1920 / 89 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Apr 1920 18:00:01 GMT) scan diff

hen Demokraten.) Der Fiskus muß diese Sahgüter den deutschen Staatsangehörigen bezahlen. Es will öfters sheinen, als ob für den

Gesichtspunkt in der Welt kein Verständnis vorhanden wäre. (Leb- hafte Zust! mmung.) Er kann dies zurzeit nur mit Hilfe der Noten- presse, und so steigern diese Leistungen unser Valutaelend. Für die Besaßungsarmee haben wir bereits fast 3 Milliarden aufbringen müssen. (Hört, hört!)

Zu diesen Kosten treten die Kosten der zahlreichen Kommissionen der alliierten und assogiierten Mächte hinzu, die durhaus nicht zu untershäßen sind. Jh will Jhnen nur einmal eine kleine Zahl nennen. Jh made nur darauf aufmerksam, daß z. B. ein Oberst der feindlihen Mächte zurzeit, in Mark ausgedrückt, monatlich 10 000 Maik bekommt (Bewegung), ein einfaher Soldat monatlich 2000 M. (Lebhafte Nufe: Hört, hört!) Die Herren rufen: hört, hört! Sie können sih denken, welhe Wirkung das auf unser beseßtes Gebiet, auf die Beamten und Angestellten, deren Gebrauhsgüter von den feindlichen Besaßungsarmeen aufgekauft werden, und welche Wirkung es auf die deutshe Volkswirtschaft als Ganzes auslöst! (Allseitige Zustimmung.)

Für die Ordnung unserer Finangwirtschaft ist es unbedingt not- wendig, daß wir in absebbarer Zeit wissen, mit welchen bestimmten Leistungen wir auf Grund des Friedensvertrages zu rechnen haben. Jch kann es vom deutsden Standpunkt aus nur begrüßen, wenn jeßt Hei den leitenden Staatsmännern der Gegner immer mehr tie Auf- fassung Plaß zu gewinnen \cheiat, daß es im beiderseitigen Interesse iegt, die Deutschland obliegenden Leistungen alsbald bestimmt zu be- grenzgen. Die Feststellung einer bestimmten Entschädigungssumme wird aber erst erfolgen können, wenn unseverseits unsere finangielle und wirtshafblice Lage genau dargestellt ist. Diese Arbeit i} in vollem Gange; sie ist dem Abschlusse nahe. Eine solhe Darlogung an unsere Feinde soll binnen furzem erfolgen. Die Antwortnote der Entente vom 16, Juni 1919, die hierfür eine viermonatlihe Frist pörsteht, und zwar vom Tage der Ratifikation an, wie später fest- gestellt; worden is, wird uns eine Veranlassung dazu geben. (Sehr gut) "Der Stichtag ist bekanntlih der 10. Mai. Wir stehen also n ‘dor dem Abschluß dieser großen Schiksalsfrage für das deutsche Volt.

Nun aber fragt es \ch, was mit den Feblbebrägen werden soll, die ich Jhnen hon wieterholt nannte, die nun zu unserm Haushalt hinzu- treien, mit den Fehlbeträgen der Post und der Eisenbahn. Erlauben

Sie mir darüber auch einige Worte, ohne daß irgend jemand darüber |!

einen beißen oder gar einen roten Kopf zu bekommen hätte.

Die Post rechnet troy Erhöhung der Tarife mit einem Fehlbeirag bon mindestens einer Milliarde Mark. (Hört, hört! im Zentrum.) Dic Eisenbahn rehnet uns gar vor, daß im Jahre 1920 ein Fehl- beirag von 12 Milliarden, Mark zu envarten sei. (Erneute Rufe: Hört, hört!) Meine Damen und Herren, mit solchen Ziffern kann man auf die Dauer nicht wirtschaflen! (Lebhafte Zustimmung.)

Es i} an mich \chon die Frage herangetreten, ob ich nicht Ver- arllassung nehmen sollte, in aller Oeffentlichkeit auf die Großen Kon- sequenzen dieser Fehlbeiräge einzugehen. Jch habo es im Haushalts- aus\uß getan, und ih tue es auch hier. Jch will für alle, die guten

Willens sind, hier offen sagen: man mag sich zum Sogialisierungs- |

weite dieser Entwicklung unterhalten, daß wir uns gegenseitig endliGh der Tats ae aus, darauf bauen wir die nohwendige Einsicht auf, um Klarheit einshenken. Denn der shrecklihste der Schrecken wäre niht dieses große Werk der Rettung unseres Vaterlandes durhführen zu können. eiwa eine Art Kapitalisierung im s{limmsten Sinne des Wortes | der Eisenbahn und Post dur inneres Kapital, sondern der shreckliste | verbunden. Die Privatwirtshaft muß den größten Teil ihreë ganzen

der Schrecken, wenn wir niht weiterkommen würden, wäre die Ver- | Besibßtums verlieren, wenn der Staat Zankerott macht. pfändung dieser großen Verwaltungen eiwa an ausländüishes Kapital.

(Sehr wahr! rechts, im Zentrum und bei den Deutshen Demokraten.) Das muß unter allen Umständen verhütet werden, wenn wir nit

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Staatswirtschaft und Privatwirtschaft sind jest unlösbar mit einander

Umgekehrt ist die Staatswirtschaft auch darauf angewiesen, einen schr großen Teil des Privateinkommens in Form von Steuern an sich zu ziehen. Hatte früher das Volk etwa den zehnten Teil des Einkommens an Steuern zu ent«

fremde Sklavenketten eines Weltkapitalismus auf uns laden wollen. | richten, so wird in Zukunft wohl der vierte, wenn nit etwa der dritte

(Sehr richtig! rechts und im Zentrum.)

j Nun dürfen wir die zwei Momente, von denen ih sprechen wollte, niht vergessen.

