1920 / 86 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Apr 1920 18:00:01 GMT) scan diff

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legenheit gegeben ist, daß sih die vershiedenen Kategorien des Heeres kennen lernen, (Abgeordneter v. Graefe: Da müssen sie doch auch wählen!) Es ist aber etwas ganz anderes als die Beschäftigung mit Tagesfragen. Jch glaube, dem Herrn v. Graefe ist doch vieleliht im Augenblick der Unterschied niht" ganz klar. Was nötig ist, ist eine staatsbürgerlihe Erziehung des Heeres in dem Sinvre, wie ih das neulih angekündigt habe. Das Heer muß mit den Grundlagen unserer Staatsverfassung bekannt werden. Es muß mit dem Leben der Nation vertraut werden, und zwar nit in einer einseitigen Weise, sondern in der Weise, wie wir das überall in unserem ganzen öffenftlichen Bil- dungôwesen durchführen, in einem abjektiv staatsbürgerlihen Unter- richt. Etwas ganz anderes aber ist die Beschäftigung mit den augen- blidlichan Tagesfragen, die in keinem Volke außer dem unsrigen gerade in der gegenwärtigen Zeit mit solcher Leidenschaft behandelt werden. Wie steht denn die Sahe in den Beamtenkörpern? Jch selbst blide auf eine lange Dienstzeit als Beamter zurück, und ih weiß, wie auch in der Beamtenschaft die Trennung der Parteien vielfach zur Zerstörung des vertrauensvollen Zusammenarbeitens in den Aemtern selbst geführt hat (sehr ritig!), und es gehört außerordent- lih viel dazu, sih aus der politishen Leidenschaft so wait herans- auheben, daß nicht der follegiale Verkehr und das Zusammenarbeiten leidet. Jn den Großstädten ist das vielleicht nicht so schlimm. Aber bor allem in den kleineren Städten, wo das alles sich auch sofort gesellschaftlih überträgt, ist zu befürhten, daß der fameradschaftliche Verkehr der Neichswehr unter sich leidet. Ich möchte deshalb die Damen und Herren dringend bitten, es heute bei dem Entwurf der Regierung zu lassen im Augenblick ist die Neihswehr meines Erachtens nicht imstande, ohne großen Schaden zu nehmen, zu wählen und die grundsäßlihe Frage, die Frage des aktiven Wahlrehts des Heeres zur Entscheidung zu bringen, wenn Jhnen das Wehrgeseß vorgelegt wird. Denn wenn Sie jeßt der Meichswehr das Wahlrecht geben, so hat das auch ganz von felbst für die gange politishe Vereinstätigkeit Konsequenzen. Jch meine, gerade der Umstand, daß sich auch hier die Extreme berühren, die den politishen Kampf auch in der Neichswehr ausfehten wecllen, müßte eigentlih alle diejenigen erst recht vorsichtig machen, denen daran liegt, daß die Reichswehr ein neutrales Jnstrument ist, das seine vornehmste Aufgabe in dem Schuß von Recht, Verfassung und äußerer Ruhe und Ordnung sieht. Die Reich8wehr wird es nicht als capitis deminutio empfinden, wenn ihr das aktive Wahlreht jeßt nicht zu- steht. Sie hat dafür ein anderes Recht, das den übrigen Staats- bürgern nicht zusteht: sie trägt Waffen. i Die überaus einirucks8vollen Worte des Herrn Grafen v. Posa- dowsky haben Jhnen schon gezeigt, wohin es bei einem Berufsheer kommt, wenn es sih in die Tagesfvagen einmisht. (Sehr wahr! vehts.) Gestern war eine Abordnung der Marinebrigade in Munster bei mir, die von mir unter Drohunger. (hört, hört! vedsts) zwei Dinge forderte: erstens, daß der Haftbefehl gegen den Kapitän Ehrhardt zurückgencmmen werde (hört, hört! links) ih hoffe, daß dieser Haftbefehl in dieser Stunde vollstreckt i —, und zweitens, daß der Kapitän Chrhardt an der Spiße seiner Truppen bleibe. (Hört, hört! links.) Jch habe den Betreffenden keinen Zweifel darüber gelassen, wie ih denke. Allein das Gefühl der Macht, das in der Konzentration von Waffen und Menschen liegt, wird sich ganz von selbst nah der Richtung hin betätigen, daß man glaubt, wenn man eine Macht hat, daß man sie auch ausnußen muß. Ih bitte Sie also dringend, geben Sie uns jeßt für die Ge- sundung wenigstens die Bahn frei, stürzen Sie niht die Reichs- wehr in den nächsten Wochen in den Wahlkampf sie kann das nah meiner Ueberzeugung niht vertragen —, und entsheiden Sie die grundsäßliche Frage im Wehrgeseß. Das Wehrgeseh bestimmt künftig die Verfassung unseres Heeres, und in diesem Wehrgesep ist auch grundsäßlih Stellung zu nehmen zu den politischen Rechten und zu den politishen Pflichten der Heeresangehörigen. (Lebhafter Beifall.) Abg. F . V.): Wir sind unbedingt der Mei- nung, da L Tat: Vi olt in vie Wehrmat hineinzu- tragen. s Gefährlichste, Bedenklichste und Bedauerlichste am Kapp- Unternehmen war, daß die Wehrmacht zu politischen Fen mi braucht wurde. Dadurh wird sie unbrauchbar für ihren eigentlichen Dienst-, Shuß und Ordnung im Inlande zu sichern und, was jeyt ja ausgeschlossen ist, auh den Schuß des Staates gegenüber dem Aus- lande. r für das Wahlreht der Soldalen eintritt, hofft, sie zu seiner Meinung Hinlbaeen zu können. Es muß eine Jnstiliution eben, die dem politischen Kampfe entzogen bleibt. Ich bitte Sie, es ei der Regierungsvorlage zu belassen. : Abg. Eichhorn (U. Soz.): Tatsächlih if die Reichs8wehr olitisiert. Auch {hon früher bai das Heer politishe Vor ânge in- irekt beeinflußt, so 1887 bei den Faschingswahlen, als der Reichstag wegen einer Militärvorlage aufgelöst worden war. Den Soldaten wurde eir. Krieg mit Frankreih an die Wand gemalt und dadurch wurden ihre Angehörigen bei ihrer Stimmenahgabe beeinflußt. Ein- mal muß man mit der Wahlberehtigung des Heeres anfangen, jeßt A die Gelegenheit dazu Den Untecsuhungsgefangenen muß man das

