1873 / 14 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

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die Zeit von Mitte Februar bis 20. März zu bestimmen. Sie wird demnächst auch die Art des Transportes im Allgemeinen regeln. Im Einzelnen. ist dies den Landeskommissionen über- lasen: für Preußen hat das hiesige Speditionshaus Phaland & Dietrich den Transport übernommen.

Der General-Lieutenant von Schulz, Junspecteur der 2. Jngenieur-Jnipektion, is Allerhöchsten Orts mit Führung der Geschäfte der General-Jnspektion des Jngenieur-Corps und der Festungen beauftragt worden.

Der französishe Botschafter in St. Petersburg, General Leflô, ist heute früh hier eingetroffen und im Hotel Royal ab- gestiegen.

Der vom 7. bis 9. Oktober 1872 versammelt gewesene 48. Kommunal- Landtag der Altmark hat über seine Ver- handlungen einen Bericht erstattet, dem wir Folgendes ent- nehmen:

9 Der zum 7. Oktober 1872 zusammenberufene Kommunal- Landtag der Altmark erledigte die ihm vorliegenden Geschäfte in 4 Sizungen.

Nach geschäftlihen Mittheilungen ging man zu den Berathun- gen über und zeigte der Vorsißende an, daß noch ein Antrag nach Erlaß des Konvokatorii eingegangen sei. Die Versamm- lung erklärte fich zur Berathung und Beschlußfassung bereit. Dieser Antrag betraf den vor einiger Zeit zu Stendal gebil- deten Verein für innere Mission in der Altmark, dessen Vorstand einen Zushuß aus kommunalständischhen Mitteln zur Gründung eines Rettungshauses zu Stendal für verwahrloste Kinder zu bewilligen beantragt. Der Landtag erkannte zwar den edlen Zweck an, war jedoch noch nit in der Lage, sih zu erklären, ob und in wie fern dem Unternehmen eine Unterstüßung zuzu- wenden, da ein vollständiger Plan über den Bau, die erforder- lihen Mittel, die Einrihtung und Organisation des neuen In- stituts noch nicht vorliege.

Es ward nun zu den Gegenständen des Konvokatorii über- gegangen und da die Wahlperiode des Vorsitzenden des Kom- munal-Landtages und dessen Stellvertreters mit dem Jahre 1872 zu Ende geht, zur Neuwahl bis zum Schlusse des Iahres 1875 geschritten, und sind laut besonderen Protokolles der Landes- Direktor von der Schulenburg-Probstei-Salzwedel zum Vorsißen- den und zu dessen Stellvertreter Deihhauptmann von Bismarck- Briest von 33 Stimmenden ein Jeder mit 32 Stimmen wieder

ewählt. G Bereis in der vorigen Diät kam die Einrichtung einer Pro- vinzial-Lebens-Versicherungs-Anstalt zur Sprache. Dem dies- jährigen Altmärkishen Kommunal-Landtage ward nun durch den Ober-Präsidentender Provinz Sachsen die Angelegen- heit, betreffend die Gründung einer ftändishen Spar- und Lebens-Versicherungs-Anstalt für die Provinz Brandenburg, welhe demselben von dem Ober-Präsidenten der Provinz Branden- burg übersandt worden, zur Berathung und Beschlußnahme vorgelegt. Die Sache war bereits vom 17. und 18. Brandenbur- gischen Provinzial-Landtage berathen. Die Kommission des 17. Provinzial-Landtages hat nämlich die Gründung der Anstalt unter stäandischer Garantie in Vorschlag gebracht. Die Kosten der ersten Einrichtung, sowie der Verwaltung sollten von den vier kommunalständischen Verbänden der Kurmark, Neumark, Niederlausiß und Altmark hergegeben und denselben später er- stattet werden. Die Königliche Staatsregierung i Diesem nicht beigetreten und hat entschieden, daß es den Kommunal-Landtagen überlassen bleiben müsse, ‘ob und welche Beiträge fie bewilligen wollen. Der 18. Provinzial-Landtag hat beschlossen, zunächst die Kommunal-Landtage über ihre Bereitwilligkeit zur Bethei- ligung zu hören. Der Kommunal-Landtag der Altmark hat nun beshlo}sen: ein Bedürfniß zu einer öffentlihen Provinzial-Spar- und Lebensversicherungs-Anftalt nicht anzuerkennen und den Anschluß der Altmark an eine desfallsige Anftalt der Provinz Bratidenburg abzulehnen.

In Betreff einer Spar-Anstalt sind bereits nicht allein in den Städten Salzwedel und Seehausen städtische Sparkassen, die au von Landbewohnern benußt werden, mit bedeutender Frequenz vorhanden, sondern auch noch in 11 anderen Ortschaften stän- dishe Sparkassen, und wenn noch irgendwo ein Bedürfniß \ih ergiebt und das Nöthige zur Einrichtung zu beschaffen is, \o wird dem sofort Rehnung getragen. Hinsihts der Lebensver- siherung glaubte man, daß wer sein Leben zu versihern wünsche, anderweit hinreichende Gelegenheit dazu habe, indem viele, die größte Sicherheit gewährende Privat-Änftalten, vorhanden seien.

Dann ward der Versammlung der auch an den Landtag vorangegangene Aufruf des Kamites, betreffend Aufforderung zu Beiträgen zu einem zu errichtenden Nationaldenkmale auf dem Niederwald nachrihtlih mitgetheilt.

Posen, 15. Januar. Das 1. Westpreußische Grena - dier-Regiment Nr, 6 wird hier am 1. April d. I. sein 100jähriges Stiftungsfest feiern.

Vayern. München, 15. Januar. In dem Besinden des Kriegs-Ministers General-Lieutenants Frhrn. von Pran ckh ist soweit Besserung eingetreten, daß derselbe eine Ausfahrt machen konnte.

Sachsen. Dresden, 15. Januar. Jun den Paradesälen des Königlichen Residenzschlosses hat gestern Nachmittag große Königliche Tafel stattgefunden, zu welher die Staats-Mi- nister und der Minister des Königlichen Hauses, sowie die Direktorien und sämmtliche Mitglieder der beiden Ständekam- mern geladen waren.

Württemberg. Stutgart, 11. Januar. (Allg. Ztg.)

