1898 / 111 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 May 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Qualität

gering

mittel gut

Verkaufte

Gezählter Preis für 1 Doppelzentner

Menge

niedrigster

M.

höchster

höchster hödster M. M. M. M. M.

niedrigster niedrigster

Doppelzentner

Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) nah überschlägliher Schäßung verkauft Doppelzentner (Preis unbekannt)

Durchschnitts- Verkaufs- preis

werth für 1 Doppél-

zentner

Am vorigen Markttage

Dur(h- \chnitts- preis

M. Mh,

G s 16,10 reiburg . E E 15,00

a 14,10 Neustadt O.-S. 15,00 annover mden .. 13,30 Hagen i. W. 16,50 Bs : i oh . Trier. Giengen . . . Waldsee i. W.. . 15,00 Mülhausen i. E. . A S 19,00 s e n e 2% —— L D s nd varves C rotoschin 16,00 Breslau . 15,80 Villingen N 17,00 Schwerin i. M. . 15,00

15,00

Jb La

Die verkaufte Stenge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. )

Ein liegender Stri

Noch: Hafer. 17,10 17,60 16,00 16,20 15,00 15.10 16,10 16,80 18,40 18,50 15,80 15,90 18,00 18 50 17,00 _—— 18,00 ——-

15 90

15,60 16,60

16/20 16,00

16,60 20,00

16,00 16,50

16,80 18,32 20,00

16,10 15,50 14,60 15,20

13,30 17,00

17,10 15,60 14,60 15,90 17,00 15,40 17,50 17,00 18,00 15,20 14,80 16,00 20,00

17,60 17,00 15,60 17,00 19,00 16,40 19,50

16,20

17,20

16,00 16,00 16,50 17,00 20,00

15,00

16,00 19,00

17,00 16,25 16,60

17,00 16,25 16.40 18,32

16,00 16/20 17,00

15,50 15,50 16,00 16,00

Dem eru aen

16,50

15,80 15,80

16,75 18,00

15,00 16/65 17,31 15,50

9 415 16,10 6 680 15,90

51 17,00 3 600 18,00

274 16,10 1542 15,75 137 19,57 64 16,00

Nob, ov, D, o, moo on G: c

16,25 17,25

9 438 16,25 486 18,32

è i Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet. (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis niht vorgekommen ift; ein Punkt (.) in den leßten ses Spalten, A A Ea Bericht fehlt.

Großhandels - Durchschnittspreise vou Getreide au außerdeutscchen Börsen-Plätzen für die Woche vom 2. bis 7, Mai 1898 nebst entsprehenden Angaben für die Vorwoche. 1000 kg in Mar!k. (Preise für prompte [Loko-] Waare, soweit nit etwas Anderes bemerkt.)

Woche [ager 2. bis 7. 1d Mai VTe 1898 | woche 184,31| 186,76 967,55| 267,40

139.92

138,44 180,06| 179,97 164,11

253,40 130,74

: Wien. Roggen, Pester Boden Weizen, Cheif- Bren ungarischer, prima erste, slovakische

Ds gen, Mittelqualität L Zen, r 252,94 133,35

Hafer, s L Gerfte, Malz- i

123,99 191,48 118,85

119,95 189,94

123,08 190,60

173,00| 171,26 248,84| 263,49

210,00| 199,22 230,37| 214,82 220,50| 208,16

119,94 180,53 120,97

119,20 179,70

C a ao s als Weizen, Saxonka

Noggen, 71 bis. 72 kg per hl Weizen, Ulka, 75 bis 76 kg per hl Riga. Roggen, 71 bis 72 kg per 11 Weizen, 75 bis 76 kg per hl Paris.

mgen | lieferbare Waare des laufenden Monats

Antwerpen. Donau- Weizen { Californier La Plata a Amsterdam. Ü Os S Roggen | St. Petersb Weizen, poln. Odessa»

a, Produktenbörse (Mark Lane).

Weizen | engl. weiß

123,61

180,57

151,009 152,21 211,96

139,23 139,23 190,69

219,43 215,32

199,39 147,34 156,37

207,84 204,10 b. Gazette averages,

| englisches Getreide, | Mittelpreis aus 196 Marktorten

Liverpool. Ghirfka Californier Western, Winter Northern Spring Nr. 1 Manitoba Spring La ge s engl. weißer Hafer l aL Gebir... Californ. Brau- Gerste { Canadische Schwarze Meer- hicago. Weizen, Lieferungs-Waare des laufenden Monats . New Yor fk. Weizen, Lieferungs-Waare des laufenden Monats .

Bemerkungen.

1 Tschetwert Weizen is = 163,80, Roggen = 147,42, Hafer = 98,28 kg angenommen; 1 Imperial Quarter if für die Weizennotiz an der Londoner Produktenbörse = 504 Pfd. engl. gerechnet; für die Gazette averages, d. h. die aus den Umsfägen an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durchschnittspreise für einheimishes Ge- treide, is 1 Imperial Quarter Weizen = ‘480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfd. engl. angeseßt. 1 Bushel Weizen = 60 Pfd. engl. ; 1 Psd. engl. = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400 kg.

Bei der Umrehnung der Preise in Reichswährung find die aus den einzelnen Tages-Notierungen im „Deutschen Reihs- und Staats- Anzeiger“ ermittelten wöchentlichen Durhschnitts-Wechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, Pe Ghicago und New York die Kurse auf New York, für St.

