1898 / 109 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 May 1898 18:00:01 GMT) scan diff

P E E F

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E E S

wenn wir jeßt“ die Ausführungsresultate des Lehrerbesoldungs- geseßes im Großen und Ganzen für die Monarchie vorlegen, was für die nähften Wochen sih ermöglichen lafsen wird, wir dann doch ein besseres Bild bekommen werden, als es bisher den Anschein ge- wonnen hat.

Meine Herren, da ich einmal das Wort habe, so bitte ich um die Erlaubniß, noch einige Bemerkungen zu dem bisherigen Gang der Debatte machen zu dürfer. Es ift für mich außerordentli erfreulich gewesen, daß die Herren, die für das Geseß eingetreten sind, dies in so warmer und überzeugender Weise gethan haben. Es gehörte zu den erfreulihsten Erfolgen dieser Vorlage, daß hon in der Kom- mission sih eine Uebereinstimmung ich kann sagen, der Mitglieder aller Parteien von Stunde zu Stunde entwidelte, die der An- nahme des Geseßes außerordentlich günstig is. Selbst die Herren, die von vornherein als Gegner des Gesetzes in die Kommission hinein- kamen und es zum theil auch geblieben sind, werden anerkennen müfsen, daß das Gewicht der Gründe, welches für die Vorlage mehr und mchr hervortrat, ein sehr chweres und überzeugendes war.

Nun, meine Herren, glaube ih, daß der hohverehrte Herr von

Köller, dessen Gewicht in diesem hohen Hause ich garnicht unter- schäte, doch vielfach heute nah einer Gegend hin seine Geschosse gerihtet hat, wo gar kein Gegner steht. Weder in der Regierung ncch in diesem hohen Hause i, soviel ih weiß, auch nur ein Mit- glied, das irgend einer sozialistishen Neigung und Tendenz auch nur verdächtig erscheint. Es giebt hier keinen, der nicht mit aller Energie jeden Versuch, sozialistishe Erxperi- mente hier vorzunehmen, zurückweisen würde, die Regierung in erster Linie, wie sh ganz von selbst versteht. Also wir wollen fo wenig an den Säulen der Gesellshaft rütteln, wie Herr von Köller und die Freunde, die ihm in der Opposition gegen diefe Vorlage bei- stehen. Meine Herren, in demselben Athem, wo Herr von Köller so eindringlich vor der angebli sozialistishen Natur des Ueberganges des Pfründenvermögens an die Kirhengemecinde gewarnt hat, in dem- selben Athem hat er uns aber gesagt, er würde zustimmen, wenn man die Sache so machte, daß man den Pfarrern das Pfründenverrnögen ließe, sie aber alle in 5 Klassen theilte, dann die Gemeinde verpflichtete, das Mangelnde dem Pfarrer zu geben, und die Pfarrer verpflichtete, ein Plus an die Gemeinde herauszuzahlen. Ja, meine Herren, wenn der Uebergang des Pfründenvermögens, der ja garniht das Eigenthum berührt, wenn die Verwaltung des Pfründenvermögens wirklich ein sozialistishes Moment hätte, so wäre der Vorschlag, zu dem Herr von Köller sich ausdrücklih bekannt hat, noch viel sozialistisher; denn er legt dem Pfarrer die Pflicht auf, ein Plus, das er aus dem Vermögen herauswirthshaftet, heraus- zugeben. Also, meine Herren, wenn man von Sozialismus reden will, dann wird dieser Vorshlag mindestens ebenso sozialistisch sein wie der andere.

Was die Zuschriften anlangt, von denen Herr von Köller sprach, namentlich die aus Hannover, so möchte ih da doch Zweifel erheben, ob etwa alle aus Gewissensbedenken in Bezug auf den Uebergang des Pfründenvermögens entstanden {ind. Denn au die hannövershe Minderheit hat ausdrücklich erklärt, daß fie nihts Anderes als den Uebergang der Pfründen vor- schlagen würde. Ebenso hat fie erklärt, daß sie die Alterszulagekasse baben will, Sie wollte nur eine Alterszulagekasse für die hannoversche Landeskirche allein haben, und die Gegnerschaft des Gesetzes in der hannovershen Landeskirhe beruht viel mehr im welfischen Parti- kularismus als in kirchlihen Gründen oder in Gewissensbedenken, die auf dem Gebiete des Pfründenübergangs liegen.

Endlich, wenu Herr von Köller meinte, daß das hier gebrauchte Bild von dem Uebergange des Nießbrauhs nicht ret zutreffend sei, weil ja der Ehemann die Ernährung seiner Frau übernehme, so kann man hier entgegnen, daß die Gemeinden auch die Unterhaltung des Pfarrers übernehmen müssen. Also dieses Bild ist vollständig für eine Analogie geeignet.

Herr von Köller hat gemeint, es bestehe die Gefahr, wenn das Gesetz ausgeführt wird, daß allmählich der Charakter des Pfründen- vermögens als Pfarrvermögen sich verwischen würde, daß dieses Vermögen mit dem Gemeindevermögen überhaupt vermischt werden Fönnte, und daß daraus also eine große Schädigung des Eigenthums und der ganzen Rechtsverhältnisse der Gemeinden sowohl, wie auh der Pfarrer als solhe herbeigeführt werden könnte. Ja, meine Herren, das ift ja ganz unmögli; denn das Pfründenvermögen wird ja jeßt verwaltet durch den Gemeindekirhenrath. Daß das jemals vermi1cht werden könnte mit dem Gemeindevermögen, ift, glaube ih, in jeder Beziehung ausgeschlossen; denn dann müßte es überhaupt keine Aufsichtsbehörde, kein Aufsihtsreht mehr geben. So lange wir das haben, ift das einfach unmöglich.

