1873 / 2 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 03 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

meine u. \. w. normirt, und die Kriegsformation derselben wer- den die Mobilmahungsbestimmungen ergeben. Die Bewaffnung, Ausrüstung und Bekleidung der Offiziere und Mannschaften der Eisenbahncompagnie if vorerst jene der Pioniere; die Bestim- mung eines besonderen Abzeichens in der Bekleidung wird noch folgen. Die neuformirte Compagnie garnisonixt in Ingolstadt. Die Einleitungen zu einem neuen Exercierregleimnent für die Kanallerie sind beendet, so daß dasselbe demnächst wird einge-

führt werden können.

Das Staats-Ministerium des Innern giebt im Hinblicke auf die Bestimmung in §. 22 Abs. 3 der Verordnung vom 4. Dezember 1872, den Vollzug der Gewerbe-Ordnung für den Norddeutschen Bund in Bayern betreffend, bekannt, daß nit

beabsichtigt if, die Begünstigung, welche durh/ die mit dem 1. Januar 1873 außer Kraft tretenden Bestimmungen des S. 19 Ziff. 1—9 und des H. 28 Ziff. 2 der Königl. Verordnung vom 28. April 1868, den Gewerbebetrieb im Umherziehen und den Hausirhandel betreffend, und die hiezu ergangenen, nun gleihfalls wirkungslos werdenden Entschließungen des vormaligen Staats-Ministeriums des Handels den Bewohnern gewisser Orte und Gegenden für den Gewerbebetrieb im Umherziehen durch Bewilligung der ermäßigten Abgabe für Ausfertigung der Hausfir- scheine zugestanden wurde, nun sofort generell wieder einzuführen, daß demnach in allen Fällen des §. 22 Abs. 2 der erstgenannten Königl. Verordnung die daselbft festgeseßten Abgaben infolange zu erheben sind, als nicht die Begünstigung einer ermäßigten Ab- gabe neu ausgesprochen ift.

Die zur Prüfung und Bescheidung der auf Grund des S. 48 des Landtagsabschiedes vom 28. April 1872 angemel- deten Entschädigungsansprühe für Kriegsleistungen an die Deutsche Armee in den Jahren 1870/71 im Ministerium des Innern niedergesezte Kriegsentshädigungs-Kommission hat bereits mehrere, Hundert Gesuche obigen Betreffs geprüft und endgiltig beschieden, eine weit größere Anzahl if noch in der Instruirung begriffen. Die angemeldeten Ansprüche, welche {ih LE niht geuau übersehen lassen, werden ungefähr 200,000 fl. etragen.

Das Königl. Staats-Ministerium des Innern hat dem General-Komite des landwirthschaftlihen Vereins unterm 2. De- zember die Mittheilung gemacht, daß die bayerischen Gewerbe- \chulen auch ferner zur Ausstellung giltiger Zeugnisse für die wissenschaftlihe Qualifikation zum einjährig freiwil- ligen Militärdienft in Bayern berechtigt bleiben.

Sachsen. Dresden, 2. Januar. Am gestrigen Neu- jahrsfeste fand in den Paradesälen -des Königlichen Residenz- {chlo}sses Abends 8 Uhr eine Assemblée statt, bei welcher der König und die Königin, sowie der Kronprinz und die Kronprin- zessin und Prinz und Prinzessin Georg die allgemeine Glück- wünshungsfur annahmen. Der Affemblée waren zahlreiche Vorstellungen angemeldeter fremder und einheimisher Damen und Herren bei Ihren Königlichen Majestäten und Ihren König- lichen Hoheiten vorausgegangen.

Württemberg. Stuttgart, 31. Dezember. Die heute ausgegebene Nr. 45 des Regierungsblattes enthält eine Verfügung des Iustiz-Ministeriums, betreffend eine veränderte Eintheilung der Notariatsbezirke im Oberamt Tuttlingen, eine Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend den Auf- enthali in den Gemeinden des Landes, eine Bekanntmachung desselben Ministeriums, betreffend die Aufhebung der besonderen Staatsauffiht über die Gemeinde Finsterroth, Oberamis Weins- berg, und eine Bekanntmachung der Ministerien des Innern und des Kriegswesens, betreffend die Normirung der Quartierverpfle- gung nah dem preußischen Reglement über Naturalverpflegung der Truppen, fowie die Vergütungstaxen für die militärishen Quartier-, Vorspann- und Botenleistungen pro 1. Juli 1872—73.

Baden. Karlsruhe, 30. Dezember. Das Geseß- und Verordnungsblatt Nr. 47 vom 28. d. M. enthält eine Verord- nung des Handels-Ministeriums: die Viehzählung und die Zählung der landwirthschaftlichen Haushaltungen betreffend, welche die zum Vollzug des bundesräthlichen Beschlusses der Zählung am 10. Januar nöthigen Anordnungen trifft.

Hessen. Darmstadt, 31. Dezember. Das heute ausge- gebene Großherzoglihe Regierungsblatt Nr. 59 enthält unter Anderem ein Gesetz, die Erhebung- der Staatsauflagen in den ersten sechs Monaten des Jahres 1873 betreffend.

_Mecklenburg. Schwerin, 2. Ianuar. Zur Feier des Neujahrstages fand gestern Mittag auf dem alten Garten eine große Parade vor dèm Großherzoge ftatt, der au der Erb- großherzog und die Herzöge Paul Friedrih und Iohann Albrecht beiwohnten.

Die Nr. 69 des Regierungsblattes enthält u. A. eine Au f- forderung an die Ortsbehörden zur pünktlihen Befolgung der Vorschriften wegen Ertheilung von Pässen u. \. w. an Reser- visten und Landwehrleute und in Betreff der an Mannschaften des Beurlaubtenstandes ertheilten Auswanderungs-Konsense.

Velgien. Brüffel, 2. Januar. Bei dem Neujahrs- Empfang vor dem König erklärte, wie dem „Fr. I.“ telegra- phisch gemeldet wird, der Bürgermeister von Brüfsel, Ans\pach, daß in Belgien keine Partei bestehe, die nicht konstitutionell sei. | Die allgemeine Zustimmung zu der Kongreßshöpfung finde Aus- druck in der großen Institution der Bürgergarde, welche alle Bürger in Waffen zur Behütung und zum Schuz aller Rechte, Pflichten und Freiheiten versammle.

oder 220,000 Lftr. mehr. Frankreich. Paris, 1. Ianuar.