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Teil: des ganzen Einkommens an die öffentlihen Körperschaften abge geben werden müssen. Man muß sich von dem Ungeheuerlichen, das in

Durch die Wirkungen des Krieges und des | diesen wenigen Zahlen liegt, einmal in einer ruhigen Stunde ein Bild

Waffenstillstandes sowie durch die gewaltige Teuerung der Gegen- | Machen. Dabei ist naturgemäß bereits von einem nominell wesentli wart sind die Eisenbahnen natürlich in größte Mitleidenshaft gezogen. | höheren Einkommen ausgegangen. Diese Steuerbelastung würde als

Durch die Abnußung im Kriege, durch die Äufschiebung von nötigen |

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Neparaturen, besonders durch das Hindenburgprogramm sind die | N L : z ; Hs A Eisenbahnen ungeheuer abgenußzt worden. Es wurde Raubbau mit | Aber weil ein sehr großer Teil des Gesamieinkommens über den öffent-

Menschen getrieben. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Dazu fam der Verlust an rollendem Material durch den Waffenstillstand, | der zu weiterem Raubbau an dem noch vorhandenen Material drängte. Wenn nun Milliarden von Ausgaben, die normalenveise für die Ne- paraturen gemaht werden müssen, jeßt kumulativ zusammenkommen, so erklärt sich daraus die Not der Eisenbahnen, und das um so mehr, als die Reparaturen der Eisenbahnen ein Vielfahes mehr kosten, als sie sonst gekostet hätten.

Ein anderes Moment ist die Steigerung für die Perfonal- unkosten. Jch bin gewiß der lebte, der sih gegen soziale Notwendig- keiten stemmt. Aber die Eisenbahner dürfen nicht vergessen, daß das

Sparsamkeit zurechtkommen können, daß eine Angleihung zwischen Neall- und Nominaleinkommen erst gefunden werden kann, wenn wir wieder genügend produzieren; das muß unserm ganzen Volke endlich klar werden. Verminderung der volkäwirtschaftlichen Produktion und gleihgeitige Steigerung des realen Einkommens sind innerliche Gegensäße. (Sehr richtig!) Wenn die Eisenbahn es so machen Ffönnte wie die Jndustrie und ihre Preise auf das Zehnfache und auf noch mehr seßen könnte, würde sie sh natürlih au rentieren. Aber was würde dann aus unserer Vo!kswirtshaft? Und weiter! Müßte nicht eine so gewaltige Verkehrseinshränkung erfolgen, daß eine außer- ordentllih große Zahl des vorhandenen Personals überflüssig würde? Man muß sich klar sein, daß, wenn die Entwicklung niht andere Bahnen einshlägt, der Soß wahr wird, daß der Verkehr si selber aufißt. Betrachten Sie die Budgets der Straßenbahnen in den Städten, betraten Sie die Budgets der Kleinbahnen! Man kann niht ins Grenzenlofe ih erinnere nur an die Erhöhung der Personentarife weitergehen. Die Einnahmen nehmen dann nit zu, sondern sie nehmen von einer gewissen Grenze an ab. (Hört! hört!)

die Erscheinung tritt. Die Ctatsziffern lehren uns vor allen Dingen eins, daß wir zur Gesundung unter allen Umständen die innere Verbindung der

Finanzpolitik mit der Wirischaftspolitik nötig haben. (Sehr richtig!)

gedanken und zur Jdee der Gemeinwirtschaft stellen, wie man will, | Wir können das wirtschaftlihe Geschchen nit einfa si selbst überlassen, das freie Spiel der Kräfte ist eine Phrase! Wir müssen |

eine Serstörung der Idee wäre schon gegeben, wenn es uns nicht glückt, j

în verhältnismäßig kurger Zeit ich werde das näher begrünten mit den großen Feblbeträgen in diesen eminent sozialisierten Betrieben aufzuräumen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten und im Zentrum.)

Es wird sehr zu überlegen sein, wie man diese sür unsere Reichs- Finanzen zweifellos sehr unangenehme Situation beseitigen kann. Der Grundsaß muß wohl der sein und ih bin der Auffassung, daß diesem Grundsaß von allen Seiten zugestimmt werten sollte —: derartige Betriebe müssen si aus sih selbst erhalten (erneute Zustimmung), und wenn sie noch \o sehr im öffentlichen FJnteresso gelegen sind. Wir Fönnen nit aus Steuermitteln das Verkehräwesen unterhalten.

Es wird sich fragen, wie die betreffenden Fehlbeträge zu behandeln sein werden, Von diesem gewaltigen Defizit bei den Verklehrsanstalten hängt es ab, wie si {ließli der außerordentlide Etat des Neiches gestalten wird. Die Betrieb®erwaltungen wird man loslösen müssen bon der allgemeinen Venvaltung des Reiches, weil sonst ein Mammut- etat herausfommen wmürde.

I& gehe aber noch cinen Schritt weiter und sage: Von der Aus- gestallung der Betriebsverwaltungen der Post und Eisenbahn wird unser finanzielles Schicksal überhaupt abhängen. "(Sehr richtig! im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten.) Die schwierige Lage der Eisenbahnen erblärt sich gewiß aus manhen Momenien. Jh will nur zwei hervorheben, und ich will, ehe ih sie hervorhebe, noch eine be- sondere Bemerkung einfließen lassen. Meine Damen und Herren, mit irgendwelchem Schimpfen und Kritisieren* der Gisenbahnarbeiter- schaft und der Beamtenschaft gegenüber ist gar nihts gewonnen. Jch mache darauf aufmerksam, ©s ist gewiß betrüblih, was an Kund- gebungen in den lehten Tagen an uns herangekommen is. Die Drohung mit dem Generalstreik (hört, hört! im Zentrum) in dem Augenblick, wo die Nationalversammlung bereits die Frage der Zu- schläge zu den Löhnen geregelt hatte, war mehr als ein politischer | Unfug (sehr wahr!), das war eine Verirrung allers{limmster Art. (Zurufe rechts.) Ich habe Jhren Zwischenruf nicht verstanden! Sch mache Sie aber noch auf eins aufmerksam: Gerade die Eisenbahn-, arbeitershaft war in vielen deutshen Landen ih nehme auch mein

