1898 / 69 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 21 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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wendungen, braußt man doch nicht zu Anleihen über- geben; gegenwärtig reiht das noch aus. Ich bezweifle sogar, daß der Herr Minister der öffentlihen Arbeiten thatsächlich in der Lage sein wird, die außerordenilich hohen Beträge des Extraordinariums, welche ja in vielen Fällen gerade solchen Zroecken dienen, einshließlich der 30 Millionen, die jeßt nach dem Antrage der Budgetkommission neu bewilligt werden sollen, überhaupt verbrauchén zu können. Der Herr Minister hat ja die Gründe {hon angegeben , warum derartigen großen Bauten doch bestimmte Grenzen gescßt sind wegen des Personals, Materials und bezw. der Beschaffenheit der Bahnhöfe während des Umbaues. Also ich glaube noch garnicht, daß es möglich sein wird, in einem Jahre alles zu verwenden. Aber würde es möglich sein, so wäre es um so erfreuliher, und es wird ja gewiß von der Eifenbahnverwaltung alles aufgeboten werden, derartige Verbesserungen möglichst schnell herbeizuführen.

Für das nächste Jahr haben wir nun wiederum diefe 30 Mil- lionen extraordinär nach dem Antrage der Budgetkommission zur Disposition, und ich meine, da kann man vorläufig mal abwarten, ob wir uns nicht aus den Uebershüssen der Eisen- bahnen helfen können, und ob es nothwendig ift, überhaupt zu Anleihen überzugehen. Sollte es nothwendig werden, dann werden wir zu der Zeit, wo diese Nothwendigkeit an uns herantrcitt, über die Frage uns weite® unterhalten.

Meine Herren, s{chließlichz möchte ih noch gegenüber dem Herrn Abg. Kircher, der meint, es sei kein genügendes Personal überall vor- handen, das Personal müßte wesentli} vermehrt werden do noch cine interessante Statistik den Herren mittheilen. Menn in einem Betriebe, wie es die Eisenbahnverwaltung ist, das Personal in demselben Verhältniß wächst wie die Ueberschüsse, so ist das ein Beweis, daß man Fürsorge getroffen hat, in reihliher Weise dem wachsenden Betriebe nahzukommen. Je größer der Umschlag wird in einem großen Geschäfte, je mehr wird verhältnißmäßig an Personal fonst gespart. Wie liegt nun hier die Sache?

Wir hatten pro Kilometer Betriebslänge einen Nettoübers{chuß im Jahre 1890 von 110008 A und im Jahre 1898/99 veranschlagt 14 000,3 «A Wie stellen fch nun die persönlichen Ausgaben dagegen? Sie betrugen pro Kilometer 9000,95 A und im Jahre 1898/99 11 000,1 4, folglich haben sich die Ausgaben für persönliche Zwecke ziemlih gleih gehalten mit der Ent- widelung des gesammten Unternehmens. Das deutet mir dahin R es ist ja allerdings eine Statistik, die man vom finanziellen, allgemein

