1935 / 27 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 Feb 1935 18:00:01 GMT) scan diff

rung besonderer Amtstrachten und Amtszeichen für Bürger- meister, Beigeordnete und Gemeinderäte, die der Würde und Bedeutung dieser Aemtex auch nah außen hin Ausdruck verlethen.

2. Avschnitt.

Gemeinderäte. Zu § 48: e

1. Die Gemeinderäte verkörpern, wie bereits in dem allge- meinen Teil der Begründung ausgeführt ist, das ge- nossenschaftlice Element in der Selbstverwaltung; sie gewährleisten, aus der Bürgerschaft kommend und mit der Bürgerschaft lebend, die stete enge Fühlung der Ver- waltung mit allen Schichten der Bevölkerung.

Dabei muß jedoch mit aller Klarheit der grund- legende Unterschied hervorgehoben werden, der zwischen den Gemeinderäten der Gemeindeordnung und den Mit- gliedern der früheren Vertretungskörperschaften besteht. Die Gemeinderäte sind nicht wie die früheren Gemeinde- vertreter Fnhaber eines Mandats, das ihnen eine politische Partei und die Wahl der Bürgerschaft verlieh, sondern auf Grund besonderen Berufungsverfahrens ausgewählte Ehrenbeamte der Gemeinde. Daraus er- gibt sich schon, daß sie nah keiner Richtung hin die Auf- gabe der früheren Vertretungskörperschasten übernehmen, Gegenspieler der Gemeindeverwaltung zu sein, daß sie vielmehr in gleiher Richtung mit dem Vürgermeister zum Wohle der Gemeinde zu wirken haben. Ein weiterer grundlegender Unterschied liegt darin, daß die Gemeinde- râte anders als die Vertretungskörperschaften kein Kollegium bilden, das mit anonymer Mehrheit Beschlüsse faßt und die Verwaltung kontrolliert, daß sie vielmehr als einzelverantwortlihe sachverständige Berater dem Bürgermeister zur Seite stehen. Bei Ausübung threr Tätigkeit, die ausshließlich das Gemeinwohl zu wahren und zu fördern hat, sind sie Weisungen dritter Stellen niht unterworfen und können sih ihrer eigenen Ver- antwortung auch nicht durch den Hinweis auf derartige Weisungen entziehen. : E

Welche Bedeutung das Geseß der Einrichtung der Gemeinderäte beimißt, ergibt sih aus einer Reihe feiner Vorschristen. Abgesehen von den bindenden Richtlinien für ihre Auslese- 51), von der Möglichkeit jederzeitiger Abberufbarkeit 54), schreibt § 55 die vorherige Be- ratung mit den Gemeinderäten bei allen wichtigen Ge- meindeangelegenheiten vor. Dazu ergibt sih ferner aus S 57 Abs. 4, daß diese Beratung sih unter allen Um- ständen in den Formen absolut freier Meinungsäuße- rung, aber auch unter voller Verantwortung des ein- zelnen vollziehen soll. :

2. Während die Gemeinderäte allgemein die Bezeichnung „Gemeinderat“ führen, sieht § 48 Abs. 2 für die Ge- meinderäte in Städten die Bezeichnung „Ratsherr“ bindend vor. Für Gemeinden, die nicht Städte sind, er- öffnet jedoch § 119 Nr. 3 die Möglichkeit, an Stelle der Amtsbezeichnung „Gemeinderat“ andere heckömmliche Amtsbezeichnungen vorzuschreiben.

Zu § 49: Die Zahl der Gemeindevertreter wurde in der Vergangenheit weitgehend durch das Bedürfnis der politischen Parteien bestimmt, möglichst viele ihrer Angehörigen in ein. Mandat zu bringen. Dadurch entstanden, namentlich in den Städten, auch dex Größe nach parlamentarische Gebilde, deren Arbeitsfähigkeit und -leistungen in keinem Verhältnis zur Zahl threr Mitglieder standen. A E

¿Für die Bestimmung der Zahl der Gemeinderäte in der neuen Gemeindeordnung müssen andere Gesichtspunkte maß- gebend sein. Die Gemeinderäte haben in erster Linie die Auf- gabe, den Bürgermeister zu beraten. Eine wirklih fruchtbare Beratung ist aber erfahrungsgemäß immer nur dann gewähr- leistet, wenn der Kreis der zur Beratung herangezogenen Personen nicht zu weit gespannt wird. Auf der anderen Seite haben die Gemeinderäte die stete Verbundenheit der Verwal- tung mit der Bürgerschaft zu sichern. Dementsprechend ist auch eine zu weitgehende Beschränkung der Zahl der Gemeinderäte nicht vertretbar. Beiden Erfordernissen genügen die in § 49 festgeseßten Höchstzahlen, in deren Rahmen die Gemeinden die thren Bedürfnissen entsprechende Regelung durch die Haupt- sazung zu treffen haben.

Zu § 50. Die dem Beauftragten der NSDAP. zuge- wiesenen Aufgaben sind in § 33 Abs. 1 abschließend aufgezählt. Diese Aufgaben liegen zum überwiegenden Teil nicht auf dem Gebiete der Gemeindeverwaltung, sondern auf dem der Beru- fung und Abberufung gemeindliher Amtsträger. Da hiermit der Kreis der Slufaabes des Beauftragten nur ganz bestimmte Angelegenheiten umfaßt, ist davon abgesehen worden, ihn zum Gemeinderat zu machen. Damit er sich jedoch in seinem Aufgabenkreis selbst ein unmittelbares Urteil bilden kann, ist ihm die Möglichkeit eröffnet, an den Beratungen des Bürger- meisters mit den Gemeinderäten teilzunehmen, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, bei denen ihm das Gesetz eine Mitwirkung einräumt; zu diesen Beratungen ist er zu laden.

