1898 / 68 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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1897/98, Die Betrieb8ausgaben sind veranschlagt auf 676 Millionen,

Und 93 Miklionen Mark mehr als die ges{ähßten Einnahmen für

also 9 Millionen böber, als 1897/98 veranschlagt, und 80 Millionen Höhec angeseßt als die wirklihen Ausgaben- für 1896/97. Der Antheil Hessens wird, wenn diese Veranschlagung sih erfüllt, auf 9x Millionen Mark \ich bezisffern. Rechnet man diese von dem für 1898/99 veranschlagten Betriebsübershuß von 526 Miklionen ab, fo verbleiben 517 Millionen Mark.

Meine Herren, ich erlaube mir nunmehr, eine Reihe von Fragen an der Hand des Etats zu erörtern, die mir für die Generaldiskussion ganz besonders wichtig erscheinen, und die zum großen Theil au der Hexr Referent bereits in den Kreis seiner Erörterungen gezogen hat. Zunächst kommt hier in Betracht der Titel der Betriebsein- nahmen. Die Betriebseinnahmen befinden sich im Etatsjahr 1897/98 fortgeseßt in einer erheblich steigenden Tendenz, und zwar ftieg der Personen- verkehr 1895/96 gegen 1894/95 um 5,93 9/0, 1896/97 gegen 1895/96 um 5,37 9/9 und 1897/98 gegen 1896/97 (soweit bis jeßt ge[chäßt) um weitere 5,83 0/4. Die entsprehenden Ziffern für den Güterverkehr be- tragen 6,29 6,02 5,26 %. Die Steigerung beim Güter- verkehr ist im leßten Jahre eingetreten, troßdem die Brennstofftarife in den Rohstofftarif eingereiht worden sind und si daraus eine sehr erhebliche Tarifermäßigung ergeben hat. Ebenso sind eine ganze Reihe von anderen, ziemlich weittragenden Tarifermäßigungen eingetreten.

Meine Herren, was nun die Betriebsausgaben anbetrifft, so drängt sich hier sofort die Frage auf: ift in der Vergangenheit etwa aus fiskalisdem Interesse in ungerechtfertigter Weise gespart worden, die Frage, welche aus Anlaß der Unfälle ja in der Prefse und im Lande in erster Reihe erörtert worden is und, ih muß hin- zusetzen, fast allgemein au bejaht wird. :

Es erschien ja sehr einfach, die Schuld anu den Unfällen auf die übertriebene Fiskalität zu schieben, Wenn auch der Anlaß der einzelnen Unfälle ein ganz verschiedenartiger war, fo war doch in den Augen sehr vieler Kreise immer wieder der Grund die übertriebene Sparsamkeit, die sh in dem einen Falle dadurch ausdrüdckte, daß nicht genug Beamte angestellt, in dem anderen, daß sie zu gering besoldet waren, in dem ferneren, daß das Material ungenügend und veraltet, oder daß die Einrichtungen aus Sparfamkeits- rüdsihten zu knapp bemessen waren. Meine Herren, ih kann nicht anerkennen, selbs bei der gewissenhaftesten Prüfung dieser Frage, daß die Sparsamkeit in irgend einem Falle zu dem Unfall geführt hätte. Es sind einzelne Fälle als beweiskräftig hervorgehoben worden. Ich enthalte mich hier in diesen einleitenden Worten, auf diese einzelnen Fälle einzugehen. Es wird sich ja im Laufe der Diskussion hierzu wohl noch genügende Gelegenheit bieten.

Meine Herren, die Beantwortung der Frage scheint mir für die diesjährige Erörterung des Etats gewissermaßen den Mittelpunkt zu bilden, jetenfalls eine der wichtigsten zu sein, die den Landtag in der diesjährigen Etatsberathung beschäftigen, und zwar eines Theils in Nück- sicht auf die Vergangenheit, auf die Aufklärung, die der Landtag for- dern muß, in Bezug auf die vorgekommenen Unfälle, auf die vors gekommenen Betriebshemmnisse, Wagenmangel u. st. w., wie auch ins- besondere im Ausblick auf die Zukunft und auf die Beantwor- tung der Frage, was zu geschehen hat, um den noch immer hoMfließenden Berkehrsfteigerungen gegenüber in ausreihender Weise gerüstet zu fein.

Meine Herren, unter den Ausgaben stehen obenan die persön- lichen. Und gerade auf diesem Gebiet ist die Beunruhigung eigentli am größten. Sie wird leider rege gehalten durch eine mehr als [eh- hafte Agitation und dur@ Mittel verschiedenster Art, leider au sehr häufig auf Kosten der alten, bewährten preußishen Disziplin und Ordnung! (Sehr richtig! rechts.) Was in diefer Hinsicht an unserem hohzuverehren- den und hochverdienten preußischen Beamtenkörper in der Neuzeit gesündigt wird, ist geradezu himmelschreiend. (Sehr richtig! rets.) Meine Herren, die Verwaltung hofft auf die Unterstüßung des Land- tages zur Bekämpfung dieses Uebels, und ih darf ja mit Freude und Genugthuung hier konstatieren, daß sowohl in der Budgetkommission als auch in diesem hohen Hause das anerkanut worden is. Und wie liégen in dieser Beziehung die Verhältnisse in Wirklichkeit ?

Meine Herren, der Person al-Etat zeigt wie seine Vorgänger sehr bedeutende Ausgabeerhöhungen. Die Gesammtausgabe an Ge- hältern und Löhnen für die Beamten und Arbeiter hier mit Aus- {luß der Werkstättenarbeiter und Rottenarbeiter, welche getrennt verrechnet werden und für die ja auch andere Verhältnisse maßgebend sind steigt gegen das Jahr 1896/97 in dem gegenwärtigen Etat von 273 Millionen auf 308 Millionen Mark, pro Kopf von 1339 auf 1408 M, pro Kilometer durchs{nittliher Betriebslänge von 9925 auf 10410 «4 Diese Ausgabe ift zum theil auf die Verstärkung des Personals, zum theil aber auch auf die Verbesserung des Einkommens zurückzuführen.