nationalökonomis@en Gesichtspunkt aufgestellt hat —, daß die Ver- j

mehrung der Beamten und namentlich ihre Besoldung ganz ent- sprechéènd der Entwickelung des ganzen Eisenbahnunternehmens ge- wesen ist. Namentlih das leßtere geht hieraus hervor, daß die Beamten an den Reinerträgen entsprehend theilgenommen haben. Mehr kann man im allgemeinen doch gewiß nit verlangen. - Abg. Gamp (fr. kons.): Dem gemeinsamen Wirken der beiden hervorragenden Minister haben wir es zu verdanken, daß wir mit Stolz auf die Eisenbahnverwaltung blicken können. Retrospektive Betrachtungen haben heute keinen Zweck. Herr Gothein irrt, wenn er meint, daß man 1888—1890 hâtte voraussehen können, welche Entwicktelung die Industrie gegenwärtig nehmen würde, und ih muß deshalb die damalige Verwaltung in Schuß nehmen. Sind denn wirklich so erheblihe Kalamitäten im vorigen Jahre eingetreten ? Durchaus nicht. Die Addierung der fehlenden Wagen giebt doch kein richtiges Bild, denn es kommt nicht allein auf die Zahl der bestellten Wagen an, sondern auf den wirklichen Bedarf. Die Ver- waltung follte aber der Frage näher treten, ob sie nicht in den Sommermonaten erheblihe Frachtkredite bewilligen könnte. Auch an die Frachtermäßigungen sollte die Bedinguug geknüpft werden, daß die Güter in bestimmten Monaten befördert werden. Die Thomas- [chlade sollte denselben billigen Tarif bekommen wie das Kainit. Eine Erweiterung der Bahnhöfe und eine Vermehrung der Geleife ist ewiß nothwendig, aber die Verwaltung sollte bei manchen Bahn- Pöfen vorsichtig fein, die später vielleitßt durch Kanäle über- flüssig werden. Den Rath, daß die Regierung niht Wagen auf Vorrath bauen lasse, hat 1889 niht etwa jemand von unserer Seite gegeben, sondern Herr Hammacher. Die Zahl der Unfälle läßt sid) dur eine Vermehrung der etatsmäßigen Stellen kaum vermindern. In anderen Staaten hat man mit niht angestellten Beamten keine {limmen Erfahrungen gemacht. Diese Beamten haben stets vor Augen, daß sie bei schwerem Verschulden ihr Schicksal und das ihrer Familie aufs Spiel seßen, während die fest angestellten Beamten nicht viel zu riskieren haben. Damit soll nicht gesagt sein, daß ih den Beamten nicht eine Besserstellung gönne. Ein Bahnwärter kann ganz gut 14 Stunden Dienst haben, denn seine Thätigkeit ist eine leichte. Die Urfachen der Unfälle klar zu stellen, ist ein dringendes Bedürfniß. Das Verlangen des Publikums nah einer großen Fahrgeshwindigkeit und Bequemlichkeit im Wagen trägt einen großen Theil der Schuld. Die D-Züge werden gefährdet, wenn der Betrieb irgendwo \tockt und sie nicht glatt durchgeführt werden. Die Trennung der Personen- und Gütergeleise würde auf die Verminderung der Unfälle keinen Einfluß üben. Unpraktish ift auß der Vorschlag, zwishen den Stationen Ausweichegeleise einzurihten. Auf kleinen Stationen soll ein Aus- weichen nicht stattfinden. Bei Verspätungen kommen aber Kreuzurgen vor, und in solhen Fällen sind die Stationsbeamten kaum im stande, die nöthigen Diépositionen zu treffen. Sind aber einzelne Beamte dazu im stande, dann müssen sie auch besser besoldet werden. Die Regierung sollte bei der Untersuhung der Unfälle die Rathschläge der Mechanisch- Technischen Versuchsanstalt bezüglich der Kuppelung 2c. mehr als bisher sih zu nuße machen. Jn die Betriebsinspektionen Kauflevte oder mehr Techniker zu berufen, is unzweckmäßig. Nicht bloß der Staat, sondern auch Kommuvnen und privatindustrielle Unternehmungen legen auf die juristische Vorbildung ihrer Beamten ein großes Ge- wicht. Jch erinnere an die juristisch vorgebildeten Bürgermeister und Bank-Direktoren. Selbst in Amerika sind Juristen an der Spitze der Eisenbahnvetwaltungen, ebenso in England und Frankreih. Allerdings heißen fie dort Advokaten, niht Assessoren. Jedenfalls ist die juristische Bildung kein Hinderniß für die Leitung der Eisenbahnen. Die Affessoren müssen einberufen und ein Jahr beobahtet werden, ehe sie in den Eisenbahndienst eingestellt werden auf Grund eines rigorosen Examens. Nur die besten Kräfte dürfen an die Spitze gestellt werden. Unter den Technikern sind natürli au fehr geeignete Personen ; aber ihre Auêwahl ist sehr s{chwierig, weil eine größere Zahl in der Direktion niht vorhanden ift. Die Friktionen und Kämpfe müssen auf irgend eine Weise aus der Welt geschafft werden, aber niht aaf dem Wege, den Herr Gothein vorschlägt, daß eine eigene Eisenbahncarrière für hôhere Verwaltungsbeamte eingeführt wird. Da müßte si der junge Mann schon mit 18 Jahren entscheiden, ob er in’ die: Eisenbahn- verwaltung eintritt oder nit. Jährlich brauht man sechs Affsessoren, und diese können dann 15 Jahre auf Anstellung warten, Man follte vielmehr an die niederen Stellen niht so hohe technische An- orderungen stellen und die höher gebildeten Techniker nicht zwingen, ch mit Funktionen zu befassen, die. nicht für sie passen. Auf diese Weise würde eine große Zahl von höheren Technikern für die höheren Stellen frei werden. Gegen die Neuorganisation habe ich nur das Bedenken, daß die Materialverwaltung zu sehr zentralisiert ift. Dadurch werden die großen Unterrehmer begünstigt, die kleinen in der Provinz zurückgedrängt, und der Handwerkerstand verliert seine Einnahmen, Bei den Schwellen überwiegt die Lieferung dur große

Firmen son heute. Man könnte es den Stationen überlassen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen - auf Grund der Preise, die von der Zentralstelle festgestellt sind, Der Lieferungstermin der Schwellen sollte spätestens bis zum 1. „November festgeseßt rwoerden. Da beginnen die Submissionen der Oberfö.fter, und die Händler können ih versorgen. Mit Buchenschwellen follte man auch in Preußen größere Versuche machen. Jeßt müssen die Buchenschwé llen erst nah dem Elsaß gefahren werden, um dort probiert zu werden. Die Eisenbahnverwaltung follte unsere einheimische Landwirthschaft mehr berücksihtigen. Die Kontrole über die Güte des ausländischen Holzes i} überhaupt kaum möglih. Die Eisenbahnverwaltung sollte bei Entscheidungen über Lieferungen ein Schiedsgericht mitwirken lassen. Der Gedanke bei der Verstaatlihung, daß niht Privat-, sondern öffentliches Junteresse künftighin maßgebend sein sollte, hat fh vollauf verwirkliht. Die Ueberschüsse der Eisenbahnen kommen der Allgemeinheit zu gute. Das Land verdankt den Eisenbahnen, daß wir die Einkommen unter 900 A von der Steuer haben freilassen können, es verdankt ihnen die höheren Besoldungen, und es ist nur zu wünschen, daß diese Politik weiter verfolgt wird.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen :

Meine Herren! Ih möchte auf einige von den Auéführungen der verschiedenen Herren Redner im Hause kurz antworten, bitte aber um Entschuldigung, wenn daraus ein etwas buntes Bild wird (Heiter- keit), es ist das nicht anders möglih. (Sehr gut!)

Herr Graf Limburg-Stirum hat der Staatsregierung zur Er- wägung gestellt, ob es nicht zweckmäßig sei, daß, während jeßt der Arbeitsminister über eine ganze Reihe von Differenzen entscheidet, die zwischen der Landes- Polizeibehörde und der Eisenbahnbehörde bei An- lage von neuen Bahnen, bei Umänderung von Bahnhöfen, bei Be- seitigung von Niveaukreuzungen u. s. w. entstehen, diese Entscheidungen künftig einer neutralen Instanz überwiesen würden, weil es doch etwas Mißliches an fih habe, daß der Arbeitsminister, der doch zuglei der oberste Chef der einen Partei sei, über derartige Angelegenheiten auch die endlihe Entscheidung treffe. Meine Herren, das ist eine Frage, die niht zum ersten Mal auftauht, sondern, soweit mir erinnerlih, [hon früher wiederholt, intbesondere bei Berathung der Zuständigkeits- Gesfeße, angeregt ist, und sowohl bei der Landesvertretung, als auch bei der Staatsregierung s{chon zur Erwägung gestanden hat.

