1873 / 10 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

gleichartig ist das* Verhältniß des Staats zu den evangelischen Kirchen

der neuen Provinzen. L Dagegen hat bezüglich der katholischen Kirche die thatsächliche

Entwickelung eine ganz entgegengeseßte Richtung genommen. Die ka-

tholishe Kirhe war vermöge ihrer Verfafsung in der Lage, sich in

den vollen Besiß der ihr verheißenen Freiheiten zu seßen, ohne die Aus- einanderseßung i der Staatsgewalt im Wege der Geseßgebung. ab- zuwarten. Die Folge hiervon ist gewesen, daß die katholische Kirche nicht allein sofort thatsählich in den Besiß voller Selbständigkeit trat, Fondern daß zugleich die dem Staate verbliebenen, aus seinem Hoheits- rechté entspringenden Befugnisse dec Ober-Aufsicht in den wichtigsten Beziehungen nit zur Ausübung gelangten. Diese Entwickelung wurde wesentlich dadurch begünstigt, daß das ältere Ret, welches der Staats- ewalt eine positive und direkte Einwirkung auf die Beforgung der irhlichen Angelegenheiten gewährte, die nunmehr in den Vordergrund tretenden negativen Hoheitsrehte nicht entwickelt hatte und es daher an näheren Bestimmungen über ihre Bethätigung sowie an den nöthi- gen Schußzmitteln zu ihrer Durhführung fehlte. (Richter, die Ent- wickelung des Verhältnisses zwischen dem Staat und der katholischen Kirche in Preußen seit der Verfafsungsurkunde vom 5. Dezember 1848, abgedruckt. in Dove's Zeitschrift für Kirchenreht, T. Jahrg., S. 100.) Im Einzelnen ist die Folge dieser Entwickelung gewesen, daß der Staat 1) feine Kontrole über die Ausbildung des Klerus zur Zeit aus- übt. Die Bischöfe bestimmen allein über die Vorbildung der Geist-

lichen, sie ordnen das Prüfungswesen und besißen in den Knaben- -

Seminaren, Knabenkonvikten fowie den Klerikal- und Priesterseminaren, deren Vorsteher und Lehrer sie ohne jede Mitwirkung des Staats annehmen, Anstalten, mit Hülfe deren sie nicht nur die wissenschaft- liche und theologische Bildung, sondern auch die ganze Erziehung und Charafterbildung des heranwachsenden Klerus beherrschen, ohne daß von dem Staate selbst nur über die* kirhlihen Erziehungs- und Unterrichtsanstalten eine Aufficht geübt wurde, ein Zustand, der offen- bar mit den Vorschriften der §§. 1 bis 5, -Tit. 12. Th. TT. Allgem. R und Artikel 23 der Verfassungsurkunde nicht im Eiu- ang steht.

2) Bei Verleihung von geistlihen Aemtern betheiligt sih gegen- wärtig der Staat nur da, wo spezielle Rechtstitel vorliegen. Die Bischöfe sind daher in der Lage, Personen, welche durch ihre Wirk- samkeit das Wohl des Staates auf das Schwerste zu schädigen geeig- net sind, in geistliche Aemter zu berufen. Selbst die Anstellung von Ausländern kann der Staat nicht hindern: ihm bleibt nur die Mög- lichkeit, sie eventuell auszuweisen. Für das in den Allgemeinen Hoheits- rcchten begründete Lan Recht des Staates der Abwehr staatsgefähr- licher Verleihungen fehlt zur Zeit jede praftishe Anwendung. Der ma ist lediglich auf den guten Willen der geistlihen Obern an- gewiesen. : S i O

9) Die nahezu absolute Abhängigkeit der katholishen Geistlichen von ihren Oberen wird dadurh noch erhöhet, daß es, wo nicht Pa- tronatrechte in Frage kommen, in dem Belieben des Bischofs steht, ob er ein Pfarrbenefizium definitiv oder, um den Inhaber ad nutum amoyvibet zu halten, nur interimistisch beseßen will. Jn einzelnen Diöszesen wird von dieser Fakultät reichlich Gebrauchß gemacht und dadurch künstlich ein großer Theil des Klerus Lar und darum auch in seiner äußern Existenz in einer völligen Abhängigkeit von sei- nen Oberen gelassen. :

; Ein Einschreiten der Geseßgebung erscheint hicrnach unerläßlich. Sv erte kann es jedoch niht Aufgabe sein, zu dem System des Landrechts, welches der damaligen territorialistishen Anschauung folgte, zurückzukehren und dem Staate diejenigen Befugnisse zu retra- diren, welche begriffsmäßig als Ausfluß der Kirchengewalt anzuschen sind, und auf deren Ausübung der Staat deshalb durch die Bestim- mungen der Verfassungsurkunde verzichtet hat. Vielmehr ist es als feststehendes Ziel zu betraten, das Verhältniß von Staat und Kirche auf dem hier in Rede stehenden Gebiete so zu ordnen, daß einerseits den Kirchen die ihnen vexheißene positive Wirksamkeit belassen, án- dererseits aber das obersthoheitlihe Auffichtêreht des Staates zu voller Anerkennung und Geltung gebracht werde.

Wenn hiermit der Rahmen bezeichnet ist, innerhalb dessen das zu erlassende Geseß fih zu bewegen hat, fo ist bezüglih seines Geltungs- bereiches zwar judugelen daß ein unmittelbares praftisches Bedürf- niß mit Rücksicht auf den Verfassungszustand der evangelischen Kirche gegenwärtig nur bezüglich der katholischen Kirche vorliegt. A E ist es erforderli, auch die Verhältnisse der evangelischen Kirche sofort mit in Betracht zu ziehen und demgemäß für die beiden christlichen Kirchen dieselben Grundsäße sestzustellen, theils um zum klaren Aus- druck zu bringen, pel au die evangelische Kirche bei weiterer Ent- wickèlung ihrer Verfassungsverhältnisse die gleihe Stellung dem Staate gegenüber einnehmen foll, theils um bestimmt erkennbar zu machen, daß es fih um die prinzipielle Ordnung des Auffichtsrehts des Staats bezüglich der Vorbildung und Anstellung der Geistlichen handelt, die eine Unterscheidung zwi]hen den Konfessionen ausschließt und eine streng paritätische Behandlung bedingt.