Wenn Herr von Köller gemeint hat, es würden die Herren, die jeßt an dem Zustandekommen des Geseßzes mitwirken, nah einiger Zeit sich überzeugen, daß es doch eine s{chwere Verant- wortlihkeit sei, die sie hiermit übernommen hätten, so muß ich sagen, daß die Verantwortung in erster Linie doch wohl die Staatsregierung trifft. Meine Herren, ih bin mir dieser Verantwortung auch voll bewußt, und ich kann Herrn von Köller versichern, daß ih diese Verantwortung mit gutem Gewissen trage. Denn es handelt fich, wie Herr von Heydebrand richtig ausgeführt hat, hier nicht bloß um materielle Güter. Selbst wenn es sih, wie Herr von Köller meinte, uur um die Noth der Geist- lichen handelte, wäre diese Noth groß genug, um uns zu veranlassen, so rasch wie möôglich diesem Nothstand ein Ende zu machén. Aber es handelt sich hier um viel Größeres, um große ideale Güter. Es handelt \sich darum, den Gemeinden eine Ver- waltung zu geben, durch die das fkirhlihe Interesse in den Ge- meinden gehoben wird; es handelt \sch darum, einen Weg zu er- schließen, um alle Landeskirhen, die wir haben, zu einer gemein- samen Arbeit zu verbinden, und es handelt sich darum, die Früchte der Berathung der General-Synode jeßt einzuheimsen und den Geist-

lichen zugänglih zu machen, die es garnicht verstehen, wenn jeßt ledig- lich aus Bedenken, für die gar kein sachliher Anhalt gegeben ist, diese Geseße nochmals in die Synoden, die ihrerseits mit großer Majorität dieses Geseg beschlossen haben, zurückgewiesen würden. Dazu würde sch auch die Staatsregierung niht verstehen; das Resultat würde nur das sein, was der Herr Finanz-Minister neulich angegeben hat, nämlich die ftaatlihe Nothwendigkeit einer viel stärkeren Betonung der Leistungs- fähigkeit der Gemeinden bei der Vertheilung der Zulagefonds, die wir jeßt {hon haben und zum größten Theil \ch{on vertheilt haben.

Darunter würden die Gemeinden zu leiden haben, während dieses Gese eine wesentlihe Erleichterung der Gemeindelasten bilden foll. Iz reue mi, daß Herr von Heyde- g A Q) Ea ne bela Ideen e tränkt war. Das Gese is zwar in der Kommission verbessert worden, aber nicht für die Gemeinden des Westens. Die Wirkung des Geseges wird sein, daß das Land alles bekommt, die Städte arnihts, und daß diese noch dazu am meisten zu den allgemeinen Staatslasten beizutragen haben. Sämmtlihe Landgemeinden werden als leistungsunfähig und die Stadtgemeinden als leistungs- fähig erklärt werden. Das katholische Geseß ist mir noch bedenk- lier. Von einer Noth der katholischen Geistlihen is niemals die Rede gewesen, und auch die kirhlihen Organe haben bei der Feststellung dieses Geseßes möglichst geschwiegen, um nit die Aufmerksamkeit auf diese Sache zu lenken. Sind die Leistungen des Staates an die katholische Kirche richtig abgemessen? Jch glaube niht. Die Steigerung der Gehälter nah dem Dienstalter ist wobl bet den evangelischen Geist- lichen am Plate, nicht aber bei den fkatholischen, wenigstens nicht in gleihem Maße, und darum glaube ih, daß die katholische Kirche hier wieder bei weitem günstiger behandelt wird als die evangelishe. In einem Anfall von Großmuth hat der Minister das Anfangsgehalt auh für die katholishen Geistlichen erhöht, obwohl bei diesen der Grund wegfällt, daß sie eine eigene Familie begründen müssen. Jh bin überhaupt neugierig, wie das Zentrum es fertig bringen wird, zu fagen, daß die katholishe Kirche von der preußischen Regierung \{lecht behandelt wird. Ein solches Geseß hat fich das Zentrum wohl nicht träumen lassen. Nah meinem Gesühl wäre es das Beste, das katholishe Geseß abzulehnen und das evangelishe anzunehmen, ih acceptiere es aber, weil es allen Paritätsklagen des Zenirums den Boden entzieht.

E des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Damit sich niht die Meinung im Lande in dieser Beziehung in irriger Weise festseßt, möchte ih doch einige Be- merkungen auf die Ausführungen des Herrn Abg. von Eynern machen. Er stellte hier wieder den bekannten Gegensaß auf: das Land be- kommt alles, die Städte nichts. Meine Herren, Herr von Eynern hat gewiß mehr oder weniger Recht, daß große Ungleichheiten nothwendig entstehen müssen, weil wir an den historisch und thatsächlich be- stehenden Zustand anknüpfen müssen, um überhaupt etwas zu erreichen, und weil es sich hier um Leistungen nicht für unmittelbare Staats- zwedcke handelt, sondern um Zuschüsse des Staats nah gewissen Regeln zu den fkirhlihen Gemeindeausgaben, welhe sich in der ganzen Monarchie in der verschiedensten Weise gestaltet haben. Wenn wir ein solhes Geseß machen, so ist das ja an und für sich hon eine Ausdehnung der Aufgabe des Staats, für kirhlihe Bedürfnisse zu sorgen. Wir sind dazu übergegangen im Interesse des Staats felbst, und weil wir uns überzeugt haben, daß wirklich der Nothstand bei den Geistlichen auf andere Weise nit abgeholfen werden kann.

Nun kann es allerdings vorkommen, daß eine Gemeinde, welche ih bisher sehr angestrengt hat durch fiarke Erhöhung threr Kirchen- steuern, thatsählich s{chlechter wegkommt als solhe Gemeinden, welche in dieser Beziehung lässig gewesen sind. Das können Sie aber unter keinen Umständen ändern ; das folgt aus der Nethwendigkeit, solche Zuschüsse zu vertheilen auf Gemeinden in ten allervershiedenartigsten finanziellen Verhältnissen und kirhlihen Zuständen. Aber, meine Herren, / daraus kann man nicht herleiten, daß nun die Städte besonders {chlecht wegkämen und das Land in einer unberechtigten Weise begünstigt würde. Wenn der Herr Abg. von Eynern die gewiß anerkennenswerthen Leistungen der rheinishen, auch und vielleiht vorzugsweise der evangelishen Kirchengemeinden, dabei im Auge hat, so verstehe ih das. Aber wenn er mal eine Liste vor \ich hätte, was beispielsweise die fleinen ganz armen und kümmerlichen kirhlihen Gemeinden, fowohl fkatholishe als evangelische, in der Diaspora an Steuern leisten, so würde er sich zweifellos überzeugen, daß fie gewiß nicht weniger Opfer bringen. Ich kenne kirchliche Gemeinden in diesen Gegenden auf dem Lande, die bis zu 50% Kirchensteuern, Zuschläge zu den Staatsfteuern zahlen darunter auch kleine und große Städte.