15. Januar in den griehischen Gewässern zu verweilen.

Uebergabe gezwungen wurde.

surrektion in Navarra täglih an Ausdehnung gewinnt und

stande befinden. Der Kommandant von Pampeluna hat um Verstärkung ersucht und gestern find zwei Bataillone eingetroffen.

2. Januar. (W. T. B.) Zwei Aus\{hü}e der Stände Von Navarra habén beshlo}sen, ein Freicorps von 500 Mann zur Bekämpfung der Carlisten zu errichten.

Jtalien. Rom, 28. Dezember. Am 22. d. M., vergan- genen Sonntag, fanden in verschiedenen Provinzen Abge- ordnetenwahlen statt. Die Betheiligung der Wähler war sehr gering. Das Marine-Ministerium hatte eine Kommission von Offizieren mit dem Studium und der Prüfung verschiedener Modelle von Hinterladern für die Marine-Infanterie beauftragt. Dieselbe hat jeßt nach genauer Prüfung und Vergleichung der Waffen und der damit erzielten Resultate im Polygon von Vierreggio ihr Gutachten eingereiht. Es \oll danach den Ba- taillonen der Marine-Infanterie und der Marineschule_ eine be- stimmte Anzahl von Waffen der bestbefundenen Systeme über- geben werden und bleibt es dem Kommando der Schule über- lassen, neue Versuche damit anzustellen und über ihre Resultate an das Marine-Ministerium zu berichten.

Nachdem die Maßregeln gegen die Tiber-Uebershwem- mungen lange Gegenstand von Kommissionsberathungen gewesen, hat das Municipium jeßt 2 Millionen Lire für Arbeiten zur Reinigung des Flußbettes bewilligt.

_— 2. Januar. (W. T. B.) Der Papst hat am gestrigen Neujahrstage außer der palatinishen Garde auch die Ordens- generale und die Zöglinge der auswärtigen Kollegien empfangen und deren Adressen entgegengenommen und beantwortet. Dex französishe Abgesandte de Corcelles beabfihtigte, {hon heute nach Versailles zurückzukehren.

Das „Journal de Rome* glaubt zu wissen, daß der General de Corcelles in Folge seiner Unterredung mit dem Kardinal Antonelli den Botschafterposten beim päpstlichen Stuhle niht annehmen werde.

Nußland und Polen. St. Petersburg, den 1. Ia- nuar. Wie der „Kr. B.“ meldet, sind die Fregatte „Ss\wjet- lana“ mit - dém Großfürsten Alexis an Bord und die Korvette „Witjas“ am 27. Dezember in Nangasaki ein- getr offen.

2. Januar. Nach dem heute ausgegebenen Bulletin über das Befinden des Großfürsten Thronfolgers nimmt das Fieber gradweise ab, der Zustand der Kräfte ist, troß der dur die Krankheit verursahten Abshwächhung, im Ganzen ein sehr zufriedenftellender.

Die Geseßsammlung veröffentlicht den zwischen Ruß- land und der Schweiz abgeschlossenen Pofstvertrag.

Monatsübersiht für Dezember. Der Kaiser fehrte in diesem Jahre später als gewöhnlich von Livadia, seiner Privatrefidenz in der Krim, zurück. Das Petersburger Leben entfaltete sich daher in seinem vollen Glanze erst seit dem Anfang des Dezember nach neuem Style. Das Georgenfest, verherrliht durch den Besuch des Prinzen Carl von Preußen, wurde mit den üblichen Ceremonien gefeiert, welche wie gewöhnlich cine- Anzahl Fremder zur Newastadt hin- zogen. Bald nach dem Georgenfeste gäb die Erkrankung des Großfürsten-Thronfolger Grund zu allgemeinen Besorgnissen in der Residenz. Unterleibstyphus mit starkem Fieber brachte den Thronerben in ernstilihe Gefahr. . die Dank der gesunden Kon- stitution des Kranken und der Sorgfalt der Leibärzte, der DDr. Hirsh und Botkin, indessen allmählich beseitigt ward.

Die Haupt- und Spezialkommissionen, welche mit den vorberei- tenden Berathungen zur Einführung der allgemeinen Wehr- pflicht betraut find, haben ihre Arbeiten bis zu einem gewissen Puntkie erledigt. Die einshlägichen Fragen waren äußerst komplizirt, indem-die Begriffe über den Militärdienst seit 15 Jahren mancherlei Umgestaltung in Rußland erfuhren. Die Militärpfliht war bisher bekanntlich nur auf gewisse Klassen der Bevölkerung be- ränkt, von welchen nah dem Loose jährli oder fast jährlich ein gewisser numertischer Saß von 1000 rekrutenpflihtigen Be- wohnern ausgehoben wurde. Die Ausgchobenen mußten unter den früheren Regierungen 25 Jahre dienen, während die Ver-

Großbritaznien und Jrland. London, 1. Januar. ! Nah den am Iahres\{lusse veröffentlihten Ausweisen über die | Staatseinkünfte Großbritanniens - belaufen fih die Ein- ! künfte während der lebtverflofsenen drei Monate auf 17,481,362 Lstr., oder 627,265 Lstr. mehr als in dem entsprehenden Zeit- raum von 1871. Die Gesammt-Einnahmen während des am 31. Dezember. beendeten Jahres betrugen 77,688,920 Lítr., d. i. | 5,479,809 Lstr. mehr als im vorhergehenden Jahre. Dieser Zu- wachs gehört indeß nicht ganz dem wirklichen Finanzjahr an, denn der größere Theil desselben, der in dem am 31. März endenden Quartal erwuchs, gehörte dem vorhergehenden Finanz- jahr an. Der aktuelle Zuwachs der Einkünfte seit dem leßten Finanzausweise des Schaßkanzlers beträgt 2,980,600 Lstr. Mit Ausnahme der Kronländereien und vermishten Einkünfte, die mit einer nur unerheblichen Abnahme figuriren, weisen sämmt- liche andere Zweige der Staatseinnahmen erhebliche Mehrerträge auf. Zölle lieferten 20,236,000 Lstr. oder 515,000 Lstr. mehr als im Jahre- vorher; die Accise produzirte 23,238,000 Lstr. oder

