1898 / 104 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 03 May 1898 18:00:01 GMT) scan diff

: dur dey Messotrt¿Minister, der darin iff, Gerade diz Dinge, dié D ei «(iyersitätsangelegenheiten in Ditzipiinarsachen zur Entscheidung „fdiiiiien, bedürfen einer Kenntniß, êiner Fühlung mif den Universitäts-

verhältnissen überhaupt. Ste werden mir zugeben, daß jede disziplinare

Entscheidung ganz anders wke eine rihterlihe Entscheidung auf ge-

wissen arbiträren Erwägungen beruht und beruhen muß, daß da ge-

wisse, ih will es mal so nennen, erziehlihe Momente in Frage kommen können, mildernde Momente, Momente der persönlihen Be- urtheilung, wie fie ein ordentliher Richter gewöhnlih niht wird ein- treten lassen, die aber für die Disziplin im Beamtenthum eine große

Nolle spielên.

Fh berufe mih dafür auf meine eigene Erfahrung. Ich habe es nicht eininal, sondern sehr oft erlebt, daß in der ersten Instanz Beamte und Lehrer zur Dienstentlassung verurtheilt waren, und daß das Staats-Ministerium zu der Erwägung gekommen ist, nachdem ihm der Fall durch den Refsort-Minister vorgetragen war, daß der An- geschuldigte nah alledem, was ihm mildernd zur Seite stand, do noch niht jede Hoffnung aus\{chloß, daß er zu retten sei. Das Staats-Ministerium hat deshalb statt auf Amtsentseßung, auf eine mildére Strafe érkannt, auf Strafversezung in solhen Provinzen, in denen dies zulässig ist, oder auf eine Ordnungsstrafe. Jh habe die große Genugthuung gehabt, daß in zahlreihen Fällen es mögli ge- wesen ist, Lehrer wenigstens, die zu meinem Ressort gehören, in ihrem Amt zu erhalten und auch zu einem soliden und ordnungsmäßigen Lebën zurückzuführen.

Das sind Dinge, die ret eigentlih zur Aufgabe des Disziplinar- ridters gehören. Daß aber das Ober-Verwaltungsgeriht den Privat- dozenten und den Strömungen in der Fakultät - gegenüber, dié so leiht den Privatdozenten gefährden können, viel weniger in der Lage ‘ist, diese Dinge in Betracht zu ziehen, als das Staats-Ministérium auf Grund der Auskunft, die der Untertichts-Minister gebèn kann, glaube! i, liegt auf dèr Hand. Des- halb würde i, wenn gar kein anderer Grund dafür spräche, den größten Werth darauf legen, daß man hier keinen Unterschied macht zwischen den übrigen Beamten und namentlich den Profefsoren auf der einen und den: “Privatdozentea auf der anderen Seite. Meine Hetren, wie man die Säche au gestalten möge, sofern man das Ober-Verwaltungsgeriht hineinnimmt, so wird sich die Gefahr niht beseitigen lassen, daß es den Anschein gewinnt, als wenn Sie den Privatdozenten einen größeren, wirksameren Schuß geben wollen, als den Professoren. Das halte ich für ein Unrecht den Pro- fefsoren gegenüber, und das halte ich für eine Maßregel, die bei den Privatdozenten niht nothwendig ist, von ihnen au garniht verlangt wird. Es liegt nit der geringste Grund vor, das für die Uni- versitätslehrer überhaupt geltende gemeine Recht in dieser Beziehung zu ändern. Die Privatdozenten stehen ja etwas anders als die Pro- fessoren; sie sind keine Beamte, sie sind in einer beamtenähnlichen Stellung. Die Kommission hat ganz richtig nach dieser Richtung hin verschiedene Modifikationen vorgenommen, die es deutlih zum Ausdruck bringen, daß es sich hier nur üm analoge Anwendung handelt, natürlich nur so weit als das Gesey auf die Privatdozenten anwendbar erscheint.

Meine Herren, nach einer anderen Richtung liegt noch cin Grund vor, das Ober - Verwaltungsgeriht hier niht ein- zustellen. Darüber können Sie sich nit täushen, daß jede Ent- scheidung des Staats-Ministeriums für die Verantwortlichkeit des Kollegiums, welches entscheidet, gegenüber der Landesvertretung einen ganz anderen Anhalt bietet, als die Entscheidung des Ober-Verwaltungs- gerichts oder etwa eines Senats des Kammergerichts, das hier sehr wohl ‘ebenso gut wie das Ober-Verwaltungsgeriht in Betracht kommen Fönnte; denn, meine Herren, das Ober-Verwaltungsgericht hat auch nit einen Schatten yon Beziehung zu den Privatdozenten und den Universitäten, ebensowenig wie etwa das Kammergeriht. Daß man aber denPrivatdozenten oder den Profefsoren das nicht anthun soll, daß man den Privatdozenten diesen juristischen Rehtéshuß in einer anderen Form giebt, als man ihn den Professoren giebt, das scheint mir doh so auf der Hand zu liegen, daß ih darüber kein Wort mehr verlieren möchte. Kurz, meine Herren, ih resümiere mich dahin: ih bitte Sie auf das dringendste, die Anträge der Herren Abgg. von Cuny und Brömel, soweit sie darauf gerichtet sind, das Ober-Verwaltungegericht an die Stelle des Disziplinarhofes und des Staats-Ministeriums zu seten, abzulehnen. Ich- glaube, erklären zu können, auf Grund der Vor- verhandlungen im Staats-Ministerium, daß das Zustandekommen des Gesehes ausgeschlossen sein würde, wenn diese Veränderung mit den Komumissionsbes{chlüssen vorgenommen würde. Jh würde das aufs tiefste bedauern. Ih wünsche, daß wir zu einer geschlichen Regelung fommen. Die weit überwiegende Mehrzahl der Universitätslehrer wünscht es ebenfalls, und die Privatdozenten, soweit unsere Infor- mationen reihen, erst recht, die sehr wohl einsehen, daß es fi hier um einen besseren Schuß ihrer Stellung handelt, als sie ihn bisher gehabt haben. Ih würde es deshalb tief bedauern, wenn das Gese dur diese Beschlüsse gefährdet werden sollte, und ih bitte Sie dringend, die-Kommissionsbeschlüsse anzunehmen. s

j beantragt, folgenden neuen § 5a einzufügen:

T mel Naa eas zweiter Înftanz ist L Disziplinarsenat des Ober - Verwaltungsgerichts. Dieser übt die unñktionen aus, welhe in dem Geseß vom 21. Juli 1852 dem Staats- Minifterium beigelegt sind.“ Wir leben, führt er aus, in einer Zeit, in welcher die politishen und sozialen Gegenfäße außerordentli auf- einander plagen, und deshalb ift es nicht angemessen, die höchste poli- tishe Instanz als zweite Instanz in diesem Falle niederzusezen. Der Redner beantragt außerdem, in §%5a der Kommissionsbes{chlüsse hinter dem Wort „Mitglied“ einzufügen: „des Lehrkörpers“ und folgenden Saß anzunehmen: „Jn jedem Stadium des Verfahrens und in der Ver- handlung vor dem Disziplinarhof steht cs dem Angeschuldigten fret,

des Beistandes cines Rehtsanwalts oder Universitätslehrers als P ineidigers zu bedienen oder sich durch einen solhen vertreten

Abg. Dr. Irmer: Bei diesem eigentlich unwihtigen Geseh können wir kein Präjudiz hafen für eine _Neugestaltung des höchst wichtigen Disziplinärgeseßes. Ih möchte Sie deshalb bitten, an dem Bes(luß der Kommission festzuhalten und alle anderen Anträge

abzulehnen. ;

y e Dr. Porsch: Der ‘größere Theil meiner politischen Freunde wird jeßt in der zweiten Lesung für das Ober-Verwaltungs- gericht stimmen. Unsere definitive Stellung behalten wir uns nah der Vio Ea des bt be vor. Eine größere Wichtigkeit messen wir diefer Frage n ei.

‘Abg. N zieht seinen erften Antrag zu Gunsten des von Cuny’schen gge zurü.

Abg. Dr. Oswalt (nl.): Das Zustandekommen oder Scheitern des Geseßes wird für den Staat keine große Bedeutung haben; ih meine aber, daß das Ober-Verroaltungsgeriht {hon jet darauf eine

geri@tet ist,-die leßte Entscheidung zu übernehmen. Jch bestreite nicht, daß

das Staats-Ministerium das volle Werttäütn der Beamten hat. Dasselbe

ilt aber auch vom Ober-Verwaltüngsstriht, das mit allen Angelegen* Bélen des öffentlihen Nechts zu thun hat. Das Staats. Ministerium ist und soll sein eine politishe Behörde wie der Landtag, und diesem möchte ih eine Kontrole eben fo wenig wie dem Staats-Ministerium zuerkennen. Die Privatdozenten sind etwas Anderes als die Poselloren, und darum müssen sie au anders behandelt werden. Die Professoren werden vom König ernannt, die Dozenten niht. Ich bitte Sie, dem Antrag von Cuny zuzustkmmen.

Abg. von Boß (fr. kons.): Wenn wir einmal die Disziplinar- verhältnisse der Dozenten regeln wollen, so liegt es do sehr nahe, diese Verhältnisse analog dem Verfahren gegen die Professoren zu ordnen, denn die Dozenten stehen doch den Professoren viel näher als ¿. B. die Referendare den Richtern u. w. Wirksamen]} Schuß dagegen, daß der Dozent von einer engherzigen Fakultät wegen seiner Anschauung verdrängt werden soll, gewährt ‘nur das Kultus-Ministerium, nicht das Ober-Verwaltungsgeriht. Das Staats-Ministerium kann ja au nit eher entsheiden, als bis der Senat sein Gutachten ab- gegeben hat. Die Freiheit der Wissenschaft wird dur dieses Gesetz nicht Ne. :

bg. Broemel empfiehlt seine beiden, oben mitgetheilten Anträge, die eine wesentlihe Verbesserung der Kommissionsbeschlüsse seien. Ein Universitätslehrer würde in manchen Fällen ein wirksamerer Vertheidiger sein als ein Rechtsanwalt.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Ob Sie in dem Gesehentwurf sagen „Mitglied des Lehrkörpers der Universität“ oder „Mitglied der Universität“, ist der Regierung vollständig gleichgültig; es scheint mir auch vollständig gleihbedeutend zu sein, und ich glaube niht, daß ein wesentlicher Unterschied beider Ausdrücke besteht.

Die Bestimmungen wegen des Vertheidigers halte ih nach den Beschlüssen der Kommission für vollkommen ausreihend. Jh glaube aber verpflihtet zu sein, noch einmal ausdrücklih hervorzuheben, daß die Königliche Staatsregierung in der Erseßung des Staats-Mini- steriums als Spruchbehörde der zweiten Instanz durch den Disziplinar- gerihtshof des Ober-Verwaltungsgerihts eine Durhlöherung des gesammten gemeinen Disziplinarrechts erblickt, und daß ih deshalb diesen Beschluß als unannehmbar würde bezeihnen müssen, daß ih darin eine verhängnißvolle Aenderung der Kommissionsbeshlüsse und eine Gefahr für das Zustandekommen des Geseßes sehen würde.