Zu § 51:

1. Die NSDAP. als Repräsentantin des Volkes vertritt durch ihren Beauftragten innerhalb der Gemeinde die Gemeindebürgerschaft. Wenn man nun die Gemeinde- râte als den Ausdruck des genossenschaftlichen Elementes der Selbstverwaltung betrachtet, so muß an Stelle der Wahl durch die Burgerschaft die Berufung der Ge- meinderäte durch den Beauftragten der NSDAP. eben als Repräsentanten dieses Volkes treten. E

Auf der anderen Seite sind die Gemeinderäte in erster Linie die Berater des Bürgermeisters. Es ist deshalb anzuerkennen, daß der Bürgermeister an deren Berufung weitgehend interessiert ist, da hiervon die Den seiner Amtsführung ganz wesentlich ab- ängt. Dem trägt die Regelung des § 51 Abs. 1 da- durch Rechnung, daß der Beauftragte der NSDAP. sich vor der Berufung der Gemeinderäte mit dem Bürger- meister ins Benehmen zu seßen hat, dem damit Gelegen- heit gegeben ist, seine W nsche und Anregungen für diese Berufung vorzubringen. Dabei kann im Regelfalle ohne weiteres angenommen werden, daß sih der Beauftragte und der Bürgermeister über die zu berufenden Persön- lichkeiten verständigen werden.

2. Ger die Frage, nah welchen Gesichtspunkten die

erufung zu erfolgen hat, stellt das Geseg bindende Richtlinien auf. Wer zum Gemeinderat berufen werden soll, muß national zuverlässig, geeignet und gut be- leumundet sein. Da den Gemeinderäten aber neben der

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Reichs- und Staat8anzeiger Nr. 27 vom 1, Februar 1935. S. 4

sichern, ist darübex hinaus erforderlich, daß sich in ihrer Zusammenseßung die Struktur der Vürgerschaft wider- spiegelt, daß also bei der Berufung Persönlichkeiten berücksichtigt werden, deren Wirkungêkreis für die Ge- meinde pi ist, der Gemeinde besondere Bedeutung gibt oder das gemeindliche Leben we entlih beeinflußt. Nähere Richtlinien gerade in dieser Hinsicht bleiben den Ausführungsanweisungen vorbehalten.

Beamte, Angestellte und Arbeiter der Gemeinde und Beamte der Aufsichtsbehörde sind grundsäßlih von der Berufung zum Gemeinderat ausgeschlossen. Soweit dieser Ausschluß sich auf Beamte der Aufsichtsbehörde bezieht, bedarf es näherer Begründung nicht. Hinsicht- lich der Bediensteten der Gemeinde war in erster Linie die Erwägung maßgebend, daß der Bürgermeister sie auf Grund ihrer Stellung ohnehin jederzeit zu seiner Beratung heranziehen fann und daß zudem nach § 56 Abs. 3 auch ihre Zuziehung zu den Beratungen mit den Gemeinderäten jederzeit möglich is. Es mußte auch vom Standpunkt der gebotenen Disziplin bedenklich er- scheinen, daß ein gemeindlicher Beamter, Angestellter oder Arbeiter als Gemeinderat auf Grund der ihm obliegenden Pflicht eigenverantwortlicher Beratung in gemetnsamer Beratung mit den Gemeinderäten dem Vürgermeistex in bestimmten Fragen entgegentritt. Da aber immerhin Sonderfälle denkbar sind, in denen die Berufung auch eines gemeindlichhen Beamten, Angestellten und Arbeiters oder eines Beamten der Aufsichtsbehörde zum Gemeinderat wünschenswert sein kann, sicht das Gese eine Ausnahmemöglichkeit vor.

Zu § 52: Nach § 52 werden die Gemeinderäte auf sechs Jahre berufen. Die Festlegung ihrer Amtszeit entspricht da- mit der der ehrenamtlichen Bürgermeister und Beigeordneten.

Für die Bestimmung einer sechsjährigen Amtszeit war auf der einen Seite der Gesichtspunkt maßgebend, daß eine zu kurz bemessene Amtszeit die Stetigkeit der Verwaltung ge- fahrdet, und daß jeder Gemeinderat einer gewissen Zeit zur Einarbeitung bedarf. Auf der anderen Seite durfte die Amts- zeit aber auch nicht zu weit ausgedehnt werden, da dadurch der unter manchen Gesichtspunkten föorderliche Wechsel der Ge- meinderäte allzusehr behindert worden wäre.

Dagegen hat die Gemeindeordnung das turnusmäßige Ausscheiden eines Drittels der Gemeinderäte aus dem Preußt- hen Gemeindeverfassungsgeseß nicht übernommen. Diese Regelung, die eine erhöhte Stetigkeit der Verwaltung gewähr- leisten sollte, erscheint nicht unbedingt erforderlich, da die Möglichkeit einer Wiederberufung der nah sechs Fahren aus- scheidenden Gemeinderäte offenstcht.