sorgung des Ausgedienten niht hinlänglih gesihert war. Erst der Kaiser Alexander 11. veranlaßte unmittelbar nah seinem Re- gierungsanitritte eine andere Auffassung des Soldatenstandes und Soldatenbexufs. Er sorgte für zweckmäßigere Klei- dung, sorgsamere Verpflegung, Gin Behandlung; er ver- ringerte die. Zahl der Dienstjahre und stieß alle unordentlihen Elemente aus dem Heere heraus. Der Soldatenberuf mußte àâls ein vollständig ehrenvoller sich bethätigen, und die Strafen, ‘mit welhen die Vergehen der Soldaten be- legt wurden, ftanden ‘im Einklänge mit den anerkannt besten Militär - Geseßgebungen der Neuzeit. Als Schlußstein der russishen Armee-Organisation fehlte nur noh die völlige Ummwandlung der Armee nah modernem-Bedürfniß die Ein- führung der allgemeinen Wehrpflicht. Seit Ende 1870 mar die Heranziehung alier Stände zum Militärdienst mit kürzeren,- nah dem erlangten Bildungsgrade zu bemessenden Fristen beshlofsen worden. Es fehlte aber viel, bis der Gedanke eine Gestalt ge- wann, die sämmtlichen einmal bestchenden Verhältnissen gerecht ward. Die Kommission mit ihren Unterabtheilungen hatte un-

2,086,000 Lstr. mehr; Stempelgefälle lieferten 9,644,000 Lstr., oder 228,000 Lftr. mehr; Taxen 2,338,000 Lstr. oder 21,000 Lstr. mehr; die Vermögensfteuer realisirte 6,688,000 Lstr. oder 2,948,000 Lstr. mehr; das Post - Amt 4,690,000 Lstr. oder 170,000 Lstr. mehr, und der Telegraphen - Dienft 685,000 Lstr.

Das Geschwader des Contre-Admiral Chaill é hat den Befehl erhalten, bis zum

Spanien. Madrid, 28. Dezember. Der heutige „Tiempo“ meldet: „Wenn man einem Schreiben, welhes wir vor Augen haben, Glauben beimessen darf, so waren die Nachrichten aus Catalonien sehr beunruhigend. Der größte Theil der zur Ver- folgung der Carlisten ausgesandten Miliz soll fich mit den Banden vereinigt haben, während der Rest geschlagen und zur Dadurch sind auch die Insurgenten kühner geworden und haben den Kreis ihrer Operationen ‘aus- gedehnt, während die Armee vor Catalonien noch immer ht die versproheuen Verstärkungen erhalten hat.“ Ein anderer Brief aus Pampéeluna an dasselbe Journal meldet, daß die In-

die Kommunikationen in dieser Próvinz \fich im s{chlechtesten Zu-

die Grundsäße so weit klar darlagen, daß" man an die endliche Redaktion eines Entwurfs schreiten konnte. Dieser Entwurf liegt nun in 240 Paragraphen fertig vor. | In Bezug auf die Indu strie ist zu bemerken, daß in Mos- kau ein Museum für Landwirthschaft, angewandte Mathematik und technishe Wissenschaften eröffnet worden ift. Das betreffende Gebäude besteht aus drei Etagen, und zwar befinden fich in den- selben in der ersten Etage geologische Gegenstände und Abtheilung für Bergbau ; die zweite Etage umfaßt die Abtheilung für Ma- rine und Verkehrswesen; die - dritte Etage if vorzugsweise für landwirthschaftliche Gegenstände bestimmt. Das Museum von Turkestan, die Sektion für Galvanoplastik, Photographie u. dergl. bilden Nebenabtheilungen in diesem Museum. Die Sorgfalt, die man den technischen Fächern zuwendet, rechtfertigt sich ganz besonders, weil im Vergleih zu den Wissenschaften und Studien, die zum Civil- und Militärdienst nöthig waren, die mehr in- dustriellen Beschäftigungen im Publikum zurüdcktraten. ' Mit großen Festlichkeiten wurde inzwishen auch die Feier des hundertjährigen Bestehens der Petersburger Commerzschule begangen. Diese Anftalt, von der Kaiferin Katharina 11. ge- stiftet, und gegenwärtig der besonderen Fürsorge des Prinzen Petér von Oldenburg * anvertraut, hat einen hohen Rußen für Rußland gehabt. Etwa 3000 Zöglinge haben dort ihre Aus- bildung erhalten, welche in industriellcr Beziehung viel Erfprieß- liches für Rußland gekeistet. Es erhielten am 6. (18.) Dezember Allerhöchste Reskripte mit dem Ausdruck Kaiserlicher Anerkennung: der Kurator der Anstalt, Prinz Peter von Oldenburg, das Mit- glied des Conseils der Anstalt, Geheimrath Baron Stieglißz und endlih die Anstalt selbst. i Der um Reform der Pofteinrichtungen verdiente Baron Welho, Chef des Postdepartements in Rußland, unternimmt in nâchster Zeit eine Rundreise, die sfih bis nach Ost-Sibirien er- strecken wird, eine so weit ausgedehnte Inspektionsreise, wie fie noch kein Chef des Poftressorts unternommen hat. Die Verhältaisse der Sektirer in der russishen Kirche gehen einer baldigen festen Regelung entgegen. Die Ausstellung von Ursprungszeugnissen, die Führung der Civilstands-Register für die Seïtirer durch weltlihe Behörden hebt- die bisherigen Schwie- rigkeiten, die in dieser -Rihtung beständig \ih erheben wollen, mit einem Male auf. Die kirchlihe Behörde vermochte die Sek- tirer niht zu fontoliren: die welilihe umgeht alle Meinungs- verschiedenheit, und bleibt bei den staatlih nothwendigen Bezie- hungen. Auch sons bricht fich der Fanatismus der Sektirer an der zunehmenden Aufklärung des Klerus, welche die Regierung auf alle Weise fördert. Auch Privatleute, haben dur Schenkungen zu kirhlihen Zwecken, durh Restaurirung alter Kirchen dem Klerus finanziell zu Hülfe zu kommen gesucht. Auch kirchlihe Brüderschaften und Vereine zur Kirchenpflege, und in Petersburg noch die großartige Gesellschaft der „Freunde religiöser Aufklärung“ suchen das Interesse für religiöse Dinge zu fördern und das geistige Niveau russischer Geistlihkeit zu heben. Im russischen Zoll-Departement ward eine interessante Publi- kation mit offiziellem Charafter herausgegeben: „Uebersicht des auswärtigen Handels für 1871“ erster Band. Danach is im legten Dezennium der Ausfuhrhandel sowohl wie au der Einfuhrhandel auf weit mehr als das Doppelte gestiegen; es be- trug. nämlih in den Jahren: 1861 1862 1863 1864 1865 1866 1867 1568 186) 1870 1871

