1898 / 100 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Apr 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Qualität

mittel

Verkaufte

Marktort

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

Menge

niedrigster M

höchster

Á.

niedrigster

M.

niedrigster

höchster

M.

Doppelzentner

I SADSEG S T UETRASA R R T FSERETT K G R A R S R P E D E R A Außerdem wurden Durhschnitts am Markttage nene (Spalte 1) für nah übers{chläglicher 1 Doppel- Schäßung verkauft zentner Doppélzentner A

Am vorigen

Verkaufs- Markttage

werth Durch-

{nitts- preis

d.

(Preis unbekannt)

14,40 16,00 17,00 13,50 15,50

14,75

_——

Schönau a. K. Iberftadt . ilenburg

Marne . . i

Goslar . Ï

‘Duderstadt . .

Lünéburg . - «

Paderborn . . . «

¿__, Saathafer .

Limburg a. L... - «

Dinkelsbühl

Schweinfurt

Biberach

Laupheim

Ueberlingen

Schwerin i. M.

Braunschweig .

Altenburg

Bl a

O e a a6

do en

15,00

14,40 14,00 16,50 14,00

15,50 1570 16/00

De a Ua Tau aa T uu)

go

97. 4. Greifenhagen: Nichts gehandelt, der steigenden Preise halber wird das Getreide nah l l der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet- mitgetheilt. Der L l 1 daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist; ein Punkt (.) in den leßten sechs Spalten,

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und Ein liegender Stri

emze erems

Deutscher Reid;Stag. 76. Sißung vom 27. April 1898, 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Berathung des Nachtrags-Etats zum Neichs8haushalts- Etat

für 1898. Aba. Dr. Lieber (Zentr.) bittet, den Nachtrags. Etat der Budget- edner bemängelt,

kommission zur Vorberathung zu überweisen. daß die Mehrausgaben durch Matrikularbeiträge und durch Kürzung der eigenen Einnahmen des Reichs aufgebracht werden sollten. Be- züglih der Ausgaben für Kiautschou sei die Begründung zu dürftig ausgefallen ; sie werde hoffentlih in ter Kommission ergänzt werden, namentli in Bezug darauf, wie es mit der militärishen Be- sezung von Kiautschou gehalten werden folle und ob auf die Dauer eine Verbindung mit dem Reichs-Marineamt nothwendig sei. Nach der Beseßung von Wei-hai-wei turch England werde zu. erwägen sein, welhe Rückwirkung dies auf die deutshe Besetzung von Kiautschou haben werde. In dem Nachtragéetat vermisse man die Gehalts- erhöhungen für die Post-Unterbeamten, welche die verbündeten Re- gierungen für das nächste Jahr in Ausficht genommen haben sollen. Wäre diese Forderung jeßt in diesem Nachtragsetat gestellt worden, so hätte die Legislaturperiode mit einer harmonischen Verständigung abgeschlossen; es hätten dann au die Gehälter für die Staats- sekretäre der Reichsämter erhöht werden Fönnen.

Staatssekretär des Reihs-Schaÿamts Dr. Freiherr von Thielmann:

FIch kann dem Herrn Vorredner die Versicherung geben, daß seine Vorausfezungen betreffs der Finanzierung des Nachtrags-Etats zutreffen. Diejenigen Uebershüsse, auf welche die 5 Millionen in diesen Nachtrags - Etat verwiesen find, sind die erwarteten eigenen Ueberschüsse des Reichs ; die Ueberschüsse der Ueberweifungs- steuern und der Zölle sind dabei niht in Betracht gezogen. Wenn bei Aufstellung des Etats im vorigen Herbst das Resultat der Ein- nahmen bis zum Monat März bereits vorgelegen hätte, so würden wir die Einnahmen sowohl aus den Zöllen wie aus den meisten Steuern - entsprehend höher haben veranschlagen können, Da wir bei der Aufftellung des Etats aber an die 24 monatliche Periode vom September bis August gebunden waren, hat er aufgestellt werden müssen, wie gesehen ist. Nah den bis Ende März vorliegenden Nachrichten läßt sih aber mit Sicherheit annehmen, daß die eigenen Einnahmen des Reichs im Rechnungejahre 1898 einen folchen Neber- {uß liefern werden, daß die 5 Miklionen für Kiautschou darin Deckung finden.

Abg. Richter (fr. Volksp.): J seitens Englands is eigentlih ein Vortheil, Rußlands dadurh_ etwas ausgeglihen wird, gleidtean als Puffer dazwischen ges{oben hat. Die Kosten für