Der Herr Abg. Gamp hat daran den weiteren Vorschlag ge- knüpft, daß zu den Entscheidungen in diesen Fragen der Herr Minister des Innern zugezogen und dann von beiden Ressorts, dem Minister des Innern, als dem Chef der Landes- Polizeibehörde, und dem Arbeits- Minister, als dem Chef der Eisenbahnverwaltung, die Sache entschieden werden möge.

Herr Graf Limburg-Stirum sowohl wie der Herr Abg. Gamp haben dann gleizeitig empfohlen, auch etwaige Streitfragen zwischen den Kommunen und der Eisenbahnverwaltung bezüglih der Be- theiligung der Kommunen an den Kosten von Neubauten oder Um- bauten u. \. w. einer derartigen neutralen Instanz „zu überweisen. Meine Herren, nun liegt die Sache ja so, daß in der Provinzial- Instanz {on jeht die Landes-Polizeibehörde, also der Negierungs- Präsident, die Interessen der betreffenden Anlieger, und zwar, wie ich das aus meiner [langjährigen Erfahruug feststellen kann, in einer durch- aus entschiedenen Art wahrt, daß sie sich auch gar nicht scheut, ihre Stellung zu der Sache dem Arbeits-Minister in dem betreffenden Be- richt unumwunden zum Ausdruck zu bringen. Meinerseits ift das au niemals gehemmt worden; im Gegentheil muß ih dankbar dafür sein, daß mir die Sachen nicht einseitig, sondern von beiden Seiten beleuchtet vorgelegt werden. Aber, meine Herren, ih glaube auch anderer- seits das in Anspruch nehmen zu können, daß ih beiden Parteien gegen- über mit vollster Unparteilichkeit entscheide, und ich glaube das auch für meinen Herrn Amtsvorgänger in Anspruch nehmen zu dürfen. Bei allen solhen Entscheidungen giebt es immer eine Partei, die glaubt, sie wäre zu kurz gekommen, und, da die Eisenbahnbehörde, wenn sie vom Arbeits-Minister angewiesen ist, in diesen oder jenen Dingen nachzugeben, dagegen nicht muckt, so bört man nur einseitig diejenigen Urtheile, die von der anderen Seite gefällt werden. Daß niht immer allen Wünschen entsprohen werden kann, das, meine Herren, werden Sie begreiflich finden, das liegt in der Natur der Sache. Aber, meine Herren, wenn wirklich eine der- artige neutrale Instanz geschaffen würde, die die Ent- scheidungen über die betreffenden ODifferenzfälle übernähme, so würde zwar hie und da es ist nit zu leugnen eine Ent- scheidung herauskommen, die von der Auffassung des Ministers ab- weicht, auf der andern Seite jedech würde ein Schreibwerk in die Welt geseßt werden, dessen Umfang gar nicht zu übersehen ist. Außer- dem mache ih darauf aufmerksam, daß eine folche Neuregelung im Verwaltungswege überhaupt nicht herbeizuführen ist, sondern daß die Gesetzgebung geändert werden müßte. § 4 des Eisenkahngesetes macht ja ausdrücklich den Eisenbahn-Minister zuständig, und der § 158 des Zuständigkeitsgeseßes hat daran nichts geändert. Also so einfa ist die Sachlage nicht.

Was nun den zweiten Punkt betrifft, die Entscheidung über die Verhandlungen der Kommunen und der Eisenbahnverwaltung über die Betheiligung an den Kosten von Umbauten, Neuanlagen u. \. w. einer sagen wir einmal neutralen Instanz zu unterstellen, so möchte ih doch darauf aufmerksam machen, daß das in der Idee schr schön ist, in der Praxis sih aber wohl faum ausführen ließe; denn alle diese Sachen laufen im leßten Ende auf einen Kompromiß aus. Sie können nur endgültig geregelt werden durch Verhandlungen zwischen den beiden Betheiligten, niht aber durch einen Machtspruh irgend welcher Instanz. Ausnahms[los trifft das bei allen derartigen Angelegenheiten zu. Die großen Bahnhofs-Umbauten in den Städten beginnen mit den Verhandlungen zwischen der Eisenbahnverwaltung und den Kommunen. ‘Diese Verhandlungen sind ja außerordentlich {wierig, besonders deshalb, weil die Organisation der Kommunen in dieser Beziehung eine verhältnißmäßig \{chwerfällige is. Wenn wir mit dem Bürgermeister und dem Magistrat einig sind, dann beginnt die Kritik in der Stadtverordneten-Versammlung, und diese Kritik führt dann häufig zu einem vollständigen Umwerfen der bisherigen Verhandlungen. Ich will hier niht Beispiele bringen, obwohl sie nahe liegen und obwohk ih sie in reiher Zahl vorführen könnte. Dann bleibt nihts Anderes übrig, als daß die Eisenbahn- verwaltung und die Stadtverwaltung von neuem in die Berhandlung eintreten und sehen, wie sie bestmöglih mit einander fertig werden, Dazu ‘haben wir unsererseits immer die Hand geboten, und ich muß anerkennen, daß die Städte es meist auch gethan haben.

Was dann \{licßlich die ländlichen Gemeinden betrifft, so sind diese in der Beziehung dur Landrath, Negierungs-Präsident und Ober-Präsident in einer Weise unterstüßt, daß, glaube ih, nichts mehr

zu wünschen übrig bleibt.

Aber, meine Herren, ih bin gern geneigt, die Erörterung, die heute in dem hohen Haufe stattgefunden hat, mir infofern ins Herz zu s{reiben, als ih mi bestreben werde, auch in Zukunst mit der peinlihsten Neutralität meines shweren Amtes, welches mic dur das Geseß übertragen ist, zu walten.

Dann gestatte ih mir, auf einige Ausführungen des Abg. Kircher zu kommen; zunächst will ih aber niht verabsäumen, ihm sowobl wie dem Herrn Abg. Gamp für die persönli freundlihen Worte, vie sie mir gewidmet haben, meinen Dank auszusprechen.