S e e O R e A, r m, e men a, E R

dieEinfuhr 145. 128. 130.148. 141. 180. 236. 244. 324. 316. 352 die Ausfuhr 164. 167. 140. 171. 191. 201. 221. 217. 256. 351. 360 Millionen Rubel. Auf diese höheren Werthangaben, welche sh nah dem Jahre 1869 herausftellen, hat unbestreitbar die damals durchgeführte Aenderung des Tarifs Einfluß. Die größte Aus- dehnung des Ausfuhrhandels kommt auf Petersburg mit Kron- stadt; hierauf folgen Odessa, Riga, Rostow am Don, Taganrog, Wirballen, Archangel. Der Prozentsaß für die Ausfuhr ist bei allen dicsen Handelspläßen von 1870 auf 1871 in mehr oder weniger starker Zunahme (besonders in Petersburg und Odessa) : eine unbedeutende: Abnahme gegen das Vorjahr zeigte \sih blos in Rostow am Don. Die genannten sieben Handelspläße um- fassen niht weniger als 70 Prozent unseres gesammten Aus- fuhrhandels.

In Bezug auf die Einfuhr nimmt St. Petersburg ebenfalls den ersten Play ein. Dann folgen Moskau, Odessa, Wirballen, Warschau, Riga, Rewal, Alexandrowsk und die genannten aht Pläté nehmen etwa 86 Prozent unseres gesammten Einfuhr- handels in Anspruh. Am Stärksten ist die Einfuhr von Deutshland und Nordamerika. Nah Deutschland wurde im Jahre 1871 für 76 Millionen Rubel ausgeführt, aber für 162 Millionen von dort eingeführt; nach Nordamerika wurde in demselben Jahre nur für 860,000 Rubel ausgeführt, dagegen für mehr als 16 Millionen Rubel von dort cinbet Der Feldzug gegen Chiwa isst noch immer nicht eröffnet. Es wurden bisher nur umfassende Rekognoszirungen vorgenom- men, um sich von allen Terrainverhältnifsen die positivsten Kenntnisse zu verschaffen. In Folge verschiedener Streifereien, die von den Parteigängern der Chivingen vorgenommen wur- den, sind bereits fleinere Verkehrsstörungen eingetreten, In Orsf blieb die Steppenpost 7 Tage aus, aber von ernstlicherem Treffen war noh nichts bekannt. Die Streifzüge russischer Ab- - theilungen und von Kosaken waren in dem Umfange, in wel- San sie angeordnet wurden, mit Erfolg gekrönt.

Schweden und Norwegen. Stocckholm, 28. De- zember. - Der Zusagzartikel in der am 18. d. M. unterzeichneten Münzconvention, welcher die Bedenklichkeiten Dänemarks bei der Unterzeihnung gehobei hat, nämlich_ daß nach dem 11. Artikel folche Goldstücke in den Staatskassen uicht eingewechselt werden sollen, die durch Abnuzung über 2 Proz. ihres Gewichtes verloren haben, und welcher eben so bindend sein soll, wie die Convention selbst, lautet folgendermaßen :

„Es soll jedem der drei Reiche unbenommen sein, sich einer noch weiter gehenden- Einwechslungsverpflichtung rücksihtlich der für die Reiche geprägten Goldmünzen zu unterziehen, als derjenigen, welche aus dem 11. Artikel der Convention, verglichen mit dem 10. Artikel,

herfliecßt."

Amerika. Eine Depesche ausSan Francisco meldetunterm 28. Dezember, daß das Flaggenschiff des amerikanischen Pacific- Geschwaders nah Honolulu abgegangen ist um die Interessen der amerikanischen Bürger auf den Sandwihs-Inseln wegen des. dur den Tod des Königs verursachten Interregnums zu hüten.

New-York, 2. Januar. Die Staats\chuld hat im Monat Dezember um 15 Millionen Dollars zugenommen. Fn der Staats- kafse befinden sich 74,375,000 Dollars in baarer Münze und 9,875,000 Dollars Papiergeld. Die Zunahme der Schuld ist dur den halbjährlihen Rechnungsabschluß der einzelnen Re- gierungsabtheilungen veranlaßt; dazu fommt eine ungewöhnlih

ablâssig gearbeitet, und dennoch bedurftè es mehrerer Jahre, bis

tleine Einnahme pro Monat Dezember, welche dur die Intraden pro Januar wieder ausgeglihen wird,

führen.

—— rihten aus Mexiko zufolge hat sich der Kongreß vertagt. tp a Erlasse des Präsidenten Lerdo_ de Tejada sollen Botschafter Mexikos nach Deutschland und Spanien ge- sandt werden. Die Eisenbahn von Veracruz nah Mexiko ift lebt tag 6 neuesten Nachrichten aus Central - Amerika per westindischen Postdampfer „Moselle“ lauten nach dem „A. C. höchst erfreulich. Frieden und Fortschritt fahren fort, in den verschie- denen Republiken die Oberhand zu behalten. In Honduras be- festigt fih der Frieden mit jedem Tage mehr. Die Regierung schenkt ihre Hauptaufmerksamkeit der Reorganisation der ver- schiedenen Verwaltungsz1welge des Staates. Die Regierung por