N geben zumal. in Verfolg des Kapp-Putshes eine große Menge Personen verhaftet worden sind, sogar solche, die gegen den B O eingetreten waren. Auh 1m Ruhrgebiet werden wir mit vielen solhen Häftlingen zu rechnen haben.

Abg. Herold n): Wir sind gegen die Politisierung des

eeres. Gerade die legte Zeit hat bervielen, was aus einem politi- fee Heere wird. Wir treten für die Regierungsfassung ein.

Abg. Waldstein (Dem.): Die Bestimmung der Vorlage, wonach die Auen des Wahlrechts für die Soldaten während jer E A zur Wehrmacht ruht, ist keine Abänderung der s assung.

Abg. Katbenstein (Soz.): Es ist doch eine Verfassungsände- rung. Obwohl ih überzeugt bin, daß die Mehrheit der Soldaten deutschnational wählen würde, möchte A das Wahlreht nicht

enommen wissen. Wir haben jeßt ein Söldnerheer. Wenn wir den

oldaten das Wahlreht versagen, werden nur wenige zum Eintritt in das Heer bereit sein.

Abg. von Graefe (D. Nat.): Leider steht die Armee heute mitten im politishen Kampfe. Un it hat die Reichswehr das Wahl- A man sollte es ihr in diesem Augenblick am allerwenigsten nehmen.

Die Anträge werden abgelehnt und § 2 in der Fassung der Vorlage angenominen. é

Der Rest der Vorlage wird mit meist nur redaktionellen - Aenderungen angenommen. Die Bestimmung, daß die Kreis- wahlvorschläge von mindestens 50 Mitgliedern unter ae sein müssen, wird entgegen dem Ausschußantkáge, der it- glieder für ausreichend hielt, in der ursprünglichen Fassung wieder hergestellt. Nah dem vom Ausschuß Feu eingefügten

38a kann der Reichspräsident mit Rücksicht auf die nah

Hierzu bemerkt der

Reichsminister des Innern Koh: Jch stimme der Auffassung, die der Herr Abgeordnete Dietrich soeben kundgegeben hat, zu. Es ist zulässig, daß innerhalb eines Wahlkreisverbandes sich alle die- jenigen Listen miteinander: verbinden, die eine derartige Erklärung abgeben, auch Listen aus demselben Wahlkreis. Was unzulässig ist, ist lediglich, daß etwa zwei Listen eines Wahlkreises sich vorab mit- einander verbinden und dann noch eine weitere Verbindung mit einer Liste eines benahbarten Wahlkreises suchen, so daß zunächst die über- hüssigen Stimmen unter diesea beiden Listen ausgetauscht würden und nur der noch verbleibende Ueberschuß mit dem Nachharkreise ver- rechnet würde. Das wäre unzulässig. Dagegen steht nichts im Wege, um bei dem Beispiel des Herrn Abgeordneten Dietrich zu bleiben, daß sih die deutsh-nationale Liste von Mecklenburg mit der Liste des Dorfbundes in Mecklenburg verbindet und nach Berlin erklärt, daß sie beide derselben Reichswahlliste angehören. Suchen diese beiden Listen auch noch eine weitere Verbindung in Pommern, so ist auch das zulässig, vann können die drei Listen miteinander verbunden sein, sowohl die deutsh-nationale Liste in Pommern, als auch die deutsch- nationale Liste in Mecklenburg und die Liste des Dorfbundes in Mecklenburg. Sie sind aber in gleicher Weise miteinander verbunden, ur)d es ist niht mehr möglih, daß nun ewa die Verbindung inner- halb des Wahlkreises Mecklenburg zwishen den beiden Listen als eine engere gestaltet wird, die nur eventualiter, insoweit noch ein Vebershuß verbleibt, ihre Stimmen der pommerschen Liste zugute kommen läßt. Also, Listenverbindungen jeglicher Art sind nach dem Wortlaut und dem Sinn des § 15 zulässig. Es is nur nicht zu- lässig, eine bestimmte Stufenfolge, eine bestimmte Vorzugsstellung bei der Verrehnung auszubedingen. /

Die der Vorlage als Anlage beigegebene Einteilung der Wahlkreise und Verbandswahlkreise wird gleichfalls nah den Beschlüssen des Ausschusses angenommen.

Das Geseh für die Wahl des Reichspräsidenten wird ohne Aus\prache in zweiter und dritter Lesung ange- nommen.

Nächste Sißung Freitag, 3 Uhr pünktlih: Anfragen, dritte Lesung des Gesetzes über die Befriedung der Parlamente und Wahlgeseß, kleine Vorlagen und Anträge.

Schluß 7 Uhr. /

Preußische Landesversammluug. 134. Sißung vom 21. April 1920. Nachtrag.