Der Herr Abg. Kircher hat als eine der Hauptaufgaben für die Zukunft bezeichnet, daß Perfonen- und Güterverkehr thunlich von ein- ander getrennt werde, insbesondere in den Bahnhöfen, daß also Ein- rihtungen getroffen und die Bahnhofsanlage danach ausgebaut roerde, damit, wo es nit {on der Fall ist, die Güterzüge direkt von der Strecke in den Betriebêbahnhof einlaufen können, ohne die durh- gehenden Geleise weiter zu benußen. Ich stimme mit dem Herrn Abg. Kircher vollständig überein: das ist noch eine der Hauptaufgaben, die die Staatteisenbahn-Verwaliung zu exledigen hat. Wir sind au {on seit Jahren bemüht, in dieser Beziehung die Bahnhöfe zu ver- bessern und, wenn es nicht anders geht, umzubauen. Wenn Sie einen großen Theil unserer neueren und auch alten Bahnhöfe sehen, so werden Sie finden, daß die durchgehenden Geleise entweder auf eine Seite geschoben, ganz unabhängig gemacht sind von den Betriebs- geleisen, oder daß, wenn sie auch durch die Mitte des Bahnhofs gehen, doch die ganzen Einrichtungen nah dem Grundsatze getroffen sind, den der Herr Abg. Kircher ganz rihtig vorher bezeichnete.

Der Herr Abgeordnete Kircher hat es dann weiter als eine dur- aus nothwendige Maßregel bezeichnet, daß man sich auch bezüglich des Personals auf die verkehrs\tarke Zeit, auf die Hochfluth des Verkehrs einrihten müsse, und hat darauf hingewiesen, daß das au seitens der Post-Verwaltung, au seitens anderer Verwaltungen geschehe. Ja, wenn wir es so einfa hâtten, wie die Post, daß wir einfa an den Kommandeur des nächstliegenden Regiments {rieben und bäten, uns für die Hochfluth so und so viele Unteroffiziere zur Verfügung zu stellen, so wäre das ja sehr hübsch; aber leiter liegt die Sache nit so, sondern wir müssen uns die Leute erst dur eine lange Ausbildung greignet machen, überhaupt ihrea Dienst aus;uführen. Es bestehen ja in dieser Beziehung bundesräthlihe Vorschriften ; wir haben aber son seit Jahren für viele Beamtenkategorien die Ausbildungszeiten weit über die Bundesrathsbestimmungen hinaus ausgedehnt, weil wir der Auffassung waren, daß diese leßteren für die betreffenden Beamten des äußeren Dienstes niht überall ausreichend seien.

Eine Verstärkung des Personals läßt sih daher nur verhältniß- mäßig langsam durchführen, und das war auch der Hauptgrund der Herr Abg. Kircher hat es ja au anerkannt —, warum wir bei der Hessischen Ludwigsbahn nicht sofort helfen konnten; wir durften nur ausgebildete Leute hinschicken, und so viele ausgebildete Leute konnten wir bei der Verkehrssteigerung auf der eigenen Linie damals nit entbehren. Dadurch ift es auf der Hessischen Ludwigsbahn aller- dings vorgekommen, daß Züge wegen Mangels an Personal haben auf den Stationen eine Zeit lang liegen bleiben müssen, daß die Beför- derung des Materials und der Güter gestockt hat und daß die Leistungsfähigkeit dec betreffenden Bahnhöfe {chwer beeinträchtigt wurde. Dos ist nun ein überwundener Standpunkt; ih gebe aber gern zu, daß wir verpflichtet sind, in noch höherem Maße, als das bisher geschehen ist, für die Ausbildung von Personal zu forgen; die betreffenden Bestimmungen sind dieserhalb auch {on erlassen.

Der Herr Abg. Kircher hat sih dann nohmals sehr der Unterbeamten angenommen, jener 65 000 braven Leute, die in Unterbeamtenverhält- nissen bei der Eisenbahn stehen. Meine Herren, die Vorarbeiten für eine Regelung und Verbesserung der Unterbeamtengehälter sind in vollem Gange, und ih hoffe, daß es möglich sein wird, die Sache in dem nächstjährigen Etat zum Abschluß zu bringen und zwar zu einem befriedigenden Abschluß. Gleichlautende Erklärungen hat meines Wissens auch bereits der Herr Finanz-Minister abgegeben. Es wird das pari passu geshehen mit der Verbesserung der Unterbeamten- gehälter, die im Reichstag vorbereitet wird.

Der Herr Abg. Kircher hat der Neuorganisation der Eisenbahn- verwaltung im allgemeinen ein gutes Zeugniß ausgestellt, aber doch Aeußerungen mitgetheilt, die ihm von dritter Seite geworden sind, und die ihn in einzelnen Punkten zu einew etwas abweichenden Urtheil geführt haben. Er hat darüber geklagt, daß in den Direktionen doch zu sehr nach bureaukratishen Prinzipen verfahren würde, und daß sich in ihnen so wenig kaufmännishe Beweglichkeit bemerkbar mache. Nun möchte ih von vornherein betonen, daß nicht vom Herrn Abg. Kircher, aber sonst mit dem Wort Bureaukratismus sehr viel Unfug getrieben wird. Wenn jemandem etwas nicht paßt, oder wenn jemand einen abschlägigen Bescheid bekommen hat, er mag noh fo geretfertigt sein, so heißt es: das ift der Bureaukratismus, Auch deshalb werden manche Dinge als Bureaukratismus verschrieen, weil der Betreffende die geseulihen Bestimmungen nicht kennt, die oft eine gewisse Langwierigkeit und Umständlichkeit in die Sache hinein- bringen. Wer z. B. die Geseße und die ganze Organisation der Selbstverwaltung nicht kennt, und in manchen Angelegenheiten, bei denen er Tetheiligt ist, über Bureaukratismus und Verzögerung klagt, während, er, wenn er sich die Gesetze und die Organisation näher ansieht, zu einer anderen Auffassung kommt. Aber davon abgesehen, gebe ih zu, daß, wo Bureaux bestehen, sih auch ein gewisser Bureaukratismus entwideln wird, wenn man ihn auch noch so sehr bekämpft. Daß ein folher Bureaukratismus in einem großen Betriebsunternehmen, wie die Eisenbahn es is, am allerwenigsten angebraht is}, versteht si von selbst, Jch möchte aber bemerken, daß der bureaukratische Bacillus sich nicht nur findet bei den jeßt so viel vershrienen Assessoren; er findet sih ebenso bei den Techaikern und auch bei den Kaufleuten. Da it kein Unterschied vorhanden; überall aber muß er ausgerottet werden darüber bin ich mit dem Herrn Abg. Kircher einer Meinung.

