1898 / 64 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

46. Sißung vom 14. März 1898,

Die zweite Berathung des Staatshaushalts- Etats für 1898/99 wird im Etat des Ministeriums der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal- Angelegenheiten bei dem Kapitel „Elementar-Unter- rihtswesen“ fortgeseßt.

Ueber den Beginn der Debatte ist hon berihtet worden.

Abg. Dauzenberg (Zentr.) befürwortet, wie hier kurz wieder- holt sei, eine umfassendere Mitwirkung der Kirhe an der Schule; diese sei ein Annex dèr Kirche. Jn einem christliden Staat habe der Staat dafür zu sorgen, daß die innige Verbindung zwishen Kirche und Schule niht gestört werde. Die Vollsshule solle in erster Linie eine Etrziehungsanstalt, in einem christlihen Staat eine criftlide Erziehungsanstalt fein; na den Grundsäßen der Konfessionen, welhen die Kinder angehören, müsse die Erziehung stattfinden unter Mitwirkung der zuständigen Organe der betresfenden Religionégesellshaft; der Neligionsunterricht ei von den Religionsgesellshaften zu ertheilen. Der gesammte nterricht der Volksschule dürfe die religiöse Erziehung nit außer Acht sassen.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse:

Meine Herren! Ueber einen großen Theil der Bes{hwerden, die der Herr Abg. Dauzenberg soeben über die Shulverwaltung erhoben hat, haben wir uns {on unzählige Male mit einander unterhalten, (Zuruf aus dem Zentrum: Leider!) leider, ohne uns über alle Punkte zu verständigen. Jn einem Punkt bin ih aber mit dem Herrn Abg. Dauzenbery vollständig einverstanden, nämli in dem, daß man für die Volksschule gar niht genug thun kann. Darin find wir beide vollkommen einverstanden.

Nun i} der Herr Abg. Dauzenberg auf eine früher hier aus-

gesprohene Anshauung zurückgekommen, nämnlih darauf, daß die Volksschule im Grunde eine Veranstaltung der Kirche ist. Auf diesen Standpunkt kann ich mich nit stellen. Denn die VolkssÉule ift bei uns verfassungêmäßig eine Veranstaltung des Staats. Dabei wird es auch bleiben, auf diesem Punkte stehe ih ganz fest. Vielleicht habe ih Sie, Herr Abg. Dauzenberg, in diesem Punkte mißverstanden. Darin aber werde ih Sie nit mißversianden haben, daß Sie gesagt haben: die preußische Volksschule sei im Großen und Ganzen keine christlihe mebr, und zwar deshalb, weil die Unterrihtsverwaltung den berechtigten Einfluß der Kirhe auf die Schule nit in genügendem . Maße respektiere. Meine Herren, ich muß dem ganz entschieden wider- sprehen, die preußishe Volkss{hule is thatsächlich durchaus eine christliße Schule und foll es auch sein. Vielleicht werden einige Zahlen dies einigermaßen illustrieren. Wir haben 36 541 Sc@ulen ; davon sind 24 505 evangelisch, 10 759 katholis, 247 jüdisch und nur 660 fimultan. Wenn wir also über 35 000 konfessionelle Schulen haben, so wird doch Herr Abg. Dauzenberg niht behaupten können, die Volksschulen seien keine christlichen SYulen: Das if eine Be- hauptung, die können Sie weder beweisen noch begründen.

Weiter, meine Herren, hat der Herr Abg. Dauzenberg geklagt über die Vertheilung der Schulaussicht. Es ist ja richtig, daß in der Kreisshulinspektion vielfahß auch katholishe Schulen mit unter evangelischen Schulinspektoren stehen und umgekehrt. JIch will hier gleih beme1ken: es ist nit durchführbar , jedenfalls mit den uns jeßt zur Diéposition stehenden Mitteln nicht durchführbar, daß wir den katholishen Sculräthen und Aufsichtsbeamten nur katholishe Schulen und den evangelishen Schulräthen nur evangelische Schulen unter- tellen. Wollten wir das maten, meine Herren, so müßten wir ungefähr die doppelte Zabl von Stellen haben, die wir jeßt haben. Wenn aber die Stellen so vermehrt würden, fo würde dies zur Folge haben, daß die Schulräthe nicht mehr voll beshäftigt wären, daß sie zum theil rubig spazieren geben könnten. Das sind Zustände, die man hon aus allgemeinen Gründen nit als wünschenêwerth bezeihnen kann. Der Abg. Dauzenberg hat das au \{on von seibst anerkannt und hat gemeint: der Ausgleich müsse in der Lokal-Sculinspektion liegen; wenn da alles rihtig geordnet wäre, dann wären die Zustände vielleiht etwas leichter erträgli.

Ja, meine Herren, in der Lokalshulinspektion is die Sache aber wirkli fo geordnet, daß sie kaum besser geordnet werden kann. In der Rheinprovinz stehen 3127 Schulen unter fkatholishen Lokal- Schulinspektoren, und nur ganz wenige stehen niht unter katholischen Lokal-Schulinspektoren, nämlich 309, und das sind solche, erstens wo Vakanzen sind, und zweitens wo Rektoren sind, wo gar keine Lokal- Sculaufsict nöthig ist, wo wir diese Häufung der Instanzen nihi gebrauhen furz, besser und kfirhliGßer wird man auh beim besten Willen die Lokal - Sghulinspektion nit ordnen können, wie sie jeßt bei uns geordnet ist. Ja, wir sehen gerade in der Lokal-Schulinspektion prinzipiell dasjenige Moment, wo wir den Zusammenhang der Schule mit der Kirche aufrecht erhalten wollen

Sehr betrübt hat mich der Vorwurf des Abg. Dauzenberg, daß man in Preußen er sagte das allerdings mit der lieben8würdigsten Miene nit offen zu Werke ginge, fondern daß man mehr heimli mit der Entchristlihung der Schule, über die er klagte, vorgehe. Fa, Herr Dauzenberg, das ift cin sehr s{werer Vorwurf; denn wenn man das bei Lichte besieht, fo heißt das, daß wir nit ganz ehrlih zu Werke gehen. Wir gehen aber in der That ganz offen zu Werke. Jh habe mich hier wiederholt über diesen Punkt ausgesprohen. Ih bin ja überzeugt, daß es von Zhnen nicht persönli verleßend gemeint gewesen ist, aber es hat mich do fehr betrübt, daß das hier ausgesprohen wird. Meine Herren, wenn ih irgend etwas für meine Verwaltung in Anspru nehmen fann, dann ist es Offenheit und Ehrlichkeit. (Bravo!) Es kann fein, daß ich in manchen Stücken geirrt habe es ift gewiß auh vorgekommen aber offen und ehrlih bin ich zu Werke gegangen und habe au da, wo ich geirrt habe, es immer offen und ehrlih anerkannt. Also heimlich machen wir diese Dinge nicht. Es ift ja rihtig, daß ih in Bezug auf den Erlaß vom 18, Fe- bruar 1876 anders f\tehe wie die Herren. Jh habe mich dar- über aber {on so zahllose Male ausgesproden, daß ih es beute glaube vermeiden zu können, nochmals auf diese heikle Frage ein- zugehen.