S Sa wird unverändert nah dem Beschlusse der Kom- mission unter Ablehnung des Antrages von Cuny und der Anträge Broemel angenommen. Für den Antrag von Cuny stimmen die Nationalliberalen, die Freisinnigen und der größere Theil des Zentrums.

Die Diskussion wendet sich nunmehr zu dem oben er- wähnten 8 1a.

Abg. Dr. Hauptmann (Zentr.) beantragt, die 88 18 und 24 des Gesetzes von 1852 von der Anwendung auf die Dozenten aus- us ehen, um zu verhüten, daß außer dem Unterrihts-Minister und der Fakultät noch andere Dienstvorgeseßte Strafen verhängen dürfen.

Gerichts-Assessor Tilmann bittet um Mg E Antrages. Die Befugniß des Ministers zur Verhängung von Strafen sei durch das Disziplinargesez am besten gewährleistet.

Abg. Kir sch (Zentr.) beantragt, in diesen Paragraphen auch den § 17 des Disziplinargeseßes als cine auf die Privatdozenten anzu- wendende Bestimmung aufzunehmen, wona in Straffällen niht bloß der einzelne Fall, sondern die gesammte Führung des Beamten in Betracht gezogen werden soll. Außerdem beantragt er eine redaktionelle Verbefserung des § 1a.

Gerichts-Assefsor Tilmann wendet sih au gegen diesen Antrag.

Abg. Broemel will die Bestimmung festgelegt wissen, baß immer nur eine gleihwerthige Instanz, d. h. eine andere Fakultät, zur Beurtheilung von Straffällen der Dozenten substituiert werde. Dem Dekan werde aber dur diesen Paragraphen eine ganz ungebührliche Stellung angewiesen,

Gerichts-Assessor Tilmann weist darauf hin, daß ohnehin in den meisten Fällen das Staats-Ministerium die Entscheidung einer anderen Fakultät übertragen werde.

Abg. Dr. Oswalt erklärt sih für den Antrag Hauptmann, da bereits in § 3 dieses Gesetzes über die Verhängung von Ordnungs- strafen das Nöthige beftimmt sei.

Abg. Dr. Irmer erklärt sih gegen den Antrag Broemel.

8 la wird unter Ablehnung sämmtlicher Anträge mit der vom Abg. Kirsch vorgeschlagenen redaktionellen Verbesserung nach den Beschlüssen der Kommission angenommen.

S 2 lautet: Die gegen Privatdozenten zulässigen Dis- ziplinarstrafen ige in Ordnungsstrafen und Entziehung der Eigenschaft als Privatdozent.

Abg. Kirsch: Soll einem Privatdozenten nicht nur für eine C i sondern für alle vnd auch für die anderen Universitäten eine Eigenschaft entzogen werden dürfen? Das wäre doch sehr hart.

Ministerial-Direktor Dr. Althoff: Es ist selbstverständlih, daß die Entziehung der Eigenschaft als Privatdozent sch nur auf eine Fakultät bezieht. :

Der Paragraph wird angenommen.

Nach § 3 sind Ordnungsstrafen: 1) Warnung, 2) Ver- weis. Zur Verhängung derselben ist außer dem UÜnterrichts- Minister die Fakultät befugt, bei welher der Privatdozent habilitiert ist.

Abg. Dr. Virchow beantragt, die Worte „außer dem Unter- rihts-Minister“ zu \treihen. Es sei ein Novum, daß der Unterrichts- Miinistec in diesem Falle selbständig vorgehen solle. In erster Linie müsse die Universität stehen. Redner verweist auf den Fall Arons, in welchem die Fakultät es niht für nothwendig erahtet habe, gegen Privatdozenten einzuschreiten; der Minister würde in einem ähnlichen

alle ganz anders entscheiden. Er bittet um Annahme feines An-

trages. Ferner beantragt er eine redaktionelle Aenderung des Para- graphen dahin: Gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe durch die Fakultät is binnen einer mit der Zustellung dieser Verfügung beginnenden Frist von zwei Wochen eine Beshwerde an den Unter- Ls In der Vorlage steht statt „ist zulässig“: „findet —. statt“.

Ministerial-Direktor Dr. Althoff bemerkt, daß der Minister jetzt {hon auf Grund des Gutachtens der Fakultät entscheidet.

Nach kurzer Debatte, an welcher sih außer dem Antrag- steller die Abg. Dr. Porsch, Dr. Jrmer und Kirsch be- theiligen, wird der Antrag Virchow abgelehnt und § 3 unver- ändert angenommen.

S 4 wird ohne Debatte angenommen. :

5 lautet: Die entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz ist die Fakultät, bei welcher der Privatdozent habilitiert ist... Jn dieser Eigenschaft is die Fakultät als Provinzial- behörde im Sinne des clehes von 1852 anzusehen. Für ihre Zusammenseßung sind diejelben Bestimmungen maßgebend, welche sonst für die Geschäftsführung der Fakultät gelten.

Abg. Broemel beantragt, hinzuzufügen: „doch sind die Disziplinarsachen in besonderen Plenarsißungen zu erledigen, an welchen mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder theilnehmen müssen“.

Ministerial-Direktor Dr. Althoff hält diesen Antrag für über- flüssig, weil jeyt. {on der Grundsaß „tres faciunt collegium“ zu Recht bestehe und einzelne Fakultäten sogar Z der Mitglieder zur Beschlußfassung für nothwendig erachteten, z. B. die theologische Fakultät in Berlin. Der Antrag Broemel würde also die Stellung der Privatdozenten in dieser Hinsicht vers{hlehtern.

