1920 / 146 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Jul 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Reichsminister des Auswärtigen Dr. Simons: Meine Damen und Herren! Jch möchte zunächst um Entschuldiaung bitten,

daß 1ch vorhin nicht zur Stelle war. Der erste Besuch des königlich britannischen Botschafters hat mich etwas länger in Anspruch ge- nommen ß

Bei Beantwortung der mir gestellten Anfragen möchte ich zu- nächst auf die Frage der Verhaftung des Dr. van Holtum antworten.

Die widerrechtliche Verhaftung des Herrn van Holtum wurde am

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17, Juni dem Auswroâärtigen Amte bekcmnt. Am gleichen Tage vor- mittags wurde der deutshe Gesandte in Warschcu ebenso wie der deutsche Fürsorgekommissar in Posen angewiesen, sih fofort für die Freilassung Dr. van Holtums einzusehen. Gleichzeitig wurde der deutshe Bevollmächtigte in Marienwerder, für dessen Abstimmungs- acbiet Dr. van Holtum tätig war, von den Vorgängen verständigt. Der leßtere legte bei der Interalliierten Kommission unverzüglich scharfen Protest ein und veranlaßte den Vorsißenden dieser Kom- mission zu sofortigen Schritten bei der polnishen Negterung. Auch der Vorsitzende der Dentschen Delegation in Paris wurde angewiesen, beim Obersten Nat gegen die widerrechtliche Verhaftung Einspruch zu erheben.

Am 21. Juni teikte die Interalliterte Kommission Marienwerder dem deutschen Bevollmächtigten mit, die polnische Regiernng habe dem italienischen Gesandten in Warschau gegenüber erklärt, die so- fertige Freilassung Dr. van Holtums fei befohlen. Das gleiche Drahiete am 22, Juni der deulshe Gesandte aus Warschau. So lange ist vas also {Gon her, meine Damen und Herren, daß wir der gerechten Erwartung waren, demnähft Herrn van Holtum wieder wohlbehalten an feinem bisherigen Wohnsiß eintreffen zu sehen, denn hernah mußte angenommen werden, daß Dr. van Holtum auch wirklich zurückehre würde. Das war aber niht ver Fall. Es wurde daher am 25. Juni die Deutsche Delegation in Paris erneut zur Borstellung beim Obersten Nat angewiesen. Gleiche Skéhcitte rourden bei der Interalliterten Kommission und in Warschau unternommen.

Meine Damen und Herren! Ich muß hier hervorheben, daß auch der Vorsißende der Interalliierten Kommission in Marien- wexder, Exzellenz Pavia, in dankenswertester Weife wiederholt für Die Freilceissung des zu Unreht Verhafteten bei der polnischen Ne- gierung eingetreten ift, allerdings bisher ohne jeden Erfolg. (Hört! hóri) Am 2%. Juni wurden die Vorstellungen von der deutschen Seite nochmals erneuert. Dr. van Holtum wurde aber gleihwohl nicht freigelassen. Dagegen traf am 29. die Nachricht ein, er sei nun- mehr nah Warschau transportiert worden. (Zurufe: Unerhört!) Daraufhin wurde der deutsche Geschäftsträger angewiesen, von dem polnischen Minister des Aeußern dem gegebenen Versprechen gemäß sofortige Rebergabe des Dr. van Holtum in deutschen Schuß zu ver- langen.

Gleichzeitg ist der Gesandte angewiesen worden, der polnischen Regierung keinen Zweifel derüber zu lassen, daß wir nicht in die gerade jeßt von der potnischen Regierung angeregten wirtschaftlichen Verhandlungen eintreten Ffönnten, ehe sie nicht ihr Versprechen, Dr. van Hoktum freizulassen, uns gegenüber eingelöst hat. (Beifall)

Da bis zum 1. diefes Monats noch keine Nachricht über einen Grfolg unserer Bemühungen vorlag, habe ih Gelegenheit genommen, den hiesigen polnischen Gesähäftsträger in etner persönlichen Unter- redung, zu der ich ihn hier in den Reichstag gebeten habe, auf die Vorgänge anfmerksam zu machen, und ihn erneut ersucht, sich auch seinerseits nunmehr für die Erfüllung des gegebenen Verfprechens ein- zufeßen. Nach dieser Unterredung lief ein am 30. Juni abends auf- gegebenes Telegramm der. deutschen Gesandtschaft ein, daß na Mit- teiling des Außenministers Herr van Holtnm sich in Freiheit be- fände und nah Erkedigung von Paßs{wierigkeiten die deutsche Grenze pafsfieren werde.

Unser Vertreter meldet vagu, er habe seinerseits um telegraphifche Beseitigung dieser Paßschwierigkeiten ersucht Ferner haben wir jeßt eine Nachricht vom Grafen Baudissin aus Marienwerder, baß von Herrn van Hollum roch mckchts bekannt sei. Exzellenz Pavia, ter Prä- sident der italienischen Kommission, würde cinen Offizier nad War- schau senden, um bn zu suchen und holen zu lassen. Auch toird mir soeben ein Telegramm ans Paris vorgelegt, wona der Direktor Peretti, bei dem der Fall von Dr. van Holium bon neuem zur Sprache , gebracht worden i}, dem Herrn Geheimrat Göppert gegen- über mitgeteilt hat, daß die Bolschafterkonferenz selbft bei der polni- schen Negterung die Freilassung von Herrn van Holtum verlangt habe, und daß Peretti geglaubt hat, diesem Verlangen sei von polnischer Seite inzwischen längst Necnung getragen worden.

Meine Damen und Herren! Jh möchte aus der Unterredung zwischen dem polnischen Herrn Vertreter Schebeko und mir noch fol- gendes hervorheben. Jch habe Herrn Schebeko keinen Zweifel darüber gelassen, daß bei. aller Bereitwilligkeit der deutschen Megieruna, mit dem benachbarten polnischen Volke wirtschaftlih \tets normale Be- ziehungen zu unterhalten, doc, so lange derartige Streitfragen no zwischen uns im Laufe wären, zwischender polnishen und der deutschen Reg:crung nicht von wirtschaftlichen Verhandlungen die Rede sein Tónne, sondern nur von Nepressalien. (Lebhafter Beifall.) Außerdem habe ih ihm erklärt, daß die bloße Erklärung der polnischen Ne- gierung, Herrn van Holtum freigelassen zu haben, mir Feineswegs genügen Tnne. Herr Dr. van Holtum sei aus seinem Domizil weg- geholt worden, und ich erwarte von der polnishen Regierung, daß sie uns Herrn Dr. van Holtum wohlbehalten da wieder überliefere, wo fie ihn geholt habe. (Erneute lebhafte Zustimmung.) Bis tubin laufe ihre Verantwortlichkeit für den Mann.