Zu § 53: Es ist bereits in der Begründung zu § 45 darauf hingewiesen worden, daß die Gemeinderäte anders als die Mitglieder der früheren Vertretungskörperschaft ein Ehrenamt bekleiden. Sie sind damit in ‘die Gemeindeverwaltung ein- geschaltet und ihr nicht mehr wie früher gegengeschaltet. Aus threr Stellung als Ehrenbeamte folgt, daß sie den für alle Beamten geltenden Vorschriften unterliegen. Besonderheiten bestehen nur nah zwei Richtungen:

1. Da sie nah § 45 verpflichtet sind, den Bürgermeister eigenverantwortlich zu beraten, unterliegen sie insoweit troß ihrer Stellung als Ehrenbeamte seinem Anweisungs- rechte nicht.

2. Fhr Ausscheiden aus dem Amte ist in § 54 für bestimmte Falle besonders geregelt.

Zu § 54: Als Ehrenbeamte würden die Gemeinderäte nah den allgemein geltenden Vorschriften bei Verfehlungen nur im Wege des förmlichen Dienststrafverfahrens aus ihrem Amte entfernt werden können. Bei der sehr erheblichen Zahl dieser Ehrenbeamten ist es {hon aus rein verwaltungs- mäßigen Gründen unabweisbar, jedenfalls in bestimmten Fällen eine erleichterte Form ihres Ausscheidens aus dem Amte vorzusehen. Es genügt aber auch nicht, die Möglichkeit eines solchen Ausscheidens auf die Fälle zu beschränken, in denen ein Tatbestand vorliegt, der ihre Entlassung im Wege des Dienststrafverfahrens rechtfertigen würde. Es gibt bei der Eigenart ihrer Stellung eine ganze Reihe von Fällen, in denen die Entfernung des Gemeinderats aus seinem Amte auch aus anderen Gründen möglich sein muß. Hat er z. B,., auch ohne daß darin eine mit Dienstentlassung zu ahnende dienststrafrehtlihe Verfehlung läge, durch seinen Lebens- iandel die Achtung des Vürgermeisters und der Bürgerschaft verloren, wird er aus der Partei ausgestoßen, so kann er nicht Gemeinderat bleiben. Hinzu kommt aber noch ein weiterer Gesichtspunkt. Das Geseß will, daß die Gemeinderäte die Struktur der Bürgerschaft widerspiegeln 51). Auf Grund dieser Vorschrift werden zum Gemeinderat sehr oft Persön- lichkeiten gerade mit Rücksicht auf ihre Tätigkeit in einem be- stimmten Wirkungskreis oder auf ihre Stellung berufen. Scheiden sie aus diesem Wirkungskreis oder aus dieser Stellung aus, so entspricht die Zusammenseßung der Ge- meinderäte nicht mehr dem Willen des Geseßes. Auch in diesen Fällen muß die Möglichkeit einer vorzeitigen Ab- berufung der Gemeinderäte gegeben sein.

Bei der Frage, wie diese Abberufung zu gestalten sei, dürfte nicht übersehen werden, daß eine eigenverantwortliche Beratung durch die Gemeinderäte nur dann gesichert ist, wenn sie sowohl gegenüber dem Bürgermeister als auch gegenüber dem Beauftragten der NSDAP. in ihrer sachlichen Arbeit Un- abhängigkeit besißen. Es konnte aus diesem Grunde nicht in Betracht kommen, die Möglichkeit jederzeitiger Abberufung unter den im Geseß genannten weiten Vorausseßungen einer örtlichen Stelle ausschließlich zu überlassen. Auf der anderen Seite ist folgerihtig, daß der Beauftragte der NSDAP.,, in dessen Hand die Berufung der Gemeinderäte liegt, auch bei ihrer Abberufung eingeschaltet bleibt. Deshalb überträgt § 54 die Entscheidung über das Ausscheiden von Gemeinderäten der Aufsichtsbehörde als einer von örtlihen Erwägungen unab- hängigen Stelle im Einvernehmen mit dem Beauftragten der NSDAP. Kommt kein Einvernehmen zustande, so entscheidet der Reichsstatthalter. Dabei wird zur Klarstellung bemerkt, daß die Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Beaunf- tragten lediglich die Tatsache des Ausscheidens feststellt. Die förmliche Entlassung bleibt Aufgabe des Bürgermeisters 37).

Zu § 55: Í

1. Die besondere Bedeutung, die das Gese der Mitwirkung der Gemeinderäte heimißt, kommt am fklarsten in der Vorschrift des § 55 zum Ausdruck, die dem Bürgermeister

Beratung die besondere Aufgabe zugewiesen ist, die Ver-

bundenheit der Verwaltung mit der Bürgerschaft zu

mit den Gemeinderäten zu bératen. Dabei überläßt es das ‘Beseß nicht etwa aus\chließlich dem Ermessen des Bürgermeisters, den Kreis dieser wichtigen Angelégen- heiten selbst zu bestimmen; es bezeichnet vielmehr aus=- drüdlich geivisse, für das Gemeindeleben besonders wesent- liche Entschließungen, bei denen der Bürgermeister den Gemeinderäten vorher Gelegenheit zur Aeußerung geben muß. Dabei ist die Aufzählung in § 55 Abs. 1 bewußt weit gezogen, weil eine wirklich eingehende Anteilnahme der Gemeinderäte an den Geschicken der Gemeinde nur dann gesichert ist, wenn sie in allen wichtigen Angelegen- heiten zur Beratung herangezogen werden.