(Schluß in der Zweiten Betlage.)

Zweite Beilage zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Anzeiger.

Berlin, Montag, den 21, März

1898,

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„6 G69.

(S{hluß aus der Erstea Beilage.)

Der Herr Abg. Kircher hat dann gemeiot, wir hätten allerdings 31560 Arbeitékräfte am 1. April 1895 zur Disposition gestellt; das wäre ja für die Verwaltung eine große Ersparniß gewesen, aber es hätten sich doch wohl gewisse Uebelstände namentlich in der ersten Zeit —- daraus entwidelt. Meine Herren, so muß man die Sache do niht betrachten; sie liegt vielmehr so, daß wir exst die Arbeit be- seitigten, welhe früher mehr zu bewältigen war, und daß wir dann, nahdem die Arbeit bescitigt worden war, auch die Arbeiter zur Dis- position gestellt haben. Die Neuorganisation hat ja mancherlei Ver- änderungen mit fihch gebracht, die den Beamten erst in Fleis und Blut übergehen mußten, ehe \ih ein glatter Geschäftsgang erreichen ließ. Aber das ift, dank der außerordentlichen Arbeitsfreudigkeit und Pflichttreue der Beamten, in verhältnißmäßig kurzer Zeit erreicht worden. Der Herr Abg. Kircher meint, daß es dabei doch wohl, wenigstens hier und da, nicht ohne eine ziemlich starke Ueberlastung der Beamten hergegangen set. Das gebe ih us n der Uebergangsperiode is von den Beamten mehr verlangt worden, als man auf die Dauer von ihnen würde haben verlangen können. Aber ih habe mir {on gestern erlaubt, darauf hinzuweisen, daß man die Ansprüche der Eisenbahnverwaltung an ihre Beamten niht mit demselben Maße messen muß, mit welhem die Ansprüche in den übrigen Berufsarten gemessen werden. Wir müssen von der Eisen- bahnverwaltung und allen ihren Beamten mehr verlangen, wenn wir anders unserer Aufgabe gerecht werden wollen.

Eine besondere Ueberlastung glaubt der Herr Abg. Kircher auf Grund seiner Informationen bei den Inspektionen annehmen zu sollen. Jch gebe zu, der Vorstand einer Bau- und Betriecbsinspektion ist ein vollbeschäftigter Mann, der, je nachdem die Geschäftëlage ift, auch tief in der Arbeit sißt; aber yon den 252 Betriebsinspektionen, die überhaupt bestehen, haben auh 205 einen ständigen Vertreter, die wichtigsten und mit Arbeiten am \{wersten belasteten sogar zwei, einen Regierungs-Baumeifter und einen tehnish vorgebildeten mittleren Be- amten, die übrigen theils einen Regierungs-Baumeister, theils einen solhen mittleren Beamten. Jh habe auch gestern mir {on erlaubt, ¡zu bemerken, daß wir eine wesentliche Entlastung der Vorjtände von der Beigabe besonders befähigter und praktisch ausgebildeter mittlerer Be- amten, der Eifenbahn-Betriebsingenieure, zu erwarten haben. Nach meiner festen Ueberzeugung werden sie für die Vorstände eine um so wirksamere Hilfe bilden, weil für sie diese Stelle ja keine Durchgangsposten sind, sondern weil sie darin bleiben und nur im Gehalt fortschreiten. In ihnen wird sih ein Schaß von persönlichen Erfahrungen und Kenntnissen aufspeichern, der für die Vorstände der Betriebsinspektionen, namentli auch beim Wechsel in den Perfonen derselben, von außerordentlichem Werthe sein wird.

Es ist dann von dem Herrn Abg. Kircher darüber geklagt worden, daß anscheinend die Vorstände der Maschineninspektionen eine etwas zu selbständige Stellung einnehmen gegenüber denjenigen der Bau- und Betriebsinspektionen. Meine Herren, in der Organisation ift aus- drücklih vorgesehen, daß der Betriebsinspektionsvorstand bei Meinungs- vershiedenheiten vorläufig zu entscheiden hat, fofern er glaubt, daß die Entscheidung im Interesse der Sicherheit oder Regelmäßigkeit des Betriebes sofort getroffen werden muß. Außerdem vertreten die Herren fich gegenseitig. Es hängt ja nun, wie überall im Leben, von den Persôn- lichkeiten dieser Beamten, die mit einander fortwährend in Berührung kommen, die Grenzgebiete haben, welhe vielleiht unter ihnen streitig werden könnten, ab, ob sie sih vertragen.