Nach einer weiteren kur? 4 9e. .„cinandersegung zwi dem Abg. Broemel, der seinen Antrag zurü eht M ban Ministerial-Direktor Dr. Althoff wird § 5 angenommen.

Derselbe Abgeordnete hat noch eine ganze Reihe voti Zusaßbestimmungen zu §5 als § 56 b—h beantragt, die namentlih die vermögensrechtlie Schädigung der Privat- dozenten, die ihnen durch den Verlust. von Kollegiengeldern infane eines Disziplinarverfahrens erwase, einigermaßen wieder ausgleihen sollen. Bei ihrer Aussichtslosigkeit zieht er jedoch sämmtlihe Anträge zurü.

Ministerial-Direktor Dr. Alt h off glaubt den Antragsteller in Bes». zug auf diese Besorgnisse beruhigen zu können, dagegen hält er es nitt für zulässig, daß ein susvendierter Privatdozent amtlich Vorlesungen ankündigt.

Abg. Kirsch beantragt, den § 6 zu streichen, nah welchem es Königlicher Verordnung vorbehalten bleibt, die Bestimmungen dieses Gefeßes auch auf die Privatdozenten an technishen und sonstigen Hoch- schulen auszudehnen.

Ministerial-Direktor Dr. A lthoff: An si hat die Regierung an diesem Paragraphen kein großes Interesse, aber es sollen die anderen Hochschulen nihcht \{chlechter gestelt werden, als die Univer- sitäten, Wir wollen auch vermeiden, daß der Landtag ih noch einmal mit einem Geseß für die Tehnishen Hochschulen u. #. w. be- fafsen muß.

Abg. Dr. Irmer erklärt sich ebenfalls für den 6. Man habe {on an diesem Gese genug.

S 6 wird angenommen, ebenso §7 ohne Debatte. Damit ist die zweite Berathung beendet.

Schluß 41/4 Uhr. Nächste Sißung Dienstag 11 Uhr. (Antrag Gamp, betreffend die Sonntagsruhe; Rechnungen und Petitionen.)

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Hause der Abgeordneten ist nahstehender Ent- wurf eines Gesetzes, M die Bewilligung weiterer Staatsmittel zur Verbesserung der Woh- nungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering be- soldeten Staatsbeamten, nebst der dazu gehörigen Be- gründung und einer dritten Denkschrift über die Aus- führung des Geseßes vom 13. August 1895 zuge- gangen :

S 1

Der Staatsregierung wird ein weiterer Betrag von fünf Millionen Mark zur Verwendung nach Maßgabe des Geseßes vom 13. August 1895 (Ges.-S. S. 521) betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering befoldeten Staatsbeamten zur Verfügung gestellt.

L,

Zur Bereitstellung der im § 1 gedachten fünf Millionen Mark ist eine Anleihe durch Veräußerung eines entsprehenden Betrages von Schuldverschreibungen aufzunehmen.

Wänn, durh welche Stelle und in welhen Beträgen, zu welchem Zinsfuße, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Kursen die Schuldverschreibungen veräußert werden sollen, bestimmt der Finanz-Minister.

Im übrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der An- leihe und wegen Verjährung der Zinsen die Vorschriften des Geseßes vom 19. Dezember 1869 (Ges.-S. S. 1197) und ves Gesetzes vom 8. März 1897 (Ges.-S. S. 43) zur Anwendung.

8 3. Dem Landtage ist bei dessen nächster regelmäßiger Zusammenkunft über die Ausführung dieses Geseßes Rechenschaft zu geben.

Die diesem Gesegentwurf beigefügte Begründung lautet:

Veber die Ausführung des Geseßes vom 13. August 1895, be- treffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Verbefserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in \taatlihen Betrieben be- \chäftigt find, und von gerina besoldeten Staatsbeamten, ist dem Landtage in den unterm 28, Mai 1896 und 19. Mai 1897 (Druck- sachen des Abgeordnetenhauses 1895/96 Nr. 234, 1896/97 Nr. 253; Drucksachen des Herrenhauses 1895/96 Nr. 116, 1896/97 Nr. 161) vorgelegten Denkschriften Rechenschaft gegeben worden.

Wie die anliegende dritte Denkschrift über die Ausführung des genannten Geseßes ergiebt, ist über die bisher bereitgestellten Mittel im Betrage von fünf Millionen Mark nunmehr vollständig verfügt.

Schon in der Begründung des Geseßes vom 13. August 1895 ist

ausgeführt, daß die da:nals A adeeten fünf Millionen Mark zur Be- friedigung des Bedürfnisses niht ausreihen würden und daß es fich zunächst nur um einen Versu handele, dur Errichtung staatlicher Miethswohnhäuser und durch die Gewährung von Darlehen an Bau? enofsenshaften die Wohnungsverhältnifse der in staatlihen Betrieben beschäftigten Arbeiter und gering besoldeten Beamten allmählich einer Verbessekung entgegenzuführen. Da die Versuche den gehegten Er- wartungen im allgemeinen entsprohen und die Billigung des Land- tages gefunden haben, da ferner nah den angestellten Erhebungen das Bedürfniß, auf dem eingeschlagenen Wege weiter vorzugehen, unver- ändert fortbesteht, die dazu erforderlihen Mittèl aber erschöpft sind, bringt die Staatsregierung die Bereitstellung eines weiteren Betrages von fünf Millionen Mark zur Verfolgung der Zwecke des mehr- genannten Gesetes in Vorschlag.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 104.

