1898 / 70 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

köante. Bei genügendem Perfonal und etner guten Organisation lassen fi Unfälle auf ein Minimum reduzi-cen. Daran hat es aber bis jet gefehlt. Der Minister sprach von der Agitation der Beamten, die er als Verführte binstellt. Dies erinnert an die Vorwürfe gegen die Theilnehmer an der Märzrevolution, die auch von Polen, Juden und Franzosen verführt seia sollen. Fch bin oft von der s{lichten Darlegung ihrer Verhältnisse ergriffen gewesen und habe nicht den Eindruck gehabt, daß sie übertrieben baben und ver-

hrt waren. Viele Stations-Vorsteber sind niht ausreichend Pet Gs ift au) nit jeder ein wirllich angestellter Vorsteher, der die rothe Müge “trägt. Wer ein foles Maß von Ver- antwortlihkeit trägt, muß wenigstens vor drüdenden Nahrungs- forgen bewahrt bleiben. Er darf nit diätarisch auf dreimonat- liche Kündigung angestellt werden. Die Zahl der etatsmäßigen Stellen ist in diesem Etat nur um ein Gerinzes vermehrt worden. Alles dics ist eine Folge des Staatsbahnsystems. Daß sich in der Presse über diese Frage Unverstand und böser Wille breit macht, Tann ih nit zugeben. Namentlich die „National- Zeitung“ hat in Eisenbahnfragen sehr sahver ständige Vorschläge über die Verbesserungen der Organisation gemacht. Zu den praktischen Vorschlägen, die von anderer Seite gemat sind, gehört au ein eigenes Wasserbau-Ministerium mit einem Techniker an der Spiye. Der Herx “C dd ist entshieden überlastet.

Minister der öffentlihen Arbeitew Thielen:

Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Abg. Broemel veraulassen mi, auf einige Punkte derselben näher einzugeben.

Der Herr Abg. Broemel hat sih auf die Verhandlungen be- zogen, die im Reichstage bezüglih der Betriebssicherheit auf den preußischen Bahnen geführt worden sind, und hat erwähnt, daß bei dieser Gelegenheit der Herr Abg. Dr. Hammacher ganz in Ueber- einstimmung mit seiner eigenen Auffassung auf den Vorschlag ge- kommen fei, es möge seitcns des preußischen Landtages, als der zu- ständigen Landesvertretung, eine eigene Kommission eingeseßt werten, welche die Verhältnisse auf den preußischen Staatebahnen näber prüfen solle.

Meine Herren, die preußische Staats-Eifenbahnverwaltung hat eine derartige Prüfung durchaus nit zu s{heuen; aber es werden dod) eine ganze Reihe von Bedenken wahrscheinli auc bier in diesem boben Hause bestehen, diese Idee ins Praktishe zu übersetzen. Eins der wi{tigsten und durhs{chlagendsten Bedenken hat ja der Verr Abg. Broemel selbst angedeutet: es fehlen in diesem hoben Hause, wie ih sehr bedauere, Sahverständige bezüglih des gesammten Eifenbahnwesens. Die Sachverständigen müßten also von außen herangezogen werden. Aus der Verwaltung könnten sie ja wohl nicht gut genommen werden, sie müßten also außerhalb der Verwaltung gefuht werden.

Nun haben wir do das Reichs-Eisenbahnamt, und die Tkätig- keit deffelben ist bei weitem nit so unbedeutend, wie der Herr Abg. Broemel glaubt. Das Neiche-Eisenbahnamt hat eine Reibe hervorragender Tegjniker, wele die Vorgänge und Erscheinungen auf den Eisenbahnen der Bundesftaaten, insbesondere auf den preußisc{en Staatéteisenbahnen, einer ganz genauen und fortlaufenden Kontrole unterziehen. Die Verhandlungen, die wir dieserhalb mit dem Reichs- Eisenbahnamt pflegen, sind hierfür der beste Beweis und baben vielfa zu wichtigen und zweckmäßigen Ergebnissen geführt. Ih sche daher meinerfeits au ein Bedürfniß zur Einseßung etner derartigen Korn- tnission niht wohl ein, und zwar um so weniger, aïs meinerseits stets mit vollster Offenheit über alle Fragen Auskunft gegeben wird, und als ja auch der Herr Abg. Broemel niht hat nahweifen Fönnen, daß in den Ausführungen der DenksHrift über die MBetrichs- ficherheit meinerseits Angaben gemaht wären, die in Zweifel zu ziehen seien. Wenigstens ist ein Verfu), diese Angaben zu wider- legen, nicht gemacht worden.

Meine Herren, ih begreife sehr wohl, daß diese DenksG:ift die Betriebssicherheit auf den preußisWhen Bahnen vielfa nicht be- friedigt hat, namentlih überall da nicht, wo man gehofft bat, aus diescr Denkschrift ausführlihes Material gegen die prevßishe Staats- regierung entnehmen zu können. Das ist nun nit der Fall, und ih muß gestehen, ich bin niht in der Lage, um die Angriffe gegen die preußishe Staatsregierung zu erleihtern, Thatsachen zu verschweigen oder unrichtig darzustellen; Unrichtiges ift bisher der Denkschrift nicht nachgewiesen worden.

Meine Herren, ih habe Hon an den vorigen Tagen gesagt, daß ic) auf die Statistik in der Denkschrift nur insofern Wecth lege, als si? das Material bieten soll zur Widerlegung der vielfahen Angriffe urid namentli der Angriffe in der Presse, die dahin gingen, unsere Zustände seien erheblich sch!echter als die Zustände auf den Nacbbarhahnen. Dagegen mußte ih mi wehren, und zu diesem Zwecke sind die statistisben Echebunaen zum theil mit großer Mühe herbeigcshaffft worden. JIch habe ferner gesagt, daß für mich diese Statistik au die Bedeutung habe, taz die Unfälle, mögen sie uun gering oder groß sein, auf das CEifrigste zu belämpfen die ernsteste Aufgabe der Berwaltung bildet.