Herr Abg. von Eynern meint, die kleinen Städte würden all- gemein als leistungsunfähig betrahtet werden bei der Aus- führung des Gesezes. Das i} ein großer Jrrthum, und dieser Irrthum ergiebt sich \chon daraus, daß bisher son vom Staat au kleine Städte erbeblihe Zuschüsse bekommen haben, weil wir fie allerdings nicht für leistungsfähig hielten. Also einen Unterschied, einen Gegensaß zwis{hen Stadt und Land giebt es hier nit; wohl aber giebt es einen Gegensaß, der sowohl innerhalb der Landgemeinde als innerhalb der Städte sich zeigt, nämli den nothwendig feftzuhaltenden Unterschied zwischen leistungsfähigen und [eistungsunfähigen Gemeinden. Wir wollen eben nur die Gemeinden, die fih selbst niht helfen können, die für diese neuen fehr gesteigerten Lasten leistungsunfähig sind, unterstüßen, und wir kümmern uns gar- nicht darum, ob das Gemeinden mit ftädtischem Charakter oder Ge- meinden mit dörfliher Verfassung sind. Uns kommt es nur auf diesen einen Gesihtspunkt an. Und da meine ih immer, die- jenigen Gemeinden, die leistungsfähig sind, können sich über ihre Leistungsfähigkeit niht beklagen, viel weniger als diejenigen, die nicht leistungsfähig sind und daher \taatliher Zushüfse bedürfen. Also ih bestreite, daß zwischen Stadt und Land, zwischen großen und kleinen Städten irgend ein unberechtigter Untershied nah der Richtung der Bevorzugung der einen und der Benachtheiligung der anderen vorhanden wäre.

Meine Herren, der Herr Abg, von Eynern hat sih dann darüber gewundert, daß ih als sparsamer Finanz-Minister mi bereit erklärt habe in der Kommission, noch 450 000 Æ für die beiden kirchlichen großen Verbände zuzulegen. Ich bin erstaunt, daß Herr von Eynern ich darüber wundert, denn ih habe nicht gehört, daß er in der Beziehung in der Kommission irgend einen Widerspruh erhoben hat; er hat das sehr benevolenter acceptiert. (Heiterkeit.) Aber, meine Herren, die ganze Kommission hat den Finanz-Minister auf das äußerste gedrängt, hat ihm klar gemaht, daß eine Erhöhung der Pauschalsumme das einzige Mittel sei, dieses Geseh durhzubringen, die Zufriedenheit in den Gemeinden herbeizuführen, die jeßt vorhandene Unruhe im ganzen Lande zu beseitigen, und da hat mein gutes Herz .…. (große Heiterkeit) nachgegeben.

Aber, meine Herren, ernstlih gesprochen, wir legen allerdings von seiten der Staatsregierung auf das Zustandekommén dieses Gesetzes ein so großes Gewicht, daß ih mir gesagt habe: es is vollkommen auch finanziell berehtigt, wenn man nit hierbei allzu ängstlich ift,

um die Schwierigkeiten und die Besorgnisse, die in manchen Theilen des Landes oder wenigstens in manchen Kreisen an dies Gesey ih knüpfen, durch einen Mehrbetrag von 450 000 # wesentlich zu er- leihtern. Meine Herren, ih habe dadurch auch den Gegnern des

Geseßes, namentlich dem verehrten Herrn Abg. von Köller do den Gesichtspunkt, den ich ihm ans Herz legen möchte, noch \chärfer vor. führen wollen. Er findet es fo leiht, das Gesetz abzulehnen, die Sache wieder an die Synoden zu verweisen und dann naher die

Sache in seinem Sinne zu regeln. Meine Herren, welche Unsiher-

heiten aber liegen auf diesem Wege! Und unter diesen UnsiGerheiten ist doch au eine: selbs wenn er glaubt, daß nun die Synoden plöplich ganz andere Wege einschlagen, lediglich den Wünschen deg Herrn Abg. von Köller folgen würden, die sie bisher ftrikte abgelehnt haben, dann entsteht doch die Frage: wie stellt sich die Regierung zur Sache, welhes Gewicht legt sie auf das Zustandekommen des ganz anderen Geseßes, kann sie es verantworten, dafür soldhe Mittel aufzuwenden? Hat der Staat, wenn die Sache nun zur Entscheidung kommt, auch noch die Mittel, die ihm heute zu Gebote stehea; findet si vielleicht ein Finanz-Minister, der so geneigt ift, in dieser Beziehung entgegenzukommen ?

Eins möchte ich dem Herrn Abg. von Köller sagen, der do das dringende Bedürfniß für ein Geseg ähnlicher Art anerkennt, der si nur an einem verhältnißmäßig kleinen Punkt ößt, der selbst sagt, es muß geholfen werden, und der nun do das, was bis jeßt mit der größten Schwierigkeit auf die Höhe des Berges heraufgetragen ist, leiten Herzens wieder herunterwerfen und alles wieder in die größte Unsicherheit ftellen will, das könnte ih noch begreifen, wenn er glaubte, daß die Einwendungen, die er gemacht hat, wirklih ganz neu wären, den Synoden garniht bekannt gewesen wären, Das Gegentheil aber is erwiesen, und die Synoden haben den Weg, den er jeßt ein- {lagen will, verworfen. Jh könnte seine Stellung verstehen, wenn er uns überzeugen könnte, daß die Grundlagen dieses Gesetzes durch viel bessere andere Grundlagen erseßt werden könnten. Solche positiven Vor- \chläge, die hier nothwendig Anklang finden müßten, habe ih aber zu meinem Bedauern von thm nicht gehört. Wenn man eine solche schwierige organishe Einrichtung, wie wir sie jeßt treffen, zurückstößt, so muß man einen ganz klaren gangbaren anderen Weg zeigen in der Weise, daß die Freunde des Gesezes sich sagen: es ist doch richtig, der andere Weg i} unzweifelhaft besser. Diesen Erfolg hat der Herr Abg. von Köller in der großen Mehrheit dieses Hauses nah meinem Gefühl niht erreiht, und er steht nun allerdings vor der Frage: wenn er seinen Plan niht durchseßen kann, ob er dann auyh die Regierungsvorlage verwerfen und einfach sich mit dem Nichts be gnügen fol? So ist die Situation.