Weizen | Lafer erste

180,55 137,08 157,31

223,26) 232,68| 225,15

dts 202,54 231,74| 213,37 211,96| 203,95 156,50

150,72 142,35| 137,11 157,70

157,70 127,95| 127,95 217,19

188,41 215,27| 186,59

Weizen

etersburg, Odessa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris, ntwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Pläge.

Personal-Veränderungen,

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Portepee-Fähnriche 2c. Ernennungen, Be- förderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. Berlin, 4, Mai, Bayer, Oberst und Kommandeur des Inf. Regts. Nr. 135, zur Vertretung des Kommandeurs der 35, Inf.

Brig., nah Flensburg kommandiert.

Fn der Gendarmerie. Berlin, 4. Mai. Den Obersten und Brigadiers Magdeburg der 11., v. d. Lühe der 4.,, Tieh der 2, Bauer der 7., und v. Kalckreuth der 3. Gend. Brig., ein Patent ihrer Charge und der Rang als Negts. Kommandeur ver- liehen. v. Dewiß, Hauptm. von der 3. zur 5. Gend. Brig,, v. Bonin, Hauptm. von der 1. zur 3. Gend. Brig., verseyt. v. Shickfus u. Neudorff, Hauptm. a. D., zulegt Komp. Chef vom 2. Niederschles. Inf. Regt. Nr. 47, in der 1. Gend. Brig. an- gestellt. Schubka, Oberst à la suite der Land-Gend. und Brigadier der Gend. Brig. in {&lsaß-Lothringen, ein Patent seiner Charge und der Rang als Regts. Kommandeur verliehen.

Beamte der Militärverwaltung. /

Durch Allerhöchsten Abschied. 21. April. Krappe, Zahlmstr. von der Unteroff. Schule in Ettlingen, bei seinem Aus- scheiden aus dem Dienst mit Pension der Charakter als Rechnungs- Rath verlithen. :

Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 22. März. Schüttgens, Kasernen-Insp. in Mainz, nah Mey verseßt.

15. April. Kölbel, Kasernen-Jnsp. tn Thorn, nah Mül- hausen i. E. verseßt.

18. April. Schütze, Garn. Verw. Ober-JInspy. in Colmar, nach Mülhausen i. E, Stahn, Garn. Verwalt. Insp. in Saar- gemünd, nah Colmar, Webner, Gacn. Verwalt. Insp. in Naum- burg, nach Saargemünd, Pölzing, Garn. Verwalt. Jnusp. auf dem Art. Swießplaß Lamsdorf, nah Naumburg a. S., Relißtky, Kasernen-ÎInsp. in Mörchingen, auf den Art. Scießplay Lamsdorf, Dahl, Kasernen-Insp. in Köln, nah Mörchingen, Schmtdt, Kasernen-Jnsp. in Spandau, nah Köln, Herrmann, Kasernen-Jnsp. in Düsseldorf, nah Hannover, verseßt. :

O N M an Teufel, Teichert, Lucas, Proviantamts- Kontroleure auf Probe in Koblenz bezw. Graudenz und Bolenheim, zu Proviantamts-Kontroleuren ernannt. 6

21. April. Lambert, Rechnungs - Rath, Garn. Verwalt. Direktor in Mülhausen, auf seinen Antrag zum 1. August 1898 mit Persion in den Ruhestand verseßt. Müller, Kasernen-Insp. auf Probe in Mainz, zum Kasernen-Jnsp. ernannt.

292. April. Schmidt (Bernhard), Proviantmeistec auf Probe in Schleswig, zum Proviantmeister ernannt.

23. April. Zahlmeister: Verseßt: Frohne, bisher beim 4. Bat. 1. Hess. Inf Regts. Nr. 81, zum 2. Bat. des Regts. statt zum 2. Bat. Inf. Regts. Nr. 151, Scherer vom 2. Bat. 1. Hess. Inf. Negts. Nr. 81 zum XIV. Armee-Korps, Klein, bisher beim 2. Nassau. Inf. Regt. Nr. 88, zum 2. Bat. Inf. Regts. Nr. 151, Meier, bisher beim 1. Nassau. Inf, Regt. Nr. 87, zum 2. Bat. Ff Regts. Ir. 97.

%. April. Lilie, Pr Lt. a. D., als Proviantamts-Kontroleur in Glogau zum 1. Mai 1898 angestellt.

27. April. Blume, Rechnungs-Rath, Garn. Verwalt. Direktor in Saarburg, auf seinen Antrag zum 1. August 1898 mit Pension in den Ruhestand verseßt. Reuß, Proviantmeister auf Probe in Hanau, zum Proviantmeister ernannt.

29. April. Miethner, Garn. Verwalt. Ober - Insp. in Berlin, der Charakter als Garn. Verwalt. Direktor beigelegt.

30. April. Spieker, Groth, Pay, Intend. Bureau- Diätarien von der Intend. des XI. bezw. XIV. und 1X. Armee- Korps, zu Intend. Sekretären ernaunt.

3. Mai. Kaminsky, Kasernen-Jnsp. in Deimnmin, Scharnke, Kasernen-Insp in Charlottenburg, Hauft, Kasernen-Jnsp. in Riesen- burg, zu Garn. Verwalt. Juspektoren ernannt.

4. Mai. Greulich, Hauptm. der Res., unter Ueberweisung zu der Korps-Intend. des 11. Armee-Korps, zum etatsmäß. Militär- Intend. Affsessor ernannt und vom 1. Juni d. J. ab zu der Korps- Intend. des 1. Armee-Korps verseßt. Krüger, Pr. Lt. der Nef, unter Ueberweisung zu der Korps-Intend. des X. Armee-Korps, zum etatsmäß. Militär-Intend. Assessor, Grohmann, Kan;zleidiätar von der Korp3-Intend. des XVI. Armee-Korps, zum etatsmäß. Intend. Kanzlisten, ernannt.

