1898 / 78 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 31 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Meine Herren, ih will in dieser gegenwärtige Lage Ihrer Ge- Tchäfte Sie niht tamit bebelliger, daß ich in Einzelheiten der Vor- lage hineinsteige; aber ih glaube doch, es Ihnen schuldig zu sein und vielleiht der Sachezu nützen, wenn ih über die Vorgeschichte der Entwürfe, über ihren Grundgedanken und namentlich auch über die Unterschiede ¿wischen den beiden Vorlagen für die beiden Kirchen hier einige An- deutungen mache.

Der Ausgangspunkt für die ganze Gesetzgebung liegt in der Resolution, die auf den Antrag des Herrn Abg. Dr. von Heydebrand hier im vorigen Jahre mit einer großen Majorität beschlossen worden ist, und die tahbin ging :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

die Königlihe Staatsregierung aufzufordern, baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, dur den

a. die bisker in Kap. 124 Tit. 2 des Etats des Ministeriurns der geistlichen 2c. Angelegenheiten zur Bestreitung eines ausreihenden Einkemmens der Geistlihen ausgeworfenen Staatsmittel behufs Gewährung von Aufbesserung8zulagen an bestehende Pfarreien und von Alterszulagen an Pfarrer wesentlich erhöt werden,

b. diese Staatsmittel in einer festen Summe den geordneten Organen der evangelischen Landeétkirhen und der katholischen Kirche zur eigenen Verwendung nach bestimmten, staatsgeseßlih festzustellenden Grundsätzen überwiesen werden.

Meine Herren, ich habe im vorigen Jahre diéser Resolution nicht widersprochen, es würde mir auch s{chwerlich etwas geholfen haben; aber ih leugne nit, daß, so berehtigt ich die Ziele der Resolution anerkenne, ih do sehr zaghaft ihr gegenübergestanden habe, weil ih mir habe sagen müssen: auf di wird es fallen, um das, was hier mit wenigen Worten ausgesprochen ift, in cine Form zu bringen, in der die Sache marschieren kann. Das konnte man si in voraus sagen, daß das außerordentli) schwierig werden würde. Wir find aber unmittelbar darauf ans Werk gecangen, und es ift eine Summe von Arbeit im Laufe von noch niht ganz einem Jahre geleistet worden, die der größten Anerkennung werth ift. Jch darf das sagen, nit weil sie von mir geleistet is, sondern von meinen Meitarbeitern, insbesondere von meinem leider erkrankten Referenten.

Meine Herren, es traten uns bei den ersten Erwägungen: wie ist die Sache anzufangen ? eine Reihe erleiwternder und ers{chwerender Umstände entgegen. Erleihtert wurde uns die ganze Sache dadurch, daß wir längst davon durhdrungen waren, daß auf dem bis- herigen Wege, nah dem bitherigen System und “nah den Grundsäßen, wie sie in der Anmerkung zu Kap. 124 Tit. 2 stehen, die Sache unmöglich weiter gehen konnte. Weder für die ftaatlihen Interessen, noch für die kirhlihen Interessen war dieses System auf die Dauer haltbar ich werde Ihnen tas fo kurz wie möglich dar- Tegen —, für die staatlichen Interessen {hon deshalb niht, weil wir uns sagen mußten : die Ansprüche an diesen Fonds sind so ungemessen, daß die Mittel, die dort ausgeworfen sind, {hon in kürzester Zeit er- [chöopft sein würden, und die Uebelstände, die damit verbunden waren, wuchsen und mußten wachsen mit der Erhöhung der Summe, über die dort verfügt worden ift.

Nun, meine Herren, traten uns auf der anderen Seite wieder ungeheure Schwierigkeiten entgegen. Das mußten wir uns sagen : wenn man nit ganz tief in bisherige kirchlihe Gepflogenheiten und Anschauungen eingreifen wollte, so war die Sache überhaupt nit zu ändern; wollte und mußte man aber so tief eingreifen, so konnte das nur geschehen auf Grund einer Verständigung mit deu kirchlihen Organen, und zwar mit den Organen beider Kirchen.

Nun stellen Sie sih vor: über ganz neue Gedanken mußten wir allein auf evangelisher Seite mit sechs Synoden verhandeln, die von einander völlig unabhängig sind, in denen die verschiedensten kirchlichen und politishen Strömungen obwalten. Ih muß selber sagen: auf den ersten Blick, als der Gedanke uns zuerst klar wurde, daß wir es mit sechs Synoden zu thun hatten, bin ich sehr zaghaft gewesen, ob der Gedanke sich überhaupt nur ergreifen ließe; denn diese se{8s8 Synoden unter einen Hut zu bringen, das sah damals wie ein Ding der absoluten Unmöalichkeit aus. Glücklicherweise ist es ja naher doch gelungen, und wir haben uns8 gesagt, nahdem wir die tiefe Ueber- zeugung gewonnen hatten, daß die Vorschläge, auf die wir gekommen waren, gangbar waren, und weil wir wußten, daß wir irgendwelhes persönlihe oder tendenzióse Interesse hier überhaupt niht haben, sondern daß wir den Geifilihen unter allen Umständen belfen wollten und den Kirchen, die das nächste Interesse daran haben, ebenfalls helfen wollten —, wir haben uns gesagt: Wo ein Wille ift, der auf eine gute Sache gerichtet ist, muß es \{ließlich auch einen Weg geben, an die Sache beranzutreten.

Nun, meine Herren, es war in der That der bisherige Zustand, wie ih s{chon gesagt habe, geradezu unerträgliß. Auch das bisherige System war ursprünglichß von dem Gedanken ausgegangen, der die ganzen beiden Vorlagen beherrs{cht und beherrshzn mußte, wenn wir überhaupt staatliche Mittel zur Berfügung bekommen konnten, nämli von dem, daz den Gemeinden nur nah Maßgabe ihrer Be- dürftigkeit Staatszushüsse gewährt werden follten. An diesem Gedanken is auch immer festgehalten bei den zur Auf- besserung der Gehälter auf 1500 bezw. 18009 M bis zu 2400 M4 gewährten staatlihen Beihilfen. Indessen, meine Herren, die Alters- zulagen wurden nah der bisherigen Praxis immer gewährt, sobald das Einkommen der Pfründe unter die im Staatshaushalts-Etat vor- geschriebenen Sätze herunterging. Das führte nun zu ganz enormen Mißständen. Das Pfründeneinkommen seßt sich in der Negel zu- sammen aus Erträgnissen der Pfründengrundstücke, aus Zinsen der Pfründenkapitalien, aus Gebühren der Pfarrer und aus Kirchensteuern. Auf allen diesen vier Gebieten waren ganz unerträglihe Zustände entstanden.

Was zunächst das Einkommen aus den Pfründengrundstücken an- langt, so hatten wir von Jahr zu Jahr in steigendem Maße bemerkt, daß die Erträge der Pfründengrundstücke beruntergehen. Das war an und für sich nicht sehr auffällig. Bei der notorischen Lage, in der fich unsere Landwirthschaft befindet, konnten ja die Pfarrgrundstücke von diesem Niedergang der Pachtpreise und der landwirthschaftlihen Erträge nicht vershont bleiben —; das ist uns also gar nicht auf- gefallen. Indessen zum theil war das Sinken dieser Pachtpreise doch so groß, daß wir uns gefragt haben, woher das läme. Da stelle sch heraus es wurde uns au ganz ofen gesagt —, daß die Geistlihen, die bis dahin die Verwaltung des Pfründeneinkommens wesentlih selbs in der Hand hatten, nit gerade immer diejenige Sorgfalt anwandten, die man fonst wohl anzuwenden pflegt, wenn man setne Grundstücke verpachtet.

dem Landtage

Dies ist sehr begreiflich. Denn, meine Herren, wenn ein Geistlicher sehr darauf dringt, daß die Pfarräcker, die er doch innerhalb seiner Gemeinde verpahten muß, sehr theuer verpahtet werden sollen, so ift das sehr leiht ein Grund zu Störungen in seinem seel- sorgerisWen Verhältniß zur Gemeinde. Nun waren aber die Geistlihen in großem Umfange dahinter gekommen, auch die Gemeinde-Kirchenräthe in den evangelishen Gemeinden, daß ein \charfes Drängen auf hohe Verpachtungen au garnicht nöthig sei; denn wenn das Pfründeneinkommen unter die Sätze, die dem Pfarrer nach seinem Dienfleinkommen zustanden, zurückginge, so müßte der Staat helfend eingreifen und das fehlende Pfründeneinkommen er- seßen. Da hat man denn in vielen Fällen 5 gerade sein lassen, was ja au garniht zu verwundern ift.

Ganz ähnli ging es mit den Zinsen der Pfartrkapitalien. Es ist natürli, daß die Anlage von Pfarrkapitalien am bequemften ist, wenn man seinem Banquier schreibt: kaufe uns für diese Pfarr- fapitalien von 5000 Æ 3 oder 3F prozentige Konsols. Dann werden die gekauft und in einen Kasten oder in den eisernen Geldschrank gelegt. Jn sehr vielen Fällen aber kann man doch noch mehr als 3 und 3F 9% von Kapitalien erzielen, wenn man sich bemüht, gute und pupillarisch sichere erststellige Hypotheken zu erlangen. Dazu gehört aber cin gewisser Eifer, und daran fehlt es in vielen Fällen, und so gingen auh die Erträge der Pfarrkapitalien mehr und mehr zurück.

Noch s{chlimmer war es bei den Gebühren. Der Geistliche sagte sih: wenn der Durchschnitt der Gebühren sinkt, so muß der Staat das Gehalt ergänzen. Also sie nahmen es nit so streng. Es ist ja für den Geistlichen eine der peinlichsten Aufgaben, Gebühren für ge- wisse Amtshandlungen mit großer Strenge einzuziehen. Kurz, die Gebühren gingen nicht nur zurück, sondern manche vers(wanden ganz. Dazu kam folgende Eiwägung. Eine Gemeinde hatte für gewisse Handlungen, ich will mal sagen för S@{muck- trauungen, ziemliÞch hohe Gebühren beschlossen. Die wurden erhoben. Dadurch stieg das Einkommen des Eeistlihen, und der Staatszushuß wurde gekürzt. Eine halbe oder eine Stunde davon war eine Gemeinde, die sagte: nein, wir wollen überhaupt keine Ge- bühren mehr bezahlen, \trih sie oder erniedrigte sie auf ein Minimum. Dadurch sank das Pfründeneinkommen, und der Staat mußte helfend eintreten; also die Gemeinde, die sih durch die Gebührensteuer, so will ih es mal nennen, selbst belastete, bekam keinen Staatszuschuß, dagegen die andere Gemeinde, die einfa sagt: wir bezahlen unseren Pastor überhaupt niht mehr, er bekommt es ja doch vom Staat —, die erhielt einen reichlicheren Zushuß. Ganz ähnliche Verhältnisse, noch unberechtigtere, entstanden in dem Verhältniß von Ge- me inde- und Kirchensteuer. JIch will aber darauf nicht weit- läufig eingehen; ich glaube, das Gesagte génügt vollständig, um Ihnen ein Bild davon zu geben, daß ‘sich hier Zustände entwidelt batten "üund weiter zu entwideln im Begriff waren, die unmöglich auf die Dauer weiter bestehen konnten, und das verschaffte uns die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit: wir müssen hier an ein anderes System herantreten.

Nun, meine Herren, wie konnte das gesehen? Vor allen Dingen mußten diese Shwankungen des Pfründeneinkommens beseitigt werden, und das konnte nach unserer Ueberzeugung dadurch am besten ge- schehen, daß man an die Stelle diescs s{wankenden Pfründen- einkommens ein festes, von der unterhaltungépflihtigen Gemeinde zu garantierendes Grundgehalt seßte. Dieses feste Grundgehalt be- dingte aber nothwendigerweise gewisse Aenderungen, die tief in unser bisheriges System eingreifen.

Nun kommt zu diefen Shwankungen in dem Pfründeneinkommen auch noch die große Schwankung in dem Dienstalter der. Geistlichen. In der That waren das Schwierigkeiten, die wir kaum überwinden konnten.

Nun, meine Herren, nahdem wir uns klar gemacht hatten, daß wir diese beiden Grundgedanken: Die Beseitigung der Schwankungen und die Festhaltung der Gewöhrung der Staatsmittel als Bedürfniß- zuschüsse unter allen Umständen sicerstellen wollten, kann ih es nit dankbar genug anerkennen, daß die Finanzverwaltung, sobald sie fi von der Gangbarkeit dieses Weges und davon überzeugte, daß es uns mit diesen beiden Grundsäßen ernst war, die ganze Angelegenheit von großen Gesichtspunkten aus und ohne jede kleinlihe Mäkelei und RNechnerei in Bezug auf die zur Disposition gestellte Summe behandelte. Nur dadur i} es überhaupt möglih geworden, meine Herten, diese Geseßgebung jet in die Wege zu leit-n. Es hat nur kurze Zeit gedauert, bis wir mit dem Finanz-Ministerium voll- fommen bis in das letzte Detail, über jeden Paragraphen der zu machenden Vorlage uns geeinigt hatten. Natürlih war die Voraus“ zung für dieses Entgegenkommen der Finanzverwaltung, daß au ie Kultusverwaltung fich eine gewisse Schrarke auflegte und sich bütecte, maßlose und uferlose Forderungen zu stellen.

Meine Herren, wir haben uns mit den kirchlichen Organen in Berbinvung geseßt. Wir haben zunächst die Denkschrift aufgestellt, die Ihnen ja auc) vorgelegt ist, die aber niht genau in allen einzelnen Stellen naher so zur Ausführung gelangte, wie es damals vor- ge\{chlagen war, die abcr, glaube ih, in durchaus überzeugendec Weis e die Grundgedanken des ganzen Planes enthält. Wir haben uns mit den kirchlichen Bekörden verständigt; zurächst mit den evangelischen kirchlihen Behörden, weil es da am dringendsten war: wir mußten da die Synoden berufen, und dann haben wir den Herren Bischöfen diese Denkschrift übersandt. In der katholischen Presse sind uns - daraus sehr s{chwere Vorwürfe gemaht. Ich habe erft in diesen Tagen einen Artikel gelesen, der sagt : es wäre geradezu niht nur unverständlich, daß der Kultus-Minister den Bischöfen diese Denkschrift mitgetheilt hat, die ja doch im wesentlihen auf evange- lishe Verhältnisse zugesnitten sei, „sondern cs liege darin eine Rück- sihtslofigkeit, eine Art Brüskierung. Nichts is ungerechtfertigter- meine Herren, als dieser Vorwurf. Wir haben es auch garnicht in diesem Sinne vorgelegt, sondern wir haben es in der allerhöflichßsten Form gesagt. Wir sind zunächst auf diesen Weg gekommen: Hier, wir schicken diese Denkschrift, und wir bitten, uns nun die Vorschläge zu machen, die von dort aus angemessen ersheinen. Das scheint mir der richtigste Weg zu sein, den wir machen konnten. Die Herren Bishöfe haben denn auch uns später gesagt, welhe Punkte der Denkschrift sie nicht annehmen könnten, während sie aus der Denkschrift ganz richtig die Punkte herausgefunden haben, die für uns conditio sino qua non waren. Diese sind denn auch von katholischer, bis{chöfliher Seite acceptiert worden, und darum haben wir die Hoffnung, daß diese

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Vorlage zu stande kommen wird. Zu unserer großen Genugthuung haben die Verhandlungen mit den kirchlichen Behörden denn auch wirklich zu einer Verständigung geführt!

Eine Dotation im eigentlihen Sinne is das, was wir den Kirchen hier anbieten, nicht und soll es auch nicht sein; wir \find von vornherein davon avsgegangen, daß cine Dotation, ohne daß der Staat über die Mittel, die von Staatswegen aufgebraht werden, niht auch mitzudisponieren hat, nicht zulässig is. Es bleibt nah wie vor daëjenige, was die Kirche bekommt, ein \staatliher Bedürfniß- zus{chuß, und auch die Gemeinden müssen die ihnen geseßlich obliegende Pflicht zur Unterhaltung der Stelleninhaber behalten. Diese Pflicht soll ihnen nicht abgenommen werden, und nur soweit, als sie zur Er-

füllung dieser Pflicht unfähig sind, soll ihnen durch Gewährung \taat-

liher Beihilfen geholfen werden.

Meine Herren, die evangelischen seckchs Synoden haben in der That auf dieser Basis mit geringen und unwesentlichßen Modifikationen {ließlich übereinstimmend diese Vorlage angenommen. Die Synoden haben mit der Einrichtung der Alterszulagekasse in erfreuliher Weise eine allen Landeskirhen gemeinsame Institution geschaffen. Die Staatsregierung hat au gern die Versicherung der Herren Bischöfe entgegengenommen, daß fie es mit großer Freude begrüßen, wenn die wohlwollende Fürsorge der Staatsregierung zur Besserung der Lage des Pfarrklerus gegenüber der vielfach günstigeren Lage anderer Berufsklassen eine feste Grundlage durch das beabsichtigte Gesey gewinne, und daß sie ihre Mitwirkung bei der Ausführung desfelben nit versagen werden.

Meine Herren, beide Geseßentwürfe beruhen auf demselben Grund- saß des staatlichen Bedürfnißzushusses, unterscheiden sich aber im wescntlihen in Folgeidem, und das möchte ich kurz anführen: es handelt sich vor allen Dingen um den sahgemäßen Aus- oleich în dén natürliden Schwankungen im Pfründen- einkommen. Um diesen Ausgleich zu finden, haben die für die evangelishe Landeskirhe beschlossenen Kirchengeseße die Ein- führung eines Systems von Grundgehältern, wie ih das schon andeutete, vorgesehen, während der Gesetzentwurf für die katholischen Geistlichen dem Stelleninhaber die Pfründe zu einem für längere Zeit feststehenden Betrage anrechnet. Die Vorlage für die katholischen Geistlichen unterscheidet sich von der anderen und von den Kirchens- geseßen für die evangelishe Kirhe scmit dadur, daß der katholische Geistlihe das Nisiko in den Schwankungen des Stelleneinkommens selber trägt, während es bei den evangelishen Geistlißen aus- geschlossen is durch das System der festen Grundgekbälter, das dann in Verbindung tritt mit den Alterszulagen. Die unyer- meidlihen Schwankungen, von denen ih auch hon geredet habe, im Dienstalter der Geistlihen werden auf evangelischer Seite im vollsten Umfang durch die Alterszulagekasse ausgeglihen; auf katholischer Seite trägt das MNisiko der Schwankungen nur die Einzelgemeinde. In beiden Beziehungen, meine Herren, hat die Rüdsiht auf die tatholis&-kirhlihe Rehtsordnuna, die von den Herren Bischöfen in den Vordergrund gestellt ift, bestimmend auf die Gestaltung des Gesetzentwurfs für die katholischen Pfarrer gewirkt.

Das Fehlen der Kasseneinrihtung auf kathelisher Seite brate sodann den ferneren Unterschied, daß die evangelischen Landeskirchen geseßlih ganz feft bemessene staatlihe Beträge bekommen, während die Höhe der auf jede katholishe Diözese entfallenden staatlichen Fonds mit Nüccksicht auf das wehselnde Bedürfniß veränderlih gehalten werden muß.

Fch will auf Einzelheiten der Vorlage zur Zeit nicht näher ein- gehen, möchte aber von vornherein eine Bestimmung der evangelischen Kirchengeseze noch hervorheben, die in den meisten Synoden zu s{chweren Bedenken und Resolutionen Anlaß gegeben hat, und gegen die Bedenken au sonst mir çcegenüber fo vielfah ausgesprochen sind, daß ih nicht gern sie mit Schweigen übergehen möchte. Es ist das die Bemessung des niedrigsten Grundgehaltes auf 1800 # Meine Herren, ich bemerke zunächst, daß eine kirchen- gescßlihe Erhöhung des Minimalgrundgehaltes von 1800 4 nit annehmbar gewesen wäre, {hon deshalb niht, weil damit eine Steigerung der obligatorischen Gemeindelecistungen, unter aflen Um- ständen eine Mehrbelastung der leistungsfähigen Gemeinde und eine weitere Ershwerung der Pfarrncugründungen verknüpft gewesen wäre. Das ist ganz offenbar, wenn man ftatt 1800 #4 als Minimal- grundgehalt 2400 M genommen hätte, daß dann die Gründung von neuen Pfarrstellen in eminenter Weise erschwert worden wäre. Schon deshalb, glaube ih, daß im kirchlichen Interesse dieser Gesichtspunkt ganz allein {on die Erhöhung oder ein Hinausgehen über das Minimalgehalt von 1800 4 héchs bedenklih erscheinen ließ.

Aber, meine Herren, auch den Anträgen auf Erhöhung der Staatsfonds behufs Gewährung von Zuschüssen zu dem Grundgehalt von 1800 M hat die Staatsregierung niht Folge geben können. In der Begründung fiaden Sie näher ausgeführt, daß ein Mindestgehalt von 1800 A feine8wegs identisch ift mit einem Mindesteinkommen von 1800 (G Bei den Mindesteinkommen von 1800 ist es aufer- ordentlich fragliß, ob der junge Geiftlihe, der es bc zieht, es wirkli} bekommt. Da sind Pächte, die entwetcr garnicht oder nur in Raten bezahlt werden; da fallen Gebühren aus, die niht beizutreiben find, und wegen deren der Geistlihe die Exekution nicht kann vollstrecken lassen ; da kommen allerhand Zwischenfälle. Mit einem Worte, es ist oft außerordentli s{chwer, für den Geistlichen diese 1800 A überhaupt beizubringen, und sehr fraglich, ob er fie in vollem Umfange bekommt. Das Mindest- grundgehalt von 1800 bekommt er unter allen Umständen, das wird ihm vierteljährlih gezahlt.

Zwischen die festen Bestandtheile, aus denen in Zukunft das Ge- sammtdiensteinkommen der evangelischen Geistlichen besteht, das ift nämli Grundgehalt und Alterszulagen, ist nun als bewegliher Faktor noch ein System von Zuschüssen eingeschaltet. Durh die Bereitstellung von Zuschüfsen wird dem Bedürfniß naH einer weiteren Erhöhung des Einkommens der Geistlihen nah unserer Ueberzeugung im wesentlichen in ausreihender Weise Nehnung getragen werden. Dazu kommt noth, daß in den Saßungen der Alterszulagenkasse ausdrücklich vorgesehen ist, daß den Geistlichen unter fünf Dienstjahren auf Stellen mit dem Grundgehalt von 1800 #4 Zulagen bewilligt werden können. Also ausgesclossen ist das niht, und es wird sich nur darum handeln, oh dann auch die Mittel dazu da sind. Die sind da, wie ich nicht zroeifle. Nämlich die Alterszulagenkasse hat,“ wenn Sie die Begründung nahe lesen, jährlich eine Einnahme voa 10198 800 A An Au3gaben stehen ihr jeßt nur 8 229 000 Æ gegenüber, und damit allein ift {on die Möglichkeit nahegerückt, daß man auch in der Richtung einer

Erhöhung der Minimalgrundgehälter die Mittel wird flüssig machen können. Es würde eine Erhöhung des Minimaleinkommens bei den evangelishen Kirchen um 300 M auf 2100 Æ einen Bedarf von jährli etwa 340 000 Æ. erfordern. Daß diese Summe übrig bleibe, das erscheint doch nit sehr fern liegend.

Thatsächlih bietet hiernach das System der Kirchengeseße, wie es Ihnen vorgelegt is, weit mehr als ein Mindesteinkommen von 1800 #4, und es wird Aufgabe der Kirche selbst sein, auf dem dur das Gesey bezeihneten Wege selbständig dem vorliegenden Bedürfniß abzuhelfen. Ich sehe es als einen eminenten Fortschritt, wie er durch die Kirchengeseße angebahnt ift, an, daß gerade die Kirchen in er- weitertem Maße, wie sie es bisher nie gehabt haben, mit der eigenen Verwaltung und der felbständigen Fortentwickelung dieser Angelegen- heiten befaßt werden.

Endlih möchte ich noch einen Gesihtspunkt nit unbeachtet sehen, der aud) entscheidend ins Gewi{t fällt; das ist der, daß die evangelischen Geistlichen relativ jung zur definitiven Anstellung ge- langen, daß ihr Dienstalter hen von der Ordination an rechnet, sodaß die meisten jungen Geistlichen in der evangelischen Kirhe {hon mit ein paar Dienstjahren ins wirklihe Pfarramt komthen, sodaß die erste Periode, wenn sie mit 1800 4 Grundgehalt wirthschaften müssen, für sie nur eine sehr kurze sein dürfte.

Nun kommt dazu, daß die General - Synode der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen sich noch in den Jahren 1891 und 1894 auétdrüdcklich damit einverstanden erklärt hat, daß das Mindest- gehalt der evangelischen Geistlichen auf 1800 4 festgelegt wird, roenn nur das Höchstgehalt bis 4500 4 gesteigert wird. Jeßt wird das Höchstgehalt bis 4800 Æ gesteigert, und es kann noch durch Zuschüsse darüber hinaus gesteigert werden, und das Mindeftgehalt, was - damal8 gefordert ist, foll auch jeßt gewährt werden. Wir gewähren also thatsächlich die Mittel, um mehr und höhere Ootierungen der einzelnen Stellen herbeizuführen, als es die General-Synode noch in den Jahren 1891 und 1894 ge- fordert hat. Es handelte sich damals um den Kampf um das Kirchengeseß von 1885, welches ja auch eine mäßige Erhöhung in der ebcn von mir angegebenen Grenze der Gehälter der evangelischen Geistlichen herbeiführen wollte, das aber die staatsgeseßlihe Ge- nehmigung nicht erhielt. Es hat über 12 Jahre gedauert, eke wir nun zu dieser neuen Vorlage gekommen find. Ich kann wohl fagen: in den ersten Jahren meines Amtes ist wohl keine Klage dringender an mi berangetieten, als die, ich möchte doch die Verhandlungen wieder aufnehmen, um die Bestätigung dieses Kirchengeseßes von 1885 herbeizuführen. Die Verabschiedung des Kirchengeseßzes war aber nicht möglih. Jch bin damals fehr traurig darüber gewesen und mit mir viele Andere. Man soll dech aber auch zuweilen nit allzusehr den Kopf hängen lassen, wenn Pläne, die man aufgegriffen hat, nicht gleih fi vollziehen. Meine Herren, es geht damit ebenso wie mir im vorigen Jahre mit dem Lehrerbesoldungsgeseßz. Ich kann sagen, es ist einer der {wersten Tage meines Lebens gewesen, als ih aus dem Herrenhause kam, wo in ciner halben Stunde diese ganze Arbeit zu Grabe getragen worden war. Ich war damals ganz verzagt und habe mir auch die Frage vorgelegt, ob ich die Verantwortung weiter tragen kann.

Jett muß ich sagen, es ist eigentlich ein wahres Glück gewesen, denn das Lehrerbesoldungsgesez is doch jeßt sehr viel befser geworden, und au für die Lehrer is es gut. Und ähnli ift es mit diesem Geseße. Jch bin fest überzeugt das haben auch die Synoden ausgesprohen daß die vorliegenden Kirhengeseße, wenn sie die staatsgeseßlihe Sanktion erhalten, den Kirchen jedenfalls erbeblich mehr und dieses Mehr in erßeblich besserer Form bieten als das Kirchengeseß vom Jahre 1885.

Endlich will ih do au nicht mit Shweigen darüber hinweggehen, daß wir den Termin für das Inkrafttreten tes Gesetzes nicht vor dem 1. April 1899 haben vorsehen können, Meine Herren, wir uns sagen, daß für eine gedeihlihe Durchführung des Gesetzes es ganz wesentli iff, die Ausführungsbestimmungen aller- sorgfältigsle und in der engsten Fühlung mit den kirchlichen Behörden festzustellen. Die kirhlichen und die ftaatlice müssen eine gewisse Zeit haben, um sih in Ocdnung hineinzuleben und das anzuordnen, was den Berhältnissen ihrer Gemeinden und Bezirke entspricht.

Nun kommt dazu, alle Anforderungen, die in dieser L gemacht fwerden im ganzen Bereich des Staa18, werden dur diese beiden Geseße noch nit befriediat. Es bleiben noch übrig die alt- fatholischen Gemeinden, eixe Anzahl von Gemeinden bei Frankfurt a. M u. a. Kurz, diese wenigen Gemeinden könne hilfen erst vom 1, April 1899 bekommen, fie können erst durch den nähstjährigen Etat für fie verwendbar werden, Und auch Seite, glaube ih, if richtiger, daß man den 1. Lpril 1899 als Termin für das Inkrafttreten des Gesehes bestimmt. An und für sich wäre ein früheres Inkrafttreten den Geistlihen zu gönnen gewesen. Wir sind alle davon dur- drungen, au die Finanzverwaltung, daß, wenn die Sache zu machen gewesen wäre, wir mit Freuden sie {hon für dieses Zahr aemacht haben würden. Aber ih glaube, fie werden sih überzeugen, je mebr sie sich in das System der Gesetze hbineinleben, daß dieselben vor dem l, April 1899 \{werlich zur Einführung gelangen können.

Nun, meine Herren, ih bitte Sie, den Vorlagen thunlichst ein- stimmig Ihre Zustimmung zu ertheilen, denn äuf die Verabschiedung dieser beiden Gesehe hoffen niht nur unsere Geistlichen, die katholi- |hen ebenso wie die evangelishen. Jch weiß ja aus eigener An- shauung weniger, wie es in den katholischen Pfarrbäusern auésieht, ih weiß aber, daß auch für die katholishen Pfarrer die gegerwärtigen Gehälter sehr niedrig sind. Das weiß ih aber genau, daß in unseren evangelishen Pfarreien außerordentlihe Noth ift, viel größere Noth, als man sih gewöhnli denkt. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, wir haben evangelishe Pfarrerfamilien, die ein wahres Heldenthum durhzukämpfen haben unter den jetzigen Verhältnissen. Also wir können nur wünschen, daß niht theoretishe Bedenken das Zustandekommen dieser Gesctze aufhalten mögen, sondern daß die Hoffnung, die man dort hegt, endli möge die Sanktionierung dieser Geseye kommen, sich erfüllt. Aber au die Gemeinden warten darauf, daß die Staats- mittel, welhe die ihnen {on jeßt obliegende Unterhaltung der Stelleninhaber, soweit nöthig, erleihtern sollen, geseßlih festgestellt werden, daß das Gesey an Stelle der bisherigen etatsmäßigen alljähr- lichen Bestimmungen träte. Sie erhoffen auch die Mitwirkung ihrer vor- geseßten kirhlihen Behörden bei der Bewilligung der Beihilfen und die Gewähr, daß dabei kirlihe Gesihtépunkte voll zur Geltung

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kommen. Endlich, was das Nothwendigste ist das Nothwendigste will ih nicht sagen, aber das Glüelihste am Gesetz ist: es hört end- lich auf, daß die Ersparnisse Ersparnisse verbleiben den Kirchengemeinshaften. Das if der größte Gewinn ein Gewinn, wie wir ihn seit langer Zeit für die Kirhe nicht gehabt haben. Ich glaube, meine Herren, daß die äußeren Verhältnisse der Geistlichen beider Kirchen noch nie- mals vorher vom Staate nah so großen Gesichttpunkten gewürdigt und behandelt sind, wie es in diesen Vorlagen geschieht.

Ich halte es für ganz undenkbar, daß die Mittel, die hier den Kirchen geboten werdcn, zurückgewtesen werden sollten, oder daß man aus politishen Bedenken sollte die Annahme dieser Mittel verzögern. Man mag über die Einzelheiten der Entwürfe denken, wie man will das ift zweifellos, se enthalten einen eminenten Fortschritt für die Geistlichen beider Kirchen, ja für die inneren Verhältnisse beider Kirchen selbst, einen Fortschritt, wie er bisher noch nicht dagewesen ift.

Meine Herren, ich bitte Sie deshalb, geben Sie den Entwürfen Ihre Zustimmung. Ich bin überzeugt, niht nur die Geistlichen, sondern beide Kirchen werden Jhnen das auf das wärmste danken. (Bravo!)

Abg. von Köller (kons.): Die große Mehrheit des Hauses wird mit dem Minister in den Hauptpunkten einverstanden sein. Wir iveihen aber ab in der Frage der Alterszulagekasse. Die fetten Pfründen werden gänzli freigelassen und die anderen in einer Weise angefaßt bei den Älterszulagen, daß es zum Nothrwoendigsten niht reiht. Die fetten Pfründen dürfen doch niht von allen Beiträgen freigelassen werden. Bisher war das Entgegengeseßte der Fall. Vorzugsweise sollten die fetten Pfründen herangezogen werden nach dem Kirchen- geseß. Jett soll das Grundgehalt bis auf 1800 4 heruntergedrückt

werden, Wer glaubt, daß ein Geistliher mit 1800 4 auéckommt ? Alle guten Wirkungen

des Geseßes werden durch die folgenden Paragraphen wieder aufgehoben. Die ganze Art und Weise, wie die Geistlihen abhängen follen von tem Kotsistorium, führt do dazu, daß die Geistlichen fich künftig nihi mehr von Staatsbeamten unter- scheiden, denn die Kconfsistorien sind, im Grunde genommen, nicht Kirchen-, sondern Staatsbehörden. Ich bin ganz damit cinverstanden, daß man gewissen Schwarmgeistern Zügel anlegt, aber daß man die Geistlihen als Staatsbeamte betrachtet, so weit gehe ih nit. Ferner bin ih damit nit einverstanden, daß sämmtliche Naturalien den Geistlihen genommen und deren Nießbrauh den Gemeinden übertragen werden soll. Wo soll der Geistliche des Ostens denn seine nothwendigen Lebensmittel herbeziehen, 3. B, Fleisch, Milch? Die Gutsbesißer brauen ihre Milch selbst. Der Geistlihe kann dod nicht seine Kinder mit 10-Pfennig- stücken ernähren. In der Synode hat man gesagt, der Pastor soll kein Bauer sein. Ich behaupte aber, unter Bauern muß der Pastor ein Bauer sein. Jett kommen. die jungen Geistlichen mit Idealen pellgepfropft auf ihre Pfarre, und sie sind s{hwer zur Vernunft zu bringen. Ist es nit gut, wenn der Geistlile die Noth und das Elend der Landleute kennen lernt, niht immer in der Studierstube fißt, fondern sich auch von der Sonne bräunen läßt? Es ift aller- dings eine Ausnahme insofern gemaht worden, als der Geistliche die Naturalien behalten kann, wenn das Konsistorium es genehmigt. Bei Streitigkeiten zwishen den Geiftlihen und den Gemeinden über den Werth des Landes soll das Konsistorium ent- scheiden. Das trägt in die Gemeinden den Ap|jel der Zwietracht. Mit dem Lehrer waren die Streitigkeiten niht so \{chlimm, man fürchtete, daß er die Kinder s{hlagen würde; aber den Geistlichen kann man boyfottieren, man besuht seinen Gottesdienst nicht u. \. w. Künftig werden dann die Gemeinden die Radau- macher, die Krakehler wählen, nit die guten, stillen Geistlihen. Die größte autoritative Stelle ist bis heute die Kircke, und es ist das größte Wagniß, diese Autorität von Wahlen abhängig zu machen. Wo bleibt das kirhlidbe Eigenthum, wenn die Früchte und Zinsen des Vermögens der Kirche entzogen werden? Was nüßt Ihnen das \{chönste Haus in Berlin, wenn Jhnen die Zinsen davon entzogen werden? Von einer Entschädigung ift bier auch keine Nede. Es handelt sich niht um eine Eigenthumébeschränkung, sondern um eine Eigenthumékonfiskation. Und das widerspricht meinem Rechts- gefühl und meiner fonservativen Gesinnung. Das Kousistorium er- hâlt hier ein Besteuerunaëreht, wie es kein anderer Mensch hat, ohne jede Appellation. Für den Osten wird die Verpachtung der Pfarrländereien große Schwierigkeiten machen, noch schwerer wird s n Grad der Leistungsfähigkeit zer Gemeinden zu ermitteln. Manchen Gemeindemitgliedern wird nichts übrig bleiben, als aus der Kirche auézutreten oder aus ihrer Gecend auêszuwandern, also ein weiterer Anrciz zur Entvslkerung des Landes. Gegen das katholische Kirchengeseß hätte ih weniger einzuwenden. Kann ich aber das evangelische Kiriengeseß niht annehmen, so kann ich auch das katholiswe niht annehmen. Wir bleiben bei dem Antrag von Heyde- brand ftchen und wünschen, daß auf Grund desselben mit der Synode nochmals verhandelt wird. Die Sache ist überhaupt Üübereilt worden. Die Staatsregierung könnte ja au eiven Nachtrags-Etat vorlegen und in einem Etatsvermerk den cyangeltischen Geistlichen 2400, ven fatholishen 1800 6 garantieren.

Abg. Dr. von Heydebrand und d ver n

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er Lafa (kons.): Ich freue mich, daß der gesunde Humor den hrten Vorredner noch nit verlassen hat. Aber er hat uns doch ein zu trauriges Bild entrolt, wenn i au zugebe, daß er über die Leistungsfähigkeit der Gemeinden sehr Beherzigenswerthes gesagt hat. Er meinte, eine wiederholte Prüfuna dur das Parlament, die Presse und die Synode würde

etwas Besseres an die Stelle seßen. Darin täusht er \ch doch, ebenso darüber, daß die Sache {hon dur

einen Gtatsvermerk gemacht werden kann. Ver Etat ist fertig, und

gegen einen Nacßtrags- Etat würde der Finanz - Minifter Einwendung erheben. Ich bin der Meinung, daß die Geistlihen und die Kirche freier gemacht werden von der Staatsgewalt. D-r Geistliche hat ja au freie Hand, Landbesit zu behalten oder niht. Daniit ist den meisten Einwürfen des Vorredners die Spiße abgebroden. Nach dem gel- tenden Recht ist die Pfarrgemeinde Gigenthümerin des Pfarrvermögens, und die Regierung verfährt in der Ausgestaltung dieses Rechts vur logish. Die Mehrzahl meiner politishen Freunde sind im Prinzip sowohl mit dem Staatsgeseß wie mit dem von den kirchlichen Organen genehmigten Kirhengefey einverstanden. Mit dem Gese für die katho- lishen Geistlichen sind wir im Großen und Ganzen ebenfalls einver- standen. Die Abweichungen erklären ih avs der vershiedenen Orga“ nisation beider Kirchen. Die katholishe Pfründe is etwas Anderes als die evangelische, und der fkatholishe Geistlihe is von der Ge- meinde unabhängig. Ich würde mich freuen, wenn die Katholiken hier ausspregzen, daß sie mit diesem Gescß zufrieden und dafür dankbar sind, daß die Klagen über Imparität damit gegenstandslos geworden find. Wir wollen alle das Christentbum fördern, und diese Gesetze bieten dafür ein kräftiges Band. Die Lage der Geistlihen wird erheblich gebessert. Es könnte ernstlich erwogen werten, ob sie nit schon früher als am 1. April 1899 in den Genuß dieses Geseßes gelangen können; überstürzt soll das Geseß aber niht werden. Die Kommission muß die Frage prüfen. Viele Geistlihe wünschen, daß das Grundgehalt höher bemessen wird, als in der Vorlage ; durch diese Erhöhung würden aber die Gemeinden noch mehr belastet werden. Besser wäre es, wenn die Staatszuschüsse erhöht würder, um die Gehälter auf 2400 4 zu bringen. Die Noth in den Pfarrhäusern ist noch viel größer bei den älteren Geistlichen mit großer Familie, als bei den jüngeren. Die Befreiung von der Naturalverpflegung i} für eine ganze Anzahl von Geistlichen eine Wohl- that. Es wird dadurch eine Menge von Streitigkeiten vermieden. Sehr gut wäre es freilih gewesen, wenn man die provinziellen Verschiedenhbeiten hätte berüdcksihtigen können. Aber diese große Organisation ließ sich kaum anders durchführen, die einzelnen Synoden haben

zur Staatskasse zurückfließen ; die

sih ja au mit dem Gese einverstanden erklärt, die Verschieden- heiten können also niht sehr groß sein. Nur auf geseßlichem Wege ist eine Besserung dieser Verhältnisse möglih, und darum haben wir dieses Geseß mit Freuden begrüßt. Die Regierung hat die Pflicht, das Vertrauen zu rechtfertigen, das die Gemeinden ihr in dieser Frage entgegenbringen. Wirthschaftlihe Unbequemlichkeiten müssen nah Kräften vermieden werden. Ob die Konsistorien dieser Aufgabe gewacbsen fein werden, will ih nit untersuchen; ih vertraue aber, daß sie sih bewußt bleiben werden, daß bei den gegenwärtigen Befugnissen sie ein enormes Maß von Verantwortlichkeit haben. Von den Konsistorien wird es abhängen, ob das Geseg segensreih wirken wird oder niht; ih habe dies Vertrauen. Als kluge Leute werden wir aber dch einige Kautelen {hafen müssen, damit die Leistungsfähigkeit der Betheiligten nit shematish geprüft wird, wie es bei den weltlihen Instanzen toto die geschieht, und die Gemeinden niht unnôthig herangezogen werden. Ihre wirthschaftlihe Lage ist nah den neuen Geseßen nit besser geworden. Gelingt es uns, ge- nügende Kautelen zu schaffen, so werden wir durch dieses Geseß nit nur der Kirche, sondern auch dem Christenthum einen Dienst thun.

Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Wir find dem Minister dankbar, daß er diese schwierige Materie so rasch einer geseylihen Regelung näher geführt hat. Die Wünsche des katholishen Episkopats sind allerdings nit ganz erfüllt worden, aber das vermindert durhaus niht unsere Dankbarkeit. Namentlich sind wir erfreut, daß der Minister sich mit den katholischen Bischöfen ins Einvernehmen gefeßt hat. Daß er dur die katholishe Presse brüskiert worden ist, erklärt ih vielleicht daraus, daß der Inhalt der Denkschrift nur bruchstück- weise bekannt war und ein katholisher Entwurf noch nicht vorlag. Die Verschiedenheit beider Geseßentwürfe erklärt |ch aus der Ver- schiedenheit der Organisation. YLeider find die Gehälter der katho- lischen und der evangelishen Geistlichen nicht gleihmäßig bemessen worden. Andererseits ist die Gesammtsumme objektiv fo ziemli} nach der Kopfzahl der Katholiken und Evangelischen bemessen worden. Das Mindestgehalt von 150 A für die katho- lishen Geistlihen ift aber doch sehr gering, felbst bei Berücksichti- gung des Cölibats. Ich berubige mih mit der Hoffnung auf die Ortszulagen und mit der Rücksicht darauf, daß dieses Mindestgehalt die Gründung neuer Stellen erleichtert. Die kirhlichen Organe bedauern, daß die Vorlaze niht auch die Hilfsgeistlichen, die Domherren u. \. w. bedacht hat. Hoffentlich wird dies später nahgeholt. Der Begriff der Leistungsfähigkeit der Gemeinden ist \chwer festzustellen ; es ift auch bedenklih, den ärmeren Gemeinden Umlagen für ihren Pfarrer zuzumuthen, Der Mangel einer Definition mird aber eine größere Latitüde gestatten und hoffentlich den Gemeinden zu gute kommen. &Sür die Kapläne haben die katholishen Gemeinden {hon jeßt zu sorgen, und es wäre deshalb bedenklich, sie noch mehr zu belasten. Wie steht es mit der Besoldung der Pfarrverweser und der Frage der Aufstellung der Matrikel und Kataster, für die neue Kräfte an- gestellt werden müßten? Die Kosten müßten jedenfalls aus den Fonds dieses Geseyes entnommen werden. Äuch ich wünschte, daß es {on früher in Kraft gesceßt würde, wenn ib mich auch den Gründen des Ministers niht verschließe. Den W-:g des Nachtrags-Etats möchte ih nicht betreten, es würde uns damit nit geholfen. Die Noth der evangelishen Geistlichen niht nur is groß, sondern auch die der katholischen; sie wünschen eine baldige Verabschiedung des Geseßes.

Abg. Dr. Sattler (ul.): Als Herr von Köller die Regelung durch den Etat wünschte und ih daran dachte, daß wir im vorigen Jahre dîes befürworteten, da schien es mir, als seien die Rechte und die Linke vertausht. Die Ausarbeitung dieses Geseßes hat gewiß aroße Anstrengungen verursaht, und daher erklären sih au die Mängel des Gesezes. Jch vermisse eine genaue Feststellung, wieviel Mehrausgaben der Staat auf Grund dieses Gesetzes zu leisten haben wird. Das mindert aber niht unsere Freude über dieses Geseß; es bedeutet eine Ausdehnung der ftaatlichen Leistung. Für die Besoldung der Geistlichen haben ja eigentlih in erster Linie die Gemeinte und die Kirche zu forgen. Wir halten die Staatsbeihilfe aber für be- gründet durch die Noth in manchen Gemeinden. Die Lebenshaltung der Pfarrer hat si gesteiaert; sogar Pfarrerfrauen haben mir brief- lich ihre Noth geklagt, sie können ihre Kinder niht mehr standes- gemäß erziehen. Wir verlangen, daß das Pfarrhaus auch eine Stätte der Bildung, Kunst und Poesie is, dann müssen wir aber auch dafür forgen, daß die Pfarrer sorgenfrei leben. Die Kirche und die Ge- meinke könnten auch nur durch Steuern helfen; und die Gemeinde- steuern lasten viel stärker als die Staatssteuern auf dem Lande. Nun fragt es sich, ob Dotation oder Bedürfnißzushuß. Wir sind für den leßteren Weg; dem Belieben einer Kirchenbehörde wollen wir die Berwendung der Mittel nicht überlassen, Die Gemeinden dürfen niht höher belastet werden; das ist auch der Zweck des Gesetzes, und wir müssen in der Kommission untersuchen, ob hier niht noch mehr zu gesehen hat. Auch die Frage der Parität muß beobachtet werden, die fkTatholishe Kirhe darf vor der evangelischen nicht bevorzugt werden. Natürlih hätte der Episkopat gern mehr gehabt, diesen Einwurf des Vorredners habe ich erwartet. Die Anrechnung der Dienstzeit der katholishen Geistlichen müßte fih auf die Dierstzeit in anderen deutshen Staaten be- ziehen. Es fragt sih auch, ob der katholischen Kirhe in der Ver- wendung der Bedürfnißzushüsse niht eine größere Freiheit gewährt ift, als der evangelishen Kirche, sodaß diese Zuwendung beinahe den Charakter einer Dotation gewinnt. Der Staat scheint ch nit eine genügende Mitwirkung gesichert zu haben. Herr von Köller spra aus meiner Seele, als er von der nahen Verbindung der Geistlichen mit den Bauern redete; ih \stamme selb aus einer solhen Pfarrers- familie. In den allermeisten Fällen if aber dieses Verhältniß nicht mehr vorhanden, wenn die Pfarrhufen verpachtet werden müssen. Fn diesen Fällen sagt man: Um Gottes willen, erlö| uns von dem Piründensystem. Noech ein weiterer idealer Vortheil: Es wird fortfallen das Suchen nach einer besseren Stelle. Es wird also durch die Beseitigung des Pfründensystems die Seßhaftigkeit der Geistlichen vermehrt. Das Eigenthum wird durch die jeßige Regelung nicht berührt. Schwierig is die Vertheilung der Be- dürsnißzushüsse an die Gemeinden mit Rücksiht auf die Leistungs- unfähigkeit. Man hat nun ein lebhaftes Mißtrauen, ob man den Kirhen- behörden diese Vertheilung überlaffen foll. Die Kommission wird wohl dahin kommen, der Selbstverwaltung eine Mitwirkung einzuräumen. Das Minimalgehalt von 1800 für den evangelishen und von 1500 4A sür den katholishen Geistlihen reiht niht aus, wir werden uns be- müßen, es auf 2400 bezw. 2100 G zu erhöhen. Der Hinweis auf die Ersparniß der Alterszulagenkasse befriedigt uns nicht. Warum er- bößt der Staat nicht glei die erforderlihe Summe um 341 000.4? Außerdem werden wir uns bemühen, daß das Gefeß schon für 1898/99 in Kraft tritt. Mit der Verabschiedung dieses Geseßes werden wir ein gutes Werk thun

Darauf wird nach 31/2 Uhr die weitere Berathung bis Donnerstag 12 Uhr vertagt.

Handel und Gewerbe.

Täglihße Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der R uhr find am 30. d. M. gestellt 13 331, nicht recht- zeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 30. d. M. gestellt 4566, nicht reht- ¡eitig geftellt keine Wagen.

In der gestrigen ordentlihen Generalversammlung der Deutschen Bank in Berlin wurde der Ret nungtabschluß für das Jahr 1897 genehmigt, die sofort zahlbare Dividende auf 10 9% für die Aktien der Serien 1 bis 6 festgeseßt, sowie dem Aufsichtsrath und der Direktion Entlastung ertheilt. Als Mitglieder des Aufsichts- raths wurden die der Reihe nah ausscheidenden Herren Kommerzien- Rath Wilhelm Herz, Konsul Hermann Wallich in Berlin, Geheimer Finanz-Rath Otto Büsing in Schwerin und Gutsbesißer Hermann Marcuse in Walluf einstimmig wieder- und die Herren Kommerzien-