1898 / 75 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

(Hört, hört! bei den Nationalliberalen.) Es wird dann im Art. 4 weiter ausgeführt: „Um diejenigen Schiffe zu bauen, welche an der oben genannten Anzahl fehlen, um die augenblicklich im Bau befindlichen Schiffe fertig zu machen und um die vorhandenen Schiffe, welhe aus der Schiffsliste wegen ihres Alters oder aus sonstigen Gründen vor dem Ende des Jahres 1887 gestrichen werden müssen, zu erseßen“ wird im Marine-Etat das und das ausgeseßt. (Heiterkeit links.) A vg Dr. von Leveßow (d. konf.) beantragt den Schluß der atte. Abg. Ni chter bezeichnet es als unzulässig, daß nah einer folchen Erklärung eines Regierungsvertreters den Abgeordneten die Möglichkeit abgescnitten werden solite, zu erwidern. Abg. Singer (Soz.) beantragt die namentlie Abstimmung über den Schlußantrag, während Abg. Dr. von Bennigsen (nl.) die Antragsteller bittet, ihren S(lußantrag zurückzuziehen, was au geschieht. 1 Abg. Keßler (Zentr.) erklärt sich gegen die Bindung des Etats- rechts, die der Verfassung durhaus widerspreche. Abg. Richter: In dem italienishen Gese \teht nur, daß die

Sghiffe erneuert werden sollen, aber nihts davon, daß die Erneuerung in einem bestimmten Jahre stattfinden [e dite Gelder dafür sollen im 3 fa bewilligt werden.

Solche bindenden Vorschriften, wie hier in § 2, find nicht darin enthalten, ebensowenig Grundsätze über die Indtensthaltung der Schlachtflotte.

Darauf wird die Debatte wiederum geshlo}en.

Berichterstatter Abg. Dr. Lieber (Zentr.) bestreitet namens der Mehrheit der Budgetkommission, daß ie Bindung der Verfassung widersprehe. Das sei eine grundlose Beleidigung der Kommission, denn der Artikel 71 lasse die Bewilligung auf längere Dauer zu.

Die namentliche Abstimmung ergiebt die Annahme des S 2 mit 193 gegen 118 Stimmen.

Z 3, betreffend die Jndiensthaltungen, und 88 4 und 5, betreffend den Personalbestand, sowie § 6, betreffend die sonstigen Ausgaben, werden ohne Debatte angenommen.

Nach § 7 ist der Reichstag während der nächsten sechs Rechnungsjahre (1898—1903) nicht verpflichtet, für sämmtliche einmaligen Ausgaben des Marine-Etats mehr als 408 900 000 4 (356 700 000 & für Schiffsbauten und Armierungen und 52 200000 6 für die sonstigen einmaligen Ausgaben) und für die fortdauernden Ausgaben eine durchschnittlihe Steigerung von 4 900 000 M jährli bereit zu stellen.

Nach § 8 sollen die Ausgaben der Marineverwaltung, soweit sie 117 525 490 4 übersteigen, niht durch Erhöhung oder Vermehrung der indirekten, den Massenverbrauh be- lastenden Reichssteuern gedeckt werden.

Die Sozialdemokraten beantragen die Einführung einer Reichseinkommensteuer von den mehr als 6000 H jähr- lih betragenden Einkommen; die Freisinnige Volkspartei dagegen eine Reichsvermögenssteuer von den Vermögen von mehr als 109 000 M

Abg. Bebel (Soz.) führt aus, es sei in den Kreisen des Zentrums wiederholt exklärt worden, daß es von der Deckungsfrage abhängen würde, ob das Zertrum für die Vorlage überhaupt stimmen könne; namentli sei das seitens der , Kölnischen Volkszeitung“ gesehen. Auch hier im Hause sei das Zentrum auf diesem Standtpunkt stehen geblieben ; in der Kommission sei ein Antrag vom Abg. Lieber eingebraht worden, der sih gegen die Deckung der Kosten dur indirekte Steuern ausgesprochen und die Aufbringung der auf die Einzelstaaten entfallenden Kosten durch Zuschläge zur Einkommensteuer gefordert habe Das habe der Verfassung widersprochen. Aber dieses Bedenken hätte beseitigt werden Éönnen, wenn man wollte; denn die verbündeten Regierungen seien felbst 1881 mit einer Art Einkommensteuer an den Reichstag gekommen, nämlih mit der Wehrsteuer, die ziemlih hoh gewesen sei, obwohl schon damals in den Einzelstaaten mehrfach fehr hohe Ein- Tommensteuern bestanden hätten. Der § 8 enthalte ein Bersprechen, weldes man sehr verschieden auslegen könne. Nach der Erklärung der Regierung werde man, da Luxusfteuern nit viel einbrächten, aber grzße Erhebungskosten verurfachten, doch zu solchen Steuern greifen müssen, die {hließlich die Mittelklassen belasteten. Wenn man be- denke, daß anderweitige Ausgaben des Reichs sich als nothwendig ergeben würden, so werde nichis übrig bleiben, als tie indirekten Steuern zu vermehren. Der Reichstag habe allen Grund, der Deckungsfrage seine ernste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Diese Meinung werde auch von Männern getheilt, welche durhaus niht auf dem Standpunkt der Sozialdemokratie ständen. Der Abg. Hammacher habe in der Kommission ausgeführt, daß der wirthshaftliche Auf- s{wung nicht mehr von langer Dauer sein, daß ein Rüdschlag eintreten werde, der die Einnahmen aus den indirekten Steuern ver- mindern würde. Der sozialdemokratishe Antrag wolle ohne Rücksicht auf die gegenwärtige Finanzlage die Mehrausgaben für die Flotte auf dem Wege der direkten Steuern dur eine Besteuerung der Eitn- kommen über 6000 & decken. Die dadurch entstehende Mehrbelastung würde durch die Mehrbelastung mit Getreide- und sonstigen land- wirthshaftlihen Zöllen, welche bei der Neugestaltung der Handelsver- träge augenscheinlich bevorständen, aufgewogen werden. Soweit die Ginnahmen aus der Einkommensteuer den Bedarf für die Flotte überstiegen, sollten sie verwandt werden zur Tilgung der Reichs- \{ulden und zur Aufhebung der besonders drüctenden indirekten Steuern, besonders der Salz- und der Zuckersteuer. Das Reich würde nah Annahme des Antrages niemals mehr in der Nothwendigkeit sein, Beiträge der Einzelstaaten zu verlangen, und der Antrag babe au einen sozialpolitishen Werth, weil die ärmeren Klassen dadur entlaftet würden.