Berlin, Dienstag, den 3. Mai

1898,

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Die bisher beobachteten Grundsäße haben sich im allgemeinen bewährt, es hat sich indeß ergeben, daß der für die Unterhaltung, Verwaltung und Amortisation der Miethshäuser geforderte Ge- sammtsaß von 18 % 1% des gesammten Anlagekapitals und # % des Baukapitals zu hoch gegriffen is. Nach den von der Bergverwaltung an mehreren Stellen hinsicht- lih der vom Staate erbauten Arbeitermiethshäuser gemachten Er- fahrungen und nah dem Vorgange größerer gewecbliher Unternehmer kann angenommen werden, daß der Gesammtsay für Unterhaltung und Verwaltung und für die Amortisation des Baukapitals mit I 9% des gesammten Anlagekapitals ausreihend bemessen ist, zumal an vielen der in Betraht kommenden Orte die Steigerung des Bodenwerthes den etwaigen Ausfall in der Amortisation dex Ge- bäude hinreihend ergänzen wird, Der Grundsaß, daß eine durch- s{nittlihe Verzinfung von etwa 3 % zu fordern ist, wird hier- dur nicht berührt und auch für die Zukunft aufrecht zu er- halten fein.

Das Bedürfniß zur Gewährung von Darlehen an Baugenossen- schaften wird voraussihtlich in nächster Zeit in verstärktem Maße hervortreten und die Bereitstellung staatliher Mittel in erhebliherem Umfange als bisher erfordern. In den Jahren 1893 bis 1897 hat nämli der Vorstand der Pensionskasse für die Arbeiter der preußischen Staats-Eisenbahnverwaltung aus Mitteln der Kasse an Baugenossen- schaften, die überwiegend aus Eisenbahnbediensteten bestehen, Bau- darlehne zum Gefainmtbetrage von nahezu 5 Millionen Mark be- willigt. Im wesentlichen ift dies unter denselben Bedingungen ge- schehen, welche für die Gewährung staatlicher Darlehne festgeseßt sind, nur ist der Zinsfuß meist auf 37 9%/% bestimmt worden. Der Vor- stand ist zwar in dec Lage, zunähst noch weitere Darlehne, indeß nur bis zur Gesammtsumme von sech8 Millionen Mark zu bewilligen. Es isi daher anzunehmen, daß der Staat demnächst zur Befriedigung des Kreditbedürfnisses der Baugenofsenshaften in höherem Maße als bisber in Anspruch genommen werden wird.

Die dem Gesehentwurf ferner beigegebene dritte Denk- [chrift über die Ausführung des Gesetzes vom 13. August 1895, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlihen Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staatsbeamten, hat folgenden Worilaut :

Im Anschluß an die zweite Denkschrift, welche unter dem 19. Mai 1897 dem Hause der Abgeordneten vorgelegt is (Nr. 253 der Druck- sahen dcs Abgeordnetenhauses 1896/97, Nr. 161 der Drucksachen des Verrenhauses 1896/97), wird in der gegenwärtigen dritten Denkschrift äber die Ausführung des in der Ueberschrift genannten Gesetzes weitere Rechenschaft, wie folgt, gegeben:

A. Eisenbahnverwaltung.

1) Jm Oktober 1895 wurde die Erbauung von Miethswohnhäusern in folgenden 21 Orten angeordnet:

Gerolstein, Neunkirhen, Völklingen (Eisenbahn-Direktions- bezirk St. Johann-Saarbrücken); Oppum (Eisenbahn- Direktions- bezirk Köln); Brügge, Langenberg, Lennep, Holzwickede (Eisen- bahn-Direktionsbezirk Elberfeld); Oberhausen Il und 11, Spel- dorf, Wanne, Osterfeld (Eisenbahn-Direktionsbezirk Essen) : Leinhausen (Eisenbahn-Direktionsbezirk Hannover); ECilsleben (Eisenbahn-Direktionsbezirk Magdeburg); Laurahütte, Deutsc(- Rasselwiß, Tarnowiß (Eisenbahn-Direktionsbezirk Kattowitz) ; Posen, Jarotschin (Eisenbahn-Direktionsbezirk Posen); Dirschau (Eisenbahn-Direktionsbezirk Danzig); Osterode (1) (Eisenbahn- Direktionsbezirk Königsberg i. Pr.).

Diese Wohngebäude (erste Gruppe) sind sämmtlih vollendet und bezogen. Sie enthalten insgesammt 458 Wohnungen 1), und zwar 155 Wohnungen mit 4 Räumen, 221 mit 3 Näumen, §82 mit 2 Räumen (überall die Küche als ein Naum mitgerechnet).

Der Bau einer zweiten Gruppe von Miethshäusern wurde im Auguft 1896 an folgenden 8 Orten angeordnet :

Frankfurt a. M., Gießen (Eisenbahn - Direktionsbezirk Frank- furt); Kalk (Eisenbahn-Direktionsbezirk Elberfeld, jeßt Köln); Göttingen (Eisenbahn - Direktionsbezirk Cassel); Angermünde (Eisenbahn - Direktionsbezirk Stettin); Thorn (Eisenbahn- Direktionsbezirk Bromberg); Allensteïn, Osterode (I1) (Eisen- bahn-Direktionsbezirk Königsberg i. Pr.).

Von diesen Bauten sind diejenigen in Kalk, Angermünde, Allen- stein und Osterode (11) im Laufe des Jahres 1897 vollendet und be- zogen; die übrigen werden bis zum 1, Juli 1898 der Benußung übergeben werden können. Diese Gruppe enthält insgesammt 244 Wohnungen und zwar 76 mit vier Räumen, 93 mit drei und 75 mit ¿wei Räumen.