Ich möchte bei der Gelegenheit auch auf den Fall des Herrn Wagner eingehen, der ebenfalls bei einer Durchreise durch den polni- schen Korridor verhaftet worden is. Jh will nur einige kur:e Auf- klärungen geben. Der Fall liegt für uns insofern etwas ande:s, a! Herr Dr. Wagner Danziger Bürger ist. Nun wissen Sie, daß das nah dem Friedensvertrage gewisse völkerrehtlide Konsequenzen ba!, die allerdings unfer Interefse für Herrn Dr. Wagner nicht mindern Fönnen.

Sofort nah Bekannlwerden seiner Verhaftung hat sich der deutiche Neichskommissar in Danzig für die Freilassung des Dr. Wagner ver- wendet. Jch möchte hierbei hervorheben, daß nah den vorliegenden Nachrichten Sir Reginald Tower persönkih aus Danzig na dem ab- getretenen Gebiet gefcihren sein soll, um sh für Dr. Wagner zu verwenden. Leider find auch diese Schritte bisher ohne jeden Erfolg geblieben. Auch Dr. Wagner soll nah Warschau verfchleppt und gegen ihn der shmere Vorwurf dex Spionags erhoben worden sein. Weiteres

so daß ich niht mehr rechtzeitig im Reichstage sein konnte. |

T Y De D r ) 1 L h l - §(LT fa ? o IV T [4 1 al Dendtbc {l [ nl ] LLaren y j ¿E S mÖôd die Gele vorü hen Taf y Ls C E R K B A di hier au noch eimge andere Beschwerden Po geaenüber Hi h

zur Sspracbe zu bringen. Wie durch die T rentlichung des Wolffschen Telegraphenbüros vom 23. Jum abends bekannt 1st, hat die polnische Negterung ung “der tnterälliierten Abstimmungs- Tommiffiznen am 18, Junt von fi aus eine amtliche Erklärung herauê- gegeben, die den freien Verkehr unserer Abstmmungsberechtigten na Oft- und Westpreußen mit der Eisenbahn durch den polnischen Korridor versprach. Im Anschluß daran sind am 22. Juni die näheren techmifcen Vereinbarungen in Warschau in versöhnlichstem Geiste getroffen worden. Wir mußten daher hoffen, daß ber freien Neife unserer Ab- stimmrungsberechtigten mummehr von polnischer Seite keine Hindernisse mehr in den Weg gelegt werden würden. Dies um o mehr, als der ganze Verkehr durch den Korridor unter Kontrolle und Garantie der interalliierten Abstimmungskommissionen gestellt worden war, und als auc der Oberfte Nat unserm Pariser Delegierten eine entsprechende bindende Grklärung abgegeben hatte. (Hört, hört! rechts, im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten.) Es wurden daher die Stimm- berechtigten von feiten des deutsben Sdmbbundes zum Antritt der Reife au nüt der Eisenbahu durch en polnischen Korridor auf- gefordert. Die Bewegung bat am 30. mit den vordersten Zügen Kem erreicht.

Sofort mußte aber aud hier wieder die Exsahrung gemacht werden, deß zwischen den verbragliden Zusicherungen der pelnisden Negierung und der Ausführung durch die polnisck{en Behörden an Ort und Stelle ein sehr erheblicher Unterschied bosteht. Lebhafte Nufe: Hört, hor1!) Aus den in der Naht vom 30. Juni zum 1, Ful in Koniß eintreffenden Zügen Nr. 18 und 15 sind von einer Gesamt- ¿zahl von höchstens 1500 bis 1600 Reisenden rund 1000 Neisende durch bie polnischen Behörden an der Wetiterreife verhindert worden. (Lebhafte Nufe: Hört, bört!) Begründet wurde dieses völlig wider- rechtliche Vorgehen damit, daß die Abslimmungsausweife angeblich nicht in Ordnung seien, weil ste richt den Stempel der Geburtêgemeinde trügen. Dicses Verhalten der Polen ift durch nich#3 gerechbferligt. Denn nah der Gnischesdung der imteralliierten Kommisstonen in Allen- stein und Marienwerder bedürfen vie Ausweise gar nicht des Stempels der Geburt8gemeinden. Die Polen können auch nickit guten Glauben für fich in Anspruch nehmen, da die in Koniß statwmerten Offiziere der tinteralliierten Kommissionen den Polen erklürt haben, daß tie wn ihnen geforderlen Stempel nit nötig feien. Die Abstimmungs- berechfigten felbst haben Wrigens auf die Form der Anävoeife gar leinen Girfluß gehabt, da viese in den Abstimmungägebieten unter Kontrolle der 1nteralliierten Kommissionen ausgestellt worden find. (Lebhafte Hufe: Hört, hört!) Man glaubt polnischerseits offenbar, durh dieses widerrechtliche Versrhren, grgen das selbstverständlich sowohl bon deutscher wie interalliierten Seite inm f{chäfter Weise protestiert worden ist, das Abftimnmnungsergebnis des 11. Juli noch in letzter Stunde beeinflussen zu können. Tatsächlich würde au eine große Anzahl ver ren 40000 Sttininberectigton, die bte Eisenbahn durch ven Korridor benutzen wollten, an der Erreichung des Ab- ftimmung8gebiets gebhintert werden,

Gs ift aver Vorsorge getroffen, daß diefer Verstoß gegen den Frieden8vertrag nah Möübglichkeit umvirksam gemacht wird. Seitens der Neichsmarine find sofort alle dienslih regendwie verfügbaren Transportmittel nunmehr zur Verfligung gestellt worden, um die fo an hrem Sbinmmrecht gehinderten Oft- und Westpreußen um den Korridor herum über See an die Wahkurne zu bringen.