Die Verstärkung des Personals schreitet in weit rasherem Maße vor als die Ausdehnung des Bahnnetes. Sie {reitet in rasherem Maße vor, einestheils in Rücksiht auf die Steigerung des Verkehrs, andererseits aber und das if das Hauptmonent mit Rücksicht auf die Entlastung des einzelnen Beamten. Jn dieser Be- ziehung ift in den leßten Jahren außerordentlich viel gethan. Schon im Jahre 1892 habe ih feste Grundsäße für die Jnanspruchnahme des Perfonals aufgestellt. Jch habe dabei mich bemüht, bei anderen Bahnuverwaltungen die Orduung dieser Frage zu studieren, bin aber vollftändig ins Leere dabei gekommen. Wir haben in der preußischen

Verwaltung zuerst in diesér Beziehung Grundsäße aufgestellt. Dahingegen find andere große Bahnverwaltungen, und zwar aus Oesterrei), aus Frankrei, aus Rußland, wiederholentlich bei uns gewesen und haben diese Vorschriften bei uns studiert, und ih darf annehmen, daß unsere Vorschriften denjenigen, die von den anderen Ländern neuerdings erlassen worden sind, im wesentlichen zum Vorbild gedient haben.

Meine Herren, ich darf ferner noch hervorheben: das Reichs- Eisenbahnamt hat in sehr dankenswerther Weise auch diese Frage jeßt in Behandlung genommen. Es hat die Bundesstaaten, welche Staatéeisenbahnen besißen, anfgefordert, mit dem Reihs-Eisenbahn- amt in Verhandlung zu treten, um bestimmte Grundsäße für die Inanspruchnahme der Beamten allgemein durch Bundesrathsbes{chluß einzuführen.

Meine Herren, diesen Verhandlungen sind die preußishen Vor- s{hriften zu Grunde gelegt worden, und die Vorschläge auf - Ab- änderung dieser preußishen Vorschläge sind verhältnißmäßig un-

das System, welches in diesen Vorschriften lag, im Laufe der Jahre immer mehr ausgedehnt und sharfe Kontrole geübt über die Durch- ü innerhalb ber Lokalbehörden.

R will A yerschweigen, daß wir bei diesen Revisionen nod) mannigfache Verftöße bis in die leßte Zeit gefunden haben, die theil- weise oft auf eine gewisse Zwangslage, in der die betreffenden Lokals behörden in dem gegebenen Falle sich befanden, zurückzufübren find, theilweise aber auch zurückzuführen find auf das Verlangen der Leute selbft, denen es erwünshter war, beispielsweise drei Stunden noh länger im Dienste zu sein, dann aber wieder nah Hause zu fommen, als 3 bis 4 Stunden kürzeren Dienst zu haben und übernachten zu müssen. Diesen Wünschen hat man, glaube ih, vielfah niGt mit Unrecht Nechnung getragen; man hätte dann aber nach meiner Auf- fafsung die Erleichterung an einem anderen Ende suchen müssen. Das ist au vielfa geschehen. G

N A E dieser Grundsätze hat für das Betriebs- personal sehr bedeutende Erleichterungen gebracht. Das ist aber nur mögli gewesen mit großen Opfern seitens der Verwaltung, Meine Herren, in der Denkschrift über die Betriebssicherheit finden Sie die hierauf bezüglihen Ziffern. FXch muß an dieser Stelle noh darauf zurückommen, daß mix wit Unrecht der Vorwurf vielfa gemacht worden ist, daß die am 1. April 1895 in Keaft getretene Neuordnung der preußischen Staats- eisenbahnverwaltung zu übertriebener Sparsamkeit bei Bemefsung des Betriebspersonals geführt habe. Meine Herren, das ist durchaus une rihtig, Ganz im Gegentheil hat die Neuordnung zu einer Ver- mehrung des Vetriebspersonals, aber zu einer Verminderung des Bureaupersonals geführt. (Hört! hört! rechts.) Dur sehr erhebli@e Vereinfahungen in dem ganzen Verwaltungs- und Rechnungswesen der Eisenbahnen von unten bis zur Ober-Nechnungskammer hinauf, ist es mögli gewesen, 3150 shreibende Beamte zu sparen. (Hört ! hört ! Links.) Meine Herren, die Verwaltung hat sich zu gleicher Zeit damit eines kolossalen Ballastes von nennen wir es mal kurz mit dem beliebten Wort Bureaukratismus entledigt. Wer von den Herren si für diese Frage interessiert, dem möchte ih anheimgeben, sh gelegentlTi mal die für die ganze ökonomische Verwaltung. der Staats-Eisenbahnen maßgebenden Borschciften, wie sie von unten bis zur Ober-Rehnungs- kammer aufgestellt sind, anzusehen. Jch gebe zu, es ist eine sehr trockene Materie; aber um sich über das Getriebe der Staats- cisenbahnyerwaltung zu orientieren, giebt es kein besseres Mittel, als einen Blick in diese Rechnungsordnungen u. | w. zu machen. Während wir also hier auf 100 km 17 sch{reibende Beamte sparen, wurden gleihzeitig auf 100 km 63 Betriebsbeamte mehr beschäftigt. Also is gerade das Gegentheil dessen eingetreten, was von ver- schiedenen Seiten, hier im Hause weniger als draußen im Lande, und in der Presse der Verwaltung zum Vorwurf gemaht worden ift. Meine Herren, mit den Verstärkungen des VBetriebs- personals war naturgemäß auh eine Vermehrung der etatsmäßig beschäftigten Beamten verbunden. Nachdem im Jahre 1892/93 bereits für einen großen Theil der damals {hon mehr- jährig thätig gewesenen Hilfsbeamten etatsmäßige Stellen ges{haffen waren, mußten in den folgenden Jahren die zur Durhführung der Dienfsterleihterung nothwendigen Hilfsbeamten zunächst als Diätare angestellt werden, und zwar nach den in allen preußischen Staaisressorts beobahtetena Grundsätzen. Diese aukßeretats- mäßige Beschäftigung hat nun vorübergehend für einige Zahre eine f\tärkere Verwendung von Hilfsbeamten herbei- geführt. Erst nach Verlauf der Diätarienzeit war derx Augenblick gekcmmen, wo es der Staatseisenbahnverwaltung über- haupt möglich war, diese Hilfskräfte in größerer Anzahl in Etats- stellen überzuführen. Im Etat für 1897/98 rourde daher {hon eine erhebliche Vermehrung der Etatsftellen herbeigeführt, aber, wie gefagt seit 1892/93 ift diese Vermehrung angestrebt, und zwar im Eta 1892/93 mit 7337 Stellen, 1893/94 mit 1500, dann komnuit dat Fahr 1894/95 mit 695, 1895/96 mit 1059, 1896/97 mit 253, 1897/98 mit 2830 und nach dem Etatsentwurf, der Ihnen vorliegt, 11 068. Durch diese Stellenvermehrung verbessern fich die Verhältnisse einer großen Anzahl von Hilfsbeamten sehr wesentlich. Es ist an den Stellenvermehrungen betheiligt das Zugpersonal mit 3712, das Lokomotivpersonal mit 2204, das Weichenstellerpersonal mit 1890, das Bahnwärterpersonal mit 822 Stellen. Also gerade diejenigen Beamten, die bezüglißh der Aufrehterhaltung eines ficheren Betriebsdienstes maßgebend sind, find von dieser Stellenvermebhrung in erster Linie betroffen worden.