iautshou sind allerdings etwas hoch gegriffen; aber je höher sie nd, desto mehr sollte man die Kolonialausgaben anderwärts be- chneiden. Die Begründung ist etwas dürftig; man müßte darlegen, wie man im einzelnen zur Berechnung der Summe auf Millionen ekommen ist; man müßte prüfen, ob darin niht Ausgaben enthalten nd, die auf die Dauer berehnet sind, und ob darin erste Raten ent- balten sind, welhe nahher ihre Konsequenzen haben. Verhandlungen wit Privatfirmen wegen der Betbeiligung an den Kosten sollen ein- geleitet sein, Da nur durch Privatunternehmer Kiautshou eine größere Bedeutung erlangen kann, ist es richtig, die Unternehmer zu den állgemeinen Verwaltungskosten und zu den allgemeinen Auf- wendungen heranzuziehen. Das fogenannte Preußenkon}ortium foll ja Konzessionen beantragt haben. Ih muß meine Verwunderung aus\prehen darüber, daß für die Post-Unterbeamten nihts in den Etat aufgenommen is. Das Hinderniß scheint an Preußen zu liegen, welches erst seinerseits für seine Beamten etwas thun will; das kontrastiert etwas mit der aus- géebigen Fürsorge für die Geistlihen in Preußen. Neu ist, daß die atrikularbeiträge nit endgültig festgesezt werden, sondern daß sie nur soweit erhoben werden follen, als die Ausgaben nicht durch die Uebershüsse der eigenen Einnahmen des Reichs gedeck werden. Dadur shwächen wir die Mittel, welche für spätere Etatsjahre zur Verfügung gestellt werden. Diesem Verfahren liegt das Streben zu Grunde, die Matrikularbeiträge und die Ueberwoeisungen in gleicher Höhe zu erhalten, wohin das Streben des A Ll ien von Miquel seit Jahren geht. Diesem Verfahren müfjen wir entgegen- treten, um niht das Einnahmebewilligungsreht des Reichstages zu

\{ädigen.

Abg. Dr. Paasche (nl.): Ein eigentlicher Widerspruch gegen die Forderungen der Regierung is nicht erhoben worden, selb\ von Herrn Richter niht. Daß über die Einrichtungen in Kiautschou ein- gehende Auskunft gegeben wird, halte ih für selbstverständlih. Die übrigen Forderungen des Nachtrags-Etats entsprechen dem Antrage des Reichstages, insbesondere die Forderungen von 60 000 #4 für die Einrichtung einer biologishen Station. Bedauerlih ist aber, daß niht au für die mechanish-technische Anstalt und für die seismische Station Mittel in den Etat eingeftellt sind, daß ferner für die: Post- unterbeamten noch nit die Gehaltserhöhung garen! wird, welche der Reichstag gewünscht hat, und daß für die ¡egsinvaliden nihts Weiteres Zishelten ift. u

Abg. Liebknecht (Soz.) spricht sich in längerer Rede, während

Die . Beseßung von Wei-hai-wei weil das Uebergewicht daß England sich

14,70 16,50 17,00 13,50 16,50

15,00 16,50 17,50 14,50 16,60 17,00

1810

15 60 17,50 18,00 16,00 19,00

14,60 17,00

15,00

16,00 16/50

(—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung,

15,50

19,00 16,20 16,20 17,00 16,80 16,40 17,50 15,00 17,50 17,50 16,70 16,80

Bemerkungen. Stettin gebracht.

16,00

20,00 16,80 16,80 17,00 17,20 17,00 17,50 15,90 17,50 17,50 16,90 17,00

15,00 18,00

15,80

16,20 16,00 1717 14,50 17,00 17,00 16,30 16,40

15,40

14,00 14,50 15,90

16,10 16,20

4 450

wird, sehr abfällig über die Pahtung von Kiautschou und die gesammte von der Regierung verfolgte innere und äußere Politik aus. Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Ich bin zunächst dem Herrn Präsidenten dankbar dafür, daß er die Verlesung dieses Briefes, den hier der Herr Abg. Liebkneht vor- trug, unterbrochen hat. Dieser Brief ift, glaube ih, wörtlich in der- selben Fassung auch bei mir eingegangen. Fch habe dies Schreiben sofort an den Herrn Minister des Innern gegeben, und dort wird die Sache untersuht werden. Liegt in der That ein Versehen vor, fo bin ich fest überzeugt, daß der Herr Minister des Innern Remedur eintreten lafsen wird.

Der Herr Abg. Liebknecht hat demnächst gesprohen von der Gewaltthätigkeit der Regierung in Deutschland; er hat ferner davon gesprochen, daß die Kapitalisten Deutschland gründlich ausgeplündert hätten, in Deutschland wäre aber nichts mehr zu finden, sie müßten deshalb entferntere Zonen aufsuchen. (Heiterkeit.) Ich muß ehrlih gestanden sagen, ih bewundere den Muth des Herrn Abg. Liebknecht gegenüber seinen eigenen Auffassungen von dem, was geschehen soll, wenn die Herren Sozialdemokraten einmal die Macht haben ein Fall, der nicht eintreten wird (sehr wahr! rechts. Abwarten! links), noch von einer gewaltthätigen Regierung zu sprehen. (Zuruf links.) Ich bitte sehr, Herr Lieb- kneht, jeßt habe ih das Wort. Ih babe hier einen Auffaÿ in der „Cosmopolis*, der unterschrieben ist: W. Liebkneht. Ich glaube, ih irre nit, wenn der Schriftsteller mit dem verehrten Herrn Ab- geordneten identish is. (Zuruf.) Er weist nach, wie die Sozial- demokratie si \{chließlich in den Besiß des Eigenthums segen müßte, wenn sie ihre kollektivistishen Pläne ausführen will, und dabei heißt es dann wörtlich:

Zur Veranschaulihung ein Beispiel aus der Heimath. Herr

Krupp in Essen verkörpert wie berechnet worden if in seiner

großindustriellen Person die industrielle Produktivkraft von 100 000

(hunderttausend) Schmiedemeistern mit Handwerksbetrieb. Hundert-

tausend Schmiedemeister zur sozialistischen Organisation zu bringen,

wäre ein hart Stück Arbeit. Mit dem einen Herrn Krupp er-

ledigt sich zur gegebenen Zeit die Sache in zwei Mi-

nuten freundschaftliher Unterhaltungunter vier Augen. (Hört, hört!)