__Im April 1897 wurde der Auftrag zur Errichtung von Mieths- häusern in folgenden 8 Orten ertheilt:

Hanau (Eifenbahn-Direktionsbezirk Frankfurt a. M.); Dort- mund, Essen (Eifenbahn-Direktionsbezirk Essen); Niedersalz- brunn, Oberlangenbtelau (Eisenbahn-Direktionsbezirk Breslau) ; Neustettin (Eisenbahn - Direktionsbezirk Danzig); Schwerte, Radevormwald (Eifenbahn-Direktionsbezirk Elberfeld).

Diese Häuser werden vorauésihtlich bis zum 1. Oktober 1898 vollendet und bezogen sein. Sie werden 110 Wohnungen enthalten und zwar 46 mit vier Näumen, 49 mit drei und 15 mit zwei Räumen.

Ueber die Zahl und Art der in den einzelnen Orten erbauten Häuser und über die Zahl und Größe der Wohnungen der Gruppen I und IT geben die Uebersihten T und II, die der zweiten Denkschrift beigefügt sind, nähere Auskunft. Die dort in Bezug genommenen

uster von Bauentwürfen und sämmtlihe Lagepläne der Häuser wurden für die Berathungen im vorigen Jahre zur Einsihtnahme bereit gehalten.

: In Ansehung der Häuser der dritten Gruppe wird der gegen- wärtigen Denkschrift die Uebersicht TIT beigefügt. Die Bauentwürfe ¡zu diesen Häusern (a b, c) sind dieselben, die in den Uebersihten I und Il in gleiher Weise bezeichnet sind.

Hiernach sind insgesammt 812 Wohnungen hergestellt oder im

au begriffen, und zwar 277 vierräumige, 363 dreiräumige, 172 zwei- räumige. Die vierräumigen haben fast sämmtli eine Nußfläbe von 92 qm, die dreiräumigen der Regel nah eine solhe von 37 oder 9 qm, die zweiräumigen eine solhe von 284 oder 30 qm, 296 Woh-

1) Die ursprünglich für Unverheirathete geplanten fünf einräumigen Wohnungen in Dirschau (Uebersicht T zur zweiten Denkschrift, Ufd. Nr. 20) sind als solhe nit eingerihtet worden. Die Räume find fünf zweiräumigen hinzugelegt worden, sodaß die Zahl der letteren

cdEE fünf verminderte und die Zahl der dreiräumigen sich um fünf

nungen liegen in zweigeshossigen Häusern mit je 4 Wohnungen, 468 Wohnungen in dreiges{ol|sigen Häusern mit je 6 Wohnungen, 48 Wohnungen ( rankfurt a. M.) in viergeschossigen Häusern mit je 8 Wohnungen. Die Herstellung von Einfamilienhäusern (einfa oder doppelt) verbot sih wie iy der zweiten Denkschrift bereits ausgeführt ist, weil wegen des beträchtlich höheren Kostenaufwandes die im Ge- seße (8 3) zur Bedingung gemachte angemessene Verzinsung des Ges fammten Anlagefkapitals (zu rd. 3 % angenommen) neben der Amor- tisation sämmtlicher Baukosten (4 9/6) nach Deckung der Kosten für die Verwaltung und die bauliche Unterhaltung der Gebäude (zu 1 9% des gesammten Anlagekapitals angenommen) aus dem Miethszinse niht erwartet werden konnte. Es hätten wesentli höhere Mieths- säße in Rehnung gezogen werden müssen, als die Bediensteten ge- wöhnt, geneigt, und theilweise im stande sind, zu entrichten. Die (48) Wohnungen in Leinhausen haben je besondere Zugänge, die übrigen nicht. Zu jeder Wohnung gehört ein Keller und (außer Lein- hausen) ein Bodenraum nebst Anrecht auf Benußung des Trocken- bodens. An manchen Orten sind bejondere Waschküchen eingerichtet. Jede Wohnung hat einen besonderen Abort, der in Frankfurt a. M. und Brügge innerhalb des Hauses, im übrigen auf dem Hofe her- gestellt ist. Zu den meisten Wohnungen gehört ein Stallgebäude mit darüber liegendem Futterboden; nur in Langenberg, Brügge, Lennep, Frankfurt a. M., Gießen, Kalk, Thorn, Hanau fehlen Stallgebäude. Meistens ist jeder Wohnung ein Stück Gartenland zugetheilt.

Vor Genehmigung der Bauten wurden die Geldmittel und Er- trägnisse wie folgt veranschlagt :

Erste | Zweite | Dritte | Ale drei Gruppe Gruppe | Gruppe | Grupven (458 Woh- (244 Woh- (110 Woßh-1(812 Woh- nungen) | nungen) | nungen) ] nungen)

| M. | M | é. M.

Baukosten mit Ein- |

810 660|

{luß der Kosten für alle Nebenanlagen Für den Grund und Boden, der noh nit im Staatsbesiß war zusammen Werth des f\taats- eigenen Geländes zur | Zeit der Bebauung . 93 670| Mithin das gesammte | Anlagekapital . . . ] 1585 970] Das Miethserträgniß 69 420] Davon ab: | a für Verwaltung | und Unterhaltung | | 1 9%/0des gesammten | Anlagekapitals a. 15 860 la. . für Amortisation & 9/0 der Baukosten

1 501 700) 374 680} 2 687 040

29 760) 860 840 420

30 600| I 532 300)

