für diejenigen Anstalten welche wie die Universitäten und Gyn.nasien selbständige juristische Persönlichkeit und Vermögensfähigkeit haben, die Bezüge aus der Staatskasse nach wie vor als Zuschüsse zu den eigenen Einnahmen der Anstalten ausgebracht worden sind. / Us

Der allegirte §. 19 schreibt ferner in scinem ersien Absaß vor, daß Etats-Ueberschreitungen im Sinne des Artikels 104 der Ver- fassungë-Urkunde alle Mehr-Ausgaben sind, welche gegen die einzelnen Kapitel und Titel des .…. Staatshaushalts-Etats oder gegen die von der Landesvertretung genehmigten Titel der Spezial-Etats stattgefun- den baben .…., und daß unter dem Titel cines Spezial-Etats im Sinne dieses Geseßes jede Pafition zu verstehen ist, welche einer selbst- ständigen Beschlußfassung der Landesvertretung unterlegen hat und als Gegenstand ciner solchen im Etat erkennbar gemacht worden ist. Im Sinne dieser Gesef csbestimmung sind in der neuen Vorlage alle Summen, welche nach ihrem Verwendungszweck? für sich abgeschlossene, besondere Fonds bilden, als besonderer Titel in Ansaß gebracht wor- den. Demnach führen nunmehr alle zum Gegenstand der Bewilli- gung im Einzelnen zu machenden Positionen die Bezeichnung als Titel, und die einzelnen Titel sind sänuntlich in den Etats selbst auf- geführt, während bisher für viele in den Etats nur summarisch auf- geführte Fonds die Detail-Ansäge in besonderen Beilagen enthalten waren. Alle Beilagen dieser Art haben in Wegfall gebracht werden können, und die jeßt den einelnen Etats angefügten Beilagen haben lediglich die Bedeutung von zur Motivirung und Erläuterung der Etats-Ansäße dienenden Mittheilungen.

4) Der bisherige Etat von den Einnahmen der allgemeinen |

Kassen-Verwaltung is mit dem Etat des Finanz-Ministeriums ver- einigt worden, weil der erstere vielfah Einnahme-Positionen enthält; welche mit Ausgaben in dem leßteren zusammenhängen. LE Die Finanzlage Preußens if eine durchaus günstige. Die Jahre 1870

befricdigendes Ergebniß zu liefern. Für 1873 tritt zunächst eine schr er- hebliche Entlastung des Ausgabe-Etats cin. Nachdem die 5 prozentige Anleihe vom Jahre 1859 in Gemäßheit des Gescßes vom 18. De- zember 1871 (Ges. S. S. 593) im laufenden Jahre getilgt worden ist, fallen die Nusgaben für diese Schuld mit dem Jahre 1873 voll- ständig weg. Ferner erfährt dec Tilgungsfonds tür die Staats- Schuldscheine mit dem abermaligen Ablauf einer zehnjährigen Til- gungs8periode planmäßig eine Verminderung um den Betrag der aus der Tilgung während dieser Periode refultirenden Zinsersparnisse. Der Staats\hulden-Etat für 1873 weist in Folge dieser Entlastungen, nach Gegenrehnung der neu hinzutretenden Zin8ausgaben für die in den leßten Jahren bewilligten erheblichen Kredite für Eisenbahnzwoee, cine Minder - Ausgabe von 379,300 Thlr. auf. Erheblice Renten- Zahlungen kommeu in Folge von Ablöfung auf Grund der Geseße vom 18. Dezember 1871 (Ges. S. S 593) und vom 15, Februar 1872 (Ges. S S. 157) in Wegfall. Sodann ermäßigt sich dic Aus- gabe Preußens an Matrikular- Beitrag für das Deutsche Reich im Tahre 1873 um die Summe von 6,100,509 Thlr. Bet den Ausgabe- Fonds für Porto und. sonstige Frachtgebühren in Staalsdienst-

ca. 350,000 Thlr. als Minderbedarf abgeseßt werden können.

