1898 / 74 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

4 Ma eingereihten Gesuhe um Ausbau E

Megestrecken wurden dem Landes-Auss{uß zur Berücksichtigung bezw. Bescheidung der Petenten überwiescn. Ein Gesuh um Muna für eine an Milzbrand gefallene Kuh würde abaelehnt. Nachdem dann noch dem Pförtner bei der Heil: und Pflege- Anstalt Eichberg sowie einer früheren Wärterin bei derselben Anstalt ein Gnadengehalt von je 200 #6 und einem Oberwärter bei der Heil- und Psflege-Anstalt Weil- münster 200 4 als zweite Dienstprämie bewilligt worden waren, wurdezdie Sißung geschlossen.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Der Landtag erledigte gestern das Steuergesch für die Jahre 1899—1901 und wurde sodann vertagt.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Seine Königliche Hoheit der Herzog ist am 24. d. M. in Villefranhe angekommen. Das Befinden Höchstdesselben ist, der „Goth. Ztg.“ zufolge, jezt im Ganzen befriedigend. Um jedo nit zu unvermittelt wieder in das rauhere nördliche Klima zu kommen, gedenkt Seine Königliche Hoheit noch bis etwa Mitte April im Süden zu verweilen.

Bremen.

Seine Majestät der Kaiser traf, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmiitag um 1 Uhr 45 Minuten am Kaiserhafen inBremerhaven cin, .wo die bereits vorher aus Bremen an- gekommenen Theilnehmer an der Seefahrt Seine Majestät be- grüßten. Bei dem Dampfer „Kaiser Wilhelm der Große“ hatte die Garnison mit Musik Aufstellung genommen. Seine Majestät begab Sich sofort mit dem Gefolge an Bord, worauf mit der Durchschleusung des Dampfers durch die Kammerschleuse begonnen wurde, welhe um 3 Uhr beendet war. Das an beiden Seiten auf der Kaje zahlreih versammelte Publikum brachte fortgeseßt Hurrahrufe aus, wofür Seine Majestät freundlih dankte. Das Schiff ging dann mit voller Kraft stromabwärts. Das Wetter war klar, doch wehte ein stürmi- scher Wind.

Oefterreich-Uugarn.

Dem Erzherzog und der Erzherzogin Friedrich sind aus Anlaß des Hinscheidens der Erzherzogin Natalie die wärmsten Beileidsbezeugungen des Kaijers Franz Joseph, sämmtlicher Mitglieder des Kaiserlichen Hauses und der Deuischen Kaiserlihen Majestäten zugegangen.

Die „Neue Freie Presse“ meldet aus Tetschen, daß Schönerer in einer dajelbst gestern abgehaltenen Versamm- lung von Landwirthen namens seiner Gruppe die deutsche Gemeinschaft aufgekündigt habe; scine Partei nehme den Kampf gegen die deutshe Fortschritts- und Volkspartei wieder auf.

Großbritannien und 7Frland.

Im Unterhause fragte gestern Ashmead-Bartlett an, ob die Pekinger Meldung der „Times“, daß China die Forde- rungen Rußlands zugestanden have, richtig sci. Der Parlamenl1s- Sekretär des Auswärtigen Curzon erwiderte, die Regierung habe keine Bestätigung dieses Gerüchtes erhalten. Das Haus nahm im weiteren Verlauf der Sitzung die erste Lesung der Bill, betreffend die griechische Anleihe, an.

Frankreich.

Die Deputirtenkammer nabm gestern ohne Berathung den Gcseßentwurf an, welcher die Regierung ermächtigt, für Madagaskar cine Anleihe im Betrage von 5 Millonen Francs zu cmittieren. Dieselbe ist haup!sählih zur Anlage von Ver- kehrswegen bestimmt.

talien,

In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer stellte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Deputirte de Nava die Anfrage, was die Regierung in der Simplon - Angelegenheit sowie bezüglih ihres Antheils an den Erträgnissen der Gotthardlinie angesichts der Verstaatlihung der shweizerischen Bahnen zu thun gedenke. Der Minister des Aeußern Visconti Venosta erklärte, die Regierung werde darüber mit der Schweiz in Unterhandlungen treten und nicht verfehlen, sich auch mit Deutschland ins Einvernehmen zu seßen, das sh hinsichtlih der Gotthardbahn in gleicher Rechtslage wie Jtalien befinde. Auf eine Anfrage der Deputirten Farina und Santini wegen der Gerüchte über den Verkauf italienischer Kriegsschiffe nah dem Auslande erwiderte der Marine-Minister Brin : Die Regierung habe die ihr von fremden Staaten gemachten Ancrbietungen, betreffend den Ankauf der im Bau begriffenen Kriegsschisse, in ernstliche Er- wägung gezogen, könne jedo augenblicklih über die s{chweben- den Unterhandlungen keine Mittheilungen machen. Der Minister fügte hinzu: Er könne die Erklärung abgeben, daß die Regierung darauf bedacht sei, sich streng an die Vorschriften des Kompta- bilitätsgeseßes zu halten. Was das Unternehmen betreffe, um das es sih handele, so entspreche cs den Staatsinteressen und werde zahlreichen Arbeitern Beschäftigung verschaff:zn. Die Abgg. Santini und Farina bckämpsten lebhaft den Verkauf von Schiffen; ersterer sprach die Befürchtung aus, daß. dics diplomatische Verwickelungen nach sich ziehen könne; Farina meinte, es sei niht angängig, daß ieser Verkauf statifinde, und führte aus, die Schiffe „Varese“ und „Garibaldi“ könnten nicht ohne ein eigens hierfür angenommenes Gesey verkauft werden. Der Marine-Minister Brin wies die Beschuldigung zurück, daß die Operation, um die es si handele, das Anschen der Marine schädigen könne. Jhm habe immer der Gedanke am Herzen gelegen, die nationale Arbeit dadurch zu fördern, daß die eigenen Schiffe in Jtalien gebaut würden ohne Heranziehung des Auslandes. Es sei cin erhebendes Gefühl, ganz und gar in Jtalien erbaute Schiffe fremden Nationen verkaufen zu können. Die Schiffe, wegen deren Verkauf man jetzt unter- handle, ständen noch nicht in der Schiffsliste als Eigenthum des Staats aufgeführt. Außer dem Vortheil für die nationale Arbeit trage der Verkauf zur Erhöhung des An- sehens des Staats bei; denn wenn die Vereinigten Staaten wegen des Ankaufs italienisher Schiffe unterhandelten, so bedeute dics, daß ein so industrielles Volk den Fortschritt des italienishen Schiffsbaues hochschäge. Er könne ver- sichern, daß, wenn die Verhandlungen wegen des Verkaufs der beiden genannten Schiffe niht zum Abschluß kämen, \{chon ein Vertrag mit auswärtigen Häusern wegen des Ankaufs ähnlicher Schiffe bereit liege. Die Regierung müsse die Frage nach jeder Richtung reiflich erwägen, ehe sie wegen des Verkaufs eine abschlägige Antwort ertheile. Die Ver- theidigungsfraft der italienishen Flotte erleide durch den Ver- fauf keine Einbuße, da es sich um zwei noch nicht vollendete Schiffe