Meine Herren, der Herr Abg. Broe1el hat sih dann ferner auf die Gerichisverhandiungen der leßien Zeit bezogen; er Hat bemerkt, daß in diesen Verhandlungen vielfa die angetlagten Bediensteten freigesprohen worden seien, und daß si aus ibnen manchmal mebr eine Veurtkheilung der Verwaltung als eine Verurtheilung der Beamten ergeben babe. Meine Herren, ih lasse mir die Gerichtsver- handlungen in allen wihtigen Fällen vorlegen; sie werden bei mir im Ministerium einec sorgfältigen Durchsicht unterzogen. Derartige

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gerihtlide Urtheile, die eine Schuld der Verwaltung bekunden, sind | Daß eine ganze Reihe von Be- |

mir niht zu Gesicht gekommen. diensteten von der Anklage der Gefährdung eines Eisenbahntransports freig*sprohen werden , is ganz natürli. Meine Herren, Sie müßen fi daran erinnern, daß jeder Unfall, auch der unbedeutendfste, ter zuständigen Staatsanwaltschaft angezeigt wird. Es wird nun seitens

der Staatsanwaltschaft untersuht, ob genügendes Material vorliegt, f

um Anklage zu erheben. Wenn das nicht der Fall ift, wicd von der Erhebung der Anklage Abstand genommen. Das ift eine ganz große Reibe

von Fällen, ih glaube die Mehrzahl. Kommt es nun zur Verhandlung, !

fo ift sehr vielfa niht nachweisbar, wer der eigentlihe Schuldige ist, weil mit dem Unfall felbst die Thatsachen und Ursachen desfelben

häufig so verwisht werden, daß in zahlreichen Fällen der eigentliche }

Schuldige nicht mehr ermittelt werden kann. Das liegt in der Natur der Verhältnisse.

Der Herr Abg. Broemel hat sih beispielsweise auf das Urtheil |

in ‘vem Escheder Fall bezogen. Demgegenüber möchte ich darauf auf. tnerfsam machen, daß die Angeklagten dort in erster Linie wegen Meineids angeklagt waren, und erst in zweiter Rethe, übrigens auch nur zum theil, wegen Gefährdung eines EGisenbahntrarsports, und daß diese Beschuldigung dahin ging, der betreffende Bremser habe

a

nit rechtzeitig die Wärter auf der Strecke von der Gefahr avertiert, Das aber war allerdings ein Punkt, der sehr schwierig zu beweisen war im positiven wie im negativen Sinn, Es ist daher Freisprehung erfolgt, wie dies auch in Eisenbahnkreisen wohl kaum anders er- wartet wurde. :

Der Herr Abg. Broemel hat angeregt, ob wir nicht nahträglich die Urtheile mittheilen wollten, die in den in der Denkschrift an- geführten Fällen ergangen sind. Jn den meijten der Fälle {chwebten die Verhandlungen noch, als die Denkschrift berausgegeben wurde. Gegen die Mittheilung dieser Urtheile würde meinerseits nit das Geringste einzuwenden fein. Ih bin dazu sehr gern bereit, wenn das hohe Haus Werth darauf legt; ich bin auc bereit, dem Herrn Abg. Broemel Einsicht in diese Urtheile zu verschaffen.

Meine Herren, den Betriebskoëffizienten, dessen der Herr Abg. Broemel auch Erwähnung gethan hat, habe ich meinerseits nicht als anrühigen GeseVen angefehen; ich habe nur gesagt, er ist allmählih im Lande ein anrüchiger Geselle geworden. Er ist an und für sich ganz harmlos, und ich weiß mich sehr gut der Zeiten zu erinnern, wo in dem hehen Hause mit Befriedigung veraommen wurde, daß dieser Betriebskoëffizicnt günstiger werde ink Vergleich zu den vorigen Iahren und au) im Vergleich zu den Nachbarstaaten. Früher galt die Sparsamkeit in der Verwaltung noch für eine Tugend ; heute wird sle von sehr vielen Leuten gewissermaßen als ein Verbrehen angefschen. Sie würde ja ein folhes sein, wenn aus Spasamkeit wirkliß Maßregeln unterlassen und Anlagen nicht ausgeführt worden wären, die auf die Sicherheit des Betriebes von Einfluß sind. Ein Beweis in der Beziehung ist bisher nit erbracht worden; auch der Vohwinkeler Fall, der vielfah dafür angeführt ift, ist in Wirklichkeit kein Beweis.

Daß unter den Beamten vielfa Unzufriedenheit herrsht, muß ih ja leider zugebep; aber es ist wirklich eine gewisse Harmlofigkeit, wenn man annimmt, daß diese Unzufriedenheit in der Hauptsache aus den Beamten selbst herausgewachfen ist, eine gewisse Harmlosigkeit gegenüber der Hete, der Agitation, die durch Schrift und Wort eit Jahren ausgeführt wird und die dem Herrn Abg. Broemel aud) unmöglich unbekannt geblieben sein wird. Er möge einmal die fozialdemokratishen Zeitungen, die \ozialdemokratischen Broschüren lesen, er môge mal in die sozialdemokratischen Versammlungen hinein- gehen, er möge mal sehen, welche Art Lektüre den Beamten und Arbeitern der Eisenbahnverwaltung in die Hände gespielt wird, und er würde unzweifelhaft wohl zu derselben Auffassung kommen, daß himmelshreiende Sünden in dieser Beziehung an unserem ehrenwerthen preußishen Beamtenstand verübt werden.

Der Herr Abg. Broemel hat es dann als einen Fehler bezeichnet, daß die Diätare zum Bahnhofsdienst herangezogen werden, wenigstens als einen Fehler dann, wenn sie dauernd zum Bahnhofsdienst heran- gezogen werden. Daß sie herangezogen werden müssen, {on um ihrer eigenen Ausbildung wegen, versteht sich von selbt, das hat auch der Herr Abg. Broemel nicht beanstandet. Der Herr Abg. Broemel ist aber insofern im Jrrthum: die selbftärdige Verwaltung von Bahn- hôfen wird den Diätaren nicht übertragen ; wir haben keinen Bahnhof, der etwa von einem Diätarius verwaltet würde. Dec Diätar ift immer nur der Hilfsbeamte cines Stations-Verwalters oder -Borsiehers. Ich möchte dabci darauf aufmerksam machen, daß im Stations- dienst 75% der Beamten definitiv etatëmäßig angestellt sind, also immerhin eine sehr erheblihe Zahl; und überall da, wo der Diätar zur Autübung des Bahnhofedienstes im Industrierevier mit heran- gezogen und ihm ein selbständiger Dienst übertragen wird, erbält er eine Stellenzulage.