Auch die im abgetretenen Gebiet wohnenden Stinrmberechtiglen werden nach hier vorliegenden Nachrichion durch alle möglichen Machinationen seitens der polnischen Behörden an der Ausreise und damit en der Ausäbung des ihnen durch den Friedensvertrag garan- tierten Abstimmungsrehts gchindert. Ich habe auch hierüber vem hiesigen polnishen Gefcendten ernsäiche Vorstellungen gemacht.

Meine Damen und Herren! Es wwiderstrebt mir, vor diesem hohen Hause und vor ganz Europa gegenüber der polnischen Re- gierung starke Worte in einem Augenblick zu gebrauchen, wo sch diese polnische Regierung militärisch in außerordentlidy bedrängter Lage befindet. Jh nehme an, daß die hwierige Lage, in der fich die Zentralregierung in Warschau befindet, ste vielleicht hindert, den Ueber- cifer chauvinistischer Orts-, Lokal- und Megionalbehörden in der ric tigen Weise einzudämmen. In diesem Sinne hat mrr auch der polnische hiesige Vertreter Schebeko für seine Perfon die überzeugendsten Zu- sicherungen gemacht, erx hat in dresem Sinne auch, wie er mir lver- sidhert hat, noch am selben Nachmittag na Waxschau geschrieben.

Aber, meine Damen und Herren, alles hat seine Grenzen! (Leb- hafte Zustimmung.) Auch in \d{mKeriger Zeit kann man einer Re- gierung nicht vollständige Dispens von der völkerrechtlichen Verpflich- tung erteilen, einzustehen für jeden völkerrehtlihhen Uebergriff auch ihrer untersten Organe. (Lebhafte Zustimmung.)

Des weiteren muß ich gegen eine Maßnahme hier öffentlich Protest erheben, die unfere im abgetretenen Gebiet verbliebenen Lands- leute in \ckawerste Konflikte bringt und die weder mit dem Wortlaut noch mit dem Geist des Friedensvertrags zu vereinen ist. Jch meine die dur amtliche Erklärung polnischer Stellen befohlene Einziehung der Wehrpflichtigen ohne Nücksicht auf die Nationalität. (Sehr wahr! rets.) Befonders riaoros scheinen hierbei die polnischen Be- hörden im ehemalig westpreußisdwen Gebiet und in Soldau vorzugehen. An den dortigen Grenzen macht sich eine ftacke Abwanderung der nah dieser Verordnung wehrpflichtigen Mannschafien beider Itationalitäten bemerlbar. Nach vorliegenden Nachrichten soll es sogar zwischen solchen Abvanderern umd polnischen Grenzwachen bereits zu Blutvergießen

fommen sein. (Hört, hort!) Die Bevölkerung des abgetretenen Gebiets kann vor dieser übereilten Flucht nit dringend genug gewarnt werden. Der Friedensvertrag verbürgt den im abgetretenden Gobiet Wohnendèn für zwei Jahre des Nech der Option. Dieses Recht nicht verkümmern zu lassen, ist Heilige Pflicht des Obersten Nats, muß verlangt werden, daß dieser den Bestimmungen des

rsdafft, und damit den von deutscher Seite

unter M

Friedensvertrags Geltung v De

sowohl in Warschau wie in Paris eingelegten Protesten Nachdruck verleiht. Auch hier muß gefordert werden, daß die nachgeordneten Stellen balten, was der polnische Kriegsminister dem deutschen Ge- sandten auf ssène Anfrage in Warschau verfichert hat, nämlich daß die Einziehung Deutscher des ehemaligen Landesteiles nicht beabfichtigt gewesen sei. Die gleie Erklärung Ut im übrigen auch dem bisherigen deutshen Militärkommisjor in Pesen vom polnischen Vezirkäkqommando

Srfreulier mitteilen, daß wenigstens 0 A ' S E. G Ctaeart bereits die Meldung vorliegt, daß Deuts, 29. Juni

noch zur Gestellung chne befondere Sdiwierigkeiten wieder entlaffen j Leider licgen alcihe Meldungen aus dem westpreußisten Gebiet bis heute noch nicht vor. Ih möchte der Erwartung Ausdruck bver- leihen, daß amuc diefe Nachrichten minmehr nicht mehr auf such wartew lassen werden. | Auch hierüber habe ich Gelegenhett genemmen, mit dem hiefigen polnischen Geschäftsträger zu sprechen. Meine Damen und Herren! Es liegt auf der Hand, daß diese Vorgänge nit dazu angetan sind, die von Polen angeregten wirt- haftlihen Verhandlungen zu begünstigen. (Sehr richtig!)) Wir baben, wie mein Herr Amtsvorgänger an diefer Stelle wiederhott zum Ausdruck gebracht hat, uns gezwungen gesehen, Polen gegenüber in der Ausfuhr größte Zurücfhattung zu üben. Wir waren durcœus bereit und sirtd es au heute noch —, bei entfprehendem Ent- gegenlommen der polnischen Regierung auch deutscherseits auf wirt- \chaftlicem Gebiete weitgehendes Entgegenkommen zu üben. Von einem folchen kann aber fo lange nicht die Rede sein, als auf polnischer Seite feierlih gegebene Versprecungen ver Negierungsftelben durch

widerrechtTide Eingriffe nadgeorbneter Organe unwirksam gemaht -

werden. Nur offenes und chrlices Verhandeln und Halten beider- seits Tann das aub von uns geroünshte gut nachbarliche Verhältnis ficher ftellen. (Lebhaftcs Bravo:)

Alsdann wird die Besprechung der- Kanzlererklärung.- wieder aufgenommen.