: handele, die dur andere, bessere erseßt werden könnten. Der

Minister \{chloß, es sei noch keine cndgültige Entscheidung ge- troffen, und die Regierung werde sich von den wahren Jnteressen des Landes, von dem doppelten Slandpunkte der nationalen Arbeit und der nationalen Vertheidigung aus leiten lassen. Es sei ein Lebensinteresse Jtaliens, daß der Markt in den Kolonien und in Süd-Amerika der italienishen Arbeit offen crhalten bleibe; irgend welhe Komplikationen könne die vor- liegende Frage nicht herbeiführen. Schlicßlih brachten die Deputirten de Nobili, Santini und Genossen den Antrag ein, die Regierung aufzufordern, daß sie der Kar{mer einen entsprehenden Geseteniwurf vorlege, ehe sie zum Verkauf von Schiffen schreite. Auf Vorschlag des Marine-Ministers wird dieser Antrag heute zur Berathung gelangen. Spanien.

Der Bericht der spanishen Untersuhungs- kommission kommt, einer Meldung des „W. T. B.“ zue folge, zu dem Schlusse, daß die Explosion auf der „Maine“ einer inneren Ursache zuzuschreiben sei. Der amerikanische Gesandte Wood ford hatte gestcrn eine längere Unterredung mit dem Minister des Aeußern Gullon.

Türkei.

Der großbritannishe Botschafter Sir Philip Currie wurde gestern nah dem Selamlik von dem Sultan in Audienz empfangen. Jn amtlichen türkischen Kreisen wird die Meldung des „Standard“ über angebliche militärische Vor- bereitungen seitens der Türkei für unbegründet erklärt.

Griechenland.

Wie „W. T. B.“ aus Atben erfährt, erklärte Kardigi vor dem Untersuchungsrichter, daß diz Dynamitbombe, die er bei sich geführt habe, für Delyannis bestimmt gewesen sei; wäre der Anschlag gegen den König gelungen, sd würde er sich nah Delyannis? Hause begeben haben, um dort die Bombe zu schleudern. Kein Anwalt habe die Vertheidigung Kardißi's übernommen, weshalb worden sei; der Angeklagte habe indessen jede Vertheidigung für unnöthig erklärt.

Die Regierung hat zwei aus Thessalien desertierte tür- fische Offiziere ausgewiesen und dieselben nah Cypern gebracht.

Dänemark.

Die Session des Reichstags ist, wie „W. T. B.“

meldet, gestern geschlossen worden. Amerika.

Dem „Reuter shen Bureau“ wird aus Washington

aemeldet, daß der Kapitän Viarix mit dem Bericht der

Untersuhungskommission, betreffend die Explosion auf

der „Maine“, am Donnerstag daselbst eingetroffen sei. Der |

t

Bericht sei gestern dem Marine-Sekretär Long übergeben | worden, der ihn dem Präsidenten Mac Kinley überreicht |

habe. Der Bericht werde in einer Konferenz der Mitglieder des Kabinets zur Verlesung gelangen und am Montag mit einer kurzen Botschaft über die der Explosion vorar- gegangenen Ereignisse dem Kongreß zugehen. telegraphisch nach Madrid übermittelt worden, um von Dem

amerikanishen Botschafter der spanischen Regierung vorgelegt j Wie es heiße, solle der Bericht die Katastrophe | haushalts-Etais für 1898/99 fortgeschßt.

zu werden. Y zwei auf einañder folgenden Explostonen zuschreiben, von denen die erste durch cine untersecische bewegliche Mine erfolgt sei,

worauf die zweite in einer kleinen Pulverkammer stattgefunden ;

habe.

Kommando über das fliegende Geshwader in Hampton-Noads zu übernehmen, und wird auf dem „Brooklyn“ als Flagg- chiff in See gehen.

aht Dampf Yachten und vier Schleppdampfer angckaust, welche als Hilfs\chiffe der Flotie dienen sollen

Schiffe, welhe zum Leuchtthurmdienst gehören, sind dem Mar1ine-Departement überwiesen worden.

Nach einer amtlichen Depesche aus Havanna hat in der Sierra Chaparra cin Zusammenstoß stattgefunden. Der General Luque nahm das Lager der Ausständischen, von denen 48 getödtet und 150 verwundet wurden; auf seiten der Spanier wurden ein Kapitän und 9 Soldaten getödtèt sowie mehrere Offiziere und 58 Soldaten verwundet.

Asien.

Der „Times“ wird aus Peking gemeldet, Rußland willige ein, daß Talienwan sür Schiffe und für den Handel aller Länder gegen Entrichtung von Eirfuhrzöllen, ähnlich den- jenigen in den chinesis{chcn Vertragshäfen, ofen sein solle.

Die Verwaltung und Erhcbung der Zölle werde diesclbe fein j

wie in jedem anderen russishen Hafen; _Rupland verpflichte sih jedo, den nah Abzug der Unkosten sich ergebenden Ueberschuß der in Talienwan vereinnahmten Zollgefälle an China abzuliefern.

Afrika.

Wie die „Times“ aus Kapstadt meldet, haben die Wahlen für den gesezgebenden Nath eine knappe Ma- jorität der Rhodes - Partei gegenüber der Fortschrittspartei ergeben.