Dann will ih doch noch bemerken das wird Herr Dauzenberg mir wohl zugeben —: wir haben in Bezug auf den katholischen Religionsunterricht augenblicklich mit den firchlichen Oberen auf der ganzen Linte vollen Frieden. Wo noch eine Vifferenz bestand,

für das Entgegenkommen, was ich dort gefunden habe.

der ganzen Linie augenblicklich im Frieden leben ?

an Ort und Stelle einzugreifen.

Schule und s{hreibt so wenig wie möglich, Also im Prinzip und i

kommen einig. Abg. Schröder (Pole) bemerkt, daß au für die Sculkinde

führt verschiedene Beispiele zum Beweise dafür an, daß die Ergebnis des Religionsunterrihts bei polnishen Kinterr

ertheilt werde.

stand, daß si die Regi:rung den evangelishen Polen gegenüberstelle. fatholisGen Polen bewohnten Gegenden dagegen nit.

habe in einer Denkschrift die Bedeutung des

habe 1892 erklärt, daß in den doppelsprachigen Gegenden

beide Sprachen beherrsche. Polnishe? Deutsch Hause; wenn sie

oâiten sie ein viel

Was schade diesen lernten fie in der also auch noch das Polnische besseres Fortkommen in ihrem

deutschen Kinder noch polnisch lernen sollen ? sage, er gehe offen und ehrlich vor. Das thue man nur, wenn man gerecht fei, Offen dürften die Polen ihre Schulen nit balten : wenn sie aber ohne Genehmigung der Regierung Schulen unterhielten, dann \chreite man gegen fie ein. Der Kultus-Minister Graf Zedlitz habe gejagt, es sci besser, mit den Polen im Frieden zu leben als im Kampfe, |

: Ministerial-Direktor Dr, Ruegler: In dem Landtag8abschted von 1846 ist den Polen gesagt worden, daß sie in der preußischen Monacie ihr Vaterland finden und treue Unterthanen fein müßten, wenn sie den Schuß finden wollten, den sie erwarteten. Die Ergebnisse in den Schulen in Westpreußen sind nicht so gering, wie der Vorredner es darstellt ; oft kann man bei den Kindern garnicht mehr unterscheiden, ob das Polnische oder das Deutsche ihre Muttersprache ist. Wenn die Herren Polen eine Statistik aufstellen, so renen sie alle Deutschen, die nur ein paar Worte yoluis{ sprehen können, zu den Polen. Die Kinder eines Mannes Ebert haben ¿. B. die Polen als polnisch reklamiert, obwobl der Vater nicht ein Wort polnisch ver- stand. Ju einer poluischen Fibel wird gesagt, die Kinder würden im Himmel keine Ruhe haben, wenn sie deuts sprächen. Das kann man doch mit Ret eine Verheßung nennen.

/ Abg Dr. Glattfelter (Zentr.): Bon unserem Standpunkt können wir ni@t anders die Dinge beurtheilen, als Herr Dauzenberg sie dargelegt hat, mag es der Regierung nun angenehm oder un- angenehm lein, Die Religionsgesellshaft hat eine von Gott gegèbene Macht, den Menschen zu lehren; sie hat daher au ein Recht ¿ur Aufsicht über den Religionsunterciht in der Sg9hule, und daher können wir verlangen, daß der Pfarrer die Lokalschulinspektion wahr- nimmt. Der Minister will den Zusammenhang zwishen Schule und Kirche festhalten; wir haben aber üter Vorfälle zu klagen, in denen diesem Prinzip nit entsproWen wird. Während mancher kirhlihen Feier fällt der Schulbesuh nicht aus. Was muß es aber auf die Kinder für einen Eindruck machen, wenn ihre Eltern in die Kirche gehen, wäßrend sie in der Schule sigen müssen! Auf dem Lande wird über die lange Schulzeit geklagt; man follte die Mädchen, welhe das Ziel der

zum 14. Jahre in der Schule halten, fondern sie mit dem 13. ent- lassen. Redner erkennt an, daß die Besoldungsverhältnifse der BVolkss{ullehrer beffer geworden seien, spriht aber den Wu: d aus, daß den Seminar-Hilfslehrern die ienstzeit in diesem Amte ange- rechnet werde. :