Abg. Dr. He lfferich (D. Nat.): Die s des NReich§- finengmintfsters if von geradezu nicderschmetterndem Gindruk. Ste tehen aus den unbarmherzgen Zahlen den Zerfall unseres Gemein- wesens und den gangen Ernst ver Zukunft. (Lärm und Zurufe der Unabhängigen Sozialdemokraten: Sie sind fchuld daran. Jromische Zuruße: Nuhe! Der Angeklagte hat das Wort!) Sind Sie der Staatsanwalt? Unfer Volk it vom ekendesten Untergang bedreht. (Lebhafte Zurufe der Unabhängigen Sozialdemokraten: Durch E Schuldt) Das deutsche Vok hat fich in dem Jahrhundert vor Kriege ausgezeichnet durch wundervolle Kraft, es ift „vorwärts ge- Fommen wie tem anderes, aber dur den Krieg, durch die Revolution und durch den Frieden der Vergewaltzgung und Verstümmelung ift es unter einen Dru gestellt worden, der tödlich wirken muß, wenw es mcht geli ihn durch Anfipanrung der guten Kräfte gu iber- winden. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Was wir hente erleben, sund bie Leiden und Zuckungen eines Volkes, dem man einen Teil feiner Daseinsbedingungen genommen hat. (Lärmende Zurufe der Unah- hängigen Sozialdemokraten: Durch Sie!-Durh Ihre-Schulddt An- baliender Lärm, Pause.)

Präsident L öbe : Es war zu erwarten, daß der Wahlka { zept einen lebhaften Widerhall finden würde. Ich bitte aber, in Zwisczen- rufen nicht so weit zu gehen, daß der Nedner au der Ausübung femes Nechts gehindert wird.

Abg. Dr. Helfferich: Wir werden es erleben, daß uaser Volk auf die Hälfte feiner Zahl ¿usamengepreht wird, wenn die Selbstzerstörung so wettergeht. (Erneuter Lärm der Unabhängigen Suzialdemokraten.) Jch bin überzeugt, daß Sie mir die Schuld zus messen, aber das ift mir gleichgültig. (Anhaltender Lärm der Uns abhängigen Segicldemofraten.) Die Vorgänge bei der Bildung der neuen Negierung waren tief bedanerlih. Man denke, der Termin für Spaa ftand vor der Tür, und da wandten die Parteien drei Wochen dazu auf, um über parteipolitishe Zwirnssäden zu stolpern. Der Wahlanêgang zeigt, daß die große Mehrheit des Bolles endli wieder Nuhe und Ordnung will. Den Sogialisnmus und segialistischs Grperimente, wie fie die Sozialdemokraten beider Les HET“ stehen, hat die Mehrheët des VoMes klipp und kar abgelehnt. (Un- ruhe links.) Die bürgerkiche Mehrbeit der Nationalversammlung ift von cinem Fünftel im Neichstage auf fast ein Dritlel gestiegen. Dié betden Rechtsparteien haben sich nahezu verdoppelt. (Lärm der Uw abhängigen Sozialdemokraten. Zurufe: Durch Verdoppelung Ihres Geldes!) Das nehme ih aks Zeichen dafür, daß die Gedanken, Ür die wir gemeinsam kämpften, marschteren. Die Unabhängigen sud jrht die einzige Parket, die sih weigert, rückhaltlos auf den Boden der Verfassung zu treten, und ihre Ideen zur Aenderung der Ver-

fassung nur mit verfassungsmäßigen Mitteln zu verfolgen. (Vnruhe der Unabhängigen Suegialdemokraten. Zuruf Ledebours: Schöner nog ? 2 |

Berfassungshüterk) Einf

pruch erheben muß ih gegen eine solche Formi der Crörtetung, wie sie sih in dem Saße zeigte: Das Pbegioren war vielleicht ern Vergnügen, als die Helfferis an der Krippe saßen! Jch bin gerufen worden und habe matertelle Opfer gebracht, als 1h mein Amt antrat. (Lachen und Lärm limt8.) Fch glarbe auch nit, daß es bisher Sitte war, durch Tleine 2 en gegen Kollegen ¿n polemîisieren, wie es in einer jeßi noch zur ‘gestellten Ansrage gegen mich geschieht, worin ich beshuldtgt werde, bei angeblichen Milltonen- \chiebungen Méttäter gewesen zu sein. Die anderen Parteien haben ¡ih um die Mitwirkung der Mehrheil3fozialisten an der neuen Nes gierung fortgefeßt benüht. Nach d ver Unabhängigen Sogzialdemoëraten und der Mehrbeitésozialisten gab es nur noch eine Mehxheitsbung, die dem parkamentartschen * » entsprochen hätte, das ist der fogenanate bîirgerlie Blo®, Jh braucle des Wort „bärgerlich" hier nit gern. Wi ja auch in nserer Parte, Goît sei Dank, Vertreter der A {t 1nd stnd darauf ¡tot (große Unruhe und Lachen links), und das gleibe gilt von der Deutschen Volkäpartei; „bürgerli h“ bezeichnet clo den Gegen- saß zu den Soziakzemokraten. Woran ift der antifoziældemolrætisde

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7 + c: 6 mte Galas { h R A A N Block gescheitert? Nicht an uns, wir hb te ehrlid) bars j S G! D E atn Qa 1e mal nt geboten; aber dre Koaklifionäpar m nit.

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Herr Trimborn, wie Herr Str n, die fraten sich geftigt haben, haben durcbliden L! Grunde ltrver gewesen, wem dre Koalition geföhrt hätten. Sahlich den Standpunnki des Kollegen H der tateaorisden Erllärung der die Deutsche Votkspartei gar ml treien. Weiter hat man uns Partei mit der arößten Entschie! bru des deutschen Volkes h n ed {ragen habe (großer Lärm und and tert

In diesem Gedanken licgt, das wissen wir, deutschen Voles; wen exr au hetwte lästert wird, wtr werden diefer Verfemung umd Berläst werden. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Ste sind noch national! Die Unterbre{bungaen und der Lärm Das Erste, was wir brauchen, darm find wir fa mit Koalition eimtg erng und Sickerun und Ordnung, e wir dara

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l r hat sich an n gestoßen, und so ift mit uns in Berbindung ge. b angeschaltet, weil meine detrch den moralischen Nieder

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mit allen Konsequenzen, araus zteh l für die Machtmetttel, dée zu dieser Sicherung notwendèg sind. (Nuf link3: Damit ein zweiter Kapp-Putsh gemacht werden bann!) Was

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R 6 D rofe ra A habe ich mit dem Ka} (Großer Lärm und Lack

)-Putsch zu tun?