In! der heutigen Sihung der Zweiten Kammer kam die An- gelegenheit wegen der Stellung der Geistlichkeit in den Orts- armenbehörden vollends zum Abschluß. Bisher wurde das Armenwesen nah Maßgabe des Verwaltungs-Edicts vom Stif- tungsrathe besorgt, welher aus dem Gemeinderath und noch besonders dazu gezogenen Bürgern, sowie aus der Geistlichkeit des Orts bestand. Den 2A führten der Geistlihe und der Ortsvorstand gemeinschaftlich. Doch war der Geistliche -der wirk- lihe Vorsißende und erste Vorstand, der Ortsvorsteher der erste Votant. Die Armenpflege war eine freiwillige und wesentlich auf die Kirhen und milden Stiftungen basirt. Durch die in den Forderungen und Verhältnissen der Zeit liegende Umbildung der Bürger- in eine Einwohner- und wirthschaftlihe Gemeinde war dieses Verhältniß um \fo weniger mehr haltbar, als jeßt die Unterstüßung der Bedürftigen niht blos auf die Ortsbürger, sondern auf alle, die auf Grund des Freizügigkeitsgesebes und des Gesezes über den Unterstüßungswohnsig ein Recht auf Unterstüßung erworben haben, von der «Gemeinde gereicht werden muß, somit keine freiwillige mehr is. Der Schwerpunkt liegt jeßt also niht mehr in den Stiftungen, sondern in der Gemeinde, und der Gemeinderath is somit die Armenbehörde.

Das Ausführungsgesez zum Unterstühungswohnfsitzgeseyz zieht jedoch die Geistlichen als stimmberechtigte Mitglieder zum Orts- armenrath bei, wenn nun auch naturgemäß der Ortsvorstand den Vorsiß ührt. Was die seitherigen Stiftungen betrifft, so

| verbleiben die Stiftungen zu rein firhlihen Zwecken natürlich

wie bisher dem Stiftungsrath unter dem Geistlihen zur Ver- waltung. Hingegen sollen diejenigen Stiftungen, welhe aus- \chließlih dem Zweck der öffentlichen Armenunterstüßung gewid- met sind, der Ortsarmenbehörde zur Verwaltung übergeben wer- den. Die Kommission if nun in ihrer Mehrheit mit der eben bezeihneten Stellung der Geistlichen in der Ortsarmenbehörde ein- verstanden. Domkapitular von Dannedter beantragte aber, es bei dem bisherigen Bestande der Stiftungen unangetastet zu belassen, so daß also der Stiftungsrath unter dem Vorfißenden des Geist- lichen allein darüber zu verfügen hätte. Eventuell wenn die Stiftungen zur öffentlihen Armenpflege beigezogen werden soll- ten, es dann s bei der bisherigen Verwaltung zu belassen und für die Unterftüßungen nah Maßgabe des neuen Geseßes nur weitere Ortseinwohner beizuziehen, für die Verwaltung ein- zelner Zweige und Anstalten der Armenpflege eigene Kom- missionen zu bilden und besondere Armenpfleger zu be- stellen. Doch blieb er mit diesem Antrag in der Komumis- fion allein, und erst heute in der Debatte in der Kammer ver- einigte sich Prälat von Georgi, der vorher einen anders gefaßten, aber ähnlihen Antrag gestellt hatte, mit dem Danneders. Oesterlen stellte den Antrag: die Geistlichen in die Ortsarmen - Behörde nur zuzulassen, wenn fie gewählt wer- den. Hierfür erhielt er aber außer der seinigen in der Kom- mission nur drei weitere Stimmen. - Hölder beantragte: die Geistlihen zwar ohne Wahl zuzulassen, ihnen aber die Theil- nahme an den Verhandlungen der Ortsarmenbehörde frei zu lassen; es sollte also das Recht, aber nicht die Pflicht ihrer Theilnahme ausgesprochen werden, wie der Regierungsentwurf will. Jn der Kommission waren hierfür außer Hölder nur zwei Stimmen, von Dannecker und von Georgii's Antrag wurde mit großer Mehrheit, der Oesterlens mit 66 gegen 18 abgelehnt, der Holders mit 50 gegen 34 und der der Kom- mission mit 50 gegen 34 angenommen. Zu Anfang der Sißung ward (wie hon gemeldet) der Staatsvertrag. mit Bayern über den Bau der Ulm-Heidenheimer Bahn mit allen abgegebenen 70 Stimmen angenommen und ebenso die- von der Regierung beschlossene Trace durch das Donauthal, wonach es in Bayern 2 Stationen, Elchingen und Thalfingen, giebt.

14. Januar. In der heutigen Sihung der Kammer der Standesherren wurde der Minderheitsantrag in Betreff des Gesezentwurfes A. (weitere Ausdehnung des Eisenbahn- neßes), welcher auf Nichteingehen in die Berathung geht, init 24 gegen 9 Stimmen abgelehnt und nach dem Mehrheitsantrag sofort auf die Berathung des Entwurfs eingetreten.

Hessen. Darmstadt, 13. Ianuar. Das gestern ausge- gegebene „Großherzoglihe Regierungsblatt“ Nr. 1 enthält das Edikt, die Mitglieder des Staatsraths für 1873 betreffend. Folgende Personen werden durch den Großherzog als außer- ordentliche Mitglieder für das Jahr 1873 berufen: 1) der Prä- sident des Dber-Konsistoriums, Geheimrath Krigzler, 2) der Präsident des Hofgerihts der Provinz Starkenburg Dr. Krug, 3) der Direktor des Ober-Appellations- und Kassationsgerichts, Geheim- rath Dr. Müller , - 4) der Geheimrath Schleiermacher , 5) der Direktor der Ober-Studiendirektion, Geheimrath von Willich, 6) der Geheimrath Fischer, 7) deë# Ober-Appellations- und Kassatigns- gerihtsrath Zentgraf, K} deëDber-Appellations- und Kassationsz gerihtsrath Dr. Hallwadjs.

Mecklenburg - Schwerin. Schwerin, 15. Januar. Der Staats-Minister von Bülow, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter “Minister am Königlich preußischen Hofe, ist gestern hier eingetroffen.