Wenn einige Leute länger Diätar bleiben, und es haben Ad vielleiht an den Abg. Brocmel folhe gewandt, die auffallend lange im diätarisGen Verhältniß waren so hat das meistentheils seinen Grund dazin, daß wir bei Mangel an anstellungsberechtigten Militär- anwärtern auch andere Leute in den Stationsdienft einstellen müssen. Nach den bundesrechtlichen Vorschriften können solche Leute aber nur dann zur Anstellung gelangen, wenn ein berechtigter Militäranwärter nit vorhanden ift.

Meine Herren, soviel ist sier, daß mit der Verstaatlichung die Lage der Beamten sih außerordentlich verbessert hat. Fragen Sie doch mal die Beamten der Hessishen Ludwigsbahn, in wieviel bessere Lage fie gekommen sind mit der Verstaatlichung, welche Verbesse- rungen in ihren Gehaltssäßen eingetreten sind. Bei der kleinen Hessischen Ludwigsbahn bringt die Anwendung der preußischen Normal- säge cine Mehrausgabe von rund- 14 Million Mark in den beiden ersten Jahren nah der Uebernahme dieser Bahn mit sich. (Hört! hôrt!) Also die Privatbahnen haben jedenfalls ihre mittleren und unteren Beamten viel geringer besoldet, als das der Staat thut.

Es hat dann der Herr Abg. Broemel darauf hingewiesen, daß das Reichs-Eiseabahnamt zur Erhöhung der Betriebssicherheit dem Bundesrath eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet hat; es ift das ja au vielfach {on in der Presse mitgetheilt worden. Jh glaube doch, daß es dem hohen Haufe nit vninterefsant sein wird, die hauptfählidsten Vorschläge, wie sie gemaht worden sind, auch kennen zu lernen. Was aus diefen Vorschlägen in der Bundesratks- instanz werden wird, kann ih natürliberweise nit wissen. Die wesentlichsten Bestimmungen sind folgende. Erstens: obligatorische Aufstellung von Vorsignalen vor den Einfahrtésignalen auf den Babn- hôfen, Diese Bestimmung, meine Herren, ist auf den preußischen Bahnen bereits ausgeführt. Zweitens: obligatorishe Auf- stellung von Ausfahrts\fignalen auf allen Stationen der Hauptbahnen, auf denen Üeberholungen und Kreuzungen von Zügen vorkommen, Meine Herren, das ift auf den preußischen Bahnen zum theil ausgeführt; wo es nech nit der Fall ist, if es in der Ausführung begriffen, und zwar it das \chon* seit Fahren geshehen. Auf allen größeren Bahnhöfen sind diese Signale mit den Weichenstellapparaten in Verbindung gebraht. ODrittens: Obliga- torifche Herstellung einer durchgehenden elektrishen Streckenblockierung auf allen verkehrsreihen Hanptstrecken. Die Ausführung, meine

Herren, ist seit Jahren auf den Staatsbahnen im Gange; die be-

willigten 3 Millionen Mark, die der Landtag dafür zur Verfügung gestellt hat, auch son seit längerer Zeit, sind den Direktionen zu diesem Zweck bereits überwiesen. Dann steht zur Ergänzung dieser Anlagen 1 Million Mark in dem zur Berathung stehenden Etat. Viertens: Verkürzung der Züge unter Berücksichtigung ihrer Fahr- geschwindigkeit. Diese Einrichtungen bestehen zur Zeit noch nit, sind ganz neu uud können, wenn sie angenommen werden, was ih für ganz zweckmäßig halte, erst allmählich durchgeführt werden, da dazu eine Vermehrung der Lokomotiven nöthig ift und au sonstige Vor-

bereitungen getroffen werden müssen. Jn dieser Beziehung ist auch das Nöthige bereits in die Wege geleitet. Das sind die hauptsäh« lichsten Bestimmungen. Dann kommen noch Bestimmungen über Instruktionsänderungen u. f. w,, die ih hier übergehen will.

Das sind die thatsähhlihen Vorschläge, die dem Bundesrath zur Zeit vorliegen, und die, wie i mir erlaubt habe anzuführen, auf den preußishen Bahnen bereits ausgeführt oder in der Ausführung be- griffen sind.

Auf die von dem Herrn Abg. Broemel fehr warm befürwortete Abtrennung der Wasserbauverwaltung von dem Eisenbahn-Ministerium sowie auf die Errichtung eines eigenen Wasserbau-Ministeriums und eines eigenen Eisenbahn-Ministeriums einzugehen, bin ich nit in der Lage. Es werden ja, wie der Herr Landwirthschafts-Minister bereits im Herrenhause erklärt hat, zur Zeit Verhandlungen darüber in der Staatsregierung gepflogen.

Abg. Kic\ch (Zentr.): Die Schuld der angeklagten Eisenbahn- beamten ist sehr {wer nachzuweisen, weil das Fahrpersonal die Schuld auf die Stationsbeamten schiebt und das Gericht so zu einem non liquet fommt. Müßig sind die Beschwerden über den fo- genannten Affsessorismus. Die Zuziehung von kaufmännisch gebildeten Elementen in die Direktion würde die Sache nur verwirren. Bei der Konzessionierung von Kleinbahnen ist man im rheinish - westfälishen Revier zu engkerzig ver- fabren aus einer unbegrünbeten Furt vor ciner Beeinträchtigung der Staatsbahnen. Auf die Beiträge der Städte zu dem Umbau von Bahnhöfen will dex Finanz-Minister niht verzichten. Es ist aber vorgekommen, daß man die Städte zu Bauten herangezogen hat, die garniht in ihrem ' Interesse lagen, daß man die Städte gegen einander auêsgespielt und thnen gedroht hat, es würde irgend eine Einrichtung in einer anderen Stadt getroffen werden, wenn die Stadt nicht zu den Kosten beitrage. Die Einführung einer selbständigen Aufsichtsinstanz wäre daber durhaus erforderlich. Ob die Unterbeamten verheßt worden sind, kann ich nit beurtheilen. Thatfache ift aber, daß se si dadur zurükgeseßt fühlen, daß sie bei der vorjährigen Gehaltsverbesserung übergangen worden sind. Für die Anstellungs- und Besoldungsverhältnisse der Zivil- und Militäranwärter bei den einzelnen Ministerien müßten einheitlide Grundsäße eingeführt werden. Die Verhältnisse der Sonntagsruhe und der Ruhezeit für die (Fisenbahnbeamten geben auch zu Klagen Anlaß. Katholische Beamte bes{weren ih darüter, daß ihnen nit genügend Gelegenheit gegeben wird zum Besuch der heiligen Messe am Sonntage. ;