Die Rede, die bei der zweiten Beratung des Geseßt- entwurfs, betreffend den Staatsvertrag zwischen Preußen und dem Reiche über die Ueber- tragung der preußischen Staatsbahnen auf das Ne ich, in Verbindung mit der Besprechung der Anfrage der Demokraten über die Anwendung privatwirt- P iee Me Grundsätze A Staatsbetriebe owie der Anträge des Zentrums und der Deutschnationalen betreffs Um- und Ausgcsialtung des Landeseisenbahnrats und der Bezirkseisenbahnräte der Minister der öffentlichen Arbeiten Deser gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:

Meine Damen und Herren, ich möchte zunächst ein paar Worte über die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Fried- berg und Genossen, die der Herr Abgeordnete Riedel be- gründet hat, sagen. Die Umorganisierung der Werk- stätten ist noch nicht vollendet, sie ist in vellem Zuge, und da sie in die Zeit hineinwirken muß, in der die Gisen- bahnen beim Reiche sind, habe ich- mich von Anfang an in dieser Frage mit dem Reichsverkehrsministeriuum ins Einvernehmen geseßt. Dieses Einvernehmen ist hergestellt; es besteht keine Besorgnis, daß die Ovganisierung der Werkstätten durch die Verreichlihung aufge- halten würde. (Bravo! bei den Deutsch - Demokraten.) Jch darf annehmen, daß auch die mit der Umorganisierung verbundenen, viel- leiht niht unbeträhtlichen Personalkosten vom Reichstag bewilligt wérden, damit hier der Grundsaß durchgeführt wird, den Herr Riedel in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen gestellt hat, nämlich der wirtschaftliche Gesichtspunkt,

So, wie die Werkstätten heute sind, sind sie nit voll wirtschaft- lich, besonders im Hinblick auf die Privatindustrie. Jn der Privat- industrie ist ein weit größeres Aufsichtspersonal vorhanden, als in den Eisenbahnwerkstätten, und es wird notwendig sein, daß wir das Aufsichtspersonal der Werkstätten entsprechend vermehren.

Jch kann auch die weitere Anfrage des Herrn Riedel mit Ja beantworten, nämlih ob die Bereitwilligkeit besteht, wirtschaftliche Gesichtspunkte überall da in den Staatsbetrieben durdguführen, wo sie angebracht siad. Wir haben es in der Staatseisenbahnverwaltung versucht, wir haben in der Bauverwaltung dieselben Gesichtspunkte, die wir bei den Werkstätten zur Durchführung brachten, eingeführt; in der Bergveuwaltung, Salinenverwaltung usw, bestehen diese wirt- schaftlihen Gesichtspunkte ebenfalls.

Aber, meine Damen und Herren, man muß doch immer dabei in Betracht ziehen, daß ein vollständiger Vergleih zwishen einem Privatbetriebe und einem öffentlichen Betriebe unmöglich ist. - An die Eisenbahn werden alle Anforderungen einer Staatsver- waltung gestellt; das zeigt sih in der Praxis jeden Tag. Eben haben Sie den Antrag gestellt, soviel ih vernommen habe, daß die Freifahrt für die Abgeordneten auf den gangen Bereich der künftigen Neichs- eisenbahnen ausgedehnt werden soll. Ein Privatunternehmen würde das glatt ablehnen und sagen: das ist niht eine Sache, die ih zu übernehmen habe. An ein Staats- oder Reichsunternehmen können derartige Anforderungen gestellt werden. Als die Demobilisierung vor sich ging, wurde die Staatseisenbahnverwaltung veranlaßt, Hunderttausende von Menschen aufzunehmen, obgleich sie sie nicht unbedingt brauchte, nur um die Demobilisierung zu erleihtera. An ein Privatunternehmen würde man eine derartige Anforderung nit stellen können, wenigstens nit in dem Maße. Man muß bei Staats- und öffentlihen Betrieben immer in Rücksicht ziehen, daß sie andere Aufgabén haben, als die rein privatwirtschaftlichen, daß insbesondere die Eisenbahnen niemals rein privatwirtschaftlihe Unternehmungen werden dürfen, daß bei ihnen das öffentlihe Interesse der Bedienung des Verkehrs den finanziellen Interessen vorangestellt werden muß. (Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, aber von welchen Gesichtspunkten aus

em Friedensvertrage vorgesehenen Abstimmungen für einzelne Reichsbeile einen besonderen Wahltag bestimmen.

eine Verwaltung geführt wire, das entscheidet sih in erster Linie dur

, die Organisation, Sie haben heute verschiedentlich gehört, es

L G S E S E R S A V M C D P É E E M A M t d L tat

fei ein Mangel dieses Ihnen vorgelegten Vertrages, baß über die fünftige Organisation so wenig darin enthalten sei, Jh habe mih aber mit voller Absicht von Anfang an dagegen gewehrt, daß die Richt. linien der künftigen Organisation in diesen Vertrag hineingeschrieben werden, weil ich vorausseßte, daß es verhängnisvoll werden fönne, wenn man eine solche Transaktion wie diejenige tes Uebergangs der Eisenbahnen auf das Reih mit einer Umorganisierung zusammenfallen läßt. Jch bin mit den Erfahrungen, die wir bisher gemaht haben, nur dahin gelommen, diesen Standpunkt noch verschärft zu vertreten, Man hat ja in anderen Verwaltungen versucht, den. Uebergang auf das Reich mit einer Umorganisierung zu verknüpfen. Die finanziellen Folgen, die dabei hervorgetreten sind, sind meines Erachtens cine durchaus zutreffente Begründung meines Standpunktes, daß man die Organisation in ruhigeren Zeiten und mit großem Vorbedaht vorzu- nehmen hat. Die gegenwärtige Staatseisenbahnorganisation stammt aus dem Jahre 1895, hat sich also eine außergewöhnlih lange Zeit beroährt. Man kann ihr nachrühmen, daß sie vom Standpunkt des Verwaltungsbeamten aus ein ganz hervorragendes Werk gewesen ist, das auch noch den Krieg mit einigen Veränderungen durhgehalten hat, das also in vieler Hinsicht durhaus mustergültig war. Nah meinem Dafürhalten liegt der Fehler ter gegenwärtigen Organisation darin, daß sie rein vom Verwaltungssbandpunkt aus gemacht ist (Sehr ri tig!), daß sie diesen Ständpunkt zwar sehr korrekt, sehr richtig und \ccharfsinnig vertritt. daß aber wirtschaftliche und technishe Gesichts punkte in der Tat etwas in den Hintergrund getreten sind. Jch habe diese Erfahrung zunächst bei der Organisierung der Werkstätten ge« mat, als ih versuhte, mir nun als wirtschaftlih denkenden Menschen ein Bild zu machen: wie avbeitet diese Werkstätte im Verhältnis zu jener Werkstätte, was kostet eine Lokomotivreparatur in dieser Werk- stätte und dieselbe Reparatur in einer andeven Werkstätte, oder die