„Dagegen war der Entwurf auf die christlichen Kirchen zu be- shränken, da einerseits. in Betreff der übrigen Religionsge]ellschaften, mögen sie auch wie die Juden u. A. mit Korporationsrechten ausge- stattet sein, jedes pr.ktische Bedürfniß fehlt und andererseits bei Rege- lung der vom Staate über die Religionsgesellschaften zu übenden Auf- sichtsrechte die Stellung nicht unberückfichtigt bleiben kann, welche die verschiedenen Religionsgesellschaften und deren Religionsdiener im Staats- leben einnehmen. Gerade aber die bevorzugte und bedeutsame Stellung, welche das geistliche Amt der christlichen Kirchen im Leben des Staates und des Volkes genießt, begründet ebenso das Bedürfniß wie die Be- erth e der geseßlichen Regelung. i:

Das geistliche Amk in den christlichen Kirchen trägt vermöge der

Privilegien und des befondern Rechis\chutes, mit welchen der Staat dasselbe ausgestattet hat, den Charaftec eines öffentlihen Amts. Die Geistlichen genießen die Rechte der Beamten des Staats; die publica fides der von ihnen geführten Kirchenbücher und der daraus ausgestellten Ie dauert fort; ihre Amtshandlungen stehen unter besonderem stra rechtlichen Schuß und Privatklagen gegen dieselben aus ihrem Amtsverhältniß finden nur wie gegen Staatsdiener statt. Sie besißen endli eine Reihe persönlicher Privilegien in Bezug auf das Abgabe- wesen und die Militärpfliht, und zur Einziehung ihres Diaistein- kommens wird ihnen theils die administrative Exekution, theils ein abgekürztes Rechtsverfahren (Mandatsprozeß) gewährt. Ja der Staat ad dh seine Fürsorge für das geistliche Amt selbst so weit, daß er, auch ohne rechtliche Verpflichtung, da mit seinen Mitteln helfend ein- tritt, wo die Gemeinden die congrua nicht aufzubringen vermögen. _ Der mächtige Einfluß, den die Geistlichen als Lehrer und Führer ihrer Gemeinden üben und der selbst dann unvermindert bleiben wird, wenn die Geistlichen die staatlichen Funktionen, mit denen fie jeßt bekleidet find, nicht mehr wahrzunehmen haben, beruht nicht zum kleinsten Theil auf der bevorzugten Stellung, welche der Staat dez geistlichen Amt im öffentlichen Leben eingeräumt hat und die wesent- lih dazu beiträgt, das Ansehn und die Autorität der Geistlichen zu stärken. Der Staat ist daher ebenso berehtigt als verpflichtet, Ga- rantien dafür zu fordern, daß in diese Stellen, die der Staat selbst mit so großen Borrehten ausgestattet hat, nicht Männer berufen werden, die sein eigenes Leben heteen. Bloße Reprfssiv- maßregeln find aber auf diesem ebiete völlig unzureichend, denn die Thätigkeit der Geistlichen in der Seelsorge und im Beicht- stuhl entzieht sich jeder öffentlichen Kognition. Demgemäß muß der Staat vorbeugende Veranstaltungen treffen, welche ihm die Bürgschaft geben, daß in den geistlihen Stand nur Männer aufgenommen werden, von denen der Staat eine Gefährdung seiner Aufgaben und Zwecke an fich nit zu befürchten hat.

HelleS eie Ee a der Staat Rae O indunaes aufzu- , von denen die Zulassung zum geistlichen Amte abhängi tacben if, ssung zum geistlih )ängig zu

Als solche ergeben sich :

1) Der Besiß der Eigenschaft als Deutscher. Der Indigenat ist als unerläßlihes Erforderniß für die Zulassung zum geistlichen Amt überall und allgemein anerkannt.

2) Der Nachweis einer genügenden allgemeinen wissenschaftlichen -

Bildung, wie ein solcher für jeden Beruf, der eine gelehrte Bildung erfordert, vom Staate verlangt wird und insbesondere der Bedeutung des geistlihen Amts entspricht. : i

3) Es ist dem Staat das Recht zu sihern, Personen fern zu halten, welhe nah der bürgerlichen oder politishen Seite hin Anstoß erregen. -

Daß in dem oberhoheitlichen Aufsichtsreht des Staats die Be- fugniß begründet ist, diese Bedingungen für die Zulassung zum geist- Lichen Amt zu stellen und daß hierin auch da, wo die Selbständigkeit der Kirchen in der Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten verfassungsmäßig garantirt worden, ein unzuläfsiger Eingriff in das eigene Lebensgebiet der Kirchen nicht zu erblicken ist, daß vielmehr die Autonomie der- Kirchen auf der einen Seite und ein mit den nöthîgen Schußmitteln umgebenes Aufsichtsrecht des Staats auf der andern

Seite, nothwendige Correlate bilden, ift sowohl von der Wissenschaft-

anerkannt, als auch dur die neuere Geseßgebung der Staaten, welche gleich dem preußischen Staate den Grundsaß von der Selbständigkeit der Kirchen in ihre Verfassung aufgenommen. haben, zur praktischen Geltung gebracht. Ah i

Richter spricht dies positiv aus in ovem Lehrbuche des Kirchen- rechts (Aufl. 6) §. 100, und speziell in Betreff des Rechts des Staa- tes zur Rekusirung mißfälliger Personen hebt er hervor (§. 181 Seite 496), daß „dies der Preis für den Verzicht auf das Placet gewesen, daß die älteren Gesebe erforderten.“

Gleiche Grundsäße entwickelt 4

Bluntschli in seinem Allgemeinen Staatsrecht, 2. Auflag, Band II. Seite 313 ff., insbesondere Seite 321 wobn er sagt:

„Bei der engen und nothwendigen Wecselbeziehung des Staats und der Kirche und da die Beamten der anerkannten Kirchen zugleich das Recht und den Rang von Staatsbeamten erhalten und im Staate eine crhöhte Autorität und Bedeutung haben, so ziemt es der Kirche, keinen Perfonen kirchliche Aemter anzuvertrauen, welche nicht zugleich dem Staate genehm find und mag der Staat fordern, daß vor der wirklichen Einseßung in das Amt die Erwählten zur Gutheißung präsentirt werden.“

Auch Zöpfe erkennt an, daß das Aufsichtsrecht des Staats sich auf die Verwa'tung der Kirchenämter erstrecke und insbesondere der Staat den Anspruch zu erheben habe, solche Personen von den Kirchen- ämtern auszuschließen, deren Aufstellung für einen gewissen kirchlichen D in staatlicher Hinsicht bedenklich erscheine. (Deutsches Staats- Recht; 4. Aufl. Th. T1, S. 832 und 838). 4 f. auch von Mohl, über das Verhältniß des Staats zur Kirche, in dessen Staats- und Völkerrecht, Theil Il Politik, Bd. 1 S. 171 f insbesondere S. 219 ff. und Walter, Kirchenrecht 10. Aufl. S. 99

„, insbesondere Nro. I[II. und VIII ibidem, der den Grundsaß zwar ebenfalls anerkennt, jedoch in infonsequenter Weise ihn nur at die Anstellung der Kirchenobern anwenden will. i

Was aber die Lage der Geseßgebung in den Deutschen Staaten anlangt, fo bestimmt für Bayern die Verordnung vom 8. April 1852

unter Nr. 8: daß zur Erlangung von Kirchen-, namentlich Pfarrpfründen außer dem Indigenat erforderli sind, bürgerlich und Gi tadelloser Wandel, theologische und seelsorgerische Befähigung,

ie der Bischof zu erproben hat, und Kenntnisse im bayerischen Ver- fassungs- und Verwaltungsreht. |

Die Prüfungsbehörde wird aus Staats- und Kirchendienern nach Benehmen mit dem Bischof zusammengeseßt; und

unter N . 9: daß die Verleihung von geistlichen Pfründen durh die Bischofe die Königliche Genehmigung voräusseßt und nur pers0- nae gratae beliechen werden dürfen.