Staatssekretär des Reihs-Schaßzamts Dr. Freiherr von

Thielmann:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat im leßten Theil seiner Rede auf ein Thema übergegriffen, zufällig cin Thema, das ih in meiner Jungfernrede in diesem Hause auch berührt habe, nämli auf eine allgemeine Rei(s-Finanzreform. Jch sagte damals, im Herbst des vorigen Jahres, daß niemandem im ganzen Reich eine Reichs-Finanz- reform mehr am Herzen liegen kann, wie dem Reichs-Schaßfekretär, aber daß ih nicht in der Lage wäre, im Namen der verbündeten Regierungen einen Entwurf dazu vorzulegen, denn dieser selbe Reichstag hat bereits zweimal einen Entwurf angenommen, der die RNeichsfinanzen nur auf ein einzelnes Jahr regelte, nachdem er si vorher nit willens gezeigt hatte, eine allgemeine Reichs-Finanzreform gutzuheißen. Daß diese Reform in Zukunft einmal kommen muß, ih glaube, darüber, meine Herren, wird weder bei den verbündeten Regierungen noch in diesem Hause ein Zweifel herrshen. Ob aber der heutige Tag, der Vorabend der Ferien, der leßte Tag in der zweiten Berathung dieses Flottengeseßes, ob die augenblicklihe Stunde der geeignete Zeitpunkt ist, um eine Frage hier in das hohe Haus zu werfen, zu deren Be- rathung und Verabschiedung eine volle Sessicn nicht zu viel ist (Heiterkeit), das möchte ih doch bezweifeln, und Sie werden es mir nit verargen, wenn ih deshalb auf die Einzelheiten der Vorschläge des Herrn Vorredners und seiner politishen Freunde in diesem Augen- blick nit weiter eingehe. (Bravo!)

Abg. von Massow (d. kons.): Schon in der Kommission habe

A den ablehnenden Standpunkt meiner politischen Mee dargelegt. ir hielten es für durwaus überflüssig, die Deckungsfrage in un- mittelbarem Ausammenhaug mit der Borlage zu erledigen, namentli nah den ausführlichen Darlegungen des Reichs-Schaßsekretärs, die

Wenn wir troßdem für die Beshlüfse der Kommission stimmen, fo eshieht das nur, weil die verbündeten Regierungen damit einver- fn en und- weil die d ausgeschlossen sind. Wir seßen dabei voraus, daß aus diesem Vorgehen kein Präzedenzfall geschaffen wird. Wir würden in einem weiteren Falle uns nicht zu einem ähnlichen Schritt entschließen.

eda Dr. Barth: Nahdem in der Kommission diese Fassung festgestellt is, wollen wir derselben niht mehr widersprehßen. So- "wohl Herr Bebel wie Herr Richter haben es bemängelt, daß die Vorlage den Reichstag und seine Nachfolger binde. Die beiden An- träge aber wollen den Reichstag binden, und zwar in einer Weise, die dur die Flottenvorlage garnicht Regrandes ift. Das besondere Gesetz, durch welhes nach dem Antrage Bebel die Einkommensteuer normiert wird, wird der nächste Rai machen, und er wird ih niht um das kümmern, was Sie (die Sozialdemokraten) wollen. Der Antrag Richter bestimmt nur: Es kann eine Vermögenss\teuer er- boben werden, darüber sind wir garniht zweifelhaft. Der nächste Reichstag würde erst darüber entscheiden, ob er überhaupt eine Monatsrate der Vermögenssteuer erheben oder andere Deckungsmitte) fuhen will. Wir sind keine Gegner der Reihs-Einkommen- oder der Vermögensfteuer; die beste NReichssteuer würde vielleiht eine Neichs-Erbschaftssteuer sein. In dem Antrage der Kommission liegt au eine ziemlich platonische Bindung. Wenn man sich nah 3 oder 4 Jahren überzeugt,. daß die Verhältnisse den heutigen Beschluß des Neichstages nicht als brauchbar erscheinen lafsen, so werden Bundesrath und Reichstag sich nicht darum bekümmern. Werthvoll ist nur die Erklärung, daß die indirekten Steuern genug angespannt seien, daß man die flärkeren Schultern mehr belasten müsse. Wenn man die {chwächeren Schultern niht mehr belasten will, so muß das gelten nicht nur in Bezug auf den Verbrau von Bier, Branntwein, Salz, Taback und Zucker, sondern auch in Bezug auf das Brot.

Abg. Werner (Reformp.): Meinen politishen Freunden kam es darauf an, in der Vorlage selbst eine Bestimmung über die Deckungs- frage zu treffen, daß die shwächeren Schultern niht mehr belastet werden. Durch diese Bestimmung werden namentli die verbündeten Regierungen gebunden, daß sie ihrerseits keine Vorlagen machen, welche diesém Beschlusse widersprehen. Wir werden für den Antrag Auer eintreten, für den wir bereits in der Kommission gestimmt haben. Eine Neichs-Einkommensteuer muß eingeführt werden; die Gründe, die in der Kommission gegen ihre Einführung geltend gemat sind, waren durchaus nicht blr@bsfadenk. Würde der Antrag Auer ab- dels so würden wir {ließlich für den Kommissionsvorschlag