Parlamentarische Nachrichten,

In der heutigen (70.) Sißung des Reichstages, welcher der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, der Staals- sekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Giaf von Posa- dowsky - Wehner, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister von Bülow, der Staatssekretär des Neichs - Marineamts, Kontre - Admiral Tirpiß und der Staatssekretär des Reichs - Shazamts Dr. Freiherr von Thielmann beiwohnten, wurde die zweite Berathung des E, betréffend die deutsche Flotte, fort- geseßt.

Nach dem § 2 soll die Bereitstellung der Mittel für die Ersazbauten -der jährlihen Festseßung durh den Reichs- haushalts-Etat mit der Maßgabe unterliegen, daß in der Regel Linien- und Küstenpanzerschiffe nah 25 Jahren, große Kreuzer nach 20 und kleine Kreuzer nah 15 Jahren erseßt werden können. Verlängerungen der Fristen bedürfen der Zustimmung des Bundesraths, Verkürzungen derjenigen des Reichstages.

E Freiherr von Buol bittet die Nedner, sich streng an die Sache zu halten, damit die zweite Berathung der Vorlage und au die zweite Berathung des Marine-Etats noch heute erledigt

ihm ein Offizialvertheidiger bestellt |

Der Bericht sei |

s S S | geringeren Zahl der Regierungs-Räthe. Dem Vernehmen na hat das Marine-Departement

Sechzehn |

a Aas eveniueUl \:Ve ex die Abhaltung einer Akendsißung in us Í

Abg. Liebermann von, Sonnenberg (Reformp.): Nah dieser Bitte des Präsidenten muß ih es mir versagen, den Standpunkt meiner Partei fo ausgiebig zu vertreten, wie die anderen Parteten es gethan haben. Jh muß mir das Recht dazu bis zur dritten Lesung vorbehalten.

Abg. Dr. Rintelen (Zentr.): Es is mir s{chwer geworden, für das Sexennat zu slimmen angesichts der Stimmung der katholischen Bevölkerung gegenüber der Haliung der preußishen Ne- gierung bei dec Debatte über den Kultus-Gtat (Präsident Freiberr von Buol fordert den Redner auf, zur Sache zu kommen); noch viel \chwerer wird es mir, für das Aeternat zu stimmen. Ih habe für § 1 gestimmt, weil i" mich überzeuat babe, daß neue Steuern für die Durhführung der Vorlage kaum nôthig fein werden, und weil i mich von der Mehrheit meiner Freunde in dieser wi&tigen Frage nicht trennen will. Durch § 2 bindet h der Reichstag auf ewige Zeiten ; er kann nah Ablauf der se{chs Jahre niemals wieder freie Hand bekommen; er kann einen Ersaßbau nur verweigern, wenn der Bundeérath damit einverstanden ist; sonst müssen die Mittel dafür immer zu einer gewissen Zeit in den Etat eingestellt werden. Damit ijt das Budgetreht des Reichstages ein für allemal beseitigt. Das hindert mich, für § 2 zu stimmen.

Jm weiteren Verlauf der Debatte, über welhe am Mon- tag ausführlih berichtet werden wird, nehmen wiederholt das Vort Der Staatgsekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky, der Staatssekretär des Neichs - Marineamts, Kontre - Admiral Tirpiß, die Abgg. Fuchs (Zentr.), Dr. Barth (fr. Vgg.) Roeren (Zentr.), Dr. Spahn (Zemnir.), Richter (fr: Volksp); Pr. von Leveßow (d. kons.), Singer (Soz.), Dr. von Bennigsen (nl.), Keßler (Zentr.) und der Berichterstatter Abg. Dr.

| Lieber (Zentr.),

Bei Schluß des Blattes wird die namentliche Abstimmung vorgenommen, welche die Annahme des § 2 mit 193 gegen 118 Stimmen ergiebt.

Auf der Tagesordnung der heutigen (56.) Sißung des es der Abgeordneten, welher der Vize-Präsident taats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen bei- wohnten, stand zunächst die Berathung des Berichts über die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung während des Zeitraums vom 1. Oktober 1896 bis dahin 1897.

Abg. Möller (nl.) beantragt, die Berathung dieses

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| Gegenstandes fowie der Nachweisungen der zur Förderung des

Baues von Kleinbahnen bis Ende 1897 bcwilligten oder in Aussicht gestellten Staatsbeihilfen von der Tagesordnung ab- zuseßzen und erst später in Verbindung mit den Verhandlungen über das Kleinbahngesct statifinden zu lassen, damit die Be-

| rathung des Staatshaushalts-Etats für 1898/99 beschleunigt

werden könne.

Die Abgg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kors.) und Dr. P orsch (Zenir.) {ließen sfi diesem Vorschlage an, während Nba. Broemel (fr. Vgg.) thm anfangs widerspriht, {ließli aber feinen Widerspruch zurückzieht.

Der Vorschlag des Abg. Möller wird angenommen.

Die Mittheilung des Finanz-Ministers und des Ministers der öffenilihen Arbeiten, betreffend den Erlös für verkauste Berliner Stadtbahnparzellen, und der Bericht über die weitere Ausführung von Eisenbahnverstaatlihunasgeseßen werden in einmaliger Berathung durch Kenniniß, nahme erledigt.

Hierauf wird die zweite Berathung des Staats-

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Die Etats der Staats-Schuldenverwaltung und der allgemeinen Finanzverwaltung werden ohne Debatte

L a eir j ___¿ genehmigt. Der Commodore Schley hat den Befehl erhalten, das |

Beim Etat des Finanz-Ministeriums weist

Abg. von Arnim (konf.) darauf hin, daß die große Zahl der Negierungs. Assessoren nicht im rechten Verhältniß stehe zu der viel Die ctatsmäßigen Stellen mükten vermehrt werden, damit die Assessoren nit so länge auf ihre Anstellung zu warten brauchten.

Unter - Staats}ekretär M eine cke: die Wartezeit der Ussessoren möglichst zu verkürzen. Iecßten Zeit i} eine größere Zahl von Assessoren Nätben ernannt worden.

bg. Bartels (kons) erachtet es für gleihgültig. ob die Ges ichäf!e von Assessoren oder Negierungs-Räthen erledigt werden, wenn die Beamten nur ausrcichend befoldet merden. Die Vertheilung der NAssessoren auf die cinzelnen Abtheilungen der Regierungen müsse nah bestimmten Grundsätzen exfolgen. Es fei zu bedauern, daß dieser Ver- kandlung der Minister des Innern nicht beiwohne, von dem diese Beamten refsortierten.