Nur unter den Vorausseßungen des § 55 Abs. 2 darf der Bürgermeister von einer vorherigen Beratung mit den Gemeinderäten Abstand nehmen. Diese Ausnahme- vorschrift war erforderlich, weil es erfahrungsgemäß in jeder. Gemeindeverwaltung Fälle gibt, die keinen Auf- \hub dulden und in denen jeder Aufschub der Gemeinde schaden würde. Es würde aber den Absichten des Gesetzes durchaus widersprechen, wenn von dieser Ausnahme- vorschrift über das unbedingt nötige Maß hinaus Ge- brauch gemacht würde. :

2. Der Bürgermeister ist nah § 55 zur Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten mit den Gemeinderäten ver- pflichtet. Er muß ihnen zu bestimmten Fragen Gelegen- heit zur Aeußerung geben. Eine Verleßung dieser dem Bürgermeister obliegenden Pflichten hat jedohch nicht zur Folge, daß dadurch. eine ohne Beratung gefaßte Ent- \shließung ungültig und daß Rechtshandlungen, die zu threr Durchführung vorgenommen werden, unwirksam wären. Das Folgt daraus, daß- die Beratung kein Teil der dem Bürgermeister ausschließlich übertragenen Willensbildung und Willensäußerung für die Gemeinde ist, und daß demnach durch das Fehlen der Beratung diese nicht fehlerhaft werden. Das schließt selbstverständlich nicht aus, daß sih aus einer derartigen Pflichtverlezung für den Bürgermeister Haftungen und dienststrafrechtliche Folgen ergeben können.

Zu § 56: § 56 trifft die erforderlichen Vorschriften für die gemeinsamen Beratungen der Gemeinderäte:

1. Die Einberufung der Gemeinderäte steht aus\{ließlich dem Bürgermeister zu. Ein Selbstversammlungsrecht be- steht ebensowenig wie der Anspruch eines Gemeinderats oder eines bestimmten Teils der Gemeinderäte, die Le sammenberufung zu verlangen. Die Einberufung der Ge- meinderäte erfolgt durch besondere Ladung, deren Form sich nach dem Ortsgebrauch richten kann, unter Angabe der Beratungsgegenstände. Dabei ist selbstverständlich, daß der Bürgermeister bemüht sein muß, den Gemeinde- râten namentlih in wichtigen Angelegenheiten vor der Beratung auch etwa erforderliches sonstiges Material zu= zuleiten.

2. Jn der Frage, ob die Beratungen mit den Gemeinderäten öffentlich oder nicht öffentlich sein sollen, überläßt es die Gemeindeordnung dem Bürgermeister, von Fall zu Fall hierüber Entscheidung zu treffen. Durch diese Regelung wird den Bedürfnissen des Einzelfalles am besten Rech nung getragen.

3. Die Beigeordneten als Vertreter des Bürgermeisters müssen über alle wesentlichen-Vorgänge in der Gemeinde- verwaltung unterrichtet sein. Sie nehmen deshalb nach S 56 Abs. 3 Sag 1 an den Beratungen mit den Gemeinde- râten teil. . Darüber hinaus kann der Bürgermeister auh sonstige Beamte und Angestellte der Gemeinde sowie Sach- verständige zu den Beratungen nach Lage des Einzelfalles hinzuziehen. Auch das is im Jnteresse einer sachlichen Klärung zur Beratung stehender Fragen zweckmäßig. Dabei bleibt dem Bürgermeister überlassen, sowohl den Beigeordneten als auch diesen Beamten und Angestellten im Einzelfalle den Sachvortrag zu übertragen.

4. Es gehört zu den Amtspflichten der Gemeinderäte, an den Beratungen teilzunehmen. Fhr Fernbleiben bedarf aus= drücklicher Beurlaubung durch den Bürgermeister. Ver- leyen sie diese Amtspflicht, so kann das dienststrafrechtliche Ahndung und unter Umständen auch ihr Ausscheiden nah 8 54 abs Folge haben. Bei dieser starken Bindung der Ge- meinderäte kann das Gesetz davon absehen, für die Bera- tungen eine bestimmte Anwesenheitszahl von Gemeinde- râten vorzusehen, um so mehr als der nationalsozialisti- he Staat auf eine wirklich rege Beteiligung der Ehren- beamten an den Beratungen ohnehin rechnen kann.

Zu L 57:

1. Für die gemeinsamen Beratungen der Gemeinderäte sind wie überall bestimmte Vorschriften erforderlich, die die Ordnung dieser Beratungen sichern. ‘Diese Vor=- schriften trifft § 57 Abs. 1 und 2. Jhnen unterliegen alle Personen, die an den Beratungen mit den Gemeinde=- râten teilnehmen.

Im einzelnen sind hierbei drei Fragen von besonderer

Bedeutung: /

a) Die unbedingte Sachlichkeit der Beratungen der Ge- meinderäâte hat der Bürgermeister dadurh sicher- A daß er die Erörterung solcher Angelegen-

eiten nicht zuläßt, die nicht zum Aufgabengebiet der Gemeinde gehören.

b) Jeder Gemeinderat hat, wie sih aus § 57 Abs. 2 ergibt, die Verpflichtung, ih auf Verlangen des Bürgermeisters zu bestimmten Beratungsgegen- ständen zu äußern. Diese Verpflichtung liégt ihm auch ohne solches Verlangen stets ob, wenn seine Meinung von der des Bürgermeisters abweicht. Damit soll sicthergestellt werden, daß der Gemeinderat seine Auffassung in den gemeinsamen Beratungen kundgibt und nicht später Entschließungen des Bür- germeisters angreift, denen ex in der Beratung zu widersprechen unterlassen hat.