61 220 379 540} 2 748 260

25 430|__19 353

394 893 16 920

865 850} Dc 480 |

8658 la. 3949 la. 28 467

b. 7509 |b. 4053 b. 1873

28.369/ 1271| 5 822 | |

b, 13 435 41 902

sodaß ein Reinerträgniß n Doe Von

d. h. Prozent des Ge- fammtanlagekapitals verbleiben würde „. 2,90

46051| 24769| 11098 81918

2,86 2,81 2,88

,

In den Baukosten (zu 1) sind außer den Baukosten im engeren Sinne (für die Wohn- und Stallgebäude) und den Kosten für Straßenregelung, Ent- und Bewässerung, Einfriedigung, Anpflanzung u. f. f. auch die Kosten der Bauleitung eingeschlossen. Als solche müssen 59/0 aller Grunderwerbs- und Baukosten zu Gunsten des Eisenbahnbetriebsfonds in Rechnung gestellt werden (vergl. die Allge- meinen Erläuterungen zum Etat der Eisenbahnverwaltung für das Jahr 1. April 1896/97 Seite 30), obwohl die wirklichen Kosten für die Bauleitung im vorliegenden Falle diese Höhe bei weitem nicht erreichen dürften. Denn die Ausführung dieser Wohngebäude wurde zur thunlihsten Herabminderung der Kosten im General-Verdingungs- verfahren gegen feste Bauschsummen vergeben.

Die Bau- und Bodenkosten (1,2) werden in Wirkiichkeit etwas mehr betragen, als sie veranschlagt sind. Es haben bisher für die una der Gruppe I 20040 4, der Gruppe II 10500 4, der

ruppe IIT 7455 #4, zusammen rund 38 000 G nahbewilligt wecden müssen, während an einzelnen Orten die Anschlagssummen nicht voll nothwendig gewesen find. Das vorausgeseßte Miethserträgniß wird nit überall erreicht werden. Ein abschließendes Ergebniß kann noch nicht festgestellt werden, weil ein Theil der Bauten noch nicht vollendet ift.

2) Außerdem is im Jahre 1895 auf den Antrag des von Eisen- bahnbediensteten in Dirshau gebildeten Spar- und Bauvereins das von diefem erbaute Häuschen mit zwei zweiräumigen Wohnungen für rund 4500 G angekauft worden, weil der Verein dem weiteren Bedürfniß an Wohnungen abzuhelfen niht stark genug war und es deshalb noth- wendig wurde, staatsfeitig in nicht großer Entfernung von jenem Hause 54 Wohnungen in Dirschau zu erbauen. Der Kaufpreis ift aus den Mitteln des Geseßes vom 13. August 1895 entnommen.

3) Gemäß § 4 des Gesetzes sind zur Bewilligung von Bau- darlehen an Baugenossenshaften, deren Mitglieder ganz oder zu einem erheblihen Theil aus unteren Staats-, insbesondere Staatseisenbahn- bediensteten bestehen, im Laufe der Jahre 1896 und 1897 folgende Beträge den örtlih zuständigen Eisenbahndirektionen zur Verfügung gestellt worden, und zwar :

1) für den Volksbauverein Conz-Karthaus zu Karthaus 25 000 , 2) für die Baugenossenschaft zu St. Johann 70 000 M, 3) für den Beamtenwohnungsverein zu Münster (Westfalen) 200 000 M, für den Wilhelmsburger Bau- und Sparverein von Eisenbahn- bediensteten 120 000 M, für den Spar- und Bauverein in Greifswald 94 000 M, für den Bauverein in Stralsund 130 000 4, für den Brockauer Bau und Sparverein in Breslau 200 000 M, insgesammt 839 000 A Hierauf sind bisher, entspreßend dem Fortgang der Bauten gemäß den Darlehnsbedingungen, 559 500 M

zur Auszahlung gelangt. Die genannten Vereine sind sämmtlih Genossenschaften mit be-

{ränkter Haftpflicht. Die Bedingungen, unter welhen solche Darlehne gewährt werden

Herrenhauses 1895/96) mitgetheilt. Auf den beliehenen Gründstücken sind seither errichtet : in Conz-Karthaus 4 zweigeshossige Häuser mit je 2 Woh- nungen (noch zwei gleihe Häuser find für 1898 in Aussicht genommen), | St. Johann 2 dreigeshossige Häuser mit 6 und 9 Woh- nungen, Münster (Westfalen) 13 dreigeshossige Häuser wit zu- jammen 39 Wohnungen (noch 2 dreigeshossige Häuser sind __in Aussicht genommen), in Greifswald 7 dreigeshossige Häuser mit zusammen 40 Woh- nungen, in Stralsund 4 dreigeshossige Doppelhäuser mit zusammen __48 Wohnungen, in Brockau 3 dreigeschossige Doppelhäuser mit 76 Wohnungen, __ au 2 Läden. In Wilhelmsburg haben die Bauten noch niht begonnen werden können, weil Hindernisse in Ansehung der baupolizeilichen Genehmigung noch zu beseitigen waren.

B, Allgemeine Bauverwaltung.

_Im Bereiche der Bauverwaltung wird beabsichtigt, zur Ver- besserung der Wohnungsverhältnisse der unteren Bediensteten aus den Mitteln des Gesetzes etwa 125 000 M. zu verwenden.

Bisher ist verfügt worden über :

a. 14000 #4, um in Fordon ein für Unterbedienstete der Strom-

bauverwaltung besonders günstig gelegenes Wohnhaus (nebst S IIoute und WaschküŸhe) anzukaufen und theilweise um- zubauen,

b. 49 000 , um am Ruhrorter Hafen zwei Miethwohnhäuser

für je 6 Arbeiterfamilien zu erbauen.

An beiden Orten wird ein Miethzins in Höhe von 44 9% des Anlagekapitals, also im rwoefentlihen ein Reinertrag in Höhe von 3 9/9 des leßteren erwartet.