Der Herr Abg. Gamp hat eine sehr reihhaltige Reibe von Vorschlägen der Staatsregierung unterbreitet, die zum theil jedenfalls eine größere Bedeutung baben und wohl erwogen zu werden verdienen. Gr hat, anknüpfend an die Klagen über den Wagenmangel, und in Würdigung der Bedenken, welche der Einführung von Sommertarifen entgegenstehen, in Auregung gebracht, ob man nit, um die Trans- porte in den vérkehrs\{wächeren Monaten zu verstärken, und in den verkehrs\starken Monaten zu vermindern, einen besonderen Anreiz, die Bedürfnisse im Sommer zu bezieben, durch Gewährung von Fracht- krediten für diese Sommerbezüge bieten könne. Er glaubte, daß dann eine ganze Neihe von landwirthschaftlihen Konsumenten Anlaß nähme, beispielsweise Kohlen, Düngemittel und sonstige Dinge, die der Land- wirth in größerer Menge gebraucht, in den Sommermonaten zu beziehen. Meine Herren, die gesammte Frage wird augenblicklich innerhalb der Staatseisenbahnverwaltung erwogen. Ich glaube nur niht, daß der Anreiz, welchen die Gewährung von Frachtkrediten geben würde, groß genug fein würde. Ich glaube nicht, daß der Landwirth, wenn er einmal ans Nechnen kommt und die Landwirthe rechnen ja heut zu Tage alle in den ersparten Zinsen ein genügendes Aequivalent dafür finden wird, daß ex anderer- seits Ausgaben früher hat machen müssen, als es sonst nöthig gewesen wäre, und außerdem ein Aequivalent für die Verschlechterung der Qualität der bezogenen Waaren. (Sehr richtig!) Diese Vershlechterung tritt ein niht nur bei der Kohle, sondern au bei den Düngestoffen. (Zuruf.) Jch bin zwar drei Fahre lang Vorsitßender eines land- wirthschaftlichen Kreisvereins gewesen, aber ih bin doch niht genügend unterrichtet, bei welhen künstlichen Düngemitteln ein monatelanger Vorausbezug ohne Schaden für die Waare selbst erfolgen kann. Für Thomasmehl glaube ih das nicht, aber bei Kali und sonstigen Dünge- mitteln {eint es mir {hon zweifelhaft zu sein. (Zuruf.) Ih er- innere mi aus meiner damaligen landwirthschaftlißen Periode, daß mir einmal gesagt worden ist, diese Düngemittel müßten möglichst frisch in die Erde kommen.

Indessen, wie gesagt, die ganze Frage unterliegt zur Zeit der Erwägung ebenso wie die Anregung des Herrn Abg. Gamp, künftig besondere Tarifermäßigungen nur für die Sommermonate zu gewähren und nicht für die verkehrs\tarke Zeit.

Die Ermäßigung der Tarife für die Thomasschlacke is ja wieder- holt Gegenstand der Berathung gewesen. Die Eisenbahnverwaltung it es. nicht gewesen, welche hierbei das Hinderniß gebildet hat, sondern das Hinderniß ging aus von den landwirthschaftlichen Bertretern in den

Bezirkseisenbahnräthen, und, wenn ih nit irre, auch im Landes- eisenbahnrath, die die Befürhtung hegten, daß der Betrag der Fracht- ermäßigung nicht in die Taschen der Landwirthe flösse, sondern wo anders hin; das ist wesentlich der Grund gewesen, warum die Er- mäßigung nicht zu stande gekommen ift. Wenn ih nit irre, ist die Frage zur Zeit erneut angeshnitten worden.

Merkwürdig und auffallend bei cinem so sachverständigen Herrn, wie dem Abgeordneten Gamp, einem ehemaligen Angehörigen ver Eisenbahnverwaltung, war .die Behauptung, daß die Sicherheit des Betriebes durch die D-Züge gefährdet werde. Jh war wirklich ftußig geworden; nachher klärte sich für mich die Sache dahin auf, daß unter dem Namen D-Zug von dem Herrn Abg. Gamy jeder Schnellzug verstanden wurde; niht der D-Zug und seine Eigen- thümlichkeiten, sondern die erhöhte Geschwindigkeit gewisser Züge! der Schnellzüge, ist dasjenige, was Herrn Gamp bedenklich ist, die verwehrte Schnelligkeit und das Ueberschlagen sehr vieler Stationen, weles dazu nöthigt, die vorhergehenden langfamen Personen- und Güterzüge an gewissen Punkten überholen zu lassen und gleichsam auf die Seite zu schieben. Das aber is cine Folge, die immer eintritt, wenn man auf einer Linie die Züge niht mit gleiher Geschwindigkeit, sondern die einen rascher, die andern langsamer fährt. Der Gefahr, die darin liegt, kann man nur begegnen entweder so, daß man 6 Geleise für jede Linie bildet, 2 für die Schnellzüge, 2 für die Per- fonenzüge und 2 für die Güterzüge, womöglih fogar noch 2 für die Expreßzüge, oder dadur, daß man, wie es hier auf den Vorortbahnen und auf der Stadt- und Ringbahn der Fall ist, einen sogenannten starren Fahrplan einführt, d. h. alle Züge mit derselben Geschwindigkeit und in bestimmten Intervallen fährt. Das ist natürlich die beste Sicherung. Will man aber rasch fahren, dann muß man die Gefahren, die mit der vermehrten Geschwindigkeit an und für fich verbunden und davon unablösëlich sind, ebenso wie die Erhöhung der Schwere der Gefahr auch mit in den Kauf nehmen. Jn Bezug auf die Geschwindigkeit der Beförderung aber wachsen in der leßten Zeit die Ansprüche des Landes ganz enorm. Mit Personenzügen will heut- zutage überhaupt niemand mehr fabren, sondern alle Welt will Swnellzüge benußen. Das is ja auch erklärlich und in gewissem Maße auch berechtigt, aber doch niht immer durchführbar. Nichts-

destoweniger sind aber die Schnellzüge an und für sich auf den

Streckten der preußischen Staatsbahnen ganz außerordentli vermehrt worden. Ich will Sie nicht mit statistishen Zahlen in dex Beziehung belästigen; jeder, der das Neichskursbuch in die Hand nimmt, wird es mir bestätigen. Aber es sind niht nur die Schnellzüge vermehrt, sondern es ist auch die Geschwindigkeit erheblich erhöht worden und ¿war für eine ganze Reihe von Zügen bis an die äußerste Grenze, die nach der Betriebsordnung überhaupt zulässig ift. Der Herr Abg. Gamy hat dann gemeint und dasfelbe hat auh- der Herr Abg. Kircher aus- geführt —, daß man die Gefahren des Eisenbahnbetriebes wohl wesentlich abmildern könne, wenn man Ueberholungsgeleise an gewissen Punkten einrihten würde. Jh kann dem nur zustimmen, daß für gewisse Stellen damit eine wefentlide Abmilderung der Gefahr verbunden ist, daß wir au in diesem Sinne bereits vorgehen, und weitere Er- wägungen in der gleihen Richtung anstellen werden.