Neven diesen Ersparungen an den Ausgaben sind sodann be- trächtliche Mehr-Einnahmen für 1873 zu erwarten. Die Preis- und Absaßverhältnisse, wie sie in der Bergwerks -Jndustrie bestehen, die fortdauernde Lebhaftigkeit auf fast allen sonstigen Gebieten des Ver- fehrs, die unverkennbare Zunahme des allgemeinen Wohlstandes stellen, auh bei durchaus mäßiger und vorsichtiger Veranschlagung

im Etat für das Jahr 1872 in Ansaß gekommen sind.

gesammten Staatsverwaltung hervorgetretenen Ausgabe-Bcdürfnissen

veitem Umfange gerecht zu werden. : t "Es find n das Jahr 1873 wieder erhebliche Mehrverwen- dungen für das Unterrichtöwescn in Aushicht genommen, und zwar 100,000 Thlr. zur weiteren Verbesserung der Besoldungen der Uni- versitäts[chrer, fornere 10,000 Thlr. für sonstige Universitätszwee, ca. 300,000 Thlr. für Gymnasien und Seminaren, 850,000 Tblr. zur | weiteren Hebung und Verbesserung des Elementar-Schulwesens. Für Quwecke der Kunft sind erhöhte Fonds in Ansaß gebracht, und sind die Mittel ausgeworfen, um die Besoldungen der Medizinalbeamten zu erhöhen. Die Fonds zu Chaussec-Neubauten und zur Unterhaltung, Verbesserung und Ausdehnung der sonstigen Kommunikation8mittel, die landwirthschaftlihen Meloriationsfonds, die E zum Pferde- Ankauf für die Gestüte, die Kultur- und Baufonds der Forstver- waltung sind erheblich verstärkt worden. Zu Bauten für wissen- \chaflliche und Unterrichtsanstalten qu Meliorationen auf dem Berg-

werksbesiß des Staates, zur Verbe

fommen der als diätarische Hülfsarbeiter beschäftigten Staatsbeamten, entsprechend der im Jahre 1872 zur Ausführung gekommenen Er- höhung der Gehälter der etatsmäßigen Beamten, zu verbessern, sind die Fonds zur Remunerirung der Hülfsarbeiter in den verschiedenen

Etats reicher ausgestattet worden. E Neben allen diesen Mehraufwendungen, welche sich im Wesent-

Angelegenheiten haben nach den Erfahrungen der leßten Jahre |

Somit werden die Mittel gewonnen, um auf dem Gebiete der |

erung der Eisenbahnanlagen des | Staates sind namhafte Summen ausgeworfen. Um das Dienstein- |

Zwee darstellen, gestattet nun ferner die Pingnglage eine erhebliche Summe zur Verfügung zu stellen, um nach zwei Seiten hin die be- stehenden Staatseinrichtungen auf cinem neuen Wege einer weiteren Entwickelung entgegen zu führen. ;

Eine Summe von 3,000,000 Thlrn. is als eine dauernde neue Ausgabe auf den Etat gebracht worden zur Gewährung von Pro- vinzialfonds an die mit solchen Fonds bisher noch nit ausgestatteten Verbände, und kveitere 2,215,000" Thlr. sind in Ansaß gekommen, um für die Civil-Staatsbeamten, analog dem militärishen Servis, ein System der Gewährung von Wohnungsgelder-Zuschüssen einzuführen. Beide Materien werden Gegenstand besonderer Geseßesvorlagen sein. Wie fich hiernach im Gesammten die Einnahmen und Ausgaben des Staates für 1873 im Vergleich zum Jahre 1872 gestalten werden, ist nacstehend in tabellarischer Form übersichtlich dargestellt.

(Es ergeben sich nach dieser spezifizirten tabellarischen Uebersicht gegen den Etat für 1872 netto 14,818,786 Thlr. Mehreinnahmen und 8,413,553 Thlr. Mehrausgaben, mithin 6,405,233 Thlr. Mehr- überschuß. Im Extraordinarium {ind 741,746 Thlr. mehr als für 1872 ausgeseßt worden. Bei den Dotationen und Staatsverwaltun- gen stellen fich für 1873 netto 1,936,519 Thlr. Mehreinnahmen heraus , 680,561 Thlr. Mehrausgaben , folglich 1,255,958 Thaler Mebrübers{huß; im Extraordinarium find 10,074,826 Thaler -mehr als für 1872 ausgeseßt worden (darunter 7,760,000 Thaler zur außerordentlichen Tilgung von Staatsschulden). Die sämmtlichen Verwaltungen, sowie diejenigen der Hohenzollern- schen Lande und des Jadegebiets ergeben 16,567,043 Thlr. Netto- Mechreinnabmen, 8,847,366 Thlr. Mehrausgaben, mithin 71728677 Thaler Mehrüberschuß; extraordinär sind im Ganzen für 1873 10,796,337 Thlr. mehr ausgeworfen. Nach Abzug des Ueberschusses der Verwaltung des Jahres 1870 (6,206,260 Thlr.) und mit Hinzurech- nung desjenigen für 1871 (9,273,920 Thlr.) stellt sich die Mehrein- nahme auf 19,643,703 Thlr. und der Mehrübers{uß auf 10,796,337 Thaler, entsprechend dem Mehr des Extraordmariums®).