Abg. Dr. Arendt (fr. kons.): Für konfessionelle Auseinander- segungen ift kein Moment ungeei„zneter als der jeßige. Unfer Stand- punkt in dieser Frage ist bekannt. Den Angriff gegen unsere Volks- schule als gegen eine nichtchciîtlihe bat der Kultus-Minister {on zurückgewiesen. Wenn der deutscke Unterriht in den polnischen Landestheilen so {lcchte Resultate ergiebt, wie die Polen meinen, fo muß er vermehrt werden. Durch das vorjährige Lehrerbesoldungs- gesetz ist den Wünschen der Lehrer Nechnung getragen worden. Weiter- gehende Wünsche in Bezug auf eine bessere VBerforgung ihrer Hinter- bliebenen müssen vorläufig zurückgestellt werden. Bei der Durchführung des Gefeßes muß auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinden mehr Rücksicht genommen werden, als es thatsächlih geschieht. Namentlich aus dem Regierungsbezi:k Merseburg wird {wer geklagt, daß man zu wentg die praktischen Verhältnisse in Rehaung zieht, Den Versuch, die Hygiene in den Seminaren als Lehrgezenstand einzuführen, begrüße ih mit &reuden. In Bezug auf die Unterscheidung der Pilze stimme ih mit meinem Freunde Lückhoff durchaus überein. Es ist mir mit- getheilt worden, daß in leßter Zeit eine Familie von zehn Perfonen an giftigen Pilzen gestorben ei. Auf die Frage der geseßlichen Schulunterhaltungspfliht gehe ih nit cin, da wir sie durch cinen besonderen Antrag u Erörterung bringen wollen. Man gebe dem Lehrer, was des Lehrers ift, lasse aber au die Gemeinden leben. Bestig0, Neubauer (Pole) beschwert sih darüber, daß von der Schult s, einer we itpreußishen Schulordnung, nah welcher dite ckhu inder in bestimmten Fällen bis über das vollendete 14. Lebecusjahr hinaus in der Schule zurückzebalten werden können, ein zu weit gehender Gebrauh gemaht werde. Der 1890 vorgelegte Geseßzentwurf babe den auf das 14. Lebensjahr folgenden Entlafsungétermin als End- termia des Schulunterrichts bezeihnet, und damit sei man damals fast allgemein einverstanden gewesen. Die Kinder follien an ihrem iee e aLiTlage entlassen werden, oder man folle wenigstens ven der Gie N Schuklordnung nur in den feltensten Fällen Gebrau Abg. Bueck (nl.) lenkt die Aufmerksamkeit auf die Feststellur der Lehrergehälter im Regierungsbezirk Düsseldorf E Prt as Die Regierung hat das Anfangsgebalt der Lehrer in Stirun: nte» driger bemessen, als die Gemeindevertretung vorgeschlagen hat, obwohl die Theuerungéver hältnisse in Stirum ebenso ungünstig wirken wie die in dem benachbarten Mühlheim und in der Gemeinde Ober- hausen und die lteuerkräftigen Industriellen fh selbt für eine Er- hôtung der Lebrergehälter auêgesörchea haben. Rotthausen ist noch viel Er in n Ae, Kommunalzuf uge erhebt. Jn dem benachbarten Negierungsbezr Arnsberg sind die Lehrer viel besser gestellt, und die Rüge wird e daß die Lehrer nah diesem Bezirke hirdrängen. Jh möchte also bitten, daß die Regierung hier Abhilfe saft, :

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse: Meine Herren! Wenn der Antrag des Herrn Vorredners nur dahin geht, daß ih diefe Fälle nochmals zu meiner Kognition nehme, und wenn es möglich ist, Abhilfe schaffe, fo bin ih sehr gern bereit,

babe id meine katholifchen Räthe zu den Herren Bischöfen hingeschickt,

darauf einzugehen,

die haben mit ihnen verhandelt, und ih kann nur sehr dankbar sein Warum alfo hier fo zu fagen den Kampf proklamieren, da wir do faktish auf | jeßt

Nun will ich noh auf einen anderen Punkt kommen. Der Herr | das Abg. Dauzenberg hat gemeint, es wäre in der Sqchulverwaltung zuviel Schreiberei. Ih will das nit ganz bestreiten. Es ist eine gewisse Neigung in einzelnen Behörden, mehr zu schreiben, als persönli und Aber das kann ih den Herren ver- sichern, von uns aus wird keine Gelegenheit versäumt, den Schul- bâtern und Schulaufsichtsbeamten zu sagen: geht persönlich ina die

dem Bestreben, hier ‘'unnüße Schreiberet und unnöthige weitläufige, formalistische, bureaukratische Allüren aus der Schuverwaltung her- auszubringen, sind wir, der Herr Abg. Dauzenberg und i, voll-

in den polnischen Landestheilen nit genug gethan werden könne, und

R unt ganz traurige seten, weil dieser Unterricht unter Vernachlässigung der polnischen Muttersprache Die Kinder lernten die Religion nur mechanisch. Daß in der Polenfrage konfessionelle Rücksichten mitspielten, beweise der Um- j d / schen ganz anders i In Masuren und Lithauen sei der Lese- und Neligions- unterrit in der Oberstufe in der Muttersprache gestattet, in den von Flotiwell l MNeligionsunterrits in der Muttersprache anerkannt, und der Kultus-Minister Graf Zedlitz au die deutschen Kinder polnischen Unterricht erhalten müßten, weil in folchen Landeëtheilen immer derjenige der wirths{aftli} Stärkere sei, der Kindern das Schule und zu beherrsckten, Me en Di Leben. Der Ministerial-Direktor sage aber: Wohin kämen wir, wenn auch die j sie Der Kultus-Minister | im

Schule erreicht baben und die im Haufe gebrauht werden, nicht bis !

den Lehrern entgegenzukommen, da es fehr geringe !

haben sollte, weiterzugehen und die Beschwerden der Lehrer der beiden daß ih {on

Gemeinden hier vorgebracht hätte in der Erwartung, eingehend auf die Sahe mi einlassen die Negterung sogar desavouieren würde, so ih natürlih ncht. Jh habe über beide Fälle kein Einzelheiten; ich muß also zunächst die Regierung hören und mit informieren und werde das thun. Aber ganz so ungünstig, wie es einen Theil des Regierungsbezirks Düsseldorf von dem Herrn Ab, ‘geordneten dargestellt wird, liegen die Verhältnisse keineswegs. Gegentheil, voraussi{htliG werden die beiden Bezirke Düsseldorf und Arnsberg in Bezug auf die von den Schulverbänden den Lehrern bes n } willigten Diensteinkommensbezüge an der Spitze der ganzen Monarchie marschieren. Gleichwohl haben die Lehrer, veranlaßt dur eine es wisse Imparität, die bei nahe bei einander liegenden Gemeinden ein, getreten ist, vielfa die Regierung mit Beschwerden überhäuft und zum theil sehr hohe Säße gefordert, die, wie in einem Falle r | festgestellt ist, die Leistungsfähigkeit der Gemeinden doch überstiegen haben. Denn schon der Umstand, daß die Gemeinde cinen nit ganz | geringen Staatszushuß bezieht, beweist, daß ihre Leistungsfähigkeit nicht ausreihend gewesen ist, um das zu gewähren, was auch in der Provinzial-Konferenz als das Minimum eines dem § 1 des Lehrer- besoldung8geseßzes entsprehenden Einkommens angesehen worden ist.