Abg. von Eynern (nl.): Alle diese Deschwerden würden viek zweckmäßiger in einer Eisenbahn-Untersuhungskommission zum Aus- trag gebradt werden. Es fehlt hier durchaus nicht in dem Maße an Sachverständigen, wie der Minister annimmt. Zatiffragen lassen sich in einem Parlamente überhaupt nicht erörtern. Nur in einer Kommission lassen sich auch die Ausführungen des Ministers wider- legen. Jch glaube nit, daß im Eisenbahn- Minifterium alles un- fehlbar ift; es herrshen dort manche Mängel, die aber nit in der Oeffentlichteit dargelegt werden können. Einen Theil unserer Klagen über die Länge der Güterzüge u. \. w. hat der Minister als berechtigt anerkannt und sich auch der Nothwendigkeit ver Trennung des Per- sonen- und Güterverkehrs nit verschlossen. Ebenso ift di: Noth: wendigkeit einer Verstärkung des Oberbaues anerkannt worden, Wir klagen nibt über Wagenmangel, fondern über die Verwendung der Wagen. Die Kohlenzehen haben durh die niht recht- zeitige Stellung der Wagen die größten Verluste erlitten. Es hat sih inzwischen die beltshe und die englische Kohle eingedrängt, und wenn das Verfäumte später wirklich nachgeholt worden ist, so gef{chah es auf Kosten von Leben und Gejundheit der Arbeiter infolge der Unregelmäkßigkeit dea Bergbaubetriebs. Man verfährt hier genau wie gegen einen Mann, den man erft halb verbungern [äßt und dem man dann reihlibe Nahrung giebt. Daß die Unterbeamten zu gering be- foldet sind, hat der Minister ni®t in Akrede gestellt; er hat auh eine Vorlage für die nächste Session in Aussicht gestellt. Die Uecher- lastung der Kommunen durh den Eisenbahnfizkus kat Herr Kirsch mit Recht getadelt. Die Bahn von Remscheid nah Solingen ist als Nebenbahn gedacht und als Bollbahn ausgeführt worden; troßdem will man diesen Gemeinden ihre großen finanziellen Aus- gaben niŸt zurüderstatten. Die Einnabmen aus den Eisenbahnen sind eigentli eine staatliche Ergänzungssteuer, und es ist ganz natür- lih, daß der Minister fic den steigenden Ausgaben widerseßt. Sollen die Eisenbahnausgaben von dem Temperament der Finanz-Vêinister un- abhängig gemacht werden, so müssen wir eine schiedlihe und friedliche Trennung der Eisenbahnverwaltung von der Finanzverwaltung erstreben. Die Œifenbahnv?zrwaltung muß das Recht haber, felbst Anleihen aufzu nehmen. Gegenüber dem Zuwachs ter Bevölkerung und dem gewachsenen Verkehr, der in den nächsten Jahren s{werlih zurückgehen wird, müssen wir unter Wahrung der landwirthschaftlihen Juteressen die- selbe Wirthschaftspolitik fortsezen, die wir bisber getrieben haben, und dies bezieht sih auch auf die Erportindustrie, deren Entwickelung nicht aufgehalten werden darf. Die Eisenbahnverwaltung wird in den nächsten Jahren vor Aufgaben gestellt werden, die hinter denen früherer Jahre nit zurückstehen werden. Sie muß dann Vel auf threr Lampe haben Der Finanz-Minister hat gemeint, daß tir vorläufig ohne Anleibe werden autkommen können. Diese Frage müßte in etner Kom- mission geprüft werden. Auch die Fragen der Niveauübergänge und der Verbesserung der Bahnhofsverhältnisse mükten lystematiich untersuht werden. Die jetzigen Zustände sind geradezu unerträglich. Je mehr wir damit zögern, um so theurer wird die Sache. „Die nothwendigen Kräfte sind bei Zuhilfenahme der Privatunternehmer vorhanden. Durch unsere Kritik wollen wir Mängel verbe ern, aber niht unsere (Fifenbahnverwaltung tadel»; sie ist immer noch di? beste der Welt.

Minister der öffentlichßen Arbeiten Thielen :

Die Eifenbahnverwaltung kann dem Abg. von Eynern nur dank- bar fein für die wohlwollende Anerkennung, die sie in seinen S{luß- worten gefunden hat. Jch möhte mir gestattea, auf cinige Punkte in den Ausführungen des Herrn Abg. von Eynern zurückzukommen. Zunächst kann ih die Versicherung geben, daß von den empfohlenen Untersuhungen die Frage, welche Bahnhöfe, insbesondere in den Industriegegenden, in den näGhften Jahren umzubauen feien, welcke etwa Ergänzungen erfahren müssen dur Anlage ganz neuer Rangier- bahnhöfe, zur Zeit hon in der Bearbeitung begriffen ist. Ebenso ist in der Bearbeitung begriffen die Beseitigung anderer Gefahrpunkte, nameut- lih auch der Gefahrpunkte bei den Niveauübergängen. Es ift un zweifelhaft, daß die Gefahren, die durch die Niveaukreuzungen ent* stehen, {were sind, daß die Zahl der Tödtungen und Verleßungen von Perfonen, wélhe beim Passtieren der Niveaukreuzungen vom Zug! gefaßt werden, eine sehr große ist. Die Beseitigung der E kreuzungen hat aber namentli in der Nähe großer Städte hier un da ihre großen Schwierigkeiten. Das kennt man am Vehen e rheinisch-wesifälischen Koylenrevier ; denn es sind damit für den Lande verkehr meist ziemlich große Ershwernisse verbunden. Die ctr kann in der Regel nicht anders erfolgen, als daß eine Nampe gebaut wird.