Heimatland Baden nicht aus jene Gruppe der Arbeiter, die in der Organisation am wenigsten weit fortgeschritten waren (sehr ritig! | bei den Mehrheitsparteien) und auf denen der unglüdlichste Druck

von oben gelastet hat. (Erneute lebhafte Zustimmung.) Jahnzehnte- | lang hat man sie nie beigezogen, jahrzehntelang ih habe das gehört | von einer der großen Verwaltungen hat man sih geweigert, mit den Verbänden überhaupt in Verhandlungen einzutreten. (Hört, hört! bei den Mehrheitsparteien.) Da war der Tag der goldenen Freiheit vatürlih außerordentlich | verlockend, und ich habe in Frankfurt aus einer Rede von einem eiwas wild gewordenen Eisenbahner gelesen, daß die Revolution bei der Eisenbahn eigentlich in Permanenz erklärt werden müsse. (Hört, hört! und Heiterkeit.) Das kann es natürlich nicht geben. Jch habe in den lehten Tagen den großen Organisationen mitteilen lassen, daß ih mi sehr freue, wenn gerade von dieser Seite aus cinmal im Finanzministerium vorgesprohen wird, damit wir in gemeinsamer Arbeit mit den Organisationen dieser großen Betrieb3- verwaltungen, Post und Eisenbahnen, uns über die finanzielle Trag-

uns fragen, ob das ständige Schwanken unseres Geldwertes nicht von

den verhängnisvollsten Folgen für unsere staatlichen Finanzen werden | Wf früher veranlagten aufbauen. | M0 Des N zwischen den einzelnen Steuern machen es viel leiter mögli, bat- sächlich Siteuerhimterziehungen auf die Spur zu kommen, als das bisher der Fall gewesen. fst.

sel. Bis vor kurzem hat jeder Mensch die Frage gestellt: wie bessern wir unsere Valuta? Und nun beachten Sie eins! Jeßt, wo eine Besserung der Valuta einzuseßen begann, klagte bereits das Geportgewerbe übr die Folgen der Besserung unserer Valuta. (Hört! hört!) Und doch ist es viel richtiger, daß wir uns stabilen Verhältnissen in unserem Geldwerte, in unseren Preis und Einkommensverhält- nissen zu nähern versuchen, Hier liegen nun die Berührungspunkte zwischen Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik. Steuerpolitik allein schafft es niht. (Sehr richtig) Wenn wir nicht eine großzügige Finanzpolitik mit einer ebenso großzügigen Wirtschaftspolitik vec- einigen (sehr wahr!), werden wir noch jahrelang mit den Schwierig- \

dem Verkehrêwesen getrieben, und es wurde auch Raubbau mit den |

Volk ungeheuer viel ärmer geworden ist und d j +8 geworden ist und daß wir nur mit äußerster | e i L E L E

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Im übrigen muß man sich stets vergegenwärtigen, daß die im Kriege | angestaute Not des Verbehrs nun plößlih in ihrer ganzen Größe in | 110, s PODG in Wrer, ganzes Größe Ku | hien vi Wiobor vitbigete Mibaols, uit V VLILITAG: bés

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keiten zu kämpfen haben.

Zusammenfassend möchte 1ch Jhre Aufmerksamkeit noch einmal | auf die Größe der Gesamtsumme des neuen Haushalts hinlenken. | Allein der ordentlihe Haushalt weist einen Bedarf von fast 28 Mil- liarden auf. Jch wiedexhole das Wort: 28 Milliarden im ordent- lihen Etat! Und dabei sind darin die Bedarfsziffern der Länder und Gemeinden noch nit enthalten, und außerdem kommt noch der außer- | ordentliche Bedarf hinzu, der hauptsählich mit Rücksiht auf den Friedensvertrag nötig wird. Ob aun auch jenen endlich, die da meinen, die goldene Zeit von gestern könne bald wiederkehren, aus diesen Zahlen ein Licht aufzugehen beginnt? So karg die Sprache dieser Ziffern ist, so wuchtig ist sie. Jn diesen Zahlen kommt zum Aus- druck, was der Krieg uns polkswirtschaftlih geschadet hat, welche Wunden er uns geschlagen hat. Darin kommt aber auch zum Aus drudk, daß die ganzen Grundlagen unserer Wirtschaft sih vershoben haben. Die Bedeutung der Ziffern wird man am ersten erkennen, | wenn man sih vergegenwärtigt, daß das gesamte Nationaleinkommen |! des deutshen Volkes vor dem Kriege auf 43 Milliarden geschäßt wurde, eine Summe, die mt viel hinter der zurückbleibt, die jeßt durch die Haushaltsmaschinerie des Reichs hindurhgetrieben wird. Ih sage mit Absicht: hindurhgetrieben. Naturgemäß kommt die Entwertung des Geldes mildernd in Betracht. Aber die Tatsache, daß das Reich einen ordentlichen Etat hat, der mehr als halb so groß ist wie das gesamte Einkommen des ganzen 68-Millionenvolkes vor dem Kriege, beleuchtet grell den grundstürzenden Wandel der | Dinge. Es is} eine gewisse Sozialisierung eingetreten {on lange, | bevor das Wort überhaupt gebrauht worden ist. Die gesamte Wirt- schaft hat eine Ausweitung erfahren, wie sich niemand vor dem Kriege hat träumen lassen. Wie eine gewaltige Ironie der Geschichte ist es, daß an dieser Förderung des Staatssozialiómus wenn ih dieses Wort gebrauchen will die größten Annexionisten beteiligt waren, die im Kriege das Wort geführt haben. Denn nur dadur, daß der Krieg so lange geführt wurde, nur dadur, daß er bis zum Zu- sammenbruch unserer gesamten Kraft hinausgezögert wurde, sind die finanziellen Folgewirkungen so fabelhaft groß geworden. (Sehr richtig! links.)