onduras hat von Costa Rica, Salvador und Guatemala Glüdck- wunschschreiben anläßlich der Beendigung des jüngsten Krieges und der zukünftigen Aussichten des Landes erhalten, die De finnungen des Friedens und der Freundschaft Ausdruck ge s Der Bau der Eisenbahn wird mit allem möglichen Eifer be- trieben, da die Regierung von der Wichtigkeit der baldigen Vollendung des Werkes und der fommerziellen Be theile, die es für die Republik erzeugen wird, erfüllt if. In Nicaragua hält das óffentlihe Vertrauen an. Aue Daun Rica liegen günstige Berichte über den Fortschritt der Eisen ahn vor. Die Werke an der Seite von Lima machen, wie verlautet, befriedigende Fortschritte. In Quito, Ecuador, wurde am 94. November ein heftiger Erdstoß verspürt. Mehrere Kirchen und andere Gebäude wurden beschädigt. In einigen Theilen öffnete sich die Erde und ließ Kluften in dem Boden zurü. Das Verfahren der japanischen Regierung gegen den Kapitän des peruanischen Schiffes „Maria Luz dürfte allem Anscheine nah zu . ernstlihen Difierenzen zwischen den beiden Ländern Die Panzerfregatte „Independencia sowie die Korvetie „Union“® haben Befehl erhalten, fch nah den chinesischen und japanischen Gewässern zu , begeben. Signor Garcia, ‘der Kapitan der „Indep endencia,* if zum Be- vollmächtigten Perus - bei den Höfen in Yeddo und Peking ernannt worden. Von Ianuar bis August dieses Jahres wur- den 12,000 chinesishe Kulis in Peru importirt. Die Einwan- derung fängt an, beträchtliche Aufmerksamkeit zu erregen. Unter den Auspizien der peruanischen Regierung hat fih eine auto pagnie gebildet, um die Einwanderung von Europäern zu Fe enr In Arequipa wurde ein Erdstoß verspürt, der an Heftig eit und Dauer sich beinahe dem, der am 13. August 1869 die Stadt heimsuchte, gleichstellte. In den Centralstaaten von, Ame- rika is eine Bewegung im Gange, die zum Zwecke hat, die ver- schiedenen Staaten zur Bildung einer Konföderation, zu beein” flufsen. Ihre - Parole ist: „Eine Regierung und ein Land. Die Vereinigten Staaten von Ameriïa sollen als Vorbild dienen. Im Norden von Salvador hatte eine Eruption des Vul- fans Santa Anna stattgefunden. Am. Fuße dieses feuer- speienden Berges befinden sich viele Kaffee - Plantagen, die, wie man befürchtet, zerstört werden dürften. Die Indigoernte von Salvador ift in dieser Saison größer ausgefallen, in Folge dessen die Preise sehr gewichen sind. In Guatemala war Franzisco Sandoval, einer der Rebellenführer im Departement von Juliapa erschossen worden. Man erwartete einen günstigen Ausfall der Kaffecernte von Guatemala. In Panama fanden am 29. November, dem Jahrestage der Unabhängigkeit der Land- enge, große Festlichkeiten statt, die drei Tage lang dauerten. Die Exploration einer zwischenozeanischen Kanalroute über die Landenge sollte unter den Auspizien der Vereinigten Staaten- Regierung wieder aufgenommen werden. In Lebu, im Süden von Chili, find sehr reiche Goldminen entdeckt worden.

Asien. Vor einigen Tagen ‘ist die Nachricht eingetroffen, daß Sapan den Europäischen Kalender (unter Beibehal: tung der Iahreszählung von Kaiser Sinni oder Simu) angenom- men hat.

Afrika. Der am 29. Dezember in Liverpool angekommene afrifanishe Postdampfer „Biafra“ bringt von der Westküste Afrikas die Nachricht, daß der König von Ashanti die euro- päischen Gefangenen befreit habe. Ein verheerender Orkan suhte Madeira heim, in Folge dessen das englische Kanal- geshwader unter der Leeseite der Insel eine Zuflucht fuchen mußte.

Hülfeleistungen zur Linderung des durch die Sturm- Éuth C 12. und 13. November verursachten Noth- standes. 4 Berlin. Der Deutsche Hülfsverein für den Nothstand an den Ofiseeküsten wird in dieser Woche sein erstes Gabenver- zeihniß veröffentlichen. Seit der kurzen Zeit seines Bestehens find dem Vereiu bereits 334,000 Thaler zugegangen und zum großen Theil von demselben sofort zur Linderung des Nothstan- des abgeführt worden. Zu den jüngst eingetrossenen Spenden gehört u. À. cin Beitrag von 200 Thalern von dem Vorschuß- Verein zu Waldenburg i. Schl. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz folgt der Thätigkeit des Vêreins mit itberaus regem Interesse. E L SAstuper. A zum Besten der Nothleidenden an den Öftsceküsten von der Frau-Genueral pon Voigts - Rhez und der Frau Stadtdirektor Rasch veranstaltete Konzert wird, Und zwar, wie wir hören, unter Mitwirkung der Frau v. Voigts- Rhet, der Frau v. Bronsart, des Jrl. München, des Herrn Prof. Ioachim, - des Herrn Kammermusikus Lindner und des Männerquartetts des Domchors, am 6. d. M. in den Konzert- sälen des Königlichen Hoftheaters gegeben werden. 5 Königsberg. Das hiesige Lokalkomite hat vorgestern 7000 Thlr. an den „Hülfsverein zur Linderung des Nothstandes an der Osisce* zu Händen des Geheimen Kommerzien - Rath Bleichröder in Berlin und zwar mit der Bitte abgehen lafsen, au den durch die Sturmfluth am 13. November in unserem Regierungsbezirke geshädigten Strandbewohnern etwas aus den zusauznengekommenen Geldern zukommen zu lassen. Der Scha- den im Regierungsbezirk Königsberg if auf cine Höhe von etwa 1000 Thaler festgestellt. Elberfeld. Für die in Noth gerathenen_ Bewohner der Ostsecküsten sind bis P beim hiefigen Ünterstüßungs-Komite 6803 Thaler 18 Sar. fg. eingegangen. c A Stodholan sind bei dem Deutschen General-Konsul aus Schweden für dié Nothleidenden in den deutschen Dftsee- Provinzen 9637 Rdr. 50 Dere eingegangen und an das Deutsche Reichskanzler-Amt abgesandt worden. : Die in New-York veranstalteten Sammlungen haben bis jeßt die Summe von 4000 Dollars ergeben.

Aus dem Wolff'\chen Telegraphen-Bürcau.

London, Freitag, 3. Januar. Der Strike von etwa 60,000 Kohlengruben- und Eisenwerkarbeitern in Wales dauert

2. d. zu, wona ‘sämmtlihe Schiffe des

ein Schiedsgericht herbeizuführen. Telegramm aus Philadelphia vom Pacific-Geshwaders nach Honolulu beordert wörden wären , um daselbst eine der Stärke des dortigen englischen Geschwaders gleihkommende

amerikanische Flotte zu konzentriren. E O F is, Freitag, 3. Ianuar. Das „Iournal officiel“ be- L S N anläßlich der Entlaffung des

zeihnet die von den Zeitungen Botschafterposten beim päpst . 0 E Grafen v. Bourgoing von feinem unbegründet und

lihen Stuhle ausgestreuten Nachrichten als L. pri daß fee französische Gesandte am italienischen Hofe, Four- nier, der ganzen Angelegenheit fern gestanden und daß zwischen

Graf Bourgoing und Fournier keinerlei Konsflift ¿stattgefunden habe. f

stehenden Differenzen dur Der „Times“ geht - ein

R E S n: É E GA

Königliche Schauspiele.