(Schluß in der Dritten Beilage.)

Î M 70.

Dritte Beilage um Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaats-Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 22. März

1898,

(Schluß aus der Zweiten Beilage )

Der Herr Abg. von Eynern hat meine Ausführunger, die ih gegenüber dem Herrn Abg. Broemel gemacht habe, wohl nit richtig verstanden. Die Vorlage, die dem Bundesrath von dem Reichskanzler gemacht ift, ist diejenige, die ih vorhin als vom Reichs-Eisenbahnamt ausgehend bezeihnet habe. Sie betrifft also eine Reibe von Aende- rungen in den bundesräthlih:n Vorschriften bezüglich des Betriebes und des Baues der Eisenbahnen. Das Neichs-Eisenbahnamt hat die Vertreter der verschiedenen Staatsbahnen in den Bundeéstaaten zu- sammenberufen, und dort find die Vorschläge berathen. Das Er- gebniß der Berathungen ist durch den Herrn Reichskanzler dem Bundesrath mitgetheilt. Der Bundesrath wird, wie ih annehme, dies Ergebniß seinerseits in dem Ausschuß für Eisenbghnangelegen- heiten und im Plenum genehmigen.

Dann, meine Herren, hat der Herr Abz. von Eynern heute eine Bemerkung wiederholt, die ih gestern dem Herrn Abg. Stögzel gegenüber gemaht habe; ich habe gesagt, wir hätten uns Mühe ge- geben, festzustellen, wie groß die Schäden gewesen seien, die dur nicht rehtzeitige Gestellung der Wagen entstanden seien, und nach den Ergebnissen dieser Ermittelungen mußte ih allerdings bezweifeln, daß die Schädigungen den behaupteten Umfang gehabt hätten, insbesondere für die Arbeiter. Denn, meine Herren, da, wo die Arbeiter wirklich in Schäden gekommen sind durch Ausfall von Schichten, haben in sehr vielen Fällen, wie durchaus anerkanrt werden muß, die Gruben selbft ihre Arbeiter in irgend einer Weise entschädigt.

Gin besonders eklatanter Fall ich nenne keinen Namen —, in welchem behauptet worden war, es fei ein Schade von 167 000 4 durch die nicht rechtzeitige Gestellung der Wagen innerhalb einer be- stimmten Periode entstanden, is untersucht worden, und die Grube hat ihrerseits auch unsern Kommissarien gegenüber anerkennen müssen, daß, wenn sie die Koblen gelagert hätte, wozu sie ausnahmsweise im stande gewesen is ich komme auf diesen Punkt glei näher zurü —, der Schaden auch nah ihrer Rechnung nur eiwa 27 000 i betragen hâtte.

Der Abg. von Eynern hat dann gefagt, höhere Bestellungen, als wirkliGß Wagen vorhanden wären, kämen im niederrbeinisch-west- fälishen Kohblenrevier nit vor, weil die Zehen alle kontingentiert selten, und im Falle eines Wagenmangels die Kontingentsziffer in Kraft träte. Das i nun wohl ein Trugshluß; denn die Kon- tingentierung verhindert nit, daß mehr bestelt wird, als wirkliher Bedarf vorhanden ist. Das kann troßdem immer vorklommen. Entscheidend ist überhaupt nur die Ziffer, die die gestellten Wagen betrifft. Jn der Beziehung if ja unzweifel- haft, daß die Gestellung sehr viel höher gewesen ift, als in irgend einem der vorhergehenden Jahre, um viele Prozent höher, und au viel höher, als seiner Zeit bei den Verhandlungen der Interessenten im Bergbaulichen Verein angegeben worden ist. Der Bergbauliche Verein if ebenso wenig wie die Eisenbahnverwaltung in der Lage gewesen, eine so außerordentliche Verkehrszunahme vorauszufehen, wie fie in Wirklichkeit eingetreten ist. Dasfelbe trifft aber nit nur für das rheinish-westfälishe Revier, fondern für alle großen Produktions- stätten zu; faft überall ist die Steigerung eine namhaft größere ge- wesen, als seiner Zeit von den Interessenten, die wir jedesmal fragen, uns angegeben worden ift.

Die Klagen, die \eitens der einzelnen Verfrachter geführt worden find, haben sich doch in einer ganzen Reihe von Fällen theilweise als unbegründet, theilweise als sehr übertrieben herausgestellt. Wieder ohne Nennung von Namen möchte ich hier nur zwei Fälle, und zwar aus dem Rubhrrevier anführen. Die Zeche X hatte zahl- reihe telegraphische Beschwerden erboben. Ich bekam jeden Tag Depeschen von der betreffenden Zehe, und die zuständige Direktion ntürliber Weise noch mehr. Eine dieser Depeschen lautete :

Wegen Wagenmangel ruht Betrieb hon wieder. 800 Arbeiter liegen müßig in der Grube. Leute werden wegen Lohnausfall rebellisch.

Was hat die Untersuhung ergeben ? Daß der Zeche in dieser Zeit, und zwar vom 1, bis 18. September, die angeforderten Wagen, mit Ausnahme am 17. September, an welchem Tage 14 von 78 ver- langten Wagen fehlten, in voller Zahl und rechtzeitig gestellt worden find, (Hört, hört!) Für den 18. September, den Tag der Abgabe der von mir verlesenen Depesche, waren 80 Wagen bestellt. Gestellt wurden 83; ausgenußzt, also beladen dagegen nur 82. Das ift ein harakteriftishes Beispiel. (Zuruf.) Rechtzeitig gestellt (Zuruf) und rechtzeitig beladen.

Die behauptete Störung war also mindestens stark übertrieben.