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lanks.) In diesem Î nenhang bedauere tch, wenn der Versuch

gemachi mird, n die Rechtspflege einzugreifen, wie es dur die Fnter- n O L L S B S L E 4: A E K s

pellation, betr. Marburg, geschieht, wo das Verfahven noch schwebt:

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tch aub Verwahrung ein aegen den Abqg. Scheidemann, der von

E A N E R D r Fi La + Ce L ir S r der nach von Marburg gesprochen hat. Fch vertrete den Wahl- Pit Foo 15 44 Rho töverbanblunoer 2 (l LIT, aL SUVCLDONnDLUUI al

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(Fortsehung in der Sueiten Beilage.)

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zum Deutschen NeichSanzeiger und Preußischen Staäsauge--

ITL. 146,

(Fortseßung aus der Ersten Beilage.)

_seine Tätigkeit als

S n nnd zum gesellschaften bedingt. lind doch jeßt anderthalb Jahre über dea Krieg

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Teil durch die Wirtschaft der

nommen baben, 15 Milliarden. vernünftige Zustände wieder einkehren. des Finanzministers war die Trostlosigkeit des Ausblicks.

gierung sich angestrengt hat, dieser Lage Herr zu werden.

ausfcßung für das Finden der Mittel zur Abhilfe.

Damit komme i auf die au8wärtige Politik. sagte: Wir sind Kosmopoltten.

ri bittet, sfih in den Z der mir lieb ist, den Ton der Würde.

Bol? nicht ewia unter dem Dru steht werden soll, was es je in der Zukunft erarbeitet.

das darf nicht zum zweiten Male geschehen. der U. Soz.)

der U. Soz.

{hen Interessen mit Nachdruck vertritt.

Ernst der Lage erfordert innere Entschlossenheit.

wird uns an soiner Seite finden. (Lebhafter Beifall rehts Zischen, Pfeifen, Johlen und Pfuirufe bei den U. Soz. Zuchthaus! und erbäl! einen Ordnungsruf.)

Meichsfinanzminister Dr. Wirth : Meine Damen und Herren!

Der Herr Minister des Auswärtigen ist zur Stunde niht im Saale Sie wissen alle, daß die Mitglieder der Regierung nah

anwesend.

24 Stunden sich auf dem Wege nach Spa befinden. Es wäre

gewiß im Interesse der Sache gelegen, wenn der Herr Minister des

Auswärtigen zu einigen Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Helfferich hier hätte Stellung nehmen können. (Sehr gut! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Aber man wird es dem Herrn Minister des Auswärtigen nachfühlen können, wie uns allen er ist überlastet es drängt \sih niemand von uns nah Spa —, daß wir nicht nur betrübt, sondern entseßt sind, daß 24 Stunden, bevor der Zug uns nah Spc: führt, eine derartige Rede wie die Rede Dr. Helfferihs hier gehalten worden ist. (Stürmische Zustimmung im Zentrum, bei den Deutsh-Demokraten und Sozialdemokraten. Lebhafter Widerspruch rehts. Zuruf rets: Erzberger 11!) Merk- würdìg, meine Herren, daß die Worte, die ih soeben gesprochen habe, in denen ich nur an die kollegialen Gefühle appelliert habe (Zuruf bei den Deutschnationalen: Na, ih danke!), 24 Stunden vor Spa die Minister nicht in eine derartig peinlihe Situation zu bringen (Zuruf bei den Deutschnationalen: Sie haben die Rede beschimpft! Erzberger I), einen der Herren Abgeordneten bereits veranlaßt haben, gegen mich die Faust zu ballen (hört! hört! bei den Sozial- demokraten) und Erzberger IL zuzurufen. (Erneute Zurufe bei den Deutschnationalen.) Lassen Sie doch den Mann; er ist ja nicht hier! (Zuruf bei den Deutschnationalen: Aber Sie sind da! Das genügt vollkommen!) Ja, ich bin da, Herr Abgeordneter v. Graefe, und Sie rufen mir zu: das genügt volllommen! Es genügt voll- fommen, um Jhnen die Wahrheit zu sagen! (Sehr gut! im Zentrum und links. Lachen bei den Deutschnationalen.)

Herr Abgeordneter Dr. Helfferih hat uns aus der französischen Prefse und aus Ausführungen von Tardieu eine hiftorishe Vorlesung gehalten. Die von ihm vorgetragenen Dinge waren keinerlei Beweis dafür, daß wir einen anderen Frieden hätten haben fönnen. (Leb- hafte Zustimmung im Zentrum, bei den Deuts{h-Demokraten, den Sozialdemokraten und den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Jch habe nit ein einziges Moment gehört, das irgendwie einen histo- rishen Beweis darstellen konnte, als ob ein anderer Friede möglich gewesen wäre. (Zuruf bei den Deutschnationalen.) Herr Abgeord- neter Dr. Helfferih, wir haben ja in Weimar seinerzeit in jener dunklen Stunde gestanden, wo die Partei von rechts die Möglichkeit gehabt hätte, die Verantwortung zu übernehmen. (Zuruf bei den Deutschnationalen: So, wann denn?) Ach, fragen Sie doch nicht!

(Lebhafte Zurufe bei den Deutschnationalen: Das alte Märchen!

Wir haben gesagt: geben Sie uns eine tragfähige Mehrheit! Wo waren denn die, die hinter uns standen? Kein einziger war da, der mitmachen wollte!) Wie sonderbar, daß heute die Herren von rechts kommen und verlangen, daß wir damals in Weimar hätten hinter sie treten sollen, weil sie vielleiht bereit gewesen wären abex nur nach Erwägungen, die sie anstellen wollten —, die Führung zu übernehmen. Nein, verehrte Herren, so wenig wie damals in Weimar die alten Koalitionsparteien bereit gewesen wären, unter Ihrer Führung die politishe Verantwortung zu übernehmen, so wenia sind sie es jeßt gewesen, und wenn man die Wirkung der heutigen Rede auf dieses hohe Haus sich in aller Nuhe einmal zu Gemüte führi, vie tumultuarifchen Szenen, die vorhin hier hervor-