Wenn der Herr Abg. von Cynern gemeint hat, wir hätten die katholishe Kirche begünstigt vor der evangelishen Kirche, fo kann id das ni@t zugeben. Wir find stehen geblieben, um das ganze Geseh zu erleihtern, auf dem bisherigen Boden der proportionalen Vertheilung -der staatlichen Zuschüsse für die Katholiken und für die Evangelishen. Einen anderen Maßstab zu ergreifen, war wesentlich willkürlich, würde die Sache außerordentlich ers{chwert, würde die eine oder die andere Kirche zu dem Glauben gebracht haben, von dem Herr von Eynern jeßt ausgeht, als wenn in einer solchen Abweichung von dem bisherigen, eine wesentlihe Begünstigung des Einen oder des Anderen läge.

Herr von Eynern hat vollkommen Recht, wenn er sagt, das Be- dürfniß steigender Alterêzulagen ift für die evangelishen Geistlichen größer als für die katholishen. Aber, meine Herren, dies ift au be- rüsichtigt worden. Denn die Differenz zwischen dem Maximum, zu welchem die evangelishen und die katholishen Geistlichen aufsteigen, beträgt jeßt 1600 A Nun kann man darüber \treiten, ob das ge- nügend ist oder zuviel; das ist richtig. Ih bin der Meinung, daß ein junger katholisher Geiftliher auch im Ganzen doch weniger Bedürf- niß hat, als ein älterer. Mit dem Alter steigen die Bedürfnisse auch für den einzelnen Mann, und ich glaube, auch bei den Geistlihen kann man auf das rein individuelle Bedürfniß, auf das bloße Vorhandensein von genügender Nahrung, Kleidung und Wohnung nicht allein Gewicht legen (sehr richtig !), sondern die Geistlichkeit ist kraft ihres Amtes und jhrer Aufgabe gezwungen, eine Reihe von Aus- gaben zu machen, auch für Andere, niht bloß für sh; und dieses Be- dürfniß wächst, je älter der betreffende Geistlihe an dem betreffenden Orte ist. (Sehr richtig!) Das ift eine Behauptung, die aus meiner Lebenserfahrung kommt; beweisen kann man das nah Ziffern natürli niht. Jch glaube, also auch in dieser Beziehung brauht Herr von Eynern bittere Thränen nicht zu vergießen (Heiterkeit), und kann ih auch hier wohl tröôften.

Nun, meine Herren, haben wir die 450 000 4. keineswegs ge- währt, um die hier den Geistlichen zugesiherten Dotationen zu er- höhen ; ich habe das vielmehr ausdrüdcklih abgelehnt. (Sehr richtig!) Ich würde darauf nicht eingegangen sein; denn ih bleibe dabei, daß, was hier jedem Geistlihen in der ärmsten Gemeinde des Landes zu- gesichert is für die evangelishen 1800 A mit freier Wohnung und Garten, auch wohl noch etwas Gebühren, gleich nach dem Antritt des Amts, und entsprehend bei den katholishen Geistlihen —, ftellt den Geistlihen gegen die ftudierten Staatsbeamten aller Kategorien fast günstiger. Ein Maximalgehalt von 4890 bezw. 3200 mit freier Wohnung und auch noch manchen hinzukommenden Intraden ist ein Gehalt, meine Herren, welhes fich von dem Marimalgehalt der Richter wenig unterscheidet; denn die Bedeutung einer freien Wohnung darf man in der heutigen Zeit niht zu gering anschlagen, zumal eine große Anzahl der übrigen Staatsbeamten in Städten mit sehr theuren Wohnungen find, wo der Wohnungsgeldzushuß nicht ent- fernt die Ausgabe für die Wohnung det.

(S{hluß in der Zweiten Beilage.)

: Zweite Beilage zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1898.

Berlin, Montag, den 9. Mai

.¿ 109.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Meine Herren, im Gegentheil, die 450 000 A haben wir bes willigt, um die Sorge, als wenn der Begriff der Leistungsfähigkeit zu scharf gegen die Gemeinden geltend gemacht und Gemeinden, die an der Grenze der Leistungsfähigkeit sind, zu starken Leistungen gezwungen werden würden, vollständig zu beseitigen. Diese Sorge war nah meiner Meinung hon nach der Vorlage niht begründet. Wir haben da ja die jeyt leistungsfähigen Gemeinden bei der Aufstellung unserer Rechnung mitberechnet, und wenn in Zukunft nur die ganz zweifellos leistungsfähigen Gemeinden auf {ih selbst gestellt werden, so werden sich daraus allein {hon folche Ersparnisse ergeben, daß die in wirkli vollkommen klarer Weise leistungsunfähigen und auch die an der Grenze stehenden Gemeinden völlig unbehelligt bleiben. Um in dieser Beziehung aber noch eine größere Sicherheit und Beruhigung in das Land zu bringen, haben wir uns en!1s{hlossen , diese 450000 A zuzulegen, und ih glaube, meine Herren, wer weiß, wie bedenklich es i, wenn gerade zwischen den Geistlichen und den Gemeindemitgliedern über Geldfragen Miß- helligkeiten entstehen, wenn die Gemeindemitglieder sich zu {arf herangezogen glauben über ihre Leistungsfähigkeit hinaus bloß zum Vortheil des Pfarrers, der sich bisher mit weniger begnügt hatte, wer weiß, meine Herren, welhe s{ädlichen Folgen aus einem solchen Zustand für die Gemeinde entstehen und unbedingt entstehen müssen, der muß mir vollständig zustimmen, daß ih berecktigt war, den Staatszushuß an dieser Stelle um 450000 zu erhöhen. (Sehr rihtig! rechts.) Aber, meine Herren, eine Grenze muß sein; Herr von Heydebrand hat gesagt, er hätte gewünscht, daß der Staat noch weiter gegangen wäre. Ja, meine Herren, das kann ih verstehen ; Wünsche find immer vorhanden, und eine volle Befriedigung wird nie eintreten. Aber einen Finanz-Minister, der niht an einer be- stimmten Stelle, nachdem er glaubt, bis an die äußerste Grenze ge- gangen zu sein, einen Strih zu machen versteht, den können Sie, meine Herren, hier im Landtage erst recht nicht gebrauchen, (Heiterkeit.)