mmen. Abg. Dr. Hammacher (nl.): Jch wünschte, wir wären im Deutschen Reih in der Möglichkeit, einen Theil der Ausgaben durch eine direkte Einkommensteuer zu decken ; aber der Durchführung dieser Steuer stehen unüberwindlihe Schwierigkeiten gegenüber, da die Ein- führung einer folhen Steuer ein Eingriff in die Verhältnisse der Einzelstaaten sein würde. Wollten wir das Flottengeseß fertigitellen, so mußten wir auf die Neichs-Einkomuensteuer verzichten, zumal es ih bei dem Antrage der Sozialdemokraten um eine lex imperfecta bandelt. Gbenso ist der Antrag Richter werthlos, wenn niht demnächst ein Konsfensus des Reichstages mit den verbündeten Regierungen eintritt, wozu vorläufig keine Aussicht ist. Auch bei uns ist das Bedürfniß, in dem gegenwärtigen Geseße Fürsorge zu treffen zur Deckung der Kosten, nit in dem Maße vorhanden, wie bei anderen Parteien Wir sind durhdrungen von der Ueberzeugung, daß die Ausführungen des Neichs-Schahsekretärs zutreffen werten : daß die eigenen Ein- nahmen des Reichs auêreichen werden, die Mehrkosten zu deckden. Die Einnahmen des Reichs hängen hauptsählich ab von den Ein- nahmen an Zöllen und Verbrauchssteuern, welhe mit den wirthshaftlihen Verhältnissen im Zusammenhange stehen. Zur Zeit ist kein Grund zu der Annahme vorhanden, daß die wirthschaftlichen Verhältnisse sich verschlechtern werden. Es, entspricht den Grundsäßen der Gerechtigkeit, daß die Aufwenduncen für die Flotte den stärkeren Schultern auferlegt werden, obgleich alle Bevölkerungsklassen ein Interesse an der Flotte haben. Wir stimmen dem Kommissions- antrage zu, nicht um systematishen Widerspru gegen indirekte Steuern zu erheben, sondern um die Vorlage zu stande zu bringen.

Aba. Nichter: Wenn der näthste Reichstag sih niht um unsere Anträge kümmert, dann kümmert er sih au nicht um den 8&8 der Kommissionsbeschlüsse. Die Erklärungen des Bundesraths haben au keinen Werth; denn wenn das Herrenhaus Nein sagt, wird aus allen Zusagen nichts. Das haben wir beim Vereinsgeseß gesehen. Wenn mein Antrag angenommen wird, dann hat der Reichstag später nur zu bestimmen, wie viel Monatsraten erhoben werden sollen. Damit vermeiden wir die Einführung von Steuern, die das praktische Bedürfniß übersteigen. Der § 8 wird werthlos, wenn zwar die Mehrautgaben der Marine durch die Einnahmen des Reichs gedcckt werden können, aber nit die Ausgaben anderer Ressorts. Die Ver- mögenésteuer ift einfacher als die Einkommensteuer, weil es sih dabei nur um eiwa 160 000 Personen handelt. Wenn unfer Antrag ab- gelehnt wird, werden wir für den § 8 stimmen; er bietet uns vielleicht E Handhabe, um uns gegen eine Erhöhung der Brausteuer zu wenden.

Abg. von Kardorff (Np.): Wir haben zuerst eine große Ab- neigung gegen den § 8 geßabt, weil wir es für unzweckmäßig hielten, eine besondere Reichs-Cinnahme für eine bestimmte Ausgabe anzuweisen, und weil dadurch die fixe Idee ncch bestärkt wird, als ob die indirekten Steuern den Massenverbrauh belasten müßten. Das ist grundfals{h. In Bayern haben Sie das billigste und beste Bier und die höchsten Einnahmen vom Bier. Ich wünschte nur, daß sich die Verhältnisse in Bezug auf die Biersteuer in der Brausteuergemeinschaft so ent- wickelten wie in Bayern. Ebenso liegt es bei der Branntweinsteuer. Zugeben kann ih die Vertheuerung dur die Steuer nur bei-der Salzsteuer. Wir sind auch bereit gewesen, die Salzsteuer durch eine höhere Belastung des Tabaks zu erseßen. Die Reichs-Einkommen- steuer mat sih fehr {ön; aber jedermann weiß doch, daß ihrer Ein- führung unüberwindlihe Hindernisse in den Einzelstaaten entgegenstehen. Wenn man wirkli eine Mehrheit im Reichstage finden würde im Bundesrathe wäre keine Zustimmung dafür zu haben. Wer also für die Reihs-Einkommensteuer eintritt, der mat seinen Wählern etwas Wind vor. Daß der § 8 die Zölle nicht treffen soll, hat der!Staatssekretär Graf Posadowsky erklärt. roy mancher Bedenken gegen § 8 haben wir E das Zentrum Werth darauf legte, entschlossen, für denselben zu stimmen.

Abg. Müller-Fulda (Zentr.): Die Auffassung des Vorredners, daß die indirekten Steuern das Volk nit belasten, kann ih do nicht theilen. Die Sicherheit gegen neue indirekte Steuern, wie sie § 8 bringt, ist für mich so werthvoll, daß sie mich fast mit dem ganzen Geseß ausföhnt. Da vorläufig die Mehrkosten für die Flotte dur die eigenen Einnahmen des Reichs gedeckt werden, so würde zunächst bei Einführung der Vermögenssteuer die Veranlagung und Grhebung der Steuer mehr kosten, als die Einnahmen daraus bringen. Der Antrag der Sozialdemokraten hat aber das Bedenken gegen fich, daß er gewissermaßen Steuern auf Vorrath bewilligt.

Abg. Singer (Soz.) erklärt, seine Partei sei bereit, auf Ab- änderunggeanträge des ‘Zentrums einzugehen, wenn dasselbe Bedenken gegen den foztaldemokratischen Antrag habe. Der § 8 werde ver- |hieden beurtheilt; von der einen Seite betrachte man ihn als eine Bindung der Regierung, von der anderen Seite Lee man niht recht an „diese Bindung. Wenn die ver- ündeten Regierungen wirklich“ die f\tärkeren Schultern belasten wollten, könnten fie den sozialdemokratishen Antrag annehmen. Die Sozialdemokraten seien keine Gegner der Vermögensfteuer ; aber diefe treffe nit diejenigen Kreise, welze hier herangezogen werden müßten. Es gebe Lausende von Personen, die kein Vermögen von 100 000 M besäßen, aber ein Ginkommen von 6000, Diese würden nah dem Antrage Richter frei auêgehen.