nah der bestehenden Venvaltungämaxime diese Unterschiede festzu- seßen. Jch weiß zwar, welche Kosten eine Werkstätte verursacht, Aber ob diese Kosten wirtschaftlih angewandt weten und in richtiger tete nischer Voraussicht, das festzustellen, ist nit möglich. Wenn i den Gedanken nech weiter fortführte, so bin ih auf eine ganze Reihe von Mißständen gestoßen, die mir in der Tat die Uaberzeugung beigebracht haben, daß die Bünftige Organisation der Eisenbahnen den wirtschafb lichen und technishen Gesichtspunkt voranstellen muß, um so mehr, als wir unter gang veränderten Verhältnissen leben. Die Organisation von 1895, meine Damen und Herren, war getragen von dem vollen Vertrauen zu dem Personalkörper, zu dem Beamtenkörper, und sie ging davon aus, daß die Staatseisenbahnen ein gut rentierendes Untere nehmen sind, bei dem es niht darauf ankommt, wie nun im einzelnen die Rente hergestellt wird, sondern nur auf das Schlußergebnis, dah die Nente überhaupt da ist. So konnten die Organisatoren van 18% großgügig arbeiten, indem sie diese Kalkulationen, Kontrollen usw. be seitigten und in der Vereinfahung der Verwaltung bis zum leßten Rost gingen. So können wir z. B. den Verbleib eines Güterwagens, der verschoben wurde das is während des Krieges und später vor- gekommen nit mehr nahweisen, Wir müssen also von der ursprünglichen Vereinfahung wieder zu einem komplizierteren Kon trollsystem übergehen, damit wir jores Gut und jeden Wagen nad weisen können, damit niht unterwegs Unterschleife vorkommen und nichts versckwindet.

Ich bin aber houte auch nit imstande, ehrlih zu sagen, wieviel ein Lokomotivkilometer im Güterzug oder im Personenzug kostet. Dies au berehnen, ist bei der heutigen Verwaltung niht mögli. Jch kann die Arbeit einer Direktion nicht mit der einer anderen in bezug auf Wirtschaftlichkeit vergleichen, Zwar läßt sih betriebli ch feststellen, ob ein Rangiersystém mehr leistet als ein anderes, nit aber wirt- \chaftlidch,

Aus diesem kleinen Beispiel können Sie sehen, daß eine Organi sation zwar verwaltungstechnish ausgezeihnet sein kann, aber wirb schaftlich troßdem Mängel hat, die hervortreten, wenn Veränderungen eintreten wie heute. Gegenwärtig arbeiten wir nicht mit Uebershüssen, sondern mit Fehlbeträgen, und da kommt es sehr darauf an, aus welchen Quellen sie fließen und wie sie sih zusammenseßen; denn nur, wenn ih weiß, wo unwirtschaftlih gearbeitet wird, wenn ih das dur Ver- gleiche feststellen kann, kann ich etwas ändern und an die Stelle del veinen Verwoaltungssystems ein wirtscaftlihes System seßen.

Von diesem Gesichtspunkt aus habe ich bereits Kommissionen eit- gesest, die diese Dinge gründlih durcharbeiten müssen. Dazu gehört

4 ein förmlihes Studium, vor allem, um die wirtshaftlihen Unterlagen

des Betriebes festzustelen. Jch habe eine allgemeine Wirtschafts kommission bestellt, die die Direktionsbezirke bereist hat, um die Wirt schafilikeit überall festzustellen. Mit diesem Material wird in einiger Zeit die Organisation so gestaltet werden können, wie es nötig ist.

: Um das ober zu können, mußte möglihst wenig in den Vertrag hineingeshrieben werden; denn wenn man sich vorzeitig festlegt, ist ed naher nicht mögli, die Organisation so zu gestalten, wie der Tag es erfordert. Heute würden wir übrigens Generaldirektionen, Zentral instanzen gar nit schaffen oder beseitigen können, weil wir feine Bauten errihten, weil wir das Personal nit verseßen Fönnen, und wenn wir eine gute, neue Organisation auf dem Papier hätten, würden wir sie doch niht durchführen können. Also aug bier ist es nötig, ab- zuwarten; die Verhältnisse zwingen dazu.

Die Organisation soll nah rein betrieblich{en und wirt- shaftlichen Gesihtspunkten, nit nah politishen gemadt werden. So steht es im Vertrage. Das ist ein ausreichendes Kriterium für den künftigen Reichsverkehrsminister. Allerdings kommt in diese gerade Linie durch die bayerischen Vorbehalte eine Krümmung hinein. Die Herren haben sih nicht sehr freundlich darüber ausgesprochen, und ih verstehe das, obglei ih etwas decn Verdacht habe, daß preußisde Vorbehalte gerade von der Seite, die sih gegen die bayerishen Vor- behalte ausspricht, ganz gern gewünst würden (sehr richtig! bei den Demokraten); ò. B. ein preußishes Pfandrecht würde ganz at- gebraht sein, während man gegen die bayerischen Vorbehalte als partikulare Schwänzchen eine innerlihe Abneigung empfindet. Meine Herren, ih will ganz offen sagen, ih würde es gewünscht haben, wenn auch diese Vorbehalte“ nibt in dem Vertrage stünden (Rufe rets: Na also!), und wenn man die künftige Organisation in gar keiner Weise gehemmt hätte. Aber so s{limm und gefäl,rlich sind sie nit. Hier kommt in Betracht, daß die ganze Aktion auch ihren weittragenden politisGen Charakter hat und es darauf ankommt, die künftigen Reihs-

(Fortseßung in der Zweiten Beilage.)