Diese finanziellen Folgewirkungen bedeuten das engste Verstriken | der Privatwirtshaft und der Staatswirtshaft, und es hilft nichts, meine | Damen und Herren, vor dieser Verstrickung der Staatswirtschaft mit | der Privatwirtschaft die Augen verschließen zu wollen. Wir gehen von d

unerträglich anzusehen sein, wenn die Summen nicht wieder in der Volké- wirtschaft kreisten und so wirtschaftlih verarbeitet werden könnten.

lichen Haushalt geleitet werden muß, ist ein gerehter Aufbau des ganzen Steuersystems die Urvorausseßung für eine tragfähige Reform. Bei dieser Finanzreform stand die Frage zur Entscheidung, ob der Kapitalismus bis ins Extreme gefördert werden sollte, oder ob wir zu einer gesunden Verteilung des Volkswohlstandes kommen sollen, Wie die sung durch die Neform angestrebt und angebahnt wird, habe ih bereits auseinandergeseßt.

Gs genügt aber nicht, meine Damen und Herren, daß die direkten Steuergeseße gedacht sind, es ist auch notwendig, daß sie möglist glei mäßig und gerecht ausgeführt werden. Da komme ih auf den springenden

| Punkt der Arbeiten der leßten Monate und Jahre. Das ist eine sehr

schwere Aufgabe. Die Agitation, die vielfa gegen einzelne Steuergeseße wie gegen die gange Aufmachung der bisherigen Steuerreform getrieben

Steuerfreudigkeit der Bevölkerung zu heben. (Sehr richtig) Bei uns in Deutschland ist man noch nicht an die Zahlung von großen direkten Steuern gewöhnt. Deêwegen sind die Versuchungen zur Steuerhinter- ziahung zroeifellos ziemli lebhaft und zahlreih. (Sehr lebhaft! links.) Sh möchte aber mit aller Entschietenheit erklären, daß wir die bisher getätigten Steuergesepze mit aller Energie, soweit es an unserem Amte liegt, zur Durhfühvung bringen werden, Fch möchte zugleich auch alle jene wavnen, welche glauben sollten, sie fönnten in ähnliher Weise, wie es besonders während des Krieges der Fall gewesen ist, den Staat in seinen Forderungen dur Steuerhinter« ziehungen oder Steuerumngehumgen verkürzen, Es besteht die Gefahr, baß manche Leute meinen, se lönnten es so halten, wie sie es währen des Krieges gehalten haben. Während des Krieges wunde gegen die SteuererÜlärungen vonfeiten der Behörden leider nur sehr selten eine Erinnerung vorgebracht, weil es an den dazu nötigen Beamten einfa fehlte; man hatte zu wenig Zeit und Vieß deshalb im all- gemeinen die SibeuererWlärung unbeansbandet. Jeßt ust es anders oder mod besser gesagt jeßt sollte es anders san, Wenn auch im Augenblick die Arbeit ungeheuer groß ist, die geleistet werden muß

Steuererklävung kann sih uf längeve Zeit erstreten. Wenn jemand au nicht gleich eime Beansbandung feimer Steuererklärung durch das Finangamt erhält, so braucht er deswegen noch lenge nicht zu glauben, daß nun eine Steuerdefvaudation micht mehr enideckt wird. Die Stewer- erflärungen fönnen auch später noh nadgeprüft werden. Dagu bietet sich vielfach mit Nüfsicht auf andeve direkte Steuern Gelegenheit, die Gerade diese Zusammenhänge

Außerdem haben wir und dowan feien im lehben Augenblick

die verste{ben Steuersinder aller Kinder, Städte und Gemeinden noi erinnert ganz andere Mittell an der Hand, um die Steuererllärung auch wirflich nachzuprüfen und die Wahrheit zu erforschen, ganz andere Muttel, alls dies bisher der Fiall gewesen ist. Man denke nur an die vielen ontsprodhenden Bestimmungen der Reichéabgabenordonung. Genau so, wie man beschlossen hat, jedem abgehenden Schüler eine Verfassung in die Hände zu geben, sollte man jedem Siteuerzahler bei der ersbon Veranlagung die Neich8abgabenordnung in die Hand brücken, (Sehr

gut! wud Heiterkeit.) Die Lektüre der Retchécbgabenordnung empfehle ih jedem, der von einer Versuchung zur Steuerhimterziehung geplagd wir. Gr soll sich da eimmal die Paragraphen genau ansehen, die der Steuerbehörde die Mittel zur Erforschung des Talbestandes geben; er soll weiter ein bißhen umWllättern und auch das SleuerstrafreHt einmal genau durdllesen; und enèlich soll er aud noh um au eimn milden Ton in dieses Sahgefüge bimeinzubrimgen das Ges: über die Siteuernacksiht auf seimen Inbalt hin eiwmal genau studieren, Gerade das Geseh über die Steuernacbsicht bietet einerseits noch einmÆ

die Möglichkeit,

daß alte Steuersünden wieder autgemadt werden

FPönnen, andererseits aber bedroHt es das trokdem not hinter:ogene Vers mögen mit dem divefiten Verfall an das Reich. Auch die Bestimmung, daß mit anderen Staaten Verträge bezüglich des Hinterzogenen Ver-

mögens geschlossen werden können,

sollte nicht außer aht gelssen

werden.

Ich will keine veratorische Dur&fülbrung der Steuergesetze, ber

eine chvside Erfüllung der Pflicht. Jeder Steuerzalller soll si sigen, daß es keinem Finanzminister Spaß mat und Stoß maden kann, diese oder jone Steuer aufzuerlegen. Es handelt #ch eben bier um unumgängsliche Staatsnotwendiakiten, von deren Erfüllung ub das

| Wohl jedes einzelnen Bürgers mit abhängt. Wenn der Geist des

Sollidari#mus wieder in unserem Volke wah wird, der Geist, der uns

! in der ersten Hälfte des Krieges shar? gemacht hat, wenn diefer selbe

Geist wieder den unseligen Wuckersinn und die verderblide Mammons- gesinnung verdrängt, dann wird sid aub die Steuermoral so beben, daß die harten und \{ckarfen Strafbestimmungen unseras jebigen Steuer ves nit oder nur selten in Wirfsamkeit zu treten brauden. Fh nehme an, daß die soeben etwas in Erscheinung getretene Unvuhe nicht eiwa innerer Unruhe entspricht. (Heiterkeit wnd Zurufe.)