Dann kann der Betrieb ohne Unterbrehung sofort weiter gehen. (Zurufe links.) Der Herr Abg. Liebknecht hat also den Muth, von einer gewaltthätigen Regierung zu sprechen, während er selbs solche

läne entwidelt. Ih bedaure, daß Herr Krupp nicht da ist, um ih äußern zu können, wie er sih dieser Unterhaltung gegenüber stellen würde in zwei Minuten unter vier Augen, einer Unter- haltung, die den Mann aus seinem Besiß, den ihm sein Vater dur Intelligenz und rastlose Arbeit erworben, aus einem Betriebe, den er in großmüthiger und edler Weise fortführt, binnen zwei Minuten expropriieren soll. Ja, das is Ihre Gerechtigkeit! (Sehr wahr! rechts. Heiterkeit links.) Ich muß wirklich sagen, das ist ein hohes Maß von Naivität. Kurz davor, ehe diese Auseinanderse zungen ge- macht find, steht aber in demselben Aufsaß:

„Wir Sozialisten sind ja tolerant; wir wollen kleinen Menschen

vergewaltigen“ !

(Heiterkeit rechts.) Der Abg. Liebknecht hat dann Ausdrücke ange- wendet, die ih verzihte, hier zu wiederholen. Fch hobe vor kurzem in einer christlih. sozialen oder national-sozialen Zeitschrift einen Auf- satz gelesen, der sich in mehreren Spalten mit der Frage abquält : ift die Sozialdemokratie national und patriotish? Nun, ih glaube, meine Herren, man hätte diese Frage einfacher beantworten können, und ih glaube, der Verfasser würde sie einfacher beantwortet haben, wenn er die Rede angehört hätte, die beute der Abg. Liebknecht gehalten hat. (Sehr rihtig! rechts.) Dana kann man über die Gesinnung der Sozialdemokratie garnicht mehr zweifelhaft sein.

Der Abg. Liebknecht hat gesagt, die Auswanderung aus Deutsch- land wäre die Folge der erbärmlichen Zustände, die hier herrschten. (Sehr richtig! links.) Eine wesentlihe Ursahe der Auswanderung hat darin gelegen, daß die Leute glaubten, ih im Auslande besseres Brot verdienen zu können, und .auch unter Umständen ih verdient haben. Aber, meine Herren, die militärischen Listen weisen nah, daß auch ein großer Prozentsay Leute ausgewandert sind, einfach um ch der Militärpfliht zu entziehen (sehr wahr! rets). Daß diese Leute nachher ein Feigenblatt für ihren Entshluß suchen, infolgedessen sie sich der Pflicht gegenüber dem Vaterlande entzogen haben, das ist ein ganz natürlißer Vorgang. (Zuruf links.)

15,50 18,00 19,40 16,55 16,00

16,45 16,64

16,50

73 4% 16,55

Der Dur(hschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

daß entsprechender Bericht fehlt.

Rede gehalten hat, denn es giebt leider eine Richtung in Deutschland, die sich noch immer damit beschäftigt, ob ih die Sozialdemokcatie nicht gemausert ätte und einfach eine Reformpartei geworden wäre. (Zuruf links.) Nein, meine Herren, keine Wahlrede, sondern ih will und muß antworten auf das, was der Herr Abgeordnete gesagt hat. So finde ih z. B. hier in einem Aufsaß folgenden Pafsus ih weiß nicht, von wem der Aufsaß herrührt —:

. «Was die vollständige Umwandlung der Sozialdemokratie in cine Reformpartei aufhält, ist ihr tiefes Mißtrauen gegen die Regierung und die in ihr augenblicklich herrshenden fozialpolitishen reaktionären Tendenzen.“

Was zunächst die Behauptung betrifft, daß in der Regierung fozial- politishe reaktionäre Tendenzen gegen früher herrschen, so kann ih nur sagen: es trägt diese Behauptung den Charakter einer falschen Anschuldigung. (Heiterkeit links.) Wenn aber gesagt ift, daß es nur das Mißtrauen gegen die Regierung ist, was die vollständige Um- wandlung der Sozialdemokratie in eine Reformpartei verhindert hat, fo muß der Verfasser dieses Aufsaßes davon ausgehen, daß, wenn er z. B. die Politik leiten könnte, wahrscheinli das Mißtrauen der Sozialdemokratie gegen die Regierung s{hwinden würde. Ich glaube das nicht; aber wenn es wirkli so wäre, dann würde eben die Regierung, wenn auch unter monarchisher Form, eine innerli@ sozialdemokratische Regierung werden müssen, denn nach den Aeußerungen, die wir heute wieder von dem Herrn Liebknecht gehört haben, die jedes patriotische Gefühl mit Füßen treten, würde das Mißtrauen der Sozialdemokratie gegen die Regierung do nur weihen können, wenn sie selb ähnlichen sozialdemokratischen Tendenzen huldigte. Meine Herren, ih wiederhole, es if gut, daß in diesem Augenvlick noch eine solche Rede gehalten ist. (Sehr rictig! rechts.) Es bestätigt das nur wieder, was der Herr Abg. Liebknecht in einer öffentlihen Versammlung gesagt hat und was ebenso in einem Artikel des Vorwärts" gesagt ift: wir ändern unsere Taktik, wir ändern ‘unsere Mittel, wir lernen fortgeseßt zu (schr richtig! links), aber wir bleiben, was wir sind (sehr richtig! links), wir sind eine revolutionäre Partei. (Sehr wahr! links.) Unser Endziel bleibt dasselbe. (Sehr richtig! links.) Ih hoffe dringend, daß sich das die bürgerlichen Parteien gesagt sein lassen, daß fie endli zueinander halten, daß sie nicht in einem gemeinschaftlihen Kampfe gegen die Sozialdemokratie zu sehr auf die gegenseitige Farbe achten, und daß sie ih endlih bewußt find, daß das Ziel der Sozialdemokratie iff und bleibt, an Stelle der. bestehenden bürgerlihen Gesellschaf ts- ordnung, an Stelle des historischen monarchischen Staats eine unerträglihe Arbeiterdespotie zu stellen, und das wollen wir nicht! (Zuruf links. Bravo!)