Ist hiernach das Placet vorbehalten, so ist dagegen in Baden und Württemberg das Verhältniß streng nach den oben angedeuteten Grundsäßen gebrduet worden.

__ Das Badische Geseß über die re{chtliche Stellung der Kirchen und kirhlihen Véreine im Staate vom 9. Oktober 1860 bestimmt im An- {luß an die bezüglihen Vorschriften der preußishen Verfafsungsur-

nde in

S. 7., die vereinigte evangelisch-protestantische und die römisch- fatholishe Kirche ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten frei und selbständig, und j

F. 8., die Kirchenämter werden dur die Kirchen selbst verliehen, unbeschadet der auf öffentlihen oder auf Privatrechtstiteln wie ins- besondere dem Patronate beruhenden Befugniß.

Alsdann aber verordnet

- §. 9., die Kir henämter können nur an solche vergabt werden, welche das badische Staatsbürgerrecht besißen oder erlangen und nicht von der Staatsregierung unter Angabe des Grundes als ihr in bür- gerlicher oder politischer Beziehung mißfällig erklärt werden.

, Die Zulassung zu einem Kirchenamt is regelmäßig durch den

Nachweis einer allgemein wissenschaftlichen Vorbildung bedingt.

Der Umfang derselben und die Art des Nachweises werden durch eine Verordnung bestimmt. ;

Zum Vollzug dieser leßtern Vorschrift erging unterm 6. Septem- ber 1867 die Verordnung, die allgemeine wissenshaftlihe. Vorbildung der Geistlichen betreffend, welche neuerdings durch Verordnung vou! 2. November v. “J. in einigen Punkten modifizirt worden.

Das Württembergische Geseß vom 30. Januar 1862, betreffend |

die Regelung des Verhältnisses der Staat®gewalt zur katholischen Kirche, bestimmt im - engsten Anschluß an Art. 18 der Preußischen Verfassung und zwar in L :

Art. 2. das Cen des Staates zu katholischen Kirchen- stellen ist, soweit es niht auf besondern Rechtstiteln, wie namentlich dem Patronat beruht, aufgehoben.

Auf die Anstellung von Geistlichen beim Militär und an öffent- lichen Anstalten, findet diese Bestimmung keine Anwendung, fügt dann aber die Art. 3 und 4 hinzu, welche lauten:

Art. 3. Die Zulassung zu eine: Kirchenamte ist dur den Besiß des württembergischen Staatsbürgerrehts, sowie durch den Nachweis E vou iu für entsprechend erkannten wissenshaftlichen Vorbil-

ung bedingt.

_Art. 4, Die Kirchenämter, welche nicht von der Staatsregierung selbst abhängen, können nur als solche verliehen werden, welche nicht von der Stadtsregierung unter Anführung von Thatsachen als ihr in bürgerlicher oder politischer Beziehung mißfällig erklärt werden.

Wie oben bereits angedeutet, sind diese Bestimmungen nach Ausweis der Motive resp. der Kammerverhandlungen in der bewußten Ueber- zeugung erlassen, daß sie keinen Ss in die gleichzeitig zum Voll- zug gebrachte Selbständigkeit der Kirchen in ihren ‘eigenen Angele- genheiten, sondern nur die Ausgestaltung des daneben bestehen geblie- benen staatlihen Auffichtsrechts enthalten.

_ Badisches Staatskirchenrecht von Georg Spóhn S. 15 ff. Die geseßliche Regelung des Verhältnisses des Staats zur katholischen Kirche in Württemberg, in Dove's Zeitschrift für Kirhenrecht, Il. Jahr-

ang S. 71 bis 75 und S. 80 ff. Hauber, die kirhenrechtlichen Ver- handlungen auf dem württembergischen Landtag von 1861; ibidem

Indem der vorliegende Gefsebentwurf diesen Grundsäßen streng felgt, kann ein begründeter Zweifel darüber nicht bestehen, daß er seiner Tendenz und Richlung nach als ein solcher betrachtet werden muß, der den von der Wissenschaft und der Geseßgebung anderer Staaten aufgestellten rihtigen Prinzipien über das Verhältniß von Staat und Kirche, als dem Verfassungrechte des preußischen Staats entspricht. Dagegen Tönnen Zweifel erhoben werden, ob ein dem Grunde dieser Prinzipien aufgebautes Geseß sich überall im Einklange mit den Bestimmungen der Verfassungsurkunde, insbesondere der Artikel 15 und 18, befindet. Diese Zweifel lassen sich namentli an einzelnen Spezialbestimmungen des Entwurfes, welche den gegenwärtigen esi- stand der Kirche berühren, anknüpfen. Auch je anzuerkennen, daß die Staatsregierung seit mehr als 20 Jahren bei Ausführung und Hand- habung der Vorschriften der Verfassungsurkunde der katholischen Kirche gegenüber eine Praxis geübt hat, welche in wesentlihen Stücken nicht Q e Et N mit den Grundsäßen, denen der vorliegende Gesehbz-

ntwurf folgt.

Indessen ist zu erwägen, daß jene Praxis ohne ernste Gefährdung staatlicher Quterefsen möglich war, so lange dem Staate An Tis

lische Kirche mit einem selbständigen Episkopate gegenüberstand. Sie würde aber nicht haben en fönnen, wenn vorauszuseßen gewesen wäre, daß die Ta us der katholischen Kirche, wie dur die vati- kanischen Beschlüsse geschehen, eine fundamentale Aenderung erleiden und alle Macht, sowohl die des Regiments, als auch die der Geseß- gebung auf das für unfehlbar erklärte Oberhaupt der Kirche in Rom übertragen werden] würden. Dieser Verfassungsänderung der katho- lischen Kirche gegenüber ist unzweifelhaft n die Staatsgewalt so bere(htigt als verpflichtet, ihre Stellung zur Kirche neu zu ordnen und ames eine Berwaltungspraxis aufzugeben, welche ihre Entftehung nicht mehr zutreffenden Vorausseßungen verdankt. Wird doch selbst der von E r a das Seite S tetEE Frage die Berechtigung der Erörterung niht versagt werden können, ob die römisch-katholische Kirche in ihrer jeßigen Gestaltung und Entwickelung noh ferner La va e für diejenige katholische -Kirche zu erachten E deren Bezie- ungen zum Staate, insbesondere auch in Bezug auf die Dotations- frage, früher Regelung erfahren haben. Ln

Gleichwohl ist, wie oben angedeutet, zuzugestehen, daß in Bes ziehung auf verschiedene Bestimmungen des Entwurfs Zweifel bestehen können, ob sie den Grundsäßen genau entsprechen, welche LG aus dex Verfassungs-Urkunde, zumal bei der Allgemeinheit ihrer Bestimmun- gen, entwickeln lassen. Es is daher die Frage als nicht Un LepoaNiet u bezeichnen, ob der Entwurf überall nur den Charakter eines Aus- Miltaadacicued trage, oder ob er zugleich die Grundsäße der Ver- fassung, indem er sie theils deklarirt, theils ausführt, auch modificire.