Meine Herren, nun ist mehrfach behauptet worden, wir hätten nur Hilfsbeamte gehabt, die Hilfsbeamten wären nicht genügend aus- gebildet gewesen; Hilfsheizer hätten die Lokomotive geführt, Hilfs- weichensteller hätten an den Weichen gestanden, und Hilfsbremser hätten die Bremse geführt. Meine Herren, das ift richtig, aber es ist dabei vershwiegen, daß der Hilfsbremser, der die Bremse zu be- dienen hat, genau dieselben Eigenschaften besißen muß wie der etats- mäßige Bremser, und daß er sih darüber durch eine Prüfung ausweisen muß; dasselbe ist der Fall beim Hilfsweichensteller, dasselbe ift der Fall beim Hilfsheizer, beim Heizer 1. Klafse u. st. w. Der einzige Unterschied liegt nur darin, daß die Hilfsbeamten nicht etatêmäßig an- gestellt waren.

Meine Herren, wenn das ein Grund wäre, die Betriebs\sicherheit zu beeinträchtigen, dann hätte man mit den früheren Privatbahnen garniht fahren dürfen; denn die stellten ihre Beamten großen- theils überhaupt nicht definitiv an (ört, hört! rets), sondern in der großen Mehrzahl nux mit einer verhältnißmäßig kurzen Kündigungsfrist. Jh kann nicht annehmen, daß ein Beamter, der sih vollständig darüber ausgewiesen hat, daß er alle die Eigen- s{a\ten, alle die Kenntnisse besißt, die zu seinem Berufe nothwendig sind, darum weniger seine Pfliht thun wird, wenn er nit ectats- mäßig angestellt ift, als wenn er etatsmäßig angestellt ift. Dieser Auffassung bin ih bei den Beamten noch niemals begegnet, wohl aber der schr berechtigten Auffassung, daß es aus anderen persönlichen Rücksichten für sie durhaus wünschenswerth ift, aus dieser Hilfs- beamtenstelle in eine etatsmäßige - liberführt zu werden, die ihnen Sicherheit für sich und ihre Frau und Kinder bietet; das ist selbst- verständlich.

Meine Herren, die Löhne des zahlreidzen Arbeiterpersonals der Eisenbahnverwaltung bewegen sich entsprehend der Lebensweise und den Wohnungspreisen an ihrem Wohnort. Es ist das ganz selbste verständlich; die Eisenbahnverwaltung muß in der Beziehung den Be- dürfnissen, der Steigerung des Lebensunterhaltes folgen, sie

verwandten Privatindustrie oder sonstigen Beschäftigungen gezablt werden. Meine Herren, der beste Beweis dafür, daß wir in. der Be, ziehung nit zurückstehen, liegt darin, daß der Arbeiter den Dienst in der Eisenbahnverwaltung auch heutigen Tages noch vorzugsweise aufs suht, daß wir weit mehr Anmeldungen für unjere Gisenbahn- arbeiterstellen haben, als wir irgendwie zu befriedigen - in der Lage sind, daß generationsweise die Söhne aus den Familien beschäftigt werden, daß oft in ein und derselben Werkstätte drei Generationen neben einander arbeiten. Meine Herren, das würde sicher nicht der Fall sein, wenn das, was die Sozial. demokratie uns nachfagt, wirklich der Fall wäre. Das trifft nicht zu; der Arbeiter in der Eisenbahnverwaltung fühlt sich auch heutzutage noch in einer besseren Stellung als in der Privatindustrie, er sucht diese Arbeit vorzugsweise auf. Jch führe zum Beweise dessen folgende Ziffern an.