Durch Verfügung der General-Kommandos. Zahl- meister: Verseßt: Fourmann vom 2. Bat. Inf. Regts. Graf Werder (4. Rhein.) Nr. 39 zur 1. Abtheil. Feld-Art. Negts. von Holtendo1ff (1. Rhein.) Nr. 8, Krause vom 1. Bat. Ins. Regts. Nr. 164 zum 1. Bat. 2. Hannov. Inf. Regts. Nr. 77.

Königlich Bayerische Armee.

Portepee-Fähnrihe 2c. Ernennungen, Beförderungen und He RU RRES, Im aktiven Heere. 1. Mai. Pflaum, Hauptm. z. D., zum Bezirks-Offizier beim Be- zirks-Kommando Gunzenhausen ernannt.

4. Mai. Steichele, Pr. Lt., unter Belassung im Verhältniß à la suite des 2. Schweren Reiter-Regts. vakant Kronprinz Erz- yeneg Nuvdolf von Oester: eich, auf ein weiteres Jahr beurlaubt.

bschiedsbewilligungen. „Im aktiven Heere. 1. Mai. Pallauf, Major z. D. und Bezirks-Offizier beim Bezirks-Kommando Gunzenhaufen, unter Verleihung der Ausficht auf Anstellung im Zivildienst, mit der geseßlihen Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform des 11. Inf. Regts. von der Tann mit den für Berabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied bewilligt. Militär- Justizbeamte.

3, Mai. NRi@chter, Ober- Auditeur, Ober-Staatsanwalt beim General-Auditoriat, unter Enthebung“ von der Funktion des Obec- Staatsanralts, zum Richterdienst dortselbst berufen. Ehr nthaller, Okbér-Stabs-Yuditeur, Erster Staatsanwalt beim Militär-Bezirks- gericht Véünchen, unter Ernennung zum Ober-Staatsanwalt, beim General-Auditoriat zum Ober - Auditeur befördert. Hofmann, Stabs-Auditeur von der Kommandantur Augsburg, Mayer, Stabs-

Offiziere,

Auditeur yon der Kommandantur Landau, beide zum Militär- Bezirkëgeriht München verseßt. Die NRegiments - Auditeure: Deybeck vom Gouvernement der Festung Ingolstadt, als rechtékundiger Sekretär zum General - Auditoriat, Endres, Zweiter Staatsanwalt beim Militär-Bezirksgeriht Würzburg, unter Enthebung von dieser Funktion, zur Kommandantur Augsburg, Zahler von der 4. Inf. Brig.,, zum Gouvernemeut der Festung Ingolstadt, Müller, rechtskundiger Sekretär vom Militär-Bezirks- gericht München,” zur Kommandantur der Festung Germersheim, Kirchner, rehtskundiger Sekretär vom Militär - Bezirksgerict Würzburg, zur Kommandantur Landau, verseßt. Stahl, Stabs, Auditeur des Militär-Bezirksgerihts München, unter Verleihung des Charakters als Dber:Stabs-Auditeur, zum Ersten Staatsanwalt dieses Gerichts, Wolffhügel, Negts. Auditeur von dr Kommandantur der Festung Germersheim, zum Zweiten Staatsanwalt beim Militär- Bezirkägeri®t Würzburg, Wagenknecht, Militär-Gerichtspraktikant, zum Regts. Auditeur bei der 4. Inf. Brig., Stirner, Miklitär- Gerichtspraktikant, zum Regts. Auditeur und rechtskundigen Sekretär beim Militär-Bezirkégeriht München, ernannt. N if(chler, Stabs-Auditeur im Kriegs-Ministerium, Vogl, Stabs-Auditeur beim Militär-Bezirksgeriht München, Krauß, Stabs-Auditeur beim Militär-Bezirksgeriht Würzburg, der Charakter als Ober-Stabs- Auditeur verliehen.

: Beamte der Militär-Verwaltung.

29. A pril. Grimm, Intend. Sekretär von der Intend. I. Armee-Korps, zu jener der 1. Div. verseßt. Schulz, Bureau- Diätar für den Sekretariatsdiensst der Intend. I. Armee-Korps, zum Intend. Sekretär bei dieser Intend. ernannt.

1. Mai. Brôckner, Zahlmftr. Aspir. des 22. Inf. Regts., zum Zahlmstr. im T1. Armee-Korps ernannt.

3. Mai. Neuter, Garn. Verwalt. Insp. von der Garn. Verwalt. Speyer, unter Beförderung zum Garn. Verwalt. Ober-Insp., zur Garn. Verwalt. Germersheim, O man n, Garn. Verwalt. Insp. von der Garn. Verwalt. Dillingen, als Vorstand zur Garn. Verwalt. Augsburg, Dreykorn, Brack, Garn. Verwalt. Inspektoren von der Garn. Verwalt. München, Ersterer zur Garn. Verwalt. Freising, Letterer zur Garn. Verwalt. Straubing, Kothmüller, Kasernen- Insp. von der Garn. Verwalt. Neu-Ulm, zu jener in_ Dillingen, Brückner, Kasernen-Jnsp. von der Garn. Verwalt. Freising, zu jener in Speyer, verseßt. Schaidler, Kasernen-Jnsp. der Garn. PBerwalt. Aschaffenburg, zum Garn. Verwalt. Insp. befördert. Pfreimter, Rendant bei der Insp. der Militär-Bildungsanstalten, der Rang nah dem Garn. Verwalt. Ober-Insp. Reuter angewiesen.