Ich schließe aber dieses Kapitel mit einer aud für Sie wih-

tigen Bemerkung, und ih möhte Sie herzlih und dringend bitten, die folgenden Säße hinauszutragen in Jhre Wahlkreise: die sämt- lichen Finanzbeamten des Reichs fordere ich auf, daß sie mit aller Energie und Gewissenhaftigkeit die Veranlagung zu den direkten

Steuern vornehmen.

Ausführung gebracht werden. a

Auch Geseße müssen durch Menschenhand zur (Sehr riGtig!) Es wird ih ja bald n der Hand der Ergebnisse der einzelnen Landesteile und Bezirke

(Fortsepung in der Zweiten Beilage.)

Deutschen Neich8anzeiger und Preußischen Staatsauzeiger.

zum ¿ D,

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Zweite Beilage

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Berlin Dienstag, den 27. April

L920,

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IBEEN Ei E i H U E" e —— Es

(Fortsezung aus der Ersten Beilage.)

zeigen, wo die Veranlagung gut und wo sie s{lecht gewesen ist. Der Finanzmimster wird dann daraus seine Konsequenz zu ziehen haben und unbrauchbare oder unsähige Elemente aus der Finanz- verwaltung entfernen. Ein Beamter, der in der Steuerveranlagung tätig gewesen ist und hier lässig vorgehen würde, kann das Vater- land ungeheuer schädigen (Zustimmung); er wird aber auch mit- helfen an der Schädigung der übrigen Bevölkerung, der ehrlichen Steuerzabler. (Lebhafte Zustimmung.) Es wird von dem Finanz- beamten gegenwärtig ein hohes Maß von Arbeit und ein starkes sitt- lihes Wollen verlangt; nur dann wird er seiner Pflicht nahkommen fónnen. Haben wir aber einen solchen integren Beamtenstand, dann bin ih überzeugt, daß die jeßigen Finanzgeseße auch wirklich großen Segen bringen.

Wenn nun in der Presse in einzelnen Artikeln von der ungeheuren Bestehlihkeit der Zollbeamten, der Finanzbeamten usw. die Rede gewesen is i erinnere an den Artikel eines namhaften Politikers in Berlin —, so möchte ih hier hervorheben, daß nach den Erhebungen, die von seiten des Finanzministers vorgenommen sind, nur eine außerordentlich vershwindende Anzahl von Fällen nach- gewiesen werden konnte, und ih mache es jedem Artikelschreiber zur Pflicht, sich darüber im klaren zu sein, daß allgemeine Anklagen gegenüber den Finanzbeamten und Zollbeamten des Neichs uns niht helfen können. Wer irgendwo von Verfehlungen hört, der hat die sittliche Pflicht zu sagen, wo die Verfehlungen vorgekommen fein sollen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Diese Erhebung von allgemeinen Anklagen hift uns nicht, im Gegenteil, treibt die Beamten gerade in eine mißmutige Stimmung hinein. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.) Selbstverständlich hat das Finanzministerium alles Interesse daran, daß jeder, der irgend- wie seine Pflichten auf dicsem Gebiete verleßt, festgestellt und ent- sprechend bestraft wird. Wenn sich nun der eine oder andere Beamie als bestehlich erweist, so darf man deswegen nicht die Tausende sonstiger Beamten dafür haftbar machen. Das Publikum selbst hat hier eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Es soll alle Fälle von Be- stehlihkeit sofort den zuständigen Behörden melden. An mir soll es nit fehlen, zu der Verfolgung solcher schuldiger Beamten und zur Reinigung der Beamtenehre meine Hand zu geben. Ich halte aber meine Hand s{üßend über dem großen, großen Heer von Beamten, die in der Kriegszeit und in der Na(hkriegszeit bisher getreu und eifrig ihre Pflicht erfüllt haben. (Lebhafter Beifall.) Gerade hier zeigt sich, daß der leßte Kern und das Wesen der Politik die moralische Gesinnung des Menschen ist (Zustimmung), und an diesem moralischen Kern des Menschen, der eigentlich seine Menshennatux, seine Würde ausmacht, muß ih au in dieser Stunde appellieren.

“Neben dem gewiß nicht leihten Werk der Durchführung der Stéuerreform sind noch ine Reihe anderer Aufgaben zu lösen, die rnaburgemäß niht im Handumdrehen gelöst werden können, auf deren sung aber von vornherein zielbewußt hingearbeitet werden muß, Da ift es mir eine auffallende Tatsache gewesen: kaum ist man 24 Stunden in diesem gewiß dornenvollen Amte, da erwarten \chon gewisse große Politiker die neuen großen Ideen, die sie selbst der Welt nicht sagen fönnen, nadidem sie jahrelang Zeit gehabt haben, solche Dinge aus- ¿ubrüten. (Sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten.) Gs ist da zunächst die Frage der Geldinflation und der Anleihepolilik. Die | sdrébende Schuld mußte infolge des Mangels an steuerlihen Ein- nabmen sowie des noch nit genügend befestigten Vertrauens ur Zukunft ungeheuerlich massen. Nun aber darf dieje Entwicklung nit mehr so weiter gehen. (Zustimmung.) F darf die Damen A Be bitten, ihr Hauptaugenmerk nicht zu richten aus die Größe der Papier- flut, die im Umlauf ist (schr wahr! bei den Mehrheitsparteten) —— ich vcukenne die Bedenken nicht —; sondern wollen Sie erw Barometer für die finanzielle Lage des Reiches, so schauen Sie sich das Kapitel der \chwebenden Schuld an (sehr wahr!) und. treffen G mit uns Maßnahmen und bereiten Sie solche vor, um diefe schwebende Schuld, einmal was ja das geringste ist nit stark anwacsen zu lassen, und zweitens, arbeiten Sie mit uns an dem großen Problem, dieje schwebende S&uld abzubauen! Dann haben Sie Ihre Aufgabe gegen- übe: dem Reich und gegenüber dem deuischen Volke erfüllt. (Sehr rihtig!) : :

Ih habe gesagt, daß diese Gniwiklung nit mehr so weiter gehen ann. Wir müssen- unbedingt zu einer gewissen Konso!idation ommen, müssen das Problem der Baranleihen in einer großzügigen LReUs lósen.