In der Zeit der Jahre von 1888 bis 1896/97 sind die Löhne der Werkfstättenarbeiter um 27 %/o, die der Betriebsarbeiter um 25 9% ges stiegen. Die Jahre 1897/98 und- 1898/99 werden mindestens den gleihen Jahresdurhschnitt an Steigerung ergeben, sodaß \ich die Gesammtsteigerung Ende 1898/99 auf 33 % bei den Werkstätten- arbeitern und auf 309/69 bei den Betriebsarbeitern belaufen wird. Noch ein anderes Exempel darf ich Jhnen vorführen. Wenn wir das Perfonal, welches im Jahre 1898/99 auf den Staatseisenbahnen beschäftigt wurde, mit den Sägen des Etats 1889/90 befoldeten, so würde fich dadurch der Ausgabe-Etat der Eisenbahnverwaltung um 53 Millionen Mark niedriger bemessen doch aud) ein Beweis dafür, daß wir in der Beziehung nit, wie neuerdings behauptet wurde, auf den todten Strang gerathen find.

Ich komme nun zu den sachlihen Ausgaben. Bei dbiesen übergehe id diejenigen, die nicht von hervorragender Be- deutung sind. Ih wende mich zunächst ¿zu den Bahnanlagen und muß hier vorab auf das allerbestimmteste aussprechen, daß gerade hinsihtlich der Unterhaltung, Erneueruna, Ergänzung, Ver- mehrung der Bahnlager und auch der Betriebsmittel von Zahr zu Jahr în erhöhtem Maße außerordentlihe Aufwendungen gemacht worden find, Jch will aber nicht unterlassen, dem hinzuzufügen, daß wir angesihis der jeßigen Verkehrslage, die vorautfihtlich au in der nächsten Zeit nicht wesentlich abfluthen wird, unserer Aufgake niht gewachsen wären, wenn wir nicht in erhöhtem Maße auf die genügende Ausrüstung der Bahn in allen ihren Theilen Bedacht nehmen wollten. Die Verkebrsfteigerung ist eine so außerordentli starke, taß selbs die außergewöhnlichen Meittel, die uns bereits 1896/97 und 1897/98 geboten sind, nicht aus- gereiht haben; fie baben selbst nach Vermehrung des Fuhrparks in einem Jahre (nämlich in dem Jahre vom 1. Oktober 1896 bis dahin 1897) um 147 Tausend Güterwagen nicht hingereicht, um die Berkehrswellen im Herbst ausreicend zu bewältigen, troßdem daß die einheimischWen Waggonsabriken {hon seit mehreren Fahren von den Staatseisenbahn-Verwaltungen bis an die Grenzen threr Leistungs- fähigkeit in Anspruch genommen sind, troßdem auch bei den inländi- {chen Lokomotivfabrik ähnlihe Zufiände obwalten. Daß roir nit die Hände in den Schoß gelegt haben, beweist der Umstand, daß vom 1. Oktober 1897 bis 31. Oktober 1898 vie deutschen Wagzgon- fabriken an den preußischen Staat 20 000 Güterwagen abliefern müssen. Die, meine Herren, find nitt bestellt worden aus Noth während des Wagenmangels, fondern in regelmäßiger, forts{reitender Beschäftigung der Fabriken zur Grgänzung unseres Wagenparks. Dazu trommen noch etwa 778 Lokomotiven und 1243 Personenwagen,

Meine Herren, gestatten Sie mic, daß ih auch etwas Historisches berühre. Es ist so häufig behauptet und noch neuerdings bei den Berhandlungen im Reichstage ausgespro@en: ja, wenn wir noch Privatbahnen hätten, dann würde man {hon von Aufsichtswegen hinter ihnen sein, daß sie ihren Wagenpark genügend ausrüsten. Meine Herrea, ih diene jeßt dem geflügelten Nade 34 Jahre und kann ohne Ueberhebung sagen, daß ich doch mancherlei Erfahrungen hinter mir habe, und zwar im Staatsbahnwesen wie im Privathahn- wesen. Ich habe in diesen 34 Jahren die Beobachtung machen müssen: die Zeiten des Wagenmangels waren die wirihschaftlich guten; die Zeiten, wo die Eisenbahn in der Howfluth des Verkehrs die Wagen alle stellen konnte, waren die wirtbschaftlich s{chle{chten, und wer einiger- maßen zurücksehen kann in die Vergangenhcit, wird mir da vollständig beiftimmen. Aber, meine Herren, um Ihnen ein Bild zu geben, wie die Verhältnisse damals bei den Privatbahnen waren, habe ich mir ich bitte den Herrn Präsidenten, mir zu gestatten, meine Notizen zur Hand zu nehmen aus den leßten Jahren der hauptsählihsten Privatbahnen die betreffenden Daten zusammengestellt, und zroar habe ih die Jahre genommen, in denen erhebliche Vergrößerungen des Baßnneyzes nicht mehr vorgekommen find.

Ich habe hier zunächst Köln—-Minden. Die Köln-MindenerEisenbahn- gefellshaft hat in den fünf Jahren vor der Vecstaatlihung 6 Lokomotiven mehr beschafft und hat 209 Güterwagen am Ende dieser Periode wenigec gehabt wie am Anfange. (Abg. Gamp: Hört! hört!) Berlin- Anhalt hat in der siebenjährigen Periode vor der Verstaatlichung vier Lokomotiven im legten Jahre mehr gehabt als im ersten und 14 Güterwagen weniger. Berlin - Potsdam - Magdeburg hat in einer fünfjährigen Periode im leyten Jahre sechs Lokomotiven weniger und 10 Güterwagen weniger gehabt. Berlin - Görlitz hat in einer achtjährigen Periode 2 Lokomotiven mehr und 121 Güterwagen auch mehr gehabt. Berlin-Hamburg, die leistungsfähigste und kapital- kräftige ter Bahnen, ze‘hnete #s|ch vortheilhaft aus: sie hat am Ende einer achtjährigen Periode im legten Jahre 31 Lokomotiven und auch 320 Güterwagen mehr gehabt. Die thüringische Eisenbahn hat in der siebenjährigen Periode zwei Lokomotiven im leßten Jahr weniger und 129 Güterwagen mehr gehabt. Die Hessishe Ludwigsbahn das leßte Beispiel hat in den leßten 67 Jahren vor der Verstaatlihung bei einer kleinen Ver- mehrung des Bahnbetriebes denselben Lokomotivbestand gehabt wie in dem erften Jahr und 125 Güterwagen mehr. (Zuruf links.) Meine Herren, es liegt mir durchaus fern, einen Vorwurf auf diese Verwaltungen zu werfen; ich habe nur damit Herrn von Eynern gegenüber den Beweis antrcten wollen, daß auch in der Zeit der Privpatverwaltung in der Beziehung doch niht mit der Voraussicht gewirthshaftet worden “ift, wie man wohl anzunehmen geneigt ift. i