Staatssekretär des . Auswärtigen Amts, Staats-Minister von Bülow:

Es ist nit meine Absicht, meine Herren, auf alle Punkie ein- zugehen, welche im Laufe der heutigen Diékussion berührt worden find, {hon weil ih nicht weiß, ob es den Intentionen dieses hohen Hauses entsprechen würde, wenn ih die ganze Kiautshoudebatte, die ganz Flottendebatte und auch noch eine Reihe anderer s{hwerwiegender Fragen wieder aufrollen wollte. JIch möchte aber auf cinige Be- merkungen in Kürze erwidern, die mich besonders frappiert haben.

Auf die Ausführungen des Herrn Abg. Dr. Lieber beehre ih mi zu erwidern, daß ih gern bereit bin, das Abkommen mit China, so bald dasselbe im Wortlaut vorliegen wird, der Budgetkommission mitzutheilen und im Anschlusse hieran alle wünschenswerthen Grläute- rungen zu geben.

Ueber Wei-Hai-Wei möchte ih Folgendes sagen: Wir haben keinerlei Abmachungen mit England, ih freue mih aber, als Beweis für die guten Gesinnungen der englischen Regierung konstatieren z1 können, daß dieselbe aus eigenem Antriebe die im „Reichs-Anzeiger“ publizierte Erklärung abgegeben hat, welhe uns die Sicherheit ge- währt, daß England von Wei-Hai-Wei aus nicht in unsere politische und wirthshaftlihe Interessensphäre eingreifen wird. /

Es ift von der Austheilung von China gesprochen worden. Eine solhe Auftheilung würde jedenfalls nicht von uns ausgegangen sein; wir haben nur bei Zeiten dafür gesorgt, daß wir, was auch kommen möge, niht ganz leer ausgehen. Wann sich ein Eisenbahnzug in Be wegung seßt, hängt niht immer von dem Belieben des Reisenden ab, wohl aber, daß er niht den Anschluß versäumt. Den Leyten beißen die Hunde. (Heiterkeit.) Wir wünschen aber niht und das möchte ih mit besonderem Nachdruck betonen —, daß es zu einer Auftheilung des chinesishen Reichs komme. Ih glaube au heute noch, daß es

welcher erx vom Präsidenten unterbrochen und zur Ordnung gerufen

Ich freue mich wirklich, daß uns heute der Abg. Liebknecht hier diese

zu einer solhen Auftheilung in absehbarer Zeit nicht kommen wird,

_ Zedenfalls haben wir und damit meine ih am besten sowohl die Gründe, welche uns nah Kiautschou geführt haben, als die Be- deutung von Kiautshou für uns zusammenzufassen in Kiautschou cine ftrategihe und politische Position gewonnen, die uns einen be- stimmenden Einfluß auf die künftigen Geschike Ost-Asiens sihert. Von diesem festen Punkte aus können wir die weitere Entwickelung der Dinge mit Ruhe und mit Gelafsenheit abwarten. Wir haben eine so große Aktionssphäre vor uns und so bedeutsame Aufgaben, daß wir andere Mächte um die ihnen gemachten Zugeftändnisse nit zu be- neiden brauen. (Sehr gut!) Die deutsche auêwärtige Politik wird, wie überall, so auch in Ost-Asien ihren Weg ruhig, fest und friedlih ju verfolgen wissen. Den Störenfried werden wir nirgends spielen, das Aschenbrödel aber au nicht! (Lebhaftes Bravo.)

Abg. Bebel (Soz.) verbreitet sh den Ausführungen des Staats- sekretärs des Innern gegenüber über die Beitrabungen und Zee ter

} Sozialdemokratie, welche dieselben geblieben seien wie früher.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Mini L Rol etome n M a ats - Minister Dr. Graf

Meine Herren! Jch habe nie daran gezweifelt, daß die Sozial- demokratie thre alten revelutionären Endziele weiter verfolgt, wie bis- her, und ih kann ferner dem Herrn Abg. Bebel versihern, daß ih mich seit Jahrzehnten mit der sozialen Frage sehr eingehend beshäf- tigt habe, vielleicht eingehender, wie ihm angenehm ift. Der Abg. Bebel hat sich auf das Wahlprogramm der sozialdemokratischen Partei berufen. Zunächst, meine Herren, Wahlprogramme sehen manchmal ganz anders aus, wie ihre thatsählihe Ausführung und wie. die Ge- danken, die man innerlich hegt. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Also, um mich mit einem Wahlprogramm zu beruhigen, dazu bin ich nicht harmlos genug. Der Herr Abg. Bebel hat behauptet: „Wir erstreben die Macht auf legalem Wege“. Nun, die von seinem Kollegen Liebknecht in Ausficht gestellte Unterredung mit Herrn Krupp unter vier Augen, um ihn binnen zwei Minuten aus seinem Besi zu expropriieren, is ein drastisher Belag dafür, wie die Sozialdemokratie gedenkt, auf legalem Wege die besitßzenden Klassen, sobald fie nur die Macht hat, zu beseitigen. (Unruhe bei den- Sozialdemokraten.) Das mögen sich alle Unternehmer und Besißenden im Deutschen Neich gesagt sein lassen, ih empfehle ihnen diesen Aufsaß von Herrn W. Liebknecht in der „Cosmopolis“ ganz besonders zur Lektüre.