Malchin, 12. Januar. In der heutigen Sißung des Landtages wurden die Berathungen über Kap. 111. (Verfas- sungsreform) begonnen und kam auf Antrag des Kammerherrn von Dergzen-Kotelow folgender Beschlußentwurf zur Proposition: Man wolle darüber abstimmen, ob die neuesten in dem Prome- moria der Landtags-Kommissarien vom 7. d. M. enthaltenen Propositionen der hohen Regierungen abgelehnt werden sollen, oder ob weiter darüber deliberirt werden solle. Diejenigen, welche die erste Alternative wollen, haben auf ihre Stimmzettel das Wort „Ablehnung“, diejenigen, welhe das Zweite wollen, auf die ihrigen die Worte „weitere Deliberation“ zu \{chreiben. Die Landschaft erklärte vor Weiterem unter \ich be- rathen zu wollen. Hierauf gab nach längerer Be- rathung die Landschaft aller drei Kreise zu Protokoll :

Nachdem die hohen Regierungen es für angemessen gehalten haben, unter einstweiliger Ausseßung der Verhandlungen über die übrigen Theile der Verfassungsvorlage das Finanzkapitel zur gesonderten Ver- handlung mit den Ständen zu bringen, um damit eine Verständigung Über das Ganze der Verfassungs - Vorlagen vorzubereiten und uaîh Möglichkeit zu fördern, so hat auch die Landschaft, welche die landes- väterlichen Absichten des Allerdurhlauchtigsten Großherzogs zu keiner Zeit verkanüit hat und sih des hohen Werthes, welcher allerscits auf eine Verständigung zwischen den hohen Regierungen und den Ständen zu legen ist, jederzeit bewußt gewesen, es für ihre Pflicht gehalten, unter Festhaltung der Vorausseßung, daß über das Ganze der Ver- fassungsreform, also au über eine entsprechende Aenderung der Lan- desvertretung, eine Verständigung erreicht werde, in die Allerhöchst proponirten mündlichen Vexhandlungen mit den Großherzoglichen Herren Landtags-Kommissarien einzugehen.

Nachdem nunmehr das über diese Verhandlungen geführte Diariuin den Ständen zur Beschlußnahme vorgelegt if, könne die Landschaft nur mit dem von der gesammten Kommisson in in dem Promemoria niedergelegten Bedenken gegen die in der Note - der Großherzoglih Schwerinshen Kommissarien vom 7. d. Mts. vorgeschlagenen Grundsayze für die Ordnung des Fi- nanzwesens ihr Einverständniß bekennen. Insbesondere vermöge sie zu der sub II1. der Note proponirten Trennung des Renterei- Etats in einen Allerhöchst festzustellenden Etat und einen mit den Ständen zu- vereinbarenden / Etat sih \{chon um deswillen nicht zustimmig zu erklären, weil auch in dem leßteren ein we- fentliher Theil feiner Deckungsmittel, der aus dem ersteren zu übertragende Ueberschuß, der einseitigen \chließlihen Bestimmüng der Regierung unter Anschluß des ftändischen Zustimmungs- rechts unterstellt sei, und folgeweife in Konsequenz des Grund- saßes, daß die zu ‘den Staatsbedürfnissen erforderlichen Deckungs- mittel von den Ständen aufgebracht werden müssen, das ständische Steuerbewilligungsrecht seinem Effekte nach in ein rathsames Be- denken bei Ausschreibung der Steuern verwandelt würde. Die Landschaft glaube vielmehr, au jeßt noh, wie an den übrigen in dem Bericht der ständischen Kommission ad Kap. 11]. der Aler- höchsten Landtags - Propositionen vom 9. Dezember v. I. sub 1—4 hervorgehobenen Bedingungen und Vorausseßungen, \o auch daran festhalten zu müssen, daß bei Ausscheidung eines Fürstlichen Hausguts tn Betreff des na der Ausscheidung des- selben verbleibenden Domanialvermögens volles Mitbeschließungs-

und Kontrolereht, insbesondere bei Feststellung des Etats und bei Revision der Rehnung, den Ständen zuzugestehen \ein wird.

Wegen' vorgerückter Zeit wurde der Beschiuß der Ritterschaft ausgeseßt und auf morgen ein rittershaftlihes Plenum an- gesetzt.

13. Januar. Heute“ wurde von der Ritterschaft bezüg- lih der gestern vorbehaltenen Erklärung der Ritterschaft über die neue Finanzvorlage zu Protokoll gegeben:

„Nachdem die verehrliche Landschaft in der gestrigen Plenarsißung bei Berathung über das von dem Komite ad Cap. III. der beidersei- tigen Allerhöchsten Landtags-Positionen vorgelegte Diarium und dessen Anlagen, die von den hohen Regierungen unterm 4. d. M. erlassenen Reskripte und von den Herren Kozrnmissaricn weiter dem Komite ge- machten Mittheilungen betreffend, erklärt hat, vor Weiterem unter si berathen zu wollen und in Folge dessen auch eine Stahûdeserklärung zum Landtagsprotokoll abgegeben bat 11t die Ritterschaft in die Noth- wendigkeit verseßt worden, ebenfalls in eine Standesberathung einzu- treten, und giebt als Ergebniß derselben die Erklärung dahin ab:

Die Ritterschaft eignet sich zwar die in dem den Herren Land- tags-Kommissarien übergebenen Promemoria der Kommssion (Anlage B. des Diarii und in Nr. 10 desselben) angeregten Bedenken, besonders in Beihalt der in der Note der Herren Kommissarien vom 7. Dezem- ber sub I., 1, 2, 3 enthaltenen Punkte, gegen einen zwiefachen Etat, wie ihn die Großherzozslich, s{werinshen Kommissarien proponirt und herausgegeben haben, seiner Konsequenzen wegen an, theilt aber des- halb nit das von der verehrlichen Landschaft in ihrer Standes-Er- flärung ausgesprochene Verlangen nah einer ein vollständiges Budget- recht involvirenden Theilnahme der Stände an der Finanzverwaltung, sondern beschränkt fich darauf, ihren in Grundlage des Majoritäts- votums der ritterschaftlihen Mitglieder der Kommission in der Land- tags-Versammlung vom 17. Dezember v. J. gefaßten und zur Kennt- niß der hohen Regierungen gebrachten Beschlüssen zu inhäriren.