Um diesen Zweifeln von vorn herein zu begegnen, empfiehlt es si, den Geseßentwurf einer Behandlung zu unterwerfen, wie solche dur Artikel 107 für Abänderungeu der Verfassung vorgeschrieben ist, alfo nah Ablauf eines Zeitraums von wenigstens 21 Tagen nach der ersten Abstimmung eine zweite Abstimmung in den Häusern des Land- tags eintreten zn lassen. Jedenfalls ist dieser Modus der Einbringung eines besondern Verfassungs-Abänderungs-Geseßcs schon aus praktis, en Gründen vorzuziehen. Da die einschlagenden Bestimmungen der Verfafsungs - Urkunde , - insbesondere die des Artikels 15, nit sowohl bestimmte positive Vorschriften enthalten, als viel- mehr allgemeine Grundsäße aussprehen, so würde auch ein Abänderungs-Geses nur ganz allgemein gefaßt werden können, und es würden alsdann bei der speziellen Gesetzgebung wieder gleiche oder ähnliche Zweifel über die Tragweite einer sol%en Bestimmung entstehen, als sich jeßt an die Vorschriften der Verfassungs-Urkunde selbst knüpfen. Ueberdieß ist die vorgeschlagene Behandlungsweise be- reits von den Häusern des Landtags bei den Verfassungsänderungen, welche die Preußische Verfassungs-Urkunde durch Annahme der Ver- fassung des Norddeutschen Bundes erfahren hat, eingeschlagen worden. Auch entspricht dieselbe dem Verfahren, welches für Versassungsände- rungen Seitens der Reichsgeseßgebung auf Grund des Artikels 78 der Reichsverfassung besteht. J

Nach diesen allgemeinen Erörterungen über die Tendenz des Ge- seßentwurfs und sein Verhältniß zur Verfafsungsurkunde ist nunmehr zur Motivirung des Entwurfs selbst und seiner einzelnen Bestimmun- gen überzugehen. /

Der Entwurf theilt fich seiner Aufgabe gemäß in 5 Abschnitte und enthält in Abschnitt I. die allgemeinen Bestimmungen übec die Zulassung zum geistlichen Amt, in Abschnitt IT. undIIL. die speziellen Vorschriften über die Vorbildung und die Anstellung der Geistlichen, in Abschnitt TV. die zur Durchführung des Gesehes erforderlichen Strafbestimmungen, und endlih in Abschnitt V: die Uebergangs- und Schlußbestimmungen.

__— Dem Hause der Akgeordneten liegt folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung und Ergän- zung des Hannoverschen Geseßes« vom 8. November 1856 Uber Aufhebung von Weiderechten vor:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen c. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtags Unserer Mo- narchie für die Provinz Hannover, was folgt:

S. 1. Das Hannoversche Geseß vom 8. November 1856, betref- fend die Aufhebung von Weiderehten, wird durch nachfolgende Vor- schriften ergänzt und abgeändert. 2

S. 2. Dasselbe findet auf die Abstellung folcher Weiderechte keine Anwendung, welche auf (bestandenen und unbestandenen) Forstgrund- stücken ruhen. l

8. 3, Die 88. 4, 5 und 6 des Geseßes werden aufgehoben.

S. 4. Der leßte Absatz des §. 14 und des §8. 15 werden aufge- hoben; an die Stelle derjelben treten die Vorschriften der §8. 5 bis 8 dieses Geseßes. j

Dem Berechtigten wird an Stelle seines Nubungsrechtes nach er- folgter Werthsermittelung eine angemessene Abfindung an Grund- stücken, fester Geldrente oder Kapital überwiesen. Vereinbarungen pi D Über eine andere Rente, als eine feste Geldrente, sind nichtig.

S. 6. Die Abfindung erfolgt in der Regel durch Abtretung von verhältnißmäßigen Theilen des belasteten Grundftücks oder durch an- deres dazu ge-ignetes' Land, wenn solches vom Verpflichteten angebo-

4 ten wird. Das abzutretende Grundstück muß einen Ertra swerth ha-

ben, welher dem ermittelten jährlichen Geldwerth der Berechtigung gleichkommt. z

8. 7. Flächen, welche vermöge der Bestandtheile ihres Unter- grundes (Stein- oder Braunkohlen u. \. w.) oder vermöge ihrer ört- lichen Lage oder aus anderen Rücksichten einen besonderen Werth für den Eigenthümer haben, find nach dem Ermessen der Theilungsbchörde, soweit thunlich, von der Abtretung auszuschließen.

. 8. Kann eine Landabtretung nah dem Ermessen der Theilungs-

behörde auf Grund der Gutachten der Sachverständigen zweckmäßig nicht geschehen, so muß die Abfindung ganz oder theilweise in einer dem ermittelten Jahreswerthe der Berechtigung gleihkommenden festen Geldrente gegeben und angenommen werden. __ Die Akbfindungsrenten find auf den Antrag fowohl des Berech- tigten als des Verpflichteten, nah Loi sech8mouatiger Kündigung durch Baarzahlung des zwanzigfachen Betrages der Rente ablösbar. Dem Verpflichteten ist -es gestattet, das Kapital in vier aufeinander folgenden einjährigen Terminen, von dem Ablaufe der Kündigungsfrist an gerechnet, zu gleichen Theilen abzutragen, doch ist der Berechtigte nur solche Theilzahlungen anzunehmen verbunden, wélche mindestens Einhundert Thaler betragen. L

Der jedesmalige Rückstand is mit fünf Prozent jährlich zu verzinsen. /

Eine Vereinigung der Betheiligten über einen anderen Ablösungs- saß wird hierdurch nicht ausgeschlossen, der leßtere darf jedoch den 2ofachen Betrag der Jahresrente niht übersteigen. Verabredungen, welcher dieser Vorschrift zuwiderlaufen, haben die Wirkung, daß der Berechtigte daraus nur den 25fachen Betrag der Jahresrente zu for- dern befugt ist. j L ;

L 9, Der §. 21 erhält am Schlusse folgenden Zusatz: :

Die Kapitalzahlung muß dem fachen Betrage des ermittelten jährlichen Geldwerths der Berechtigung gleihkommen.

S. 10. Findet der belastete Eigenthümer einzelne Berechtigte ab, so ist er befugt, nach Verhältniß des Theilnehmungsrechts der Abge- fundenen einen nöthigen Falls von der Auseinanderseßzungsbehörde unter Berücksichtigung der wirthschaftlichen Interessen beider Parteien zu bestimmenden Theil des belasteten Grundstücks der Mitbenußung der übrigen, noch nicht abgefundenen Berechtigten zu entziehen.

