1889 / 25 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Sun, 27 Jan 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichs-Anzeiger

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den 27, Fanuar, Nahm. 1889,

M 25. Berlin, Sonutag,

e

Se. Majestät der Kaiser und König haben nachstehenden Tagesbefehl Allergnädigst zu erlassen geruht:

Auf Meinen Befehl hat heute, den 27. Januar, die Ueberführung der Fahneu und Standarten der in Berlin gäruisonirenden Truppentheile des Garde-Corps aus dem Palais weiland Kaiser Wilhelm 1. nah Meiner Residenz, dem Königlichen Schlosse, stattgefunden.

Achtundzwanzig Jahre haben die glorreichen Feldzeichen in dem historishen Fahuenzimmer unter den Augen ihres Königlichen Kriegsherrn gestanden, und beinahe täglich hatten dessen Blicke auf ihnen geruht. Es ist, als ob diese Fahnen und Standarten den Geist, welcher aus den milden, sorgenden Herrscheraugen sie um- leuchtete, den heldenmüthigen Regimeutern, welche, sei es zu harter Friedensarbeit, sei es zu blutigen Kämpfen, ihnen folgten, getreu überliefert haben.

Es war der Geist, der in unermüdlicher, freudiger Pflichterfüllung in der Hingabe an diese Feldzeichen bis in den Tod die höchste Ehre des Soldaten findet, der Geist, welcher seinen großen ruhmgekrönten Kaiser bis zum legten Athemzuge mit Liebe und Sorge für Sein Heer, für Sein Volk in Waffen erfüllte.

Der Kranz, welchen Zch in dem nunmehr vereinsamten Fahnenzimmer niedergelegt habe, muß freilich verwelken, aber unverwelklich bleiben die Lorbeeren, mit denen die heldenmüthigen Truppen der Garde, erfüllt von jenem Geiste, ihre Feldzeichen mit unsterblichen Thaten geschmückt haben:

Als unvergeßliche Erinnerung lebt in Meinem Herzen das Audenken an den Tag, im Zahre 1881, an welchem Mein ehrwürdiger Herr Großvater Mir als Hauptmann im Ersten Garde-Regiment zu Fuß auf Meine Bitte erlaubte, die Fahuen des Garde-Corps demselben zur Großen Parade am Kreuzberge zuzuführen. Aber in tiefer Wehmuth gedeuke Zch jenes späteren Tages, an welchem Ich als Kronprinz die 2. Garde- Infanterie-Brigade am Schlosse zu Charlottenburg vorüberführte. Dex Anblick ihrer glorreichen Feldzeichen verklärte die shmerzerfüllten Züge des edlen Kaiserlihen Dulders mit einem lezten Aufleuchten ver Freude und gab Ihm die Worte ein: „So begrüße Ich nun die Truppen zum ersteumale, die Zch jeßt die Meinen nenne.

Gottes Rathschluß hat es uicht gewollt, daß der Feldherr, welcher diese Feldzeihen zu glorreichem Siege führte, sie als Königlicher Kriegsherr begrüßen und der Welt zeigen konnte, daß der hochherzige Sohu des großen Kaisers für Sein Heer, wie für Sein Volk im Geiste Seines Vaters sorgen und arbeiten würde.

Zum leßten Male haben nun die lorbeergeschmiüdckten Feldzeichen das Palais unseres großen, unvergeßlichen Kaisers verlassen und sind noch einmal von dort an dem historischen Eckzimmer, aus dessen Fensteru das auf- uerksame, scharf blickende Auge ihres Kaiserlichen Kriegsherrn ihr Geleite musterte, vorüber geführt worden; vorüber an dem Palais des Kaisers Friedrich, welcher als Kronprinz gleichfalls den vorbeiziehenden Truppen die theilnehmendste Aufmerksamkeit schenkte, vorüber an der Nuhmeshalle, zu deren Reichthum an Trophäeu ihre tapferen Regimenter so Großes beigetragen haben, nach dem Schlosse Meiner Vorfahren, dem ehrwürdigen Zeugen der glorreichen Bahn, auf welcher Mein Haus in zwei Jahrhunderten Brandenburg - Preußen vom Kurfürstenthum zur Deutschen Kaiserkrone in hoher Weisheit, in unermüdlicher Arbeit und mit Thaten blendenden Ruhmes geführt hat. i : :

Zch bin überzeugt, daß die Feldzeichen des Garde-Corps au in der neuen Umgebung, in welcher sie von nun an bereit gehalten werden, für alle Zeiten ein Wahrzeichen des alten Ruhmes bleibèn werden.

Wilhelm.

G E E E E E L ito

Berlin. Redacteur: J, V.: Siemenroth. Verlag der Expedition (Scholz), Druck der Norddeutschen Buchdruckerei u, Verlagsanstalt.