Unter-Staatssekretär Meinecke: Die Wartezcit beträgt jeßt nur noch 8 Jahre ; der Assessor bekommt {on nah 2, 3 Jahren 1500 4 Nemuneration. Früher mußten die Affsessoren 5, 6 Jahre roarten, ohne daß sie einen Pfennig erhielten.

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lafa (konf.): Vielleicht ließen sih diese Mißstände dur eine gewisse Dezentralifation der Verwaltung, dur eine Theilung der Reaierungsbezirke befeitigen.

Bize - Präfident des Staats - Ministeriums, Finanz - Minister Dr. von Miquel: Dieser Frage sind wir {on früher näher ge- treten; man hat uns aber davon abgeratbhen, z¿. B. in Düsseldorf. Ich gebe zu, daß einzelne Regierungs-Präsidenten überlastet find. Vielleicht empfiehlt es fi, den Ober-Regierungs-Näthen eine andere Stellung zu geben. Der Minister des Jnnern ist keinebwegs hier der einzige Ressort - Minister in dieser Frage. Die An- stelluxg der Regierungs: Räthe ges@icht in Uebereinstimmung mit anderen Ressorts. Der Fonds zur Remuncrierung der Affessoren ift um eine halbe Million Mark erhöht worden, und eine weitere Er- höhung soll noch erfolgen nah Maßgabe der Berufung von Assefsoren. Auch die Zahl der etatsmäßigen Stellen wird noch weiter ver- mehrt werden. Andererseits wird bei der Annahme der Assessoren 11d au der Referendare mit der größten Vorsicht zu verfahren scin. Der Minister des Innern hat für die Regierungs-Assessoren das größte Interesse.

Abg. Freiherr von Zedliy und Neukirch (fr. kons.): Die Negierungs-Präsidenten können bei der Fülle der Geschäfte kaum noch die Vecantwortung tkagen. Der Regierungsbezirk Dppeln könnte allerdings getheilt werden. Bei hen anderen Regierungsbezirken aber würde es sich empfehlen, die Dezentralisation durchzuführen, sodaß das Landrathsamt die s\taatlihe Obrigkeit in erster Snstanz vertritt und auch die Entscheidung trifft. Dies würde das Screibwerk vermindern und die Geschäfte er- leitern. Soll aber der Landrath seine Aufgabe voll e:füllen, fo darf er sein Amt nit mehr als Durhgangsposten für höhere Stellen ansehen, sondern muß mit den Interessen dcs Kreises verwachsen fein. Ein anderer höherer Beamter, ein Assessor, könnte ihm einen großen Theil des Schreibwerks abnehmen. Jch bitte also, ben Gedanken einer derartigen Dezentralisation noch weiter zu verfolgen, als es bisher {hon geschehen ist.

Nbg. Bartels bemerkt, daß bei der jetzigen Ueberlastung der Regierungen kaum zuviel Affsessoren und Referendare vorhanden. eten. Die Ober-Regierungs-Räthe, welhe die Geschäfte der früheren Direktoren versähen, follten nicht mehr mit einer Funktionszulage abgefunden, sondern thren Leistungen entsprechend mit den Senats- Präsidenten der leßtinstanzlihen Gerichte im Rang und Gehalt gleih- gestellt werden.

Die Regierung is bemüht, Noch in der zu Megicrungss-

Abg. Freiherr von Plettenberg (kons.) stebt der Frage der Oezentralisation sywmpathish gegenüber, erklärt ih aber gegen eine Theilung des Regterungsbezirks Düsseldorf.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Wird der Vors(hlag des Abg. von Zedliß durchgeführt, so hôrt der Landrath auf, lokaler Beamter zu sein, Für die Bezirksregierungen müßte cine etatêmäßige Vorstufe eingeführt werden, wie sie auch bei den Gerichten besteht.

Abg. Kirsch (Zentr.) bedauert, daß einzelne Beamtenkategorien

durch das Beaintenbesoldungêgeseh vorübergehend s{lechter gestellt worden seien und daß eine Ausgleihung durch - eine generelle An- ordnung des Ministers niht überall durhgeführt sei. Die Straf- anstalts-Sekretäre bezögen jeßt ciu Minimalgebalt von 1500 Æ, 300 A weniger als bisher. Verba-dlungen ¿wischen dem Minister des Innern und dem Finanz-Minifter sellten zu keinem Resultat ge- führt haben. Diesen Beamten müsse eine Remuneration gegeben werden. : Gebeimer Ober: Finanz-RNath Belian: Diesen Beamten ist das Dienstalter um drei Zahre vordatiert worden. Die Verhandlungen mit dem Minister des Innern haben zu cinem befziedigenden Ergebniß geführt.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Auswärt iger Handel des deutschen Zollgebiets im Februar 1898. (Nah dem vom Kaiserlichen Statistishen Amt herausgegebenen Februarhbeft.)

A. Einfuhr im Februar in Tonnen zu 1000 kg netto: 9 572 969 gegen 2 340 826 im Februar 1897, daher mehr 232 143. Hierunter Edelmetalle 108, An der Steigerung nehmen hauptsächlich theil: ODroguerie-, Avotheker- und Farbewaaren (+ 29 919), Erden, Erze 2x. (63363), Getreide 26. (21834), Holz 2c und Waaren daraus (34807), Steine und Steinwaaren (15 961), Kohlen (97 939), während die Einfuhr von Material-, Spe- zerci-, Konditorwaaren erheblicz (um 61 790) zurück,:egangen ift. Der Nusfall betrifft baupyt{ählih ungeschälten Reis und Weizenmehl. Die Gesammteinfuhr in den beiden Jahresmonaten betrug 9 516 750 gegen 4 929 658 im Vorjahr, daher + 587 092. Die erhebliste Stetgerung zeigt sich bei Kohlen (+ 220 314), dann kei Holz (96 514), Getreide (96 303), Erden, Erzen (89 029).