Präfident Freiherr von Buol bittet die weiteren Redner sich kurz zu fassen, da es font unmöglich fein werde, ohne Abendsizung die Tagesordnung zu erledigen.

alle Befürchtungen in Bezug auf Erhöhung der Ausgaben zerstreuen.

Die Anträge der MONA Regen und des Abg. Richter werden abgelehnt und die 88 7 und 8 der Kommissions- beshlüsse angenommen. Rh Un ist die zweite Berathung des Flottengesehes er- edigt. &

Es folgt der Etat der Marineverwaltung.

Berichterstatter Abg. Dr. Lieber beschränkt sid auf die allge- meine Mittheilung, daß der Etat Abänderungen erfahren habe, die dadur bedingt fien, daß das Rechnungsjahr 1898 das erste Jahr der aa der Flottenvorlage werde.

Abg. Richter erklärt, daß nach der Annahme des Gesetzes an dem Etat garnichts geändert werden könxe.

Beim Titel „Gehalt des Staatssekretärs“ erklärt auf eine Anregung des Abg. Bassermann (nl.) der at E des Reihs-Marineamts, Kontre-Admiral

irpiß:

Meine Herren! Jn den achtziger Jahren sind Versuhe mit badishem Hanf angestellt, aber niht günstig ausgefallen, insofern als der Hanf zu kurzfaserig war, und vor allen Dingen, weil er nicht aufnahmefähig war für Theer. Deshalb konnten wir in der Marine den Hhadishen Hanf nur für das Tauwerk gebrauchen, welcher ungetheert ist. Sollten die Verbesserungen des Hanfes die Möglichkeit geben, daß wir den badischen Hanf jeßt au theeren können, so würde das mit großer Freude zu begrüßen sein, und ih bin sehr gern bereit, den Interessenten der badishen Hanfindustrie seitens der Marine- verwaltung entgegenzukommen und in entsprehende Versuche einzu- treten. Jch würde es nur mit Freuden hegrüßen, wenn es mögli wäre, den Hanf gänzli aus Deutschland zu beziehen. (Bravo!)

Das Gehalt des Staatssekretärs wird darauf, entsprechend dem Antrage der Budget-Kommission, in der Höhe von 24 000 M (statt der geforderten 30 000 M) bewilligt.

Jm übrigen werden die fortdauernden Ausgaben des Viarine-Etats nach den Beschlüssen der Kommission ohne De- batte angenommen, ebenso die einmaligen Ausgaben.

Zur Erweiterung der Arbeiter-Kolonie „Prieser- höhe“ in Friedrichsort sind 104 000 # gefordert, aber von der Kommission nur 80 000 s festgeseßt.

Staatssekretär des Reichs - Marineamis, Kontre - Admiral Dirpiß:

Meine Herren! Es ist in der Kommission versäumt worden zu erwähnen, daß zu den in Frage stehenden Arbeiterwohnungen noch für jede einzelne Wohnung ein Gebäude zu einem Stall für Klein- vieh, außerdem zu je zwei Wohnungen eine Waschküche gehören foll. Das erhöht den Preis allein im Ganzen um 8000 A Ferner ist seitens der Marineverwaltung nochmals nahgerechnet worden und sind be- sondere Berichte über die voraussihtlihen Kosten dieser Arbeiter- wohnungen eingefordert worden. Dabei hat #sich herausgestellt, daß, wenn wir nicht an Größe und Qualität dieser Wohnungen erheblih herabgehen sollen, wir die Wohnungen nicht billiger her- stellen können, als im Etat ausgeführt ist. Es ift dabei zu berüdck- sichtigen, daß in den Preis von 5200 4 pro Wohnung gemäß dem Etat etingeschlossen is die Brunnenanlage, die Straßen-, die Ent- wässerungéanlagen. Was ferner diese Wohnungen besonders theuer macht, das ist die Lage. Sie sind den Seewinden in der Außenföhrde der Kieler Bucht ausge|eßt, und es sind besonders im Winter und im Frühjahr die scharfen Ostwinde, die von der Oftsee herüberwehen. Das nöthigt, besonders gutes Material an Steinen für die Wohnungen zu verwenden. Wic werden natürlich so billig bauen, wie es möglich ift, und werden die Bauten auch durch allgemeine Submissionen ver- geben. Ich glaube aber nicht, daß thatsächlih wesentliche Ersparnisse erzielt werden können, und würde daher dem hohen Hause vor- \chlagen, es doch bei dem angeseßten Betrag von 5209 46 pro Wohnung zu belassen.

Der Betrag von 104 000 / wird darauf bewilligt.

Die Ausgabe von 60000 4 zum Bau einer (Simul- tan-) Garnisonkirche in Cuxhaven soll nah dem An- trage der Kommission gestrihen werden. Das Haus tritt diejem Antrage bei.

Ohne Debatte erledigt das Haus den Rest des Etats: „bayerische Quote“, „Beiträge Elsaß-Lothringens“, „Ueber- \hüsjse aus früheren Jahren“ 2c., ebenso das Etatsgesez und das Anleihegesehß.

Damit ist die zweite Berathung des Etats erledigt.

Bei der zweiten Berathung des Gesehentwurfs wegen Verwendung übershüssiger Reichs - Ein- nahmen aus dem Rechnungsjahr 1898 zur Schuldentilgung, erklärt der

Staatssekretär des Reichs-Schayamts Dr. von Thiel- mann:

Meine Herren, ih kann bestätigen, daß der von der Kommission Ihnen vorgeschlagene neue Paragraph durchaus den Interessen der Reichs-Finanzverwaltung entspricht, indem er eine sehr verwickelte und zeitraubende Nechnung überflüssig maht, während in Wirklichkeit das Ergebniß der Schuldentilgung nur um eine ganz vershwindende Summe geändert wird. Ih kann deshalb namens der verbündeten Regterungen nur die Annahme des von der Budgetkommission vor- geschlagenen Antrags empfehlen.