Es sind in unserem Volke gegenwärtig über 80 Milliarden an Spargeldern und Depositen vorhanden, darunter Gelder auf den Banken und Bankhäusern etwa 40 Milliarden, bei den Sparkassen annähernd 40 Milliarden und auch noch ein Betrag von 9 bis 10 Milliarden bei den Genossenschaften. Das zeigt, daß die Grundlagen für unsere aroße Anleihe heute noh gegeben sind. L

Unsere Politik muß dahin gehen, eine möglichst große Anleibe im Snland sobald als mens{chenmöglich aufzulegen. Das „mögli ; das ift die Frage unserer wirtschaftlichen und politischen Konsolidation. Die St&äden, die uns die ständig fortschreitende Inflation bei der inneren Preisgestaltung sowie auf dem Gebiete des internationalen Kredits verursacht, zwingen mit Notwendigkeit zu einer durchgreifenden Aenderung unserer Politik. Hier müssen wir, sofern wir dazu in der Lage sind, möglichst bald Wandel schaffen. Ueber das Wie und über das Wann werden die Ansichten natürli weit auseinandergehen. Wir müssen die im Ausland in leßter Zeit bemerkbare E des Markkurses mit allen Mitteln zu stüßen versuchen. (Sehr ritig!)

In den leßten Wochen ist ja eine nit unwesentlibe Besserung unseres Valutastandes eingetreten. So hat sih der Markkurs, der Ende Februar in Amsterdam auf 2,67 Gulden stand, im März bis auf 3,97 Gulden gehoben, um in den Tagen des Kapp-Putsches, am

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| 5 E | Markkurs \{wankte an der Amsterdamer Börse an diesen Tagen |

zwischen 3,80 und 3,27. In den ersten Tagen des April hat sih eine sehr rashe Aufroärtsbewegung geltend gemacht, die am 12, Dis 9/60 stieg, dann aber wieder auf den Stand von. Anfang April zurücfgeebbt it. Immerhin ist aber die Besserung gégenüber dem Tiefftand im Februar auch jeßt noch sehr erfreulich.

Wenn wir unsere Anleihe mit aller Energie in Angriff nehmen, dann würden wir meines Erachtens unseren Kredit im Ausland wesentlih zu stärken vermögen.

Gine weitere Aufgabe, die wir noch in diesem Jahre zu erfüllen haben werden, ist die Aufbringung des Restbedarfes an laufenden Ein- nahmen. Ich berühre damit das Steuerproblem. Heute fann ih dazu noch keine fest umgrenzte Stellung nehmen. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß in unserem ordentlihen Etat, obglei die Ein- nahmeposten ziemlich reihlich veranlag sind, ein Fehlbetrag in Hohe von 2,9 Milliarden, also rund von 3 Milliarden Mark, vorhanden ift,

Diesen Betrag müssen wir meines Erachtens durch Steuern auf- zubringen versuchen. Jch unterstreihe das Wort „versuhen". Die Herren haben ja Gelegenheit, in den nächsten Wochen der Wahl- agitation vor ihren Wählern derartige Versuche zu erörtern. (Heiter- keit.) Ih wünsche nur allen viel Glück bei dieser Erörterung. Das ist um so weniger überflüssig, als im nächsten Fahr ein Betrag von 3 Milliarden, der jeßt als einmalige Einnahme aus der Vermögens- zuwachssteuer eingestellt ist, in Wegfall kommen muß. Dabei mötte ih ausdrüd&lih noch darauf hinweisen, daß ein Teil unserer Steuer- einnahmen dur unsere eigentümliße gegenwärtige Lage bedingt ist. So wird man in Zukunft bei einigermaßen normalen Verhältnissen weder aus dem Bankwesen 0 Millionen ziehen können, noch als Aus- fuhrabgabe eine Milliarde einseßen können. Wir müssen also in der Zukunft in der Entwiklung unseres Etats, den wir nah dem Zu- sammentritt des Reichstages Ihnen vorlegen werden, in den nächsten Jahren, will ih ergänzend hinzufügen, mit dem Ausfall einiger nam- hafter Posten rehnen. Das gestaltet die Entwicklung unserer Finanz- politik außerordentlih sckwierig. Gerade die beiden soeben genannten Posten stüßen sich auf zwei Erscheinungen, die wir nach Möglichkeit aus\chalten müssen, nämli“ auf die Papiergeldinflation einerseits und auf die Valutaentwertung andererseits. Jn dem Augenblick, wo wir wieder gesundere Verhältnisse haben, müssen wir sehen, daß diese laufenden Einnahmen dur entsprehende andere Einnahmen gedeckt werden.

Nun ist das Gebiet der direkten Besteuerung au3gebaut, sobalb die Besibsteuer, deren Reform noch durchgeführt werden muß, nah den Wahlen unter Dach und Fach gebraht wird. Was dann? Dann wird man entsprechende neue Ginnahmequellen ershließen müssen. Indirekte Steuern haben aber neben ihren sonstigen großen Schatten- seiten vor allem den großen Nathteil, daß gerade eine Reihe von indirekten Steuern anreizt, zu einer Mehrüberwälzung über die Steuersumme hinaus (sehr rihtig!), und was wir da in den leßten Wochen und Monaten für Erfahrungen gesammelt haben, wird do sehr zum Nachdenken veranlassen. Der Verbraucher muß dann in die Taschen des Privatkapitals entsprechende Summen bezahlen. Das ist eine ungewollie upd au sehr ungünstige Euscheinung im indirekten Steuersystem.