S. 11. Weideberehtigungen, auf welche das Geseß vom 8. No- vember 1856 Anwendung S, éönnen in Zukunft nur durch einen von einem Gerichte oder Notar beurkundeten Vertrag - errichtet werden, also auch durch Ersißung nit entstehen. _

Es soll jedoch eine in Betreff derselben bereits begonnene Er- sibung durch Inkrafttreten dieses Geseßes nicht unterbrochen werden.

__ §. 12. Die Abfindung der auf Gemeinheiten haftenden servitu- & en Weideberechtigungen findet gleichfalls nach Vorschrift Moe Jejeßes statt. Der §. 22 des Geseßes vom 8. November 1896, die T der Weiderechte E wird aufgehoben.

S. 13. er §. 40 wird aufgehoben und dur folgende Vor- schrift erseßt:

Die Kosten des Agleiuauder seln ee werden unter alle Theilnehmer nah Verhältniß des Vortheils vertheilt, welher jedem Einzelnen aus der Abstellung der See gon Q 4 Das ungefähre Verhältniß dieses Vortheils wird von der Thei- lungs-Behörde ermessen und der Kostenpunkt demgemäß festgeseßt. Ausgenommen find jedoch die Kosten der etwa erforderlichen Ver- messung und Bonitirung des belasteten Grundftücks, welche von allen Theilnehmern nah Ver ali der Theilnehmungsrechte F tragen sind. Auch hat in der Regel jeder Theilnehmer die Kosten der auf fenen Antrag eingeleiteten,“ die’ Geltendmachung seines Rechts oder eizen besonderen Nußen bezielenden Verhandlungen allein zu tragen; es bleibt jedoch dem Ermessen der Theilungsbehörde vorbehalten, unter Umständen die etwa vorhandene Gegenpartei zum Ersaße derselben zu verpflihten. In Rekursfällen sind die Kotten dem unterliegenden Theile zur Last zu legen. F : / 8. 14. Das Gese vom s. November 1856 wird mit den in diesem Gesetze enthaltenen Abänderungen und Ergänzungen auf den Verwaltungsbezirk der vormaligen Berghauptmannschaft Clausthal

ausgedehnt.

È 15. Auf Sachen, in welchen ein rechtskräftiges Stattnehmig- feits-Erkenntniß vor Erlaß dieses Geseßes bereits ergangen ift, findet leßteres keine Anwendung.

Uebersicht der in den Diözesen des preußischen Staates vorhandenen katholischen Priester-, Klerikal-Seminare, Konvikte und Knaben-Seminare.

Cöln, Erzdiözese. Priester-, Klerikal-Seminare: L Erzbischöfliches Priester-Seminar in Cöln. Der Präses ist Dom- fapitular und Dr. theolL, der Subregens ist Dr. theol. und Priester. Die 4 Lehrer sind Priester, der eine ist Domfkapitular und Dr. jur. can., der andere ist Domkapitular und Dr. theol., der dritte Dr. theol, et phil. , der vierte Lehrer is Kuratpriester. ‘Die Verwaltung des Seminars liegt einem Kuratpriester ob. Konvikte: a) Katholisch-theologishes Konviktorium in Boni. Der Jn- spektor ist Dr. theol. und Priester, die 3 Repetenten find Dr. theol. und Kuratpriester. Der Oekonom ist Priester. b) E iede Knaben - Konvikt zur h. Maria in Neuß. Drei Priester der Lazaristen - Kongregation in Cöln haben die Leitung und Beaufsichtigung. : L c) Erzbischöfliches Knaben-Konvikt zum h. Joseph in Münster- eifel. Wie oben 3 Priester der Lazaristen-Kongregation. d) Erzbischöfliches Knaben-Konvikt zum h. Aloysius in Opladen. 1 Rektor und 5 Lehrer, welche Weltgeistliche sind.

Trier, Bisthum. Priester-, Klerikal-Seminare: i Bischöfliches Priester - Seminar in Trier. Der Regens und die 7 Professoren find Priester, unter leßteren befinden fih 5 Dr. theol. Subregens ist Prof. Dr. Henke. Jm Verwaltungsrath sißt der Ge- neral-Vikar, der Regens und Justiz-Rath Dr. Euler. Rendant ift ein Landrentmeister und Rechnungs-Rath. Der Oekonom ift ein Priester.

Konvikte:

Bischöfliches Knaben - Konvikt in Trier. Die 2 Vorsteher find Priester. Die Mitglieder des Verwaltungsraths sind Priester bis auf einen Gymnasial - Direktor. Die Oekonomie wird von barmherzigen Schwestern von der Kongregation des h. Carl von Borromäus ge- führt. 190 Zöglinge. L: Paderborn, Bisthum.

Priester-, Klerikal-Seminare: a) Bischöfliches Priester - Seminar zu Paderborn. Subregens, Repetent und Prokurator sind Priester. b) Bischöfliche philosopish-theologische Lehranstalt. (Seminarium Theodorianum.) Der Präfekt ist Dr theol. und Professor der Kirchengeschihte und Apologetik. Die 7 Professoren der Theologie resp. der Philosophie sowie der Rendant sind sämmtlich Priester.

Bischöfliches theologisch S

ishöflihes thcologishes Konvikt.

Priester. Der Rendant ist Domvikar. Knaben-Seminare:

a) Bischöflihes Knaben - Seminar (Seminarium Liborianum)

“zu Paderborn. Zu den 4 Kuratoren gehört der Seminar-

Dircktor Schmidt, die übrigen find Priester, der Präses

und der Rendant find Priester.

b) Bischöfliches Knaben-Seminar (SZeminarium Bonifacianum) zu Heiligenstadt. Zu den 5 Kuratoren gehört der Gymna- sial-Oberlehrer Waldmann, die übrigen sind Priester. Der

Regens,

Präses und Repetent sind

Präses ist Priester, der Rendant Kommissariats-Sekretär. "'

Münster, Diözese. Priester-, Klerikal-Seminare:

a) Bischöflichés Priester - Seminar in Münster. Der Weih- bischof und ein Domkapitular bilden die Kommission für innere Angelegenheiten. Der Regens, Subregens, Repetent, Oekonom und Gesanglehrer sind Priester. Von den Alum- nen sind 32 Priester, 3 Diakonen, 24 Subdiakonen, 3 ohne Ordination. E A :

b) Hülfspriester-Seminar in Gaesdonk. Der Präses ist Priester.

: Konvikte:

a) Bischöfliches Konvikt für Kandidaten der Theologie (Colle- gium Borromaeum) in Münster. Der Weihbischof und ein Domfkapitular bilden die Kommission für die inneren Ange- Lier, Der Direktor, Repetent und Rendant sind

riester. i

b) Collegium Americanum zu St. Mauriß, Konvikt für Theo- logen, die sih zu Weltpriestern für Amerika ausbilden. Der Direktor ist Pfarrer, die Übrigen 3 Vorstandsmitglieder find Priester und gehören der Pfarrgeistlichkeit von St. Mauriß bei Münster an.