X17. (Königlich Württembergisches) Armee-Korps. 5. Mai. Dr. Pfleiderer, Unterarzt der Res. vom Landw.

Bezirk Stuttgart, Dr. Hartmann, Unterarzt der Res. vom Landw, Bezirk Calw, zu Assist. Aerzten befördert.

Kaiserliche Marine.

Offiziere 2c. Ernennungen, Beförderungen, Ver- seßungen 2c. Berlin, Schloß, 5. Mai. Capelle, Korv. Kapitän. kommandiert zur Dienstleistung im Reichs - Marineamt, unter Entbindung von dem Kommando eines Panzerschiffes vierter Klasse der Res. Div. der Ostsee, mit Wahrnehmung der Geschäfte des Vorstandes der Etats- Abtheil. im Neichs-Marineamt beauftragt. Perrinet v. Thauvenay, Sec. Lt. vom Marine-Inf. Bat. in Kiautschou, tritt zum 1. See-Bat. zurück. Graf v. Soden, Pr. Lt. n 1. See-Bat., zum Marine-Inf. Bat. in Kiautschou kom- mandiert.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 76. Sißung vom 10. Mai 1898,

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortseßung der zweiten Berathung der Sekundärbahn-Vorlage, von welcher noch die Forderung für die Linie Treuenbriegen— Nauen zu erledigen ist, die von der Budgetkommission zuerst abgelehnt und dann vom Plenum an die Kommission zur nochmaligen Berathung zurückverwiesen worde war. Die Kommission beantragt nunmehr die Bewilligung der Linie Treuenbriezen—Nauen, für deren Bau 11580000 # ge- fordert werden.

Ueber den ersten Theil der Debatte ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Der Beschluß, welchen die Kommission des hohen Hauses gefaßt hat, überhebt mich der Pflicht, auf die Sache selbst nochmals ausführlih einzugehen. Jch kann mich wohl darauf beshränïen, hier hervorzuheben, daß die von der Staatsregierung Jhnen vorgeschlagene Linie Treuenbriegen—Nauen der erste große Sqhritt ist, um die Anregung, die das hohe Haus der Staats- regierung auf Grund der Erfahrungen der leßten Jahre gegeben hakt, und die als eine Nothwendigkeit auch seitens der Staatsregierung an- erkannt ift, zu verwirklichen.

Die Bahn Treuenbrießen— Nauen ist in erster Linie bestimmt, ein Betriebs- und Verkehrödefils zu umgehen, welches in Bezug auf die

Regelmäßigkeit und Sicherheit des Verkehrs wohl geeignet ift, all- mählih zu Bedenken Veranlassung zu geben. Meine Herren, unter- stügt wird die Bahn allerdings auch in zweiter Linie durh wesentliche Interessen, welche die Militärverwaltung im Frieden und im Kriege an der Verbindung über Treuenbrießen auf der einen Seite nah Füterbog, auf der anderen Seite na den verschiedenen, nah Westen und Nordwesten führenden Bahnen hat.

Es ist au in der Kommission klargelegt und anerkannt worden, daß das Bedenken nicht zutrifft, welches vielfach hervorgehoben worden is und darin bestand, daß die Ausführung einer Linie von Treuenbriezen nah Nauen geeignet set, die in der Bildung begriffene Privatunternehmung Treuenbriegen—Belzig—Brandenburg—Rathe- now—Neustadt zu hindern, oder aber, wenn sie zu stande käme, lebens- unfähig zu machen. Die Staatsregierung war in der Lage, nach- zuweisen, daß diejenigen Bedenken dur die gegenwärtige Geseßzes- vorlage werden beseitigt werden, welche die Ausführung der Privat- unternehmung bisher gehindert haben, und welche \sich im wesenilihen darauf bezogen, daß der Staat in der Nothlage war, sh den Erwerb dieser Bahn nach einer gewissen Reihe von Fahren vorzubehalten. Der Staat konnte eine solhe Bahn unmöglich der Privatunternehmung ohne einen solWen Vorbehalt überlassen, so lange er nicht im Besiß einer anderen Linie war, welche diejenigen Bedingungen erfüllte, die hier hauptsählich in Betraht kommen. Mohl aber wird das Privatunternehmen durch die in Aussicht gestellte Nusführung der Bahn von Treuenbriegen nah Nauen im wesentlichen gefördert, indem dadur die Staatsregierung in die Lage kommt, diesen Vorbehalt fallen zu lassen, und indem es zweitens für sie auch mögli wird, bezüglih der Betheiligung der Privatbahn an dem durchgehenden Verkehr \fih nicht so {rof zu stellen, als das der Fall gewesen sein würde, wenn neben der Bahn Treuenbriegen—Branden- burg—Neustadt eine Bahn Treuenbrießen—Nauen nicht bestehen würde.