(SÿYluß in der Zweiten Beilage.)

wesentli). Ih habe ihnen au sofort zugestimmt. Wir sind au bei den 92er Vorschriften keineswegs stehen geblieben, sondern haben

i muß denjenigen Säßen an Löhnen folgen, die in der

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Sltaals-Anzeiger.

M 68.

(S@hluß aus der Ersten Beilage.)

Meine Herren, ih habe hier einen Auszug aus dem stenographisckhen Bericht der 12. Sizung des Hauses der Abgeordneten vom Freitag, den 8. Februar 1889, wo ‘“auch über Wagenmangel und was damit zusammenhängt die Rede war. In dieser hat einer der Herren Abgeordneten, der in dieser Frage, wie ih vollständig anerkenne, in hohem Grade Sachverständiger ist und allezeit gewesen ist und das allerhöchste Interesse gerade für diese Frage stetig gezeigt hat, sich folgendermaßen ausgelafsen :

„Meine Herren, ein Mittel der Abhilfe, welhes absolut sicher ist, wird fich s{chwerlich angeben lassen, wenn man nach anderer Richtung erhebliche Nachtheile vermeiden will. Man könnte so thôriht sein zu sagen, die Eisenbahnverwaltung hätte die Pflicht, weit über die Grenze des aftuellen Be- dürfnisses hinaus Lokomotiven und Wagen anzuschaffen, für einen erheblihen Reserveübershuß an rollendem Material zu sorgen, neue Refervebahnb öfe zum Rangieren anzulegen u. \. w. Ich sage, so thôriht könnte jemand sein; selbstverständlih liegt es mir fern, einen solchen Gedanken meinerseits zu hegen; - aber die Vermehrung des Betriebsparkes muß dem Verkehre ras folgen, und es ist, wie ich {on bei früheren Ge- legenheiten gesagt habe, ein Mangel in unserem Eisenbahn - Etat, daß der Eisenbahnverwaltung keine genügenden Mittel zur Ver- fügung geftellt find.“

Meine Herren, ih führe das nur an als einen Beweis dafür, daß au in diesem hohen Haufe früher die Ansichten anders gewesen sind, als sie heutzutage es sind. Jeder i} ein Kind des Augenblicks.

Hier und da sind Andeutungen laut geworden, als wenn die Eisenbahnverwaltung ihrerseits wohl den guten Willen gehabt hätte, daß ihr aber beziehungsweise ihren ausführenden Organen nicht die aus- fömmlihen Mittel zur Verfügung gestellt worden seien, um das dur die Veikehrssteigerung eingetretene erhöhte Unterhaltungs- und Meliorationsbedürfniß angemessen zu befriedigen. Das ist, wie ih bestimmt erklären kann, ein Irrthum. Der Eisenbahnverwaltung hat es nicht an Geld gefehlt ; im Gegentheil, wir haben das Geld, welches uns im Ordinarium und Extraordinarium des Etats zur Verfügung gestellt worden ift, bis jeßt noch nicht konsumieren können; größere

Summen stehen, wie das hohe Haus weiß, uns noch zur Verfügung. Nicht als ob diese Summen überhaupt entbehrliß wären oder die Objekte, für die sie bestimmt sind! Nein, im Gegentheil, diese Objekte sind heutzutage noch ebenso ein Bedürfniß wie früher; es ist

aber der Eisenbahn-Verwaltung niht möglich gewesen, die Summen |

bisher vollständig zu verroenden.

Wenn ih zunähft das Extraordinarium hier betrachten darf, fo sind noch über 61 Millionen Mark als Beftand vors- handen, weil die Zwedle, für die fie bewilligt worden sind, noch nicht haben auégeführt werden können. Das Anwachsen dieser Bestände beim Extraordinarium is {on seit Jahren fort- shreitend gewesen; es muß dabei aber zunächst ins Auge gefaßt werden, daß in den erheblih vermehrt haben, weil man zie Ausgeftaltung der bestehenden Bahnen in ihren Anlagen sowohl wie in ihren Betriebsmitteln niht mehr aus Anleihen bestritten hat, sondern aus dem Extraordinarium. So sind denn allmählih diese Bestände auf den Betrag von 61 Millionen im Jahre 1897 angewachsen.

Die erste natürlihe Frage, die sih daran knüpfen muß, ift die: kann denn die Eisenbahnverwaltung das Tempo ihrer Bauausfübhrungen nicht beshleunigen ? Die Frage ift durchaus berechtigt, und die Eifenbahn- verwaltung würde äußerst glöcklih sein, wenn sie diese Frage ent-

schieden mit Ja beantworten könnte; aber leider liegen die Vers- | Gestatten Sie, daß ih ganz kurz nur die Gründe |

bâältnisse nicht fo. skizziere, die dagegen \prechen. Es ift ersiens die in tage getroffene Vereinbarung zu Spatenstih nicht in die Erde gemacht che nicht bis in die Einzelheiten festgestellt worden ift, daß die verarshlagte Summe auch reicht. Darüber vergeht außer- ordentlih viel Zeit, nicht nur darum, weil die Veranschlagung nit |

|

Uebereinstimmung mit dem beahten, daß der erste

der Ausführung kurz vorhergehen kann, sondern bis auf den leßten Rest, bis auf das leßte Bahnwärterhaus erst vollständig durchgeführt werden muß, sondern auh beswegen, weil {ih in diese Zeit auch die ganzen Anftände zufammendrängen, die sich aus der landeépolizeilichen Prüfung, aus den Wünschen und Beschwerden der betreffenden Interessenten zusammenseßen. Was das heißt, das werden fehr viele von Ihnen, die {hon in der Beziehung Erfahrungen hinter \ich haben, mir wohl nachfüblen können.