Abg. Stöcker (b. k. F.): Jh bleibe dabei, daß das Plenum der General-Synode die Ordnung für die katholishe Kirche nicht kannte. Der Gegensaß ist nicht kommunistisch, evangelisch und katholisch, sondern hier is viel Gutes und auf der anderen Seite noch etwas Besseres. Wir steben hier vor einer neuen Thatsache, die es recht- fertigt, die Sache nohmals an die General-Synode zu verweisen. Wenn der Finanz-Minister meint, daß kein neuer Vorschlag gemacht ist, so will ich ihm den Vorschlag machen, einfach das katholische System zu adoptieren. Daß das Geseß den Städten nicht zu gute kommen wird, muß ih bestreiten. Jch denke hier namentli an die außerordentlih \chlecht dotierten zweiten und dritten Stellen. Die Selbständigkeit der Kirche wird aber durch den Einfluß der Konsistorien erschüttert.

Geheimer Regierungs-Rath Schwarbkopff: Ih habe im Plenum der General-Synode bereits alle Aufschlüsse über die Ent- lastung der Gemeinden gegeben. Der General-Synode sind alle Ver- hältnisse bekannt gewesen, und sie hat den Stödcker’shen Gedanken wiederholt abgelehnt. Die Pfründe wird nicht beshnitten, sondern der junge Geistliche giebt nur am Anfang etwas ab, um im Alter mehr zu bekommen. Von 9400 Pfründen haben nur 2037 über 7000 A Wollen Sie einem alten Geistlißen in Berlin davon etwas abnehmen ? Die Staatsregierung kann ih mit einer solchen Beschneidung der reihen Pfründen niht einverstanden erklären. Die Konsistorien haben nah dem Erkenntniß des Ober-Verwaltungs- gerihts {on heute das Recht, den Gemeinden Zuschüsse aufzuerlegen. (Es Le also hier keine Verschlehterung der Lage der Gemein- den ftatt.

Abg. von Pappenheim: Es is ein Vortheil des Gesetzes, daß es die beiden Konfessionen verschieden behandelt. Ih habe nicht von dem Regierungsbezirk Cassel, fondern von der ganzen Monarchie erogen, als ich die Ausführung des Lehrerbesoldungs8geseyes adelte.

Abg. von Köller: Wäre das Geseh so, wie es sein sollte, dann hâtte ih es den Berg heraufgezogen, und der Finanz-Minister hätte einmal sehen sollen, wie ich ziehen kann. Der Kultus- Minister hat mir vorgeworfen, mein Vorschlag wäre ein sfoztalistischer. Ich will doch dasselbe wie die Regierung und das vorwegnehmen, was die Pfründen werth sind. Die Pfarrer sind niht Eigenthümer, sondern Nußnießer; soll etwas veräußert werden, so muß der Patron herangezogen werden; das beweist gerade, daß die Gemeinde nit Eigenthümerin i. Herr von Heydebrand meinte, der dürre Ast müsse abgesäat werden; er hat nur vergessen zu sagen, wo der dürre Aft ist. Das Pfarrgrundstück ist ein grüner Ast. Jch habe durchaus nicht alles zusammengesucht, um das Geseh zu Fall zu bringen. Jch hätte mich gefreut, wenn i alles hätte loben können. Ih halte es für meine Pflicht, meine Bedenken vorzubringen; Bundesgenossen brauche ih dazu nit. Hoffentlih läßt sih Herr Sattler noch in letzter Stunde von seinem Irrthum bekehren; seine Worte zeigen mir, daß ih noch auf ihn rechnen kann. Der Hinweis auf Artikel 9 der Ver- fassung trifft niht zu, weil niht alle Pfarrer hier entshädigt werden. Das Einziehen der Pfründe ist also geradezu ungeseylich und ver- fassungswidrig. Wird ein Grundstück durch ein Naturereigniß ver- nihtet, so ist von einer Entschädigung nicht die Rede.

Geheimer Regierungs-Rath Shwarbkopff tritt diesen Aus- führungen entgegen.

Abg. Dr. Pors\ch (Zentr.): Es handelt sih nur darum, ob wir einem evangelischen Kirchengeseß die staatlihe Sanktion ertheilen wollen, In die inneren Angelegenheiten der evangelischen Kirche mischen wir uns nicht ein. Wir versagen diefe Sanktion nur dann, wenn zwingende Gründe dafür vorgebraht werden. Die Ausführungen des Herrn von Köller waren wohl rhetorish sehr wirksam, aber doch nicht durh- s{hlagend. Der Pfarrer if niht Eigenthümer des Pfarrvermögens, sondern nur Nuynießer, und wenn der Pfarrer im Hypothekenbuch eingetragen ift, o vertritt er nur die Gemeinde. Ein Novum war durch das katholishe Geseß für die General-Synode nicht geschaffen; sie mußte auf dieses Geseß gefaßt sein. Hätte die Majorität der General-Synode uns gebeten, einen anderen Weg einzuschlagen, fo würde ih keinen Augenblick zögern, dieses Gese abzulehnen. Das ist aber niht gesehen, und es kann nun so kommen, daß die Mehrheit der General-Synode ihre Verwunderung darüber auéfpriht, daß wir die Vorlage wieder an sie zurückverweisen. Peinlich ist es allerdings für uns, ein solhes Gese zu votieren gegen den Widerspruch vieler Protestanten.

ber wir wollen gegen das Votum der evangelischen Kirchenvertretung nicht Widerspruch erheben, um nit am eigenen Leibe Aehnliches zu erfahren. Herr von Eynern hat gegen die Erhöhung des Zuschusses für die katholishe Kirhe um 150 000 A nit nur keinen Widerspruch erhoben, sondern sogar einen derartigen Antrag unterschrieben. Seine Ausführungen über die große Begünstigung der katholischen Kirche sind alfo wohl nit ganz aus der Tiefe seines Herzens geflossen. Wir sind durhaus nicht überrascht durch diese Vorlage; wir haben fogar

mehr erwartet nah unserem vorjährigen Beshluß. Diese unsere Ent- täuschung kann uns aber nit abhalten, der Regierung unseren Dank für die Vorlage auszusprechen.