Auf Grund dieser Erwägungen is nun meinerseits folgende Erklärung abgegeben worden, die ich gern auf Wunsh des Herrn Grafen Limburg: Stirum zu wiederholen geneigt bin:

Die Staatsregierung is im Interesse der betheiligten Kreise und des Landes bereit, das Zustandekommen der genannten Privat- eisenbahn oder einzelner Tkeile derselben möglichst zu fördern, indem sie:

1) nach geseßliher Bewilligung dec Mittel für die Linie Nauen— Treuenbrießen den erwähnten Vorbehalt fallen läßt,

2) die Privatbahn hinsihtlih der Betheiligung am direkten und Durchgangsverkehr niht ungünstiger als andere Privateisenbahnen behandeln wird,

3) ch unter gleihen Bedingungen wie die Kreise und die Provinz an der Aufbringung des Aktienkapitals in angemessener Höhe betheiligen wird.

Das sind die drei Erklärungen, von denen Herr Graf Limburg- Stirum wünschte, daß sie in präziser Form hier im Plenum nochmals wiederholt werden möchten.

Meine Herren, ih kann dem Herrn Grafen Limburg-Stirum nur dankbar fein für die Anregung, die er an seine Erklärung geknüpft hat, und die Ermahnungen, die diese Erklärung für die Staatseisenbahnverwaltung enthalten hat. Meine Herren, die Staatseisenbahnverwaltung ist ih der außerordentlih {weren Verantwortung bewußt, welche ihr auf- erlegt worden ist dadurch, daß ihr eine große Gewalt in die Hand gegeben ist, im Verwaltungswege Entscheidungen zu treffen, die im einzelnen Falle für weite Kreise, oft für das ganze Land von der allergrößten Bedeutung sind.

Aber, meine Herren, auf der einen Seite, glaube ih, liegt do gezen willkürlihe Entscheidungen eine Gewähr darin, daß in allen wichtigen Fragen die Entscheizungen nit einzig und allein vom Eisenbahn-Minister getroffen, sondern daß sie nah sorgfältigster Er- wägung mit dea übrigen betheiligten Ressorts, namentlich dem Ressort des Herrn Finanz-Ministers, welhes in diesen Fragen fast stets be- theiligt is, auf Grund eines Beschlusses des Staats-Ministeriums gefaßt werden. Es liegt aber zweitens doch eine Gewähr auch darin, daß niemand so sehr an der Straße baut und im Oeffentlichen seine gesammten Maßregeln zur Ausführung bringt, wie gerade die Staats- eisenbahnverwaltung. Was wir thun und was wir lassen, unterliegt der eingehendsten öffentlihen Kritik im Landtage der Monarchie, in der Presse und in allen denjenigen Organen der Oeffentlichkeit, die heutzutage in reihliher Fülle vorhanden sind, und das ist für die Eisenbahnverwaltung ih glaube, ih habe das wiederholt \chon ausgeführt, allerdings eine absolute Nothwendig- keit und andererseits auch eine wesentlihe Stüße. Wenn das nicht der Fall wäre, so würde voraussihtlich die Eisenbahnverwaltung doch entshieden häufiger Anstoß erregen und Fehler begehen, als das beutzutage der Fall ist; denn daß solhe Fehler vorkommen, oben und unten, das zu leugnen, wäre meinerseits eine vollständige Veberhebung. Aber ich glaube, das für mich in Anspruch neomen zu dürfen, daß, wenn ich auf einen Fehler aufmerk- sam gemacht worden, ih den Dingen nachgegangen bin und wenn ih zu derselben Ueberzeugung gekommen, auch nah Thunlichkeit die Sache zu redressieren gesucht habe.

Meine Herren, das Beispiel, was der Herr Graf Limburg-Stirum angeführt hat, kann ins Hundertfahhe vermehrt werden. Gerade in diesem Gebiete {sind offenbar viele Härten entstanden, die mehr dem System, als dem Verschulden der Verwaltung beizumessen find.

Auf Grund ganz allgemeiner Vorarbeiten und niht auf Grund spezieller Projekte treten wir an die betreffenden Fnteressenten heran und suchen den Beschluß herbeizuführen, daß sie ihrerseits die unent- geltlihe Hergabe des Grund und Bodens übernehmen. Nachher findet sih bei der definitiven Veranschlagung dann häufig, daß man si{ch in einzelnen Punkten geirrt hat. Allerdings Irrthümer in der Be- deutung, wie sie der Herr Graf Limburg-Stirum aus der Praxis vorgeführt hat, sind ja Gott sei Dank selten; aber ganz ohne der- artige Irrthümer geht es fast bei keiner Bahn ab, ohne daß den veranschlagenden Beamten daraus ein Vorwurf erwachsen kann. Das ist ja auch das Hauptmotiv gewesen, warum wir nunmehr die Wahl lassen, anstatt des Grundes und Bodens ein Pauschquantum zu geben. Einmal werden die Interessenten dadurch bewahrt, ihrerseits die Folgen etwaiger Fehler in der Veranschlagung des Grund und Bodens auf ihre Rechnung übernehmen zu müssen, Es wird abzr ferner auch die Staatsregierung in die Lage ge- seßt, bei der definitiven Projektierung, der ins einzelne gehenden Ver- anshlagung, dann au alles wirthshaftlich Richtige und das dem Verkehrsbedürfniß Entsprechende zu wählen. :

Schon im vorigen Jahre habe ich zur thunlihsten Milderung

etwaiger Härten gegenüber den Grunderwerbspflihtigen den Eisenbahn- Direktionen in einem Erlaß folgende Weisung ertheilt :

Ich sehe mich veranlaßt, die gegebenen Vorschriften zur genauen Beachtung in Erinnerung zu bringen und bestimme zugleich, daß Anforderungen von Grund und Boden nah der Betriebs- erdöffnung jedenfalls auf das Nothwendisste zu beschränken find, und ¿zu Anforderungen nach Abschluß des ersten Betriebs- jahres in jedem einzelnen Falle meine Genehmigung einzuholen ist.