Auf eine telegraphishe Klage derfelben Zehe vom 8. November wurde festgestellt, daß die Zeche an den sieben Arbeitstagen vom L, bis zum 9. November bei einer fördertäglichen Bestellung von 79 Wagen im Ganzen an diefen sieben Tagen nur 11 Wagen weniger bekommen hatte. Die Zeche ist aber nicht in der Lage, bei Ausfällen in der Wagengestellung die geförderten Koblen vorübergehend u lagern, fondern sie muß die Förderwagen in der Kohlen- irube \tehen lassen. Das ist cin Mißstand, der bei der großen Mehrzahl der Zechen im Ruhrrevier immer stärker sich fühlbar macht und zwar, weil die Zechen genöthigt sind, die Kohle in verschiedene Qualitäten zu fondern. Bekanntlich giebt es Stükkohle, Förderkohle, Nußkoble I, IT und TIT und Staubkohle, Nun müssen die Wagen fo gestellt werden, daß sie, wenn die betreffenden Separationéprodukte dur die Rätter gegangen sind, sie unter den Räâättern stehen und be- den werden. Es giebt Zechen, die fünfmal in der Schicht bedient werden müssen, damit sie nur rechtzeitig alle diese Separationsprodukte verladen. in hohen Hause sigen ja vershiedene Sachverständige, die mir das bestätigen werden. Für die rechtzeitige Gestellung der Wagen durch ie Eisenbahnverwaltung ist dies eine außerordentliche Erschwerzniß, le eg verursacht hat, daß troy aller Fürsorge, und trotzdem die Wagen

waren, wir nicht in die Lage kzmen, eine fünfmalige Gestellung in iht auch wirkli rehtzeitig auszuführen. Meine Absicht if

Vertreter des Bergbaues sowohl im niederrheinis{-westfälishen, wie auh im obers{chlesis{en Revier, der * das volle Vertrauen der Gruben sowohl, als auch der Eisenbahnverwaltung hat, in Verbindung zu seßen, um in dieser Beziehung bessere Zustände auch auf den Zechen herzustellen, zu überlegen, was in dieser Beziehung gesehen kann, damit die Beladung der Wagen weniger unter diefen Ershwernissen zu leiden hat. Im obershlesishen Revier ist die Sache schon“ er-

Revier schr ausgedehnte Lagerpläße haben, auf die sie, wenn es einmal stockt, die Kohlen abladen können, und Arbeiter gar keine Verluste ein und für die Z-chen allerdings Verluste, aber doch wohl geringere Verluste als im ntederrheinisch-ro estfälischen Revier. Herr Bergrath Gothein {üttelt mit dem Kopf ; es mag das ja nicht immer zutreffen; aber immerhin sind in dem ober- \hlesischen Revier die Verhältnisse besser als in dem niederrheinisch{- westfälischen. Mannigfach, gebe ih zu, ist es für die Zechen unmög- li, die nöthigen Anlagen nachträglih zu schaffen, weil sie keinen Plaß haben, rechts und links find sie eingeshnürt. Aber ih glaube, es könnten in vielen Fällen doch bessere Zustände herbeigeführt werden, und, wie gesagt, ih beabsichtige, mich dieserhalb mit den Organen des Bergbaues in Verbindung zu seßen. Derartige ganz übertriebene und zum theil ungerehtfertigte Klagen sind, wie gesagt, au aus anderen Produktions\tätten an mich gelangt. In einem Fall sogar hatte die betreffende Staatsregierung des Bundes- staats, in dem die betreffenden Produfktions\tätten find, die Sache zum Gegenstand der Verhandlung mit der preußischen Staatsregierung gemacht; es konnte aber nachgewiesen werden und mußte von den Grubendirektionen gegenüber der Untersuhungskommission ¿ugestanden werden, daß die Klagen unber:chtigt waren und sie von ihren un- mittelbaren Werksleitern in dieser Beziehung irrthümlih beritet waren.

Also ich meine, in dieser Beziehung müßten die Pro- duzenten der Eisenbahnverwaltung au etwas entgegen- tommen und mit ihr ¿ufammen überlegen, wie derartige Sturm- und Drangperioden am besten überwunden werden können.

Der Herr Abg. von Eynern hat dann Klage geführt über die Heranziehung der Gemeinden, namentlich der mittleren und kleineren, zu den Kosten für Bahnanlagen, sei es für Neubauten oder Um- bauten von Strecken oder Bahnhöfen, und hat dafür als besonders prägnantes Beispiel das der Städte Remscheid und Solingen genannt ; er hat es geradezu als tadelnswerth bezeihnet, daß man die Bahn als Nebenbahn projektiert babe in der Absicht, dann von den Kummunen Beiträge erheben zu können, daß aber, fobald die Bahn eröffnet gewesen, der Vollbahnbetrieb auf ihr eingeführt worden sei. Es ift richtig: die Babn ist als Nebenbahn projektiert, als Neben- bahn ausgebaut ; fie ift aber gleich in ihrem Ausbau im wesentlichen so vervollkommet worden, daß mit geringen Ergänzungen der Voll- bahnbetrieb eingeführt werden lonnte, insbesondere da eine größere Geschwindktgkeit tur die Gefällverhältnisse auf der Bahn fo wie fo ausgeshlofsen ift.

Die Einführung des Bollvahnbetriebs ist aber auf das Drängen der beiden Städte Solingen und Remscheid geschehen, fie haben beide der Eisenbahn-Verwaltung gegenüber den dringenden Wunsch nit einmal, fondern wiederholt vorgebraht, daß der Vollbahnbetrieb eingeführt werde, weil er für sie eine vortheilhaftere Beförderung sei.