Wiederherstellung eines Wagens da oder dort? Es war ‘unmögli,

Zweite Beilage

zum Deutschen Reich3anzeiger und Preußischen Staat8anzeiger.

M S G.

Berlin, Freitag, den 23. April

19260.

(Fortseßung aus der Ersten Beilage.)

eisenbahnen nicht irgendeinem Lande von vornherein mißliebig ersheinen zu lassen, sie ihm sozusagen zu verekeln, sondern die Länder sollen doch an dem künftigen Zustand auch ihre Freude haben. Wenn nun in Bayern etwas anders organisiert wird als in Preußen oder Sachsen, so ist, unter der Voraussebßung, daß die Ansprüche des Verkehrs be- friedigt werden und die Wirtschaftlichkeit gewahrt wird, meines Er- achtens nicht soviel dagegen einzuwenden. Denn nur aus dem Streben heraus, daß alles so einheitlich wie möglih gemacht wird kann man

. die einzelnen Länder nit behandeln. , Man soll und muß ihnen auch

ihr Eigenleben lassen, und ih glaube, es ist aud vom Standpunkt der Reichseisenbahnen aus nur verständig. wenn man dieses Eigen- seben der Länder nicht unterdrückt, sondern es, soweit es berechtigt ift, weiterbestehen läßt. Das trifft aber dann nicht nur auf Bayern zu, sondern selbstverständlih auch auf Preußen. Was Preußen anbelangt, so müssen wir doch den Saß voranstellen, daß der, der sein Eigentum verkauft, nun nit mehr in dem alten Sinne darüber verfügen kann, daß er mit dem Kauf eben auch einen großen Teil feiner Rechte weggegeben hat. Das ist unter allen Um- ständen anzuerkennen, und wenn die Reichseisenbahnen überhaupt funktionieren sollen, so wird ihnen mit Auflagen und Einengungen niht gedient. Auch nach meinem Empfinden gehen die Einengungen, die in den Vorbehalten enthalten sind, schon so weit, daß sie verkehrs- hemmend wirken Fönnen, und sie sollten unter feinen Umständen noch weiter gefördert werden.

Das trifft au für die künftigen Beiräte zu. Die ständige Tariftommission ist me ein beschließendes Organ gewesen. Sie war cine Vertretung vershiedenec Gisenbahndirektionen der verschiedenen Länder zur Vorbereitung der Tarifentsheidungen. Die Entscheidungen selbst aber lagen nie in der ständigen Tarifkommission und lagen auch aie in dem Landeseisenbahnrat, sondern das waren nur begutachtende Behörden. Nun steht in Artikel 93 der Reichsverfassung, daß bei den tünftigen Neichseisenbahnen Beiräte zu errichten sind, Damit ist ausgesprochen, daß die Zusammenseßung der Beiräte eine Angelegenheit der Neichsgeseßgebung ist. Es war niht möglich, über die Zusammen- seßung im einzelnen durch den Vertrag zu befinden, aber ih bin durch- auê der Meinung, daß die Beiräte künftig eine erhöhte Bedeutung géroinnen werden, daß ihre Bedeutung gegenüLer den alten Landes eisenbahnräten nit geringer, sondern größer sein wird, weil sie nur einer einzigen Verwaltung, der Reichseisenbahnverwaltung gegenüber- stehen, und weil sie das begutahtende Organ für die Reichseisenbahn- verwaltung sein müssen, weil sie alle die vershiedenartigen wirtshaft- lichen Interessen des ganzen Reichs an die Zentralstellen zu bringen haben, Ihre Zusammenseßung wird zweifellos von erheblicher Be- deutung sein. Jch habe shon im Frühjahr v. J. eine Prüfung darüber veranlaßt, wie die Eisenbahnbeiräte durh Aufnahme der Ver- braucherkreise erweitert werden könnten, und dabei ist es ganz selbst- verständlich, daß auch die Vertreter der Angestellten, der Arbeiter usw., also die Vertreter der ausgesprochenen Konsumentenkreise mit in die Beirâte hineinkommen, selbstverständlih aber auch die großen Kreise des wirtschaftlichen Lebens, auf die die Eisenbahn ja in erster Linie angewiesen ist. Denn ohne die Schwerindustrie, ohne eine leistungs- fähige Eisenindustrie, ohne einen flotien Kohlenverkehr usw. können Eisenbahnen auf die Dauer nicht existiecen, sie brauchen diese Vittel zu ihrer Subventionierung. Mit Rü(fsicht auf die bereits am 1, 4. 20 nit erst 21 erfolgende Uebertragung der Staatsbahnen auf das Reich konnte die Prüfung in meinem Ministerium niht zu Ende geführt werden. Meine Herren, ih bin überzeugt, daß der fÜünftig hierfür zuständige Reichsrat bei der Zusammenseßung der künftigen Beiräte alle diese Interessen berüdsihtigen wird, weil das in der Natur de: Dinge liegt, und halte nicht dafür, daß da noch be- sondere Anträge anzunehmen wäten. Jh möchte aber do darauf hin- weisen: wenn in dem Antrag Nr. 218 gesagt wird, daß die Beiräte nah der Kilometerlänge der bisherigen Cisenbahnen zusammengeseßt werden sollen, so fürchte ih allerdings, daß weder der Reichsverkehrs- minister noch der Reichsrat einen solhen Anspruch anerkennen werden, Wir haben uns do zu vergegenwärtigen, daß die Kilometerlänge der jeßigen preußischen Landeseisenbahn sich niht nur auf Preußen bezieht, sondern auh auf die umliegenden thüringishen Staaten, Braun- \hweig, Bremen, Hamburg, Lübeck usw., und daß Preußen nicht dauernd verlangen kann, daß ihm die Kilometerlängen, die es einmal besessen hat, für die Abstimmung in einem Beirat zugemessen werden. Es würden also hier nur die Kilometerlängen in Betracht fommen können, die sih auf Preußen selbst beziehen, wobei ih persénlich, wenn man einen Maßstab nehmen soll, lieber die Lokomotivkilometer oder Tonnenkilometer nehmen würde, weil sie für Preußen mit seinem starken wirtschaftlichen Verkehr ein besseres Bild geben. Aber ich glaube, man soll sich über die künftige Zusammenseßung der Beiräte hier niht lange unterhalten, sondern es wird in der Tat eine Aufgabe der Reichsregierung sein, das entsprechend zu gestalten.