Nun hoîten die Lehrer sich aud mit einer Denkschrift an mi gewandt, und die Regierung hat darüber an mich berichtet und bat ausdrücklich gesagt, es hätte einer solchen Denkschrift und einer Beschwerde nicht bedurft; etne Vorstellung bei ihr, der Regterung, würde genügt haben, wiewohl au diese überflüssig gewesen wäre, da es ihr vollstänvig fern liege, irgend eine Verschlechterung der Ver- hältnisse zuzulassen. Jch muß auch annehmen, daß das der Wirklichkeit, im Regterungsbezirk Düsseldorf wenigstens, entspriht; denn eg liegt wir hiec eine Verfügung der Königlichen Regierung in Düsseldorf vor, worin. die Regierung den Landräthen mittheilt, daß aus mehrfa@ca Vorkommnissen entnommen hat, es herrsche l Bezirk vielfah die Meinung, als hätten bedürftige Gemeinden für den Fall auf Gewährung einer staatlichen Beihilfe zu Lehrerbefoldungen nit zu rechnen, daß sie in der Gewährung des Dienfteinkommens über die von den einzelnen treiskonferenzen für ihren Ort festgesetzten Mindestsäße hinausgingen. Die Regierung sagt: wir legen Gewicht darauf, klar zu stellen, daß eine der- artige Auffassung nicht zutreffend ist. Bei der Vertheilung der ftaatlichen Beihilfen werden wir aus dem Hinaus- gehen über die Mindestsäße einen Erund zur Versagung der Bet- hilfen nicht entnehmen ; vielmehr wird die Gewährung, bezw. Be- antragang derselben ledigli von der Prüfung der Bedürftigkeit der Gemeinden abhängen; das ist ein durchaus zutreffender und gesunder Gesichtspunkt, den die Regierung als Norm dort für sich auf- gestellt hat.

Ich möchte nun dtese Gelegenheit benußen, um glei jeßt einige | Punkte Élar zu stellen in Bezug auf die Ausführung des Lehrer- | vetoldungsgeseßes. Ih bin überd!es dem Herrn Abg. Knörcke noch l _suldig, der in einer ähnlichen Richtung wie | der Herr Abg. Bueck neulich si beklagt hatte. Ih möchte deshalb | ausdrüdlich hier hervorheben, daß die Staatsregierung bei der Aus- | führung des Lehrerbefoldungsgesetzes zwei Gesichtspunkte nothwendig | in den Vordergrund stellen mußte: einmal das Bestreben, den Lehrern Ï |

ine Antwort

T 4 E 2 L 8A P, vos 0s Q 9 7 1 y das ihnen in § L des Lehrerbefoldungêges pes zugesiherte Dienst- etrlommen zu gewähren, wo es ausdrüli heißt:

fie sollen ein nah erl Amtsftellung ange- Diensteinkommen erhalten. Das i der Haupt- leng nis der Gesichtspunkt, den wir ja hundertmal hier bet ¡ der

den örtlihen Verhältnissen und der befonderen messenes

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j Berathung der Gesetzes hervorgehoben haben, der dazu | geführt hat, daß wir nit für die ganze Monarhie Normalsäte, | sondern rur gewisse Minimalfätze festgeseßt haben, die unter allen ) Umständen gewährt und die da, wo die Gemeinden nicht leistungs- j fähig sind, durch die Staatsbeihilfen gedeckt werden müssen,

j | Dazu kommt nun aber noch ein ¿weiter Gesichtspunkt, der eben falls bei der Berathung des Geseßes wiederholt zur Sprache ge | Tommen ist, und den. auch wir, die Vertreter der Staatsregierung, | wiederholt hier anerkannt baben. Das ist'der, daß bei der Gewährung { eines dem § 1 des Gesetzes entsprehenden Diensteinkommens die Ge- meinden nit übermäßig belastet werden. Wir mußtea diese Nück- j sicht auf die Gemeinden nehmen und haben das auch gethan. Nun ist ja der Begriff der Angemessenßeit, wie er in dem S 1 des Gesetzes steht, cin relativer Begriff, und die Belastung der Gemeinden ist auch ein relativer Vegriff, und es handelt fic darum, darin liegt eine wesentliche | Schwierigkeit für die Ausführung des Gesetzes diese beiden Ge- sitspunkte in verständiger Weise gegeneinander abzuwägen und da einen Ausgleich herbeizuführen. Wir mußten uns, als es sich um die | Ausführung des Lehrerbesoldungsgeseßes handelte, fragen: wie bes j fommen wir \sihere Auhaltspunkte dafür, was in jedem einzelnen Falle ein den örtlihen Verhältnissen und der Dienststellung des Lehrers angemessenes Einkozumen is. Da haben wir Provinzial-Konferenzen berufen unter dem Vorsig der Herren Ober-Präsidenten, unter der Herren Negierungs-Präfidenten und Ver-

16,

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Theilnahme treter der Shulabtheilung und von Kommissarien, die von hier aus j dorthin geschickt worden sind. - Diese Provinzial- Konferenzen haben na den besonderen Verhältnissen der einzelnen Bezirke Theuerungs- gruppen vereinbart und festgeftellt, was nöthigenfalls in jeder der- selben zwangsweise, unter Gewährung von Staatsbeihilfen an | leistung8unfähige Schulyerbände, als ein angemessenes Dienstein- j Tommen zu fordern und zu- gewähren sei.

Nun, meine Herren, ist es ja in erster Linie ganz selbstverständlich Sache der freien Beschlußfassung der Schulverbände, was sie ihren Lehrern gewähren wollen. Den Schulverbänden i} daher überlassen, zunächst die Besoldungsordnung selbst festzuseßen, und eine Eir- wirkung der Aufsihtsbehörden sollte nur da eintreten, wo eine Be- foldungsordnung entweder formell dem Geseße nicht entsprah, oder hinter den nach den örtlihen Verhältnissen als unbedingt nothwendig zu fordernden Sätzen zurückblieb.