Wir gehen auch allmählich immer mehr, soweit irgend mögli ift, dazu über, thunlichst früh die landespolizeiliße Prüfung eintreten zu lassen, weil aus dem Ergebniß der landespolizeiliGen Prüfung {ih sehr häufig die Nothwendigkeit ergiebt, den Grund und Boden weiter zu greifen, als ursprünglich in Absicht genommen war.

Was nun die Vorbehalte betrifft, auf welhe der Herr Abg. Möller sein Augenmerk gerichtet hat, so kann ih hier nur aussprechen, daß auh nah meiner Auffassung diese Vorbehalte nur ganz ausnahms- weise in den allerdringendsten Fällen ausgesprochen werden sollten. Es giebt aber solche Fälle, in denen fie geratezu unentbehrlih find. Einer der am klarsten liegenden Fälle is der uns heute hier be- \chäftigende. Der Abg. Möller hat die Westfälishe Nordbahn noch als anderes Beispiel hier zur Sprache gebracht. Die ganze An- gelegenheit des Ausbaues des nördlichen weftfälischen Reviers ist zur Zeit noch in der Erwägung, und ih hoffe, daß diese Erwägungen zu dem Ergebniß führen, daß alle betheiligten Kreise befriedigt werden.

Abg. Barthold (fr. konf.) fragt, ob die Regierung die Absicht habe, eine Linie Dahme—Jüterbog zu bauen.

__ Ministerial-Direktor Dr. Micke: Es kommt für uns eher eine Linie Zossen—Königswusierhausen in Betracht. Die Linie Dahme— Jüterbog ist als Kleinbahn gedacht, und die Negierung hat keines- wegs die Absicht, die private Thätigkeit zu \tôren.

Abg. von Quast (kons.; Vertreter des Wahlkreises Ruppin- Templin) erklärt, daß seine Freunde den Widerspruch gegen die Linie Treuenbriegen—Nauen nach der Erklärung des Ministers aufgeben, da nah derselben die Linie Neuftadt—Rathenow—Brandenburg ge- ae sei und die Gemüther seines Kreises sich nunmehr beruhigt vätten.

Abg. Ring (kons.) stimmt dem Kommissionsbeschlusse gleichfalls zu und \ragt, ob das alte Projekt einer zweiten Ringbahn um Berlin von Nauen über Wildpark, Zossen nah Königswusterhausen auf- gegeben sei.

Minister der öffenilihen Arbeiten Thielen :

Meine Herren! Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß wir gern beide Ringe bätten, einmal den von Jüterbog über Treuenbrießen und zweitens den von Zossen über Trebbin nah Nauen. Aber der Ring, den uns die Linie Jüterbog—Treuenbrießen— Nauen bietet, is zur Zeit das ist ja ausgeführt worden entschieden der dringendere. Ob und wann nun der von dem Abg. Ning gewünschte zweite Ring (Heiterkeit) Eisenbahnring ih verwirklichen wird, darüber kann ih heute eine Auskunft nicht geben. Bisher hat auch in Eisenbahn- freisen ein derartiges Projekt nit bestanden; allein, ih gebe zu, daß manches dafür sprechen würde, dermaleinst auch die Verbindung Trebbin— Zossen herbeizuführen. Aber vor der Hand wird jedenfalls dur die Bahnlinie Treuenbriegen—Nauen dem dringendsten Interesse Rechnung getragen.

Abg. von Detten (Zentr.) erklärt, daß das Zentrum nunmehr au für das Projekt Nauen—Treuenbriegen stimmen werde.

bg. von Eynern (nl.): Handelte es sih hier um eine Klein- bahn, so würde man den Interessenten ganz erhebliche Opfer auf- erlegt haben. Man hat \sich dadur geholfen, daß man diese Bahn als Hauptbahn in Aussicht genommen hat. Darin liegt. eine außer- ordentliche Bevorzugung der großen Städte. Ein Fortschritt ist aber wenigstens darin zu erblicken, daß der Minister die Grunderwerbskoften für die Gemeinde begrenzt hat. Das ift jedoch kein Grundsaß; denn ein späterer Eisenbahn-Minister kann wieder zu dem alten System zurückfehren. Es muß endlich mit dem alten Prinzip gebrochen

werden. i Abg. Dr. Sattler (nl.): Wenn der Staat die Bahn von

| Nauen, Brandenburg, Belzig bis Wittenberge selbst baute, so würden

für den großen Durcgangsverkehr alle Schwierigkeiten beseitigt. Der Staat sollte sich noch jeßt dazu entschließen, sie zu bauen, und zwar

{ schr bald. Unter welhen Bedingungen würde denn der Staat später

die neue Privatbahn in seinen Besi bringen, die er über kurz oder lang doch in seine Hand nehmen wird, da es nothwendig ist, zur Beförderung von Gütern die kürzesten Linien zu wählen ?

Abg. Freiherr von Bodenhausen- Lebusa (konf.) befürwortet eine Grleihterung für die Durchgangsgüter im Verkehr auf der pro- jektierten Privatlinie. O

Abg. von Stülpnagel (kons.) äußert ebenfalls einige Wünsche, die bei der Unruhe des Hauses unverständlich bleiben.

Abg. Rickert (fr. Vgg.): Auch ih würde es für falsch halten, wenn der Staat die von Herrn Sattler erwähnte Linie aus der Hand ließe. / /

Der Antrag der Budgetkommission wird mit großer Mehrheit angenommen; die zu der Vorlage eingegangenen Petitionen werden für erledigt erklärt.