Die Summen, über welche für 1573 zu neuen Verwendungen verfügt werden fann, sind abgesehen von dem Ueberschuß aus dem Jahre 1871 in der Hauptsache folgende: 1) Mehr-Uebershuß der sogenannten Betriebs - Verwaltungen 6,405,232 Thlr. 2) Mehr-Ein- nahmen der übrigen Verwaltungen 1,936,519 Thlr. 3) Ersparniß bei der Staatsschuld 879,300 Thlr. 4) Ersparniß an Matrikularbeitrag 6,100,509 Thlr. 5) Ersparniß an Porto 350,000 Thlr., in Summa 15,671,560 Thlr. i

Es sind hierin jedoch Summen enthalten, welche nicht als dauernd zur Verfügung stehende Deckungsmittel angesehen werden können.

1) Die Einnahmen des vormaligen Staats\c{aße®/, tvelche gegen- wärtig in Folge des Verkaufes und der Ablösung von Domänen- Objekten in den neuen Provinzen ungewöhnlich hoch sind und für 1873 auf 4,500,000 Tblr. haben veranschlagt werden können; werden nicht nachhaltig diese Höhe haben. E |

2) Unter den Einnahmen von der Sechandlung ist eine Kapital- Ablieferung in Höhe von 1,750,000 Thlr. in Auésicht genommen welche den Charakter einer einmaligen Einnahme hat.

3) Nach der im vorigen Jahre gemachten Gesepßesvorlage, betref- fend Befreiungen von der Klassensteuer und die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer, war ein Nachlaß an dem Steuer - Auffommen in Höhe von 2,500,000 Thlr. für das Jahr 1873 in Aussicht genommen. Da es nicht gelungen is} , über jenen Geseßentwurf eine Verständi- gung herbeizutüyren , so wird zwar der beabsichtigte Steucernachlaß nicht sofort für das Jahr 1873 eintreten können , indessen wird an der Absicht einer Steuerreform festgehalten. worüber dem Landtage demnächst eine anderweite Geseßesvorlage gematht werden wird. Wenn ¡ie Summe, welche in Folge dessen ausfallen dürfte j nicht schon. für 1873 in Abgang gestellt, vielmehr in den Steuereinnahmen noch mit enthalten ist, so ist sie doch als cine solche zu betrachten; / welche feine dauernde Einnahme bildet und über welche daher nicht zu dauernden Ausgaben versügt werden kann. È /

4) Endlich ist auch bei der oben erwähnten Verminderung der Matrikularbeiträge zur Zeit {wer zu ermessen, inwieweit die für 1873 eingetretene Verminderung eine dauernde sein wird. Die Ermäfßigun der Matrikularbeiträge für“ 1573 beruht unter Anderem auch darauf, daß zur Deckung der Ausgaben des Deutschen Reiches für 1873 ein Ueberschuß von 5,187,339 Thlr. aus dem Jahre 1871 zur Verfügung

st

cht. . A ) In Rücksicht auf diese Momente hat es nicht für zulässig erachtet werden können, Über die Summen, welche in Folge von Mehreinnah- men und Ausgabe: Ersparungen zu neuen Verwendungen disponibel find, in ihrem ganzen Umfange zu dauernden O verfügen.