Ih habe mich auch dagegen gewehrt, daß man bei den Liefe- rungen besondere ins einzelne gehende Bestimmungen in den Ver- trag hineinseßt, weil jedes Land natürli solhe Bestimmungen zu- unsten seines Handwerks und seiner Industrie verlangen würde. Wenn das nun alles subtil im Vertrage bemessen ist, wie soll sih denn das in der Wirklichkeit gestalten? Und wird die viel leistungsfähigere Industrie des eigenen Landes nicht vielleicht dadur geschädigt, daß die minderleistungsfähige Industrie eines anderen Landes derartige ver- briefte Rechte in dem Vertrag erhalten hat? Jh glaube, daß, nah den preußischen Verhältnissen bemessen, es rihtig war, weitergehende Bestimmungen nicht in den Vertrag hineinzunehmen, als in bezug auf die Lieferungen enthalten sind. Eine jede derartige Festlegung kann eine außerordentliche Fessel bedeuten und sehr s{chwer mit den wirtshaftlihen Aufgaben der Eisenbahnen in Konflikt geraten,

Wenn der Ausdruck Autonomie der Eisenbahnen wiederholt gebraucht und gesagt worden ist, es sei bedauerlich, daß auch darüber nichts im einzelnen im Vertrage stehe, so habe ih mi

imm dieser Hinsicht allerdings bemüht, die sogenannte Autonomie mög- list scharf umrissen in den Vertrag hineingubringen. Es ist nicht

gelungen, wohl aus dem Gesihtépunkt, meine Damen und Herren, daß die ganze Frage des eigenen Wirtschaftslebens der Eisenbahnen noch nit genügend geflärt ift, und diese Frage eigentlich niht zwischen den Ländern mit Eisenbahnbesiß und dem Reichsverkehrsminister besteht, sondern zwischen dem künftigen Reichsverkehrsminister und dem Reicbstag. Es ist im wesentlichen eine konstitutionelle Frage; es ist die Frage, wie weit der Reichstag bereit ist, auf sein Mitwirkungs- vecht bei Festsetzung des künftigen Eisenbahnetats zu verzichten. Danach wird sich die Autonomie der Eisenbahnen regeln. Es unterliegt gar feinem Zweifel und die Eisenbahnvenvaltungen haben es durchaus zum Ausdru gebraht —, daß vom Verkehrästandpunkt aus die Autonomie dringend gewüns{t wird troß der Einengungen und Beschwerden für die Verwaltungen, obgleih die Verwaltungen sich dann bemühen müssen, sich ihren Etat selbst auszubalancieren und nicht darauf rechnen können, baß die Steuerkraft der Bürger herangezogen wird, um Fehlbeträge der Eisenbahnen zu deken. Es liegt darin ein großer Druck, dem Rechnung getragen werden muß, auch gegen über- mäßige finanzielle Anforderungen. Eine derartige automatische Schranke ist unter Umständen außerordentlih nüßlich und kann dazu führen, daß in verstärktem Maße darauf gewirkt wird, die Wirtschaft- lichkeit der Eisenbahnen wieder herzustellen.

Also diese Frage ist noch nit gelöst, ihre Lösung ist nur hinaus- geshoben; aber es is niht etwa gesagt, daß, weil hierüber Bestimmungen im Vertrage nit enthalten sind, diese Autonomie nicht fommen wird; denn embryonal ist sie in der Reichsverfassung enthalten. Die Reichsverfassung sagt, daß die Eisenbahnen als selbständiges wirt- \haftli®es Unternehmen zu verwalten sind, der Streit wird nur darauf hinausgehen, wie weit die wirtschaftliche Selbständigkeit zu gehen Hat. Vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus muß aller Nachdruck darauf verwendet werden, diese wirtschaftliche Selbständigkeit durchzuführen und den Reichstag dahin zu bringen, daß er auf sein Mitwirkungsrecht in gewissen Grenzen und unter gewissen Bedingungen verzichtet. Das wird noch einen Kampf geben, der aber aufzunehmen ist. Die Frage Läßt sih auc unter Berücksichtigung der Rechte der Volkêvertretung durhaus lösen. Hiermit hängt ein weiterer Punkt zusammen, der in weiteren Anträgen angeregt worden ist, die Verpfändung. Die Frage tauhte auf, als in der Presse die Nachricht erschien, die Reihs- finanzverwaltung trage sih mit dem Gedanken, die Eisenbahnen, sobald sie in den Besiß des Reiches übergetreten seien, an das Ausland zu verpfänden. Die Meldung war unrichtig; das lag auf der Hand. Die Frage war aber do, ob man niht die Möglichkeit einer derartigen Verpfändung einshränken oder ganz ausschalten müsse.

8 8 des Vertrages macht die Verpfändung abhängig von der Zu- stimmung der Landesregierungen:

Zu einer Veräußerung oder Verpfändung der durch diesen Vertrag erworbenen Eisenbahnen bedarf das Reich der Zustimmung der Landes- vegierungen.