Hierauf beshloß die Ritter- und Landschaft: Es seien dieser heutige Beschluß der Ritterschaft und die gestern von der Land- haft abgegebene Erklärung durch Vermittlung der Landmar- \hälle nunmehr den beiderseitigen Landtags-Kommissarien mit- zutheilen und dabei zu erklären, daß Stände hiernah und nah Maßgabe der früheren Beschlüsse die Antwort ad Cap. III. Suer. et Strel. abzugeben beabsichtigen.

14. Januar. In der heutigen Sizung trat, nachdem von ritterschaftliher Seite vielfah behauptet, daß die vorge- \{chlagene Fassung gänzlih unverfänglih sei, und noch längere Zeit über die Fassung des Beschluß-Entwurfs debattirt war, der Kammerherr von Derzen-Kotelow mit einigen anderen Mit- gliedern von Ritter- und Landschaft zusammen, und legten diese dem Plenum sodann den folgenden Beschluß-Entwurf vor:

„Nachdem von den Allerhöchst verordneten Schwerinschen Herren Landtags-Kommissarien auf die mitgetheilten Beschlüsse beider Stände aufs Neué Vorschläge zur Beseitigung der ständischen Bedenken vdr- gelegt worden sind, können Stände, welche die landesväterliche Absicht, eine Einigung gan L U und Ständen, zunächst über das Finanzkapitel, herbeizuführen, dankbarlihst anerkennen, darin nur eine erneuete Ae ane finden, auf das von’ allen Theilen C erwünschte Ziel einer Verständigung mit gleichem Eifer wie bisher hinzuarbeiten. Je ernstlicher aber Stände diese Aufgabe auffassen, um so dringender muß der Wunsch in ihnen rege sein, daß zur gründ- lichen Würdigung und" Prüfung der landesherrlichen Vorlage ihnen ausreichlihe Zeit gewährt werde.

Ritter- und Landschaft wolle daher, unter Bezugnahme auf die von Mitgliedern der Committe in der Konferenz mit. den Allerhöchst verordneten Herren Landtags-Kommissarien am gestrigen Tage münd- lih entwickelten und in der über die dabei gepflogenen Berathungen aufgenommenen Registratur wiedergegebenen Gründe, welche zur Förde- rung einer Verständigung über die dritte Allerhöchste Landtags-Propo- fition die Ausfeßung der Verhandlung wünschenswerth erscheinen lassen, an beide allerdurhlauchtigste Landesherren die unterthänigste Bitte richten, deu#2genwärtigen Landtage seine Endschaft zu. geben und die weitere Berathung der dritten Landtags-Provosition dem nächsten Länd- tage vorzubehalten, indem sie hierfür die Vermittelung der Allerhö{chft verordneten Herren Landtags-Kommissarien in Anspru zu nehmen ih erlauben. Die Herren Landmarschälle würden ersucht, diesen Beschluß sowie den auf die heute übergebene Note der Schwerinschen Herren Landtags-Kommissarien gefaßten Beschluß zur Kenntniß der Herren Landtags-Kommissarien zu bringen.

Dieser Beshluß-Entwurf wird zum Beschluß erhoben.

15. Januar. (W. T. B.) - Das Ansuchen der Stände um Aussezung der Verfassungsverhandlungen ift durch den Großherzog geneh migt worden.

Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 14: Ianuar. Ueber die Reise Sr. Königl. Hoheit des Erbgroßherzogs sind der „Weim. Ztg.“ aus Kairo vom 4. Ianuar folgende Nachrich- ten eingegangen: 7 :

27. Dezember, Se. Königl. Hoheit der Erbgroßherzog haben heute in Alt-Kairo, dem ehemaligen Fortat, die koptische St. Georgs- kirhe und die Moschee Amru besichtigt und machten Nachmittags eine Spazierfahrt durch die Schubrah - Allee. 28. Dezember. Se. Königl. Hoheit haben in Gesellshaft Sr. Hoheit des Erbprinzen von Meiningen und mit Gefolge das Dejeuner bei Sr. Königl. Hoheit dem Vize-Könige eingenommen und darnah das Kiosk zu Schubrah besucht. 29. Dezember. Die heutige Ausfahrt Sr. Königl. Hoheit nah Matarich zur alten Sycomore, unter welcher Maria 1ait dem Jesuskinde geruht haben soll, führte auh zur nahegelegenen Stätte des einstigen Heliovelis, dem alttestamentarischen On, wo ciner der ältesten Obeliske von Aegypten steht. 30. Dezem- ber. Se. Königl. Hoheit haben unter Führung des jüngeren Herrn Brugsch das ägyptische Mujeum zu Bulak. in Augenschein genommen, darnach das Atelier des Photographen Schacfit und die in der Azhar- Moschee befindliche theologische Universität, sowie einige nah Zünften abgetheilte Komplere von Bazaren besucht. 31. Dezember. Se. Königl. Hoheit geruhten heute nach dem Besuche eines Gestütes in Schubrah dem Unterrichte in ciner grroßen militärisch - polytechnischen Lehranstalt beizuwohnen, in welcher Se. Königl. Hoheit vom Pro- tektor, dem Prinzen Hussein Pascha und vom Herrn Kultusminister umhergeführt wurden. Abends empfingen Se. Königl. Hoheit zur Sylvesterfeier “Se. Hoheit den Erbprinzen von Meiningen und die Herren des Konsulates. Das alte Jahr haben Se. Königl. LON gesund und heiter beschlossen. 1. Januar 1873. Se. Königl. Hoheit begaben sich - heute Morgen in die protestantishe Kirche und ritten Nachmittags zu den vor den Thoren der Stadt gelegenen Mamelucken- gräbern. Der Weg führte über einen kurzen Wüstcustrich zur Cita- delle, wo die Moschee Mehemed Ali's besichtigt und “die Aus- sicht auf die Stadt genössen wurde. 2. Januar. Se. Königl. Hoheit geruhten heute den Herrn Minister Scherif Pascha zu besuchen und dessen in arabischem Style erbauten Palast in seiner inneren Einrichtung kennen zu lernen. Nachmittags beobachtete Se. Königl. Hoheit den Gottesdienst der heulenden Derwische. Darauf wurde das Familiengrab Mchemed Ali's und eine Grabmoschee der Mamelucken aufgesucht. 3. Januar. Se. Königl. Hoheit empfingen Morgens den Herrn Arthitekten Franz-Bey, - um das am Nil gelegene Palais des Vize-Königs, Gezireh, unter der Führung des Baumeisters zu schen. Der darauf folgende Besuch bei einem reichen Araber war injofern von hohem Interesse, als sämmtliche Räume zur eingehenden Besichtigung offen standen. Das Befinden Sr. Königl. Hoheit ist während der verflossenen Woche durchgehends gut Wat cpr Für Sonn- tag, den 5. Januar, ist ein¡Ausflug nah Saggarah in Aussicht g von wo Se. Hoheit der Erbprinz von Meiningen Höchstihre Reise fortzuseßen gedenken.