Der Gesehentwurf wird darauf nah dem Antrage der Kommission angenommen.

Schluß nah 6 Uhr. Nächste Sißung Montag 12 Uhr. Dritte Berathung kleinerer Vorlagen und des Flottengeseßes; Antrag von R auf Errichtung eines Denkmals für Kaiser Friedrich II[.)

Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Shmidt-Wärburg (Zentr.) wird um 5 Uhr die Debatte geschlossen.

E S S r arbe L E E R Tb Bd H EE A d d AS - VEANE ad T R R E A I A G E e C N E R P I R Bf E R O R 2155 ia

L IS L Cat

E L B E E Ri Ee M A

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Slaals-Anzeiger.

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Zweite Beilage

Berlin, Montag, den 28. März

1898,

guz0anas Preußischer Landtag. Herrenhaus. 7. Sißung vom 26. März 1898.

An Stelle des verstorbenen Quästors, Wirklichen Geheimen Ober-Jujtiz-Raths Eggeling wird der General-Auditeur der Armee und der Marine Jttenbach zum Quästor ernannt.

Ueber die Petition von Mitgliedern des Kleinfischer- Vereins zu Podejuch, Regicrungsbezirk Stettin, enthaltend Vorschläge zur Abänderung des Fischereigescßes, geht das Haus auf Antrag des Berichterstatters der Petitionskommission Herrn von Koscielski zur Tagesordnung übe.

Es folgt der mündliche Bericht der X. Kommission über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Bewilli- gung von Staatsmitteln zur Beseitigung der durch die Hochwasser des Sommers 1897 herbeigeführten Beschädigungen. y A

e V Ma Graf zu Stolberg-Wernigerode befür- wortet den Kommissionsantrag auf unveränderte Annahme der Vorlage in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung. Er führt namentlich in seinem Referat aus, daß die Kommission auch dem Zusay des Abgeordnetenhauses zugestimmt habe, wona aud) die Kreise zu den Empfangsberechtigten gehören sollen ; jedoch dürften nur die wirklich leistungsunfähigen Gemeinden aus Staats- mitteln unterstüßt werden. Vorausseßung sei die Betheiligung der Provinzen mit einem Fünftel des Unterstüßungs8beiraßs. Schlesien und Brandenburg hätten sih dazu bereit erklärt. Die Kommission sei der Ansicht gewesen, daß, wenn die Provinz Sachsen nicht eben- falls dazu bezeit sei, sie an den Vortheilen diefes Geseßes nicht theil- zunehmen berechtigt sei. Inzwischen habe aber auch die Provinz Sachsen ihre eigene Betheiligung bes{lossen. : :

Herr von Jerin-Gesess will zunähst dem Kommando des \{lesishen Pionier-Bataillons Nr. 6, weiches im sch{lesischea Ueber- \chwemmungêgebiet Hilfe geleistet habe, die Rechtfertigung zu theil werden lassen, deren es gegenüber den Angriffen des Abg. Letocha im Abgeordnetenhaus bedürfe. Allerdings entständen durch solche militärishe Hilfeleistung Kosten, und er sei ganz damit einverstanden, daß die Staatskasse diese Kosten trage; aber den Vorwurf des Abg. Letocha, daß sich das Kommando dur) feine Liquidation habe bereichern wollen, müsse er mit Ent- \chiedenheit zurückweisen, Redner weist nad), daß alle einzelnen Angaben des Abg. Letocha, z. B. daß dte Liquidationen für Neu- beshaffung von Uniformen, Stiefeln 2c., welhe dur die Arbeit im Wasser ruintiert waren, zu hoch gewesen, unrichtig seten. Der Abg. Letocha hat gar keine eingehende Prüfung des Grades der Ab- nußung der Kleidungsftückde vornehmen können und set daher nit be-

rehtigt, im Abgeordnetenhause solche Vorwürfe zu erheben. In der zweiten Lesung der Vorlage im Abgeordnetenhause habe Abg. Letocha seine Behauptungen etwas eingeshränkt, fei aber doch dabei ge- blieben, daß Geseßesverlezungen und Verstöße vorgekommen seien. Solche Dinge seien thatsählich nicht vorgekommen. i Die Be- hauptungen des Herrn Letocha hätten in alleu betheiligten Kreisen aufs peinli@ste berührt. Die Hilfe des Militärs verdiene den ößten Dank. E

E ien Lucius von Ballhausen legt den Standpunkt des sächsischen Provinzial - Lantages dar. Die Deichverbefserungen seien stets als Interessentensache aufgefaßt worden, wenn man auch versucht habe, sie unter die Meliorationen zu fubsumieren, die von der Provinz zu unterstüßen seien. Von ihrem Standpunkt aus habe die Provinz Sachsen 1892 und 1894 eine Unterstützung für diese Zwecke abgelehnt ; bei dieser Vorlage habe fie aber unter Festhaltung ihres prinzipieklen Standpuxukts und unter der Verwahrung, daß dies kein Präjudiz sein dürfe, fich bereit erklärt, mit ihren Mitteln die beschädigten Gebiete ebens falls zu unterstüßen. Um diesem Gesetz keine Schwierigkeiten zu machen, wolle er jeßt die Frage der geseßlichen Verpflichtung der Provinzen nicht erörtern, sie werde aber bei der ferneren Vorlage zur Berhütung der Kat -strophen zu behandeln sein. Db die geplanten Sammelbecken die großen Wasserkatastrophen verhindern würden, jet sehr zweifelhaft. Diese Anlagen bôten vielmehr eine neue Gefahr, wenn hie nicht dauernd im besten Zustande erhalten würden. Es enständen große Unterhaltungskosten, und man müsse sh vergegenwärtigen, wer Diese Kosten tragen solle. Im übrigen spra sich der Redner für die Bor- lage aus unter dem iti daß aus der Mitwirkung der Provinz Sachsen kein Präjudiz hergeleitet werde. : R

E Graf vo P Su berthal erörtert die Deichankagen an der Mulde und wünscht die Ourhführung eines einheitlihen Deichsystems daselbst.