B. Ausfuhr im Februar in Tonnen zu 1000 kg netto: 9 160 889 gegen 1964188 im Februar 1897, daher mehr 196 701. Hierunter Edelmetalle 37. An der Steigerung sind hauptsächlih be- theiliat : Droguerie- 2c. Waaren (+ 183 572), Eisen und Eisenwaaren (22 850). Erden, Erze (32 927), Getreide (45 938), Steine 2c. (14 548), Kohlen (57 131), Thonwaaren (6270), während nur 10 von 43 Nummern des Zolltarifs eine Abnahme der Ausfubr mit ins- gesammt 7181 zeigen. Ueber die Hälfte (3844) entfällt auf Material. 2c. Waareß (Nohzucker ift um 23 620 gefallen, Brotzucker dagegen um 9697 geftiegen).

Die Gesammtausfuhr in den Monaten Januar und Februar betrug 4 498 659 gegen 3 814 699 im Jahre 1897, daher mehr 683 960. Mehr als die Hälfte entfällt auf Koblen (350 708), dann folgen Erden, Erze (83 514), Getreide (81 634). Nur 6 von 43 Zolltarif-Nummern zeigen eine Abnahme der Ausfuhr.

Im Februarheft is auh die Kammgarneinfuhr berücksichtigt; sie ergab (statistishe Nummern 887/891) in den beiden Monaten 704 t.

Deutschlands NRoheisenproduktion.

Nach den s\tatistishen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller belief sich die Nobheisen- produktion dcs Deutschen Reichs (eins{l. Luxemburgs) im Monat Februar 1898 auf 557 524 t; . darunter Puddelroheisen und Spiegel- eisen 123 658 t, Bessemerroheisen 35 341 t, Thomasroheisen 294 468 t, Gießereirobecifen 104 057 t. Die Produktion im Januar 1898 betrug

626 871 t, im Februar 1897 519 959 t. Vom 1. Januar bis 28. Fe- bruar 1898 wurden Pproduziert

1184395 t gegen 1084323 t im gleichen Zeitraunz des Vorjahres.

Zur Arbeiterbewegung.

In Tilsit haben, einer Mittheilung des „Vorwärts" zufolge, 600 Arbeiter auf den Holzpläyen die Arbeit niedergelegt ; sie fordern die zehnstündige Arbeitszeit.

In Schwerte sind, wie die „Rhein.-Westf. Ztg.“ berichtet, die An streichergesellen wegen Lohnstreites in den Ausftand getreten.

In Leipzig ist der A usstand der Dachdelkergehilfen, der nah einer Mittheilung der „Lpz. Ztg.“ neun Tage dauerte und wegen Lohnstreites ausgebrohen war, für beendet erklärt worden. Die Forderungen der Gehilfen sollen im wesentlihen bewilligt worden fein.

Hier in Berlin if der Ausstand der Shubmacer der Schuhfabriken, wie der „Vorwärts“ mittheilt, zu Ungunsten der Arbeiter beendet worden. In einer am Mittwoch abgehaltenen Ver- sammlung der Ausständigen wurde einstimmig bes{lossen, die den Fabrikanten unterbreiteten Forderungen in Bezug auf den Arbeits- nachweis zurückzuziehen und wit den Fabrikanten darüber in Ver- handlung zu treten, daß die Arbeit zu den alten Bedingungen auf- genommen wird und keine Moßregelung durch ten Az1beitnachweis stat1finden. Von den Fabrikanten soll den Vertretern der Arbeiter er- klärt worden sein, daß niemand von dem Arbeitsnachweis gemaßregelt werden folle.

Kunst und Wissenschaft.

Dos Anttquarium des Königlihen Museums*) hat im leßten Quartal des Jahres 1897 eine kleine griehische Bronzelampe zum Geschenk erhalten und ferner folgende Neuerwerbungen (sämimntlich aus dem Kunsthandel) gemaht: Zunächst acht griechische bemalte Thongefäße, darunter eine alterthümlibe Schale, die dem bisher in der Sammlung nicht vertretenen sogenannten Vurva-Typus angehört, mit \{war;figuriger Darstellung nebeneinander geftellter Thiere und dazwishen Poseidon thronend, ihm gegenüber Triton; ferner ein Gefäß altböotisWecr Gattung in Gestalt eines Shweins, auf dessen Bauch tanzende Männer aufgemalt sind. Ein Gefäß in Kopfform gehört der attiscen Keramik vom Ende des VI. Jahrhunderts vor Chr. an und ift merkwürdig durch eine in rothfiguriger Technik augesparte Palmette am Hinterkopf. Eine rothfigurige Oinochoe des V, Jahrhunderts z?igt am Grabe ein Mädchen, dem ein hinzutreten- der Jüngling wie tröstend die Hand auf den Scheitel legt. Gleich- falls dem V. Fahrhundert gehört eine weißgrundige Pyris an mit Darstellung häusliher Scenen. Das [V. Jahrhundert ist durch einen großen Skyphos vertreten, auf dem Herakles unter den Göttern und auf der anderen Seite ein bacchisches Bild aufgemalt is. An figürlihen grichishen Terrakotten sind erworben: Ein mykenisches

dol, eine, weiblihe Gottheit auf einem Delphin stehend, eine ünzerin, eine Frau auf einem Stier sigend, eine Sphinx, eine Sirene, sämmtli} von alterthümlihem Stil, ferner eine dem IV. Jahrhundert angehörige, aber noch \treng bekleidete weibliche Figur, ein Stier im Typus der Kabirion-Votive und eine kleine Cikade. Unter den neuerworbenen Bronzen ragt am meisten hervor ein {lauchförmiges Gefäß mit reihverziertem

rif aus Boscoreale. Ein Schopflöffel mit einem als Entenkopf endenden Griff und ein alterthümliches, mit gravierten Ornamenten getfehenes, flahes Gefäß mit weit eingebogener Wandung, das auf fog dreifüßigen Unterfayß fteht, stammen aus Griechenland. An ala U Stücken sind die Statuette eines leierspielenden Apoll, ein T mblem eines Geräths verwendeter bärtiger Kopf im Silens- Zypus und eine sehr zierlihe, kauernde Aphrodite zu nennen, die die

") S, a. Nr. 71 d, „R.- u. St.-Anz.*.