Und nun, meine Herren, noch einen zweiten Beweis dafür! Es hat ein früherer Züricher Privatdozent, Herr Conrad Schmidt, in der wissenschafilih-n Beilage des „Vorwärts“ einen Aufsaß ver- öfentliht: „Endziel und Bewegung“, d. h. der sozialdemokratishen Bewegung. Der Inhalt ich gebe ihn hier nach einem Preß- erzeugniß wieder, die Darstellung is aber zutreffend lautet: „,Die Aufgabe der politishen Geseßgebung sei es, Hand in Hand mit den gewertschaftlihen Arbeiterkoalitionen den Kapitaleigenthümer dur Beschränkung feiner Rechte mehr unö mehr in die Rolle des Ver- walters herabzudrüdcken und so die Funktionen des Kapitals mehr und mehr in den Dienst der Gesellschaft Hhineinzuziehen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die Absicht könne dabei nihts Anderes fein, als ohne Stôrung des gesellshaftlißen Produktions- prozesses, die bei unvermittelt dekretierter Expropriation unvermeidlich wäre und am s{wersten die Arbeiterklasse selbst treffen würde, das Obereigenthum, welches die Gesellshaft durch fortgeseßte Aus- dehnung ihrer Kontrole über die Produktion bereits gewonnen hat, in wirklihes Eigenthum zu verwandeln (sehr rihtig! bei den Sozialdemokraten), dem mürbe gemachten Kapitalisten der seinen Besiß immer werthloser für ihn selbst werden sieht, die Leitung und Verwaltung des Betriebs abzunehmen, d. h, von der gesellshaftlihen Kontrole der Produktion zur eigentlihen Ver- gesellshaf:lihung der Produktionsmittel überzugeßen.“* (Sehr richtig! bet den Sozialdemokraten.)

Meine Herren, es läßt das in die Taktik der Sozialdemokratie tief bliden. Man mat erst die besizenden Klassen mürbe, und wenn sie mürbe genng sind, dann hält man die Rück* prahe unter vier Augen, um sie binnen zwei Minuten aus ihrem Besiß gewaltsam zu verjagen. Jch habe auch nie bestritten, daß die Sozialdemokratie ihre revolutionären Ziele auf- recht erhält, ih habe mich nur gegen die Opportunisten gewandt, die uns immer noch das Märchen von der Mauserung der Sozial- demokratie vorerzählen, gegen welhes die Sczialdemokratie selb\t auf das Allershärfsle protestiert. Das sind eben Opportunisten, deren Beifallsbedürfniß bei der Masse größer ist, als ihre politishe Einsicht. (Sehr richtig! reis.)

Shließlih will ich aber mit Herrn Bebel noch ein ernsteres Wort \prehen. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Der “Herr Abg. Bebel hat wiederholt darauf hingedeutet, {on in früheren Reden, nun käme ganz sicher wieder ein Sozialistengeseh. Das mag ja für die Wahlkampagne der Herren Sozialdemokraten ein ganz geeignetes SZugmittel sein. (Hört, hört! bei den Sozial, demokraten.) Ich kann dem Herrn Abg. Bebel aber sagen, daß ein solhes Gesez zur Zeit niht in Ausficht steht, und ih will ibm auch sagen, warum niht. Ih würde es im gegen- wärtigen Augenblick sür einen politisch bedenkliten Schritt halten, den bürgerlichen Klassen das polizeilihe Schvbschild eines energischen sozialistishen Repressionsgeseßes zu geben. Die bürgerliche Klasse könnte fi bei einem solhen Geseß beruhigen, und wenn damit die Sozialdemokratie niht von der Erdoberflähe vertilgt würde, könnte man sagen: ja, die Regierung führt das Gefe eben nur {laff aus. Nein, meine Herren, ih bin der Ansicht, die bürgerlichen Klassen in Deutschland müssen selbst immer mehr zu der Ueberzeugung kommen, daß der Kampf, den die Regierung gegen die Sozialdemokratie pflihtgemäß führen muß denn die Sozial- demokratie stellt den Privatbesiß und unsere ‘bestehende Staats- verfassung in Frage (schr richtig! rechts), daß dieser Kampf nicht ein Duell zwishen der Regierung und der sozialdemokratishen Partei ist, sondern ein Kampf, den die besißenden Klassen mit der Regierung und an der Seite der Regierung führen müssen! (Sebr gut! rets; Lachen bei den Sozialdemokraten.) Da es sih bei dem Kampf gegen die Sozialdemokraten recht eigentlich um eine Frage der be- sißenden Klassen, um eine Frage des bestehenden Staatswesens handelt, deshalb, meine Herren, muß in die bürgerlichen Klassen das Gefühl davon dringen, wie gefährlich die sozialdemokratishe Bewegung ift, und daß es eine Pflicht der Nothwehr, der Selbftyertheidigung ift, db es populär ift oder nicht —- die Regierung in diesem

ampf zu unterstüßen. (Bravo ! rets.)