2. S 57 Abs. 3 trifft nähere Vorschriften über die Nieder- {rift der Beratungen mit den Gemeinderäten. Er gibt dabet den einzelnen Gemeinderäten das Recht, ihre Auf- fassungen zur Niederschrift zu geben.

(Fortseßung in der Ersten Beilage.) T O O E E

Verantwortlich für Schriftleitung, Anzeigenteil und dür den Verlag:

i, V.: Rudolf Lanksch in erlin-Lichtenberg. / Druck der Preußischen Druckerei- und Verlags-Aktiengesell schaft, Berlin, Wilhelmstraße 392.

Sieben Beilagen

zur Pflicht macht, wichtige Angelegenheiten der Gemeinde

(eir, Sörsenbeilage und wei Zentralhandelsregisterbeilagen).

Erste Beilage

A 4 M Þ F } v E s fti e O A Bot S O i

zum Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

Ièr. 27

19395

Berlin, Freitag, den 1. Februar

3. Abschnitt,

Beiräte.

Zu § 58. Namentlich in größeren Gemeinden besteht ein Bedürfnis dafür, daß dem Bürgermeister und seinen Bei- e außer den Gemeinderäten noch sonstige Berater eigegeben werden. Fn diesen Gemeinden kommen zahlreiche Fragen zur Entscheidung, die entweder wegen ihrer verhältnis- mäßig geringen Bedeutung mit den Gemeinderäten überhaupt nicht beraten werden, oder die vor der Beratung mit den Ge- meinderäten zweckmäßig in kleinerem Kreise vorberaten werden. Außerdem gibt es zahlreiche Verwaltungszweige, bei denen darüber hinaus eine regelmäßige Beratung erwünscht und förderlich ist. Deshalb schafft § 58 die Möglichkeit, nah den örtlichen Bedürfnissen Beiräte für bestimmte Verwaltungszweige (z. B. Finanzwesen, Wohlfahrtswesen, Kulturwesen usw.) einzu- richten. Derartige Beiräte können auch für Einzelfragen be- stellt werden. Die Berufung der Beiräte ist dem Bürgermeister über- tragen. Diese Regelung hckt ihren Grund darin, doß die Bei- râte einzig und allein Berater der Verwaltung sind. Die besonderen Aufgaben der Gemeinderäte nach § 48 fallen ihnen nicht zu. Für die Berufung der Beiräte gibt das Gesetz bestimmte Weisungen. Aus ihnen folgt, daß als Beiräte außer Gemeinde- räten auch sonstige sahkundige Bürger berufen werden können. Als Beiräâte für einen bestimmten Verwaltungszweig können demnach entweder Gemeinderäte allein oder Gemeinderäte zu- sammen mit anderen sahkundigen Bürgern berufen werden. Diese weitgehende Beteiligung der Gemeinderäte is deshalb zweckmädig, weil mit den Beiräten sehr oft Angelegenheiten vorberaten werden, die später nochmals der Beratung mit den Gemeinderäten unterliegen. Jn diesen Fällen ist es sachdien- lich, daß das Beratungsergebnis der Beiräte durch Vermitt- lung der als Beiräte berufenen Gemeinderäte ihren Beratun- gen nußbar gemacht wird. Aus den 8S 58, 59 ergibt sich im übrigen, daß stets mehrere Personen zu Beiräten für einen bestimmten Verwaltungs- weig zu berufen sind, und daß die Beratungen des Bürger- meisters oder eines Beigeordneten mit diesen Beiräten stets in gemeinsamen Sißungen erfolgt.

Beirâte sind, soweit sie niht als Gemeinderäte Ehren- beamte sind, ehrenamtlih tätig. Ob sie ein Ehrenamt befklei- den und demgemäß als Ehrenbeamte anzustellen sind, richtet sih nach der in der Hauptsazung gemäß den Bedürfnissen des Einzelfalles getroffenen Regelung.

Zu § 59. Während für die Beratungen mit den Ge- meinderäten Ausnahmen von dem Grundsaß der Nichtöffent- lichkeit möglich sind, sind die Beratungen mit den Beiräten stets nicht öffentlih. Für diese Regelung sind in verstärktem Maße die Gründe aus\chlaggebend, die zu § 56 Abs. 2 dar- gelegt sind. Fm übrigen erklärt § 59 die für die Beratungen mit den Gemeinderäten geltenden Vorschriften der SS 56, 57

auf die Beratung mit den Beiräten für entsprechend an- wendbar.

Zum Sechsten Teil,

Gemeindewirtschaft. 1. Abschnitt.

Gemeindevermögen.

Zu § 60.

1. Die Gemeinden sind als Träger erheblichen Vermögens Treuhänder der Volksgemeinschaft. Das verpflichtet sie, das Gemeindevermögen pfleglih und wirtschaftlich zu ver- walten. Darin liegt einerseits, daß sie ihr Vermögen nah Möglichkeit zu erhalten haben und daß sie das Erbe früherer Generationen regelmäßig auch nicht zur Be- hebung augenblicklicher Finanzshwierigkeiten veräußern dürfen. Darin liegt aber weiter, daß sie ihr Vermogen nah den Grundsäßen möglichster Wirtschaftlichkeit ver- walten müssen. Soweit es sich um Vermögensgegen- stände handelt, die gemeinnügzigen Zwecken dienen, haben sie in Verfolg dieser Vorschrift anzustreben, daß der ge- meinnüßige Zweck mit dem geringsten Aufwand erfüllt ird, während beim gemeindlichen Finanz- und Betriebs- vermögen der mit diesem Vermögen regelmäßig ver- licher it Ertragsgedanke nach besten Kräften zu verwirk- ichen ist.