Bekrönung einer Nadel bildet. Die Sammlung der Gläser wurde durch eine geriefelte Schale aus bräunlihem Glase und einen griehischen blauen Aryballos mit gelber und weißer Aederung be- reiert. Zu den Silbergefäßen kam cin zterliches, fein ge- arbeitetes, aber leider fark fragmenticrtes griehishes Fläschckchen hinzu, das der Form und Ornamentik nach währscheinlih dem 111. Jahrhundert v. Chr. angehört. —- Die Miscellaneen- Sammlung is dur neun Zaubergeräthe aus Bronze und Stein vermehrt worden; sie sammten aus Pergamon. Die Dee arbeiten am Hildesheimer Silbershayg haben auch im leßten Quartal des verflossenen Jahres, freilich niht ohne größere Unter- brehungen, ihren Fortgang genommen. Das neu eingerichtete Zimmer, in dem der Schaß Aufstellung gefunten hat, liegt neben dem Mittel- saal der Sammlung zwischen den beiden Dierstzimmern und hat vor- züglihes Licht. Die Gefäße find in zwei besonderen Schränken von etwa 2 m Länge und Höbe und 3 bis 4 m Breite aufgestellt, die ge- wöbnliheren Gebrauchägesäfe in der unteren, das feinere Geschirr, die Schalen, Becher, Näpfe u. dergl. in der oberen Abtheilung. Die Ver- theilung der Gefäße in die beiden Schänke is so vorgenommen, daß die zu Garnituren zusammengehörigen Stücke zufammen- geblieben find; im übrigen is die Absicht, jedes einzelne Stück in seiner Schönheit und Eigenart . möglichst zur Geltung zu bringen, für die Aufstellung maßgebend gewesen. Diese Absicht hat auch dazu gesührt, den großen Krater mit den Schlingpflanzen und Putten ganz für sh auf einem eigenen Untersaß zwischen den beiden Schränken aufzustellen. Er ist durch diese Jsolierung als das bedeutendste Stück des Schatzes hervorgehoben.

Das Münzkabinet erwarb in dem angegebenen Zeitraum 503 Münzen, 11 Stück Papiergeld, 189 galvanoplastische Münz- kfopien, 2 Siegelsiempel und einen fragmentierten Brief von dem be- rühmten Numismatiker F. H. Eckhel. Unter den neu erworbenen ariehishen Münzen ragt tur die Schönheit der Darstellung eine Großbronze von Tarsos hervor mit dem Kopfe des Antinoos und dem Bilde des auf einem Panther gelagerten jugendlichen Dionysos. Von den deutschen Münzen der fächsish-fränkishen Kaiserzeit sind er- wähnenöwerth ein Magdeburger Pfennig (aus dem Funde von UVzenglingen in der Altmark), der um tas Jahr 1100 zu Chren des Kaisers Otto 1. geprägt is, und eine merkwürdige Reihe zu Weins

heim (einex Münzstätte der Rebte von Lorsch) geprägter Dünnpfennige. | Aus dem Brakteaten-Funde von Ringleben im Schwarzburgischen, ? welchex neben einem Reiterpfennig des Landgrafen Ludwig 1V. von Thü- |

ringen zumeist Nordhäuser Pfennige mit dem sitzenden Königspaar enthielt, war dem Münzkaktinet die erste Auswahl zu nehmen ge- stattet. Der der Wende vom XII1. zum XIV. Jahrhundert an- agchörende Fund von Alterode (unweit Halle) hat außer einer Anzahl Brandenburger Denare namentlich im Anschluß an diese seitens der Herzöge von Sachsen-Wittenberg, der Grafen von Anhalt, Brena und Querfurt und der Abtei Quedlinburg geprägte Pfennige sowie kleine Brakteaten geliefert. Das Miuistertum der öffentlihen Arbeiten überwics aus dem großen Funde an der alten Brücke zu Frankfurt a. M. 68 deutshe Goldmünzen aus den Jahren 1726 bis 1814 als Geschenk.

Im Königlichen Kunstgewerbe-Museum ist gegenwärtig in einem der oberen Räume eine Anzahl von Neuerwerbungen ausgestellt, welhe den Bestard der Sammlung, namentlih auf zwei Gebieten, der Keramik und der Goldshmiedekunst, ansehnlich erweitern, gleichzeitig aber au die fünstlerishen Leistungen unserer Tage berück- fchtigen. Die Wände des Naums \chmüdcken ein persisher Kunslteppich von 7 m Lnge aus ten: Ende des 16. Jahrhunderts fowie zwei italienishe Terracotta: Friese der Renaissance, Zeit, darunter einer von seltener Sc{önheit. Unter den fkeramischen Arbeiten seien besonders eine Gruppe von FKayencen von Bernard Palissy, eine Faëntiner Budckelshale mit dem ungewöhnlidhen Decor: Weiß auf {war;blauem Grund, erwähnt; ferner von Porzellanen ein Sèvres-Teller mit rosenrothem, gemeinhin als rose Dubarry bezeihnetem Fond, zwei Nymphenburger Teller, cine Fürstenberger Vaîfe, sorcie ein in kleinem Maßstabe gefertigtes Monument auf Gellert in Meifiner Porzellan. In einem befonderen Schrank i} eine Anzahl chinesisher Porzellane vereinigt; darunter finden sich eine Gruppe von Arbeiten in zweifarbiger Scharffeuer- malerei (blau und fkupferroth unter Glasur) sowie gute Beispiele aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts mit einerseits zarten und durh- sichtigen, andererseits opaken Emails über der Glafur. Gut sind ferner eine Rothglafur-Vafe und eine Flasche in etwas matter Blau- malerei und narbiger Glasur (peau d’orange).

Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt in den Edelmetall- arbeiten; obenan stehen einige Prachtstücke, wie eine überaus feine goldene Zuckerdose Pariser Arbeit um 1775 und drei gothische Stücke: ein Hostienlöffel mit dem Melief-Figürhen der Madonna und Achatgriff, ein Abendmahlskelch vom Jahre 1575, sowie ein Damengürtel mit Silber- und Emailschmuck. Die drei leßtgenannten Stücke sind cine höchst werthvolle Stiftung aus der bis zu Anfang dieses Jahres im Museum aufgestellten Sammlung des verstorbenen Banquiers Martin Heckscher.

Eine in ihrer Art ein¡iae Erwerbung bildet ein bei Prihwalk in der Prigniß gehobener Fund von mittelalterlißem Schmuckgeräth, größtentheils aus vergoldetem Silber mit Verwendung von Nielioz und Emailshmuck, farbigen Steinen und Korallen. Er enthält Spangen, Séließen in vollständigen Garnituren, Ringe, Knöpfe und Besaßstücke in verschiedener Größe und Ausführung nebs wenigen Münzen. Diese, einzelne Wappen sowie die ornamentalen Typen weisen auf die Zeit um 1400 hin, ohne eine befriedigende Vermuthung für die Herkunft und die Umstände des Zusammenfindens zu ergeben.