Es muß darum dana gestrebt werden, eine derartige Wirkung wenn irgend möglich auszushalten, und da komme ih nun zunächst

in einer theoretishen furzen Bemerkung auf das tatsäclih beste Mittel, das si bietet, das Finanzmenopol. Jch sage das, ohne mi für Monopole irgendwie und in irgendwelcher Art von vornherein fest- legen zu wollen. Aber wenn während des Krieges unter dem alten Regime von Wissenschaftlern und Praklikern die Einführung von Monopolen als eine Selbstverständlichkeit für die Ordnung der Finanzwirischaft nah dem Kriege hingestellt is lesen Sie darüber die Literatur mal etwas nah —, um wieviel- mehr ist das heute nötig. Jch verkenne nicht, daß man gegen Monopole große Bedenken haben fann. Aber es gibt do einzelne Zweige des Erwerbslebens, welche die Bedingungen für eine gesunde Monopolbildung in sh tragen, wenn es gilt, den Staat zu retten und unbedingte Staatsnotwendig- keiten durchzuführen.

Wenn wir nun vor die Wahl gestellt sind, ob wir aus der Not herauskommen wollen oder ob unser ganzes Wirtschaftsleben zusammen mit dem Staate in dauerndes Siehtum verfallen soll, dann dürfen wir uns nicht an Schönheitsfehler oder an irgentwelche untergeordnete Einmwände stoßen, sondern müssen mit klarer Zielbewußtheit den Weg gehen, der zur Rettung führen kann. ; i

Für den Fall nun, daß wir Monopole einführen müssen, werde ih persônlih nur für solche Monopole eintreten, wele die wirtshaft- lihe Enwicklung nicht hemmen, sondern fördern fönnen. Die Monopolbildung müßte so sein, daß nicht nur der fiskalishe Stand- punkt Beachtung findet, sondern daß bor allem auch Rücksicht ge- nommen wird auf die wirtschaftlihe und soziale Wirkung. Nicht fislalishe Monopole, wie man sie vielleiht vor 50 Jahren errichtet hat, kommen für uns in Frage, wenn wir der Frage näher treten, sondern wenn wir zu diesem Mittel greifen müssen, muß die neue Monopolwirt\chaft elastisch, geshmeidig und fortschrittsfördernd sein. Ss müssen Sozialmonopole geschaffen werden.

Die wichtigste Aufgabe bei der Erweiterung unserer Finanzreform it aber aber unter allen Umständen die Verbindung von Finanz- politik und Wirtschaftspolitik. (Sehr rihüig! bei den Deutschen Demokraten.) Wir müssen Finanzpolitik nah jeder Richtung bin treiben, nit nur Steuerpolitik. Wir müssen diese Finanzpolitik aber auch wirt\chaftlich orientieren und umgekehrt unsere Wirtschafts- politik auch so einstellen, daß die Grundlagen für unsere Finanzpolitik wieder gestärkt rverden, i

Ih komme in wenigen Minuten und Säyen zu Ende und darf Sie bitten, au diesem Teile noch einige Aufmerksamkeit widmen

15. März, auf 2,89 wieder herunterzustürzen. Aber son am nästen Tage, nachdem es klar wurde, daß die deutsche Regierung über den Putsch Herr werden würde, ist der Kurs wieder auf 3,75 Gulden ge-

Ftiegen,

bei weitem nicht so stark drücken können wie der Kapp-Putsh. Der

Die Unruhen im Ruhrgebiet haben bezeihnenderweise den Kurs |

zu wollen. Heute sind Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik auf ein- | zelnen Gebieten überhaupt nit von einander zu trennen. So haben | wir aus wirtschaftlichen, sozialen und politishen Gründen nun son | zu wiederholten Malen Gelder für unsere Volkéwirtschaft aufwenden | müssen. Es sind weit größere Summen seit dem leßten Sommer

vom Reich für die Verbilligung der Lebensmittel aufgewendet worden, als vor dem Kriege der Wert einer gesamten deutshen Getreideernte, Brotgetreide einschließli alles übrigen Getreides, betragen hat. (Leba hafte Nufe: Hört, hört!) Da muß man sich aber doch fragen: Wäre es niht besser, wenn diese Summen zur Förderung der Produktion im Lande aufgewendet würden (sehr rihtig!), als daß wir sie für eine verhältnismäßig sehr geringe Nahrungsmittelmenge hingeben? (Lebhafte Zustimnung. In diesem ersten Uebergangsjahr müssen ja solhe Zuschüsse ih habe die Politik des näheren dargelegt gewährt werden Für die Zukunft aber kann das MReihsbudget dauernd mit derartigen gewaltigen Summen unter gar keinen Um- ständen belastet werden. (Erneut lebhafte Zust:mmung.) Hier ist unbedingt notwendig, daß wir in Deutslannd die Produktion so mächtig fördern als nur irgend möglih. Summen, die für die Fôr- derung der Produktion ausgegeben werden, sind indirekt rentierende Summen, auch dann, wenn der rechnerishe Gewinnkoeffizient für normale Verhältnisse niht sehr hoh -ersheinen mag. Was hätten wir beispielsweise gespart, wenn wir einige Jahre vor dem Kriege die verhältnismäßig gar nicht große Summe bewilligt und auf «- gewendet hätten, die noiwendig gewesen wäre, um unsere VWoore rationell zu fultivieren? (Sehr gut!) Die Summe, die das ge- kostet hätte, müssen wir jeßt in ein paar Monaten allein für unsere Lebensmittel zuschießen,