Fürst von Haßtfeldt - Trachenberg: Vie große Wasser- katastrophe hat allgemeines Mitgefühl erregt, und es ist anzuerkennen, daß die Staatsregierung sofort mit ihrer Hilfe eingetreten ist, sobald

d die Schäden nur irgend übersehen ließen. Die Angriffe auf die Regierung im Abgeordnetenhause sind deshalb nicht gerehtfertigt ge- wesen. Die Provinzen müssen au felbst mit thren Mitteln eintreten, Die Provinz Schlesien betrachtet sih als ein großes Ganzes und will helfen, wenn ein Glied des Ganzen leidet. Die militärische Hilfe hat Großartiges geleistet; daß dadurch Kosten entstehen, ist selbst- verständlih. Als Ober - Präsident der Provinz Schlesien erörtert Redner im einzelnen die Schäden in den Regierungsbezirken Liegnitz und Oppeln und spricht die Ueberzeugung aus, daß die von der Regierung hierfür in Aus\siht genommenen Entshädigungssummen aus- reihen werden. Eine mechanische Vertheilung der Unterstüßungs- gelder dürfe niht eintreten; jeder einzelne Fall müsse individuell behandelt werden. Daß den Gemeinden 80 % threr Kosten erseßt werden sollen, sei angemessen. Das in Aussicht gestellte Wassergeseß fei unendlich wichtiger als diese Vorlage , denn es folle künftigen Katastrophen vorbeugen. Wo biéher staatliche Regulierungsarbeiten in Schlesien vorgenommen seien, hätten sie sich ausgezeihnet bewährt. Bei richtigem Vorgehen würden die roßen Wassermassen niht nur unshädlich, sondern auch für die Industrie zum Segen des Landes nuybar gemacht werden können. Vorausseßung sei allerdings, daß ein Träger der Unterhaltungslast für die geplanten Anlagen gefunden werde. Daß auch die Kreise aus dieser Vorlage unterstüßt werden sollen, halte er eigentlich nicht für richtig, sei aber doch damit einverstanden, daß sie für zerstörte Fluß reguliecungswerke Beihilfen erhielten. Er bitte um Annahme der Vorlage. ; i Ober-Bürgermeister Delbrück - Danzig verwahrt sich gegen den vom Berichterstatter aufgestellten Grundsatz, daß die Provinz Sachsen aus dieser Vorlage nichts erhalten folle, wenn sie nit mit ihren eigenen Mitteln sich betheilige. Jn diesem Falle sei zwar die Frage durch den Beschluß der Provinz Sachsen erledigt, aber es dürfe hiec nicht so in aller Stille ein Prinzip aufgestellt werden, das unter Um- ständen den Provinzen sehr unbequem werden könnte, ¿. B. au der Provinz Westpreußen bezüglich der Weichselregulierung. In der Sache selbst empsehle er die Annahme der Vorlage. R Graf von Pückler-Burghauß: Ih bin natürlich für die Vorlage. Der Theilnahme der Ällerhöchsten und Höchsten Personen für die geshädigten Gebiete verdanken wir es namentli, daß wir uns mit dieser Vorlage beschäftigen. Bedenklich ist es aber, daß wir uns mehr und mehr gewöhnen, aus dem allgemeinen Staatsfäckel Gelder zu erhalten. Die Nothstände sind nachgerade beliebt geworden, und

große Wafsermenge muß Platz haben, und wenn man das Wasser an bestimmten Stellen sammelt, so entsteht eine neue Gefahr. Besser ift es, an gefährdeten Stellen keine Häuserbauten zuzulassen. Ich empfehle die Annahme der Vorlage und wünsche, daß sie unserem Vaterlandé zum Segen gereiche. : 4

Damit schließt die Generaldiskussion. : Berichterstatter Graf zu Stolberg-Wernigerode bemerkt in seinem Schlußwort, daß die, Kommission die Frage der Beitrags- leistung der Provinzen nit prinzipiell entschieden, fondern nur für diesen einzelnen Fall mit Bezug auf die Provinz Sathsen erörtert habe. Jn der Spezialdiskussion über § 1 bemerkt : Berichterstatter Graf zu Stolberg-Wernigerode, daß die Höhe der militärischen Liquidationen den Abmachungen entspreche, welche 1889 R dem Kriegs-Minister und dem Minister des Innern getroffen seien. . / j

8 1 und der Nest des Gesehes sowie das Gesey im Ganzen werden eirstimmig angenommen. ; : : Eine Petition aus Vierraden, betreffend die Schäden im unteren Oderthal, beantragt Graf zu Stolberg-Wernigerode der Regierung als Material zu überweisen. : Geheimer Ober-Baurath Keller erkennt die Klagen der Wiefen- besißer e Schwedts als berechtigt an und sagt Abhilfe dur tehnis#e Maßnahmen zu.

N Get eliee Ober-Regierungs-Rath Freiherr von Seher r-Thoß bemerkt, daß bei der Regulierung der oberen Oder auf die Bedürf- nisse der Anwohner der unteren der Rücksicht genommen werden soll. Nachdem Geheimer Ober-Baurath Keller noch eine kurze telznische Erläuterung hinzugefügt hat, wird die Petition der Regie- rung als Material überwiesen. i : n

Die Petition des NRittergutsbesitßzers von Arnim auf Kriewen bei Schwedt a. O. um Verbreiterung der Oder von Nieder- saathen bis Schwedt und um Erhöhung der Deiche der Kriewener Wassergenossenshaft auf Staatskosten wird auf Antrag des Bericht- erstatters der Agrarkommission Herrn von Klißzing der Regierung zur Berüdfsichtigung überwiesen. L i Mehrere Petitionen von Gerichtsbeamten wegen ihrer Anstellungsverhältnisse werden durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. ; Mehrere gleichlautende Petitionen von Hausbesiger- vereinen um Abänderung des Kommunalabgabenge)eßes vom 14. Juli 1893 zur Vermeidung der fteuerlihen UÜeberbürdung des Haus- und Grundbesiges beantragt der Berichterstatter der Kom- mission für kommunale Angelegenheiten Herr von Breitenbauch dur Vebergang zur le at zu erledigen, und das Haus beschließt ohne Debatte demgemäß. i

| Schluß 41/4 Uhr. Nächste Sizung Montag 1 Uhr. (Kleinere Vorlagen ; Petitionen.)