Jm übrigen kann zu diesem Fragenkreis auf eine ein- gehende Begründung verzichtet werden, nachdem der frühere Reichssparkommissar die Grundsäße für eine zweckmäßige und wirtschaftliche Verwaltung des gemeind- lichen Vermögens in seinen verschiedenen Städtegutachten in vorbildlicher Weise herausgearbeitet hat.

2. Es bedarf keine? näheren Begründung, daß die laufende Unterhaltung des Gemeindevermögens, zu der auch die ordnungsmäßige Fnstandhaltung der einzelnen Ver- mogensgegenstände gehört, nur aus Mitteln des ordent- lichen Haushalts bestritten werden darf. Eine Deckung der hierfür notwendigen Ausgaben aus Mitteln des außerordentlichen Haushaltsplanes, etwa aus Darlehen oder aus Veräußerungserlösen, ist ausnahmslos unzu- lässig. Das gilt anders als nah § 68 Abs. 2 des preuß. Gemeindefinanzgeseßes auch für die Unterhaltung des Liegenschaft8vermögens.

3, Das Vermögen der Gemeinde is aus natürlichen Grün- den einer allmählihen Verringerung unterworfen; ebenso kann es wachsender Bedarf auf die Dauer unzureichend werden lassen. Fn dem ersteren Falle gebietet es schon die Pflicht der Gemeinde zur Erhaltung ihres Vermögens, in dem leßteren eine vorsorgliche Wirtschaftsführung, diese Minderungen und Mehrerfordernisse beizeiten auszu- gleihen. Deshalb \{hreibt § 60 Abs. 3 die Ansammlung von Erneuerungs- und Erweiterungsrücklagen aus

Mitteln des ordentlichen Haushalts vor. |

1. Es kann nicht Aufgabe der Gemeinden sein, ohne Bedarf

2. Erwerb von Vermögensgegenständen mit gelichenem

1. Nach § 60 is die Gemeinde zur Erhaltung ihres Ver-

streben der Gemeindeordnung, das Gemeindevermögen, wenn auh nicht in seinem tatsächlichen, so doch in seinem wert- mäßigen Bestande zu erhalten. Deshalb it der Erlös aus Der Veräußerung von Vermögensgegenständen grundsäglich dem Vermögen zur Erhaltung seines Wertes zuzuführen. Dabei is} es „auch zulässig, daß der Erlös einer zweck- bestimmten Rücklage zugeführt wird, jedoch nur solchen Rüclagen, die zu Fnvestierungszwecken angesammelt werden nicht Nülagen, die einem anderen Verbrauch dienen (wie Betriebs- oder Ausgleichsrücklagen). Der Erhaltung des Ver- mogenswerts dient auch die Verwendung des Erlöses zur außerordentlichen Tilgung von Darlehen. Unzulässig ‘aber wäre die Verwendung zur Abdeckung von Zahlungsrück-

ständen, die grundsäßlich aus Mitteln des ordentlichen Haus- halts zu bewirken ist.

jedoh nicht ausschließlich. es geboten erscheinen lassen, derartige Erlöse ausnahmsweise auch für Zwecke des laufenden außerordentlichen und ordent- lichen Haushalts zu verwenden (§8 63 Say 2).

unterliegt nach dem Verlaufe der Rechtsentwicklung in weitem Umfange etnem Sonderrecht. Dieses Sonderrecht wird durch die Vorschriften der Gemeindeordnung nicht be-

rührt. Zu §8 65. 1. Fn zahlreihen Landesteilen steht die Nußung be-

Zu § 61.

alle möglichen Vermögensgegenstände nux um der Ver- mehrung des Gemeindevermögens willen zu erwerben. Jeder Vermögenserwerb durch die Gemeinde muß viel- mehr im Rahmen sofort oder alsbald zu lösender gemeind- licher Aufgaben liegen und für die Durchführung dieser Aufgaben erforderlih sein. Deshalb ist Vermögens- erwerb, der in keinem inneren Zusammenhang mit den Aufgaben der Gemeinde steht, grundsäßlich abzulehnen. Das gleiche gilt für einen Vermögensertwoerb, der für Zwecke getätigt wird, die noch in durchaus unsicherer Ferne liegen. Damit soll jedoch auf der anderen Seite eine vernünftige Vorratswirtschaft der Gemeinde, die sich im Rahmen des sahlich Gebotenen und der gemeindlichen Leistungsfähigkeit hält, nicht gehindert werden.

_Die Vorschrift des § 61 Abs. 1 hat, wie {hon ihre Fassung ergibt, niht die Wirkung, daß ihr zuwider ah- geschlossene Geschäfte als gegen ein geseßliches Verbot ver- stoßend nichtig wären. Sie spricht jedoch einen Grundsatz aus, dem auch die Aufsichtsbehörden, namentlich bei Prü- fung der Haushaltssaßzungen, Geltung verschaffen sollen.