Andererseits muß auch je t unserer Volkswirtschaft gewaltiger Schaden ervoacsen, wenn niht Finanzpolitik und Wirtscaftepolitik miteinander Hand in Hand arbeiten. Es wivd mit aller Macht darauf hinzuwirken sein, daß wir sobald als möglich soviel Lebensmittel ge- winnen und einführen können, daß das Rationierungêsystem sobald als mögli verschwinden kann. (Sehr gut!) Die Rationierung ist eine Maßnahme der Notzeit, Sie kostet uns aber außerordentli viel durch die verschiedensten Maßnahmen in verwaltungstehnischer Hinsicht. Darum muß unsere Wirtschaftspolitik auch mit Nücksicht auf den finanziellen Effekt darauf eingerichtet sein, daß die Inlandsproduktion auf dem Gebiete der Landwirtschaft wie auf jenem des Gewerbes {9 hoh als möglich gesteigert wird. Der Herr Ernährungsminister wird Ihnen darüber weiteres mitzuteilen haben. Jch sage: auf dem Gebiete des Gewerbes; denn je größer die Menge von Waren i}, die wir aus führen können, desto leichter sind wir imsbande, auch Lebensmittel gegen diese kristallisterte Arbeit einzuführen,

Wie Virtshaft und Finanzen \ich dur&bdringen, zeigt wohl am allerdeutlidsten die Valutafrage. Sie wird nicht allein von seiten der Wirtschaftspoliti? gelöst werden können, so wenig wie sie dur finanz- politishe Maßnahmen allein gelöst werden Fann. Es spielen hier eben die Zusammenhänge zwischen Handelsbilanz und Zahlu ngsbilanz die aussblaggebende Rolle. Die Zahlungébilanz aber baut sich nicht bloß auf den Momenten der Wareneinfuhr und Warenausfuhr auf, sondern is auch dur die vershiedenfacsten sonstigen Zahlungen und Leistungen bedingt. Sie is niht zuleßt bedingt durd Vorgänge auf dem Gebiet der Kreditwirtshaft. Die freditwirtshaftlihe Seite der Valutafvage ber muß vom finanzpclitisen Gesichtspunkte aus bearbeitet werden. Schon diese gang kurzen Hinweise mögen genügen, meine Auffassung von ver Notwendigkeit des Zusammenarbeitens des Wirtschaftsministeriums und des Finangministeriums zu kennzeichnen, Beide können nicht getrennt voneinanber ihre Politik verfolgen; sie müssen miteinander arbeiten. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demo- kraten.) Jhre Arbeit muß \ih gegenseitig ergänzen und durckdrängen, Xch glaube an dieses Zusammenarbeiten. Die Wirtschaftspolitik muß so gesialtet werden, daß wir zu stabileren Verhältnissen in der Preis bildung und dem Einkommen gelangen. Wenn rir finanzpolitisck deñ Neubau der Gegenwart durc:geführt haben, dann wird er bloß haltbar fein, sofern es gelingt, diesen Neuaufbau aub wirts{oftäpolitisd zu untermauern. Ein Steversystem kann man nit in die Luft bauen (sehr ridtig!), man kanr. es nur aufbauen auf einer soliden Wiriscbaft. Dieses Verankern eine: neuen Grundlage für unser gesamtes staatlicbes und wirtschaftliches Dasein aber führt uns zurü auf die leßte Krafts quelle aller völfiscken Politik, auf die Arbe i t. (Sehr gut!) Nur die Arbeit kann lebten Endes dazu führen, daß die Schäden des Krieges geheilt werden. (Sehr ritig!l) Nur sie ist imstande, wieder soviel Güter zu produzieren, daß im Laufe der Zeit die gerissenen Lücken sich wieder s{licßen. Dabei ist selbstverständlich zu denken an Arbeit in jeder Form, nicht nur an die Handarbeit, sondern von der einfachsten

Handarbeit bis zur höchst qualifizierten Tätigkeit des Geleßbrtien oder des wirtschaftlichen und faufmännischen Organisators. Wir müssen mit allen Mitteln bestrebt sein,

unsere Volkswirtschaft auf eine höhere Stufe emporzuführen, damit der Ertrag aus ihr größer wird. NRüksinken in alte Wirtschafts formen ist niht möglih; und wenn wir Bände von Büchern schreiben über alte \chóne Tage, das Verlorene führt uns keine menschliche Kraft zurück. (Sehr gut!) Intensiveres Wirtschaften durch höhere Technik und höhere Betriebsorganisation, Sparen an aller nicht nôtigen volkswirtschaftlihen Arbeit, Ausnüßen auch der leßten Kräfte, die die Natur in den Schoß der Erde gelegt hat, das ist es, was uns wieder emporbringen kann, das ist es auch, was schließ- lich dann zu einer inneren Ueberwindung des Steuerdrucks, den wir jeßt der Bevölkerung leider auferlegen müssen, zu führen vermag. Mit dem ständigen Wechselspiel zwishen Preiserhöhung und Steigerüng des Einkommensniveaus und neuerlichen Preiserhohungen usw., mit der Schraube ohne Ende kommen wir über die Nôte der Zeit nicht hinweg. Nur wenn wir reale Werte in möglichst großem Umfange erschließen und mit diesen realen Werten möglichst sparsam umgehen, wird es uns beschieden sein, auch die Lasten aufzubringen, die wir als Folge des verlorenen Krieges wirtshaftlih unv finanziell nah uns s{leppen müssen.

Yst das der Weg, der auf allen Gebieten wieder nah oben führt, so ist damit aber auch zugleich gezeigt, daß in der Zukunft niht der ruhende Besiß das Aus\c{laggebende ist, sondern die

lebendige, Fortschritt schaffende Arbeit. Die Arbeit, die uns retten soll, muß au in ihrem Werte vollkommen anerkannt werden; sie , muß nit nach ihrem Pfennigwerte anerkannt werden, sondern die | ehrliche Arbeit muß auch nach ihrem Persönlichkeitswert anerkannt