Endlich und drittens is die Hinderung darin zu suchen, daß der Apparat nicht beliebig sprungweise verstärkt werden darf, wenn wir niht in solhe Mißstände hineingerathen wollen, wie wir sie Anfang der 90 er Jahre gehabt haben. Wir können nur regelmäßig vorwärts gehen, nur allmähliÞ nit der Verstärkung des Bauapparats renen und müssen uns demgemäß einrihten. Wir haben in | den vergangenen Jahren von den Betriebsmitteln abgesehen N und, wenn's hoh kommt, 80 Millionen aus Anleihen und Extra- dtdinarium verbaut. Das haben wir ¿wingen können mit unserem illmählih anwahfenden Apparat ; wir hoffen, daß wir in der nächsten Zeit mehr werden bewältigen können, weil wir einer- seits darauf bedaht sind, Leute in der Betriebsverwaltung rel zu machen für derartige Zwecke, andererseits auch{, soweit es irgend möglich ift, die Priyatunternehmungen heranzuziehen. Die Privatunternehmungen für Bauausführungen im laufenden Be- triebe heranzuziehen, ift aber verhältnißmäßig nur in seltenen Fällen mögli; wir hoffen aber, auch darum in ein ras{heres Tempo zu ommen, ‘weil, wenn die außergewöhnlichen Mittel, ‘die von der Budget- kommission beim hohen Hause béfürwortet sind, in den Etat eingeftelt werden, wir dann wenigstèns mit dem

tunderwerb ‘und der Schienenbeshaffüng unverweilt vorgehen können, während wir sonft au mit dem Grunderwerb auf den s{mälen

lcßten Jahren die Summen si sehr |

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1 . , Ves

| Meine Herren, das ift nicht der Fall.

| L Lands |

werden darf, |

Berlin, Sonnabend, den 19. März

Dispositionsfonds von 24 Millionen angewiesen waren. Wir werden mit den reihlihen Summen in der Lage sein, überall da sofort zuzu- greifen, wo das nothwendig erscheint. JIch kann daher, glaube i, mit gutem Gewissen versihern, daß die Verhältnisse in dieser Be- ziehung \ih erheblich befsern werden.

Aber, meine Herren, wir haben auch im Ordinarium Reste, die von Jahr zu Jahr geftiegen und im Jahre 1896/97 bis auf 47 Millionen gewahsen sind. Auf das Anwachfen dieser Reste wirken dieselben Ur- sahen, wie auf die Reste im Extraordinarium. Es kommt aber auch ferner ein Moment in Betracht, welches ih mir erlaubt habe, in den leßten Jahren regelmäßig an dieser Stelle zur Sprache zu bringen . Bis zum Anfang der 90er Jahre wurden am Jahres\{luß die noh erforderlichen Geldmittel für die in dem betr. Etat bewilligten kleinen Bauten und Anschaffungen nur soweit in Rest gestellt, als sie that- sählich bereits in Angriff genommen waren; was darüber hinaus erforderlich war, wurde aus den Mitteln des folgenden Etatsjahres entnommen, wenn die Ausgaben au wirthshaftlichß dem Vorjahre angehörten. Die Folge waren immer stärker hervortretende Etats- überschreitungen, die {chließlich ein Maß angenommen hatten, welches wirklih für die allgemeine Finanzlage des Staates niht ohne Be- denken war. Wir hatten 1890/91 eine Etatsüberschreitung von 66 Millionen Mark, aber nur 6 712 000 an Resten.

Sie werden mir nun zugeben und haben das in früheren Jahren {on zugegeben in der Kommission sowohl, wie im Plenum —, daß ein derartiges Verfahren, wie es in den rüdckwärtigen Fahren beobachtet ift, für eine Betriebsverwaltung nit richtig ist. Ein Privatbetriebsunternehmer würde nimmermehr so handeln, sondern der Privatbetriebsunternehmer würde das Jahr belasten, welches zu der Ausgabe die Veranlassung gegeben hat, und so haben wir also auch feit einer Neihe von Jahren, der Herr Finanz-Minister und i, in völliger Uebereinstimmung gewirthschaftet, und dieser Grundfay ist nunmehr auch in der neuen Gesegesvorlage über den Staatshaushalt zur geseßlichen Anerkennung gelangt. Durch dieses strenge Verfahren, welches \sich mehr an die Wirklichkeit anlehnt, sind scheinbar größere Reste entstanden. (Für Sie sage ich das niht, aber hier fund da darf unsereins ja auch mal ein bishen aus dem Fenster hinausreden.) Sie erkennen die Lage, aber da draußen im Lande wird man sagen: seht ihr, fie haben sparen wollen! während in Wirklichkeit dabei für die Finanzverwaltung kein Pfennig Er- sparung herausschaut. Die Finanzverwaltung kann diese Reste nicht in den allgemeinen Seckel hineinstecken. Aber, meine Herren, was ist die Folge davon gewesen? Seit der Zeit renen wir in diesem Titel niht mehr mit Ueberschreitungen. Seit der Zeit haben wir au | für nothwendige Ausgaben, die fih im Lauf des Jahres zeigen, auch das nothwendige Geld. Meine Herren, Sie müssen bedenken, wir müssen unsere Etats aufstellen 1} Jahre vor der Zeit, wo wir die neuen Objekte ausführen. Die Eisenbahnverwaltung ist ein Betriébsunternehmen, das sehr raf pulsiert und sehr lebendig in seinem ganzen Bedürfniß ist, Was vor 1¿ Jahren nothwendig erschien, ift es nach 1} Jahren vielleicht nicht mehr; dafür find eine Reihe anderer Bedürfnisse von derselben Art, die aus demselben Titel, aus derselben Position auf- getreten sind, befriedigt worden. Früher hatten wir kein Geld dafür und mußten überschreiten; jeßt haben wir das Geld und können uns nah den jeweiligen Bedürfnissen ohne Ueberschreitung rihten. Mit der Zeit ift die Eifenbahnverwaltung in der Lage gewesen, mit einer gewissen Beweglichkeit zu operieren. Dadurch ift das Verhältniß zur Finanzverwaltung nicht weiter getrübt worden; der Herr Finanz - Minister wirkt überall da, wo es nothwendig ist, auch mit.