Es is vielmehr im Extraordinarium. des Etats die Summe von 7,760,000 Thlr. zur außerordentlihen Tilgung von Schulden aus- ebt. g Die gegenwärtige günstige Finanzlage, welche unter Anderem es ermöglicht, zu den Ausgabebedürfnissen des Jahres 1873 einen Ueber- \chuß von 9,273,520 Thlr. zu verwenden j enthält nah dem Dafür- halten der Staatsregierung die Aufforderung j _auf eine verstärkte Schuldentilgung Bedacht zu nehmen. Die für Eifenbahnzwecke neu aufzunehmenden Anleihen werden nah dem jeßigen Stande des Zins- fusies vorausfichtlich zu cinem geringeren als dem bisher üblichen Zins\saß von 45 pCt. begeben werden fönnen. Es führt daher zu einer Enilastung der Staatskasse, wenn neben der Aufnahme solcher neuen Anleihen 45 proz. Schulden, namentli solhe getilgt werden, für welche Tilgungsfonds aus den laufenden Staatscinnahmen dotirt verden müssen. R : es Ueberschuß aus dem Jahre 1871 ist, entsprechend seiner Natur als einer außerordentlichen Einnahme , zur Verwendung im Extra- ordinarium des Etats in E ehe ea

Qur theilweisen Einlösung der im Jahre 1871 sich auf 11,700,000 Thaler belaufenden Schaßanweisungen sind zur Verfügung gestellt orden : E durch §. 3 des Gesegzes, betreffend die Feststellung des Staats- haushalts-Etats für 187 vom 29. Januar 1571 (Ges. S.“S. 25) die im Jahre 1871 eingehenden Rückzablungen auf die nah dem Geseße vom 3. März 1868 (Ges. S. S. 174) gewährten Nothstandsdarlehne, sowie die {on eingegangenen und die bis zum Ablauf des Jahres 1871 weiter eingehenden Rückzahlungen auf die nach dem Gesche vom 93. Dezember 1867 (Ges. S. S. 1929) bewilligten Darlehne, soweit darüber nicht dur Geseß für besondere Zwecke verfügt war. Diese Rüctzahlungen haben nah Abzug der Summe von 300,000 Thlr., über welche durch das Geseß vom 29. Januar 1871 (Ges. S. S. 86)

| anderiveit verfügt worden is sowie nach Abzug der zur Einlösung

von Schaßanweisungen aus dem Jahre 1870 verwendeten Summe | von 325,507 Thlx. 7 Sgr. 2 Pf. im Ganzen betragen 875/625 Thlr. 4 Pf. P 92) durch §. 3 des Geseßes, betreffend die Feststellung des Staatshaus-

halts-Etats für 1872, vom 17. März 1872 (Ges S. S. 155) die im Jahre 1872 eingehenden Rückzahlungen auf die nach den Geseken vom 3. März 1868 (Ges. S. S. 174) und vom 23. Dezembex 1867 (Ges. S. S. 1929) zur Abhülfe des Notbstandes in Ostpreußen ge- währten Darlehne. Bis zum Schlusse des zweiten Quartals 1872 haben diese Rückzahlungen betragen 413/495 Thlr. 29 Sgr. 5 Pf.j zu- sammen 1,289,120 Thlr. 22 Sgr. 9 Pf. L

Davon sind, um. die im Jahre 1871 im Umlauf gewesenen Schaß- anweisungen im Betrage von 1,700,000 Thlr auf den in dem Ge- seß vom 17. März 1872 (Ges.-S. S. 185) festgeseßten Betrag von 10,800,000 Thir. zu reduziren, 900,000 Thir. zur Einlösung von Schat- anweisungen verwendet worden. Es bleiben disponibel 3891120 She, 99 Sgr. 9 Pf. Bis zum Jahress{lusse 1872 werden an Rückzah- lungen auf die Nothstandsdarlchne ad 2 „muthmaßlich noch eingehen 410,579 Thlr. 3 Bf. zusammen 800,060 Thlr. L

Um diesen Betrag wird die durch das Geseh vom 17. März 1872 auf 10,800,000 Thlr. festgeseßte Summe der Schaßanweisungen zu verringern, und wird demnach die Summe der pro 1873 auszuge- | benden Schaßanweisungen auf 10,000,000 Thlr. festzuseßen sein.

Berlin, im Oktober 1872.

j Der Finanz-Minister Camphausen.

Aus dem Etat für 1873 theilen wir vorläufig eine Uebersicht

über die einzelnen Kapitel nach der neuen Anordnung mit:

nach den Geseßen voin 23. Dezember 1867 (Ges.-S. S. 1929 und vom 3, März 1868 (Ges,-S. S. 174) zur Abhülfe des Nothstandes in Ost-

lichen als Verstärkungen der Fonds für auc bisher {on vorgeschene

Einnahmen. 1, Finanz-Ministerium. 1) Domänen

S R E S M E E E TEE E VERA R SEES L E L: R E E O C a: Iz

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