Nicht unerwähnt seien die Zinn-Nachbildungen von 17 bezeihnenden Stücken aus dem großen antifen Silberfund von Boscoreale jeßt im Louvre zu Paris und eine mit dem Original ausgestellte Nach- bildung ciner großen Zinnkanne im Besiy der Stadt Zittau, eines Hauptwerks deutscher Zinngießerei des 16. Jahrhunderts.

Aus der Zahl der Möbel und Holzarbeiten erwähnen wir einen \{önen italienishen Bildrahmen des 16. Jhs. fowie einen Kabinet- \chrank auf Säulencestel in Ebenholz mit Schnitzerei und ein- graviertem Ornament: ein Möbeltyp, der in der ersten Hälfte des 17. Ihs. besonders in Frankreih verbreitet geroesen zu fein scheint. Der Gegenwart endli, und zwar jener neuesten Richtung der französischen und belgis(en Möbelkunst, welhe auf den vorjährigen Ausstellungen in Brüssel und Paris sehr bemerkt wurde, gehört ein eleganter Toilettentisch mit Stuhl von Charles Plumet in Paris an, von knapper, auf Ornamentschmuck verzihtender, vielfach an Eifen- arbeiten erinnernder Formenbehandlung.

Die neuerworbenen Textilien, darunter außer cinigen mittelalter- lichen, theilweise durch Aufnahmen ergänzten Stoffen Arbeiten von Hermann Obrist in München und ein in der Webeshule zu Scherre- beck (Nordschleswig) ausgeführter Wandteppih na dem Entwurf von O. Eckmann, sind in der oberen Galcrie um den großen Lichthof ausgestellt. 2

Im Königlichen Kunstgewerbe-Museum sind gegen- wärtig von dem Königlichen Institut für Glasmalerei drei nach Kartons des Malers Julius Jürß ausgeführte Glasfen ster ausgestellt, welhe für das Treppenhaus der Villa des Stadtraths Bartling in Wiesbaden bestimmt sind. Die Fenster tellen unter Bezugnahme auf die Berufsthätigkeit des Bestellers die Mechanik, die Industrie und den Bergbau dar. Der Figur des Bergbaues ist auf Wunsch des Bestellers eine von Professor Fr. Neus in Königsberg modellierte Statuette eines Bergmanns aus dèm „Bismarck - Museum“ in Schönhausen zu Grunde gelegt. Die Malereien sind, entsprehend dem Stilcharakter der Villa, in den Formen der Renaissance gehalten; die tehnische Behandlung beruht auf der Sch{warzloth - Malerei unter Anwendung von in der FFritte gefärbten Gläfern mit Einschluß von Kunstgelb und Ueberfangglas.

Au in den diesjährigen Ofterferien findet in den biesigen Königlichen Museen ein archäologisher Kursus für Lehrer höherer Unterrichts, Anftalten stati. Das Programm für diefe Vorlesur gen, we!che Vormittags um 9 Uhr beginnen und (mit einer Pause) bis gegen 2 Ubr dauern, lautet: 1) Donnerstag, den 14. April. Im Neuen Museum am Lustgarten. Direktor Pro« fessor Dr. Erman: „Ecyptishe und assyrishe Denkmäler“. 9) Freitag, den 15. April. Im Alten Museum am Lust- garten. Professor Dr. Kalkmann: „Alterthümer von Pergamon.“* 3) Sonnabend, den 16. April. In der Olympia - Aus- stellung, hinter der National - Galerie. Oberlchrer, Professor Dr. Trenbdbelenburg: „Alterthümer von Olympia.“ 4) Montag, den 18. April. In der Sammlung der Gipsabgüsse im Neuen Mufeum. Geheimer Regierungs-Rath, Professor Dr Kekule von Stradoniß: „Die attishe Kunst." Abends 7 Uhr. Geheimer Regierungs - Rath, Professor Dr. Diels: „Die neugefundenen Gedichte des Bakchpylides.“ 5) Diensíag, den 19. April. Im Museum für Völker- kunde, Königgräßerstraße 120, Professor Dr. Winnefelh: „Die Ausgrabungen Schliemann’s in Hissarlik, Tiryns uud Myken&ä". 6) Donnerstaa, den 21. April. Im Neuen Museum (‘Anutiqguarium). Professor Dr. Winter: „Antike Keramik“. 7) Freitag, den 22. April. Im Neuen Museum (Antiquarium). Direktoria!- Assistent Dr. Pernice: „Antike Silber- und Bronze- arbeiten“. Die ODirektorialbeamten des Alten und des Neuen Museums (in3besondere diejenigen des Münzkabinets), fowie des Museums für Völkerkunde sind bereit, während der Dauer des Kursus die Herren Theilnehmer an demselben persönli durch die ihnen unter- stellten Sammlungen zu führen.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

Ern f Rosmer’s Märchendrama „Kön igskin der“ mit der MusikvonEngelbert Humperdinck erfreut sich dauerndder Gunst des Publikums. Gestern trat als Gänfemagd zum ersten Male Fräulein Ilona Sperr auf, welcher Darstellerin tiese Nolle von Anfang an zugedacht war. Die junge Künstlerin bringt für dic Rolle der Maid im Zauber- walde eine findlih zarte Gestalt, gedankenvolle Augen und ein helles, jugendfris(@es Organ mit. Dadurh kommt der Reiz der ersten Jugend- olüthe zu \chönec Erscheinung, wie es das Märchen verlangt; denn €s spricht ja von Königékindern, vom Knaben, welher das Mägdlein riet, Da aber jedes Märchen einen tiefen geheimnißvollen Sinn birat, in dem sich gleihsam die Volïsseele ausspric;t, so müssen au die Märchenkinder, aus geheimnißvollen Augen shauend, die Fülle und den Reichthum einer reinen und tiefen Seele offen- baren. Daran ließ es Fräulein Sperr wohl noch eiwas fehlen, Ihre Gefühle haften noh an der Oberfläche und kommen noch nit mit der wünshenswerthen Natürlichkeit und Unbefançgenheit zum Aus- druck. Daß ihr ein echter Herzton aber niht fremd ist, bewies das leise Erschauern, welches sie beweate, als sie das Nahen einer unsihtbaren Gewalt ahnungsvoll mit den Worten ankündigte: „Groß- mutter, ih habe einen Menschen gesehen." Die Besezung bder übrigen Rollen war unverändert. Herr Christians war wieder ein echter Märchenprinz und Herr Pohl ein wanderfroher, furchtloser Spielmann.