Sonnabend den 4. Aaztimt Im Opernhause. (3. Vorst.) Fantasca. Großes Zauber-Ballei in 4 Akten _nebst einem Vor- spiel (12 Bildern) von P. Taglioui. Musik von P. Hertel. Anfang 7 Uhr. M.-Pr. e

Im Schauspielhause. (3. Ab.-Vorst.) Clavigo. Trauer- spiel in 5 Abtheilungen von Goethe. Anfang 7 Uhr. M.-Pr.

Sonntag, den 5. Januar. Im Opernhause. (4. Borst.) Die Hugenotten. Oper in 5 Abth. nah Scribe. Musik von Meyerbeer. Ballet von P. Taglioni. Margarethe: Frl. Leh- mann. Valentine: Fr. v. Voggenhuber. Urbain: Fr. Kupfer- Berger. Raoul: Hr. Niemann. Marcel: Hr. Fricke. St. Bris: Hr. Salomon. Nevers: Hr. Schmidt. Anfang halb* 7 Uhr.

Mittel-Preise.

Sin Schauspielhause. (4. Ab.-Vorstell.) Zum 1. Male wiederholt: Ein amerikanishes Duell. Lufispiel in 1 Aft von G. v. Moser. Hierauf, zum 1. Male wiederholt: Der Pathe dés Kardinals. Dramatische Anekdote in 1 Aufzug von Friedr. Meyer v. Waldeck. Zum Schluß: Die Dienstboten. Lebensbild in 1 Aft von R. Benedix. Anfang 7 Uhr. Mittelpreise. F Es wird ersuht die Meldekarten (sowohl zu den Opern- haus-, wie zu den Schauspielhaus-Vorftellungen) in. den Brief- fasten des Opernhauses, welcher sich am Anbau desselben, gegen- über der Katholischen Kirche, befindet, zu legen.

Dieser Briefkasten ist täglih für die Vorstellungen des fol- genden Tages nur von 10 bis 12 Uhr Vormittags geöfsnet. Meldungen um Theater-Billets im Bureau der General- Intendantur oder an anderen Orten werden als niht eingegan- gen angesehen und finden keine Beantwortung.

24 des Marine-Verordnungs-Blattes enthält u. A.: 8. 172, Theil 11, des Strafgeseßbuchs für das aptirten Seitens

Shiffs-

Die Nr. Modifikation 7 L, des j preußische Heer. Entfernung ungiltiger Stempelzeichen bei Waffen. Gemeinschäftlihe Absendung von Korre)pondenzen der einzelnen Schiffs-Kommandos. Inhalt-Verzeichniß der Bücherkisten. 24 «R O 4 s A Das Amts-Blatt der Deutschen Reichs-Telegraphen-Verwal- tung, Nr. 23, enthält eine Verfügung vom 14. Dezember 1872, die Jnstradirung der bei Deutschen Stationen aufgegebenen, via Dstende nah England zu befördernden Depeschen betreffend.

Die Nr. 1 des „Preußischen Handels-Archivs“ hat folgenden Inhalt: Gesetzgebung: Schweden und Norwegen: Abänderungen des Zolltarifs für Norwegen. “Statistik: Deutsches Reich: Nachwei)ung der Einnahmen an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern in dem Zollgebiet des Deutschen Reichs für die Zeit vom 1. Januar bis zum Schlusse des Monats November 1872. Großbritannien; Vie Schifffahrt in den Britischen und Jrischen Häfen während der Jahre 1870 und 1871. Rußland: Jahresberiht des Generalkonsulats zu Riga für 1871. Mittheilungen: Tilsit, Posen, Stralsund, Glogau, Görliß, Altona, Emden, Halle a. S.

Des

Kunft und Wissenschaft.

Berlin, 3. Januar. Als zweite Novität kam aim Syslvester-

abend im Königlichen Schauspielhause eine dramatisirte Anek- dote in cinem Aufzuge von Friedrich Meyer von Waldeck zur Auffüh- rung, betitelt: „Der Pathe des Kardinals“, welche auf histori- schem Hintergrunde eine Begebenheit aus dem privaten Leben des mächtigen Ministers Ludwigs XIV., des Kardinals Mazarin, im Ko- lorit der Zeit vorführt. Die Anekdote dichtet dem bekannten Staats- manne einen edlen Charafterzug an: Er hat noch in jüngeren Jahren als Hauvytmann einst in einer fleinen Stadt den Sohn einer armen Mittw-e, bei welcher er wohnte, als einziger Zeuge über die Taufe ge- halten. Dieser sein Pathe, Julian Noireaud, ijt inzwischen zu dem Goldschmied Roullard in Paris in die Lehre gegangen, ist ein tüchtiger Geselle geworden Und hat sich niht nur das Vertrauen feines Lehrherrn, sondern auch die Liebe der Nichte desselben érworben. Meister Roullard aber hat dic Feinde des Kardinals zu Kunden und ist, sonst ein harmloser Mann, diesen zu Gefallen ebenfalls zu seinem erbitter- ten Gegner geworden, der ogar etnc sorgfältige Sammlung alléx Schmäh- i{riften auf den Kardinal angelegt hat. Inzwischen aber ist nun der Kar- dinat zum Premier-Minister ernannt worden, und Meister Roullard. sicht dadur seinen Wunsch, den Titel cines Hof-Goldschmiedes zu_ erhalten, in weite Ferne gerückt, wenn er nicht des Kardinals und „einer An- hänger Gunst zu erwerben si bestrebt. Als daher cines Tages dret Hofleute von der Partei des Kardinals in ¡einen Laden treten, jut er zwar seine Ehrerbietnng gegen denselben zu betheuern, als zur Un- zeit Julian wieder mit einem Pack Spottschriften ankommt und ihn unbewußt dur seine Offenherzigkeit vor den Kavalieren bloßstellt. Im höchsten Zorn und zum Ergöbßen der Herren erklärt er den Gejellen für einen Lügner und entläßt ihn sofort mit den kompromittirenden Schriften aus seinem Dienst. Zufällig blättert dieser in einer Biographie des Kardinals, welche sich unter den Heften findet und ersicht daraus zu: seinem Erstaunen, daß der gewaltige Minister niemand anders ift, als der ehemalige Hauptmann, der fich feiner so väterlich angenom- men. Durch List weiß er si Zutritt in das Hotel und zu der Person des Ministers zu verschaffen, der durch die Offenherzigkeit des Burschen gewonnen, ihn als Pathé anerkannt und ]eines Wohlwollens versichert. Julian ift zwar zuerst betroffen, denn er hat mehr erwartet, als die Ernennung zum. Aufseher - des Silbergeshirrs und “die Er- laubniß fich überall feinen Pathen nennen zu dürfen. In der darauf folgenden Audienz aber lernt ex bald den Werth dieses Geschenks schäßen. Der Kardinal behandelt ihn zur Verwunderung der Kavaliere als seinen Vertrauten, den er in allen wichtigen und unwichtigen Dingen zu Rathe zieht, und als der Minister auf kurze Zeit den, Saal verläßt, wird Julian von allen Seiten umdrängt. Man sucht ihn durch reiche Geldgeschenke zum Mee zu ge- winnen. Seine erste Unsicherheit weicht allmählich einer naiven Würde. Durch feine Fürsprahe erlangt der ebenfalls unter den Bittstellern erschienene Meister - Roullard den ersehnten Titel eines Hofgoldschmiedes, welcher nun nicht mehr ansteht, dem reichen Gesellen die Hand seiner Nichte zu gewähren. L “Die Hauptrollen des kleinen Stücks waren in den Händen der Herren Kahle, Oberländer, von Hoxar und des Frl. Kühle. -Hr. Kahle atte als Kardinal Mazarin nur die rein üen}chuchen Charakter- Cienschaften des Staatsmannes zum Ausdru zu bringen und vereinigte in