Artikel 1 wird gegen die Stimmen der Freisinnigen und von etwa 20 Konservativen angenommen, ebenso Ärtikel 2 ohne Debatte.

Um 4 Uhr wird die weitere Berathung auf Montag 11 Uhr vertagt. (Außerdem kleinere Vorlagen.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Sterblichkeit der Gesammtbevölkerung des preußischen Staats 1896.

(Stat. Korr.) Preußens Bevölkerung hat im Fahre 1896 349 165 männliche und 317 512 weibliche, überhaupt 666 677 Personen dur den Tod verloren. Die Zahl der außerdem den Standes- beamten gemeldeten Todtgeborenen belief ch auf 40 823 (23 048 männliche und 17 775 weiblihe). Ohne Berücksichtigung der Todt- geborenen beträgt die Sterbeziffer, auf 1000 am 1. Januar 1896 Lebende berechnet, für die Bevölkerung überhaupt 20,9, für den männ- lichen Theil derselben 22,3, für den weiblichen 19,6.

Vergleicht man dieses Ergebniß mit dem für die früheren Jahre

ermittelten bis zum Jahre 1875 zurück, von wo ab infolge der Standesamtseinrihtung eine einhetitlihe Berichterstattung ‘und Ver- arbeitung der Nachrichten über die Gestorbenen durchgeführt wurde, so ift die Sterbeziffer wiederum eine äußerst günstige gewesen. Dieselbe \{chwankte während der Zeit von 1875 bis 1896 nur in engen Grenzen, nämlich für die männlihe Bevölkerung von 22,3 bis 28,1, für die weiblihe von 19,6 bis 24,66 und für die Gesammtbevölkerung von 20,9 bis 26,3 auf 1000 Einwohner. __ In den einzelnen Regierungsbezirken zeigt die Sterbe- ziffer des Jahres 1896 verschiedene Abweichungen. Der Negierungs- bezirk Aurich hatte mit einer Sterbeziffer von 14,8 auf 1000 Einwohner im Berichtsjahre die günstiaste Sterblichkeit unter allen Bezirken. Dann folgen die Bezirke Schleswig mit 16,9, Minden mit T, Lüneburg und Wiesbaden mit 17,3, Stade und Osnabrück mit 17,4, Hannover mit “17,9, Berlin und Cassel mit 18,3, Hildesheim mit 18,5, Düsseldorf mit 18,7, Erfurt mit 19,0, Köslin mit 19,2, Arns- berg mit 19,5, Trier mit 19,7, Münster mit 19,8, Koblenz mit 20,0, Aachen mit 20,6 und der Staat mit 20,9 Gestorbenen auf 1000 Ein- wohner. Ueber dem Durchschnitt des Staats stehen Potsdam und Magdeburg mit 21,0, Merseburg und Sigmaringen mit 21,1, Frank- furt mit 21,6, Posen mit 21,8, Köln mit 22,1, Stralsund mit 22,3, Bromberg mit 22,6, Königsberg mit 23,0, Stettin mit 23,1, Gum- binnen mit 23,4, Marienwerder mit 23,5, Danzig mit 24,4, Liegniß mit 24,8, Oppeln mit 25,4 und Breslau mit 26,5; 17 Bezirke haben sona eine höhere Sterblichkeit als der Staat im Ganzen.

Auch wenn man die männlihe oder weibliche Bevölkerung ge- trennt in Betracht zieht, zeigen sich Abweichungen in der Höbe der Sterbeziffer. Am günstigsten war für die männlihe Bevölke- rung wiederum die Sterbeziffer im Regierungsbezirk Aurich, nämli nur 15,6 auf 1000 mänrlihe Einwohner. Günstig erscheint diese ferner für männlihe Personen in denjenigen Regierungsbezirken, welche unter der für den Staat ermittelten Verhältnißzahl 22,3 geblieben find. Dazu gehören die Bezinke Minden, Osnabrüdck, Schleswig, Stade, Lüneburg, Wiesbaden, Hannover, Cassel, Hildes- heim, Köslin, Düsseldorf, Trier, Berlin, Arnsberg, Münster, Koblenz, Erfurt, Magdeburg und Aachen. Ueber der Sterbeziffer des Staats steben diejenigen der Regierungsbezirke Potsdam, Merseburg, Frank- furt, Stralsund, Posen, Köln, Sigmaringen, Bromberg, Marien- werder, Stettin, Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Liegniß, Oppeln und Breélau, wo von 1000 Männern bis 29,3 gestorben ad.

_ Auch die weibliche Bevölkerung des Bezirks Aurih wurde 1896 am wenigsten von Todesfällen heimgesucht; denn die Sterblich- keit betrug dort nur 13,9 auf 1000 weiblihe Einwohner. Unter der Sterbeziffer des Staats von 19,6 befand ch diejenige für die NRe- gierungsbezirke Wiesbaden, Schleswig, Berlin, Lüneburg, Minden, Vannover, Stade, Osnabrück, Düsseldorf, Erfurt, Cassel, Hildesheim, Köslin, Arnsberg, Sigmaringen, Münster, Aachen, Trier und Koblenz. Mit der für den Staat ermittelten Sterbeziffer von 19,6 erscheinen Potsdam und Merseburg. Eine höhere Sterbeziffer dagegen hatten die Bezirke Frankfurt, Magdeburg, Posen, Köln, Bromberg, Köntgs- berg, Stralsund, Stettin, Gumbinnen, Marienwerder, Danzig, Liegniy, Oppeln und Breélau. Hier stieg die Sterbeziffer bis auf 24,0.