. Meine Herren, will noch weiter gehen. Es war klar, daß, wenn man ein Wahlgeseß erließ, welches auf dem allgemeinen gleichen Wahlrecht beruht, wo die Massen den Auss{lag geben, diese Massen suchen würden, vorzugsweise Männer zu wählen, die ihnen näher stehen als die oberen Klassen, und daß sch in einer so ge- bildeten politishen Körpershaft auch eine Partei bilden würde, die zar’ 2Eoyÿj» die Interessen der arbeitenden Klassen im engeren Sinn vertritt. Jch glaube, die. besißenden Klassen müsszn sich selbst sagen, ‘daß das ein natürliher Vorgang war, und ih gestehe ofen zu: wenn infolge des allgemeinen Wahlrechts und der Verhandlungen, die \sich in dieser Körperschaft daran an- knüpften, ein größeres Verständniß sich für die Lage der Arbeiter verbreitet hat, wenn in der That in dem leßten Jahrzehnt au mehr für die Arbeiter geschehen ift, so, möchte ih sagen, ist das eine ver- \söhnende Wirkung! des allgemeinen Wahlrechts gegenüber den bedenk- lichen moralischen Folgen, die sonst dieses Wahlrecht in vieler Beziehung nah \ich gezogen hat. Ich stehe auch auf dem Stand- punkt: wenn die besißenden Klassen mit Erfolg den Kampf gegen die Sozialdemokraten führen wollen und das ift ein Kampf, der nicht allein von der Regierung gekämpft werden kann, f\ondern der im deutschen Volk selbst ausgekämpft werden muß —, dann werden fie allerdings auch zu manchen Opfern bereit sein müssen. Die be- fißenden Klafsen sollten deshalb auch jeßt mehr denn je darauf achten, die arbeitenden Klassen billig und gerecht zu behandeln. (Sehr richtig! rechts und bei den Sozialdemokraten.) Das böchste Gut eines Volkes ist niht die Dividende und is niht der Reinertrag (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) und man möchte in dieser Beziehung, weine ih, wünschen, daß das deutsche Volk etwas mehr wieder au das Volk der Denker und Träumer erinnerte und für-\solhe ethishen Gesihts- punkte vielleiht wieder etwas mehr Verständniß gewinnen möchte. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.)

Aber alle revolutionären Tendenzen, die die sozialistische Partei verfolgt, müssen wir mit der größten Energie bekämpfen. Jch bin dafür und werde Ihnen stets den Beweis dafür liefern, daß, wenn wirklih Mißstände auf einem Gebiete bestehen, die fich in unserer unvoll- kommenen Welt überhaupt beseitigen lassen, ih alles dazu thun werde, um Abhilfe zu schaffen. (Zwischenruf bei den Sozialdemokraten ; Heiterkeit.) Gewiß, meine Herren, soweit meine Kraft reiht. Der Herr Abg. Legien beispielsweise hat bei der Lesung des Etats verschiedene Mißstände im Baugewerbe berührt und eine Anzahl Vorkommnisse, die sich dort zugetragen haben. In einigem Nebensählichen waren seine Mittheilungen irrig; in der Hauptsache habe ih gefunden, daß seine Mittheilungen zutreffend waren. Und ih kann Ihnen ver- sichern, daß ih jeßt {on Shritte gethan habe, um die Mißstände, die im Baugewerbe unzweifelhaft herrschen, im Interesse der Arbeiter zu beseitigen. Aber ebenso können Sie sich darauf verlassen, daß, soweit Ihre Bestrebungen revolutionär sind, soweit sie sih gegen die bestehende Staatsverfafsung, gegen die bestehende Gesellschaftsordnung richten, die verbündeten Regierungen ents{chlossen sind, mit voller Energie, mit der Macht, die sie besien, gegen Sie einzuschreiten. (Bravo! rechts.)

Abg. v. Kard or Np.): kann ni i gierung bie Thatkraft E "Lie F unter L Larsten B E A finden war. Es giebt in der ganzen Welt kein Land, in welhem dem Arbeiter fo viel Gut2:s geboten wird, wie in Deutshland. Eine folche Steigerung der Löhne wie in Deutschland in den leßten Jahren eine sclche Gerechtigkeit in der Verwaltung findet sich in feinem anderen Lande. Eine Klasse von Arbeitern ift allerdings elend: das find diejenigen, welche von der Sozialdemokratie abbängig sind. Sie können nit arbeiten, wo und für wen fie wollen; sie tehen unter dem Parteizwange und müssen ihren Führern leihtgläubig folgen. Gegen die Trübsal, die an keinem Menschen vorübergeht, half bisher immer das Evangelium; aber kein Sozialdemokrat wird sich der Tröôstung des Evangeliums bedienen. Darin liegt der Keim zum Untergang der Sozialdemokratie: denn das Evangelium ist stärker als sie. Bezüglich der neuen biologishen Station hat mein Fraktionsgenosse Sqhulh - Lupiß Bedenken dagegen erhoben, daß diese Station etwa in Berlin errihtet werden solle, weil die hier herrshende {lechte Luft eine Fehlerquelle für die Forscher sein würde. Redner empfiehlt ferner die Grrichtung der seismishen Station in Straßburg, welches den zu L bezüglih der geogravhischen Lage in erster