MReichsschabsekretär ein: Die E i : Kriegs- Im Kriege waren diese notwendig, aber wir ind doch 1eßt ar ) : hinaus. Das Schlimmste 1st die Entwicklung, die unsere reihseigenen Beiriebe ge- Allein bei der Eisenbahn habew wir ein Defizit von Es ist höchste D E in der Eisenbahnwirtschaft Das Schlimmste in NT e

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mich vergebens bemüht, festzustellen, nad welWer Richtung die Ne- î Sache der ‘egierung ist es, Vorschläge zu machen, wie die Verhältnisse gebessert werden können. Wir werden beantragen, daß die” Dinge besonders bei der Betriebsverwaltung der Eisenbahn in eingehendster Weise untersucht werden; die Klarlegung der Tatsachen ist die erste Vor- Q [ Die Zwangswirt- {chaft soll ja nur noch zum Teil beibehalten werden, jedenfalls muß lle aber in veraünftiger Weise durchgeführt werden. Unsere \{limme Lage wird noch überschattet dur das, was uns in Spaa bevorsteht. Ich \, Wir sind D he (Großer agte Ich sage: Wir sind Deutsche. (Großer Baifall rechts. Lärmende Zurufe der U. Soz. Vizepräsident D ie t- : T urufen Beschränkung aufzuerlegen.) Aus ver GrkElärung des Ministers des Auswärtigen hörte ih einen Ton heraus, De Ich hoffe, daß wir uns in Spaa unsere Wehrkraft nicht herabdrückten lassen. (Lärm der U. Soz.) Die von uns geforderten Leistungen müsse1 endlich fest umgrenzt wer- den, damit roir endlih mit sicheren N rechnen fönnen und das daß ihm alles weggenommen

| In Versailles haben wir nah unser aller Veberzeugung Unerfüllbares unterschrweben; (Fortdauernde Zurufe 1 Finanzkontrollen, Wirtschaftskontrollen, irgendwelde Pfänder, kurz, alles, was über Versailles noch hinausgeht, müssen wir ablehnen, sonst kommen wir zu einer Schraube ohne Ende. (Lärm Zuruf Ledebo urs: Das ist ja nur Wasser auf die Mühle der Enkentechauvinisten!)) In Versailles wäre mit größerer Festigkeit ein besserer Vertrag zu erzielen gewesen. Wir werden der teßigen Megierung das Leben und Arbeiten niht unmöglih machen. Sie ist von unseren Wünschen weit entfernt, aber gegen die alte Koalitionsregierung weist sie einige wesentliche Verbesserungen auf. Den Erklärungen, die ih auf den Wiederaufbau beziehen, stimmen wir großenteils zu; aber Worte sind Worte: auf die Taten wird es ankommen, Wir erwarten, daß die neue Regierung den reten Kurs einhäli, daß sie den Wiederaufbau vornimmt unter Zurückstellung aller Parteipolitik, daß ste bei den Verhandlungen in Spaa die deut- Den Antrag der Un- abhängigen auf ein Mißtrauensvotum lehnen wir ab. Der furchtbare Wir dienen einzig . und allein dem Vaterlande, und jeder, der für das Vaterland wirkt,

Einer ruft: Jns

wo ih hingekommen bin, in Hannover und anderen Städten, habe ich auf die ungeheure Gefahr hingewiesen, daß, wenn wir die Schuldenlast | häufen, auch durh die Fehlbeträge der großen MReichseisenbahn- | verwaltung, und daß es dann dahin kommen fann, wenn wir niht mehr weiter können, daß wir nicht nur die Sklaven inländischen Kapitals, sondern die Sklaven fremden Kapitals werden können. wehren wir uns. Nun kommt Herr Dr. Helfferih und sagt von mir persönlih: es muß Widerstand geleistet werden gegen Forderungen, die nicht unbedingt aus der dringenden Not gefordert werden. innere Sie alle an die Sgzene des Hauses, als der ehrwürdige Herr Graf von Posadowsky vor wenigen Wochen an mich eine freundliche Mahnung gerichtet hat. J ehre diesen Mann seit meiner Studenten- zeit, wo ih Gelegenheit gehabt habe, diefen hochbedeutsamen fozial- politischen Führer im Wort und Schrift kennen zu lernen; er hat mir insbesondere zugerufen: Herr Finanzminister, machen Sie stch nicht populär! Und was war die erste Folge? Ich mußte eine weitgehende Forderung der Deutschnationalen Volkspartei zurückweisen (Hört, bört! im Zentrum und bei den Sozialdemokraten), die um Hunderte von Millionen über die weitgehenden Ansprüche, die erhoben worden sind, hinausgegangen ist. Wandlaung bei Ihnen "(zu den Deutschnationalen) eingetreten ist.

minister zu verlangen, er soll den Widerstand gegen Fordevungen, die nicht unbedingt notwendig sind, verstärken und versteifen. den Deutscnctionalen: Kriegsbefchädigte!) Nein, wir sprechen jetzt von der Frage der damaligen Reichsbesoldungsordnung; Kriegsbeschädigten nichts zu tun. Kollegen Deglerk erkundigen. Aber soll der Reichsfinanzminister den Daumen auf den Beutel dvücken, wenn es sih um die Bekämpfung der Hungersnot handelt? (Sehr richtig! im Zentrum, bei den Deutsch- Demokraten und den Sogialdemokraten.) Da muß der Finanzminister aus höheren politischen und fozialen Gründen auh die Verantwortung dafür übernehmen, wenn sich dadurh die Schuldenlast des Deutschen MNeicbes steigern sollte.

heit geglaubt, mir insbesondere eine gewisse Unaufrichtigkeit über die Zahlen des Etats vorwerfen zu können. Unrecht getan, und ich bitte Sie, meine Ausführungen vom April darüber nadgzulesen, Jh habe wörtlich über diese 3-Milliarden-Belastung und über die einmaligen Ausgaben bemerkt: „Was nun die Einnahmen im ordentlichen Etat anlangt, so sind sie, wie gesagt, auf 27,95 Mil-

Zweite VBeílage

Berlin, Montag, den 5. Zuli

gerufen worden sind, dann kann man ermessen, was der Eintritt der Herren Deutschnationalen in die Regierung erst ftr Tumulte in Deutschland hervorgerufen hätte. (Lebhafte Zustimmung im Zen- trum, bei den Deutsh-Demokraten, den Sozialdemokraten und den Unabhängigen Sozialdemokraten. Zurufe von den Deutsch- nationalen.) Wenn Sie nihts Besseres zu sagen haben, Herr Ab- geordneter v. Graefe, dann bitte Zurüfhaltuna, die Herren von rechts haben ja jahrelang Gelegenheit gehabt, ihr politisches Licht leuhten zu lassen. Haben Sie doch Geduld, bis wir in die Lage kommen, eine Politik zu treiben, die aub Früdbte für das ganze deutsche Volk bringen kann!