Nun muß ih anerfennen, es sind von mebreren Regierungen Besoldungsordnungen als zu hoh beanstandet. Œs sind das nicht allzu zahlreiche Fâlle; aber die Fälle, in denen die Regierungen das gethan haben, sind nach den Theuerungs-

Î j

fategorien, wo es gesehen ist, niht zu bemängeln. Es ist nämli

nur da die Höhe der Sätze beanstandet worden, wo die Schulverbände niht dauernd leistungsfähig waren, um die über die Mindestsäße er-

| höhten Schullasten zu tragen, oder nur dann, wenn sih die Gemeinden Wenn aber der Herr Abgeordnete beabsichtigt ! ell

in einem ganz offenbaren Irrthum über die finanziellen Folgen ihrer

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Beschlüsse befunden haben. Und das war vielfa der Fall. Die f in Gemeinden hatten vielfa geglaubt, daß auch Alterszulagen, die über die geseßlichen Mindestforderungen hinausgehen, von den Alters- zulagekassen ihnen ohne weiteres erstattet würden ; und wo die Re- gierungen dahinter gekommen sind, daß die enorm hohen Be- willigungen der Gemeinden _auf diesem Irrthum beruhten, da haben die Regierungen pflihimäßig einschreiten müssen, und ich billige das auch (sehr richtig !) denn dieser Jrrthum mußte, wenn er später be- fannt ‘wurde, in den Gemeiaden zur allergrößten Unzufriedenheit führen. Ich kann also den Regierungen das nicht nur ni{cht übel | D

nehmen, sondern ih halte es für ein ganz pflihtmäßiges Vorgehen der | soldung der vereinigten Küster- und Lehrerstellen entsprehend der Mw

Regierungen, daß sie die Gemeinden darauf aufmerksam gemacht haben. Y

So ist es gekommen, daß in einer ganzen Anzahl von Fällen die | bi Säye nachträglih etwas heruntergeseßt worden sind, Das ift den Lehrern selbstverständlich niht sehr angenehm gewesen und viele Lehrer haben sich darüber beschwert. Aber, meine Herren, in diesen Fällen fann ih den Lehrern nit helfen, wenn die wirklich beschlossenen und | je von der Regierung genehmigten Säße den Säßen für die Theuerungê- gruppen entsprechen , der der betreffende Ort, die betreffende Schul- gemeinde angehört. E

Nun tadelte es der Herr Abg. Knörcke, daß namentlich auf dem Lande ix Bezug auf die Besoldung in nahe gelegenen, wirthshaftlih | §

nz gleihe Theuerungtverhältnisse aufweisenden Orten nihtsdesto- | rungsbezirken. l e p A weit gefördert, daß sie bis zum Schluß dieses Monats

weniger ungleihe Festscßungen getroffen seien. Das war auch eine der Beschwerden des Herrn Abg. Bueck. g

Meine Herren, das hat sih nicht vermeiden lassen und wird sich auch nicht vermeiden lassen. Denn es ginge doch unmöglich an, daß wir niedrigere, wenn auch an und für sich angemessene Be- | z soldungen überall mit Gewalt auf den höchsten Saß hinauf- shrauben, bloß weil eine benahbarte Gemeinde den höchsten Say beschlossen hat. Dazu würden unsere Staats- mittel, die uns, dank des schr weit gehenden Entgegenkommens der | f Finanzverwaltung, zur Verfügung stehen, unter keinen Umständen aus- reihen und verwendet werden dürfen. Wir müssen verständig mit den

Fonds wirthschaften und wir wirthshaften au damit fo, daß ih | S | der Gemeinden, deren

Beziehung nockch) der Ergänzung bedarf, begegnet Bezirken Bromberg,

glaube sagen zu dürfen, wir werden damit auskommen, und zwar fo, daß die Gemeinden gut dabei werden bestehen können. Wir würden überdies für das Heraufshrauben der Säße auf die in einer wohl- habenden Nachbargemeinde beschlossenen höheren gesezlißhe Grundlage nicht haben. B Pi 0E dex Lage gewesen, Lehrer zu empfangen, die ih besckchwerten und sagten: es is doch unrecht, daß unsere Kollegen, die nur eine Stunde weit von urs entfernt in einec Stadt leben, wo es nicht ibeurer ift als bei uns, 50 ( oder 100 M mehr jährlich haben als! wir; das verleßt uns und das veranlaßt uns, Sie zu bitten, uns dazu behilflih zu sein, daß wir dieselben Säße bekommen, Diesen Lehrern habe ih erwidern müssen: „Unter der Vorautseßung, daß der Satz, den die Regierung für Jhren Ort genehmigt hat, den Sägen der Provinzialkonferenz für die betreffende Theuerung8gruppe entspricht, müssen Sie sih damit begnügen.“ Jh habe den Lehrern auch geradezu gesagt, bas erinnere mich an die Arbeiter im Weinberge im Evangelium, die unzufrieden sind, weil sie etwas weniger be- kommen, während fle länger gearbeitet Haben, als die anderen. Ich habe den Lehrern gesagt: Seht Ihr tarum scheel, weil die Nachbargemeinde gegen ihr e Lehrer so gütig gewesen ist und ihnen mehr bewilligt hat, als Euch? Wenn eine wohlhabende Gemeinde das kann uxd wenn sie Luft daran hat, die Lehrer an ibrer Schule gut zu stellen, so können wir sie doh daran nit hindern, wir können sie doch nicht mit Gewalt dazu zwingen, mit ihren Säßen herunter zu gehen. Das ist auch vor dem Lebrerbesoldungêgeseb nit ge- \{ehen. Aber diese Ungleihheiten, die niht zu beseitigen find, liegen zum theil in dem System, das wir Ihnen vorgeschlagen haben und das Sie mit dem Geseße angenommen haben, nämli keine Normalsäße festzustellen, sondern Minimalsäße, aber mit der Bestimmung, daß übers all ein den örtlihenVerhältnissen angemessenes Diensteinkommen gewährt werden soll. W?nn man dieses System einmal gewählt hat, dann werden solhe Ungleichheiten nah meiner Anschauung gar nicht zu vermeiden sein. Diese Ungleichheiten sind auch gar nicht mehr so {{limm, wie sie früher erschienen; deëxn ein wefentlicher Vortheil, den die Lehrer dur das Lehrerbesoldungsgeseß erlangt haben, beruht ja darin, daß die Gründe für die einzelnen Gemeinden, ältere Lehrer, die in geringer dotierten Stellen si befinden, nicht zu übernehmen, fondern aus Ersparnißgründen immer nur die jüngsten Lehrer zu berufen, durch die Einführung der Alterszulagekassen weggefallen sind. Also jeder tüchtige Lehrer, der sich auszeichnet, hat jeßt die Möglichkeit, bei einer anderen Gemeinde sih zu welden, wo thatsächlich bessere Verhältnisse \ind; er kann vom Lande in die Stadt kommen, zu einer Zeit, wo seine Kinder größere Ausgaben beanspruchen u. f. w. Mit dieser Folge, die das Gesey und das System des Geseßes mit si bringt, sind, glaube ich, die Ungleichheiten in benahbarten Ge- meinden einigermaßen zu ertragen. Nichtsdestoweniger ist es aber Sache der Regierungen gewesen und ih glaube sie haben sih mit großem Eifer dieser Aufgabe unterzogen —, sowiel wie möglih im gütlihen Wege eine möglihste Ausgleihung herbeizuführen. Jh glaube, daß wir im Großen und Ganzen mit den Resultaten, die die Regierungen auf diesem Gebiet erzielt haben, recht zufrieden sein können. Das geht auch daraus hervor, daß bie Beschwerden der Lehrer außerordentlich wenig zahlrei sind; das Gros ist zufrieden- geftellt und hat eingesehen, daß die Besorgniß, die man vielfa, auc in diesem hohen Hause bei der Berathung der Geseßesvorlage gehegt hat, daß wir zwar Minimalsäße vorschlügen, aber im Grunde die Absicht hätten, aus diesen Minimalsäßen allgemeine, niedrige Normal- säße zu machen für die ganze Monarchie, daß diese Besorgniß un- begründet gewesen ist, und daß wirklih das Gescß den Lehrern ein Einkommen gewährt, bei dem sie im Großen und Ganzen gut be- steben können. Meine Herren, nun kam noch ein Punkt hinzu, weshalb eine völlige Gleichstellung garniht möglich is. Der Grund ‘liegt in § 4 des Gesetzes, in den vereinigten Küster- und Lehrerstelen. Da ist ausdrücklich beschlossen, in einer schr weitgehenden Weise, weiter- gehend, als wir ursprünglih vorgeschlagen hatten, daß für die Küster- dienste den Lehrern eine erhöhte Besoldung gewährt werden muß. Schon dadur werden bei 16 000 Stellen Ungleichheiten ganz un- vermeidliß; das muß sich jeder Lehrer, der mit einem andern an derselben Schule unterrihtet, gefallen lassen, daß dieser, weil er ein vereinigtes Küster- uad Lehreramt Noch mehr wird diese Un-