Meine Herren, da möchte ih darauf aufmerksam machen: es wird jeßt immer gesagt, der Herr Finanz-Minister klemmte seinen Kollegen den Arbeits. Minister, den Eisenbahn-Minister, an allen Ecker und Enden. Aber wer kat denn verlangt, daß das gesehen foll ? Das hat die Budgetkommission und das hohe Haus verlangt. (Sehr richtig!) Jch könnte Ihnen hier die darüber abgefaßten Protokolle aus dem Jahre 1893 vorlesen, verzihte aber darauf, denn die Herren werden sich dessen ncch recht gut erinnern. Damals, als wir mit den großen Ueberschreitungen im hohen Hause erschienen, ist das ausdrücklich verlangt worden, und der Abg. Herr Dr. Hammaher ist derjenige gewesen, der am lebhaftesten verlangt hatte, es möchte der Finanz-Minister doc ein Einsehen haben und in allen Dingen mitwirken, die von einigem finanziellen Effekt sind, So ift es au geschehen. Es ift gesehen im Wege der Vereinbarung zwischen dem Finanz-Minister und dem Arbeits-Minister, und wird auch in Zukunft so geschehen, und ih glaube, für die allgemeine Finanzpolitik des Staats ist das au absolut nothwendig. Aber es ist vielleicht nicht unzweckmäßig, wenn man sich an die Zeiten, wo wir in Noth waren, noch cinmal erinnert; denn, meine Herren die Kriegékunst is veränderlih; es kann au mal anders kommen als heutzutage. Es können auch mal Zeiten eintreten, die niht fo günstig find, und wo man wirklich genöthigt ist, die Zügel der Sparsamkeit etwas mehr anzuzichen. Daß wir ‘aber in den nothwendigen Dingen nicht gespart haben, das, meine Herren, glaube id, haben wir in den

| ziffernmäßigen Darstellungen der Denkschrift über die Betriebseinrih-

tungen unwiderlêglich nachgewiesen.

Meine ‘Herren, die Ausgaben im Etat für 1897/98 werden wie ih vorhin {hon erwähnte um 34 Millionen Mark überschritten, und zwar bei folhen Ausgabetiteln, wo das von mir ges{ilderte System niht zur Anwendung kommt, wo ih ‘die Eifenbahnverwal- tung und au der Finanz-Minister der Ueberschreitung überhaupt nicht érwehren können : das ist der Titel ‘der Hilfsbediensteten und der Titel der Materialien, namentlich also der Kohlen. Jn den fogenannten tehnishen Titeln dagegen, wo das von mir geschilderte System waltete, sind seit dem Anfang dieses Dezenniums keine Etatsüber- shreitungen. mehr vorgekommen. Wenn wir nicht das System befolgt hätten, wütde im laufenden Jahre eine Véberschreitung voun- mindestens 25’ Milltonen entftanden sein, die ‘also noch ‘diesen 34 Millionen ju- toahsen ‘und die dann wieder ‘ähnliche Zustände ‘herbeiführen würden, wie ‘das’ im“ Jcdhre ‘1890/91 der Fall gewesen ‘ift.

1898,

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Meine Herren, ih will Sie mit Zahlen über die Beschaffung von Betriebsmaterial u. #. w. nihcht ermüden. Jh darf mich in der Beziehung sowohl auf die Ausführungen in der Denkschrift über den Stand der Betriebssicherheit als auf die Bemerkungen über den Wagenmangel beziehen, die ih eben vorgetragen habe. Meine Herren, ih möchte hier eine Bemerkung machen:

Die vielfa angefohtenen statistishen Vergleiche mit anderen Ländern, die wir mit allem möglichen Fleiß und Unbefangenheit zu- fammengetragen haben, haben bei mir nur den Werth, daß ih damit den Angriffen begegnen wollte, die gegen die preußishe Staatseisen- bahnverwaltung gerichtet sind; sie haben aber bei Leibe nit die Be- deutung, daß ih mi nun, weil es bei uns, wie ih annehme, immer noch besser ist, wie bei anderen Bahnen, dabei beruhigen und die Hände in den Schoß legen will. Das sei ferne von mir. Meine Herren, die Unfälle, mögen sie nun zahlreier oder minder zahlrei bei uns sein, als bei anderen, müssen unter allen Umständen bekämpft werden, und der Wagenmangel muß au bekämpft werden (Bravo!), und ih hoffe au, daß dieser Kampf von Erfelg begleitet sein wird.