Eine Vergleihung der Sterbeziffer des Berichtsjahres in den einzelnen Regierungsbezirken mit derjenigen des Vorjahres ergiebt für 28 von ihnen eine geringere und für 8 Bezirke eine höhere Sterblichkeit.

Die Durchschnittspreise der wichtigsten Lebens- und | Futtermittel betrugen in Preußen im April 1898: für 1000 kg Weizen 204 (im März 1898: 187) 4, Roggen 149 (139) 4, Gerste 159 (151) 4, Hafer 156 (148) 4, Kocherbsen 222 (219) (A, Speisebohnen 266 (264) M, Linsen 407 (408) Æ, Eßkartoffeln 54 (51,1) M, Nichtstroh 40,3 (40,8) 4, Heu 54,6 (54,8) 4, Rindfleish im Groß- handel 1047 (1040) ; für 1 kg Rindfleish von der Keule im Kleinhandel 135 (135) Pf., vom Bauch 115 (115) Pf., Schweinefleisch 137 (138) Pf., . Kalbfleisch 127 (127) Pf., Hammelfleisch 126 (125) Pf., inländishen geräucherten Speck 159 (159) Pf., Eßbutter 222 (219) Pf., inländishes Schweineshmalz 158 (158) Pf., Weizen- (332) Pf (33) Pf., Roggenmehl 29 (26) Pf.; für ein Schock Eier 303

i Wohlfahrts-Einrichtungen.

Eine nahahmenswerthe Wohlfahrts-Einrichtung hat der Fabrik- Besißer Franz Klouth (Rheinishe Gummiwaaren - Fabrik) in Nippes bei Köln getroffen. Neben der vorgeshriebenen Fabrik- Krankenkasse besteht dort noch eine besondere Sterbe- und Unterstüßungskasse für Arbeiter, deren Mitglieder persön- li bei der Unfall- und Alters - Versicherungs - Gesellschaft „Nordstern" in Berlin für die Summe von je 1000 4 versichert find, welche im Todesfall den Hinterbliedenen des Versicherten, oder bei Erreichung des 60. Lebensjahres dem Versicherten selbst ausgezahlt werden. Insgesammt ist bisher hon in 14 Fällen die Versicherungs- summe ausgezahlt worden.

In großartiger Weise haben die vereinigten Köln-Rottweiler D ae e anläßlih der Feier des 25-jährigen Bestehens der

irma für ihre Arbeiter und Angestellten gesorgt. Schon seit Jahren sammelte die Gesellschaft, entsprehend ihren Beiträgen zu den geseßlihen Versicherungskassen, einen Fonds an zur Gründung einer Pensions-, Wittwen- und Waisenkasse. Dieser Fonds in Höhe von 500 000 wurde für die Zwecke der Kasse überwiesen. Außer- dem is aus Anlaß der Jubelfeter ein Jubiläumsfonds von 170000 #MÆ gestiftet worden, aus dem die Prämien für die Jubilare und Arbeiter bestritten werden follen, während der Rest der Verwaltung der Pensionskasse überwiesen wird. Endlich beshloß der Aufsichtsrath auf Antrag des Vorstandes, eine Arbeiterunter- stüßungskasse in der Art einzurichten, daß ein Kapital von 100 000 von der Gesfellshaft mit 5 9% verzinst und der Ertrag alljährlich nah Ermessen des Vorstandes zum Besten der Arbeiter verwendet wird.

Zur Arbeiterbewegung.

In Magdeburg fand, wie die „Magdb. Ztg.“ berihtet, anm [leßten Mittwoh eine Versammlung der Zimmerleute ftatt, in welber mitgetheilt wurde, daß sich 350 Jimmerge(allen und 18 Tischler im Ausstande befinden, von denen 70 abgereist sind. Zu __ den neuen Bedingungen arbeiten 88 Mann. Als Ausständige sind neu hinzugetreten 27 Mann, dret haben die Arbeit bei Meistern aufgenommen, deren Arbeiter aus- ständig sind. Jn drei Tischlerwerkstätten wurden die Zimmererarbeiten von Tichlergesellen fertiggestellt. Der Antrag, in einen allgemeinen Ausstand einzutreten, wurde abgelehnt. (Val. Nr. 106 d. Bl.)

O Rathenow ist der Ausstand der Tischler, einer Mit- a des „Vorwärts“ zufolge zu Ungunsten der Arbeiter beendet orden.

In Gent haben, der „Frkf. Ztg." zufolge, die Maurer be- s{lossen, am 12. Mai in einen allgemeinen Ausstand einzutreten.

Aus Bern meldet ,W. T. B.“: Eine stark besuhte Ver- fammlung der Angestellten der Jura-Simplonbahn faßte einstimmig folgenden Beschluß: Die Antwort der Direktion auf die Beschwerde der Angestellten, betreffend die unvollständige Ausführung der ihnen nach der Lohnbewegúung gemachten Zugeständnisse, wird in jeder Hinsicht für ungenügend erklärt. Der Zentralvorstand des Personalverbandes der schweizerischen Transport- anstalten und das früher ernannte Aktions-Comits wurden beide zu- sammen beauftragt, an den Forderungen der Angestellten festzuhalten. Ein Sciedsspruch des Bundesraths wird angestrebt, jedoch eine Vertretung der Angestellten bei den schiedsgerihtlichen Verhandlungen verlangt. Für Erledigung der \{chwebenden Fragen wird etne Frist von 14 Tagen eingeräumt.

] Aus Madrid wird dem „W. T. B.* gemeldet, daß dort Nach- rihten über cine neue Arbeiterbewegung in dem Bergwerks- distrifkt von Bilbao eingetroffen sind. Es sind Maßnahmen er- griffen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. j

Literatur.