Es folgt die dritte Berathung des Geseßentwurfs, betreffend das Diensteinkommen der evangelischen Pfarrer.

Fn der Generaldiskussion bemerkt

Abg. Dr. Lotichius (nl.): Mit Zustimmung der Staats- regierung ist das Mindestgehalt der evangelishen Geistlichen auf 9100 M. erhöht worden dadur, daß der Fonds um 300 000 4 ver- mehrt worden is. Jh erwähne dies ausdrüdlih, da mir darüber Zweifel aus dem Gebiet Wiesbaden bekannt geworden E |

Abg. Rickert: Kein Geseß hat so wenig Beifall gefunden wie das vorliegende. Diese Bedenken werden nicht nur von unserem früheren verehrten Präsidenten getheilt, sondern auch vom Finanz- Minister. Auch ih habe Bedenken gegen die Vorlage, Die Bedürfniß- frage wird von feiner Seite bestritten ; Meinungsverschiedenheiten herrshen nur über den Weg. Die Konsistorien haben jeßt größere Machtbefugnisse, als sie dur dieses Geseß erhalten sollen. Ich be- fürhte aber, daß sih wieder eine erheblih größere Ungleichmäßigkeit in der Behandlung der Gemeinden von seiten des Staats Bahn brechen wird. Beruhigen kann mi ja, daß der Begriff der Leistungs- fähigkeit nit so festgestelt werden soll, wie beim Le rerbefoldung8- geses. Ich hoffe, daß der Staat zu den großen Städten, die er jeßt als leistungsunfähig anerkannt hat, auh nah Erlaß dieses Gesetzes keine andere Stellung einnehmen wird. j : M

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ich habe s{chon dem Herrn Abg. von Eynern gegenüber betont, daß hier eine urzulässige Untersheidung zwischen Stadt und Land garnicht beabsichtigt wird und in keiner Weise ein- treten fann. Ich erkenne mit dem Herrn Abg. Rickert durchaus an, daß wir es in den Großstädten bäufig mit leistungsunfähigen Gemeinden zu thun haben. Gerade in den Großstädten und in deren Vororten müssen sich in der neueren Zeit dur das Steigen der Bevölkerung, dur das Hinausziehen in diese entfernter liegenden Bezirke neue firhlihe Gemeinden bilden, die von Alters her keinerlei Mittel haben, auch in der Regel weniger steuerkräftige Elemente besißen, und daher

naturgemäß sehr vielfa als leistungsunfähig anzuerkennen find. Das

if au bisher schon der Fall gewesen. Vielfach sind derartige Gemeinden bisher \chon unterstützt, weil man annahm, daß sie niht leistungsfähig seien; und es ift klar, daß folche Gemeinden, wenn die Dinge \ich nicht geändert haben, in Zukunft es in noch größerem Maße sein werden. Und daß hier die Regierung durchaus nit beabsichtigt, solhe Gemeinden von den Wohlthaten der Bewikligung der Beihilfen auszuschließen, i {on in der Kommission erklärt, und das ist auch hier im Plenum ausgeführt worden. Ih gehe allerdings soweit auch in Beziehung auf die Interpretation der Leistungsfähigkeit, daß man da, wo durch eine allzu scharfe Anspannung der gesammten Steuern, eins{ließlih der Kirchensteuern, wesentliche Unzuträglichkeiten in kirhliher Beziehung entstehen, in Betreff der Entscheidung der Leistungsfähigkeit und Leistungsunfähigkeit besonders vorfihtig sein muß. Das finde ih auch ausgedrückt in der Hinzufügung, die in der Kommission stattgefunden hat, daß die kirhlichen Verhältnisse bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit auch beachtet werden sollen, und ih glaube, danach werden die großen Beunruhigungen, von denen der Herr Abg. Rickert spricht, sich wohl niht als begründet erweisen, und die Herren si beruhigen können.

Abg. S hall (kons.): Ih fühle mih verpflichtet, im Namen aller meiner Amtóbrüder der Staatsregierung, besonders dem Finanz? Minister, und der großen Mehrheit des Haujes für diese Vorlage zu danken. Ich hoffe, daß auch diejenigen sich diesem Danke anschließen, die die günstige Wirkung dieses B noch nicht übersehen. . Möge das Geseß unter Mitwirkung der Geistlichen und der Gemeinden ohne Härte durchgeführt werden und dem Volke zum Segen ges reichen !

Abg. von Köller (kons.): Die Macht der Konsistorien wird durch dieses Gesetz erheblich vergrößert und niht verringert. Bisher lebten die Pfarrer im allgemeinen von dem Einkommen der Pfründe. Das Konsistorium hat aber jeßt darüber zu urtheilen, ob die Stelle genügend dotiert ist; es dekretiert, ob die Gemeinde bezahlt, es hat über die Erhöhung der Alterskafsenbeiträge zu entscheiden. Es wird zu entscheiden haben, ob in Zukunft die sogenannten fetten Pfründen Ae werden sollen ‘in die Alterskasse, und mit- zuentscheiden haben über die Leistungsfähigkeit der Gemeinden. Die Mitglieder der Konsistorien find im Grunde Staatsbeamte. Sie find dem Disziplinargeseß für die nihtrichterlihen Beamten unter- worfen, und wenn noch ein Zweifel darüber besteht, so genügt ein Blick auf ihre Visitenkarte. Da steht: „N. N., Königlicher Kon- sistorial-Rath." Haben Sie {hon eine Visitenkarte gesehen: „König- licher Erzbisof?* Das ist aber noch niht das Shlimmste. Aus- \chlaggebend ist für mi, daß das Gese einen Rechtsbruh enthält insofern, als den Pfarreien ibr rechtliches Eigenthum verkümmert wird, indem ihnen Nießbrauch und Verwaltung genommen werden. Die Verpachtung wird in Zukunft {wer zu bewerkstelligen sein.