Oldenburg, 11. Januar. “Das Geseßblatt veröffentlicht

ein Geseß für das Großherzogthum vom 21. Dezember 1872, betreffend die Todeserklärung von Personen, welche an dem

in den Jahren 1870 und 1871 gegen Frankreich geführten Kriege Theil genommen haben.

Anhalt. Dessau, 14. Januar. (Spen. Ztg.) Der Landtag herieth in seiner gestrigen Sigzung den Hauptfinanzetat. Den Antrag der-Kommission, die Erhebung von 9 Einheiteu Ergänzungs- fteuer mit 107,530 Thaler zu streichen, gab Anlaß zu heftigen Debatten. Dieser Antrag hatte die Annullirung des von der porigen Kammer gefaßten Beshlusses zum Grunde, die Steuer auf die Dauer von 6 Jahren zu ‘bewilligen. Staats-Minister v. Larisch erklärte, daß, wenn die Kammer den Kommissions- antrag annehme, er ein Mißtrauensvotum hierin erblicken müsse. Bei der Abstimmung fiel der Antrag mit 20 gegen 16 Stim- men. Bezüglich des Salzwerks Leopoldshall, welches im Etat einen Bruttogewinn von 1,675,000 Thlr. nachweist, beantragte die Kommission, die kaufmännische Leitung des Werkes ‘baldigst in die Hände eines besonderen, mit freier Dispositionsbefugniß ausgestatteten, D oi fd gebildeten Dirigenten zu_ legen. Die Staats\huld hat \fich um 948,564 Thlr. * vermindert und beträgt gegenwärtig noch 1,688,117 Thlr. -

Bremer, 15. Januar. Jn der heutigen Sißung der Bürgerschaft wurde zunächst die Nachbewilligung von 500 Mark für die Bureaukosten der Generalkasse genehmigt. Eine Anfrage Wulsteins, ob nicht noch ein Einzichungstermin für die Bremer Münzen angeseßt werde, um viele Bürger vor Schaden zu bewahren, ward von Friße dahin beantwortet, daß darüber nichts bestimmt seî. Wulstein erklärte, er behalte sich einen Antrag vor. Bernhard theilte mit, daß ‘der Senat die Abhaltung - eines neuen Termins abgelehnt habe. Der An- trag des Senats auf Neupublikation des Deputationsgesetzes in Gemäßheit der stattgehabten Modisikationen wurde auf An- trag Wullsteins in Rücksicht auf weitere in Folge der Ver- fassungsrevisionsberathung in Ausficht stehende Modifikationen an die Verfassungs-Revisions-Deputation verwiesen, welche zu- gleih mit berathen foll, ob niht vorzuschreiben sei, daß bei Aúsverdingungen jede Deputation ‘sih streng an den Wortlaut des Programms zu halten habe, und ferner, daß kein Mitglied der Finanz-Deputation Rehnungsführer einer anderen Depu- tation sein kônne.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 15. Ianuar. Der Mini- sterial-Rath im Handels-Ministerium Charwat is zum Sektions- Chef, der Ministerial-Rath im ungarischen Landesfinanz-Ministe- rium von Madarassy zum Staatssekretär - Stellvertreter er- nannt worden.

Der Kaiser und die Kaiserin ertheilten, wie die „Oe- sterreichische Korrespondenz“ erfährt, unmittelbar nah dem Ein- treffen der Nachricht von dem Ableben Napoleons 111. dem Bot- hafter in London den Auftrag, dex Kaiserin Eugenie ihre herz- lihste Theilnahme auszusprechen.

Die „Wiener Ztg.“ veröffentlicht“ die Uebersicht über den Personalbestand des diplomatischen Corps am K. K! Hofe Ende Januar 1873. Nach derselben sind daselbst als Gesandte zur Zeit akkreditirt:

Baiern. Otto Graf von Bray - Steinburg, außerordent- liher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Belgien. Vicomte de Jonghe d'Ardoye, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigte® Minister.

Braunschweig. Karl Freiherr von Thienen - Adlerflycht, herzoglicher Ministerresident.

Brasilien. Barnhagen Baron de Porto Seguro, außér- ordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Dänemark. Christian Friedrih vou Falbe, Gesandter in außerordentliher Mission, Kämmerer, Hauptmann in der Kö- niglihen dänischen Armee.

Deutsches Reich. Lothar von Schweidnitz, Königlich preu- ßisher General-Lieutenant, außerordentlicher und bevollmäch- tigter Botschafter des deutschen Kaisers uud Königs von

reußen. N Leaitceid: Le Marquis de Banneville, Ambassadeur de la République françaisé. Mr. Hory, Kanzler.

Griehenland. Fürst Ypsilanti, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Großbritannien. Sir Andrew Buchanau, außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter. Mr. Goodenough, Oberst- Lieutenant, Militärattahé. IJohanniter-Orden: Graf Ioseph Nittrowsky-Nemischl, General-Major, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Jtalien. Karl Graf Robillant, General-Major, außerordent- liher Gesandter und bevollmächtigter Minister. Georg Pozzolini, Vberst-Lieutenant, Militärattaché.

Kirhenstaat. Monseigneur Mariano Falcinelli-Antoniacci, Archevêque d’Athènes, Nonce Apostolique.

Mecklenburg (Schwerin und Strelitz). Karl Freiherr

[von Gaîinm, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter

Ninister. Niederlande. Jakob Baron Heckeren van Bewerwaard, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister. Nordamerikagnishe Vereinigte Staaten. Mr. John Jay,

f außerordentlicher Gesandter und: bevollmächtigter Minister.