Meine Herren, die Eisenbahnen kämpfen gegen beide Erschei- nungen, fo lange sie bestehen. Ganz aus der Welt schaffen werden sie sie niemals; aber mildern, verringern, das liegt doch wohl in ihrer Macht, wenn ja auch leider Momente, über die die Verwaltung nicht Herr ist, vielfah dabei mitsprehen. Aber es liegt in der Macht und in der Pflicht der Eisenbahnverwaltung, alles, was in ihren Kräften steht, zu thun, um nah diesen Richtungen hin allmählih bessere Zu- stände zu schaffen.

Wir haben daher in der Eisenbahnverwaltung sofort die Frage in Angriff genommen, was zu geschehen hat, um die Betriebs- sicherheit und die Verkehrsregelmäßigkeit zu fördern. Die Staats- regierung hat dabei zunächst geglaubt, Fürsorge treffen zu sollen, daß ihr die nöthigen Mittel gewährt werden. Ich kann mit Dank heute anerkennen und aus\prehen, daß diesem Erforderniß, diesem Wuns der Staatsregierung wohl seitens des hohen Hauses in Genehmigung des Antrags Jhrer Kommission wird entsprochen werden.

Meine Herren, es ist dann fernerhin dur eine erheblihe Ver- stärkung der Ausgabetitel, die hierbei in Betracht kommen, für den Etat von 1898/99 ferner der Staatseisenbahnverwaltung die Möglich- feit gegeben, nah allen Richtungen hin gerade für die Betriebssicher- heit und au für die Regelmäßigkeit des Betriebes bessere Zustände herbeizuführen. Sowohl im personellen Etat, wie im Etat der fäh- lichen Ausgaben finden Sie gegen frühere Jahre ganz außerordentli erhebliße Mehrbeträge eingestellt, zu \{chweigen von dem Extra- ordinarium, das ja bekanntlih in diesem Jahre ganz außerordentlih hoch dotiert worden ift.

Meine Herren, was die Vermehrung der Betriebsmittel anbetrifft, fo sind in der sicheren Vorausseßung, daß der 20-Millionenfonds auch in diesem Jahre aus den Ueberschüssen des Jahres 1897/98 fih voll- ständig füllen wird, {hon in erheblihem Maße (bis zu 16 Millionen) Dispositionen zur weiteren. Beschaffung von Betriebsmitteln getroffen, die also demnächst die Fabriken, wenn sie dafür disponibel find, weiter beschäftigen werden.

Dann ist bezüglich der Sicherheitscinrihtungen eine spezielle Ne- vision aller Bahnhöfe angeordnet worden, und wo irgendwie ein Zweifel möglich war, wo eine Verbesserung, wenn sie auch nicht nöthig, so doch nüßlich war, ist das Nöthige bereits angeordnet worden. Auf einer sehr großen Zahl von Bahnhöfen ist hierin das Nöthige schon geschehen, beziehungsweise ist es in der Ausführung begriffen. Meine Herren, was dann die thunlichfte Trennung des Ver- schiebedienstes auf den Bahnhöfen von dem durchgehenden Verkehr anbetrifft, so werden auch nach dieser Nichtung hin die Bahn- hôfe, auf die es hauptsählih ankommt, untersuht, und wird von seiten der Direktionen dann darüber bei mir Vortrag unter Vorlage von Projekten gehalten werden. Auch der Umbau von Bahnhöfen, welche voraus\fihtlih in naher Zukunft {on in Bedrängniß kommen könnten, ift in Erwägung genommen, und es sind auch bier die vor- bereitenden Schritte gethan. Auch an Umgehungsbahnen bei großen Bahnhöfen wird gedacht, die ja für die Sicherheit und Beschleunigung des Verkehrs außerordentlih erwünscht fein würden.

Auch die Herstellung zweiter, dritter und vierter Gleise gehört in den Kreis dieser Erwägungen. Ih möchte da nur eins bemerken. Es wird immer auf England hingewiesen. Der Herr Referent, glaube ih, sagte, England fei s{chon seit 30 Jahren in Bezug auf die Ver- mehrung der Gleife vorgegangen. Meine Herren, ih habe amtliche Erhebungen in allerneuester Zeit anstellen lassen, und es ist mir au

amtlicherseits mitgetheilt worden der Brief ift vor ein paar Tagen eingegangen —, daß auf den englischen Bahnen 3 9/6 der Betriebslänge dritte und vierte Gleise haben. Alfo so ganz aufregend viel ist das in England heut zu Tage au noch nit, und es betrifft das nur die nächsten Vororte der großen Städte.

Bezüglich der Niveauüberschreitung {ind die Engländer allerdings weiter. England ift ein viel reiheres Land und konnte infolge defsen au in Bezug auf die ‘Aulage seiner Eisenbahnen mehr auf- wenden. Die Amerikaner ftehen bekanntlih in dieser Beziehung weit unter uns, und das mag auch wohl bauptsächlich der Grund sein, warum bei den Amerikanern die Verleßungen von Perfonen fo außerordentlich häufig sind. Mir hat ein guter Freund aus New-York heute Morgen die amtliche Mittheilung über Verleßungen auf den amerikanishen Bahnen ges{chickt; nur kurz möchte ih sie hier zur JUustration mittheilen. 1895 und 1896 wurden ges tödtet 6448, verleßt 38 687, durschnittlich in den leßten 9 Jahren getödtet 6444, verleßt 33 000. Eigentlihe Passagiere befanden fih unter den Getödteten 283 im Durchschnitt der leßten 9 Jahre. Im Durchschnitt der leßten 9 Jahre haben wir bei uns 29 getödtete Pâffagiere.

Meine Herren, ih habe hon vorhin gesagt, die Staatseisenbahn- verwältung werde wie bisher nah allen Kräften bemüht sein, ‘die Sicherheit und die Regelmäßigkeit ‘des Betriebs auf ihrem Ney zu béfsern ‘und zu fördern, so weit es eben möglich sei. Sie ist sich auch

bewußt, ‘daß dies ihre ernfte Pflicht und ihre ernsteste Aufgabe ist.