Konzerte. ¿ ;

Nach altem Herkommen in der vorosterlihen Zeit führte die Sing-Akademie gestern Bach'she Paisionsmujik auf. Dank dem unermüdlichen Eifer des Direktors, Professors Blumner, war es dies- mal die \o selten gesungene , Johannis-Passion“. Ste wurde zum ersten Male 1833 von der Sing-Akademie zu Gehör gebracht, dann erst wieder nah 50 Jahren und hat seitdem nur wenige Aufführungen erlebt, eigentlich mit Unreht, denn gerade diese Passionsmusik ist von roahrer innerliher Frömmigkeit und wirkt tief ergreifend. Die eingefloGtenen Chorôle, deren lieblihster „Ah, Herr, laß dein lieb? Engelcin* das Werk beschließt, wurden von dem Chor mit jeuer ernsten Schlichtheit wiedergegeben, wie sie der Zweck des Werkes, zur Andacht zu stimmen, erfordert. Gleichwie in der „Matthäus - Passion* sind auch hier die Volkéshôre in knapper Kürze gehalten und kamen belebt und arakteristish zum Ausdru. Von den Soli fiel die große Aufgabe des Evangelisten Herrn Dierichs zu, und ihm besonders gebührt hohes Lob für die edle Art, mit welher er die Necitative vortrug und das Melodische in ihnen stets klar hervorhob. In der dramatischen Silderung der elementaren Vorgänge, wie fie die Worte „der Borhang zerriß“ 2c. enthalten, mit der jäh in die Tiefe stürzenden Skala in der Begleitung und dem Tremolo beim Beben der Erde, ist Bach seiner Zeit weit vorausgeeilt. Herr Rolle sang die Ft des Jesus mit schônem, volltönendem Baß; vielleicht hätte er den Dulder etwas weniger und dafür den Welterlöser mehr hervorheben können. Herrn van Eweyk’s für den Pilatus fast zu sympathisches Organ fam befonders in der mit Harfen- und Cello-Begleitung ausgestatteten Arie .Betrachte, mein Seel’“ zu s{chöner Geltung, ebenso Frau Geller- MWolter?s tiefe Altstimme in der Arie „Es ist vollbraht". Fräulein Haverlandt?s feine Stimme führte die Sopran-Arien gewandt und funstvoll, aber etwas fühl aus.

Herr Dr. Felix Kraus gab am Mittwoch im Saal derx Sing-Akademie seinen zweiten Liederabend, in welchem er wiederum die Zuhörer mehr durch seine große Vortragskunst als durch die Schönheit des Gesanges fesselte. Sein heroisch veranlagter Baß- Bariton zeigt sch für den Vortrag kleiner lyrischWer Lieder etwas s\prôde, doch versteht der Sänger es, ihren Empfi1- dungégehalt zu klarer Darstellung zu bringen. Ein unsicheres Anfassen der Töne ließ nur die Intonation zuweilen s{wankend erscheinen. Herr Karl Prohaska und Herr Dr. Goehlerx unterstüßten auch diesmal den Konzertierenden dur Klavier- vorträge resy. -Begleitung. An demselben Tage gab die junge Pianistin Fräulein Helene Obroúska im Saal Bechstein ibr erstes hiesiges Konzert und ließ in demselben ihre unter Leitung des Herrn Franz von Hennig trefflich geshulte Technik sowie eine feurig belebte Vortragêwcise erxfennen. Von besonderem Interesse war es, die fast gänzli unbekannte Sonate in C-dur von F. W. Ruft zu hören, die etwa im Jahre 1792 komponiert wurde und die Tiefe Bah's mit der Grazie Scarlatti’'s vereinigt. Eine hierin bemerkbare, wohl durch das erste öffentlihe Auftreten erklärliße Befangenheit der Konzertgeberin verschwand im Laufe des Abends fast gänzli, so daß der Vortrag eiuer Humoreske (op. 953) von E. E. Taubert, des beliebten As - dur - Nocturne (op. 19) von N. Radecke, und der Chovin’shen Polonaise in As-dur dur nihts beeinträhtigt wurde. Die junge Dame erntete für ihre aner- fennenéwerthen Leiftungen Beifall und Hervorruf. Die Sängerin Fräu- lein Cornelie Flues unterstüßte das Konzert durch ben Vortrag einiger Lieder von Beethoven, Gluck, Schumann, Shubert und Haydn, die sih gleihfalls einer günstigen Aufnahme erfreuten. Herr Ernst Otto Nodnagel gab ia der Aula des Falk- Realgymnasiums am Mittwoch seinen vierten Novitäten-Abend. Außer Liedern von Max Schillings und Felix Weingartner waren cs besonders die eigenen Kompositionen des Konzertgebers und Sängers, „Glüdes genug“ und „Sommertageglück", die mit außerordentlich lebhaftem Beifall aufgenommen wurden. Die Klavierbegleitung be- fand sich in den geshickten Händen der Frau Henriette Bielenberg.

Am Donnerstag veranstaltete im Saal der Sing-Akademie die hier bereits bekannte Pianistin Mary Wurm ein Konzert mit dem Philharmonischen Orchester. Sie begann mit dem etroas veralteten A-moll-Konzert von Hummel (op. 85), bei dessen Vortrag zwar cine große Fertigkeit, aber wenig Kraft des Anschlags rkennen ließ, Die Wiedergabe der Rubinstein’schen Romanze in FV-dur gelang der Künstlerin am besten, während die Cis - dur - Polonaise von Zarembski ihre Kräfte überstieg. Als Komvponistin zeigte fich die Künstlerin noch in einem Konzert mit Ne N, voelhes zwar fließend und melodiss geschrieben is, aber zu wenig Eigenart enthält. Das Werk wurde von den Zuhörern freundlih aufgenommen. Herr Charles

Dyer, ein Schüler von Frau Joachim, trug einige Lieder von Fielißz,