Knaben-Seminare: a) Bischöflihes Knaben-Seminar (Collegium Ludgerianum) in ünster. Der Weihbischof und ein Domkapitular bilden die Kommission für die innern Angelegenheiten. Der Präses, der Studienpräfekt und der Rendant sind Priester.

b) Bischöfliches Knaben-Seminar (Collegium Augustianum) zu Gaesdonk im Dekanate Cleve. Kommission für die innern Angelegenheiten: der Weihbischof und ein Domkapitular. Der Rektor und die 12 Lehrer sind Priester; der Rektor und 5. Leh: er sind Doctores phil.

Breslau, \ t ;

Bisthum und dessen Delegatur-Bezirk (Preuß. Antheil).

Priester-, Klerikal-Seminare: Fürstbischöfliches Klerikal - Seminar in Breslau. Der Rektor, Spiritual, Subregens, die beiden Senioren sind Priester. Konvikte: : : Fürstbischöfliches Konviktorium für Theologie - Studirende in Breslau. Zwei Kuratoren und der Repetent find Priester. Der dritte Kurator, Dittrich, ist Konsistorial-Rath und Ober-Gerichts-Assessor.

68 Konviktoren. j Knaben-Seminare: : i

Für Le Knaben-Seminar, verbunden mit dem Hospital ad Sct. Joannem für 8 Singfnaben. Der Prokurator und der Prä- féft sind Priester. Jn der Anstalt find 100 Zöglinge, sämmtlih Schü- ler des katholischen Gymnasiums, sowie zwei Studenten als Präzep- toren.

: Ermland. d Priester-, Klerikal-Seminare:

Seminarium dioecesanum Brunsbergense. Die beiden conser-

vateres, der regens und der subregens sind Priester. Die conserya- tores find cannonici numerarii, der Regens tif Dr. theoL, der Suhß- regens Dr. jur, can. 16 Alumnen und zwar 1 elericus und 15 Ilai

Kulm, Dee Priester-, Klerikal-Seminare:

Episcopale Seéminarium clericorum dioecesanum, Der Regens, die fünf Professoren, der Präzeptor und der Prokurator sind Priester, unter ihnen sind 3 Doktoren der Theologie.

Knaben-Seminare:

Episcopale seminarium puérorum dioecesanum (Collegium Ma- rianum), Der Rektor und die 9 Präzevtoren find ordinirt. Außer Tos Personen sind noch 2 praeceptores inf. ord. angestellt, welche nicht Priester sind.

Posen und Gnesen, Erzbisthum. Priester-, Klerikal-Seminare;

Seminarium Árchidiveces, Posnaniense. Zwei provisores et de- putati a capitulo Metrop., zwei deputati a clero, fieben professores et magistri, von leßteren sind 5 ordinirt, die beiden anderen find ‘als Dir. Sem. paed. Mag. Paedag. resp. als Mag. cant. bezeichnet., Der Prokurator ift Priester. 75 Alumnen.

Seminarium Árchidioecesanum Gnesnense practicum. Zwei pro- visores nominati a celsissimo Dmne. Zwei deputati a capitulo Me- trop., zwei deputati a clero, fünf professores et magistri, von denen nur Grabsfi, Mag. cant. nicht ordinirt ift, und unter denen \ich ein Dr.

u. jur. befindet: Hildesheim, Bisthum. Priester-, Klerikal-Seminare.

Seminarium cTericorum episcopale. Acht Priester, von denen drei Doktoren der Theologie und einer Professor jur. can. Außerdem zwei Alumni presbyteri, welche Priester find, und ein alumnus subdiaconus, von welchem nit angegeben, ob er ordiuirt ist.

Limburg, Bisthum. A ARLE Priester-, Klerikal-Seminare. G __Bischöfliches Klerikal-Seminar. Vorstand ist „Profefsor August Münzenberger, Regens“. 4 Alumnen.

M Knaben-Seminare : N a) Bischöfliches Knaben - Seminar zu Hadamar. Die beiden

Vorsteher sind Priester. 62 Alumnen. b) Bischöfliches Knaben-Seminar zu Montabaur. Ein Sub- regens als Vorsteher. Derselbe is Priester. 51 Alumnen.

Osnabrück, Bisthum. Priester-, Klerikal-Seminare. Seminarium cler, Osnabr. Der Regens ift ordinirt. 5 Alumnen. Konvikte: gti a) Convictorium Osnabr. Der Präses ist ordinirt. b) Convictorium Meppense. Der Präses und der Präceptor find ordinirt. ; Fulda, Bisthum. / riester-, Klerikal-Seminare Bischöfliches Priester - Seminar in Fulda. Sieben Lehrer, von denen einer Regens, ein anderer zugleih Subregens und Präfekt ist. Von den Lehrern sind vier Dompräberidate, einer Domkapitular, die übrigen beiden find der Lehrer der orientalishen Sprachen u. \. w. Dr. Gutberlet und der Lehrer der Philosophie Dr. Arenhold. Mit der Oekonomie ist ein Domdechant, ein Domkapitular und ein Dom- präbendat betraut. Administrator is der Probator Fröhlich. Jm Seminar sind 5 barmherzige Schwestern.

Freiburg, Erzbisthum. Priester-, Klerikal-Siminare. =- m __ Priester - Seminar in St. Peter. Der Regens, der Subregens, die beiden Repetitoren und der Spiritual sind Priester. ï Knaben-Seminare: ; A éi S Ds es Knaben - Seminar für Aspiranten des geistlichen andes: a) Höhere kirchliche Bildungs-Anstalt in. Altbreisah; der Di- rektor und die drei Profefforen find Priester. b) *Knaben-Seminar ad 8t. Conradum in Constanz; der Prä- fekt ijt Priester. E 4 c) Knaben-Seminar in Freiburg; der Präfekt ist Priester. d) Knaben - Seminar in Tauberbischofsheim. (sollte im Laufe des Jahres 1871 eröffnet werden). e) Knaben-Semimar ad St. Fidelem Martyr. in Sigmaringen. Der Präses ist Geistlicher Rath, Professor und Nachprediger, der Präfekt ist Priester. Das Verwaltungskomite besteht aus dem genannten Präses, einem Geist"ichen Rathe, welcher Pfarrer in Bingen is, einem Gymnasiumsrektor, einem Professor, einem Kreisrichter und einem Buchdrucker.

Statistische Nachrichten.