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister ,

Le A S ts-Minister Dr. Graf

Meine Herren! Wir haben sofort, nahdem der Herr Abg. von Kardorff} in der zweiten oder dritten Lesung des Ftats den Wunsch vorgetragen hat, eine seismische Station in Straßburg errihtet zu sehen, uns mit der Landesverwaltung von Elsaß- Lothringen in Verbindung geseßt. Es stellte sich aber heraus, daß die Frage, wie diese Station zur Landesverwaltung und zur Universität stehen soll, und wie sie stehen soll ¡zum Herrn NReichs- kanzler, nicht fo leiht zu lôsen war, und vor allen Dingen machten sich auch Wünsche, namentlich auch aus Preußen heraus, dahin geltend, auch an anderen Orten in Korrespondenz mit dieser seismishen Station in Straßburg derartige Stationen zu errihten. Es war deshalb nicht mögli, Ihnen jeßt hon für den Nachtrags-Etat eine Vorlage zu bringen. Jch bin aber fest überzeugt, daß der näthfte Etatsentrourf eine solhe Vorlage enthalten wird.

Was fernec die von dem Herrn Abg. Dr. Paasche angeregte Er- rihtung eines mechanish-tehnischen Neichsinstituts betrifft, so kann ih ihm nur bemerken, daß daran gar kein Gedanke war zu der Zeit, wo während der Etatslesung die Frage hier erörtert wurde, sie {on in einem Nachtrags-Etat zu lösen. Die Errichiung einer mehanish- technischen Anstalt hat ja auch im preußischen Abgeordnetenhause einen Gegenstand der Erörterung gebildet. Es wird sch zunächst darum handeln, zu entscheiden: ist eine eigene Reichsanstalt zu errichten, oder sind die Zwecke zu erreihen innerhalb der preußischen technish- mechanischen Anstalt, die sich wieder in einer gewissen Beziehung zu der Technischen Hochschule in Charlottenburg befindet, oder hat das Reich nur die Anstalten, die si bereits in Deutschland befinden, mit bestimmten Aufgaben auf dem Gebiete der mechanischen Technik zu betrauen und ihnen hierfür entsprechende Entschädigungen aus Reichs- mitteln zu zahlen? Jh habe ausdrücklich anerkannt, daß das Ziel ein erstrebenswerthes ift, daß seine Erreihung im höchsten Interesse der Industrie und au unserer Marine liegt; es ist aber eine sehr \chwierige Frage und shon deshalb war es von Anfang an nicht vor- auszusezen, daß sie gelöst werden würde vor der nähsten Etat3- periode.

Abg. Dr. Förster - Neustettin (Reformp.) wendet ch gegen die Ausführungen des Abg. Liebknecht, in denen er eine Beshimpfung ber Regierung und des Reichstags erblicke. (Vize- räsident Schmidt

deutschen Schiffe {lecht seien, so sei das die

die # ottenvorlage. Wenn Detland eine ach @

müsse es zu den Welthändeln Stellung nehmen. Man dürfe desh

nit die Hände in den Schoß legen, as müsse das Versäumte

E ju ua n Dis gui aen E Dele pu en seien nit j reformierend ;

\{ließlich auch von der S ialbemoketie btipft vereid Ae

Nach einer weiteren Bemerkung des N die Debatte geschlossen. G M E __ Der Nachtrags - Etat wird darauf der Budgetkommission e ; s folgt die zweite Berathung des Gesetzent s, b

treffend Aenderungen der N r g

Die Kommission, deren Berichterstatter Abg. Basser- man R ist, vat E MSTtiGAn Berit erstattet,

. Dr. ntelen (Zentr. f I

zunehmen, da die Kommission sehr sorgfältig gearbeitet Q Pa IAR

Auf eine Fr ibeA f Frage des Abg. Dr. Spahn (Zentr.) er-

Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Nieberding :

Meine Herren! Ich trage gar kein Bedenken, im Namen der verbündeten Regierungen die Erklärung abzugeben, daß fie ihrerseits, was die Auslegung des beregten Paragraphen betrifft, auf dem Stand- punkt des Herrn Vorredners stehen und auch die Motive theilen, von denen der Herr Vorredner bei der Auslegung dieses Paragraphen aus- gegangen ift. Ich glaube, nah dieser Erklärung kann zwischen dem, was der Herr Vorrebner unter Billigung des Hauses, wie ih an- nehme, vorgetragen hat, und demjenigen, was die verbündeten Regie- rungen bezüglich der Tragweite dieses Paragraphen denken, eine Meinungsverschiedenheit niht angenommen werden und demgemäß ein Mißverständniß über die Bedeutung dieser Vorschrift nit bestehen.

_ Der Geseßentwurf wird darauf in der - mission mit großer Mehrheit en e add inen reue

Nächster Gegenstand der Tagesordnung ist die zweite Be- rathung des von dem Abg. von Saliscch (d. kons.) be- antragten Gesegentwurfs, betreffend einige Ab- änderungen und Ergänzungen der Strafprozeß- ordnung (bezüglih der Vereidigung und der Bestrafung wissentlich falscher, unbeeideter Aussagen).

Die Kommissionsbeshlüsse, betreffend die Einführung des N und die Eidesformel, werden ohne Debatte ge-

Abg. Dr. Rintelen beantragt, die Hinzufü i e fessionelen Schlußformel zum Sive 1a L O E Militär-Strafprozeßordnung bereits beschlofsen sei.