ç

Ungleichheiten zu kümmern. fon

die für die Gemeinden bei der Ausführung des Geseßes entstehen konnten, durch das sehr weitgehende Entgegenkommen des Herrn Finanz-Ministers ungemein bei K 121 Dit 24 neu die also die Ausführung des Geseßes ia Ausfiht genommen war, hinausgeht.

der Gemeinden so ausgeführt werden kann, daß der preußische Lehrer- stand in den Besiß eines zwar bescheidenen, - aber ausk?ömmlihen Ein- kommens gelangt.

Ganzen, von vereinzelten Fällen abgesehen, in den Regierungsbezirken Gumbinnen, Königsberg, Danzia, Köslin, Posen, Caffel, Minden, Münster, Arnsberg, Aurih

\{chweben, die Beschlußbehörden angerufen find oder angerufen werden müssen im Großen und Ganzen beendet sein dürfte. Das ist in den Be-

Erfurt, Hannover, Osnabrück, Lüneburg, Wiesbaden, Düsseldorf und Sigmaringen. noch nicht durhgeführt: in den Bezirken Stettin, Potsdam, Frank-

den Schwierigkeiten, die die Durchführung des § 4 des Gesetzes bet der großen Zahl vereinigter Stellen in diesen Bezirken bereitet.

Säße eine | ih, Geseßzes beendet ist. J1 der Provinzial-Konferenz freiwillig hinausgegangen Gemeinden in den Bezirken Oppeln, Merseburg und Regierung 486 Gemeinden der billigsten Theuerungsgruppe zugewiesen.

binau8gegangen, Gruppe, für welhe 1200 G Grundgehalt und 140 4 Alterszulage auf der Konferenz festgeseßt waren, und 240 Gemeinden der billigen

der That, wir brauchen uns nicht ¡zu sehr um diese verbleibenden | St

Im übrigen aber muß ih hervorheben, daß die Schwierigkeiten, als

erleihtert worden sind. Sie finden eingeftelt 1009000 M, über das, was im vorigen Jahre für | eia

{on

iese Million soll zu einem wesentlihen Theile dazu dienen, die Be-

tehrarbeit angemessen festzuseßen; sie soll ferner die Sicherheit eten, daß in der That das Lehrerbefoldungsgeseg ohne Ueberbürdung

Ich glaube, daß wir das im ganzen Großen {on de

T

ut erreiht haben. Ich will noch hinzufügen : durgeführt ist das Geseh im Großen und

da allerdings noch nicht in Bezug auf 4 —, Köln, Aachen, Koblenz und Trier, zusammen in 14 Regie: In weiteren 13 Bezirken ist die Durchführung so wieder ab- esehen von einer kleineren Zakl von Fällen, in denen Verhandlungen

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wWw

irken Marienwerder, Stralsund, Breslau, Oppeln, Liegni, Magdeburg,

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In einer größeren Zahl von Fällen is das Gefeß g

urt a. O. und Merseburg. Der Grund hierfür liegt hauptsächlich in

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Schwierigkeiten aus verschiedenen Ursachen, zum theil auch auf seiten l

Beschlußfassung in formeller und materteller das Gesetz in den Schleswig und Hildesheim. Aus Stade, hoffe Bericht zu bekommen, daß die Ausführung des größerer Zahl find über die Mindestsäße

bald einen

Minden. In Minden hatte die

Trier,

In Trier haben 102 Gemeinden der theureren (IL.)