des er „Herrn Kaudel's Gardinenpredigten“ 4

von Dr. Lorent, der zuglei

schreibt es ausdrüdcklich diesem Verfahren zu,“ daß die 1 nicht fo verheerend wie in anderen größeren deutshen Städten aufgetreten

Meister Roullard, während Herr v. Hoxar ‘fi in der Darstellung

der naiven Treuherzigkeit des Julian Noiraud auszeihnete und Fri. Kühle als Nichte des Meisters niht minder zu. der beifälligen Auf- nahme des Lustspiels beitrug.

ß Abends bildete G. v. Moser's stets wirksames E E Ie C iei unter der Mitwirkung

des Herrn Döring und der Frau Frieb-Blumauer.

dem Jahresberi cht der des Gesundheitsraths erschienen, unterzeichnet von dessen Senior Dr. Stachow, verzazs aber

Borsißender des Berens fur O entliche Der Bericht behandelt größtentheils dieselben

remen, 30. Dezember. Nah Sanitätsbehörde ist nun au derjenige

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Gesundheitspflege ist.

Gegenstände, wie diejenigen der Sanitätsbehörde, aber tehnisch er-

D S ; t Et j ie fpeziellere \chöpfender. - In dieser Hinsicht erscheint namentlich die spezie Schilderung des Verfahrens, welches hier zur Einschränkung der Poten- seuhe beobachtet worden ist, von Interesse. Der Gejundheitörath p Epidemie hier

ift. Von allen Erkrankten sind nur 12—14 % gestorben; im Abfonderungs- hause 12—13, in Privathäusern 23 %. Es ergiebt fich sont aus der ver- ichiedenen Größe dieser Abweichungen von der Durchschnittszahl, dai das Medizinal-Amt in der Regel die Aufnahme der Kranken in das Absonderungshaus durchgeseßt hat: von 355 Erkrankten wurden nur 39 tin Privatwohnungen gepflegt. Der Bericht weist außerdem ant Beispielen, die zum Theil von Auswandererschiffen herrühren, nah, wie wichtig in Zeiten einer Epidemie die Beachtung auch der leichte- sten Fälle sei. Nächst den menschlihen Epidemien finden sich die Thierseuchen behandelt, Hundëwuth, Milzbrand und Maul- und Klauen- feuche des Rindviehs. Dann werden die einzelnen Fälle summarifch aufgezeichnet, in denen der Gesundheitsrath durch das Medizinal-Amt in Thätigkeit geseßt worden ift, und s{ließlich ein Blick auf den Fort- gang der Anstalten für sffentlihe Gesundheitêpflege geworten, nament- lih auf die demnächst fertige Wasserleitung, von deren Eröffnung U. 7. eine große sffentlihe Wasch- und Bade-Anîtalt erhofft wird.

Die Nachricht von dem Tode des Prof. L. Carius in Mar- burg bestätigt sich_ nicht. Derselbe war erkrankt, befindet fih aber

jeßt in Wiedergencqung. München, 30. Dezember. Nachdem Professor Zumbusch fich entschlossen hat, sein Gypsmodell zu dem Denkmal für den ver- storbenen König Maximilian zur Wiener Weltausstellung zu bringen, hat der König, um eine würdige Umgebung dieses kolossalen Monuments herstellen zu lassen, aus der Kabinetsfkasse die Summe von 5000 f. der Landeskommission zur Verfügung angewiesen. Vie Aufgabe, cine solche Umgebung des Denkmals zu liefern, hat nun dîe hiesige Gartenbau- esellschaft übernommen.

Christiania, W. Dezember. Vorgestern ist das Damvfschiff „Isbjörnen“ von Tromfss auf eine neue Expedition na ch Spiß- bergen ausgegangen und zwar mit dem Plane, so nahe an Bâren- Eiland heranzufkommen, wie es die Eisverhältnisse erlauben und von dort aus nah dem Südcay auf Spißbergen zu steuern. Sollie das Fahrwasser um Bären-Eiland herum eisfrei fein, dann wird ange- nommen, daß es die Westküste von Svibbergen ebenfalls ist. _Im ent- gegengeseßten Falle ist man genöthigt, bei nur geringer Aussicht auf guten Erfolg, einen Versuch zu machen, sih von Süden her beim Prinz Carls-Vorlande durzuschneiden. Daß im „JIsfjord“ noch be- deutende Vorräthe an Proviant und Kleidern vorhanden find, üt be- fannt. „Jsbjörnen“ wird nicht abgeschickt, um die Besaßungen der ein- gefrorenen norwegischen Fischerfahrzeuge vom Hungerkode zu retten ; aber man befürchtet, daß die Mannschaften einem andern Feinde, Der Muthlosigkeit und Krankheit erliegen werden, wenn fie ohne Führer und sich felbst überlassen bleiben. i

Landwirths#schaft.