, Der „Deutsche Literatur-Kalender*, der von dem Ge- heimen Hofrath, Professor Joseph Kürschner herausgegeben wird und im G. I. Göschen’shen Verlage in Leipzig erscheint, hat ih im neuen, Feen Jahrgange 1898 äußerlih niht verändert, zeigt aber im Inhalt die Wirkungen, welhe Werden und Schaffen, Ver- gehen und Absterben im literarishen Leben Deutschlands während des verflossenen Jahres mit sih brachte. Die Eintheilung und Anordnung des Stoffes ist die bewährte bisherige, und für die Sorgfalt der Bearbeitung kann man den Herausgeber getrost als Bürgen annehmen. Dem Haupttheil des Kalenders, dem eigentlichen Shriftiteller-Lexikon, in welchem nicht nur die Namen und der Lebensgang der einzelnen Autoren, sondern auch ihre Werke und besondere Berufsthätigkeit an- geführt werden, geht cin schr dankenswerther Abschnitt voraus, der die «literarischen Rechtsverhältnisse“ kurz zusammenfaßt, alles Wissenswerthe über literarishe Vereine und Stiftungen und eine literarishe Chronik enthält. Dem Lexikon folgt eine ziemli vollständige Uebersicht der deutschen Verleger, ein Verzeichniß der Zeitschriften und Zeitungen, der deutschen Theater und ihrer Vorstände und eine «Städteschau*, in welcher alle deutshen Städte mit mehr als etwa zehn \chrift- stellerishen Persönlichkeiten und die Namen dieser zu finden sind. Der Kalender if diesmal mit den Porträts Ludwig Fulda’'s und Ernst von Wolzogen's geschmüdckt. Zweifellos wird ih das vor- trefflihe literarische Nahschlagebuch au in dem vorliegenden Jahr- gange zu den alten Freunden wieder neue erwerben.

_ Deutsh-Kiautshou. Kurze Beschreibung von Land und Leuten unserer Besißung von Kiautshou. Auf Grund zuverläsfiger Quellen bearbeitet von Carl Heßler. Mit 10 Abbildungen und einer Karte. Leipzig, Verlag von Georg Lang (Pr. 60 4). Diese kleine Schrift, welche zugleich das VI. Hest der in demselben Verlage erscheinenden „Geographishen Büerei“ bildet, giebt von der neuen deuts@en Besizung in Oft - Asien, auf welhe die Aufmerksamkeit jeyt befonders lebhaft gerichtet ist und in der bereits zahlreihe Deutshe im Dienste des Reiches thätig sind, ein übersichtlihes, nah verschiedenen Richtungen ortentierendes Bild. Zu Grunde gelegt sind die Stwilderungen der besten Kenner Chinas, wie des Professors Freiherrn von Richthofen, des General : Konsuls von Hesse-Wartegg, des verstorbenen Reisenden Otto Ehlers, die „Völkerkunde“ von Ratzel und die neuesten Mitthei- lungen über Kiautschou in der Tagespresse. Manches darin mag veraltet sein und auf die Gegenwart niht mehr passen; indessen solange. bis neuere, zuverlässige Berichte vorliegen, wird man si über Land und Leute dana wohl eine annähernd rihtige Vorstellung bilden können. ___— GEnergetishe Epigenesis und epigenetisde CGnergieformen, insbesondere Merksysteme und plastische Spiegelungen. Eine Programmschrift für Naturforscher und Aerzte von Georg Hirth. 210 Seiten 89 mit Jllustrationen. München, G. Hirth's Verlag. Preis 4 A Der Verfasser geht von der Ansicht aus, daß mit der Komplikation der das Leben unter- haltenden chemishen und physiologishen Prozesse au die Komplikation der Gnergiepotentiale und ihrer Wirkungsweisen gleihen Schritt halte. So wenig, wie es bisher gelungen sei, die chemischen Verbindungen des Biogens (lebendigen Eiweißes) künstlich darzustellen oder au nur zu analysieren, so wenig dürften die Energien des Lebens allein mit den bekannten physikalischen Kräften der anorganishen Natur gemessen werden. Die leßteren seien dur die Experimentier- und Maschinenbau- kunst der leßten drei bis vier Generationen entdeckt worden, wogegen die Energien des Lebens Produkte unermeßlih langer epigenetisher Ent- wickelung feien; {on wegen der außerordentlichen Feinheit seiner materiellen Systeme sei die Erklärung des Lebens aus der bekannten anorganishen Mechanik unthunlih. Der Verfasser verfolgt das Walten der energetishen Systeme des Lebens bis in das verwidelte Gebiet der Gehirnfunfkftionen (Merksysteme). Die unausgefeßte Neus- und Fortbildung, d. h. Vererbung dieser Systemmassen erklärt Hirth aus der durch Millionen von Generationen, durch „,Epigenesis*, ver- stärkten Werbeenergie der Keimbestandtheile ; die Thatsache, daß diese idr Volumen in kurzer Zeit milliardenmal vergrößern und zahllose energetishe Differenzierungen, systematishe Organe und Korrelationen veranlafsen, könne unmöglich nur morphologisch beurtheilt werden. Jedes Organ, jedes der tausend im Menschen lebenden Systeme, ja jede einzelne Zelle hätten ihr auf- und absteigendes (embryonales, stationäres und invalides) Energieleben; auch die Schwankungen desg- selben unterlägen einer, wenn auch nicht stets erkennbaren „epigenetishen" Geseßmäßtgkeit. Aus der Annahme eigenartiger Gnergieformen und einer energetishen Epigenesis neben oder fogar über der morphishen (,Die Energie ist die Mutter der Form“), und indem er konsequent die Funktionen (au die psyhischen) als kinetische Energie anspriht, gewinnt der Verfasser zugleih eine Reihe wesentlich neuer Gesichtépunkte nicht nur für die hygienishen und Vererbungsfragen, sondern auch für die Beurtheilung der Sinnes- thätigkeiten (plastishen Spiegelungen), des nervösen und geistigen Lebens p; jene Grfkrankungen, Heft 17)

_— Die „Frühlingsnummer“ (Heft 17) der illuftrierten Zeit- shrift „Moderne Kunst“ (Verlag von Rich. Bong, Berlin E bringt, wie ihre Vorgängerinnen, eine Auslese von künstlerischen und literarischen Beiträgen, welche das Erwachen der Natur zu frishem Leben, zu Knospentrieb und Blüthenzauber feiern. Die Farbendrudcke, welche fie zieren, stehen auf der Höhe vervielfältigender Kunst; nament-

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