1898 / 78 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 31 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

E R E A D P Eer Me N

gering

Qualität

mittel gut Verkaufte

Marktort

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Gezahlter Prets für 1 Doppelzentner

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Menge

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niedrigster Doppelzentner

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Außerdem wurden am Marktiage (Spalte 1) nach übersläglicher Schäßung verkauft Doppelzentner (Preis unbekannt)

Durchschnitts- preis für / Durch- 1 Doppel- | {nitts- zentner preis

Am vorigen

Verkaufs- Markttage

werth

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14,50 15,00 14,40 14,25 13,60 15,50 15,75 12,80 15,00

Nawitsh. . Militsh . Frankenstein i E Schönau a. K. Halberstadt . . Eilenburg Se Hoslar . Duderstadt . 14,67 A A ; 13,75 E. u Saath. E U Limburg a. L. . N B 15,00

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Dinkelsbühl. . 15,00 Schweinfurt 14,75 Heidenheim . 14,00 Biberach. 14,40 Ueberlingen . 15,80 Schwerin i. M. 13,00 Braunschwoeig 15,30 Alu « e 15,20 Landsberg a. W. . E e —_— | M s | Laupheim : A 15,00. |

Deutscher Reichstag. 73. Sißung vom 30. März 1898, 12 Uhr.

Die dritte Berathung des Reich8haushalts-Etats Br 1898 wird fortgeseßt. Beim Etat des Reichsamts des

nnern kommt

Abg. Bassermann (nl.) auf die von ihm bereits in der zweiten Berathung angeregte Frage des Befähigungsnachweises für Binnen- \{chiffer zurück, welhe auf Grund von Beschlüssen des Reichstages zum Binnenschiffaßutsgeseß das Reichsamt des Innern bescäftige, und empfiehlt ferner bie Einritung von Schiffershulen nah Art anderer gewerbliher Fachschulen.

Staatssekretär des Jnnern, von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Nach § 140 des Binnenschiffahrtsgeseze3 ist der Bundesrath befugt, Bestimmungen für die Befähigung der Binnen- \chiffer zu erlassen. Wie aber bercits aus den Motiven des Binnen- \chiffabrtêgeseßes fich ergiebt, können auf Grund der Schisfahrts- verträge, welche für eine Anzahl deutscher Flüsse existieren, die be- züglich Schiffer bestehenden Bestimmungen ergänzt oder abgeändert werden, so lange der Bundesrath von der ihm in §140 des Binnenschiffahrtsgeseßes ertheilten Vollmacht keinen Gebrauch gemackt hat. Auf der Donau, auf der Elbe und auf der Weser, auf jenen tonventionellen Strömen, ist auf Grund der Schiff- fahrtêverträge eine Prüfung für denjenigen vorgeschrieben, der ein Schiff selbständig auf diesen Strömen führen will. Auf dem Rhein bestand bis zur Rheinschiffahrisakte vom 14. Oktober 1886 eine gleiße Bestimmung, fie wurde aber demnächst "'erxseßt dur die Be- stimmung, daß zur Führung eines Schiffes auf dem Rhein eine vier- jährige Fahrzeit genügen sollte. Jh kann dem Herrn Vorredner zu- gestehen, daß der wachsende Verkehr auf unseren teutshen Strömen, besonders auf dem Rhein, und die wachsende Größe der Schiffêgefäße immer böohere Anforderungen an die Befähigung der Schiffer stellt, und es is deshalb auch der dringende Wunsch der preußischen Regierung gewesen, daß au für die Schiffer auf dem Rhein ein Befähigungsnachweis geseßlih gefordert würde. Hierzu Hat \ich indeß bei den im Anshluß an den § 140 eingeleiteten Ver- handlungen die internationale Zentcalkommission für die Rhein- {ifaßrt nit verstehen können, sie hat fic aber über Grundsäße geeinigt, welche im Sinne des Herrn Vorredners geeignet find, die Scwiffersulen wesentlich zu unterstüßen. Es soll nämlih nach diesen vorläufigen Bereinbarungen zur Führung von Dampfschiffen auf dem Nhein eine siebenjährige Fahrzeit und ein Lebensalter von 25 Jahren, zur Führung von sonstigen Schiffen eine sehsjährige Fahrzeit und ein Alter von 23 Jahren und zur Führung von kleinen Segelschiffen auf kurze Strecken cine zweijährige Fahrzeit und ein Alter von 18 Jahren erforderlih scin. Nach Bestehen der Abgangéprüfung aber an einer von der Zentralfommission für die Rheinschiffahrt als dazu geeignet erklärten Schiffershule soll die Zulassung als Schiffer erleichtert werden: es genügen für die Dampfschiffe demnach fünf-, für andere Schiffe vierjährige Fahrzeit und die Vollendung des 21. Lebenéjahres. Meine Herren, diese Verhandlungen sind bisher allerdings noch nicht ratifiziert, ich hoffe aber, daß die Ratifikation seitens der Seeuferstaaten erfolgen wird.

Ich glaube, daß dadurch zunächst den Wünschen des Herrn Vor- redners voll genügt ift, indem derjenige Schiffer, welher eine Schiffer- \chule besucht hat, demnächst nur eine kürzere Fahrzeit nachzuweisen braucht. Sollten die Bestimmungen in der Praxis nicht genügen, fo werden wir erwägen, ob weiter vorzugehen, eventuell auch eine Schifferprüfung von neuem anftreben.