Berlin, 3. Januar. Aus dem Minifterium für die Landwirth- ichaftlihen Angelegenheiten find uns folgende vom 30. v. M. datirte Mittheilungen in Beziehung auf die Rinderpest und andere an- steckende Viehkrankheiten zugegangen: E i : ___.1).Nach den eingegangenen amilichen Berichten herrschte im Kö- nigreich Ungarn am 15. v. Mts. die Rinderpest auf den Pußtea Starotelo, Briest, Güyrüsi, Bacsfai, Nemet, Terpinahata; in den Gemeinden Gyula, Hassany, Alt und Neu - Kacsdorf , Vörösmart, L NVokány, Gyüd, Olasz, Márton, Berfesd, Katoi, Freistadt Fünfkirhen des

Sepse, Borjad, Lacsuk, Babarcz, Siklós, Púüspöflak, Dráva Szabolcs, Drâva Szt. Német Uerög, Iván, Darda und Königl. Freistadt Fünskirhen De Barangaer auf den Pußten Somodar, Guepéti, Old hidi, Drá- vaerdei, Pálfalu, Hetény und in der Gegend der Gemeinde N. Bajom auf mehreren Pukßten, fowie in den Gemeinden Bares, Nagy Bajom und Aszoló des Schémeger, in den Gemeinden Morägy, Apati, U. Nana, Ta- másii, Battaszék, Szegszard und Vardom des Tolnauer,—in der G emeinde Csifvar des Stubhlweißenburger, Papa und Kuho Vath des Beß- primer, auf den Pußten Rancsovx und Göböljaras des Bavser, und in den Gemeinden Gairing, Malaczka und Gr. Schüßen des Preß- burger Comitats. Jn der Gemeinde Seregelyes Des Stuhlweißen- burger und in der Freistadt Zombor des Baczer Comitates 1 die Rinderpest erloschen. In Slavonien 11k dieje Seuche in den Ge- meinden Kutjevo, Lukasje, Kula, Porec und Tominovac des P ozseganer Gomitats zum Aufbruch gckommen. Zur Hüiitenhaltung der Weiter- verbreitung wie auch möglichst baldiger Ausrottung dieser Seuche wurden allenthalben die strengsten veterinär- polizeilichen Maßregeln angeordnet und deren Durchführung mit aller Strenge gehandhabt. 2) Ueber den Stand der Rinderpest in Oesterreih-Ungarn während der Zeit vom 2. bis 8. Dezember ist amtlih Folgendes ge- meldet: Im obigen Zeitabfschnitte ist die Rinderpest erlo} chen in: Gali- zien in Nùwra des Borszczower, in Czerniow des Rohatyner und in Nowos- zyn des Dolinaer Bezirks (der Dolinaer Bezirk ist hierdurch seuchefrei); der Bukowina in Bojan und Toporouß des Czernowißer Bezirkes ; in Dalmatien in Sisic Igolo und Skaljaci des Cattaroer Bezixks ; Ausgebrochen ist die Rinderpest im obigen Zeitraume Ur der Bu- fowina_in rujsisch Banilla des Wißnißer und in Wassileu des Koh- manner Vicirtes; Mähren in Neustist und Krönau des Dlmuüßer, | Eiwanowiß und Chwalkowiß des Wischauer und Groß Senmb des Littauer Bezirkes; Böhmen in + Holodei des Pardubißer, Ho- rinoves des Königinhofer, Seestadtl und Poßwiß_ des Ro- motaucer und Brezhrad des Königgräßer Bezirkes; Nicder- Oesterreih im Simmering des Brucker Bezirkes und in 3 Wiener Stadtbezirken; Dalmatien in der Ragusaner Vorstadt Plocée, in Cibaria des Ragusaner und in Giurasevic des Cattaroer Bezirkes. Außer den eben bezüglich des Ausbruches der Rinderpest genannten Orten erschienen am 8. Dezember v. J. noch nachstehende Drte ver- scucht: In Galizien Horoszowa des Borszezower, Podwoloczysfa des Sfalater, Kolendziani des Czortkower, _Bukaczowze Bursztyn und Tenetniki des Rohatyner Bezirkes; in der Bukowina Norwofielitya, Sahala und Kotulostrißza des Czernowißer und Banilla des Wiß- nißer Bezirkes; in Mähren Laucan, Namiest, Nerftein, Snebolin des Olmüber und ein 4 Stunde von Lunteaburg-Gödinger Bezirkes gelegener Stall; in Böhmen Brüx sammt Umgebung und _Kahn de- Brüxer, Neundorf des Komotauer, Kladina Streidorf Chor, Cas und Sezemir des Pardubißer Bezirkes; in Niedec- ôsterreich Waidendorf des Großenzersdorfer y Gaudenzdorf des Sechshauser und Unter - Themenau des Mistelbacher Bezirs fes; in Oberösterreih Bachmanning, Hundshagen und Lambach des Welfer Bezirkes; im Küstenlande das Territorium der Stadt Triest, Gorenji-Konc und Beka des Bezirkes Cavo d'Istria und das zur Ortsgemeinde Castelntuovo gehörige Vorf Szeloze im Bezirke Bo- losca; in Dalmatien Cilippi, Lovorno, Kemaj und - Milkulich des Ragusaer, Mula, Podi-Mercevac und Trebesin des Cattaroer Bezirkes. Aus Ungarn ist im obigen Zeitraume ein wcite- rer Bericht über deu Stand der Rinderpest nicht éingclangt. Fn Slavonien sind die Orte Kutjevo, Lukasje, Kula Perec und Tominovac des Pszeganexr, sowie die Pußta Ribnja nächst Theresien- feld des Veröcer Komitates verseucht. Jn Breznica und Lukacevac (Klokoucevac) des Veröôcer Komitates is die Rinderpest erloschen.

der glücklichsten Weise die Würde der Stellung mit den durhleuhtcnden

fort, weil die Arbeitgeber sih weigern, die Erledigung der be-

gemüthlichen Regungen. Ht. Oberländer gab den gutmüthigen polternden

Syrmien und ganz Kroatien sind von der Seuche vollkommen frei.