Geheimer Regierungs-Rath Shwartkop ff: Ein solher Rechts- bru liegt nit vor. Läge er vor, so läge er auch in dem Vorschlage des Vorredners, dem Pfarrer in jungen Jahren die Nugnießung des Pfründeneigenthums für eine Reihe von Jahren zu entziehen. Die Konsistorien sind nicht staatliche, sondern kirhlihe Behörden, und fie haben {on heute die Befugniß, in unbegrenzter Höhe von den Ge- meinden Leistungen für die Geistlihen zu verlangen. Auch bei der Beurtheilung der Leistungsfähigkeit der Gemeinden wirken die Kon- sistorien noch heute wesentlich mit. Es wird also eigentlich nichts geändert; böchstens treten die kirhlihen Gesichtspunkte noch mehr hervor als bisher.

Abg. Rickert: Ih bleibe dabei, daß das Konsistorium den Gemeinden gegenüber eine viel größere Macht hatte, als es nah diesem Gesetz der Fall sein wird. Der Kommissar hat dies bestätigt.

Abg. von Köller: Ih habe in der ersten Lesung nur angeregt, daß die fetten Pfründen auch etwas zu den Alterskassen beitragen soliten Das war kein unbilliger Wunsch. : :

Nach einer kurzen Bemerkung des Geheimen Regierungs- Raths Schwarßkopff wird die Genecraldiskussion geschlossen. Jn der Spezialdiskussion über Artikel 3 wiederholt

Abg. Hansen (fr. kons.) den bereits vom Abg. von TuGoune ge- äußerten Wunsch, daß in der Anweisung an die Beamten der egrif der Leistungefähigkeit der Gemeinden klar festgestellt werde. Es set wünschenswerth, daß die Regierung die Meinung aus\prehe, daß die Leistungsfähigkeit der Gemeinde niht nach der Instruktion für die Ausführung des Schulgesezes festgestelt werde.

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Ich bitte das hohe Haus, bedenken zu wollen, daß bei der Be- urtheilung der Leistungsfähigkeit ciner Gemeinde ein ftaatliches finanzielles Interesse gar nicht obwaltet. Jch bitte das Haus zweitens zu bedenken, daß bei der Schulfrage es gerade anders liegt, weil da jede Gemeinde, welche leistungsunfähig ist, den verfafsungs8- mäßigen Anspruch hat, daß der Staat ihr zu Hilfe kommt. Danach ergiebt ih {hon von selbst, daß niht mechanisch dieselben Grundsätze bei der hier durdzuführenden Maßnahme und bei der Durchführung des Schulgeseßzes gelten können.

Meine Herren, die Ersparnisse, die hier dadur gemacht werden, daß in rihtiger Weise leistungsfähige Gemeinden au herangezogen werden, verbleiben ja den kirchlichen Zwecken und fallen nicht wieder an den Staat zurück. Höchstens könnte der Staat das in- direkte Interesse haben, in dieser Rihtung noch s{ärfer zuzusehen, wenn zu befürhtea wäre, daß die gewährten Mittel überhaupt niht ausreihen, und dann nohmals wieder ein NRükgriff auf die Staatskasse gemaht werden würde. In dieser Beziehung besteht aber, wie ih das mehrfah gesagt habe, keinerlei Befürhtung, und wir haben daher, wie gesagt, finanziell an der ganzen Frage ein geringeres Interesse. Aber wohl, meine Herren, hat man vom allgemeinen Standpunkt aus ein Interesse; denn es handelt \sich hier um die richtige Vertheilung einer Last nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit, und wird da gleihgültig verfahren, fo wird {ließli die Gefahr entstehen, daß weniger leistungsfähige Gemeinden zu Schaden kommen zu Gunsten viel stärker leistung8- fähiger Gemeinden, und das ist ebenso wenig berehtigt. Das, kann ih, glaube ih, sagen in Uebereinstimmung mit dem Herrn Kultus-Minister, daß wir in den Ausführungsverordnungen fagen werden: die Vorschriften, welche in Beziehung auf die Leistungsfähig- keit der Schulgemeinden gegeben werden, treffen nicht ohne weiteres zu auf die kir@lihen Verbände. Aber geradezu auszuschließen diefe Grundsätze, die doch einmal im einzelnen Falle auch für die Kirchen- gemeinden passen können, das wird auch nicht rathsam fein.

Ich glaube, das muß doch dem Herrn Jnterpellanten genügen, wenn ih ihm sage: wir erkennen an, daß vielfal nach anderen Grundsäßen hier wird verfahren werden müssen als bei den Schul- gemeinden.

Abg. Hansen: Die Restriktion des Finanz-Ministers genügt uns nit ; wir wünschen, daß die frühere Anweisung hier nit gelten foll.

e R des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Bielleicht hat der Herr Abg. Hansen mih niht genligend ver-

standen. Jch habe ausdrücklih erklärt, es handele fh hier um die selbständige Prüfung der Leistungsfähigkeit und Nichtleistungsfähigkeit,.