Peru. Don Pedro José Calderon, außerordentlichèr Ge-

j sandier und bevollmächtigter Minister. 1°:

. Portugal. Joao Coelho d'Almeida, außerordentlicher Ge- landter und bevollmächtigter Minister.

Rußland. Eugen von Nowikow, Geheimer Rath, außer- ordentliher Gesandter und ‘bevollmächtigter Minister. Baron Theodor von Tornauw, General-Lieutenant. Militärattaché.

Sachsen. Karl Gustav Adolf von Bose, geheimer Rath, ergan, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter

inister.

Schweden * und Norwegen. Graf Eduard Piper, außer- tdentliher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Schweiz. von Tschudi, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Spanien. Don Eduardo Asquerino, außerordentlicher Ge- sandter und bevollmächtigter Minister.

ofe Aarify Bey, außerordentlicher und bevollmächtigter hafter.

Württemberg. Kammerherr v. Baur-Breitenfeld, außer- ordentliher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Pesth, 14. Januar Das Abgeordnetenhaus nahm, nahdem verschiedene Interpellationen angemeldet worden, den Gesehentwurf über die Verwendung ausgedienter Unteroffiziere N, allen \peziellen Theilen und den Gesetzentwurf über die Be- eung des Pferdebedarfes zur Mobilisirungszeit im Allgemei-

an. :

: Schweiz. Bern, 15. Januar. Die Regierung des anton Wallis hat eine Anfrage des \{chweizerischen Bundes- thes in Betreff der projektirten Errichtung einer zweiten Spiel-

"ank in Massonzez dahin beantwortet, fie habe hon mehrmals

Gesuche bezüglich der Errihtung von Spielbanken abgewiesen; für Errichtung einer folchen in Mafsongez sei jedoch ein Gesuch gar nit eingereiht worden.

Das von der Genfer Regierung beantragte neue ka- orb Kultusgesey lautet nah der „Frankf. Presse“ wörtlich:

1) Der Staat anerkennt und salarirt den katholischen Kultus nach folgenden Grundsäßen: 2) der Diözesanbischof, anerkannt durch den Staat, übt allein in den Grenzen der Geseße das Recht der Jurisdiktion und der bischöflihen Verwaltung. Ohne Zustimmung der Regierung kann er keinen Gencralvikar ernennen. Diese Zustim- mung kann zu jeder Zeit zurückgezogen werden. 3) Die katholischen Gemeinden des Kantons können niemals einen Theil einer Diözese ausmachen, welche nicht \chweizerisches Gebiet umfaßt. Jn keinem Falle darf der Bischof seinen Siß in Genf haben. 4) Die Pfarrer und Vikare werden von den in den Wahllisten eingetragenen Bürgern ernannt. Sie können abberufen werden. 5) Kein geistliher Würden- träger darf die Funktionen eines Pfarrers oder Vikars verrichten. 6) Die Geseße bestimmen Anzahl und Größe der Gemeinden, die Art der Wahl und der Abberufung der Pfarrer und Vikare, - den beim Amktsantritt zu leistenden Eid und ‘die Organisation der zeitlichen Verwaltung des Kultus. Das Geseß stellt auch die nothwendigen Sanktionen fest. 7) Jede katholishe Gemeinde hat einen Kirchen- rath. Das Geseß regelt alles hierauf Bezügliche. 8) Der Staats- rath übt das Recht des Placets, betreffend die Bullen, Breves, Re- sfripte, Dekrete und alle anderen vom heiligen Stuhle ausgehenden Afte, towie betreffend die Verordnung der Hirtenbriefe und alle ande- ren vom Diözesanbischof ausgehenden Akte. 9) Alle diesem Geseße entgegengeseßten Bestimmungen sind aufgehoben.

16. Januar. (W. T. B.) Die Regierung des Kan- tons Genf hat dem Bundesrathe die Erklärung abgegeben, die Einmischung des heiligen Stuhles in die inneren Angele- genheiten Genfs. erscheine ihr ‘als ein Attentat auf die Unab- hängigkeit der Republik und Stillschweigen als die würdigste Antwort darauf; demnach würden alle Proteste des Nuntius einfach ad acta gelegt werden.

Velgien. Brüssel, 15.* Januar. In der heutigen Sibung der Repräsen tantenkammer erklärte der Finanz- Minister Malou in Betreff der verweigerten Genehmigung zur Cession der Luxemburger Eisenbahn, daß er die in Ausficht ge- stellten Aufklärungen noch hinauss\chieben müsse, da die Ange- legenheit durch die Verweigerung der Cesfionsgenehmigung nohch nicht beendigt sei; Anfang Februar werde er in der Lage sein, bestimmte Aufklärungen zu geben.

Großbritannien und Irland. Chislehurst, 15. Ia- nuar. (W. T. B.) Die Leichenfeierlihkeiten begannen heute Vormittag um 11 Uhr, um welche Zeit der Leichenzug das Sterbehaus verließ. Gegen 111/, Uhr kam derselbe bei der St. Marienkirhe-an. Die Haltung der Zuschauer, deren An- zahl auf etwa 12,000 geshägt wird, war durchaus ruhig und angemessen; es haben keinerlei Kundgebungen stattgefunden.

Frankreih. Paris, 14. Januar. Gestern fand das zweite Diner bei dem Botschafter des Deutschen Reichs, Grafen von Axnim, statt. Demselben wohnten bei der Kriegs-Minister, der Minister des Innern, Kasimir Perier, die Botschafter von Oesterrei, Spanien, der Türkei und mehrere andere Mitglieder des diplomatischen Corps. : i

Die „Corresp. Havas“ meldet: „Es wurde im Minister- rathe beschlossen, daß die Bezeihnung des Kaiserlichen Prinzen mit dem Namen Napoléón 1V. als strafbar anzusehen \ei. Die Delegirten ‘der gemäßigten Linken haben gestern Schritte beim Minister des Innern gethan, um fich über die strengen Maßregeln gegen die radikale Presse zu beklagen, wäh- rend man die Sprache der monarchischen Blätter duldet.