wesentlih zu entsheiden und die Aufsicht über die erste Abtheilung der Regierung zu führen hat, dies auch für alle übrigen Abtheilungen der Regierungen sein sollte. Die Anstellung der Regierungs-Räthe ge- \chieht in den meisten Fällen in Uebereinstimmung mit anderen Ressorts, oft sogar auf ihren Vorschlag. Es giebt sehr viele Fälle beispiels- weise bei der Domänenverwaltung, in denen das Landwirthschafts- Ministerium, das Ministerium des Innern, und das Finanz-Ministerium zusammenwirken. Gerade deswegen ist es aber nah meiner Auffassung rihtig, daß dieser Etat der Regierungen auf den Etat des Finanz- Ministeriums übernommen ist, weil er auf spezifishe Etats, namentli speziell des Ministeriums des Innern, nah meiner Meinung allein nicht gebraht werden kann, ohne den übrigen Ressorts zu präjudizieren.

Nun hat der Herr Abg. Bartels sih namentlich darüber beklagt, daß die Lage der Affessoren so ungünstig sei. Meine Herren, wir haben seit den Fahren 1893/94 bie Fonds für die Nemunerierung der Affsessoren um fast Million erhöht, und dadur ist allerdings gegen früher eine große Verbesserung eingetreten. Jch will damit aber gar- nicht aussprechen, daß es niht gegenüber der großen Vermehrung der Zahl der Affessoren vielleiht doch nicht noch nöthig sein wird, in den nächsten Jahren noch weiter damit fort- zufahren, selbst dann, wenn wir die Zahl der etatsmäßigen Stellen der Regierungs-Räthe weiter erhöhen. JIch habe selbst das

| Gefühl die Ermittelungen sind ja noch nicht abgeschlofsen —, daß

es erwünsht sein witd, in den näthsten Jahren die etatsmäßigen Stellen bei den Regierungen noch weiter zu vermehren, als wir es bereits in den beiden leßten Jahren gethan haben, und ih glaube, es ist daher eine prinzipielle Meinungsverschiedenheit zwishen dem Herrn Antragsteller und uns niht vorhanden.

Das ift aber vollständig rihtig ih glaube, der Herr Abg. Dr. von Heydebrand mahte darauf aufmerksam —, daß ein Theil der Uebelstände genau wie in den übrigen Ressorts durch eine ungemessene Annahme der Zahl der Referendare erfolgt. Wir haben das jeßt

| ja sehr erheblih beshränkt, wir haben auh hier, was ja in manchen

Fällen in der Uebergangsperiode zu großen Härten führen kann, uns flar gemalt, welchen dauernden Bedarf an Affessoren wir haben, und danach die Zulassung der Referendare sehr erheblih beschränkt. Das wird, glaube ih, in der Zukunft eine bedeutende Verbefserung der Verhältnisse herbeiführen, freilit kann das ja noch länger dauern. Aber, meine Herren, wie unvorsihhtig, ih möchte fast sagen unüber-

Haus der Abgeordneten. 56. Sißung vom 26. März 1898. Ueber den Beginn der Sizung ist schon berichtet

worden. i i / 20e

Das Haus seßt die zweite Berathung des Staats - haus halts-Etats für 1898/99 fort. : : al

Beim Etat des Finanz-Ministeriums weist

Aba. von Arnim (kons.), wie hier kurz wiederholt sei, darauf bin, daß die große Zahl der Negierungs-Affessoren nicht im rechten Nerhältniß stehe zu der weit geringeren Zahl der Regierungs-Näthe. Die etatsmäßigen Stellen müften vermehrt werden, damit die Assessoren nit so lange auf ihre Anstellung zu warten brauchten.

Abg. Bartels (konf.) hält es für gleichgültig, ob die Geschäfte von Assessoren oder Regierungs-Räthen erledigt werden, wenn die Beamten nur ausreihend besoldet würden. Die Vertheilung der Affsessoren auf die einzelnen Abtheilungen der Regierungen müsse nah bestimmten Grundsägen erfolgen. Es sei zu bedauern, daß bei dieser Verhandlung der Minister des Innern nicht anwesend sei, von dem iese Beamten ressortierten. G - O a ala L Heydebrand und der Lasa (kons.): Vielleicht ließen sich diese Mißstände durch eine gewisse Dezentralisation der Verwaltung, durch eine Theilung der Regierungsbezirke beseitigen.

von Miquel:

Meine Herren! Auf die große Frage wegen anderweiter Organi- sation der allgemeinen Staatsverwaltung möchte i hier niht ein- gehen. Wenn der Herr Vorredner gefragt hat, ob man in der Be- ziehung Vorarbeiten gemaht hat, fo glaube ih nicht, daß man der Frage \chon in einer bestimmten Weise näher getreten ist. Ich weiß nit, ob Vorarbeiten, Voruntersuhungen gewissermaßen, stattgefunden haben ; ich zweifle aber daran. S :

Was die Theilung der Regierungen betrifft, so ift diese Frage ja gewiß sehr erwägenswerth für einzelne Regierungen, und es ist aber die Frage auch oft erwogen worden; man is aber dabet stets _auf solhe Sdwierigkeiten gestoßen, daß man die Sache hat liegen lassen. Wenn man die NRegierungs-Präsidenten der größten Regierungen ih nenne nur beispielôweise Düsseldorf fragt, so wird man überall dringendes Abrathen erfahren.