Abg. Rettich (d. kons): Die Ausführungsvorschrifsten zum Mearagarinegesetz sind jeßt erlassen. Sie haben aber die Erwartungen, welche man hegen konnte, getäuscht, denn sie bringen das Gegentheil dessen zu Wege, was man wollte, namentlich bezüglich des getrennten Verkaufs von Butter und Margarine. In Belgien ' is diese Be- stimmung vollständig durchgeführt; unsere Vorschriften machen das Gesetz illusorish, es find halbe Maßregeln. Es soll nur eine Scheide- wand ertihtict werde, aber in dieser Scheidewand foll fogar eine Thüc gestattet sein.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Uns wäre es am angenehmsten gewesen, wir hätten garniht nöthig gehabt, über diesen Punkt des Marzarine- geseues Ausführungsbestimmungen zu erlassen, sondern hätten es den einzelnen Regierungen oder der Entscheidung der Gerichte überlassen

können, was unter ¡getrennten Verkaufsräumen" zu verstehen ist, da

Staats-Minister Dr. Graf

der Befähigung der

ie verlaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt.

Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preife hat die Bedeutung, doß der betreffende Preis nit vorgekommen ift; ein Punkt (

Noch: Hafer. 15,00 15/00 | 15 60 16,00

| 15,50 15,00 | 15,40 |

16,00 15,409 15,50 15,00 16,50 17,00 14.00 18,00 15,67 15,60 15,80 16,80 15,60

17,00 15.2 16,00 18,00 17,00 ¡4,20 16,20 16,80

14,75 15,00 14,40 14,50 13,80 15,80 15,75 12,80 16,00 15,00 15,00 14,00 14,00

L L6G

14,75 15,60 15,00 14,75 14,00 15,80 16,25 13,00 16,10

15,00 15,2

14,40 14 49

16,00 16,00

16,25 | 17,00

13.00 | 14,00

17,00 | 17,10 |

15,38 15,33 14,60 15,40

16,00 | 16/40 - | O

15,80 15,25 16,00 16,20 17,00 15,80 16,20 16,80 13,50 14,00 | 14,00 i —- 13,80 | 14,80 40 16,00 1700 19,00 103

Bemerkungen.

14,60

15,00 | e 1520 | 15,40 14,75 14,00 15,40 15,80 13,40 15,30

15,60 15,00 15,00 16.00 16,48 13,80 15,80 16,00

15,00 15/00 | 15,60 16,48 | 13,40 | 15,80 | 1600 | 1350|

15,40 15,60

das Gese hierüber eine Definition niht enthält. Es war aber der Wunsch aller betheiligten Kreise, daß solche übereinstimmenden Grund- sätze über den Begriff der getrennten Verkaufsräume seitens der verbündeten Regierungen vereinbart würden, und es is auch von allen Seiten versichert worden, daß mit der Bestimmung der ge- trennten Verkaufsräume keine chikanöse Behandlung der Margarine beabsiGtigt sei.

Die Ausführungebestimmungen besagen, daß ein abgetrennter Naum vorhanden sein soll, welher durch die ganze Tiefe und Höhe des Ladens reiht. Meine Herren, aber mit dem Begriff der ge- trennten Verkaufsräume konnte unmöglich beabsiätigt sein und man konnte auh nit glauben, daß man damit betrügerisen Manipula- tionen eines unehrlihen Verkäufers wirilih) einen absoluten Riegel würde vorschieben können. Das wird jeder Händler können, wenn er unehrlich ift, au wenn vollkommen getrennte Verkaufsräume gefor- dert wären (Sehr 1ihtig! links), daß er die Margarine mit Butter mischt oder die Vêargarine dahin bringt, wo die Butter stehen foll. Es kann meines Erachtens mit dieser Bestixmung nur beabsichtigt sein, den Beweis zu erleichtern dafür, daß eine Fälschung, eine betrügerishe Manipulation s\taltgefunden hat. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen }

Schon dur die Grundsäße, wie verbündeten Regierungen festgestellt find, wird über seinem eigenen Personal eine erhebliße Zurückßzaltung und Borsicht bei betrügerisWen Manipulationen auferlegt sein.

Meine Herren, halten Sie mich aber nicht für einen Kezer, wenn ih ein weiteres Urtheil üker diese Bestimmungen hinzufüge.

fie übereinstimmend von den dem Verkäufer gegen-

Meine Herren, ih habe gesagt, die Vorschrift wegen der getrennten Nâäume kann nur dazu dienen, den Bewcis einer betrügerishen Mani- pulation eventuell zu erleihtern; ob aber dieses Gesey sahlich wirksam sein wird, hängt meines Erachtens von ganz anderen Faktoren ab und das mögen sih die Vertreter der landwirthschaftlichen úInteressen gesagt sein lassen der Erfolg des Geseßes hängt davon ab, ob in den Einzelstaaten eine genügende Anzahl tehnisch und chemisch vorgebildeter Nevisionsbeamten vorhanden sein würde, welche die Funktionen von Nahrungsmittel-Chemikcern zu übernehmen haben. Wir leben in einer Zeit, wo naive Leute glauben, daß die Polizei Argusaugen und Polypenarme hat, daß fie alles sieht, und alles an ih heranziehen kann. Wer aber den Dienst der Polizei kennt und diese Mißstände nehmen zu, je kleinec das Gemeinwesen ift —, der weiß, daß die Polizei fo überlastet ist, daß sie meines Erachtens so Tomplizierte Funktionen, wie die Untersuhungen auf dem Gebiete des Nahrungsmittelwesens, zum großen Theil gar nicht aus- üben kann und, ih glaube, auch nit ausübt.

Meine Herren, wenn deshalb ein wirksamer Fortschritt auf dem Gebiete der Untecsuhung der Nahrungsmittel stattfinden foll, und damit auch auf dem Gebiete dieses Gesetzes, dann müssen in größeren Bezirken oder in den einzelnen Gemeinwesen zuverlässige, unabhängige, techuisch durhgebildete Nahrungsmittel.Chemiker an- gestellt werden, die unerwartete Revisionen vornehmen, die Stich- proben aus den Waaren entnehmen, die diefe Stichproben selbst chemisch untersuhen fönnen und dann eventuell das Strafverfahren herbeiführen. Wenn wir folhe Nevisionsbeamten haben, dann bin ih fest überzeugt, daß auch die Nechtsprehung der Gerichte eine s{härfere werden würde. Jch will mir keineswegs ein Urtheil über gerichtlihe Erkenntnisse ohne Kenntniß der Thatsachen im einzelnen erlauben, wenn man aber in den Zeitungen liest, daß Leute Fahre lang gefälsht ' haben, vielleiht auf Kosten der menschlichen Gesundheit, daß fie dadurch ein Vermögen erworben haben, und wenn man bamit die erkannten Strafen vergleicht, so hat man manch: mal allerdings den Eindruck, daß eine solhe Strafe auf den Be- straften, der derartige unlauteré Manipulationen vorgenommen hat, einen besonderen Eindruck niht machen wird, und daß die Strafe, wahrschcinlich wegen ungenügender chemisch-technischer Ermittlungen, in keinem Verhältniß zur Höhe des Vergehens gegenüber den Allgemein- interefsen ftebt.

Ich bitte Sie, zunächst einmal die Wirkung der Bestimmungen des Bundesraths abzuwarten ; ih bin aber der Ansicht, daß alle Maß- regeln, welhe der Verfälshung von Nahrungsmitteln entgegentreten, den Charakter eines blind geladenen Gewehres haben werden, so lange wir nicht eine ausreihende Anzahl selbständiger, mit der Untersuchung

von Nahrungsmitteln betrauter tehnisher NRevisionsbeamten besitzen.

Der Durchscßnittsyreis wird aus den unabgerundeten Zaßlen berehuet.

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15,64 16,50 15,58 15,00 15,42

14,33 15/46

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16,00 26. 14,20 | 30. 10/20 | 18.

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14,40 15/55

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in den leßten se{s Spalten, daß entspre@Wender Berit feb

Derartige Geseße machen sonst nur Lärm, haben aber eine durchschlagende Wirkung nicht.

Abg. Nickert (fr. Vgg.): Dem Gescß widersprehen die Aus- füßrungöbestimmungen niht. Wie beim Börsengeseß möchte man jeßt die s{lechten Wirkungen des Geseßes auf die Ausführung des- selben zurückführen. Ich möchte empfehlen, meinen Antrag auf Be- scitigung der Bestimmung über die getrennten Verkaufsräume bald zur Berothung zu stellen, dabei können wir die Angelegenheit gründ- licher erörtern, als bei der dritten Berathung des Etats. Redner bringt dann eine Berichtigung vor bezüglich einer Beshuldigung des Abg. Wurm, daß in der Färberei von Dreyer in Hannover am Charfreitag gearbeitet worden sei; um die Gewerbeaufsfihtsbeamten zu täuschen, seien, wie der Abg. Wurm behauptet habe, die Arbeiterinnen durch Klingelzeißen von ihrem Erscheinen benachricktigt um fh verstecken zu können. Diese Beshuldigung sei unbegründet, da für die Besd/äftigung am Charfreitag die Genehmigung vorgelegen habe.

Abg. Wurm (Soz.) erklärt, was er vorgebrackcht habe, habe im „Volkswillen“ gestanden, ohne daß derselbe angeklagt worden set. Eine eingesandte Berichtigung habe die genannte Zeitung abgedruckt mit der Bemerkung, daß fie thre Behauptungen aufreckterhalte. Uebrigens fei die betreffende

4 e non VOrDEen ,

Firma wegen Uebertretung der Gewerbe- ordnung mit 50 4 bestraft worden.

Abg. Prinz zu Shönaich-Carolath (nl.) bedauert, daß immer noch keine Befsecung bezüglich des Lachsfangs im Nhein eingetreten sei. Die Holländer hätten neue Fangstationen errihtet, sodaß die von Deutschland in den Nbein gesetzten jungen Fische kaum ins Meer gelangen könnten. ie Holländer den bestehenden Vertrag nicht innehielten, dann zufgehoben twoerden, was Deutschland eher vertragen könne, als S

Staatssekretär des T von Posadowsky- Weh

Ich möchte zunächst im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Abg. Rettich noch hervorheben, daß allerdings durch die Zeitung eine sehr niedliche Zeichnung gegangen ist, wie die getrennten Verkaufsräume, beim Verkauf der Margarine und der Butter in einem Geschäft, sich hersiellen ließen. Der Geschäftsführer der Vereinigten deutschen Margarinefabriken hat #ch dieserhalb auch an mih gewandt mit der Anfrage, ob diese Einrichtung ausreihend wäre. Ich habe aber dem verehrten Herrn geantwortet, daß fie nicht ausreihend wäre, und ih würde den deutshen Margarineverkäufern niht rathen, danach ihre Einrichtung zu treffen, denn diese würde von den Polizeibehörden als genügend nicht angesehen werden und jedenfalls zur Bestrafung führen.

Ich muß nun noch Einiges aus der zweiten Lesung nachholen. Es ift mix selbstverständlich bei der beshränkten Zeit, die dem hohen Hause noch zur Verfügung steht, nicht möglih, die vielfahen un- rihtigen Behauptungen, die in der ersten und zweiten Lesung aus dem Gebtete meines Ressorts bier vorgebracht sind, alle im einzelnen zu widerlegen. Dazu findet sich vielleiht später einmal Gelegenheit. Zwei Thatsachen möchte ich aber klarstellen. Zunächst ist von dem Herrn Abg. Wurm behauptet worden, daß die Direktion einer Hildesheimer Konservenfabrik, welhe 42 Arbeiter über 11 Stunden beschäftigt hätte, wegen dieses Vergehens zu einer Geldstrafe von nur 5 # verurtheilt wäre, wobei das Gericht als sirafmildernd hervorgehoben habe: „daß die Anzeige ja nur durh den Gewerbe-Fnspektor erstattet sei."“ Jch habe mich geg?nüber dieser auffälligen Thatsache selbstverständlih sofort beeilt, das Sachverhältniß klarzustellen, und ich habe darauf durch Ver- mittelung des preußischen Herrn Justiz-Ministers von dem Präsidenten des Königlichen Landgerichts zu Hildesheim die Auskunft erhalten, daß eine Konfervenfabrik dort nicht existiere. Es könne sih nur um die Kontinental-Präservenfabrik von Warnecke u. Keidel, eine Kommandit- gesellschaft, handeln, bei welher nur zwei Personen in Frage fommen würden, der Kaufmann Warnecke und der frühere Leiter Namens Keidel. Der Herr Landgerichts-Präsident erklärt, daß nah Ausweis der Strafprozeßregister, welhe bis zum Jahre 1887 durch- geschen sind, seitdem ein Strafverfahren wegen Gewerbevergehens weder gegen Warnecke, noch gegen Keidel anhängig gemacht ist, (Hört, hört! rechts.) Eine Soche anderen Nubrums, welche etwa gemeint fein könnte, sei ihm nit erinnerlih. Anderweit angestellte Erlundigungen hätten gleichfalls ein verneinendes Resultat ergeben, (Hört, hört! rechts. Zuruf links.) Jch führe das an, was der Herr Landgerichts- Präsident auf diese Behauptung erklärt hat. Haben Sie neues Material, so bin ich gerne bereit, es von neuem zu prüfen.

Dann hat der Herr Abg. Lenzmann in der Sigung des Reichs- tages vom 26. Januar behauptet, es wäre die Versammlung, die am 13, Januar im Hotel Kaiserhof zu Gunsten der Flottenvorlage ab- gehalten sei, polizeilich nicht angemeldet gewesen. Darauf erklärt der Herr Polizei-Präsident von Berlin :

Staats-Minister Dr. Graf

R D A I E

Aus den mit der Bitte um geneigte Rückgabe beigefügten Anlagen ergiebt sih, daß für den 13. Januar Nachmittags im Kaiserhof zwei öffentliche Versammlungen angemeldet worden sind, und zwar die eine um 2 Uhr von dem Herrn Abg. Bueck, die andere von 3 bis 4 von dem Herrn Fabrikbesißer Stroschein. Für die Versammlungen sind die vorgeschriebenen Bescheinigungen ertheilt.

(Hört! hört! rechts.) Alfo jene entgegenstehenden Behauptungen muß ih bis auf weiteres Material für thatsächlich unrichtig erklären.

Nun ein paar Worte zum LaŸhsvertrag. Der Lachsvertrag ist, wie der Herr Abg Prinz Carolath wissen wird, zu stande gekommen auf Betreiben des deutschen Fischereivereins. Dadurch aber, daß Holland über die Flußmündungen des Rheins verfügt, sind wir natürli immer in einer ungünstigeren Lage. Die Holländer haben si bereit erklärt, ihrerseits erstens zuzulassen, daß im Rhein Zanderbrut ausgeséßt wird, und zweitens auch, ihrerseits mehr zu thun für die Ausfeßzung von Lachsbrut. Sie haben es aber bisher entschieden abgelehnt, eine ähnliße Schonzeit wie bei uns ein- zuführen. (Hört, hört!) Meine Herren, unsere Bemühungen, die holländishe Regierung zu bewegen, gleihmäßige Bestimmungen zu erlassen, werden deshalb aber selbstverständlih nicht aufhören. J kann aber nicht zugeben, daß unsere Fangverbältnisse am Nhein so ungünstig sind; gerade in diesem Jahre sind unsere Fangverhältnisse am Rhein recht günstige gewesen (Zuruf), bei Laufenburg, in der Mosel, bei Wesel is der Fang ein recht günstiger. Außerdem hat der Pcinz Carolath gesagt, es würde in Holland für 1} Millionen Lachs verkauft. Soweit meine Informationen reihen, is das aber niht alles Lachs, der im Rhein gefangen ist, sondern au Lachs, der oberhalb in Deutschland gefangen wurde. Selbstverständlih läßt ih das ftatistish niht nahweisen. Schließlich, meine Herren, dürfen fich die Vertreter der Fischerei-Interessen am Rhein auch nit verhehler, daß, wenn ein vollkommen vertragsloser Zustand eintreten follte die Fischerei am Rhein wahrscheinlich vollkommen ruiniert würde. Die Sache muß also mit einer gewissen Vorsiht be- handelt werden. (Bravo!)

Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl.)

Leßtere für den Oberrhein. ständig ausgerottet. Redner klagt dann darüber, die Petroleum- tanfschiffe den Rhein verunreinigten, sodaß das Petroleum das Wasser bedede, Auf Grund der Verfassung könne ebenso wie die Regulierung, auch die MNeinhaltung des Wasserlaufs bewirkt werden.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Die Frage, die der Herr Vorredner angeregt hat, ift eine sehr ernste und wichtige, insbesondere, da es fich um den s{chöusten Strom handelt, den Deutschland besißt. Ich habe mich mit den verbündeten Regierungen zunächst wegen der Frage in Ver- bindung gescßt, ob die Behauptung richtig ist, daß Petroleumtankschiffe der Rhein verunreinigt werde, daß vie von anderer Seite angeführt wurde, das Petroleum sogar auf

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beaflähe schwimmend an einzclnen Stellen zu sehen set.

Behauptung is von den Regierungen auf das entschiedenste

Eine Regierung hat allerdings behauptet, daß niht dur

e selbst di: Verunreinigung des Rk

dadur, daß demnächst die Tankschif thein gereinigt würden und hierbei vielfach Petroleum in den Strom gelange. Ih habe jeßt diese Behauptung nohmals zum Gegenstand der Untersuchung gemaht. Die Frage, ob es zulässig ist, Kanalisationen mit Käkalien in den Nhein einzuführen, liegt gegenwärtig dem Reis-Gesundheits- amt zur Beurtheilung vor. Vers: bandblunaen fo habe, geecignetenfalls dem handlungen Mittheilung zu machen. ; Abg. Wurm weist darauf hin, daß seine Mittheilung über die Kon!ervenfabuik in Hildesheim wörtliß aus den Berichten der Favrit - Inspektoren entnommen sei. Daß die Versammlung im Kaiserhof angemeldet gewesen sei, mache die Sache noch s{chlimmer, denn die Vereine seien eben zusammengetreten, obwohl das Ver- bindungs8verbot des § 8 des Vereinsgeseßes noch bestehe.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf

1 c 9 von Posadowsky-Wehner:

Die Anführungen des Herrn Abg. Wurm erklären sich meines Grachtens nur dadurch, daß die Mittheilungen des Herrn Abg. Wurm sih auf iccend einen Ort im Gewerbebezirk Hildesheim beziehen, während die Auskunft, die ih erhalten habe, ta der Herr Abg, Wurm bei der zweiten Lesung auédrücklich den Ort Hildesheim angeführt haite, fi auch nur auf den Ort Hildesheim bezieht: ih kann nit annehmen, daß dicse Erklärung des Herrn Landgerichts: Präsidenten, datiert von Hildesheim, den 3. Februar 1898, die sch in so positiver Roise aussyvt 1B eti x f ; Weise ausfpriht, thatsächlich unrichtig wäre, um fo w niger, als der Herr Landgerichts-Präsident erklärt, er habe die Strafregister bis zurn Jahre 1887 durhsehen lassen. Meine Herren, ih werde die Sache weiter aufzuklären suchen, und da muß ih ja der Thatbestand ergeben, den wir beide kein Interesse haben zu vershleiern, Was ferner die Ausführungen des Herrn Abg. Wurm bezüglich der Flotten- versammlung im Kaiserhof betrifft, so ist der Herr Polizei-Präsident der Ansicht, daß hier der § 8 des Vereinsgeseßes überhaupt niht An- wendung findet (Heiterkeit links), da es sich n iht um eine Versamm- lung und Bethätigung von Vereinen, sondern um eine Versammlung von einzelnen Personen zur Berathung öffentlicher Angelegenheiten handelte. (Heiterkeit links.)

: ‘Abg. Prinz zu Sch{önaih-Carolath bleibt dabei, daß der Lahsfang am Mittel, und Oberrhein fast versGwunden fei.

{ . 4 9 e 1 H 4 d 9 E Q n j ba Mitter (fü Bolksp.): Der Polizei- Präsident von Berlin {hint keine Zeitung zu lesen, denn zu der Verjammlung im Kaiserhof find. nicht einzelne Personen, sondern Handelsfammern und wirth» [{aftspolitishe Bereine eingeladen worden. Das ist eine offenbare Verleßung des § 8 des Vereinsgeseßes.

._ Abg. Rettich: Die Nothwendigkeit der Nahrungsmittel- Chemiker erkenne ih auch an; aber die Trennung der Berkaufsräume soll diesen Chemikern die Kontrole erleihtern. Ob das Margarine- geseß zum Schaden der Landwirthschaft erlassen fei, das zu beurtheilen mag Herr Rickert uns Landwirthen überlassen, die das besser ver- stehen als er.

Abg. Dr. Lütgen au (Soz.) verlangt im Anschluß an eine Be- rathung des Reichstages im Jahre 1896 eine Betheiligung der Ar- beiter bei den Unfallverhütungs - Kommissionen, namentlich in den Bergwerken, und empfiehlt dringend die Schaffung eines Reichs- Berggesetes.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Wir haben uns wegen des Antrags vom d. No- vember 1896, betreffend den Schutz der Arbeiter bei Hochbauten, mit

deu Einzelregierungen in Verbindung geseßt. Die Regierungen, die

bestreitet das Der Salm sei am Oberrhein fast voll-

durch die

namentli,

ffe im

Ic) werde mir erlauben, roenn dic

hohen Haufe von dem Erfo!g der Ver-

weit gediehen sind, daß ih ein abschließendes Urtheil |!

bieher schon eine Stellung zur Sache eingenommen haben, haben aber erklärt, es sei das eine Frage der Landesgesete, sie seien nit geneigt, ihre Landeskompetenz s{chmälern zu lassen zu Gunsten der Reichs- gewalt; sie erkennten aber auch das Bedürfniß an, daß ten Bau- arbeitern ein s{ärferer polizeiliher Shuß gewährt würde wie bisher. Von einer Anzahl Staat:n, und- namentlich von Preußen, is eine Aeußerung noch nicht eingegangen.

Daß der Herr Abgeordnete von Reichswegen auch den Schuß ausdehnen will auf die Bergarbeiter, is ein Novum. Ich kann darauf eixe Erklärung niht abgeben, weil ich mich dieserhalb mit den ver- bündeten Regierungen noch nicht in Verbindung gesetzt habe.

Abg. Dr. Hammacher (nl.) hält eine Betheiligung der Arbeiter an der Bergwerksaufsiht ebenfalls für nothwendig; Erwägungen darüber seten ja au in preußischen Bergverwaltungen eingeleitet.

Abg. Dr. Hitze (Zentr.) spricht sich in demselben Sinne wie der Borredner aus.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Ih muß auf den Fall Lreyer, dessentwegen der Herr Abg. Nikect angefragt hat, no&mals zurückkommen, um nicht auf einem Gewerbetreibenden zu Unreht den Schein ruhen zu lassen, daß er in höht unloyaler Weise die Arbeiterschußbestimmungen umgangen habe- Für die hemishe Färberei und Wäscherei ist zugelassen, daß der Betrieb an 6 Sonntagen odec Festtagen im Jahre bis 12 Uhr Mittags \tatt- finden kann, und es ist vorgeschrieben, baß die Sonn- und Festtage, an denen die Beschäftigung gestattet ist, von der Ortspolizeibehörde festgeseßt werden können. Wo dies nicht gesehen ist, muß die Be- {äftigung vor dem Beginn der Ortspolizeibehörde angezeigt werden. Die Firma Dreyer hat nah meinen Informationen am Charfreitag Vormittag arbeiten lassen, und der Charfreitag is ja bekanntlich, auh wo er als Festtag landesgeseßlich anerkannt ist, kein hoher Fest- tag im Sinne des § 105 h Abs. 2 der Gewerbeordnung. Am Tage vorher hatte die Firma Dreyer der Polizei von der Beschäftigung am Charfreitag Anzeige gemacht, der Sußmann ist hingekommen, hat die Arbeiterinnen vorgefunden, nit versteckt, sondern in der Fabrik (hört, hôrt!), und es ist ihm der Nachweis geführt worden, daß die Fabrik die Erlaubniß zum Arbeiten hatte. (Hört, hört!) Im Juli 1897

ist allerdings Anzeige wegen Sonntagsarbeit gegen Dreyer erstattet |

worden, er ift aber im Hinblick avf die Bundeërathserlaubniß, da die ses Sonn? oder Festtage noch nicht erschöôpft waren, freigespcochen worden. L Abg. Stadthag en (Soz.) verlangt dringend die Zuziehung von Arbeitecn zur Durchführung von Unfallvorschriften. Jn den unfall- veisicherungspflihtigen Betrieben seien 1896 über 7600 Arbeiter ge- tödtet, über 46 000 dauernd und über 32 000 vorübergehend erwerb8- unfähig geworden. Bei dem leßten Beraarbeiterunglück fei festgestellt, daß eine ganz unvera! twortlihe Fahrläsigkeit seitens der Unttrnehmer vorgelegen habe. Da Tônne man die Arbeiter nicht an die Einzel- staaten verweisen. Die Lösung dieser Frage wäre eine wahrhaft att T A I c : ; B nationale Aufgabe. Medner fragt, ob die Unternehmer, welche das leßte Bergunglück verschuldet Hätten, angeklagt und bestraft worden feien.

Staatssekretär des Jnnern, von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Die Frage wird, soweit es sh um Bergs- betrieb handelt, und namentlih soweit die Vorfälle der leßten Zeit auf dem Gebiete des Bergbaues Anlaß dazu gegeben haben, {on eßt einer sehr ernsten, aber auch ruhigen Prüfung unterzogen. Sehr gut! Zurufe von ten Sozialdemokraten.) Ich kann versichern, ih an dec F! Hochbauten handelt, das und meinerseits alles dazu thun werde, um thatsählih vorhandene Mißstände abzushaffen. Aber der Beweis ist nicht erbracht, taß hierzu die Ginzelstaaten weniger geeignet wären als das Reich.

Staats-Minister Dr. Graf

i ( D ge, auch soweit es sid um die regste Interesse nehme

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Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Ih dachte, wir würden beute {nell die dritte Lesung des Etats beenden. Die leeren Bänke beweisen, daß man beute große Verhandlurgen niht mehr erwartete. Jedenfalls lolite man solhe Angriffe gegen die Bergrevierbeamten niht rihten, ohne daß sie si vertheidigen können. Die Bergbeamten sind ab r hier niht vertreten, Die Ursachen der letzten Katastrophe

) n Ar ntMmt auf » 5 nr ot T » Y P FÇ; ; find noch nicht aufgeflärt. Für eine bessere, verstärkte Beaufsichtigung der Bergwerke bin ich au. Aber an dieser Frage wird die preußische Regierung ein ebenfolches Interesse nehmen wie die Reichsregierung. Nach der ytortsWen Entwikelung des Bergrechts gehört dasselbe mehr în die Einzelstaaten als in das Reich.

__ Abg. Dr. Hammacher: Im Gegensaß zu Herrn von Stumm bin ih der Meinung, daß der Erlaß cines Neichs-Berggesetßes unter allen Umständen driygend nothwendiz und mindestens fehr nüßlih ist. Die Zuziehung der Bergarbeiter bei der Beaufsichtigung ist ein alückliGer Gedanke, für den auch die überwiegende Mehrzahl der Bergwerkvesigzer zu gewinnen fein wird.

i Abg. Dr. Vize: Die Resolution, ein einheitlihes deutsches Berg- ret zu schaffen, iït bei Schaffung des Bürgerlichen Geseßbuhs vom Reichsta z beschlossen. So lange aker das Bergreht Sache der Landesgeseßgebung ist, gehört die Unfallverhütung auch in die Land- lage. Jn den Einzelstaaten ist leider niht viel zur Verhütung von Unfällen in den Bergwerken geschehen.

Abg. M öller - Waldenburg (Soz.) tritt für eine forgfältigere Unfallverhütung in den Bergwerken ein, namentlich für die Ein- führung der eleftrischen Lamven.

Abg. Frhr. von Stumm bestreitet, daß in den Einzelstaaten zur Unfallverhütung in den Bergwerken nicht viel geschehen fei. Eine reihsgefeßlihe Regelung \toße auf Schwierigkeiten wegen der ver- [chiedenen Besißrehte an den Bergwerken in den Einzelstaaten.

__ Aba. Peus (So0z.) verlangt Erhebungen über die Kinderarbeit, nicht nur in der Industrie, sondern auh in der Landwirthschaft, wo die Kinerarbeit fehr verbreitet sei, sogar bei landwirth|\chaftlihen Maschinen und mit übermäßig langer Arbeitszeit. Redner weist auf die übermäßig lange Arbeitézeit in den Ziegeleien hin.

Staatssekretär des Jancrn, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner.

Meine Herren! Wie der nächste Reichstag sch zu’'ammensetzen wird, darüber habe ich kein Bild, weni;stens kein so klares, wie der Herr Abg. Peus. (Heitezkeit.) Ob seine Hoffnungen sich erfüllen werden, ist mir zrocifelhaft.

Was aber die Enquôte über die Beschäftigung von Kindern in gewerblicher Arbeit betrifft, so gestatte ich mir zu bemerken, daß diese Verhältnisse der Kinderbeshäftigung im Gewerbe einen wesentlich anderen Charakter tragen, wie die Beschäftigung der Kinder bei der Landwirthschaft. (Sehr richtig! rechts.) Die Beschäftigung in der Landwirthschaft ift nicht absolut {ädlich, im Gegentheil zum theil, wie man wohl sagen Tann, gesundheitsfördernd. Es ist auch an sich keine solhe Beschäfti- gung, die sittlihe Gefahren für die Kinder herbeiführt ; sie kann nur dadurch s{ädlich werden, daß die Arbeitszeit eine zu lange oder eine an sih ungeeignete ist und die Kinder dur die Art der Arbeit der Schule entzogen werden. Ob diese Vorausseßungen in der Land- wirthschaft zutreffen, das ist mir sehr zweifelhaft. Es mögen einzelne

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Fälle vorkommen, wo ein Mißbrauh der Kinderarbeit statifindet. Aber meines Wissens ist gegen einen folchen Mißbrauch, und nament- lih gegen eine Schädigung der Sulpflicht in allen deutschen Bundes- staaten durch entsprechende Polizeiverordnungen Vorsorge getroffen. (Sehr ritig !)

Ich kann auch im Interesse der Sache des Kindershußes selbst niht wünschen, daß die Erhebungen über die gewerbliche Kinderarbeit verbunden würden mit einer Statistik über die Beschäftigung der Kinder im Landwirthshaftsbetriebe; denn es ist eine alte Ecfahrung: je weiter man den Kreis einer Enquête ausdehnt, desto mehr hat eine folche Enquête Ausficht, fich zu verflahen und keine positiven Resultate zu erreihen. (Sehr rihtig!)) Ich möchte deshalb dem Herrn Vorredner dringend rathen, sich erst einmal zu beruhigen bei der Enquête, die proprio motu durch den Reichskanzler eingeleitet ist, und ihre Resultate und die Verwendung der Resultate abzuwarten, um so mehr, als es geseßlich garniht unzweifelhaft ist, ob der Reiths- fanzler befugt wäre, im landwirthschaftlihen Betriebe eine folhe Enquête anzustellen und entsprehende Verordnungen des Bundesraths daraufhin zu begründen. (Bravo! rets.)

Abg. von Kardorff: Ich will auf die Frage nit eingehen,

weil ih nicht verantworten kann, daß derx Etat ni i fertig wied r ß der Etat nicht rechtzeitig

„Abg. Peus: Nothwendig if eine Untersuchung, denn es steht fo s{limm, daß die Agrarier in Anhalt darüber murren, daß G L niht länger als zwölf Stunden täglich beshäftigt werden sollen. Ét etne folhe Erhebungen wohl nur, weil man die Agrarier fürchtet.

Abg. Werner (Reformp.) tritt nohmals eingebend für die Hilfs» arbeiter des Statistischen Amts ein.