Also § 8 spricht ausdrücklih von den Landesregierungen. Es ist daher nah meinem Dafürhalten nicht so, daß etwa die bayerischen Eisenbahnen nur verpfändet werden können mit Zustimmung Bayerns, sondern es handelt s hier um eine Verpfändbarkeit des gesamten Eisenbahnbesizes. Wenn diese eintreten sollte, müßten sämtliche Landesregierungen, wie es in § 8 steht, zustimmen. Es könnte also nit die Zustimmung einer einzelnen Regierung, etwa der preußischen, für die Verpfändbarkeit des preußishen Nebßes geltend gemacht werden; es kann au niht ein Mehrheitsbes{luß etwa gegen die preußishe Stimme entscheiden.

Dadurch, daß die Landesregierungen zuzustimmen haben, ist meines Erachtens eine außerordentlihe Sicherheit gegeben. Es erscheint über- flüssig, weitere Sicherungen zu schaffen, und sogar s{ädlich, weil die Gisenbahn als selbständiges wirtschaftides Unternehmen voraus\iht- li in Zukunft auch eigene Schuldtitel ausgeben wird. Gibt aber die Eisenbahn derartige Schuldtitel aus, worauf soll sie sie fundieren als auf ihrem Besiß? Und wenn ich nun die Verpfändbarkeit aus\calte, dann sage ih, die Eisenbahn kann zwar ein selbständiges, wirtschaft- liches Unternehmen sein, aber sie ist niht imstande, Schulden zu machen, Kapital aufzunehmen, weil sie ihr Eigentum nicht verpfänden kann. Deshalb möchte ih dringend davor warnen, hier weitere Einengungen vorzunehmen und gar die Abstimmung hinauszuschieben, bis innerhalb der Regierungen und mit dem Reichsverkehrsminister ein Einver-

ständnis über diese Frage hergestellt ist.

Meine Damen und Herren! Das würde bedeuten, daß der Ver- trag zunächst einmal tatsächlich erledigt ist, denn über diese Frage kom- men wir in einigen Wochen nicht hinweg. Inzwischen ‘ist die National- versammlung voraussichtlich beseitigt, man muß die Neuwahlen ab- warten, und tann hat der neue Reichstag wiederum zu dem Vertrag Stellung zu nehmen, nur weil man hier eine Ergänzung für not- wendig hält, die ich nach meiner besten Ueberzeugung für überflüssig, ja direkt für \{ädlich und für ein \{chweres Hemmnis jeder gesunden Entwiklung der Eisenbahnen halten muß. (Sehr richtig! links.) Jch ann nur dringend davor warnen, sih auf diesen Boden zu begeben,

Meine Damen und Herren! Es ist dann über den Kaufpreis gesprochen worden, der vom Reich für die Eisenbahnen zu zahlen ist, ein sehr \{chweres Kapitel von Anfang an. Sie können sih denken, wie viele Vorschläge in der Hinsicht gemacht worden sind, sowohl in bezug auf die Berechnung, wie in bezug auf die Sicherung des Kauf- preises. Das war ja s{liegich der Kardinalpunkt des Gangen, Preußen hat von vornherein keine besonderen Forderungen gestellt, aber den Grundsaß vertreten, daß der Kaufpreis für alle Teilnehmer nah aleihen Grundsäßen zu berechnen ist. Nun hat der Reichsfinanz- minister sehz frübzeitig der württentbergishen Verwaltung in Aussicht gestellt, daß die württembergishen Eisenbahnen auf der Grundlage des Anlagekapitals erworben werden. Die württembergischen Eisenbahnen dählen aber niht zu den bestrentiererden, ihre Rente betrug 2—3, allenfalls 3,6 %, während die preußische Rente entsprehend höher ist, Es wäre eine ausgemahte Ungerechtigkeit, wenn man die shlecht- rentierenden Eisenbahnen nah dem Anlagekapital übernehmen würde und die gutrentierenden ebenfalls, Denn die Länder mit gut rentieren-

Mehreinnahmen \{onen, die sie aus den Eisenbahnen zogen, und um- gekehrt nun die Steuerkraft ihrer Landeseinwohner \chärfer heran, ziehen müßten als die übrigen Länder, um den Unterschied auszugleihen, So ist man zu der jeßt -verwirklihten Grundlage gekommen,

Es sind sehr scharfe Ausdrücke gefallen, man hat von einem „Naubzug der Länder agen das Reich“ gesprohen. Jch darf hier mit gutem Gewissen einen berartigen Ausdruck und den \dweren Vorwurf, der darin liegt, mit aller Entschiedenheit zurückzuweisen. (Sehr gut! links.) -Es kann nich: die Rede davon sein, daß Preußen einen Raubs zug gegen das Reich vorgenommen habe. (Sehr richtig! links.) Das würde ja bedeuten, daß wir an das Reich herangetreien wären und gebeten hätten, uns unsern Eisenbahnbesiß abzunehmen. Das ist aber feineêweas der Fall. Nicht Preußen wollte die Eisenbahnen hergeben, sondern das Reich hatte den Wunsch, die Cisenbahnen zu erhalten (sehr richtig! links), und wenn Preußen seine Eisenbahnen berges geben hat, so gewiß nit aus dem Gesichtspunkt, damit ein Geschäft

* zu machen, sondern aus rein vaterländishen und großen politiscken

Gesichtspunkten (sehr gut! links), um dem Reich zu dienen und hier zu beweisen, daß Preußen niht nur im Wort, sondern in der Tat bereit ist, im Reich aufzugehen,