Der Herr Abg. Gamp hat ferner ein Uebel darin erblickt, daß kleine Haltestellen meist durh Weichensteller erster Klasse, sogenannte

Haltesiellenaufseher, bedient werden, und zwar auch dann, wenn auf |

diesen Haltestellen eine Ueberholung der Züge erfolgt. (Abg. Gamp: Ausnahmsweise!) Ausnahmsweise! ja, ih habe son gesagt, daß diese Haltestellen in der Regel mit Weichenstellern erster Klasse beseßt find, mit Leuten, deren Zuverlässigkeit im Betriebsdienst durch lange Dienstführung erprobt ift, die sich untadelhaft geführt haben, und denen au die nöthige Intelligenz und die nöthige Kenntniß der Dinge unbedingt innewohat. Im Großen und Ganzen sind die Er- fahrungen, die wir hiermit gemacht haben, bis jeßt recht gute. Meine

Herren, wenn größere Anforderungen an diese Beamten gestellt werden,

fo wird das auch im Einkommen zum Ausdruck gebracht; sie beziehen

dann neben dem Gehalt der Haltestellenaufseher noch eine Stellenzulage. | Der Abg. Gamp ist dann übergegangen auf die Materialien und |

hat gemeint, wir möhten in höherem Maße die Materialien prüfen lassen, beispielsweise die Brems - Vorrichtungen, Verkuppelungsein- rihtungen u. st. w. durch das staatlihe Prüfungs-Institut. Ich darf mir erlauben, den Herrn Abg. Gamp kurz darauf hinzuweisen, daß im deutschen Eisenktahnverein bereits Kommissionen bestehen, die aus den sahverständigsten Leuten Deutschlands und Oesterreichs zusammengeseßt find und sih auf dem gesammten technishen Gebiete des Eifenbahn- wesens mit den Fortschritten fortlaufend beshäftigen und au hierfür erheblihe Preise ausseßen. In meinen Augen sind diese Kommissionen mindestens so facverständig als irgend eine Kommission, die man ih sonst dazu ausfuchen könnte. i

Ich komme jeßt auf die übrigen Wünsche des Herrn Abg. Gamp bezüglih der Beschaffung der Materialien. Er hat es getadelt, daß in dieser Beziehung eine zu große Zentralisierung stattgefunden habe. Er gebe zu, daß das für manhe Materialien sehr zweckmäßig wäre, so für Kohlen, Schienen, Lokomotiven, Wagen u. \. w. Aber {on bei den Schwellen finge es an, unzweckmäßig zu werden, und zwar deêwegen, weil dann der kleine Produzent wohl selten dazu käme, seine Produkte abzuseßen. Das is nit richtig. Die Direktionen, denen die Beshaffung der S(wellen übertragen is es sind vier sind, um die Jnlandsbezüge zu erhöhen, darauf hingewiesen worden, den inläadishen Produzenten, selbst den kleinen und kleinsten, ihre Schwellen abzunehmen, soweit sie überhaupt tauglich sind. Es ist eine gewisse Grenze, glaube ih, gegeben. Wir brauchen etwa 4 Mil- lionen Schwellen im Jahr. Davon is dem Konsortium, das der Abg. Gamp erwähnt hat, eine Million zugeschlagen. Es find somit zum freihändigen sonstigen Verkauf noch ODreiviertel der Gesammtzahl vorbehalten, also hinreichend genug, um die kleineren Produzenten berücksihtigen zu können. Es ist auch fortlaufend der Prozentsaÿ der inländishen Betheiligung an der Schwellenlieferung gestiegen. Von den Eichenshwellen waren 1896 260% und 1897 33 %/ Inlandschwellen, Bei den Kiefernshwellen stellt si die Sache

| Tommen. | daß ic, so lange ih im Amte bin, mi für die Verwendung der

niht ganz so günstig, weil wir die Kiefernshwellen im Inland nur mit großer Mühe bekommen, troßdem wir für jede inländis{e Schwelle 10 % mehr bezahlen als für die ansländishe. Troß dieser Prämte, die wir sür die inländishen Schwellen geseßt haben, die sehr erheblich ist, ist es uns nicht gelungen, mehr als 21% inländisher Kiefern- \{chwellen zu erlangen. Früher war der Prozentsaß viel geringer, fo

betrug er beispielsweise 1893/94 99/9 und 1894/95 60/6. Immerhin ist eine erheblihe Besserung eingetreten.

Nun hat Herr Abg. Gamp darauf aufmerksam gemacht, daß die Staatseisenbahnverwaltung ja mit Recht verlange, daß die Schwellen aus im -Wadel gefällten Holze hergestellt werden. Es ift lange zweifelhaft gewesen, ob es für eine Schwelle, die imprägniert werden foll, besser sei, die Stämme im Wadel oder im Saft zu fällen. Es gab eine Zeit sie liegt noch nicht weit zurück, und manche Professoren sind noch jet der Ansicht in der man glaubte, daß es besser sei, das Shwellenholz im Saft zu fällen. Es würde dann der Imprägnierungs\tof viel besser aufgenommen, als wenn die Zellen sih während der Winterszeit hon ges{chlofsen hätten. Das ift ja doch eine Frage für sih. Es ist rihtig, wir verlangen in den Bedingungen, daß das Shwellenholz: im Wadel gefällt wird. Nun fragt der Abg. Gamp, wie wir dies dann bei den ausländishen S{@wellen Tontrolieren wollten. Das könne man doch den SHwellen, zumal nachdem das Holz geflößt sei auf der Weichsel oder sonst wo, niht ansehen. Das ist ganz richtig, gewiß. Aber unsere Sicherheit liegt auf anderem Gebiete, fie liegt darin, daß die Gegenden, in denen diese Hölzer wachsen das sind die galizishen Sumpfgegenden —, überhaupt nur passierbar sind im Winter. Wir haben uns davon überzeugt, daß dies rihtig ist: es mögen vielleiht einzelne Gegenden sein, wo das nicht zutrifft, aber in der Hauptsache ift das richtig und Herr Abg. Gamp wird das wohl bestätigen —, diese Gegenden sind überhaupt nur bei starkem Frost passierbar. Darin liegt die Hauptgewähr dafür, daß die Schwellen im Wadel gefällt sind.