Abg. von Sali s stimmt diesem Antrage zu, weil eine Ver- schiedenheit zwischen der Zivil- und Militärgerichtsbarkeit nit be- rechtigt sei.

Staatssekretär des Reichs - Justizamts Dr. Nieberding:

Herr Präsident, ich nehme an, daß zur Diskussion fteht der Antrag des Herrn Abg. Dr. Rintelen zu § 443. (Präsident Freiherr von Buol: Ganz richtig.)

Dann möchte ih das Haus bitten, mir einige Worte zu diesem Antrag zu gestatten. Der Herr Abg. Dr. Rintelen hat den Vorschlag gemacht, gegenüber der Eidesformel, die nah dem geltenden Geseg mit den Worten \{hließt: „So wahr mir Gott helfe!“ ausdrücklich die Zulässigkeit auszusprehen, daß der Schwurpflihtige einen seinem Glaubensbekenntniß entsprehenden Zusay hinzufküge. Er hat diesen Antrag damit gerechtfertigt, daß erx auf die Militär-Strafprozeßordnung hinwies, in der allerdings, wie richtig von ihm hervorgehoben wurde, eine entsprehende ausdrüdlihe Ermächtigung aufgenommen is gegen den Vorschlag der verbün- deten Regierungen, nah Beschluß der Kommission des Hauses. Meine Herren, als der Antrag des Herrn Abg. von Salisch und Genossen in der Kcmmissfion VI, der er überwiesen war, in diesem Punkte zur Berathung kam, da lag gleihfals der Vorschlag vor einen Zusaß dahin zu machen, durch welchen dem Shwurpflichtigen die Ermächtigung ertheilt wird, der Formel, die jeder Shwurpflichtige sprehen muß „So wahr mir Gott helfe!“, einen Zusaß zu machen der scincem Glaubensbekenntnisse entspriht. Wir haben in der Kom- mission gegen diesen Vorshlag Bedenken erhoben und gebeten, es bei der Fassung des Geseyes zu belassen, und die Kommission hat sih den von uns ausgesprochenen Bedenken angeschlossen und hat den von dem Herrn Abg. Dr. Rintelen gegenwärtig wieder aufgenommenen Antrag verworfen. Ih möchte nun das hohe Haus bitten, es bei dem Beschluß der Kommission zu belassen und dem Antrage Rintelen die Zustimmung nicht zu ertheilen. Jh gebe zu, daß dadur eine gewisse Disparität entsteht zwishen den Prozeßgeseßen des bürgerlißen Nets und dem Entwurf der Militär-Strafprozeßordnung. Aber, meine Herren ih bin der Meinung, daß die Militär-Strafprozeßordnung ein eigen- artiges Gese ist, in dem ein solher Zusay wohl geduldet werden kann, auch wenn man ihn in die Zivilgeseße niht aufnimmt, daß aber, wenn die Bedenken wegen der Disparität Geltung erlangen sollten, die rihtige Lösung die sein würde, in der Militär-Strafprozeß- ordnung diesen Zusaß wieder zu beseitigen (sehr richtig ! links), die Vorlage also in diefem Punkt wieder so zu gestalten, wie sie von seiten der ver- bündeten Regierungen dem Hause vorgelegt war. Aber das wird ja Gegenstand der Beschlußfassung bei der Militär-Strafprozeßordnung sein. Jch glaube, gegenwärtig ist für uns die Frage die, ob es an und für sih richtiger ift, in den Zivilgeseßen den Zusaß, den der Herr Abg. Dr. Rintelen gemacht hat, aufzunehmen oder nicht.

Nun, meine Herren, muß ih zunächst konstatieren, daß, seitdem unsere neuen deutschen Prozeßgeseße bestehen, die gegenwärtige Fassung der Gesege nirgendwo irgend welche Schwierigkeiten hervorgerufen hat. Die Thatsache, daß die geseglihe Formel des Eides damit {ließt daß der Shwörende erklärt: „so wahr mir Gott helfe !*“, hat weder Bedenken bei den Gerichten erregt, noch Anstände in der Bevölkerung

insbesondere bei denen gefunden, die zu dem Schwure herangezogen wurden. Es sind insbesondere auch keine irgend welche religiösen Bedrückungen deshalb empfunden worden, namentlich nicht, seit z¡weifelsfrei die gerihtlihe Praxis \fih dahin entwickelt hat, daß den einzelnen Personen, welche, durch ihr Gewissen gedrängt, den Wunsch haben, einen Zusaß zu der-geseßlihen Formel zu machen, von dem Gericht anftandslos die Hinzufügung eines entsprehenden Zusatzes gewährt wird. Aber au darüber hinaus muß ih darauf hinweisen, daß in einem großen Theile Deutschlands {hon vor dem Erlaß der Reichsprozeß-

gesepze nah Maßgabe der Landesprozeßgeseße ein solcher Zusaß Rechtens niht mehr war. Das bayerische, das württembergische, das

badische, das hessishe Recht haben bereits vor dem Jahre 1879 den

Zusaß, den der Herr Abg. Dr. Rintelen mahen will, nicht gekannt,

erklärt, darüber zu urtheilen, sei Sache des Präsidiums, nicht Sache des einzelnen Abgeordneten.) Wenn die nah st - Asien gesandten

und wenn jeßt eine Ergänzung der Reichsgeseze nah dieser Richtung vorgenommen werden soll, so heißt das, nicht nur die Reichsgeseßz-