Nach einer Aufstellung des handelsstatistischen Bureaus in Hamburg belief sich die Zahl der im Jahre 1872 in Hamburg angekommenen See(Riffe „auf 5872 (darunter 2749 Dampf- schiffe) mit einer Ladungsfähigkeit von 918,000 Kom. Last à 6000 Pfund. In den vorhergehenden Jahren stellte sich der bezügliche Schiffsverkehr folgendermaßen: 1871: 5439 Sch. von 838,891 L, 1870: 4144 S. von 617,684 L., 1869: 5192 Sch. von 712,805 L., 1868: 5297 Sch. von 681,185 L, 1867: 5055 Sch. von 636,037 L, 1866: 5185 Sch. von 590,077 L., 1865: 5186 Sch. von 543,735 Last. Der Verkehr hat A im abgelaufenen Jahre sowohl bezüglich der Zahl der Schiffe, wie der Ladungsfähigkeit eine Höhe erreicht, wie nie zuvor. Vergleicht man die für 1865 und 1872 angegebenen Zif- fern mit einander, so ergiebt sich für leßteres Jahr eine Zunahme der Schiffszahl um 14,0 % und der Lastenzahl um 67,9%. Von den im Jahre 1872 eingelaufenen Schiffen waren beladen 5185 von ca. 868,000 Kommerz-Last gegen 4687 Schiffe und 793,823 L. in 1871, 3653 Sch. und 579,330 L. in 1870, 4514 S. und 658,610 L. in 1869, 4597 Sch. und 625,480 L. in 1868, 4387 Sch. und 581,993 L. in 1867, 4354 Sch. und 526,084 L. in 1866 und 4509 Sh. und 498,185 L. in 1865. Es _hat_sich sona in 1872 die Zahl der mit Ladung eingelaufenen Schisse gegen 1865 um 15,0 % und deren Tragfähigkeit um 74,2 % vermehrt. Nach der Nationaliiat waren von den in 1872 angekommenen Schiffen u. a. preußische 1371 (1865: 1321), hamburgische 862 (1865: 719), bre- mische 152 (1865: 142), mecklenburgische 30 (1865: 46), oldenbur- gische 126 (1865: 97), dänische 129 (1865: 54), französishe 103 (1865: 171), großbritannifche 2388 (1865: 2000), niederländische 353 (1865: 343), norwegishe 203 (1865: 117), s{wedische 9 (1865: 56), nordamerikanishe 36 (1865: 37). Dampfschiffsverkchr fand hauptsählich mit Pr NO Häfen statt; es liefen u. ‘a. ein von London 324 (1865: 242), von Hull 210 (1865: 189), von Hartlepool 132 (1865: 108), von Newcastle und Shields

476 (1865: 177), von Leith, 162 (1865: 127), von Grimsby 127

(1865: 113), von Grangemouth 46 (1865: 32), von Studerland 366 (1865: 134), von Livervyool 47 (1865: 2), von Cardiff 33 (1865: 0), von Middlesbro 63 (1865: 1), von anderen englischen Häfen 76 (1865: 5). Aus europäischen Häfen liefen Dampfschiffe ein aus: Amsterdam 66 (1865: 67), Rotterdam 48 (1865: 42), Belgien 56 (1865: 46), Aen Häfen 101 (1865: 108), Norwegen 104 (1865: 56), Bremen, Oldenburg, Oft riesland 50 (1865: 47), Schles- wig-Holstein 8 (1865: 2). Von überseeischen Ländern gingen Dampf- chiffe ein von: Bahia, Santos 2c. 15 (1865: 1), Havanna 15 (1865: 1), New-York und New-Orleans 61 (1865: 27), Argentina 3 (1865: 0).

Wien, 9. Januar. Cholera in Mähren: „Jm Laufe der

Die „Brünner Zeitung* meldet über die er Woche von 22. bis 29. De- ember 1872 sind zu den in Mähren bereits ausgewiesenen 25 Cholera-

pidemie-Orten weitere 10 Orte zugewacsen, und zwar : im Gödinger Bezirke die Gemeinden Rohateß, Landshut und Teiniß, im Kremsierer Bezirke die Gemeinden Billan und Kokor, im Mistecker Bezirke die

Gemeinden Markt Pasfau und Klein-Chrabowa ; im Neutitscheine Bezirke die Gemeinden Groß-Peterswald und Kattendorf und, im Weißkirhner Bezirke die zu Leipnik gehörige Kolonie Neuhof. Mit Schluß der Vorwoche find in 14 Epidemieorten 97 Cholera-Kranke in ärztliher Behandlung verblieben, zu diefen kamen im Laufe der Woche 137 Zuwächse und es wurden somit in dieser Woche 234 in 27 Epidemieorten vertheilte Cholera-Kranke beobahtet. Von dieser Krankenzahl find 118 genesen, 57 gestorben und die restlichen 59, welche sich auf 12 Epidemieorte vertheilen, sind in weiterer Heilpflege verblieben. Jm Vergleiche mit der Vorwoche sind in der leßten Woche 106 Cholera-Kranke weniger zugewachsen und 77 weniger behandelt worden; ferner sind 22 Individuen weniger gestorben und 38 weniger in Behandlung verblieben.

Gewerbe und Handel.

Dem Jahresbericht der Handelskammer zu Lübeck entneh- men wir über den Umfang und die Richtung des lübeckischen Handels und der Schiffahrt im Jahre 1871 Folgendes:

Im Jahre 1870 war in Folge des Kricges mit Frankreich der Verkehr zur See und a Lande in den meisten Zweigen geringer, als in den leßten vorhergehenden Jahren; im Jahre 1871 dagegen zeigte fih in Folge des wiedererrungenen Friedens, und da die Lüden der vorigjährigen Einfuhr Lo waren, fowie anderer günstiger Um-

ande wegen eine fo erhebliche Zunahme des lübeckischen Handels, aO derselbe eine Hi erreichte, wie seit langer Zeit nicht. Es läßt sich diefes an der Zahl der angekommenen Schiffe nachweisen. Leider fehlen andere Zühlenangaben aus früherer Zeit gänzlih, eine Zusam- menstellung der Einfuhr findet sich_ erst seit 1844 Dagegen liegen über die Zahl der angekommenen Schiffe schon frühere zuverlässige Angaben vor. 1825 betrug deren Zahl 880, 1831 772, 1834 846, 1840 831, 1846 813, 1850 1152, 1852 1022, 1860 1151, 1865 1765, 1870 1694 (100,2707 Last), 1871 2260 (147,342 Last), darunter 1562 Segelschiffe (79,529 Last) und 698 Dampfschiffe (67,813 Last). Die Einfuhr zur See war fast von allen Ländern, die für den hiesigen Verkehr von Bedeutung find, höher als In und machte sih demnach eine gleichmäßige Zunahme beinahe in_ allen Richtungen bemerkbar.