Nun hat der Herr Abg. von Eynern gemeint: Der Herr Finanz- Minister und der Eisenbahn-Minister würden auf Grund der vor- getragenen Thatsachen erklären, demnächst dem Landtage eine Vor- lage zu machen, wonach die Kosten, welhe die Städte Remscheid und Solingen beigetragen haben, ihnen zurükerstattet werden. Ich meinerseits kann hier nur erklären, daß ich an eine solhe Vorlage nicht denke, und wie ih meinen Herrn Kollegen den Finanz-Minister kenne (Heiterkeit), glaube ih sagen zu können, daß er derselben Auf- fassung ist, und ih denke, daß das auch ganz gerehtfertigt ist. Wir haben zu Gunsten der beiden Städte Remscheid und Solingen eine Summe von 10 959 000 4 aus der Staatskasse aufgewandt (Zu- ruf des Abg. von Eynern), ob wir da eine große Rente haben, das kann ih nicht wissen Verr von Eynern wird?s au nit wissen —, da wir bekanntli für die einzelnen Strecken keine besondere Abrechnungen aufstellen. Es ift aber wohl mit die theuerfte Strecke, die wir überhaupt je gebaut baben. Das große Bauwerk, die Möngstener Brücke, eins der grofiartigsten und interessantesten Bauwerke innerhalb des preußischen Eisenbahnnetzes, dann die foloffalen sonstigen Anlagen, die da hergestellt sind, lasen es doch sehr zweifelhaft erscheinen, ob {on jeßt eine Nente dem Staat er- wächst. Aber das ist ganz unzweifelhaft, daß die beiden Städte Newscheid und Solingen in allererster Linie doch den Nugzen von dieser Bahnanlage haben. Remscheid hat dadurch auf dem Wege nah Düsseldorf beispielsweise von 54 km 17 km Verkürzung gehabt und nah Köln desgleichen abgesehen davon, daß die beiden Städte Nemscheid und Solingen in ihren vielfahen Be- ziehungen zu einander jeßt doch unmittelbar mit einander verbunden sind, während sie früher auf einem großen Umwege über Elberfeld und Solingen sich erft errcihten, fodaß also doch die Vortheile von dem angewandten Kapital von 11 000000 in erster Linie den beiden Städten Remscheid und Solingen zugefallen sind. Ich bin auch der festen Ueberzeugung und habe das zu meiner Freude auch bei der Einweihung der Müngstener Brücke durch die berufenen Ver- treter beider Städte gehört, daß fie dem Staat für diese Auf- wendungen dankbar sind (Zuruf des Abg. von Eynern: Sie wären noch dankbarer!) —, sie wären gewiß noch dankbarer, wenn sie die 800 000 M zurüdbefämen, davon bin ih auch überzeugt; aber ih glaube nit, daß das cerechtfertigt wäre.

Abg. Dr. Lotichius (nl.) wünscht Vorrichtungen, durch die in den D. Zügen die Heizung in jedem Coupsó reguliert werden kann. Im Winter würden sih ftatt der D-Züge Schnellzüge mit ge- \chlofsenen Coupés empfehlen. Der Oberbau müsse auf den Strecken mit starkem Verkehr verstärkt werden. Die S areina der In en kleinen

hôfe und der Züge lasse noch viel zu wünschen übrig.

® daher, mich mit dem Bergbaulichen Verein als dem langjährigen

heblich besser (Abg. Gothein : oho!), weil die Gruben im oberschlesiscchen |

es treten daher für die |

erfonal D-Züge ift mit den Heizungseinrih1tungen jeßt so eric daß allen berehtigten Wünschen Rechnung getragen ist. Die Umwantlung wellerer Schnellzüge in D-Züge is vorläufig nit in Aussicht genommen. Die Beleuchtung der Bahnhöfe zu verbessern, bemüht si die Verwaltung seit Jahren.

1 Dg. Graf zu Limburg-Stirum (konf.): Diese Fragen ge- hören eigentli nicht hierher, sondern zum Personenverkehr. Die Einrichtung der D-Züge, wie sie in Schlesien besteht, mit befonderen Speisewagen, scheint mir die beste ¿u sein. Ih kann nit eintehen, wie die Eisenbahnfragen in einer besonderen Kommission besser er- örtert werden könnten als in ter Budgetkommission. Es kann uns doch richt bessere Auskunft zu theil werden, als von den Technikern der Eisenbahnverwaltung. Man klagt auch über den Mangel an kaufmänni- icher Verioaltung, lagt aber niemals, wie es tenn gemackd}t werden soll. Ich habe in der Kommission immer nur Kritiken gehört, aber Teine Ner- besserung8vorshläge. Eine besondere Kommission würde den Charalter des Landes - Eisenbahnraths annehmen, d. h. es würden die Inter- effsen der einzelnen Landestheile noch mehr zur Geltung gebracht werden als {on jeßt. Eine jede Kritik ist berechtigt; sie wäre nur zu verwerfen, wenn der einzelne Abgeordnete dabei persönliche Interessen verfolgte, Dies ist bisher noch nit der Fall gewesen. Die allgemeinen Interessen kann die Budgetkommission besser wahr- nehmen als eine Eisenbahnkommission. In Bezug auf die Bahn Nemscheid—Solingen stimme ih dem Abg. von Eynern bei. Bei Neben- bahnen sind die Beiträge der Gemeinden gerechtfertigt, weil an folhen Linien der Staat lbst kein Interesse hat. In diesem Falle ift aber die Bahn zwar als Nebenbohn gedacht gewesen, aber von ihrer ÎIn- betriebseßung an glei als BVeollbahn betrieben worden ; deéhalb ift die Beschwerde des Herrn von & ynern über die Heranziehung der Ge- meinden gerechtfertigt. Der ifenbahnverwalfung ein selbständiges Nccht zur Aufnahme von Anleihen ¿zu gebea, halte id für verfehlt. Bei dem Umbau von Bahnhöfen dürfen auch nit einseitige Inter- essen, fo berehtigt sie an sih sein mögen, becücksihtigt werden, fondern nur die allgemeinen Interessen in Frage kommen.

. Abg. Dr. Hahn (b. k. P.) tritt im Interesse von Geestemünde für eine Frachtermäßigung für Getreide und Holz zwishen Bremen und Geestemünde ein, damit der Handel in diesen Artikeln Geeste- münde erhalten bleibe und sih niht nah Bremen ziehe. Außerdem müsse der Fishhandel von Geestemünde gefördert werden. Der Regierung könne es nit gleihgültig sein, ob der Hafen von Geestemünde, der mit {weren Opfern angelegt sei, mehr und mehr verôöde. Den Kanalbau nach Harburg habe man auch zurückgestellt. Der Hafen von Geestemünde sei infolge aller dieser Umstände in stetigem Nückgange.

Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs. Nath Möllhausen: Es handelt fich in Geestemünde um den Imwport von fremd:m Getreide und fre!1ndem Holz. Der Antrag der Handelskammer von Geeste- münde auf Tarifermäßigung bedarf daher der eingehendsten Prüfung, er ift dem Bezirks-Cisenbahnrath von Hannover überwiesen worden.

Eine sachliche Stellungnahme der Zentralverwaltung ist noh nicht er- folgt. Die Verwaltung ist bestrebt, direkte Güterzüge für den Fernverkehr einzurihten undden Fernverkchr bon dem Nahverkehr zu trennen; es müssen dazu aber noch weitere tehnishe Einrichtungen getroffen werden. In Bezug auf die Wagenstellung im Ruhrrevier ist Großes geleistet, an manchen Tagen sind dort 18—19 000 Wagen gestellt worden. Die Umschlagédauer der einzelnen Wagen ist von Jahr zu Jahr verringert worden vnd hat 1897 pro Wagen nur 3,14 Tage betragen. Da der | Verkehr in bedeutenderem Maße gestiegen ist, fo ist damit der Beweis | geliefert morden, daß die Verwaltung mit geringen Mitteln viel zu | leisten verstanden hat. Um die Behauptung zu widerlegen, daß die Trausportleistungen im Nuhrrevier gering gewesen feien, maht Nedner ausführlide Mittheilungen über die technishe Art und Weise der Ab- fertigung eines Gütertransports. U De. Gdels (nl.): Die Hauptursache der Eisentabnunfälle | liegt darin, daß unser Eisenbahnnetz nicht mehr ausreidt, den stcigenden Verkehr zu bewältigen. Die Verwaltung muß ernstliÞ auf eine Entlastvng des Eisenbahnverkehrs bedaht sein. Für den Transport der Massengüter müssen Kanäle gebaut werden. Vie Oberweser muß auch kanalisiert werden, fonst wäre das für die Fuldakanalisierung und andere Flußkorrektionen ausgewandte Kapital nußlos weggeworfen. Cine Umschlagêvorridtung am Anfang der Weser in Haunnöverisch- Münden würde durchaus nicht nur eine lokale Bedeutung haben, jondern d-m ganzen „allgemeinen Verkehr nügen. Ebenso müßte auf der unteren Weser eine zweite Umsfschlagsyorrichtung geschaffen werden. Redner beschwert sih ferner über mangelndes Entgegenkommen der | Regierung bei der Konzessionierung von Kleinbahnen, die oft aus Kon- kurrenzfurcht abgelehnt werde. Wenn die Verwaltung in dieser Weife vorgehe, dienten die Staatsbahnen dem wirthschaftlichen Bedürfniß niht. Die weiteren Ausführungen des Redners, in denen er auf finbiig telle kleine Bahnprojekte Bezug nimmt, bleiben unver- andlic).

Abg. Wetekambp (fr. Volksp.): Der Abg. Gamp hat dem Neichs- tags-Abgeordneten Lenzmann vorgeworfen, daß er dur feine Eisenbahn- rede im Reichstage Reklame für feine juristische Praxis als Vertheidiger von angeklagten Eisenbahnbeamten gemaht habe. Er hat Telbft {on eingesehen, das dies unbegründet war, und es als einen Scherz hingestellt. Aber solche Auéführungen maht man niht einmal im Scherz. Herr Gamp hat sich auch im Reichstage über den Ton des Herrn Lenz- mann aufgehalten ; feine eigene Aeußerung ¿cigt, wie Herr Gamy den guten Ton versteht. Die Vertheidigung der Eisenbahnbeamten ist in den Händen des Herrn Lenzmann jedenfalls besser aufgehoben, als die Vertheidigung der Eisenbahnverwaltung in den Händen des Herrn Gamp. Die Unfälle sind sicherlich zum großen Theil auf die Sparsamkeit der Eisenbahnverwaltung zurückzuführen. Die Sparsamkeit an sich verwerfen wir niht, es kommt aber darauf an, daß an der rihtigen Stelle Sparsamkeit geübt wird und nit überall eine Knausrig- leit herrsht. Von der Beschäftigung von Hilfsbeamten im Betrieb wird zu viel Gebrauch gemadt. Herr Gamp meint zwar, die niht- etatêmäßigen Beamten müssen viel sorgfältiger sein, weil sie ÜUngft vor der Entlassung haben müssen. Die fortwährende Angst vor der Entlaffung macht die Leute gerade nervös und läßt sie nicht rihtig arbeiten. Auf Koften der Beamten spart der wirthscaftlih starke Staat an etatêmäßigen Stellen. An den Uebernachtungsgeldern der Beamten spart der Staat au in unzulässiger Weise und an un- rihtiger Stelle. Fn Liegniß ist z. B. die Fahrzeit um 4 Minuten verkürzt worden, sodaß die bestimmte Dienststundenzahl als Voraus- seßung der Gewährung des Uebernahtungégeldes nihi mehr erreicht wird, und nun wird dort kein Uebernahtungsgeld mehr gezahlt, Die Lokomotivführer {find überlastet, müssen zu viele Kilometer fahren und zu lange Dienst thun. Der Minifter hat zwar eine shärfere Kontrole darüber verfügt, daß die Lokomotivführer niht mehr überlaftet werden, aber es fehlt eben das nöthige Personal; der wirth \chaft- liche Aufshwung kann jeßt nicht gens auêgenußt werden für die Eisenbahnen, weil die technis{hen inrihtungen nicht ausreichen, in denen man früher gespart hat. Der Minister bestreitet das ÑBor- herrschen des Assessortsmus und Bureaukratièmus. Bei einem Unfall forderte der Affessor den Stationsvorsteher auf, mit ihm das Pro- tokoll aufzunehmen ; als der Stationêvorsteher aber erst für die Frei--

Gesellschaften müsse die Verwaltung mehr entgegenkommen; namentlich

legung der Strecke sorgen wollte, sagte der Affefsor: Aber um: