1898 / 98 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Apr 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Aba. Junghenn (nl.): Seit Jahren {weben Verhandlungen Dber Len F Mee Bahn von Stockheim nah Frankfurt a. M. Es herrs{cht große Beunruhigung, weil das Projekt noch keinen Sthritt weitergekommen ist. Man follte endlich ganze Arbeit machen.

Abg. von Eynern (nl.): Die Forderungen der Vorlage zum Bau von Sekundärbahnen sind angesihts des vorhandenen Be- dinfnisses sehr klein zu nennen. Für die i D darin weiche ih von Herrn Möller ab, darf niht auf Unkosten der Kleinbahnen esorgt werden. Die Wünsche großer Industriebezirke, wie des Wupperthbales, bleiben von der Regierung unberücksichtigt. Mit

reuden begrüße ih es, taß die Gemeinden nicht mehr den s und Boden unentgeltlich hergeben, fondern eine bestimmte Pauschalsumme beitragen sollen. Es is ein Glüd, daß man mit dem bisherigen System gebrochen hat, das vielen Gemeinden finanzielle Schwierigkeiten gebraht hat. Wir müssen aber au dahin kommen, daß die großen Städte nit zu Ungunsten der kleinen Kreisstädte bevorzugt werden. Das Haupt- interesse an der Linie Treuenbrießgen—Nauen hat die Stadt Berlin ; denn thr Verkehr wird entlastet, und doch wird Berlin nicht zu den Kosten herangezogen. Den großen Städten wird alles in den Schoß geworfen, die kleinen müssen bluten. Es herrsht eine so starke Zentralisation, daß, wenn man in der Provinz etwas wünscht, man immer an den Minister sich wenden muß. Dadurch werden nothwendige Maßregeln ganz erheblih verzögert. In der leßten Zeit ist eine. An- zahl von Geheimräthen durch das Land gereist, wir haben aber nit erfahren, ob auch nur der geringste Schritt geschehen ist, um große Bahnhofsänderungen 2c. vorzunehmen. Ich muß dies erwähnen, damit niht der Schein bestehen bleibt, als ob unsere Eisenbahn- verwaltung überhaupt keinen Kredit nöthig hätte und alles in der besten

Ordnung wäre. Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen :

Meine Herren! Ich muß zunähst meinem Bedauern darüber Ausdruck geben, daß es mir niht mögli ist, jedem einzelnen der Herren hier Antwort auf seine Wünsche und Vorschläge zu geben. Allein, meine Herren, Sie werden begreiflich finden, daß es, wenn ih 108 Redner, wie Herr von Eynern foeben mitgetheilt hat, zu der Vorlage gemeldet haben, hon aus einfacher Rücksicht auf die Zeit des hoben Hauses niht möglich is, daß der Minister auf alles ant- wortet. Aber auch noch aus einem anderen Grunde. Ih bin nicht in der Lage, auf die vielen Wünsche, die hier im hohen Hause ausgesprochen werden in Bezug auf eine Erweiterung des Staatseisenbahnneßes, eine zusagende oder ablehnende Antwort zu ertheilen. Ich würde da- mit einen Wechsel ausstellen, welchen einzulösen ih vielleiht manchmal nicht in der Lage sein würde, {hon allein aus der formalen Rücksicht, daß ich ja nit allein darüber zu bestimmen habe, sondern daß das Staats - Ministerium die Instanz is, welhe die Sekundärbahnvorlage in jedem Jahre festsezt. Aber auf einzelne Bemerkungen, insbesondere allgemeiner Art, möchte ih mir doch gestatten, hier kurz zusammenfassend einige Ausführungen folgen zu lassen.

Fch bitte, mir zu erlauben, von rückwärts vorzugehen und zunächst mich an den Herrn Abg. von Eynern zu wenden, in dessen Ausführungen mir wesentlich der Schluß gefallen hat, worin er seine Geneigtheit aus\priht, der Vorlage voll und ganz zuzustimmen. Weniger bin ih meinerseits erfreut gewesen über seine anderweitigen Ausführungen. Es thut mir au leid, daß der Abg. von Eynern offenbar sh nicht mehr der Erörterungen des Sekundär-Eisenbahn- geseßes aus den vorigen Jahren vollständig erinnert. Wenn das der Fall wäre, so müßte er wissen, daß das, was er als eine Neuerung der diesjährigen Vorlage bezeichnet, bereits zum dritten Male dem hohen Hause vorgelegt wird, das is nämli die Freilassung der Wahl der Gemeinden, ob sie den Grund und Boden in natura ftellen oder ob sie ein Pausch- quantum dafür zahlen wollen. Neu ist in diesem Jahre nur die Be- stimmung, daß, im Falle die Gemeindeverbände sih über die Bethei- ligung nit einigen können, der Arbeits-Minister gewissermaßen einen

Shiedsspruh fällt.

Der Herr Abg, von Eynern hat dann in verschiedenen Phasen der Entwickelung seiner Rede es beklagt, daß eine zu große Zentralisfation innerhalb der Eisenbahnverwaltung herrsht, daß der Minister fh um eine ganze Reibe von Dingen kümmert, die er besser den Provinzial- Instanzen oder den ausführenden Technikern überließe, Er hat aber dabei übersehen, daß in einem Theile der von ihm an- geführten Angelegenheiten der Minister durch das Geseß in die Lage geseßzt is, eine Entscheidung. treffen zu müssen. In anderen von dem Abg. von Eynern angeführten Fällen ist zu berüdsichtigen, daß die Ausführung der betreffenden Projekte nicht nur der Zustimmung des Arbeits-Ministers, sondern auch der Zu- immung des Finanz - Ministers bedarf, nämlich irberall da, wo die Projekte niht bereits im Etat sei es im Ordinarium, sei es im Extraordinarium vorgesehen sind. Es is auch garnicht zu umgehen, daß die Einwilligung der beiden Ressort-Minister, des Arbeits-Ministers und des Finanz-Ministers, hierfür eingeholt wird. Im übrigen aber wird insbesondere den technishen Instanzen zur Zeit eine viel größere Selbständigkeit gewährt, als das jemals vorher der Fall gewesen ist. Den Beweis könnte ih den Herren liefern; es würde indessen zu weit führen und uns auf ein Gebiet bringen, welches dem heute hier zur Berathung stehenden vollständig fern steht.

Herr vou Eynern hat dann ferner als das üFdeal, welches er er- strebt, hingestellt, daß in Zukunft die Gemeinden zu den Beiträgen für Nebenbahnen überhaupt nicht mehr herangezogen werden sollen ; er betradtet es als Unrecht, daß die Landgemeinden und ih nehme an, auch die kleineren Städte in seinem Sinne zu großen Leistungen herangezogen werden, bei denen die großen Städte, die den Haupt- vortheil von der Anlage neuer Bahnen haben, leer ausgehen. Er hat dabei ein Beispiel gewählt aus der jeßigen Vorlage; er hat gefragt: warum wird denn Berlin niht heran- gezogen für die Bahn von Treuenbriegen nah Nauen? Nach seiner Meinung hat Berlin den Hauptvortheil von diefer Bahn. Ih bedaure sehr, daß Herr von Eynern \ich vorher niht mit einem der Herren der Berliner Stadtverwaltung darüber unterhalten hat; er würde da ganz das Gegentheil erfahren haben. Es würde ihm dann klar gemacht worden sein, daß Berlin entschieden keinen Vortheil davon hat, daß die Güter ihm an der Nase vorbeigeführt und direkt den einzelnen Radiallinien übergeben werden. Berlin hat also aus dieser Nülsicht ganz gewiß keinen Anlaß, eine Umgehungsbahn seinerseils mit Zuschüssen auszustatten. (Zuruf des Abg. von Eynern: Entlastung seiner eigenen Bahnhöfe!) Die Entlastung der Bahnhöfe ist für die Stadt Berlin kein Vortheil, wohl aber ein ganz außerordentlicher Vortheil der Eisenbahnverwaltung; dagegen ist jeder Zentner Gut, der nah Berlin hineingebraht wird, für Berlin nah irgend einer Michtung ein Gewinn.

Was nun die Zurücfzahlung der Beiträge für Remscheid—Solingen

arbetrifft, so bedaure i mit Herrn von Eynern auf das allerlebhafteste, daß man si bei der ursprünglichen Taxe des Grund und Bodens, der für diese Bahn nothwendig ist, so außerordentlich geirrt hatte. Allein dieser Irrthum bleibt nicht lediglich auf der damaligen Eisen- bahnverwaltung hängen, sondern an dem Irrthum sind auch die Städte insofern mitbetheiligt, als sie vorher über die Werthe befragt worden sind. Die Werthe sind aber im Laufe der Jahre und während der Ausführung der Bahn, wie das Herr von Eynern gewiß nicht be» streiten wird, so kolossal gestiegen, daß diese ganz außerordentlichen UVeberschreitungen der Taxe vorgekommen sind. Im übrigen hat die Eisenbahnverwaltung von diesen Geldern nihts bekommen, sondern die Einwohner von Remscheid und Solingen haben die ganze Summe in ihre Tasche bekommen. Ich kann auch ferner nit einsehen, wie der Umstand, daß die Bahn jeßt als Vollbahn betrieben wird, irgendwie einen Grund abgeben sollte, den Beitrag der Städte Remscheid und Solingen zurückzufordern. Denn es ist nicht nur alles dasjenige, was in dem Vertrage versprochen worden is}, gehalten, sondern mehr als das: ‘es ist ihnen statt einer Nebenbahn eine Vollbahn gegeben worden. Ich sehe daher, wie gesagt, keinen rechtlihen Grund u, der die Städte be- rechtigen könnte, die Beiträge wieder zurückzuziehen.

Meine Herren, Herr von Eynern hat, ih möchte sagen, eine Sale des Zornes über die Eisenbahnverwaltung ausgeshüttet. Als ih das hörte, war ich der Meinung, es würde sich {ließli um cine große Unterlassungssünde handeln, welche die Eisenbahnverwaltung begangen; ich war wirklich erstaunt, was nach alledem herauskam : die Eisenbahnverwaltung hätte die Strecke Krähwinklerbrück—Hückes- wagen niht gebaut. Für die meisten der Herren muß, glaube ih, eine gewisse geographishe Nachhilfe noch eintreten, da fie wahr- \{einlich bei ihrem geographishen Unterriht weder die eine Stadt noch die andere gehört haben. Ich möchte auch sehr wünschen, daß es mit verhältnißmäßigen Kosten möglih fein würde, diese ganz kurze Verbindungsbahn auszuführen. Nachdem wir uns aber die Verhältnisse angesehen haben, sind wir zu der Ueber- zeugung gekommen, daß diese kleine Bahn einen ganz unverhältniß- mäßigen Kostenaufwand verursahen würde. Dabei handelte es fich nit um sehr große Umwege rechnungsmäßig allerdings, aber wirths{chaftlich niht. Der Verkehr zwischen diesen beiden Punkten ift nicht sehr erbeblih; beide liegen aber zur Zeit {hon an einer Eifen- bahn, und beide: sind Eisenbahnstationen.

Meine Herren, ich darf vielleiht zur Beruhigung derjenigen Herren, die sih als Vertreter für die gute Stadt Mewe gemeldet haben, anführen, daß die Vorarbeiten für die Verbindung von Mewe nach Morroschin bereits angeordnet worden sind. Hoffentlich kommt es dazu, sie in eine der nächsten Vorlagen aufzunehmen.

Der Herr Abg. Böttinger hat auch eine ganze Reihe von allgemeinen Bemerkungen vorgetragen; insbesondere wünscht er eine Organisation zur Vereinfahung des Geschäftsganges für die Konzessionierung sowohl wie für die Ausführung der Klein- bahnen. Er hat selbst {hon au2geführt, daß in gewissem Sinne eine solhe Organisation bereits bestehe, nämli in der Zentralstelle. Es besteht allerdings eine gewisse Organisation innerhalb der betheiligten Ressorts über die Konzessionierung der Kleinbahnen. Von der Schaffung einer solhen Organisation in der Provinzialinstanz ist bisher noch Abstand genommen; dagegen sind die verschiedenen bei der Konzessionierung und bei der Ausführung von Kleinbahnen ressortierenden Provinzialverwaltungen, also der Regierungs-Präfident und die Eisenbahn-Direktion, darauf hingewiesen, thunlihst mündlich sih zu benehmen und diejenigen Berichte, welche fie an. die Zentral- instanz zu erstatten haben, gemeinshaftlih zu erstatten, damit nit Zeit und Arbeit unnüy aufgewendet wird. Es find auch zur Zeit grundlegende Bestimmungen in der Bearbeitung, die fich im wesent- lichen in dem von dem Herrn Abg. Böttinger hervorgehobenen Sinne bewegen.

Aber, meine Herren, das Kleinbahnwesen hat in der leßten Zeit eine so außerordentlihe Ausdehnung bekommen, daß man doch wohl an- nehmen kann, es werden seitens der Behörden der Entwickelung des Kleinbahnwesens keine übergroßen Schwierigkeiten bereitet. Meine Herren, wenn Sie sich das Kleinbahngeseyß ansehen und alle die Kautelen, die zum theil auch von ‘dèm Landtage in dieses Kleinbahn- gese hineingebraht worden sind, so werden Ste sich überzeugen, daß die Ausführung einer Kleinbahn kein ganz einfahes Geschäft ist. Das allereinfa{ste ist noch die Erledigung der Konzessionsfrage, die meistens ziemlich rasch vor sih geht. Die beiden Provinzialbehörden, Regie- rungs-Präsident und Eisenbahn-Direktion, fragen bei mir an, ob die betr. Bahn von A nah B, die geplant werde, und für die der und der Unternehmer bestehe, als Kleinbahn angesehen werden könne; diese Frage wird bei mir, nachdem hier und da auch noch andere in dem Kleinbahngeseß benannte Instanzen angegangen sind, meistentheils in sehr kurzer Zeit beantwortet. Dann aber beginnt die Verhandlung über die Tracierung, bei der die Leute meistentheils sehr uneinig sind, die Verhandlungen mit den Provinzialbehörden über die Hergabe der Wege, mit den Gemeinden über Grund und Boden, die Verhandlungen bzgl. der Finanzierung; kurz und gut, es erhebt sich ein Berg von Schwierigkeiten und Weitläufigkeiten, mit denen die Behörden aber an und für sch nichts zu thun haben, die theils in der Natur der Dinge liegen, theils aber auch in den Kautelen, die meines Erachtens mit Recht das Kleinbahngeseß an die Ausführung derartiger Bahnen knüpft. Nah meinen Erfahrungen seit dem Bestehen des Geseyes muß ih sagen, es is häufig ganz nüßlich, wenn die Leute sch das Projekt der Kleinbahnen, welches sie vorhaben, etwas gründliher überlegen. Ih habe {hon häufig erlebt, daß bei dieser Ueberlegung herausgekommen is entweder eine zweckmäßigere Linienführung, oder daß die Herren sich gesagt haben: es geht über unsere Kräfte, lassen wir lieber die Finger davon. Daß aber troßdem sehr viel geschehen „ist: seit Erlaß des Kleinbahngeseßet, dafür möchte ih mir gestatten, mit Erlaubniß des Herrn Präsidenten einige Zahlen vorzuführen.

Es sind seit Inkrafttreten des Geseyes, also vom 28. Juli 1892 bis 1. Oktober 1897, 180 Kleinbahnen in einer Gesammtlänge von 3948 km genehmigt, von denen bereits 120 im Betriebe und die 60 anderen in der Ausführung begriffen sind. Meine Herren, wenn Sie bedenken, daß niht sofort mit dem Erlaß des Geseßes die Auétführung in die Hand genommen werden konnte, sondern daß ein Jahr durhschnittlih vergangen ift, ehe der Spaten in die Erde kam, so, meine ih, ist in diesen vier Jahren do verhältnißmäßig außerordentlih viel geleistet worden,

Es ist dann ferner von vershiedenen Rednern angeführt, daß

seitens der Staatseisenbahnyerwaltung seit der Berstaatlihung die Ausbildung des Eisenbahnneßes doch nicht in genügendem Maße ge- fördert worden ist. Namentlich wird darüber geklagt, daß Haupt- bahnen sehr selten gebaut werden; ja, es fällt auf, wenn in die Vorlage, betreffend die Erweiterung und Ergänzung desg Eisenbahnneßes, mal eine größere Hauptbahnlinie ihre Aufnahme gefunden hat." Das rührt zum theil daher, daß, wie die Verstaatlichung in der Hauptsahe beendigt war, auch in der Hauptsache diejenigen Bahnen, welche als Haupt-Verbindungsbahnen anzusehen sind, vollendet waren. Es rührt aber auch zweitens daher, daß allmählih ein großer Theil der als Nebenbahnen gebauten Linien in Hauptbahnen umgewandelt worden sind. Dieser Prozeß vollzieht ih noch alle Tage, allerdings nicht so rasch wie in dem Beispiel, welches der Herr Abg. von Eynern vorher angeführt hatte, wo mit der Eröffnung der Bahn gleich die Bahn als Hauptbahn betrieben wurde, und zwar nicht im Interesse der Eisenbahnverwaltung, sondern ledigli im Interesse des allgemeinen Verkehrs. Aber in den Jahren 1880 bis 1898 sind einshließlich des vorliegenden Geseh- entwurfs doch über 1 Milliarde 235 Millionen Mark zum Ausbau von 9803 km der Staatseisenbahnverwaltung bewilligt, und davon sind bereits eröffnet 6732 km und noch im Bau be- griffen 3071 km. Nach dem Jahresdurhschnitt sind seit 1880 jährlich 450 km dem Betriebe übergeben worden; in den legten Jahren sind es meistens erheblich mehr.

Meine Herren, es is wiederholt auch meinerseits ausgesprochen worden, daß das Bauen doh auch seine Grenze findet in dem Bau- apparat, der dazu nothwendig is, und der nicht so ohne weiteres von heute auf morgen erweitert werden kann. Zur Zeit is es sfogar außerordentlich schwierig, diesen Bau- apparat zu erweitern, und zwar gerade aus dem Grunde, den der Herr Abg. Eynern für das. Gegentheil angeführt hat. Er sagt nämlich: es is doch wunderbar, daß die Kleinbahnen genügendes Personal haben; die können bauen; hier, wo die Staatsbahnen in Frage kommen, fehlt es an Personal. Ja, meine Herren, woher fommt das? Weil ich die Leute beurlaube, damit sie die Kleinbahnen ausführen. Das sind ja alles Staatseisenbahn- Baumeister. Im Interesse des Landes muß ich das VFnteresse der Staatseisenbahuverwaltung in vielen Fällen zurückstellen und Baumeister beurlauben, die dazu bestimmt sind, Kleinbahnen auszubauen; ich muß Baumeister beurlauben für die privaten Nebens- bahnen, ih muß Baumeister beurlauben für das Ausland. Wenn der Herr Abg. Eynern den Herrn Geheimen Kommerzien-Rath von Lenz, einen der größten Unternehmer, über diese Frage interpellieren will, wird ihm Herr Lenz darauf gewiß die richtige Auskunft geben. Zur Zeit ift aller- dings die Erweiterung des Apparats mit großen Schwiertgkeiten verbunden. Der Baumeister, der scin Eramen macht, hat fofort seine Beschäftigungen innerhalb der Staatseisenbahnverwaltung, und das gleihe Verhältniß waltet auch zur Zeit in der Wasserbau- verwaltung und theilweise auch in der Hochbauverwaltung ob. Namentlich die Wasserbauverwaltung erfordert zur Zeit eben- falls, namentlich durch die großen Kanalprojekte, durch die Flußregulierungen, durch die Nothstandsarbeiten , De n Shlesien und der Mark Brandenburg ausgeführt werden, eine außerordentli große Zahl von Baumeistern. Also der Fall liegt umgekehrt, als ihn der Herr Abg. von Eynern sich gedacht hat.

Von verschiedenen Seiten is ferner der dringende Wunsch mir nahe gelegt worden, bei der sogenannten Weichselstädtebahn den Prozeß, den ih vorhin geschildert hake, der Berwandlung aus einer Nebenbahn in eine Vollbahn, in naheliegender Zeit durhführen zu lassen. Ich kann darauf nur antworten, daß die Borarbeiten dazu bereits im Gange find.

Endlich möchte ih schließen mit einem Ausdruck des Danks an Herrn von Arnim, daß er zu Anfang der Berathung die Bedenken, welche namentlich innerhalb der konservativen Partei gegen die eine größere Hauptbahn bestehen, mir zur Kenntniß gebracht und mich dadurch in die Lage verseßt hat, diejenigen Gründe, welche für diese Bahn sprechen, in der Budget-Kommission, der ja wohl unzweifelhaft die Vorlage überwiesen werden wird, ausführlih darzulegen. Es wird diese Darlegung zweckmäßig auch in der Budget-Kommission erfolgen, da außer den allgemeinen Betriebs- und Verkehrsverhält- nissen, die für diese Bahn sprechen, auch strategische Rücksichten mit dabei von Wichtigkeit sind. Ih werde mir daher erlauben, der Budget - Kommission ausführliße Darlegungen über dieses Projekt zu geben. /

Abg. Gleim (nl.) wünscht die Fortführung der in der Vorlage vorgesehenen Linie Nuttlar—Winterberg weiter nah Frankenberg und darüber hinaus über Haina, Jetberg nah Zimmersrode.

Abg. Horn (nl.) empfiehlt, wie in früheren Jahren, den Bau einer Linie vcn Harzburg nah Oker als Bindeglied der Harz-

D Toncat Glau (Zentr.) wünsht den Bau der Linien

Rückers—Reinerz—-Lewin—Nachod und Neurode—Langenbielau zum

s Reichenbach. Ans Ae (kons.) tritt für eine Bahnverbindung von

en;lau über Penkun, Tantow nah Garh a. O. ein, welche_ von a E Kommission in einer Sißung, der auch der Ober- Präsident und die Regierungs-Präsidenten beigewohnt hätten, als nothwendig erahtet worden sei. Ec biite den Minister, der Sache recht bald näherzutreten, weil die Stadt Gary durch mancherlei wirthshaftlihe Kalamitäten, ¿. B. die Uebershwemmungen, in ihrem Wohlstand heruntergegangen sei und zur Zeit weitab von der Bahn liege.

Abg. Krawinkel (nl): Der Minister hat den Mangel an technishen Arbeitskräften zugeben müssen, es ist nun seine Aufgabe, die Zahl der Bautecniker zu vermehren. Zwischen dem Bedürfniß an Kleinbahnen und den aufgewandten Mitteln besteht ein auffallendes Mißverhältnik. Das platte Land muß mehr aufgeshlossen werden als bisher. JIch möchte das Woblwollen des Ministers erbitten De den Kreis Waldbröl und die Verlängerung der Theilstrecke der Wiehl- thalbahn nah der mittleren Sieg. y

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen :

Meine Herren! Ih möchte hier nur kurz bestätigen, daß der Ausdruck in § 1 111 B. „Gemeindeverbände“ nicht in engerem Sinne aufzufassen ist, sondern in weiterem, daß also unter dieje Gemeinde- vezrbände ebenso au die Kreise fallen, wie die einzelnen Verbände, Es ist lediglich cine Verdeutshung des Wortes „Kommunalverbüntt / Ebenso kann ich bestätigen, daß für den Standpunkt der Staats» regierung es gleichgültig ift, ob die Gemeindeverbände eine urig gefunden haben an einzelnen Gemeinden, Privaten u. \. w., wenn nur als vertragschließende Parteien ihrerseits aufgeführt sind. e fr

Was die Sonderwünsche des Herrn Abg. Krawinkel it “i seinen Wahlkreis oder vielmehr für die Hälfte seines Wte S kann ih mittbeilen, daß Austrag gegeben ift, Vorermittelungen a L über die technishen und wirthschaftlihen Verhältnisse der von

zeihneten Linien, wobei allerdings zu bedauern ift, daß die Jnteressen noch vielfa auseinandergehen, und daß eine ganze Reihe von Linien genannt werden, die wir alle zusammen wohl s{chwerlich werden aus- führen können. Ich bin indessen niht abgeneigt, nah der Richtung hin auf den von dem Herrn Abg. Krawinkel bezeihneten Weg zu treten.

Abg. von Baumbach (konf) dankt tem Mipvister für die Ein- stellung der Linie Eshwege —Lreffu1t und bittet, den Bau möglichst bald beginnen zu lassen. Er wünscht außerdem, daß eine Linie von Treysa nach Hersfeld gebaut werde.

Abg. Knoch (kons.) bedauert, daß nicht eine Eisenbahnlinie Christianst adt— Grünberg mit Anschluß an die Oder bei Tschicherzig in der Vorlage enthalten sei. Seit längerer Zeit hcffe die auf- blühende Stadt Grünberg vergeblih auf eine Eisenbahnverbindung, für welche der Kreis, wie die Stadt gern Opfer bringen würden. Ebenso bedürfe der jenseits der Oder gelegene Theil des Kreises Grünberg und ter Kreis Freystadt einer Bahnverbindung von Züllichau über Kontopp und Schlawa nah Fraustadt, für die der Kreis Grün- berg ebenfalls {on Geld bereit habe. Ferner bittet Redner den Minister, dem Bahnprojekt Grünberg——Sprottau sein Wohlwollen zu theil werden zu lassen.

Abg. Seydel (nl.) dankt der Regierung für die Projekte Schmiedeberg—Landeshut, Siegerédorf—Löwenberg und Siegersdorf— Lorenzdorf. Namentlich die beiden leßteren Distrikte seien von der Wasserfluth {wer heimgesucht und die Verkehrëwege zerstört worden. Wünschenswerth sei noch der Bau einer Linie von Hirschberg nah Löwenberg. Diese Bahn würde si sehr gut rentieren, da die Land- haft von großem Reize sei. Die durch das Hochwasser shwer ge- |œädigten Ortschaften des Boberthals würden dem Minister sehr dankbar sein, wenn er diesen Bau {hon im nächsien Jahre dem Land- tage vorshlagen würde.

Abg. Graf von Nofstißy (kons.) empfiehlt den Bau einer Linie Friedeberg—Landesgrenze zum Anschluß an die österreihische Bahn. Durch die Wasser des Queis seien die betreffenden Gegenden {wer geschädigt worden, und namentlich hätten die Gisenbahnbrüdcken bei Friedeberg nicht allen Anforderungen entsprochen. Die Verbindung von Siegersdorf nach Sagan sei leider in diesem Jahre nur bis Lorenzdorf in Ausfiht genommen worden. Hoffentlich sei dies nur eine Abs{lagszahlung, und er erwarte, daß die Fortsetzung in sichere Auësicht genommen werde. Außerdem bitte er den Minister, auch dem {wer geshädigten Kreise Löwenberg mit Nücksiht auf frühere Leistungen eine Subvention zum Erwerb des Grund und Bodens zu geben.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren ! Der Herr Abg. Graf Nostiß hat mitgetheilt, daß dem Entschluß der Staatsregierung, die Bahn zunähst nur bis Lorenzdorf zu baven, im Munde der Leute Motive untergeshoben würden, die er zwar nicht theile, die er sogar mißbillige, von denen er aber dringend wünsche, daß die Staatsregierung denselben entgegen- trete. Nun is} es sehr \{chwierig, wenn man die Motive niht kennt, ibnen entgegenzutreten. Aber das kann ich mit aller Be- \stimmtheit sagen, daß fkeinerlei andere Gründe dabei mit- gesprohen haben als eine angemessene Vertheilung der Aus- gaben auf die einzelnen Provinzen. Aus diesem Grunde find wir bci Lorenzdorf ftehen geblieben, deshalb find wir auch bei anderen Bahnen stehen geblieben. Aber ih kann zur Beruhigung ihnen erklären, daß der Bahnhof Lorenzdorf so gebaut werden foll, daß demnächst die Weiterführung bis nach Sagan stattfinden kann. SIch kann von meinem Standpunkt aus als Arbeits - Minister allein die gewünschte bindende Zusage nicht geben ich habe das vorhin {on ausgeführt —; aber nah meiner festen Ueberzeugung wird die Bahn nicht bei Lorenzdorf stehen bleiben, sondern demnächst bis Sagan weitergeführt werden, Aber, ob das in der nächsten Vorlage geschieht, ob der Staat sich mit einer Summe «an den Kosten des Grunderwerbs betheiligen wird, darüber eine Erklärung heute abzugeben, bin ich leider nicht in der Lage. Aber ih glaube, die betreffenden Kreise können fih au mit der Erklärung, die ich hier abgegeben habe, beruhigen.

Abg. Sch mieder (fr. Volksp.) {ließt sich den Ausführungen des Grafen Nostiy an und bedauert, daß von den geshädigten Ort- schaften ein Zuschuß verlangt ‘werde, den fie nit leisten könnten,

Abg. von Quast (kons.) bemerkt, daß das Projekt Treuen- brießen— Nauen große Enttäushung in seinem Wahlkreise hervor- aerufen habe. Die Mittel für die Bahn Neustadt a. D.—Rathenow— Brandenburg—Treuenbrießen feien von den Kreisen bereits bewilligt, und man habe gehofft, daß diese Bahn gebaut werden würde. Würde nun die Bahn der Vorlage gebaut, so wäre dex Ausbau der gewünschten Linie unmöglih und das Privatunternehmen dur den Staat todt gemaht. Dagegen wäre es möglih, im Anschluß an Neu®adt die Bahn weiter zu führen über Neuruppin nach Herzberg zum Anschluß an die Bahn nah Templin. Bezüglich der vroj-ktierten Ringbahn um Berlin herum habe man bisher immer die Meinung vertreten, daß sie mindestens 7— 8 km von der Stadt entfernt sein müsse, damit sie den Vorortverkehr niht treffe. Die Linie Treuen- brießgen—Nauen thue das aber in hohem Grade.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ih will beute niht auf alle einzelnen Punkte eingehen, möchte indessen kurz hervorheben, daß die Staatseeisenbahn- verwaltung, so lange überhaupt die Staatsbahn das Prinzip is, un- möglich eine derartige Bahn, die bestimmt ist, 5 oder 6 große Radial- bahnen mit einander zu verbinden, um eine Erleichterung und Sicherung des Verkehrs, einen ökonomishen Austausch der Wagen herbeizuführen, einer Privatbahn überlassen kann. ie muß diese Linie in der Hand halten, das if garniht anders möglih. Es würde daber meines Erachtens die Begründung wohl nach der Richtung haupt\ächlih nachzuholen sein, warum wir gerade diese Trace für die Umgebungsbahn gewählt haben, und das hoffe ich in der Kommissions- berathung nahholen zu können.

Auf der anderen Seite glaube ich auch, daß die Befürchtungen, welhe die Vertreter des Privatunternehmens hegen, daß ihnen die Lebensfähigkceit abgeschnitten werden wird, zum theil nicht zutreffend find. Die Lebensfähigkeit ift von den Herren meines Erachtens viel zu sehr basiert worden auf die Betheiligung an dem durchgehenden Verkehr und den Verkehren, die die Staatsbahn in der Hand hat und die die Staatëtbahn wieder empfangen soll. Meine Herren, wenn die Staatsbahn noch so weitherzig i}, wird sie do in erster Linie ihr eigen:8 Interesse ‘im Auge behalten müssen ; wenn sie das nicht thut, so hantelt sie gegen ihre Pfliht. J kenne die Berechnungen nicht, die der Finanzierung dieser Privatbahn zu Grunde liegen, aber es {eint mir aus den Aeußerungen hervorzu- gehen, daß die Rechnung auf den Durchgangsverkehr gemacht ist, daß gesagt worden ist: der durchgehende Verkehr beispielsweise- von Leipzig nah Hamburg beträgt so und soviel CTonnen, und davon bekommen wir mindestens so und soviel Tonnen ab; denn die Abkürzung is so und foviel. Meine Herren, diese Berechnung ist an und für si theoretish vielleiht ganz richtig, in der Praxis wird sich aber die Sache voraussihtlich anders gestalten.

Ich habe den Muth bewundert, mit dem die beiden Kreise Zauch- Belzig und Westhavelland an dieses große Unternehmen herangegangen sind, und würde es mih auch freuen, das Unternehmen unterstüßen zu können; abèr bas fktann doch nit so weit gehen, daß wir unsere eigensten vitalsten Interessen für Betrieb und Verkehr deswegen aus der Hand geben. Das sind nur allgemeine Erwägungen; sie näher zu begründen und zu spezialisfieren, wird meine Aufgabe in der Kom- mission sein.

Abg. Hische (nl.) dankt dem Minister dafür, daß er die normal- spurige Nebenbahn seines Kreises Springe genehmigt hat, und bittet den Minister, veranlassen zu wollen, daß durch die Eisen- bahn-Direktion in A geprüft werde, ob nicht der Anschluß, der jeßt nur an die Zuckerfabrik Bennigsen gestattet sei, direkt an die Staatsbahn genehmigt werden könne. Bei dieser Prüfung werde sich heravs\tellen, daß diefer Anschluß sowobl im Interesse der Kleinbahn wie vor allem der Staatsbahn geboten sei. Die rübenbauenden Land- wirthe lieferten ihre Rüben niht nur an die Zuckerfabrik Bennigsen, sondern auch an die Zuckerfabriken in Wäßum und Linden bei Han- nover, deshalb habe diejer Anschluß für sie große Bedeutung.

Abg. Das bach (Zentr.) wünscht eine direkte Linie von Gerstungen nah Hünfeld, die den Weg von Berlin nah Frankfurt erheblih ab- kürzen würde. Sollte aber diese Linie nicht beliebt werden, fo sollte man wenigstens eine Bahn von Hünfeld nah Vacha bauen.

Abg. Thies (nl.) befürwortet auch in diesem Jahre den Bau einer Linie von Verden das Allerthal entlang nah Celle und von da weiter in öftliher Nichtung nah Gifhorn.

Abg. Baensch-Schmidtlein (fr. konf.) drückt seine Befriedigung aus über das Projekt Schmiedeberg—Landeshut. Ein biiterer Wer- muthstropfen in diesen Freudenkelch sei aber die Forderung der Beitrags8- kosten an die Kreise, die durch Kommunalsteuern außerordentlich belastet seien. Wünschenswerth sei, sowohl auf dieser Linie wie auf der Linie Petersdorf— Landesgrenze möglichst große und geräumige Bahnhöfe anzulegen, die den großen Bahnverkehr zu bewältigen im stande seien. Nothwendig werde auch ein Neubau des Bahn- hofs in Hirschberg oder wenigstens eine Verlegung des Güterbahnhofs sein. Dankbar bin ih. fährt der Redner fort, dem Minister für seine Zusicherung, daß die Bahn von Löwenberg über Lorenzdorf bis nach Sagan weitergesührt werden sol. Ich möchte aber auch bitten, dem- nächst eine Bahn von Löwenberg nach Hirschberg im Boberthal zu bauen. Man sollte die Stauweiher zur Anlage elektrisher Bahnen nußbar machen, um auch Bahnen ins Gebirge hinein bauen zu können.

Abg. Schall. (kons.) befürwortet den projektierten Bau der Bahn Treuenbrieyen— Nauen, die durhaus den Interessen von Ost- havelland entspreche. Redner wünscht sodann eine direkte Verbin- dung zwischen Spandau und Potsdam auf dem rechten Havelufer.

Abg. von Kölichen (kons.) bittet, die in der Vorlage ent- haltene Linie Siege: 8dorf— Löwenberg nicht direkt von Neuland nah Löwenberg zu führen, sondern über Rackwiß und Kesselédorf, und fragt ferner, ob der Minister die Bahn von Bunzlau und Hockenau nah Goldberg als Staatsbahn bauen wolle, oder ob er dem Comité, das sich gebildet habe, den Bau der Strecke als Tertiärbahn ge- nehmigen wolle.

Abg. B unzen (fr. kons.) : Durch das Kleinbahngeseß ist den Klein- bahnen der Charakter von Privatbahnen entzogen worden. Dies hat für die Entwickelung der Kleinbahnen große Nachtheile, denn das Privatkapital zieht sih von solhen Unternehmungen immer mehr zurück. Medner empfiehlt eine bessere Verbindung zwischen Flensburg und Glücksburag.

Hierauf wird um 41/2 Uhr die weitere Berathung bis Dienstag 11 Uhr vertagt.

Literatur.

Scchultheß? Europäisher Geshihtskalender. Neue Folge, 13. Jahrgang, 1897 (der ganzen Reihe 38. Band), heraus- gegeben von Gustav Noloff. München, C. H. Beck'sche Verlags- buhhandlung. Preis 8 (G Der vor kurzem erschienene neue Jahr- gang dieses periodishen Geschihtswerks enthält eine umfassende Rundschau über alle wichtigen politishen Vorgänge in sämmtlichen Staaten der &rde, soweit sie in das Jahr 1897 fallen, in der üblichen fompendiösen und dabei doch völlig ausreihenden Darstellungsform und zeihnet sih dur die bekannten Vorzüge des Werks : Objektivität und Sorgfalt bei der Sichtung und- Behandlung des geschichtlichen Stoffs fowie Uebersichtlihkeit und Klarheit der Darstellung, aus. Die politishen Ereignisse im Deutschen Reiche haben, wie üblich, eine eingehende Behandlung erfahren. Neben den bemerkens- werthesten Vorgängen in den großen deutshen Parlamenten find be- sonders die Nationalfeier, die Flotten- und die Vereinsgeseßfrage, die Reden Seiner Majestät des Kaisers und Königs, die sozialen, kirh- lihen und kolonialpyolitischen Fragen, sowie Deutschlands Beziehungen zu Ost-Asien in allen wesentlihen Punkten vorgeführt. Der Rundschau über die nihtpreußfisden Bundesstaaten folgt ein Ueberblick über den Nationalitätenstreit in Oesterreich ; ferner werden u. a. die drei hohen Besuche in St. Petersburg, die geseßgeberishen Fragen in Frankreich nebst der Dreyfus-Frage, die Kolontalangelegenheiten Großbritanniens und Italiens, die cubanische und die kretishe Frage sowie der griechisch- tünfische Krieg behandelt. Die Uebersicht wird erleihtert durch ein íFnholtsverzeichniß, eine Chronik und ein ausführlihes alphabetishes Satck&regifter. Für alle, die sih aus Beruf oder Neigung mit Politik und Geschihte beschäftigen und die beim Lesen der Zeitung sich gern über wichtige frühere Vorgänge auf politishem, wirthschaftlihem oder kulturellem Gebiet unterrichten, ift diese Chronik der Zeitgeschihte ein unentbehrlihes Hand- und Nachschlagebuch.

Untersuchungen über die Lage des Hausiergewer- bes in Deutschland. 1. und Il. Band, 520 und 264 S. (Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 57 und 58). Leipzig, Verlag von Durcker u. Humblot. Preis 11 bezw. 5,60 A Der großartigen Erheburg des Vereins für Sozialpolitik über die Lage des Handwerks in D-utshland und Desterreich, deren Ergebnisse in zehn Bänden niedergeleat sind, ist sofort auf dem Fuße die Enquête über die Lage des Hausiergewerbes gefolgt. Dieselbe wurde 1895 auf Antrag des Professors Dr. - Wilhelm Stieda begonnen und auh unter Leitung dieses Gelehrten durchgeführt. Es sollten nicht alle Kategorien der Hausierer erfaßt werden, sondern nur die Handwerker, die gewerblihe Leistungen im Umbherziehen feilbieten, und die Händler, die Erzeugnisse und Fabrikate von Haus zu Haus tragen. Verx erste Band der Publikation über diese Enquête enthält nicht weniger als 17 Arbeiten, die sih über folgende Gebiete verbreiten: Breslau und Provinz Schlesien, west- lihes Eiderstedt (Holstein), Herzogthum Braunschweig, Regierungs- bezirk Caffel, das Sauerland, den linksrbeint!hen Theil des Re- gierungsbezirks Düsseldorf, Regierungébezirk Aachen, preußisches Saar- gebiet, Fichtelgebirge, Effeltrih (Pfalz), Baiersdorf (Mittelfranken), Frammersbah (Unterfranfen), Bezirks8amt Frankenthal (Pfa!z), Be- zirksamt Bergzabern, Bundenthal (Pfalz) ur d Rauhe Alb. Der zweite Band bringt eine umfassende Monographte von Dr. Joh. Plenge über die Hausßierer und Landgänger des Westerwaldes. Der dritte soll Berichte aus dem mittleren Deut)chland, insbesondere aus dem Königreich Sachsen und Thüringen, enthalten. Für den vierten Band sind in Ausficht ge- nommen: je 1 Bericht aus dem Osten (Posen) und Norden (Berlin) Deutschlands, 3 aus dem mittleren Deutschland (Thüringen, Eichsfeld), 2 aus dem Westen (Negierungsbezirk Münster, Köln), 6—10 aus dem Süden Deutshlands (Stadt Viünchen, Hessen, Württembera, Schwarzwald, Baden, Hohenzollern, Elsaß-Lothringen). Pieran foll sich ein Oesterreich behandelnder fünfter Band schließen, dessen Heraus- gabe der Ministerial-Rath Dr. Mataja in Wien übernommen hat. Seiner Sammlung werden sich 2 Berichte über das Hausiergewerbe

in der Schweiz anreihen. Ebenso soll in diesem Bande die Schilderung

verstorbenen Professors in Modena Ugo Nabbeno Aufnahme finden.

Als Fortseßung von Fridtiof Nansen’s „In Nacht und Eis“ erschien im Verlage von F. A. Brockhaus in Leipzig soeben ein“ ftattliher Band, der allen Lesern des Hauptwerks willkommen sein wird. Er enthält die Berichte zweier Theilnehmer an der Expedition Nansen’s. Bernhard Nordabhl, der feine Er- ¿äblung der ganzen Drift der „Fram* unter dem. Titel „Wir E leute* zusammenfaßt, war der Elektrotehniker an Bord der „Fram“* und vertritt den. Standpunkt der „Mannschaft“ mit ebenso viel Geschick wie Freimuth. - Lieutenant Hjalmar Johansen gehörte zunächst auch zur „Mannschaft“, da er fih als Heizer hatte anwerben lassen, um überhaupt mitgenommen zu werden. In Aller Munde ist jedo sein Name, seit er Nanfen. auf dessen einzigartiger Schlittenreise begleitet hat. Was er auf dieser kühnen Fahrt erlebt hat, berihtet er getreulich in „Nansen und ih auf 869 14‘“ (86 Grad 14 Minuten ift der höchste jemals erreihte Punkt auf dem Wege zum Nordpol, kaum 400 km von dem ersehnten Ziel entfernt). Nordahl \priht es aus, daß unter den Framleuten keiner, auch Nansen niht, von Fehlern frei war; er läßt aber auch deutlich erkennen, wie gerechtfertigt das Vertrauen der Mannschaft zu dem genialen Führer gewesen ist. Er schreibt gewandt und versteht es, auch den Humor zur Geltung kommen zu lassen. Johansen entrollt in seinem Bericht eine wahre Robinsonade, die auch troß Nansen’s Darstellung ihren vollen Zauber geltend macht. In einem Lande, in welhem der bekannte Polarforsher Payer sich und feine Begleiter für verloren hielt, wenn sie nur ein paar Tage von ihrem Zufluchtsort, tem „Tegetthoffff“, fern geblieben wären; în einem Lande, wo nur Bären und Walrosse hausen und wo fur{chtbare Stürme die Eisdecke des Polarmeeres hier zerreißen, dort zu einem Wirrsal von Eisrücken aufthürmen: da verbrahten Nansen und Johansen fünfviertel Jahr. Nur Naturen, die mit riesiger Körper- kraft und hôchster turnerischer Gewandtheit größte Geistcsenergie verbinden, waren dazu fähig. Im Vollbewußtsein ihrer Kraft ver- loren beide unter den widrigsten Umständen niht den Humor und die Hoffnung, und so wird denn aus der Schilderung des Aufenthalts in der weltverlorenen „Winterhütte* eine arktishe Jdylle. Als dann aber die Erlôsung kam, da begann ein neues Leben unter dem gafstlichen Dach? der ungeahnt nahen englischen Expedition auf Kap Flora. Beide Berichte bilden sonach eine nothwendige Ergänzung der Erzählung Nansen’'s. Da jeder, Johansen wie Nordahl, in packender Darstellung zu {ildern und dabei sich doch eine besondere Färbung zu erhalten weiß, so wird dieser dritte Band von „In Nacht und Eis“ jedem Leser des Nansen’shen Werks erwünscht sein. Die Ausstattung 1chließt ih aufs engste den ersten beiden Bänden an. Insbesondere ist auch dieser Band reih mit Abbildungen versehen; einen besonderen Schmuck bilden vier Chromotafeln nach Nansen’s Aguarellen (darunter eine Wiedergabe der wunderbaren farbigen Lichteffekte eines entschwindenden Polartages und des Phänomens eines Mondrings in einer Polarnacht). Der Band kostet, wie die früheren, elegant gebunden, 10 A, ist aber auch in 18 Lieferungen zu 50 erhältlich.

Land- und Forstwirthschaft.

Antwerpener Getreidehandel. Am S({lusse des Monats März d. I. stellten fich die Preise für Getreide bezw. Mehl in Antwerpen, wie folgt: Weizen : Nordamerikanischer Californischer . ta S Platáà vot auf baldige Lieferung . Vot, L Baltischer . Russischer . Türkischer . Inländischer FInländischer S s für Futterzwedcke . E E e N Hafer: Russischer und Nordamerikanischer . Mais : Odessa und Donau Plata und Nordamerikanischer Weizenmehl: Inländisches Ei

Die Vorräthe wurden Ende März d. I. ges{chäßt auf: 125 000 dz Weizen, 20 000 Gerste, : 5000 Mais. Noggen und Hafer in erster Hand bedeutungélos.

Im März d. J. wurden eingeführt in Antwerpen:

Roggen: aus Ver. Staaten von Amerika . ¿ 43 990 dz Ra e L 3/000 U A 2130 S E 1-060: 7

90 170 dz 201 000 dz

2 _-

. 213—221 22

2214 207 —213 201—2124 184 —214 214—212 19{—211 211 214—213 133—14 13 184 124 12L— 184 18 104—11§ 92 —10L4 28—29,

Noggen :

Gerste:

Weizen: aus Argentinien Rußland 133 930

Rumänien . O A 107 510 T o a 85 390

Ver. Staaten von Amerika. . .. 68 200

M r N 53 180 Db E E 42 060

E N 27 750

A O 5 250

Bali «a L S 380

724 650

Cut: e U C 48 190 E A 46 340

Ver. Staaten von Amerika . 28 110

R R E R 15 630

G C A 3 000 E E 2 410 R e S 1 840

145 520

Hafer: aus Ver. Staaten von Amerika. . . 520

G C N 290

Da A 10

50

Mais: aus Ver. Staaten von Amerika . 209 370

R L 119 750

M I TEN 46 100

G R S 3910

c E 10

379 140

Käriofseln: aus QDuulsGlanb TLEN 300 E E L 400 dz

A C. N N

Ausgeführt aus Antwerpen:

Noggen : nach Deutschland E A 33 320 dz

E a S 15 810.2 49 130 dz

Weizen: nd Deutslad N 48 200 dz

S E 20200 78 400 dz

Gerste: nach Deutschland 48 700 dz

in C 11450 , 60 150 dz

eines Stücks italienischer Aae aus der Feder des vor kurzem

| D E I P, N E Z-T F A n L T DT-

P E E E E E Y M S DO E