Von Schleswig-Holstein wurde freilich statt 11,7 Millionen Pfd. im Jahre 1870 ‘nur 10,7 Millionen Pfd. im Jahre 1871 eingeführt, und von Dänemark nur 16,8 Millionen Pfd. im Jahre 1871 statt 23,7 Millionen Pfd. im Jahre 1870, indessen die Einfuhr war 1870 aus diefen beiden Ländern in Folge der großen Getreide-Beziehungen von dort auch von ganz außergewöhnlicher Höhe gewesen, und die Einfuhr des Jahres 1871 übertrifft die mittlere Einfuhr selbst der leßten Jahre bei Weitem. Die Einfuhr aus Mecklenburg in Schiffen betrug im Jahre 1871 - nur 0,8 Millionen Pfd. statt 1,2 Millionen im Jahre 1870. Diese Abnahme der Einfuhr zur See aus Mecklen- burg ist eine Folge der Eröffnung der Lübeck-Kleinen Eisenbahn und der dadurch bedingten geringeren Benußung der Schiffs - Transporte. Wird die Landeinfuhr mit in Betracht gezogen, so zeigt fich auch im Verkehr mit Mecklenburg eine Steigerung. Die Einfuhr zur See aus Oldenburg ift in den leßten Jahren annähernd von gleicher Höhe gewesen. Die Einfuhr zur See aus Norwegen is im Jahre 1871 auf 320,000 Pfd. gesunken, während fie 1870 noch 544,000 Pfd., 1869 734,000 Pfd. und 1868 740,000 Pfd. betrug. Auch die Einfuhr zur See aus den Niederlanden ist in den leßten Jahren ge- funken. Die soeben genannten Länder sind indessen für den lübeckischen Mae niht von hervorragender Bedeutung. Jn dieser Beziehung

ommen vielmehr außer den son erwähnten Dänemark und Schles- wig-Holstein, die andern großen Ostseeländer Schweden, Rußland und U as, sowie Preußen in Betracht, und außerhalb der Ostsee die veiden anderen Hansestädte Hamburg und Bremen, sowie England, Frankreih und Nordamerika, und der Verkehr mit allen diesen Län- dern ist im Jahre 1871 ganz erheblih gewachsen. Was zunächst Schweden betrifft, so steigerte sih die Einfuhr zur See von 89,6 Mil- lionen Pfund, im Jahre 1870 auf fast das doppelte Quan- tum, auf 172,6 Millionen im Johre 1871. Aus Rußland und Finnland wurden im Jahre 1871 154 Millionen Pfund einge- führt und im Jahre 1870 war diese Einfuhr gleih der aus Schweden ungewöhnlich niedrig, nämlih nur 100,7 Millionen Pfd. Aus Preußen mit der Provinz Hannover ohne Schleswig-Holstein is die Einfuhr in den“leßten Jahren sehr gestiegen, 1868 bctrug fie nur 8,2 Millionen, 1869 6,4 Millionen Pfd, dagegen 1870 in Folge der Getreide-Kon- junfturen 29,9 und 1871 38 Millionen Pfd. Aus den andern beiden Hansestädten gehen in Lübeck die meisten Waaren zu Lande ein, es hat indessen auch die Einfuhr zur See von dort im Jahre 1871 sich höher als gewöhnli gestellt. Die Einfuhr aus Großbritannien be- trug im Jahre 1871 88,8 Millionen Pfd., 1870 63,8 Mil- lionen und 1869 66,7 Millionen Pfd. Von Frankreich kamen zur See an 1871 2,6 Millionen, 1870 1,6 Millionen, 1869 3,3 Misllionen, 1868 0,4 Millionen Pfd. Ans Amerika betrug die Einfuhr 1868 985,000 Pfd., 1869 1,7 Millionen, 1870 1,2 Millionen und 1871 3 Millionen Pfd.

Die Gesammt-Einfuhr zur See beziffert fih im Jahre 1871 auf 488,8 Millionen Pfd., gegen 325 Millionen im Jahre 1870, 370,5 Millionen im-Jahre 1869 und 351,6 Millionen im Jahre 1868. Im Jahre 1849 wurde die Einfuhr zur See zu 149 Millionen Pfd. be- rechnet.

G Hand in Hand mit dieser gesteigerten Einfuhr zur See geht die gesteigerte Einfuhr zu Lande. Auf den Eisenbahnen kamen im Jahre 1871 175,6 Millionen Pfd. an, gegen 140,5 im Jahre 1870, 127,2 Millionen Pfd. im Jahre 1869 und 140,3 Millionen Pfd. im Jahre 1868. Neben den auf der Eisenbahn ankommenden Gütern sind die durch Frachtfuhren und durch die Post angebrachten Quantitäten, so- wie auch die auf dem Steckniß-Kanal und auf der Obertrave und Wakenitz angebrachten Quautitäten kaum zu nennen. Eine Ausnahme macht nur das vom Lande auf Fuhren angebrachte Getreide, welches im Jabre 1871 die erhebliche Höhe von 24,5 Millionen Pfd. erreichte und 1870 fast 27 Millionen Pfd. betrug. Ueber die auf Wagen u. f. w. angebrachten sonstigen Erzeugnisse der Landwirthschaft u. #. w. fehlen statistishe Angaben. : E i s

Rechnet man die Einfuhr zur-See in Seeschiffen, ferner die Ein- fuß: auf den Eisenbahnen und endlih das durch Frachtfuhren ange- brachte Getreide zusammen, nämli in Pfunden: Einfuhr zur —auf den auf Fracht-

See. Eisenbahnen. fuhren. 351,597,000. 127,195,000. 33,162,000. 370,472,000. 140,359,000. 26,372,000. 2 1870: 325,054,000. 140,466,000. 27,033,000. 492,553,000. 1871: 488,845,000. 175,610,000. 24,473,000. 688,928,000. so ist die erhebliche Zunahme der Gesammt-Einfuhr leiht ersichtlich. Die Einfuhr Lübecks zuc See und“ zu Lande im Jahre 1849 wurde seiner Zeit auf 204 Millionen Pfd. ge[{chäßt.

Total. 511,954,000,

1868: 537,203,000.

1869:

Verkehrs- Anstalten.

Das Coursbuch der Deutschen Reihs-Postver- waltung für den Monat Januar 1873, 1. Abtheilung, enthaltend die Eisenbahnverbindungen in Deutschland und der österreihisch-unga- rischen Monarchie ¿und Uebersicht der bestehenden Rundreise-Touren mit Angabe der Billetpreise, bearbeitet im Coursbureau des Kaiser- lichen Genefal-Postamts, Verlag der Königlich Geheimen Ober-Hof- buchdruckerei (R. v. Decker), ift foeben ausgegeben und umfaßt die bis zum 1. Januar eingetretenen resp. mit demselben Tage eintreten- den Aenderungen in dem Gange der Eisenbahnzüge. Die Abthei- lung 11. Januar-Februar, enthält die bedeutenderen Eisenbahnrouten in Europa, außer Deutschland und Oesterreich, ferner Postverbindun- gen in Deutschland und den angrenzenden Ländern, Dampfschiffkourse; Reisetouren zwishen mehreren Hauptorten Europas, Tarif für Kourier- und Extraposten, Wegemaße, Münzvergleichun gs- Tabelle, Zusammenstellung der Bestimmungen über Benußung der Telegraphenlinien und Gebührentarif 2e. Beigegeben sind

2 Karten.