Gruppe, für welhe 1050 4 Grundgehalt und 120 « Alterszulage den Mindestfay bildeten, freiwillig höhere Säße bewilligt. Sie sehen, meine Herren, daß die Ausführung des Gefeßes in nicht zu langer Zeit bis auf einzelne Beschlußversahren beendet sein wird, und ih zweifle, nach den Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, wie auch nach der mündlichen Auskunft, die ih von zahlreichen Lehrern, die bier gewefén sind, erbalten babe, garniht, daß von ein- zelnen Ausstellungen abgesehen im Großen und Ganzen von unferm Lebrerstand die Ausführung des Geseßes als eine im wesentlichen bes friedigende angesehen wird: Daß auch in Zukunft noch manches aus- zugleihen sein wird, war bei einer Materie von diesem eminenten Umfang nicht anders zu erwarten. Man darf, so glaube ich, den Provinzialbehörden die Anerkennung nicht wverfagen, daß sie im Laufe kaum eines Jahres wirklich das Mög- liste geleistet haben, um diese großart'ge Regelung in der ganzen Monarchie turchzuführen. Jch hoffe, daß das Volksschullehrer- Besfoldungsgeseß, so viel seine Ausführung im einzelnen zu wünschen lassen mag, \sich im Großen und Ganzen nicht nur zum Heil unserer Lehrer, sondern auch zum Heil der preußishen Volksshule erweisen wird. (Bravo!)

Abg. Dr. Böttinger (nl.): Einige Gemeinden des Westens be- förhten, daß ihnen die bis jeßt gewährten Staatszushüsse wieder entzogen werden könnten, wenn fie erhöhte Gehalts{äße vorslügen, Die Lehrer ihrerseits aber sind darüber erbittert, daß in einem Bezirk verschiedene Gehaltssäge bestehen, wie im Bezirk Düsseldorf. Die Negierung follte den nicht leistungsfähigen Gemeinden des Westens möglihst entgegenkommen, damit sie nicht gezwungen find, Lehrer ¡weiter Güte anzustellen. Die Gehaltsfäße unserer preußischen Seminarlehrer sind ungünstiger als die in Bayern. “Der Minister sollte die bestehenden Ungleichheiten möglichst befeitigen.

Abg. Wetekamp (fr. Volksp.) widerspricht der Forderung, daß die Schulzeit und der Lernstoff verkürzt werden. Dagegen könne, un- beschadet der Leistungen der Schule, der Schreibunterricht um die Hälfte vermindert werden, wenn man darauf verzichte, daß die Kinder sowohl in latcinisher, wie in deutsher Schrift geübt werden. Man folle den Unterricht auf die lateinishe Schrift beschränken, die bei sämmtlichen Kulturvölkern und im internationalen Verkehr eingeführt sei, Die runde lateinishe Schrift sei cinfacher, kürzer, sreibflühtiger und lesbarer als die sogenannte gothische Schrift, welche die Kur,fichtigkeit befördere. Auch die Orthographie werde dadur vereinfaht werden. Mit der Nationalität habe die ganze Schrift nichts zu thun; sie sei früher avch in anderen Staaten angewandt worden. Selbst Grimm erkläre sich gegen die gothishe Schrift; wolle man eine wirklich deut [he Schrift, so müsse man auf die Runen zurügreifen. Biel Zeit SUE auch gespart werden durch eine größere Latitude in der Vrthographte. Aufoktroyieren lasse sich da nichts; man folle nit zuviel Zeit auf Kleinigkeiten der Orthographie verwenden, sondern mehr Zeit auf eine qute Auósprahe. Nach einigen Jahren fei der ganze Kram vergessen. Eine verminderte Anwendung der großen Anfangsbuchstaben würde den Unterricht wesentlich vereinfachen, ebenso die Abschaffung der Dehnungézeihen und der besonderen Zeichen „c und: „v.

Um 33/, Uhr wird die weitere Berathung des Etats auf Vorschlag des Präsidenten von Kröcher, dem sich auch “s Abgg. Dr. Sattler (nl.) und Freiherr von L N eukirch (fr. kons.) anschließen, gegen den C TLS F Zentrums, der Polen und der Freisinnigen bis 71/5 Uhr Aben a

vertagt.

Abendsizung. Um -71/, Uhr wird die Berathung über das Kapitel „Elementar-Unterrichtswesen“ fortgeseßt.

i s : i Ner- Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Zentr.): Theoretische_ Ahervngen L Micifers über den christlihen Charakter der Schule

oder dogmatishen Seite, Bedeutung hat, zu erfüllen. von meinen, nach meiner Erfahrung durchaus gewifsenhaften und zuverlässigen Näthen, auch von den katholischen Räthen, die diese Verhält- nisse in Westfalen aus eigener Anschauung kennen, versichert wird, daß die

er mir zugestanden hat, ganz absehen ; nissen. (Sehr gut! Heiterkeit.)

beurtheilen. Vorwürfe, die verwaltung, ihren Organen und auch mir persönlich, fo milde sie auch vorgetragen find, sahlich außerordentlich s{charf.

atsschule ift nicht christlihe Schule. Nicht die Verfassung, S das N Aleeneies Landrecht fspricht von der S ale einer Veranstaltung des Staates, nur die Anstellung der Lehrer

steht dem Staate zu. Redner beschwert sich dann über die Auf- hebung des freien Schultages in Westfalen. Jm vorigen Jahre habe ein Regierungskommissar in bureaukratischer Weise diese Maßregel motiviert. Der freie Tag sei praktisch und nothwendig im erzieh- lihen Interesse. kennen ..

Das würde auch Herr von Schenckendorff aner- . er ist nit da. Ich bitte den Minister, bald Remedur

tceten zu lassen. :

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse: Meine Herren! Ih werde die Frage des s{hulfreien Tages in estfalen meinem Herrn Kommissarius überlassen, weil es eine wesent-

lih auf schultechnischen und pädagogishen Gründen beruhende An- ordnung ift, um die es ih hier handelt. Dr. Freiherrn von Heereman nur das fagen, daß ich die Frage niht einmal, fondern mindestens dref- oder viermal hintereinander habe

Fh will dem Herrn Abg.

üfen lassen. Ich selbst hatte die Neigung gehabt, an und r sich, einen Wuns dex Bevölkerung, wenigstens eines heiles der Bevölkerung, der garnicht eine prinzipielle, na der religiösen Wenn mir aber

arücknahme der Verordnung in der That ein Schade für die Schule

tj

äre, darn allerdings ist es für mich eine Gewissenssache gewesen,

hier festzuhalten und das anzuordnen, was im Interesse der Schule nah fahverständiger Auffassung nothwendig ift.