Herr Dr. Helfferih hat es heute sehr leiht, von Besserung der Finanzen zu sprehen. (Zustimmung bei den Sozialdemokraten und den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Wir wollen rücckwärts blikend einmal ein Wort des berühmten französishen Finanz- ministers Necker anwenden: machen Sie zuerst eine gute Politik! und dann werden wir die Finanzen in Ordnung bringen. (Sehr gut! im Zentrum.) Wir bauen doch niht auf (Zuruf bei den Deutsch- nationalen: Nein! Heiterkeit bei den Deutschnationalen.) Meine

Herren, das sind Zwischenrufe, bei denen nur die Quantität der |

Sprache den Geist erseßen soll. (Sehr gut! und Bravo! im Zentrum, bei den Deutsch-Demokraten und den Sozialdemokraten.) Wenn man auf solbe Zwischenrufe reagieren wollte ich will den Saß nicht vollenden.

Jch sage: wenn wir auf Jhre Politik aufbauen wollten, dann wären wir am Ende mit unferem Latein. Das ist ja das Jämmerliche, daß wir erst auf den Trümmern einer vierzigjährigen Zicktzackpolitik (große andauernde Unruhe bei den Deutschnationalen. Beifall und lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten) beginnen müssen, um den jungen deutschen Volksstaat aufzubauen. (Unruhe und Zurufe bei den Deutfchnationalen, Zuftimmung im Zentrum, bei den Deutschen Demokraten und den U. Sioz.) Jch habe Zeit, zu warten. Wenn es den Herren fo ums Lachen ist, wie die Herren von der Nechten es belieben, follen sie morgen es noch einmal mit der Offerte versuchen, fie seien bereit, mit uns politis zu arbeiten. Sie werden dann eine entsprechende Antwort bekommen. Wir, die wir der jüngeren Gene- ration angehören, wollen ehrenhafte Politik treiben, wir wollen dem Vaterlande aufrihtig dienen. Und Sie! 24 Stunden vor Spaa in das Haus die Brandfackel der Zwietraht zu werfen, das war Ihnen (zu den Deutschnationalen) vorbehalten. (Stürmisber Beifall im Zentrum, bei den Deutschen Demokraten und den Sozialdemokraten.)

Der Herr Abgeordnete Dr. Helfferih hat si auch nicht versagt, in Zeitungspolemik zu machen und irgendwelche Papierschnikel heraus- zufuchen, als ob 1d in Wahlversammlungen inbezug auf unsere Eisen- bahnverwaltung gefehlt hätte. Jh habe wörtlih draußen gesagt, was ih in meiner Rede am 2. April hier ausgeführt habe. Die Stelle lautet wörtlich:

„Denn der s{recklichs\te der Scbreken wäre nicht etwa eine Art | Kapitalisierung im {limmsten Sinne des Wortes der Eisenbahn und Post durch inneres Kapital, sondern der s{reckWlihste der Schrecken, wenn wir niht weiter kommen würden, wäre die Ver- pfändung dieser großen Verwaltungen eiwa an ausländishes Kapital. (Sehr wahr! rechts, im Zentrum und bei den Deutshen Demo- fraten.) Das muß unter allen Umständen verhütet werden, wenn wir nicht fremde Sklavenketten eines Weltkapitalismus auf uns laden wollen.“

Diesen Sltandpunkt habe id auch draußen vertreten, und überall,

4 as. [e liarden, die erst durch neue Steuern geschaffen werden müssen. bereits im Hauptausschuß auf dieses besondere Moment in unserem Etat hingewiesen. Nichts liegt mir ferner, als Ihnen ein fristertes Zahlemverk vor Augen zu stellen. Es wäre ja für einen Finanzminister eine ganz nette Aufgabe, Ihnen beute ein frisiertes Budget zu servieren, das dann allei dur den ersten Sturmwind bei der ersten politischen Aussprache des neu zusammengelommenen Reichstags hinweggesfegt werden würde. Jch habe in der Kommission darauf aufmerksam ge- macht, daß diese 3 Milliarden vom Vermögenszuwacs nur noch einmal, und zwar in diesem Jahre eingestellt werden können.“ So \ck&on meine Ausführungen im April. Was also der Herr Abgeordnete Dr. Helfferich gewünscht hat, habe 1ch bereits am 2%. April in diesem Hause wörtlich ausgeführt. (Sehr rihtig! im Zentrum. Mg. Dr. Helfferih: Das trifft ja mcht die Sache, es docht wäre frisiert!) Ih habe Ihnen die Boraus\ebungen genannt, ih habe gesagt: unter diesen Voraussetzungen. Ih habe wörtlich das des: halb noch einmal wiederholt. Jh möchte feine Berschleierung hahen, und es ist mir recht, wenn alle Mitgbieder dieses hohen Hauses über die Lage unseres Etats in möglicé\t weitem Umfange Aufllärung nah oußen geben, Das ist ja das Unglück des deutschen Volkes, das diese Auf-

nahmen aus der Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs ferner 2,9 Mil- \

e 1

sib darum, daß Sie sagen, der Etat

Dagegen

Ich er-

Ich freue mi, wenn in der Zwischenzeit eine Meine. Damen und Herren! (s ist sehr leicht, von einem Finanz- (Zuruf von

das hat mit Sie können sh ja bei Jhrem

Nun hat der Herr Abgeordnete Dr. Helfferich bei dieser Gelegen-

Ich glaube, er hat das zu

Warden geschäßt. Darunter sind aber 3 Milliarden einmalige Ein-

zuzroängen? Das glaube ih nicht mehr. eine Frage der Konstruktion der Form unserer Probuktiom. (Sehn richtig! bei den Sozialdemokraten.) Welche Formen gefunden werden, weiß ih noch nicht. Darüber will ih mich heute auch nicht auslafsen. Es wäre zu töriht, wenn wir am Vorabend vor Spaa heute in bezug auf unsere Finanzen, über die Konstruktion unserer Produktion eine eingehendo Darstellung geben würden. niemand verlangen. Jst der Wille bei unseren Feinden lebendig, den Weg der Verständigung zu gehen, aus der Milkiardenpsychose die Völker herauszulö\en, dann wird auch im Reichstag ein Weg gefunden werden, um am Wiederaufbau Europas. mit Erfolg mitzuarbeiten. Jch meine also: es wäre heute mehr als wünschenswert, aus dem Reden, das nur Polemil! enthält, herauszulommen.