Staatssekretär des Jnnern, von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Es is mic ganz unmögli, auf alle diese

Details in diesem Augenblick, wo wir unmittelbar vor dem Schluß des Reichstages stehen, einzugehen. (Sehr rihtig!) Es ist meines Erachtens mit vollstem Recht ausgeführt worden, welche Bedeutung es hat für die gesammte Reichsverwaltung, daß der Etat rechtzeitig fertig wird. Wenn die Herren wüßten, welde Komplikationen daraus entstehen, daß ein Reihs-Etat bis zum 1. April nicht erledigt ist und niht in die Hände der Behörden kommt, so würden die Herren darauf mehr Rücksicht nehmen im Interesse der Reichsverwaltung. h: Meine Herren, ih meine au, diese ganzen Ausführungen des Perra Abg. Werner gehören in der That nicht vor ‘das Plenum des Hauses, sondern in die Kommission. (Sehr ridtig!) Diese Fälle hâtten bei dem entsprechenden Titel des Etats erörtert werden können: dann wäre man au in der Lage, auf alle die kleinen Details, die hier angeführt werden, zu antworten.

Ich halte meine Ausführungen, die ih im Plenum des Hause gemaht habe, troß der Entgegnungen des Herrn Abg. Werner in allen Pankten aufrecht, und ich bemerke, daß in leßter Zeit keine Kategorie von Reichsbeamten, glaube ih, so beglinstigt ist, wie die- jenige Kategorie, von der er spra, die Sekretariats-Assistenten im Statistischen Amt; denn die Herren f ihren Gehaltsbezügen verbessert worden. sind das zum theil Herren, die früher in ganz anderen Lebensberufen ih befunden haben, die aber, weil ihnen in diesen Lebensberufen das Glück nicht günstig war, demnächst in den Staatsdienst traten, zum theil im höheren Lebensalter. Das kann aber sahlich keine Bedeutung haben.

Im übrigen will ih nur, um die Debatte niht aufzuhalten, dret Thatsachen bemerken. Erstens: es liegt kein Attest vor, daß die Herren zu douernder Beschäftigung angenommen sind, sondern es liegt nur eine Bescheinigung vor, daß sie dauernd beschäftigt worden \ind. Jeder Jurist im Hause wird mir zugeben, daß das eine ganz ver- siedene Sachlage ist. (Sehr richtig! rechts.) Ih habe ein folhes Attest vor mir liegen. Dasselbe lautet :

„Dem Sefkretariats-Assistenten N. N. wird biermit bescheinigt, daß ‘lbe seit seinem Eintritt als Bureauhilfsarbeiter, seit dem 20, Januar 1880, bei dem Kaiserlih Statistishen Amt ohne Unter- brehung beschäftigt gewesen ift.“

Ferner heißt es in den Verfügungen seit 1873 ich wähle eine sole aus dem Jahre 1880, weil auf eine solhe der Herr Abg. Werner exemplifiziert hat j

„Wir müssen Sie aber ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß es sich nur um eine vorübergehende Beschäftigung handelt, und daß Ihnen eine Aussiht auf dau-rude Beibehaltung bezw. spätere Anstellung niht gemacht werden kann.“

(Hört! hört! rechts.) Und endlich, meine Herren, erst im Jahre 1893, nahdem diese Stellen etatsmäßig wurden, und wir den Herren Aus- siht machen konnten, daß sie mit der Zeit vo!in Diätariat aus in eine etatsmnäßige Stellung einrücken könnten, findet sich im Anstellungs- formular die Bemerkung:

Im Falle dauern keit würde

Staats - Minister Dr. Graf

der Beibehaltung bei bewiesener Tüchtig- später an die Stelle des Tagegeldes eine allmählich ration mit entsprehender Kündigungsfrift treten. ginn des Diätariats, welches nah den Grundsätzen in Preußen zur endgültigen Anstellung führen kann. Auf eine nochmalige Auslassung des Abg. Werner erklärt der f Staatssekretär des Jnnern, von Posadowsky-Wehner: Meine Herren! Der Herr Abg. Werner und ih rufe das Haus zum Zeugen auf hat meine Ausführungen offenbar miße verstanden. Ich berufe mih auf den Inkalt des Stenogramms. Abg. Dr. Kruse (nl.) behauptet unter Hinweis auf die Verhand- lungen in zweiter Lesung, daß die Jrrenärzte keinen Anlaß hätten, die gerichtlihen Verhandlungen zu \heuen. Auf Anregung des Redners erklärt der y Staatssekretär des Jnnern, von Posadowsky-Wehner: Meine Herren ! Zur Kenntniß des Herrn Reichskanzlers sind keine T „atsachen gelangt, aus denen bervorginge, daß die in diesem hohen Hause gegen eine ganze Kategoriez von Aerzten erhobenen Be- s{uldigungen zutreffend wären, und ich freue mi, hier Gelegenheit zu haben, für diesen Theil der Aerzte Zeugniß ablegen zu können. Zu meinem Bedauern is in der zweiten Lesung diese Frage an- geshnitten bei Gelegenheit des Justiz-Etats, während dessen Verhand- lung ich niht vorausfeßte, daß diese Spezialfrage dort behandelt werden würde. Meine Herren, durch meine frühere amtlihe Thätig] keit habe ih mit dieser Kategocie der Aerzte vielfahe Berührungen gehabt, es haben Irrenanstalten zu meiner Verwaltung gehört, ih

Staais - Minister Dr. Graf

Staats - Minister Dr. Graf