Versailles, 15. Januar. (W.T.B.) In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung erinnerte Belcastel an die That- sachen, welche der Entlassung Bourgoings ‘vorangegangen sind, und fragt, ob diese Thatsachen eine Verzichtleistung auf die Politik des Schußes und der Achtung, die man dem Papste schuldig sei, zu bedeuten habe. Der Schußz, den Frankreich dem Vatikan angedeihen lasse, sei von großer Wichtigkeit für das Heil und die Befreiung der Welt. Der Justiz-Minister Dufaure erwiderte: Die den Offizieren des Krieg8schiffes „Drinoco“ ertheiltcn Jnstruktionen, betreffend die Beglückwün- \hung des Königs von Jtalien, seien einfah eine Sache der Höflichkeit gewesen und schließen keineswegs ein Aufgeben der Beziehungen zum heiligen Stuhle ein; dieF sei durch die Er- nennung Corcelles bewiesen, der durh seine ebenso liberalen wie katholishen Gesinnungen jede Garantie biete. Das Pro- tektorat über die französischen religiösen Jnstitute in Rom werde eine der wichtigsten Sorgen fein, die Corcelles auvertraut seien. Frankreih ermuthige keineswegs eine dem heiligen Stuhle feindliche Politik. Der Minister wies shließlich auf die Schwie- rigkeiten hin, . die der französishen Regierung daraus erwachsen, daß sie genöthigt sei, zwei Repräsentanten in Rom zu haben und bitte die Versammlung, auf diese Schwierigkeiten Rü&sicht zu nehmen. Chesnelong dankte dem Minister und bemerkte, er er erkenne diese Schwierigkeiten an, beschwöre aber die Regie- rung, das Jnteresse Frankreihs nicht von dem des. Katholizis- mus zu trennen und in der Beschüßung des Papstes, dessen Muth und Tugenden die ganze Welt bewundere, forzufahren: Der Zwischenfall ist hiermit erledigt.

Spanien Madrid. 13, * Januar. Der König ließ heute den Marschall Serrano in den Palast rufen und hatte eine lange Unterredung mit ihm... Jn Madrid wurden Wer- bebureaux für die Vildung vou _Freicorps errichtet, welche gegen die Carlisten ziehen wollen. Von der Grenze wird gemeldet, daß eine von dem Priester Santa Cruz befehligte Carlistenbande den Bürgermeister von Auneta getödtet habe, worauf die Freiwilligen den Pfarrer dieses Ortes als den Mit- {huldigen der Thäter erschossen. Uebermorgen foll von Cadix ein Dampfer mit 500 Mann Verstärkung nah Cuba abgehen. 15. Januar. (W. T. B.) Auf eine Interpellation über den Notenaustau\ch der spanischen Regierung mit Amerika, betreffend die Aufhebung der Sklaverei in Kuba, stellte der Minister des Auswärtigen in der heutigen Cortessißuug in Abrede, daß über diesen Gegenstand zwischen den beiden Re- gierungen verhandelt sei. Die Regierung habe die Abschaffung

der Sklaverei aus eigenem Antriebe und ohne irgendwelche Pres-

sion eincr auswärtigen Macht beantragt.]J i ZESA

Italien. Rom, 11. Januar. Die Kammer hat gestern ihre dur dié Weihnachtsferien unterbrohenen Sißungen wieder aufgenommen. Der Minister-Präsident Lanza widmete dem ver- storbenen Kaiser Napoleon, der um Italien so große Verdienste sich erworben, einen kurzen, mit lebhaften Zeichen der Theil- nahme begleiteten Nachruf; dann lehnte die Kammer in Aner- kennung der Verdienste des betagten Herzogs von Sermoneta um die nationale Sache das Entlafsungsgesuh desselben ab, ge- währte ihm einen einmonatlihen Urlaub und ging darauf zur Generaldiskussion des Etats des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten über.

Der Kriegs-Minister hat befohlen, ‘daß sechs Hauptleute des Generalstabs von der topographischen Abtheilung im nächsten Frühjahr jeder in einem anderen Theile Italiens die Straßen und Verbindungsmittel aller Art einer genaueren Untersuchung unterwerfen sollen.

15. Januar. (W. T. B.) Für Napoleon Ul; wurde hier heute eine Todtenfeier abgehalten, bei welcher der Kardinal Bonaparte, sowie die übrigen anwesenden Angehörigen der Fa- milie Bonaparte, die Mitglieder der Aristokratie und beide Häuser des Parlaments und eine große Anzahl von Privatpersonen zu- gegen waren.

15. Januar. (W. T. B.) In der he tigen Sißung des Senats wurde eine Resolution Borromeo's, welche dahin geht, der Trauer um den Tod Napoleons offiziellen Ausdruck zu geben, mit Einstimmigkeit angenommen. Nach dem „Ofser- vatore romano“ verbietet sich eine Betheiligung der Katholiken an der Herftellung eines Denkmals für Napoleon von selbst, da gerade er es gewesen, der den gegenwärtigen Stand der Ver- E Ai in Italien herbeigeführt habe. Der Papst empfing eute die gesammte Pfarrgeistlihkeit Roms, welche eine Adresse überreichte.

Türkei. Einem Telegramm aus Wien vom 15. d. M. zufolge ist dem Gesandten der Pforte in London von der türki- {hen Regierung telegraphisch die Weisung ertheilt, gegen die „Times“ wegen der Veröffentlihung des angeblihen Circulars Khalil Paschas über die Unifikation der türkishen Staats- \chuld einen Prozeß einzuleiten.

Amerika. Ein den „Daily News“ aus New-York zuge- gangenes Telegramm vom 15. Januar bringt die Nachricht, daß die Halbinsel und Bucht von Samana gegen eine Îahres- rente von 150,000 Dollars auf 99 Jahre an eine amerikanische Gesellschaft verpachtet und daß der bezügliche Vertrag von dem Senate von St. Domingo ratifizirt worden ift.

Neichstags- Angelegenheiten.

Berlin. In der Ersaßwahl zumNeichstage, die für den verstorbenen Grafen zu Dohna am 9. d. M. in dem Wahlkreise Lüb en- Bunzlau ftattfand, hat der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Falf von 5529 abgegebenen gültigen Stimmen 5161 erhalten.

Vereinsthätigkeit.

Berlin. Der Kaiser-Wilhelm-Stiftung füx die Angehs- rigen der Deutschen Reihs-Vostverwaltung ist von dem Kom- missions-Nath Lichtenberg, Oranienstraße 173 hierselbst, zu Händen des Kaiserlichen General-Postamts die Summe von Einhundert Thalern als erste Rate eines sich alljährlih wiederholenden Betrages aus den Erträgnissen des von ihm geleiteten Kunst-Jndustrie-Vereins „Vater- land“ als Geschenk überwiesen worden,

Statistische Nachrichten.