Fch will aber darauf niht näher eingehen, ih glaube kaum, daß wir auf diesem Wege viel weiter kommen. Wir haben ja allerdings, wie ich zugeben will, manhe Regierungen, die außerordentlich belastet sind und von den Regierungs-Präsidenten kaum noh übersehen werden können. Man kann sehr wohl auf den Gedanken kommen, den der Herr Graf Limburg-Stirum einmal angeregt hat bei Gelegen- heit der Beamtenerhöhung, ob man nicht demnächst den Ober-Regierungs- Nätben eine andere Stellung geben sollte, auch nach außen hin, als das gegenwärtig der Fall ist, und das wird ih vielleicht als zweck- mäßig und nothwendig erweisen, wenn die Entwickelung so weiter fortschreitet, wie das bisher der Fall gewesen ist.

Meine Herren, ih möchte meinen Herrn Kollegen, den Herrn Minister des Innern, in Schuß nehmen gegen die Bemerkung Des Herrn Abg. Bartels. Es is niht üblich gewesen, daß bei der Be- rathung des Etats des Finanz-Ministers der Herr Minifter des Innern vertreten war. Das hat früher nicht stattgefunden, und es kann daher garnicht auffallen, daß es gegenwärtig nicht stattgefunden hat. Es ift überhaupt die Auffassung, daß der Herr Minister des Innern der einzige Ressort-Minister der Regterungen set, nicht zutreffend. Der Herr Unter-Staatssekretär hat {on darauf hingewiesen, daß das Landwirthsaftliche Ministerium, das Ministerium der öffentl ichen Arbeiten und das Kultus - Ministerium, eigentlich sämmtliche Ministerien in Frage kommen, und daß man daher garnicht

Dr.

man sehnt sich ordentlih danach. Wenn wir immer aus dem großen Staatstopf nehmen, so ist dies ein Anflug von Kommunismus9. Die

sagen kann, daß der Herr Minister des Innern, der naturgemäß ja

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister |

legt, man früher dabei verfahren is, können Sie sih klar machen, | wenn Sie bedenken, eine wie große Zahl von Assefsoren eigentlih | bei den Regierungen keine Beschäftigung finden und überhaupt keine

| Beschäftigung finden könnte, wenn nicht inzwischen die Beschäftigung

| der Assefsoren bei den Landräthen so zugenommen hätte, wie dies

| durch die Steuergesetgebung (im wesentlihen veranlaßt ist. Wäre

| dies nicht der Fall, so würde ein derartiger Ueberfluß von Affsessoren

vorhanden sein, daß man wirklich nicht wüßte, wie man sie beshäftigen

| sollte. Wir haben aber so eine sehr ausgiebige Quelle der Beschäfti- | gung der Assessoren gefunden, die früher kaum exifstierte. Dadurch | ift der bezeichnete Uebelstand erheblih vermindert worden. Sie sehen also, meine Herren, daß die Staaisregierung diese Frage sehr ernst ins Auge faßt und au {hon Erhebliches zur Verbesserung der Ver-

hältnisse geleistet hat. Die Affessoren können sich darüber vollkommen beruhigen, daß der Herr Minister des Innern das lebhafteste Interesse | für diese ihn ja allerdings vorzüglich berührende Frage der Ver-

waltung hat und bewahrt.

Von den dauernden Ausgaben sind 400 000 /4 den Ober- Präsidenten der Provinzen Posen und Westpreußen, sowie der Regierung in Oppeln zur Förderung und Befestigung des Deutschthums zur Verfügung gestellt. Die am Jahresschlusse verbleibenden Bestände können zur Verwendung in die folgenden | Jahre übertragen werden.

Abg. Dr. Stephan (Beuthen) beantragt den Zusaß: Ueber die Verwendung der Fonds ist dem Landtage im folgenden Etatsjahre eine Nachweisung vorzulegen.

Abg. Dr. Mizerski (Pole) geht auf das Ansiedelungsgesez näher ein und führt aus, daß die Polen durch die Zwekbestimmungen dieses Gesetzes in ihrer Cigenart und au ges{chäftlich vernichtet werden sollten. Der Fall stehe einzig da, daß Gewerbetreibende, Aerzte u. tk dur döffentlihe Mittel unterstüßt würden. Die Polen sonderten [s von den Deutschen keineswegs ab, wie es ihnen der Finanz-Mini ter vorgeworfen habe, noch weniger dächten sie daran, die Deut}|chen zu boykottieren. Sie seien aufs tiefste verleßt und gekränkt durch diese neue Maßregel, und namentlich der polnishe Mittelstand könne darin eine landesvâterlihe Fürsorge für ihn nicht erblicken. Liebe könne man nicht anbefehlen, man müsse sie sih erwerben. Die Polen würden sich zu wehren wissen und gegen diesen Fonds stimmen. i

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ih möchte, da” diese Frage hier so oft erörtert worden is und namentlich noch bei der Gelegenheit der General- debatte so ausführlih wieder dargelegt ist, auf die allgemeinen Gesichts- punkte der Politik der Regierung, welche auch in diesem Dispositions- fonds einen Niederschlag findet, nicht tiefer eingehen. Ich glaube, es hat keine praktishe Wirkung; die Meinungen sind auf allen Seiten des Hauses festgestellt, und wir würden nur die kostbare Zeit ver- lieren, wenn wir wieder auf die allgemeinen großen und generellen Gesichtspunkte kämen. Ich bin überhaupt der Meinung, daß bei speziellen Positionen es sehr gerathen ist, fsich an diese speziellen Positionen zu halten uyd nicht jede Etatsposition, wie sie auch beschaffen sei, zu einer Generaldiskussion zu benußen. (Sehr rihtig! rechts.) Ih möchte vom Standpunkt der Staatsregierung keine Veranlassung geben zu dem mehr und mehr Einschleichen dieser Sitte.

Der Herr Vorredner hat diesen Fonds wiederholt als einen Reptilienfonds bezeichnet. Jch weiß nit, was er darunter versteht. Der Fonds kann nur den Zweck haben, für welchen er bestimmt ist, und wenn man mal die Gründe zusammenfassen will, | welche dazu geführt haben, einen solchen Dispositionsfonds zur Ver- | fügung der Ober-Präsidenten in diesen Provinzen bereit zu stellen, ss | kann man sagen: die Lage der deutshen Bevölkerung in den | gemis{htsprahlihen Bezirken gegenüber der Agitation und Energie