Geld ist doppelt kostspielig. Die Vorschrift des § 61 Abs. 2 will deshalb die Gemeinden in möglichst weitem Umfange wieder auf den Weg des Vermögenserwerbs aus Mitteln des ordentlichen Haushalts oder aus Rücklagen zurück- führen. Nur in den Fällen des § 61 Abs. 2 Sat 2 sollen Ausnahmen von diesem Grundsaß zulässig sein. __ Hinsichtlich der rechtlichen Bedeutung des § 61 Abs. 2 gilt gleiches wie zu § 61 Abs. 1.

Zu § 62,

mogens verpflichtet (vgl. die Begrundung zu § 60). Dieser Grundsaß hat jedoch hinsichtlih solcher Ver- mogensgegenstände feine innere Berechtigung, die die Gemeinde für ihre Aufgaben in absehbarer Zeit nicht braucht. Derartige Vermögensgegenstände verursachen zudem sehr oft eine laufende Belastung der Gemeinde, so daß auch unter rein finanziellen Gesichtspunkten ihre Abstoßung von Vorteil sein kann. Deshalb eröffnet § 62 Abs. 1 die Möglichkeit zur Veräußerung solcher Ver- mogensgegenstände. Dabei ist im § 63 dafür Sorge ge- tragen, daß eine Minderung des Gesamtvermögens der Ee durch solche Geschäfte grundsägßlich nicht ein- ritt.

. Die Vorschrift des § 62 Abs. 2 sieht für bestimmte Ver- außerungsgeschäfte der Gemeinden eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde vorx. Dieser Genehmigungsvor- behalt soll jede Veräußerung von Gemeindevermögen, die nicht in den Grenzen des § 62 Abs. 1 liegt oder die zu Bedingungen erfolgen soll, die für die Gemeinde nicht angemessen sind, verhindern. Dabei kommt bei den in Abs. 2“ Ziff. 3 genannten Geschäften noch der Ge-= sichtspunkt hinzu, daß die Gemeinden ihren Kunstbesitz usw., dessen Wert nach früheren Erfahrungen nicht Überall hinreichend gewürdigt worden ist, behalten.

Der Zweck des in § 62 Abs. 2 vorgesehênen Ge- nehmigungsvorbehalts läßt für bestimmte Gemeinde- gruppen bei regelmäßig wiederkehrenden und gering- wertigen Geschäften Ausnahmen zu. Es ist deshalb im

S 62 Abs. 3 die Möglichkeit offengehalten, derartige Ge- schäfte nah näherer Regelung des Reichsministers des xFnnern von der Genehmigungspflicht freizustellen. Als Beispiel einer solchen Regelung darf auf die preußische Verordnung vom 3. 7. 1934 (MBliV. S. 933) Bezug genommen werden.

Die rechtliche Bedeutung der Vorschrift des L 62 Abs. 1 entspricht der des 8 61 Abs. 1. A N das Fehlen der Genehmigung nah § 62 Abs. 2 das Ver- äußerungsgeschäft unwirksam.

Zu § 63. Auch die Vorschrift des § 63 dient dem Be-

Die in § 63 Saß 1 genannten Verwendungszwecke sind Besondere Verhältnisse können

Zu § 64. Die Bewirtschaftung der Gemeindewaldungen

stimmter Teile des Gemeindevermögens nicht der Ge- meinde, sondern ihren Einwohnern oder einzelnen Teilen der Einwohnerschaft zu (sog. Gemeindegliederver- mögen, Allmende, Gemeindegliederklassenvermögen). Die insoweit bestehenden landesrechtlichen, ortsrehtlichen oder oberservanzmäßigen Vorschriften sind nah den be- sonderen Bedürfnissen der einzelnen Landesteile und Ge- meinden so vielgestaltig und in ihrer Besonderheit auch so sehr im Bewußtsein der Bevölkerung verankert, daß es weder nötig noch angebracht war, diese Fragen einer

einheitlicheu Regelung zuzuführen. § 65 Abs, 1 beläßt |

es deshalb insoweit bei den bisherigen Vorschriften und Gewohnheiten.

2. Soweit Teile des Gemeindevermögens bisher die Eigen-

schaft von Gemeindegliedervermögen besißen, behält es hierbei nah § 65 Abs. 1 sein Bewenden. Dagegen be- steht kein Anlaß, in Zukünft noch weiterhin die Um- wandlung von Gemeindevermögen in Gemeindeglieder=- vermögen zuzulassen. Eine solhe Umwandlung hat regelmäßig eine Verringerung der Einnahmen dex Ge- meinde im Gefolge, die nur unerwünscht ist. ;

Zu § 66:

1. Die Gemeinde ist als Sachwalterin der örtlihen Gemein-

schaft zur Verwaltung örtlicher, insbesondere wohltätiger Stistungen besonders berufen. Seit jeher ist ihr des- halb durch freien Entschluß des Stifters die Verwaltung derartiger Stiftungen entweder in der Form anvertraut worden, daß thr ein bestimmtes Vermögen ohne selb- ständige Rechtspersönlich?eit zu Eigentum mit der Auf= lage dauernder Verwendung für besondere örtliche Zwecke übertragen wurde, oder auch in der Form, daß die Gemeindeorgane lediglich die Verivaltung einer als selbständige Rechtsperson errichteten Stiftung Über- nahmen. Diese durch Jahrhunderte praktische Uebung läßt es zweckmäßig erscheinen, der Gemeinde als der Trägerin aller örtliher Gemeinschaftsaufgaben (vgl. die Begründung zu § 2) auch die Verwaltung aller örtlichen Stiftungen zu übertragen und für diese Verwaltung die Vorschriften der Gemeindeordnung für anwendbar zu erklären; das bedeutet, daß für diese Verwaltung in Zu=- kunft sowohl die Verfassungs- als auch die Wirtschasts- vorschriften der Gemeindeordnung maßgebend sind. Anderes gilt nur dann, wenn das Geseh oder der Stifter im Einzelfall abweichende Bestimmungen treffen. Da- bei wird zur Klarstellung darauf hingewiesen, daß als örtliche Stiftungen in diesem Sinne sowohl die mit selb- ständiger Rechtspersönlichkeit errichteten Stiftungen des öffentlichen und privaten Rechts als auch die sogen. fiduziarischen Stiftungen zu verstehen sind, soweit der Stiftungszweck ein öffentlicher (niht rein privater) ist und im Rahmen örtlicher Aufgaben liegt.

Das Stiftungs8vermögen ist bei den sogen. fiduziari- schen Stiftungen Gemeindevermögen, im übrigen Ver- mögen einer selbständigen Rechtsperson, bei dem ledigj= lich die Verwaltung der Gemeinde zusteht. Jn beiden Fällen nehmen diese Vermögensteile jedoch insoweit eine Sonderstellung ein, als sie nicht wie das übrige Ge=- meindevermögen für allgemeine Gemeindezwecke vera wendet, sondern ausschließlich dem Stiftungszweck ZU= geführt werden dürfen. Deshalb {reibt § 66 Abs. 1 Saß 2 vor, daß das Stiftungsvermögen von dem übrigen Gemeindevermögen getrennt zu halten und so anzulegen e os es für seinen Verwendungszweck stets greifbar

eibt,

¿ah § 87 BGB. kann die zuständige Behörde der Stif tung eine andere Zweckbestimmung geben oder sie auf- heben, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist oder das Gemeinwohl gefährdet. Eine ahn- liche allgemeine Vorschrift fehlte bisher sowohl für die selbständigen Stiftungen des öffentlichen Rechts als auch für die sogen. fiduziarishen Stiftungen. Das hat sich in vielen Fällen als empfindlihe Lücke erwiesen, so daß die Gemeinden heute noch zahlreiche Stiftungen weiter- verivalten müssen, troßdem der Stiftungszweck gar nicht mehr erreiht werden kann. Deshalb empfiehlt es sich, auch für diese Stiftungen die gleichen Möglichkeiten zu geben wie für die Stiftungen des bürgerlichen Rechts. Dabei wird als zuständige Behörde im Sinne des 8 87 BGB. die Gemeinde, der nah § 66 Abs. 1 die Verwal= tung der Stifluug zusteht, bestimmt. Die besondere Ge- nehmigung der Aufsichtsbehörde zur Umwandlung des Stiftungszwecks und zur Aufhebung der Stiftung soll dabei sticherstellen, daß derartige Entschließungen der Gemeinden in Achtung des Willens des Stifters nux dann géfaßt werden, wenn sie wirklih zwingend geboten sind,

2. Abschnitt.

Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde. Zu § 67:

. Es gehört zu den Eigenarten der Entwicklung der ge-

meindlichen Selbstverwaltung in Deutschland, daß die deutschen Gemeinden auf der Grundlage der Unbeschränkt-= heit ihres Wirkungsbereichs (vgl. die Begründung zu § 2) hon sehr früh und in verhältnismäßig weitem Umfange neben ihren Aufgaben auf dem Gebiete der öffentlichen Verwaltung auch rein wirtschaftliche Aufgaben über= nommen haben. Diese Betätigung hat sih von jeher in erster Linie dem Gebiete der sogenannten offentlichen Ver- sorgungswirtschaft zugewendet und hier anerkannter- maßen große Leistungen vollbracht. Die vielfachen An- griffe der leßten Fahre gegen die wirtschaftliche Betäti= gung der Gemeinden richteten sich denn auch weniger gegen die von ihnen betriebenen Versorgungsunter- nehmungen, als vielmehr gegen ein Uebergreifen der Gemeindewirtschaft auf sonstige Gebiete, die bisher aus- hließlich privater Wirtschaftsbetätigung vorbehalten waren.

Diese Angriffe haben erstmalig zu besonderen geseßz=- lichen Vorschriften in Kap. VIII Teil V dex Dritten Ver- ordnung des Reichspräsidenten vom 6. Oktober 1931 Ver- anlassung gegeben. Dort wird versucht, durch regelmäßige Prüfungen der gemeindlichen Wirtschaftsbetriebe auf einen Abbau solcher Betriebe hinzuwirken, die durch den öffentlichen Zweck gemeindlicher Wirtschaftsführung nicht

evechtfertigt sind und die danach als unzulässige Kon= urrenz mit der privaten Wirtschaft erscheinen. Darüber hinaus hat exstmalig das Preußische Gemeindefinanz=- pes es unternommen, Grundsäße zu entwickeln, die in Zukunft einer Ausuferung gemeindlicher Wirtschafts=- betätigung vorbeugen sollen. Diesen Grundsäßen schließt sih die Regelung des 2. Abschnitts der Deutschen Ge- meindeordnung im wesentlichen an. Sie legt demgemäß

in F 67 zunächst die Grenzen fest, die die Gemeinden hei