Betreffs anderer Bauten stand die endgültige Verfügung zur Zeit der Berichterstattung (Ende Dezember 1897) noch aus.

Hiernach is im Bereihe des Ministeciums der öffentlichen Arbeiten die Verwendung der durch das Gesez vom 13. August 1895 bewilligten Mittel seither in folgendem Umfange erfolgt oder in be- stimmte Aussicht genommen :

1) zur Herstellung \taatseigener Miethwohnhäuser im Bereiche

der Eisenbahnverwaltung in Höhe von 1 532 300 A + 840 420 A + 375 540 Æ + 38 000 A + 4500 A = . 2790 760 M und im Bereiche der Bauverwaltung in Höhe von 63 000 ,

2) zu Baudarleben . E 839 000 , 3) über einen Betrag von E 107.240. bleibt die Verfügung überwiegen für den Be-

reih der Bauverwaltung noch vorbehalten. Zusammen . . 3800 000

C. Bergverwaltung.

Nach der im Mai 1897 vorgelegten zweiten Denkschrift war im Bereiche der Bergverwaltung für 17 Häuser der Zuschlag zur Aus- führung ertheilt worden. Diese werden bis zum Schlusse des Etats- jahres 1897/98 fertig gestellt werden.

Inzwischen ist noch die Ausführung folgender Bauten genehmigt :

6 Vierfamilienhäufer für Arbeiter des Salzwerks zu Staßfurt, 4 Vierfamilicnhäuser für Arbeitcr der Grube König bei Saar- brüden, l- Viersamilienhaus für Arbeiter der Grube Camphausen bei Saarbrücken. 1 Vierfamilienhaus für Beamte bei der Bergwerks-Direktion zu Saarbrücken, 2 O IOer für Beamte der Grube König bei Saar- rüdcken, l Vierfamilienhaus für Beamte der Grube Camphausen bei Saarbrücken, sodaß bis jeßt im Ganzen 32 Häuser mit zusammen 106 Wohnungen theils fertiggestellt, theils in Angriff genommen sind. Von diesèn Wohnungen sind 80 für Arbeiter und 26 für gering besoldete Beamte bestimmt. Die Vorlage einer Zusammenstellung mit näheren An- gaben für die einzelnen Häuser bleibt bis zur Abrehnung der Bau- kosten vorbehalten. Die Bauentwürfe waren für die vorjährigen Be- rathungen zur Einsichtnahme bereit gehalten und sind dann den Lokal- behörden wieder zugestellt worden.

Nach den bei der Ausschreibung abgegebenen Geboten werden die Baukosten für diese 32 Häuser rund 508 000 (4 betragen. Der Zu- schlag _ ist in jedem Falle erft ertheilt worden, nahdem festgestellt war, daß si dur die Vermiethung ein Durhschnittsertrag von 4,3 9% und fomit eine Verzinsung des Anlagekapitals von mindestens 2,8 %/ mit Bestimmtheit erwarten ließ. Für Oberschlesien hat ih die Her- stellung von Zwet- und Vierfamilienhäusern für Arbeiter einst- weilen nicht bewerkstelligen laffen, weil gerade in diesem Landes- theile seit mehreren Jahren eine erheblihe Steigerung der Boden- und Materialienpreise eingetreten is und eine den vorerwähnten ep nasap gewährleistende Höhe der Miethen niht angängig er-

ien.

Neuerdings wird erwogen, ob niht Arbeiter-Miethhäuser für die Dberschlesishen Staatswerke nah anderen Bauentwürfen herzustellen sind, bei denen sich durch die Vermehrung der Stockwerke und damit der Zahl der auf jedes Haus entfallenden Wohnungen eine Verringe- rung der durchs{nittlichen Baukosten für eine Wohnung und dadurch der zu berehnenden Miethsbeträge bewirken läßt.

Eventuell aber würde die Arg der Häuser nach den bis« herigen Plänen sih ermöglichen lassen, falls der Vorschlag, die bisher für Verwaltung, E und Amortisation mit zusammen 14 9/ berehneten Kosten auf 1 0/6 herabzuseßen, Billigung finden sollte.

Mit Rücksicht auf die vorhandene rege Nachfrage sind der Berg- werksdirektion zu Saarbrücken nohmals 100 000 4 (zusammen as 200 000 4) zur Gewährung von Baudarlehen 4 des Gesetzes) an Arbeiter der Saarbrücker Staatsbergwerke zur Verfügung gestellt worden, die im Etatsjahre 1898/99 unter den in der ersten Denk- chrift mitgetheilten Bedingungen zur Auszahlung kommen werden. Im Bereiche der Bergverwaltung kommen demnach bis jeßt rund 708 000 M zur Verwendung, während über weitere 242 000 4 für Werl esten die Erwägungen noch \{chweben.

anahch sind von dem der Staatsregierung zur Verfü ung ge- stellten Kredit von 5 000 000 Æ bisher verwendet bezw. zur Verwen dung festgelegt: A. im Bereich der Eisenbahn- bezw. B. Bauberwältüng 4 24 C. im Bereich der Bergverwaltung uammen... S M ._ Der hiernach verdieibendo Betrag von 2500006 A wird in nächfter Zeit voraussichtlih einer Baugenossenschaft als Darlehn über-

3 800 000 M, 950000 ,

können, find mit der ersten Denkschrift (Nr. 234 der Drucksachen

des Abgeordnetenhauses 1895/96, Nr. 116 der Drucksachen des

wiesen werden, so daß Mittel aus dem Geseze vom 13. 9 niht mehr zur Verfügung stehen. seße vom 13. Auguft 18