Meine Herren, damit will ich diesen Gegenstand für jeßt ver-

lassen; aber ih muß mir doch einige Erwiderungen erlauben auf die

llgemeinen Bemerkungen, die der Herr Vorredner im Eingang seiner tede gemacht hat. Jch will von dem theoretishen Wohlwollen, das ih habe mir den Auédruck ganz abgewöhnt gegenüber den katholishen Verhält- Ich beschränke mich darauf, auch die atholishen Verhältnisse nah Recht, Gerechtigkeit und Billigkeit zu

(Sebr gut! rechts.) Im übrigen aber waren doch die der Herr Vorredner gemacht hat, der Unterrichts-

Wohlwollen“

(Sehr richtig! bet

n*

den Nationalliberalen.)

Meine Herren, ih will nur daran erinnern, daß der Herr Vor-

al

redner der Meinung is}, daß die Leitung des Neligionsunterrihts unter allen Umständen der Pfarrer haben müsse, und daß ebenso die

: E z eo & fit aussließli® bi ver Kirde stehen müsse. Er hat Von diefen sind nur 33 bei den Mindestsäßen geblieben, obwobl von der | Schulaufsicht aussließlich bei der Kirche steh ff h

Regierung nit etwa auf eine Erhöhung dieser Säße hingetwirkt worden ist. | ( Ebenso find in den Regierungsbezirken Münster, Düsseldorf, Aachen die Gemeinden in größerer Zahl über die festgeseßten Mindestsätze

nemeint, dieser Zustand, der früher bei uns bestanden habe, sei, wenn

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uh ih recht verstanden habe, {chnöde und frevelhaft während des Kultur- fampfs und wohl durch den Kulturkampf zerstört, und er hat weiter gesagt, die

reine Staats\hule, wie ih fie vertrete, sei ein

Unding und sei unter allen Umständen niht eine christliche,

\ondern eine uncrisilihe Einritung. Meine Herren, das weise ih

auf das allerentshiedenste zurück. (Bravo! bei den Nationalliberalen.)

Die reine Staats\cchule ist ein Begriff, den man erft definteren muß,

wenn man damit so operieren will, daß man der Unterrichtsyverwaltung

cinen so {weren Vorwurf um dieser Auffassung willen machen will.

Meine Herren, die Staats\cule, die ih im Auge habe, halte ich

allerdings für eine verfassungsmäßige Einrichtung des preußischen

Staats, wenn das auch rit in der Verfassungsurkunde steht. Aber,

meine Herren, gehört denn das Schulaufsichtsgeseß, das doch bis zum

heutigen Tage noch in Geltung steht, nicht zur Verfassung des

preußischen Staats ? Bin ih niht verpflichtet, au nach dem Schul-

aufsihtsgeseß meine Unterrihtsverwaltung cinzurihten ? Wäre es nicht wider mein staatlihes und auch wider mein religiöses Gewissen, wenn

i in diesem Punkt einfach das Gefe bei Seite {ieben wollte ?

(Sehr wahr!) Darf ih denn das thun? Gewiß nich&Æ Und

nun, meine Herren, welde Auffassung der reinen Staats-

\chule!? Jh bitte den Herrn Abg. Dr. Freiherrn von

Heereman, mir doch auch nur einen einzigen Fall zu

bezeihnen, wo auf Anordnung oder unter Zustimmung der Unterrichts-

verwaltung die Schule, die Verwaltung des Staats sich in den dogma-

tishen Theil und in die dogmatische Materie des Religionsunterrichts

irgendwie einmischt. Es giebt einen solchen Fall niht, und ih darf

das einfach wiederholen, daß das au alle kirchlihen Oberen Jhrer

Kirche, der katholishen Kirhe in Preußen, anerkennen. (Hört,

bört! bei den. Nationalliberalen). Ih würde geradezu

glauben, mein Gewissen zu verleßen, wenn ich in den

dogmatischen Theil des Religionsunterrihts eingreifen wollte;

das kann ich ja garni@t; ich gebe dem Herrn Abg. Dr. Freiherrn

von Heereman vollständig zu: das wäre widersinnig. Aber ein solcher

Widersinn is uns auch niemals eingefallen; im Gegentheil. Wenn

die Lehrer, die den Religionsunterricht ertheilen es, ertheilen thn

au noch eine große Zahl von Geistlichßen —, aber wenn ein Lehrer,

der den Religionsunterriht ertheilt, wirkliß gegen die Lehre seiner

Kirche verfehlen und die Kinder falsch unterrihten sollte und das zu

meiner amtlichen Kenntniß gebracht wird, dann würde ih nit einen

Augenblick zweifelhaft sein ich habe das auch immer ausge- sprohen dann würde ih eingreifen. Aber nie is ein solcher Fall

an mich herangetreten. (Hört, hört! bei den Nationalliberalen.) Nein, meine Herren, diese Vorwürfe ih bin gern bereit, anzu-

erkennen, daß wir Menschen find und auch Fehler haben und uns irren können —, aber diefe Vorwürfe glaube ich mit gutem Gewissen mit aller Entschiedenheit zurückweisen zu können. (Bravo! bei den

Nationalliberalen und rechts.)

Meine Herren, etwas hat mir dann noch ganz besonders wehe

gethan, nämlih die Vorwürfe, die der Herr Abgeordnete gegen die Organe der Schulverwaltung erhoben hat. Jch glaube, er naunte

die Regierungs-Präsidenten, die Regierungen und besonders die Res

gierungs-Schulräthe. Worauf das beruht, if mir vollständig uner-

flärlih. Wir haben do cine große Anzahl von wirkli vollkommen korrekten katholishen Regierungs- und Schulräthen, und diese als die aller» \{limmfsten zu bezeichnen ich muß sagen, worauf dieser Vorwurf sich gründet, ist mir zu entdecken niht möglih. Aber auch die Vorwürfe gegen die Regierungen und die Regierungs- Präsidenten find niht bere@- tigt. Meine Herren, es ist etne schr chwere Yufgabe der Shulverwaltung, unter den konfessionellen Verhältnissen, in denen wir nun einmal leben müssen, alen Wünschen gerecht zu werden : auf der einen Seite die staatlichen Rechte aufrechtzuerhalten und andererseits den kirhlichen Wünschen soweit entgegenzulommen, als sie berechtigt sind. Däs ist

genügen uns niht. Die Schule ist unchristlih, wenn der Staat den

versieht, etwas besser gestellt ist als er. j aleihheit hervortreten bei benahbarten Gemeinden. Ich glaube also

Religionsunterriht nah seiner Anschauung ertheilen läßt.

oft eine sehr s{chwierige und sehr heikle Sache, und ich kann nur