flärung niht genügend erfolgt, genau so wie in der Kriege wo taumelnd die Millionen der Politik vertrauten, weil man irgendwie auf die Führung von einigen sogenannten erleubteten Köpfen vertraute, wo immer wieder der Gedanke großer Eroberungen oder großer Ent- shädigungen dem Volke vorgegaufelt worden ift. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum und links.) Da habe ih den Wunfcch, daß wix nit ein ähnliches Fiasko wie in der Krieg8politi! in unseren finangiellen Ver- hältnissen erleben möchten. Jch wünsche Aufklärung und Klarheit in allen den Punkten, die unsere Finangen angehen.

Nun hat der Herr Abg. Dr. Helfferich eingehend einige von mir vorgeiragene Zahlen gewürdigt. Wem wir nur heute in der Lage wären, über die Jahre 1916, 1917, 1918, 1919 Ihnen die letzten Nab- weisungen vorlegen zu Wönnen! Das ist ja das Unglück! der gangen

| ‘Kriegsgebahrung, daß alles auf die Kriegsfonds geworfen worden ist,

daß die Ausgaben erft lange nah dem Rechmmgsjahr verbuct worden find, in dem sie erfolgt sind. Herr Dr. Helfferich wird in kurzem Ge- legenheit haben, das nadgzusehen, wenn wir die Denkschrift vorlegen. Ss sind nur tedmische Schwierigkeiten, die die Vorlage vergógert hat. Dann wird er in die Lage kommen, nachzuprüfen, wo die Schwierig- feiten liegen, die verhindern, {on heute über alle Eingelheiten der Kriegsfimanzen Auskunft zu geben. Jch will aber nur eins hier noch oinmal kurz anführen. Vom Jahre 914 bis zum Jahre 1920 und zwar bis zum 1. April insgesamt sind an Einnahmen, an laufenden Steuern, Zöllen und Gebühren 16,4 Milliarden v errechnet worden, ‘Dazu kommen aus den Kricgägewinmnsteuern, die bisher eingegangen sind, 8,4 Milliarden. Wir haben aber allein für Verwallung und Verzinsung und Tilgung der Kriegsschuld 23,4 Milliarden au8gegeber. (Hört, hört! im Zentrum.) "Das zeigt doch die große finangielle Not, die mit auf die leßten zwei Jahre allein zurüdgcht, sondem die auf unsere ganze finanzielle Gestaltung vom Anfang des Krieges bis zur Gegenwart zurückgeht. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum und links.) Ich könnte Ihnen heute die Zahlen im einzelnen vorführen; ih habe die Denkschrift jeßt vor mir liegen, aber wir woller das auf bie Zor! ‘bis nah Shpaa verschieben. Da haben wir Gelegenheit, ms oingehend darüber zu unterhalten, wie wir in hie Lage kommen follten, neue große Lasten auf uns zu nehmen. Glaubt denn jemand von Sihnen, daß wir uns allein auf der alten Bahn weiter bewegen lönnen, wenn wir an den Gedanken der Neparation ernsthaft herangehew wollen?, ‘Das ift eins sittliche Verpflichtung, die wir übernonmen haben. Von diesey Vorausfeßung getragen, lesen und würdigen Sie die Neden des Kanglers, wie des Herrm Außenministers. Wir wollen, was in unferen 'ölonomifchen und moralischen Kräften steht, zum Wiederaufbat Gu4 ‘ropas beitragen. Dabei Ponnen wir aber nit von ben Explostons- debatten, dre heute hier stattgefumden haben, auêgchen. Enaland und Frankreich gegemîber wird es nichts helfen, wenn wir twa in Hündifeben ‘Demtt uns in Sha bewegen wollten. Nüchtern, aufritin und ernsthaft, geiragen vom festen Willen, uns dort als Deutsche: zu fühlen und zu zeigen, gehen wiv diefen dornenvollen Weg. (Bravo) Aber,

wenn wir von dort gurücfommen, wmd wenn, was îch je nich! weiß, ih eine Verständigung anbahnen sollte, dann werden Sie allein mit ‘Steuer- und Finangpolemi! die große Frage nichi [öfen fömen. Win

müssen die Frage aus dem steauerlichen Gobiel hingusbringen gur Frage

ver Produktion und der Wirtschaft. (Lebhafte Zustrmnumg.) Jch bex grüfe den Zusammentriti des Neichswirtschaftsrates. Die Herren worden neben uns daran helfen, die großen Probleme zu Wen. Glaubt ‘jemand von Ihnen, daß es möglich eiw wird, angesichts der Lage unserer Finanzen und der Wiedergutmachung, in Frankreich und Emg«-

lmd alles umd jedes durch die Zahlen des deutschen Fiskus hindurch (Zuftimmung.) Das ist

(Sehy richtig!) Das kmn

Wenn auch die Regierung; die nah Spaa geht, eine Minder-

heitsregierung ist, sie ist doch getragen, wenn auch vielleicht uit jo sehr in diesem hohen Hause wie draußen in weiten Volkskreifen, von einem großen Vertrauen zu der jeßigen Regierung, daß sie die Nation mit Würde vertreten wird. den Stürmen der Gegemvart wie der leßten Monate das glaube ih für uns sagen zu können, die wir der alien Koalition

(LÆbhaftes Bravo.) In allen

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