Dann meint der Herr Abgeordnete, ob es nicht zwcckmäßig sei, die Beschaffung der Werkstaitsmaterialien zu dezenttalisieren. Die Be- schaffung der Werkstattsmaterialien ist in der Weise geordnet, daß sie theils von jeder Direktion für si, theils von bestimmten Direktionen zugleich für andere mit bezogen werden. Die Erfahrungen, die wir in dieser Beziehung aemacht, haben diese Anordnung als sehr nüßlih erwiesen. I) bin aber gern bereit, die Sache noh einmal daraufhin zu prüfen, ob nit etwa fleineren Unternehmern, kleineren Handwerkern und Kaufleuten die Lieferungea aus der Hand genommen sind zu Gunsten von Groß- lieferanten. Bei den Werkstättenlicferungen könnte das allerdings nicht fo schr in Betracht kommen als bei manchen andexen. Wenn der Herr Abgeordnete aber vorgeschlagen hat, es möchte doch der Station überlassen werden, sih ihre Materialien selbst zu verschaffen, fo muß ih das entschieden ablehnen; das würde nur zu Uebelständen führen, die ih hier nit weiter entwideln will, die aber, glaube ih, doch für die Verwaltung bedeuklich werden möchten. Außerdem würden jedenfalls erheblihe Mehrkosten entstehen; ih rehne das leßtere aber nicht so hoh an wie das erstere.

Gndlih möchte ich noch auf die Buchhenshwellen zurück- Der Herr Abg. Gamp wird sich vielleicht erinnern,

Buchenshwellen sebr lebhaft interessiert habe. Ih würde es als einen schr weseatlicen Fortschritt begrüßen, wenn es gelänge, die Buchens@wellen fo herzurihten, daß sie den Witterungseinflüssen für cine solche Dauer von Jahren widerstehen, die nothwendig ist, um ihre Verwendung ökonomisch zu rechtfertigen. Es haben daber die Versuche, die Buchenshwellen avuch im größeren Umfange zu verwenden, niemals geruht. Wir sind nun neuerdings zu- einem gewissen Erfolg gekommen dadur, daß ein neues Verfahren anscheinend gute Resultate verspricht : ein Verfahren, welches wenigftens großen Unternehmern ermögliht hat, für diese Buhens{wellen Garantien zu übernehmea, Wir haben in dem leyten halben Fahre 80 000 Buchenshwellen vergeben, für die die Unternehmer eine Garantie von 10, 15 Jahren übernommen haben. Nun ift es ja {limm, daß man das Ergebniß dieser Versuche erst nah einer ver- hältnißmäßig sehr langen Reihe von Jahren vor ih bat. Hier tritt dieses Moment allerdings deshalb in den Hintergrund, weil leistungs- und kreditfähige Unternehmer die Garantie übernommen haben. Hoffentlich geräth's. Jch betrahtie es als eine erúste Aufgabe der Staatseisenbahnverwaltung, in dieser Beziehung der heimischen Holzproduktion, soweit als es irgendwie mit den eigenen Interessen vereinbar ift, entgegenzukommen. (Abg. Gamp: Bravo!) I habe das auch dokumentiert durch die Prämie, die ih auf die einheimische Schwelle geseßt habe.

Das wären, glaube ih, im wesentlichen diejenigen Punkte, die eine Beantwortung meinerseits erforderli matten.

Abg. Wallbrecht (nl.): Wenn ih au nit au die Unfehle« barkeit der Eisenbahnverwaltung glauben kann, fo erkenne ih doch an, daß die Verwaltung alles Mögliche gethan hat. Bei einer so grofien Verwaltung find Fehler natürlih unvermeidlih. Die Organisation kann sih au erst in Jahren richtig einarbeiten. Daß die Juristen für unseren Staat fehr viel geleistet haben, das ift richtig; aber die Techniker haben eia Recht auf gleihe Behand- lung. Ich bin immer für die Techniker eingetreten, weil

! ich dies im Interesse des Staates für nothwendig halte. Meine

Bemühungen haben auch \{chon einigen Erfolg gehabt, wenn auch noch nit den, den sie verdienen. Graf Limburg hat den Vor- wurf der Wahrnehmung geschäftliher Interessen gegen diese Seite erhoben, mit demselben Neht kann man ihm vorwerfen, daß er agrarische Geschäftsinteressen vertritt. Die Bestellungen der Eisen- bahnverwaltung hätten hon längst gemacht werden follen zu Zeiten, in denen die Industrie darniederlag und die Arbeiter billiger zu haben waren, als jeßt zur Zeit des Aufshwungs. Herr Gamp will gewisse Bahnhöfe nicht gebaut wissen, weil Kanäle gebaut werden. Darauf kann do niht Rücksiht genommen werden. Daß aus Sparfamkeits- rücksichten nothwendige Einrichtungen für die Sicherheit unterblieben find, beweisen uns die zahlreihen Prozesse gegen die Beamten wegen Gefährdung von Eisenbahnzügen. Es ließen sich noch viele Beispiele dafür anführen. Die Beamten bekommen kein genügendes Gehalt. Die Lokomotivführer haben Dit um Aufbesserung ein- gereicht ; dic Zugführer weisen in thren Petitionen nah, daß sie früber, als fie Nebenbezüge hatten, weit befser gestellt waren als jeßt. Die