Ueber den Schiffsverkehr im Hafen von Stettin während des Jahres 1872 theilen wir Folgendes mit: Die Zahl der eingelaufenen Seeschiffe belief sich auf 2882 Schiffe von 338,928 Last; es befanden sich darunter 1592 deutsche Schiffe, 581 großbritannische, 160 dänische, 188 norwegische, 141 s{chwedische, 164 holländische, 41 He, 13 französische, 1 amerikanisches und 1 ita- lienishes. Die Zahl der eingelaufenen Dampfschiffe betrug 1083 von 198,325 Last, mithin 37,6 % der gesammten Scbiffszahl und 58,5 4 der gefammten Lastenzahl. Ausgelaufen sind von Stettin 2911 See- schiffe von 342,216 Last, darunter 1086 Dampfschiffe von 198,531 Last. Die Zahl der im Jahre 1872 Küsten- und Binnen- fahrzeuge war 2311 von 38,885 Last, die der abgegangenen 2343 von 39,419 Last. Außerdem sind noch 6258 Kähne von 220,525 Last angekommen und 6284 von 220,935 Laft abgegangen.

Um eiñen Ueberblick zu gewähren, in welchem Umfange der Schiffsverkehr Stettins zugenommen hat, geben wir über den Shhiffs- eingang der leßten Jahre die nachfolgende vergleihende Zusammen- stellung. Es gingen ein ; L

1. See]chiffe. 2. Küsten- und 3, hne. Binnenfahrzeug e. 1872 2882 von 338,928 L. - 2311 von 38,885 L 6258 von 220,525 L. 1871: 5 2599 1294,497.; 1981. 33,834: 6615 238,379 1870. 1924. „. 196,889, 1516 24.8334 5436 186,931 , 1869 2810. 282,874, 1875 29,689, 6909 229827 1868 2847 „, 244,783, 18714 29/902 17031 231/397 , 1867 2214 200,487, 1845 29:(0F 6633 210,549 , 1866 2043 FT5D,904 , 1985, 731/623, 6707 201,803 1865 2078 182,049, 1990/7 32278, 6911 209,111 ; 1864 1259 109;164, 20912 91/412; 6167 175,099 , 1863 2342 211/274 2781 y 49,0 T2, !T543 215;950Lk « 1862 1946 185,144, , 3052 38618, 8230 232,710, Stellt man die Zahlen für 1862 und 1872 einander gegenüber, fo zeigen dieselben bezüglich des Verkehrs der Küsten- und Binnenfahr- zeuge, sowie der Kähne eine nur unerhebliche Abweichung, wogegen eine bedeutende Zunahme in dem Verkehr der Seeschiffe hervortritt, die nux in einzelnen Jahren, während deren kriegerische Ereignisse auf dein Secschiffsverkehr störend einwirkten, nachgelassen hat. Im Ver- gleich zwischen 1862 und 1872 ergiebt sih für leßteres Jahr eine Zu- nahme der Gesammtzahl der eingelaufenen Seeschiffe um 936 oder 48,1 Prozent und der Laftenzahl um 153,784 oder 83,1 Prozent.

Kun und Wissenschaft.

Dresden, 15. Januar. Der Königl. f\ächsische Alter- thumsverein hielt den 13. Januar unter dem Vorfiß des Prinzen Georg, Herzogs zu Sachsen, seine Monatsfißung. Jn Berathung gezvgen Wurde der Ankauf eines von Zittau angebotenen Altarbildes, doch mußte derselbe, weil das Gemälde in die für die Sammlungen des Vereins festgeseßte Zeitperiode niht mehr gehört, abgelehnt wer- den. Nach Erledigung der Geschäftssachen hielt Kammerherr Fretherr ò’Byrn den angekündigten Vortrag: Lebensskizze des Königl. polnischen und Kurf. sächsischen Kabinetsministers Grafen Lagnasco. Dieser aus Jtalien nah Sachsen herübergekommene Edelmann nahm zuerst als Militär, dann als Diplomat und Staatsmann unter dem König August Il, dem Starken, eine nicht unbedeutende, in manchen Ange- legenheiten einflußreiche Stellung ein, war als Gesandter in Jtalien und Wien bei verschiedenen Verhandlungen thätig und erhielt si bis zuleßt die Gunst seines Königs, dem er vor Allem in den polnischen Verhältnissen gute Dienste leistete. : S u

Straßburg, 12. Januar. Am 1. Mai des verflossenen Jah- res betheiligten fih eine Anzahl deutscher Damen, an deren Spiße sich Jhre Königlichen Hoheiten die Großherzogin von Baden und die Fürstin von Hohenzollern b-fanden, an der Gründungsfeier der Un i- versität Straßburg, indem sie derselben ein Gedenkbuch eine Chronik für alle die Universität betreffenden merkwürdigen Ereignisse stifteten. Dasselbe ist in diesen Tagen von Casvar Scheuren in Düsseldorf vollendet, hier angekommen und gestern dur die Da- men des Komite's, Frau v. Hartmann Excellenz, Frau v. Ernsthau- sen, Frau v. Sybel, Frau Sengemwaldt und Frau Benguerel, dem Rektor und Prorektor der Universität, den Professoren Dr. de Bary und Dr. Bruch, überreiht worden. Das Bu, gleich prachtvoll durch äußere Ausstattuig wie finnig dur die künstlerische: Behandlung der ersten Blätter, wird in der Universitäts-Bibliothek verwahrt werden.

London, 16. Januar. (W. T. B.) Nawhrichten aus Zanzibar zufolge sind am 30. November v. J. dort Briefe ans Unyaäanyembe eingegangen, nach welchen diè von Stanley alsgerüstete Expedition bei Livingstone eingetroffen und diefer selbît {on am 18. Augait B. wieder nach dem Junern aufgebrochen war. Von Livingstone felbst war eine Meldung nickcht eingegangen. E

Ver Bildbauer Dupré in Florenz hat sein Denkmal S a- vonarola's beendigt, das in einem der drei Zimmer aufgestellt wer-