Wenn man nun sagt: ein Raubzug auf das Reich, so müßte wirk- lih nachgewiesen werden, daß der Preis an sih ein viel zu hoher wäre. Der Preis ist durchaus reell und würde zweifellos aub von anderen Käufern angelegt werten. Die Unterlagen sind gegeben und sind vorhanden. Man läßt sih bei der Beurteilung der Zahlen gu sehr von dèm gegenwärtigen Augenblick leiten, denkt nicht an die Vergangenheit, in der die Eisenbahnen ein gut rentierendes Besißium waren und denkt au nit an die Zukunftsmöglichkeiten, wobei die Eisenbahnen abermals eine gute Rente abwerfen können und voraus- sihtlih auch abwerfen werden. Es ist aber fals, eine derartige Tranéaktion nur aus dem Augenblick heraus zu beurteilen, und dabei hat man tatsä&tlih das beängstigende Gefühl, daß nun der Verkehr dies wieder in den künftigen Tarifen zu tragen hat. Gewiß kann man sagen, daß die Etats der Eisenbahnverwaltungen alle so in ie Höhe gegangen sind ih glaube, der Abgeordnete Garnih hat das jchon ausgeführt —, daß in der Tat die Höhe der Verzinsung heute nit mehr die Rolle spielt, wie früher, daß troß der hohen Summen, dis in Frage kommen, doch dex verhältnismäßige Anteil der Verzinsung und Tilgung an den Auégaben der Eisenbahnen sehr viel kleiner ist, als er früher war.

Außerdem kommt bingu, daß natürlich das Reich gewisse Beträge abzusezen hat, wenn d1e Eisenbahnen ein selbständiges wirtshaftl: hes Unternehmen werden müssen, also die Kriegsfehlbeträqz, dann die Bea träge für die ctgutrecenden Eisenbahnen in den uns weggenommenea Gebieten usw. Dabei darf aber das eine nicht übersehen werden, daß bedrohlier «ls der Kaufpreis, der jeßt für die Eisenbahnen gezah!t wirb, doch die zukünftigen Ausgaben sind, die Ausggben fün Personal, für Materialien usw. Was der Krieg an ten Eisenbahnen devastiert, ruiniert, zugrunde geriiet bat, muß doch wieder hergestellä werden. Diese Kosten für diese Wiederherstellung sind im Verhältnis weitaus größer, als der Kaufpreis, der jeßi für die Eisenbahnen zu entrihten ist. Es wird also notwendig sein, daß man derartige Urteile auf das richtige Maß zurückführt.

Was die Frage der Beamten anbelangt, so beruhen die Be- stimmungen des Vertrages? auf Vereinbarung mit den Organisationen, und es sind au in den bemängelten Punkten wesentli die Wünsche der Organisationen zur Durchführung gebracht. Die preußishe Ver- waltung hatte eine Uebergangszeit von einem Jahre statt der jeßt fest- geschten 3 Monate beantragt. Die 3 Monate sin: mit Zustimmung des Personals hineingekommen, Das Schiedsgericht, im Gegensaß zu dem Rechtsweg, war der ausdrücklihe Wunsch der Personalvertretev, die sagten, bei der Eigenart der Beamtenvevhältnisse, vie hier mit spreden, versprechen wir uns von dem Rechtswege nichts, wir wollen deshalb ein Schiedsgerichi haben, ziehen es unter allen Umständen vor. E3 liegt also keine Veranlassung vor, hiergegen Front zu machen.

Sn dem Antrage Nr. 2885 in Nr. 2 ist die Forderung gestellt, daß sofort nah Inkrafttreten des Staatsvertrags das in § 5 Absaÿ 3 vorgesehene Pfandrecht von Preußen zur Geltung gebraht werden muß. Jch möchte bitten, hierüber niht einen Beschluß zu fassen, sondern e3 der Staat3regierung zu überlassen, ob und wann das Pfandrecht zur Geltung gebraht werden soll. Auch das ist eine Frage außerordentlich delikater Natur, die sehr leiht in shwebende Verhandlungen eingreifen kann. Wenn die Länder mit Eisenbahnbesiß in dem Moment, wo sie den Besiß auf das Reih abgeben, zugleih ein Pfandreht auf die Eisenbahnen eintragen lassen, in dem Sinne, wie es in dem Artrage gesagt wird, daß das also sofort gesehen muß, ein gewisses Rennen nah dem Pfandreht erfelgt, so habe ih die Empfindung, daß wir da- dur den an und für si do sehr stark angezogenen Kredit des Reiches nicht fördern, daß die Gläubiger des Reiches sih sagen müssen: ja, wenn die Linder shon so wenig Zutrauen zum Reiche haben, daß sie sofort nah dem Pfandrecht rufen, wie kann das Reich von Dritten ver- langen, daß ihm Kredit gewährt wird. Da könnten die Kreditver- handlungen mit dem Auslande, die doch von einer großen Bedeutung für den wirtshaftliGen Wiederaufbau des ganzen Deutschen Reiches sind, gestört werden. Deshalb möchte ich bitten, e3 der Staatsregierung zu überlassen, ob und wann sie von einer derartigen Ermächtigung Ge« brauch macht. Jch kann die Empfindung nicht los werden, daß wir mit einem derartigen Beschluß dem Reiche und damit auch Preußen einen sehr üblen Dienst erweeisen, und daß wir die Kreditfähigkeit des Reiches, die zu stärken wir alle Ursache haben, niht heben, sondern schwächen. Jch glaube also, daß durchaus keine besondere Veranlassung vorliegt, einen derartigen Antrag zu stellen. Cine Gefahr, die die Staatsregierung als solche anerkennen würde, ist nit im Verzuge. Deshalb halte ih ein derartiges Vorgehen für durhaus abwegig.

Meine Damen und Herren, da der Vertrag so, wie. er ist, ange- nommen oder abgelehnt werden muß, glaube i, erübrigt es sh, in ver-

den Eisenbahnen verlieren doch außerordentlich viel mehr als die übrigen, weil sie die Steuerkraft ihrer Bevölkerung auf Grund ihrer

schiedene Einzelfragen einzugehen. Jh kann den Herren durhau3 nach« empfinden, wenn sie in dem einen oder anderen Punkte eine anders